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ZWISCHENBERICHT Gemeinsam schneller helfen Zyklon Birma/Myanmar Ein Jahr danach

Zyklon Birma/Myanmar - Ein Jahr danach

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Reportagen und Berichte aus dem von dem Zyklon betroffenen Gebiet Birma/Myanmar

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Page 1: Zyklon Birma/Myanmar - Ein Jahr danach

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ZWISCH ENBER I CHT

Gemeinsamschnellerhelfen

ZyklonBirma/MyanmarEinJahrdanach

Arbeiter-Samariter-BundDeutschland e.V.

Gemeinsamschnellerhelfen

www.aktion-deutschland-hilft.de

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Inhalt

Editorial 3

ADRA/Johanniter/ASB 4

HandicapInternational 8

HELP–HilfezurSelbsthilfe 10

WorldVision 12

CARE 15

MalteserInternational 16

archenoVa/actionmedeor 18

AuszugausEvaluierungsbericht 20

Finanzen 23

VerantwortlichfürdenInhaltManuelaRoßbachRedaktionMoritzWohlrabGesamtherstellungwww.media-team-huerth.deGesamtauflage2.500/April2009Bildnachweis:MalteserInternational–EstherSuchanek:S.16/17(oben),S.17(links);MalteserInternational:S.17(rechtsoben);CARE:S.15(unten);

AktionDeutschlandHilft–JörgLoeffke:alleanderenBilder

Impressum

HerausgeberAktionDeutschlandHilfte.V.Kaiser-Friedrich-Straße1353113BonnTelefon+4922824292-0Telefax+4922824292-199www.aktion-deutschland-hilft.deinfo@aktion-deutschland-hilft.de

LiebeFreundevonAktionDeutschlandHilft,liebeSpenderinnenundSpender

e d i t o r i a l

Arbeiter-Samariter-BundDeutschland e.V.

Transparenzpreis2008:AktionDeutschlandHilftwurdevonPricewaterhouseCoopersfüreinequalitativhochwertigeBericht-erstattungausgezeichnet.

Birma/Myanmar

Labutta

„GewaltigerZyklonüberBirmasKüstegefegt.Opferzahlnochunbekannt.“ Diese SMS erhielt ich am Samstag, den 3. Mai2008, indenMorgenstundenvonunseremPressereferentenMoritzWohlrab.WirnahmensofortKontaktmitunserenMit-gliedsorganisationenaufundversuchten,unseinBildvonderLagezuverschaffen.IndenfolgendenStundenundTagener-fuhrenwirvondenMitarbeitern,wastatsächlichvorOrtge-schehenwar.Wir wussten, dass das lokale Personal alles inseinerKraftstehendetatundtunwürde,umdenOpferndesZyklonsNargiszuhelfen.AlsoriefAktionDeutschlandHilftamMontagzuSpendenauf,umdie laufendenMaßnahmenmitallenKräftenzuunterstützen.

DasMedienecho auf die Katastrophewar seinerzeit enorm:So titeltedieSüddeutscheZeitungam9.Mai„MilitärregimebeschlagnahmtHilfsgüter“,dieFrankfurterAllgemeinesprachvoneiner„VerhöhnungderOpfer“undtagesschau.deberich-tete am 18. Mai, dass noch immer „Hunderttausende Men-schenohneHilfe“seien.Undtatsächlich:DieVersorgungderNargis-OpferstellteunsallevorextremeHerausforderungen.DennochwarHilfevonAnfanganmöglich–trotzallerSchwie-rigkeiten und vor allemdurch die vielen lokalenMitarbeiterunserer Bündnispartner. EineTatsache, die zu Beginn in dendeutschen Medien weitgehend ausgeblendet wurde – wassichwiederum negativ auf die Spendenbereitschaft auswir-kensollte.Erstnachundnachgelangesuns,dieÖffentlichkeitüberdielaufendeArbeitunsererOrganisationenzuinformie-ren.DankIhrerSpendenverfügtenwirdannauchbaldüberdienotwendigenfinanziellenMittel.

WieSiewissen,fließenbeiuns94ProzentIhrerSpendendirektindieHilfsprojekteder Bündnispartner, 5 Prozentbenötigenwir für die Spendenverwaltung sowie die KoordinierungderMaßnahmen, 1ProzentfinanziertdieQualitätssicherungderProjekte.„Qualitätssicherung“meint in erster Linie, dasswirwissenmöchten,wie derHilfseinsatz verlaufen ist.Was hatgutgeklappt?Undwashättebesserlaufenkönnen?

Aus diesem Grund beauftragten wir einen unabhängigenGutachter damit, sich ein Bild von der geleisteten Arbeit zumachen.HierzuwarerEndedesvergangenenJahresfürdreiWochen in den Katastrophenregionen des Irrawaddy-Deltasunterwegs und traf sich anschließendnochmit zahlreichenVertretern der Bündnispartner und von Aktion DeutschlandHilft indendeutschenGeschäftsstellen.EinenausführlichenAuszugseinesEvaluierungsberichts lesenSieaufdenSeiten20bis22.

DamitSiesichzudemeinenlebhaftenEindruckdavonmachenkönnen, inwelcheProjekte IhreSpendengeflossen sind,fin-denSieaufdenfolgendenSeitenReportagen,InterviewsundBerichteausdem Irrawaddy-Delta.UnserMitarbeiterMoritzWohlrab besuchte zu-sammenmit dem Foto-grafenJörgLoeffkezehnTage lang zahlreichebetroffene Dörfer – undsprach mit Saw TeddyundJawKyinHlaing,mitAnnie Lafrenière undPyae Phyo, mit AyeMau und Cristina Cariello. Undmit un-zähligvielenweiterenBetroffenen,AngehörigenundHelfern.DiedazugehörigenGeschichtenfindenSieaufdenfolgenden16Seiten.

HerzlichenDankfürIhreUnterstützungundvieleGrüßeausBonn

ManuelaRoßbachGeschäftsführerin

RangunPyapon

DerhinterAktionDeutschlandHilftstehendeBündnisgedankegehörtoffi-ziellzudenbestenIdeenDeutschlands

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s c h w e r p u n k t t h e m a B I R M A

SeitdemJahr2000arbeitetSaw,denallenurTeddynen-nen,fürADRAinBirma.InfolgedesTsunamiverschlugesTeddyindieDörferdesIrrawaddy-Deltas,docham2.Mai2008wurdederHelferselbstzumOpfer.GemeinsammitseinemelfjährigenSohnKhinMaungirrteTeddytagelangdurchdieKatastrophenregion–währendseineFraube-reitsnichtmehrdaranglaubte,diebeidenjemalslebendwiederzusehen.

Teddy,wiekamstduzuderArbeitbeiADRA?DashattezweiGründe:mein InteresseanderEntwicklungs-zusammenarbeitundmein technischerHintergrund,derbeiBaumaßnahmen natürlich hilfreich ist. Ich wollte es immervermeiden,nurimBürozuarbeiten.IchwolltedraußenbeidenMenschensein.DieProjektarbeithatsichalsoangeboten.

SeitwannistADRAinBirmatätig?Schonsehr lange.UnsereProjekte imNordendesLandesbe-treibenwirbereitsseitvielenJahren.HierimIrrawaddy-DeltasindwirhingegenerstseitdemTsunamivon2004aktiv.Auch

wennderTsunami inBirma längstnichtderartgewütethatwie inanderenLändernSüdostasiens,sohabenwir imDeltadennochdieNotderMenschenzuspürenbekommen–undunsdazuentschlossen, langfristig zubleiben.Wirhaben zu-nächst mit Wasser- und Hygieneprogrammen angefangen.AlsunsUnterstützungvonAktionDeutschlandHilftzugesagtwurde, konntenwir außerdemviele Brückenbauen, umdenReisbauernzugewährleisten,dasssieauchaufdemLandwegindieStädteundHäfenkommen.BiszudiesemZeitpunktwardiesnurperBootmöglich.DiemeistenMenschenimDeltabe-streitenihrenLebensunterhaltalsReisbauernoderFischer.Au-ßerdemwarendieprovisorischenBambusbrückennichtsicherfürdieMenschen.ZusätzlichbautenwirBootsanlegestellen.

In Schnellbooten fahren wir knapp zwei Stunden in jene Ge-biete, in denen Teddy und sein Sohn um ihr Überleben gekämpft hatten. Wir kommen an den Tsunami-Brücken vorbei und erfah-ren, dass diese während Nargis hunderte Menschenleben geret-

tet haben. In vielen Dörfern waren die stabil gebauten Brücken nämlich die einzigen Bauwerke, die dem Sturm und den Wasser-massen trotzten. Den Menschen, die sich über Stunden hinweg an den Geländern festklammerten, boten die Brücken daher si-cheren Schutz.Eigentlich sollten die Arbeiten an den Brücken und Anlege-stellen Ende April 2008 abgeschlossen sein. Warum konntederZeitplannichteingehaltenwerden?Vierder insgesamtzehnAnlegestellenwurdenwiderErwar-tennichtfertig.DashattebautechnischeGründe.Deshalbha-benwirunsdazuentschlossen,unserenAufenthaltindenMaihinein zu verlängern. Es konnte schließlich niemand ahnen,welchdramatischeFolgendieserEntschlusshabenwürde.

WowarstduamTagvorNargis?In Pyinsalu, dort hattenwir unser Büro. Und dort hörte ichauchdavon,dasseinZyklonkommensollte.Eshießaber,dass

„Wirranntenundranntenundrannten“VomHelferzumOpfer:WieTeddyimAugedesZyklonsüberlebte

A D R A

DasnachdemTsunamiaufgenommeneBrückenprojektführteSawTeddy(49)insIrrawaddy-Delta(großesFoto).ImDorfAmatkaLay(oben)fielerdannbeinahedemZyklonzumOpfer.

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ZusammenmitdemBündnispartnerJohanniterbetreibtADRA

RettungsbooteundGesundheitsstationeninderRegionrundum

dieStadtLabutta.UnterdessenunterstütztederArbeiter-Samariter-

BundADRAbeimBauvonBrunnen.

er nicht besonders stark werden und zudem nach Bangla-deschabziehenwürde.EigentlichwolltenwirnochamselbenTagzuunserenBrückenweiterziehen.UmsechsUhrabendsregnete es aber derart heftig, dass wir nicht weiterkamenund an Ort und Stelle übernachten mussten. Der MorgendesnächstenTageswarschönundsonnig.JedochfielenmirbaldeinigeEntenauf,dieanunsvorbeiflogen. IchsagtezumeinemKollegen,dassichdieseEntennochniehabefliegensehen,undwundertemichdarüber.Erstspäterrealisierteich,dassdieVögelklügerwarenalswirunddasssiesichdamalsinSicherheitgebrachthatten.

Knapp ein Jahr nach Nargis führt uns Teddy durch das Dorf Amat ka Lay – jener Ort, in den er am 2. Mai fuhr, um die dortige Bootsanlegestelle zu besichtigen. Während unserer kompletten Tour behält er auch an Land seine Schwimmweste an – trotz schweißtreibender Temperaturen.

WaspassierteinAmatkaLay?Als wir den Rand des Dorfes erreichten, kam ein schwererSturm auf.Wir hörten Radio. Der Sturm erreichte rund 100km/h.EinerunsererBegleiterwarfrüherbeiderLuftwaffeundersagte,dasswirunskeineSorgenmachenmüsstenunddassessichumeinennormalenSturmhandelnwürde.DochderSturmwurdestärkerundstärker.Umetwa15Uhrerreichteerbereitsüber130km/h.AlleunserenSachenwareninPyinsalu,nureinenSchlafsackhattenwirdabei.Erstgegen 16.30Uhrrealisierte ich,dassderSturmnichtnormal seinkann,daermittlerweileganzungewohntausRichtungSüdwestenkam.MeinSohnundichrannteninRichtungdesDorfes,dortwareine sichere Kirche.Wir rannten und rannten und rannten.Der Sturm und auch der Regen nahmen weiter massiv zu.

WirerreichteneinkleinesHaus, indemReisgelagertwurde.Im Obergeschoss des Hauses versteckten sich bereits vieleDorfbewohner.Sieriefenunszu,dasswirzuihnenkommensolltenunddasswirhiersicherseien.„Wennihr indasDorfrennt,werdetihrvondenKokospalmenerschlagen“,warntensie.DiesefielenzudieserZeittatsächlichreihenweiseum.Sobliebenwirhier.DochnunkamdasWasser.

Teddy zeigt uns vor Ort, welche Höhe die Wassermassen rund um das Haus damals erreichten: rund zwei Meter. Angesichts der vielen Besucher läuft neben uns ein Schwein aufgeregt und laut quiekend im Kreis umher – bis es von einem Dorfbewohner weggeführt wird. Ein „survivor-pig“ sei das, sagt uns Teddy, ein „Überlebensschwein“ also, das bereits vor dem Zyklon an dieser Stelle seinen Stall hatte. Wie genau das Tier überleben konnte, weiß niemand.

WogenauhabtihreuchimHausaufgehalten?An einer Stelle, von der man gut wieder herunterspringenkonnte, wenn das Haus auseinanderbrechen sollte. Zu un-seren FüßenwurdenKüheund Schweine vorbeigespült.DieMenschenschrienundwolltenihreKinderinSicherheitbrin-gen.PlötzlichkameinBoot,dieMenschenrettetensichinun-serHaus;letztlichwarenetwa100Frauen,MännerundKinderindemReislager. IchhattedieTsunami-BildervorAugen,dieichausdemFernsehenkannteundbetete,dassdasHaushal-tenwürde.WirwarenineinerArtArcheNoah.AmEndewardiesesHaustatsächlichdaseinzigeGebäudeimUmkreis,dasdenSturmüberstand,allesanderewurdeweggespült.Allean-derenHäuser.ErstamnächstenTaggegen11Uhr–alsonachrund18StundenindemHaus–nahmdasWasserendlichab.

DannhabtihreuchaufdenWeginsDorfgemacht…Ja,wirwarenunssicher,dassdieKircheerhaltenseinwürde,daessichumeinstabilesGebäudehandelte.Undtatsächlich:Siestandweitestgehendnoch.DochvorderKirchefandenwirdieerstentotenKörper.Wirwarenschockiertundunendlichtraurig. Mein Sohn zitterte. Plötzlich kam ein vollkommennackterJunge,demichmeinHemdgab.VieleMenschenwa-rennackt,derSturmunddasWasserhabenihnendiewenigenKleidungsstückevomLeibgerissen.DerRegenkamzurückundauchderSturmwurdewiederstärker.DieganzeNachtüberkonnten wir nicht schlafen. Am nächsten Morgen suchtenwirnachEssen.WirtrankenKokosmilchundaßendasFrucht-fleisch. Daswar unsere einzige Chance zu überleben. Dannhörtenwir,dassdieKirchezusammengestürztwar.Wirgin-genhinundfanden25toteMenscheninnerhalbderKirche.EswarenzumeistKinderundFrauen.EinederFrauenhattenochihrBabyimArm;siehatteversucht,esvordeneinstürzendenMauern zu schützen. Beidewaren tot. Es war so unendlichtraurig.ImUmkreisfandenwirvierweitereLeichen.Die29To-tenbeerdigtenwireigenhändignebenderKirche.

Teddy zeigt uns das Massengrab. Für einige Minuten herrscht absolute Stille, niemand sagt ein Wort.

Wiegingesweiter?Gegen19UhrludenunseinigeMenschenzumEssenein.Siehatten tatsächlich etwas zu essen.Unddortübernachtetenwir auch. Neben der durch das Bündnis errichteten BrückefandenwireinenMannmitzweiBooten.Wirfragten,obwireinesderBootehabenkönnenundergabesuns.WirfuhrennachPyinsaluzurück,wounsereMitarbeiterwaren.KeinHaus

standdortmehr,alleswarweggespült. Ichbetete,dassmei-nebeidenMitarbeiterinneninPyinsaluüberlebthaben.Docheine der beiden, AprilWin, war tot. Sie war tot, ich konnteesnichtglauben.AmnächstenTag,amMontag, kamenwirschließlichperBootzurückindieStadtLabutta.

DeineFraudachtezudiesemZeitpunkt,dassihrtotseid…Ja.UndichkonntezunächstkeinendirektenKontaktzuihrauf-nehmen.VonLabuttaausfuhrichamviertenTagzumADRA-FeldbüronachMyangmya–undtrafdortaufNawEm,meineFrau.DiesewarausRangungekommen,ummichzusuchen.Siewollteunssehen, totoder lebendig.Unddanntrafenwiruns tatsächlich im ADRA-Büro. Ich konnte nichts sagen.Wirhabenunsnurumarmt.Mein Sohnhatnicht geweint. Abermeine Frau hat geweint, geweint und geweint. DochmeineinzigerWunschhattesicherfüllt.DerWunsch,meinenSohnzurückzuseinerMutterzubringen.

Teddy weint.

Istesdirschwergefallen,schonwenigspäterindieKatastro-phenregionzurückzukehren?Nein.IchwolltesoschnellwiemöglichjenenMenschenhelfen,dieallesverlorenhaben.VielenHilfsorganisationenwares jazunächstnichtmöglich, indieRegionzugelangen.Unshin-gegenerlaubtedieRegierung,tätigzuwerden.Zunächstver-teiltenwirWasser,Nahrung,Kleidung,Moskitonetze,ToilettenundBehausungen.Dannginges imnächstenSchrittdarum,denMenschenihreLebensgrundlagewiederzugeben.Wirhal-fendenMenschendabei,ihreExistenzwiederaufzubauen.DasistmeineGeschichte.

Gemeinsamschnellerhelfen

RundzweiMeterhochstanddasWasserrundumdasrettendeReislager(links).VondeneinstürzendenMauernderKircheimZentrumAmatkaLays(Mitte)wurden25Menschenerschlagen.TeddyzeigteunsdasMassengrab(rechts).

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Strecken,beugen,strecken,beugen.MaThanNwethältsichgenauandieAnweisungenderPhysiotherapeuten:SieumklammertdieFüßeihresliegendenSohnesMayYiThantundkräftigtdurchdieBewegungendieBeinmus-kulaturdesJungen.MaysKörpersiehtauswiedereinesZweijährigen,tatsächlichisteraberbereitssechsJahrealt.„MayhateineWachstumsstörung,erkannzudemnichtsitzenundauchnichtsprechen“,erklärtunsdiePhysiotherapeutinKhineSan.MaysMutterhattevoreinigenWochenvondemEnde2008inPyaponeröffnetenTherapiezentrumvonHandicapInternationalgehört.Ge-meinsammitihremSohnfuhrsiesechsStundenmitdemBootvonihremHeimatdorfZaLattKongindieStadtzudenHandicap-Helfern.HeuteistsiezumdrittenMalimZentrum–undkannbereitsersteFortschrittefeststellen:„Ichmerke,dassderKleinemehrEnergieindenBeinenhatalszuvor.DieÜbungenmachenwirauchzuhausedreimalamTag.“

75PatientenamTag

Insgesamt arbeiten rund 20Mitarbeiter in den beiden vonHandicapInternationalbetriebenenundvonAktionDeutsch-landHilftfinanziertenTherapiezentrenindenStädtenPyaponundLabutta.DiemeistensindPhysiotherapeuten,aberauchSozialarbeiter, Streetworker, Koordinatoren und Experten imBereichEinkommenschaffenderMaßnahmensindunter ih-nen.„HierinPyaponbesuchenunsproTagetwa75Patienten,diewirdannkostenlosbehandeln“, erklärtAnnie Lafrenière.Der29-jährigenKanadierinunterliegtdieGesamtleitungderbeidenEinrichtungen.

VielederfastausschließlichausdenArmenviertelnderStadtstammendenPatientenlassenhierihrewährenddesZyklonsNargiserlittenenVerletzungenbehandeln.SelbstverständlichwerdenaberauchjeneKinder,FrauenundMänneraufgenom-men,derenLeidnichtsmitNargiszu tunhat:Schlaganfälle,

„…amliebstenbeimFCChelsea!“HandicapInternationaltherapiertNargis-OpferundMenschenmitBehinderung

spastischeLähmungenoderPoliosinddabeidiegängigstenBeschwerden. „Viele Menschen können nicht laufen undwerdendahervonihrenVerwandteninFischernetzenzuunsgebracht“,sagtAnnie.„WirschickenunsereMitarbeiteraberauchmitBootenindieabgelegenenDörfer,umdieBehinder-tenzubehandeln.AußerdemverteilenwirRadios,damitdieMenschen über heraufziehende Unwetter informiert sind.“WichtigseiauchderKontaktzuanderenHilfsorganisationen,um die Bedürfnisse der Dorfbewohner besser einschätzenundentsprechendhandelnzukönnen.

KrückenausBambusstöcken

Wo es möglich ist, gibt Handicap International kostenfreiGehhilfenundRollstühleaus,wenngleichderBedarfnatürlichungleichgrößeristalsderBestand.Annie:„AlternativerklärenwirdenMenschen,wiesiesichausnatürlichenBambusstö-cken stabile Krückenbauen können. Sowie es zumBeispielAyeWingetanhat.AufdasHausdes60-JährigenistwährenddesZyklonseinBaumgefallenundhatAyemitvollerWuchtinBrusthöhegetroffen.Wochenlangkonnteersichnichtbe-wegen,andasvonihmsogeliebteFußballspielenwarnichtmehrzudenken.

SeiteinigenWochenkommtAyeallepaarTageinsZentrum,umaufdemErgometer,andenHantelnoderdenLaufstangenzutrainieren.„NachundnachkommtwiederLebeninmeinenKörper.Dashätteichnichtfürmöglichgehalten.“AuchwolleerirgendwannwiederFußballspielen.MitVerweisaufseinT-Shirtverrätder60-Jährigelachend,anwelchenVereinerda-beidenkt:„AmliebstenbeimFCChelsea!“

H a n d i c a p I n t e r n a t i o n a l

ImTherapiezentruminPyapon(rechtsoben)werdensowohlNargis-Opferwieder60JahrealteAyeWin(Mitte)behandelt,alsauchPatientenmiterheblichenWachstumsstörungenwiedersechsjährigeMayYiThant(links).

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KyiAyekenntdiePreisegenau.Der45-Jährigeweiß,wannerseineBetel-BlätterbesseraufdemMarktinPyaponanbietetundwannsichjenerinKyaiklatanbietet.„DiePreiseschwanken“,sagter.KyiAyeverdientnichtvielmitdemVerkaufseinerangebautenPflanzen,dieinBirmaKult-StatusgenießenundbeimKaueneinenähn-lichenEffekterzielenwieKoffein–nichtviel,abergenugumseinesiebenköpfigeFamiliezuernähren.

Daswarnichtimmerso:Bereits inderZeitvorNargisbauteerBetelan,dochmitderartmäßigemErfolg,dassernebenbeinochals Fischerarbeitenmusste.Dannkamder 2.MaiundmitihmderZyklonundalleseinePflanzenundseinHausundseinEigentumwarenzerstört.KyiAyestandvordemNichts.

AlsCristinaCarielloundPascalPanosettivon„HELP–HilfezurSelbsthilfe“insDorfkamen,machtensiesichzunächsteinmaleingenauesBildvonderLage–undwurdendabeischonbaldmitderSituationvonKyiAyekonfrontiert.„Wirbeschlossen,Kyi 1000 neue Pflanzen zur Verfügung zu stellen und ihmbeimBestellendesFeldeszuhelfen“, sagtPanosetti.MitEr-

1000PflanzenlassenHoffnungkeimenHELPunterstütztinderRegionKyaiklatKleinbauernmitDüngerundSaatgut

H E L P – H i l f e z u r S e l b s t h i l f e

folg.ZweiMaltäglichversorgteKyiAyediePflanzenmitWas-ser, auchden vonHELPgestelltenDünger nutzte er redlich.Schonbald konnte er Setzlinge aus den PflanzengewinnenundseinenBestandaufdieseWeiseverdoppeln.

Das Verteilen von Dünger und Saatgut ist einer von zweiSchwerpunkten, denen sich HELP – unter der FinanzierungvonAktionDeutschlandHilft–inderRegionKyaiklatimIrra-waddy-Deltawidmet.DerzweiteliegtimBereichderWasser-versorgung,einesdergrößtenProbleme,denensichdieMen-schen im Delta nach Nargis gegenübersahen. Nahezu alle

Bewohner der betroffenen Region bezogen ihr TrinkwasservordemZyklonausdennahegelegenenkünstlichenTeichen,densogenanntenPonds.VieledieserPondswurdenwährenddes SturmsundderÜberschwemmungen versalzen, zudemschwammenLeichenundTierkadaverindenTeichen.

BeiTemperaturenweitüber30GraddrohtedenÜberleben-dendasAustrocknen.NachderErstversorgungmitfrischemTrinkwassermusstendiePondsabgepumpt,gereinigtundmitfrischemWasseraufgefülltwerden.„WirstelltenWerkzeugeunddasnötigeBaumaterial,dieArbeiterledigtendieDorfbe-wohner“,sagtPascalPanosetti.DirektnebendemTeichwurdeimnächstenSchritteinBetonbrunnenmiteingebautemFil-tersystemerrichtetundderBrunnendurchPlastikrohremitdemTeichverbunden.

NeueBrunnensorgenfürTrinkwasser

WiekameszudemEntschluss,alsProjektmanagerinzuarbeiten?FürmichistdasAufeinandertreffenunterschiedlicherKulturenimmerwiederfaszinierend.WennMenschenausdemNordenundMenschenausdemSüdenge-meinsametwasGroßesleisten,dannmöchteichdabeisein.

WarumHELP?AlskleinereOrganisationhatHELPdengroßenVorteil,flexibelarbeitenzukönnen.DieAbstimmungsprozessehaltensichaufdieseWeiseimmerineinemvertret-barenRahmen.

WasistdasBesondereandenMenscheninBirma?Ganzklar:dieSolidaritätuntereinander.EgalwiegroßdieNotderMenschenist–sieteilenalles.MirsindinmeinemLebenseltenderartaufrichtigeLeutebegegnet.

H i l f e h a t e i n G e s i c h t

CristinaCariello,HELP

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ZweiTagelangbesuchtenwirProjektedesBündnispart-nersWorldVisioninDörfernderDelta-RegionenBogaleundPyapon.DieGeschichten,vondenenwirhörten,warenaufwühlend,anrührend–undstetsunendlichbewegend.

Dienstag,24.Februar20098.35Uhr.Wirstarten inderehemaligenHauptstadtRangunmiteinemklapprigenKleinbusinRichtungBogale.DieFahrtführtunsvorbeianReisfeldern,Tempeln,Dörfern.12.40Uhr.RastinPyapon.ZahlloseFahrräderflitzendurchdieStraßenderStadt.DadiemeistenübereinengeräumigenBei-wagen verfügen, finden auf demGespann nicht selten vierMenschenPlatz.14.15Uhr.WirtreffenimBürovonWorldVisioninBogaleein.DieMitarbeiter tragenT-ShirtsmitdemAufdruckCNRP,„Cy-cloneNargisRecoveryProgramme“.15.20Uhr.EsgehtnurnochperBootweiter.WirdurchquerenzahlloseKanäledesIrrawaddy-Deltas,biswirnachanderthalb

StundendasDorfNoneChaungerreichen.DieDorfbewohnererwartenunsbereitsanderbrüchigenAnlegestelleundfüh-renunsdurchdaswiederaufgebauteDorf.IndemaufStelzenstehenden,hölzernenSchulgebäudesetzenwirunsgemein-sammit30DorfbewohnernaufdenBoden.DieMenschenerzählen.SieerzählenvonHtetHtetWi,demheute knapp zweijährigen Jungen, der während Nargis imArmseinerMutteraufeinemBaumausharrteundunentwegtSalzwasserinsGesichtundindieAugenbekamunddeshalbkaumnochetwassehenkann.Sieerzählenvonder14-jährigenPaing Phyo, die von einem Baum am Kopf getroffenwurdeundderenSchädeldeckedaraufhinoffenstandunddiesieamnächstenTagineinemangeschwemmtenBootineineKran-kenstationbringenkonnten.Undsieerzählen,wiesiesichret-tenkonnten,indemeinzigenderehemals82Häuser,dasnichtfortgeschwemmtoderweggerissenwurde.42Menschenka-men inNoneChaungumsLeben,20verletztensichschwer.Dann erzählendieMenschen vondenWorld-Vision-Helfern,dieihnenWasser,ReisundKleidunggebrachthabenundspä-terBaumaterialfürdieHäuserundWassercontainerundneueBooteundFischernetze.

Mittwoch,25.Februar20098.10 Uhr. Nach abermaliger Fahrt in unserem knatterndenBooterreichenwirMaguYwamaundtreffendortaufAyeMau.IhreGeschichte ist sounfassbar traurig, dass die 28-Jährigebereitszuweinenanfängt,bevorsiedieerstenWortespricht.Vondenehemals658Dorfbewohnernverloren68ihrLeben.Unterdiesen68befandensichAyesEltern,ihrEhemannundihrebeidenTöchter–diekompletteFamilie.Ayewarschwan-ger,alsNargiskamundalssiesichunddasungeboreneKindzwischenzweiBäumeneingeklemmtrettenkonnte.Nun istihreTochterachtMonatealt–undistalles,wassiehat.AyehatvieleGedächtnislücken,wasdieZeitwährenddesZyklonsangeht.Undistdamitnichtallein.Immerwiederhörenwirindiesemund in anderenDörfern, dassdieBilder desUnfass-barenausdenKöpfengelöschtwurden.9.45Uhr. ImnächstenDorf,TaryarKone,wirdvielgelacht.DieMenschenlachensichdieSorgenweg,kannmanmei-nen. Alswir unsmit derDorfgemeinschaft in der Schulezusammenfinden, stecken plötzlich zwei junge MännerneugierigdenKopfdurchdasFenster.„Typisch,YeLinZawundPyaePhyowollensichwiedernichtsentgehenlassen“,lachendieanderen.UndaufeinmalstehendieGeschichten

Reis,BooteundeinKinderparadiesEineTourdurchdieDörferdesDeltasoffenbartedutzendeSchicksale

Wo r l d V i s i o n

MitneuenBootenunterstütztWorldVisionjeneFischer,diedurchNargisihreExistenzgrund-lageverlorenhaben(links).InNoneChaungtrafenwirunteranderemPaingPhyo(untenrechts),dievoneinemBaumamKopfgetroffenwurde.ImeinzigverbliebenenHausdesDorfes(untenlinks;Bildhintergrund)überlebtenrund100Menschen.

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vonYeundPyaeimMittelpunkt.EigentlichsindeszweiGeschichtenundirgendwiedochauchwiedernureine.Die17-und18-jährigenJungensindVollwai-sen,beidehabendurchNargis ihreElternverloren.„Ich trugmeinenbehindertenVater aufdemRücken, als er voneinerFlutwelleweggerissenwurde“,erzähltPyae.„Ichhabeihnniewiedergesehen.“YeundPyaesinddiebestenFreundegewor-den,unzertrennlich.11.00Uhr.GutsichtbaramFlussuferhatWorldVisioneinLa-gerhausaufgebaut.IngroßenweißenZeltenlagerndortSäckevollerReis,aberauchDreschmaschinen,Wasseranlagen,Hygi-eneartikel und Schulmaterialien. Direkt daneben haben sichrund200Menscheneingefunden,umvoneinemCNRP-Exper-tenerklärtzubekommen,wiederWasserfilterfunktioniert.VomWarenhaus führt ein neu angelegterWeg ins nächsteDorf.DieDorfbewohnerhabendenWegerrichtet–unddafürReisbekommen.„Foodforwork“.11.20 Uhr.Wir treffenTetTin, dessen Arm eine großflächigeTätowierungziertunddereinzerrissenesFußballtrikotträgt.NatürlichkennterMichaelBallackundauchOliverKahn.TetTin ist Fischer. Jedenfallswar er es – bisNargis kam.NargisraubteihmnichtnurseinHausundallseinEigentum,sondernauchseinBoot.AllesverschwandindenFluten.Der37-JährigewohntnunbeiseinemOnkel–undkannnachMonatenderRatlosigkeitwiederfischengehen.„WirhabenimNovember

von seinem Schicksal erfahren und ihm ein Boot zurVerfü-gunggestellt“,sagtSeinLinvonWorldVision.16.10Uhr.Gedichtelernen,Liedersingen,TheaterspielenoderBildermalen– im„Child Friendly Space“desDorfesKyenkyenahederStadtPyaponerhaltenwirdieMöglichkeit,einkleinesKinderparadies für insgesamt 178 Mädchen und Jungen zubesichtigen.World Vision hat nahe der Schule einen unbe-schwertenOrtgeschaffen,damit sichdiedurchNargis trau-matisiertenKinderaufkreativeWeiseauslebenkönnen.UnszuEhrenführensieeinenTanzaufunderhaltendanachzumDankHaribo-Gummibärchen von uns. „Welches schmeckt am be-sten?“,fragenwir.„Rot“,rufensie–undsinddamitgeschmack-lichvollaufeinerLiniemitdenKinderninDeutschland.

WasbedeutetIhnendieArbeitbeiWorldVision?SieisteinzentralerTeilmeinesLebens.IchhabeesmirzumZielgemacht,armenMenscheninNotzuhelfen.UnddaichChristbin,lagesnahe,füreinechristlicheOrganisationwieWorldVisionzuarbeiten.

WannwurdenSiezumerstenMalmitderwahrenZerstörungdurchNargiskonfrontiert?DreiTagenachdemSturmwarichimIrrawaddy-DeltaunterwegsundsahsovieletoteMenschen,dassichsienichtmehrzählenkonnte.IchempfandeineTraurigkeit,wienochnieinmeinemLeben.AusdiesememotionalenTiefpunkterwuchsjedocheinEnergie-schub,denichdazunutzenkonnte,denÜberlebendenzuhelfen.

WiesindIhnendieMenschenbegegnet?IchhattenatürlichimmereineungeheureemotionaleVerbindungzudenBetroffenen.Siewussten,dasssienichtimStichgelassenwerdenundgabenausDank-barkeitallesvonsichPreis.

IneinemBlog-Beitragberichte-tedieCARE-MitarbeiterinChrisNortheywährendderletztjäh-rigenRegenzeitausBirma.DieNachrichtenagenturReuterszeichnetediesenBeitragalseinenderbestenHilfsorganisations-blogsdesJahres2008aus.

10Jul2008,11:33:00MEZIn Birma regnet es jetzt jeden Tag. Sehr stark sogar. DieMonsunzeithateindeutigbegonnen.MitdemsanftenRegen,denwirvonzuHausekennen,hatdaswenigzutun–vielehererinnert es mich an einen EimerWasser, den jemand überdeinemKopfauskippt.UnunterbrochenmussichandieMen-schendenken,diedadraußenimRegensitzenundkeinDachüberdemKopfhaben.Dastreibtmichan,nochmehrzutun.Seitdem ich aus demDelta zurückgekommen bin, habe ichimBüroalleHändevollzutunundwirhabenUnterstützungim Katastrophenteam bekommen. Schnell verliertman sichin Details wie Finanzen, Angeboten, Lagerbeständen, Flug-zeugen,AutosundLieferungenundmanvergisst,dasshintereinerZeileaufdemFinanzbogeneinDorfsteckt,indemCAREHilfeleistetunddassdieseZeilefüreinenMenschenundsei-ne Familie steht. Hörtman den Regen fallen, erinnertmansichwiederdaran. Bei Hilfsgüterverteilungen in den Dörfern treffenMitarbeiter von CARE Menschen, die unglaublich trauma-tisiert vondemsind,was siedurchgemachthaben.Manchekönnennichtreden;anderekönnennichtmehrschlafen,weilderSchreckendesZyklonsnochtiefinihnensitzt.

MenschenkönnenihreHäuserwiederaufbauen,ihreSchulenrestaurieren,ihreFischernetzeflickenundwiederReisanbau-en.IhreAngstwiederzuvergessen,dauerthingegenwesent-lichlänger.DieseAngstkönnenwirihnennichtnehmen.Dasmachtunssehrtraurig. VielewerdenihreFamilienmitgliederniewiederfin-den. Siegehendavonaus,dass siegestorbensindunddassmanihreKörperniefindenwird.Dasistsounsäglichtraurig.AlsmeinVater vor ein paar Jahren gestorben ist,waren fürmichRitualewieeineBeerdigungunddieMöglichkeit,„AufWiedersehen“ sagen zu können, unheimlich wichtig. Nichtzuwissen,wasdeinerFrauoderdeinemKindwiderfahrenist,nochnichteinmal„AufWiedersehen“sagenzukönnenundihnenineinerZeremoniezugedenken,istschrecklich. Inmitten all diesen Kummers gibt es jedoch auchviele aufmunternde Geschichten. Birmesen helfen sich un-tereinander.NebenmeinemBürogibteseinCafe, indas ichöftersmaleinenKaffeetrinkengehe.Esistganzklein,nichtsAußergewöhnliches(undeigentlichistderKaffeeauchnichtsobesonders),aberesisteinguterOrtzumAbschalten.Kürz-lichwarichmiteinemKollegendortundaufderThekehabenwir eine ganzeMenge Plastiktüten voller Brot gesehen.WirfragtendenBesitzer,waserdamitvorhabeunderantwortete,dassdasBrotfürdievomZyklonbetroffenenMenschensei.Je-denzweitenTagpackterseinAutovollundfährthinunterinsDelta.Hinundzurücklegterüber200Kilometerzurück,umeinembuddhistischenKlosterEssenzubringen.DieMönchekümmernsichdortumMenschen,diederZyklonheimatlosgemachthat.Wirhabenihngefragt,obereinefamiliäreVer-bindungzudieserRegionhabe,abererverneinte.Dochdanndachteernocheinmaldarübernachundsagte:„ImEndeffektsindauchdieseMenschenmeineBrüderundSchwestern,ge-nausosehrwiemeineFamiliehierinRangun.“

H i l f e h a t e i n G e s i c h t

SeinLin,WorldVision

Trauer,TrostundTraumata

C A R E

ZuVollwaisenwurdenYeLinZawundPyaePhyodurchNargis(oben).ImChildFriendlySpacekönnenKinderihreTraumatabewältigen(unten).

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SauberesWasser,saubereHände,saubereLatrinen,sauberesEssen–dievierZieledesmobilenTeamsvonMalteserInternationalinLabuttasindklarformuliert.UnterdemübergreifendenMotto„Sauberkeitmalvier“fahrensieindieDörferundbetreibenAufklärungsarbeitinSachenGesundheitundHygiene–umeinenAusbruchvonSeuchenundKrankheitenvorzubeugen.

Um neun Uhr morgens geht es los. Neben dem Hygiene-ExpertensitzeneinArzt,eineKrankenschwesterundeinGe-sundheitshelfer imBoot.Eswirdein langerTag,dieFahrt indasDorfdauertrundfünfStunden.AlssichdasBootendlichdem heute zu besuchenden Dorf nähert, werden die Fluss-armeschmaler,SandbänkeundBäumeimWassererschwerendenWeg.Außerdemregnetesunaufhörlich.Schließlichmüs-

sen dieMitarbeiter aus demBoot insWasser springen unddurchdenSchlammansUferwaten.DabeirutschteineFrauausundfälltinsWasser.„BisheuteAbendwerdeichehvölligdurchnässtsein“,lachtsie.

ModelllatrinenundWassertanks

DieDorfbewohnerhabensichbereitsamGemeindehausver-sammelt,auchdieDorfältestensindgekommen.SieschilderndieHauptproblemeimDorf:DurchfallundAtemwegserkran-kungen.MitBildernundZeichnungenwirddenMenschener-läutert,welchüberragendeBedeutungsauberesWasserhat.Das regelmäßigeWaschen der Hände sowie die BenutzungdersauberenLatrinenseienimmenswichtig.

MalteserInternationalhatsichwährendderRegenzeitdesvergangenenJahresunteranderemdemKampfgegendasDengue-Fiebergewidmet.Warumwardassowichtig?Dengue-LarvenwachsenundvermehrensichinstehendenGewässern.UnddasichinderRegenzeitdasWassersammelt,findendieLarvengeradedannoptimaleBedingungenvor.Hinzukommtnatürlich,dassvieleMenschennochimmerkeinfestesDachüberdemKopfhatten,geschweigedenneinMoskitonetz.DieseKombinationverstärktdasRisikoderVerbreitungderKrankheit.

WiegefährlichistdasFieber?EsgibtzweiArtenvonDengue-Fieber,einevonihnenistseltener,verläuftabertödlich,wenndieKrankennichtbehandeltwerden.HäufigbetroffensindKinder.

WelcheMaßnahmentrifftMalteserInternationalindiesemZusammenhang?ZunächsteinmalhabenwirdieDörfervondemMüllundUnratgesäubert,dersichdurchdenZyklonangesammelthat,umsodieBrutstättenderLarvenzuverringern.ZusätzlichhabenwireineAnti-Dengue-Kampagnedurchgeführt.DabeiwirdeinTeelöffelAbate-Sandaufcirca20LiterlarvenversuchtesWassergegeben.DieserSand„erstickt“dieLarven.

H i l f e h a t e i n G e s i c h t

Dr.MarieTheresBenner,MalteserInternational

Hygiene,Hygiene,Hygiene,HygieneMalteserInternationalleistetAufklärungsarbeitinSachenSauberkeit

ImnächstenSchritterrichtendieMalteser-HelferModelllatrinensowie Regenwassertanks und bringen auch die notwendigenMaterialien mit, damit die Dorfbewohner die Modelle selbstnachbauenkönnen.AußerdemverteilensieWasserkanisterandieFamilienundbietenmedizinischeBeratungenundUntersu-chungenan.ZumAbschlussbekommenalleeineBroschüre,diedasGehörteinBildernundkurzenTextenzusammenfasst.EsregnetnochimmerinStrömen.MüdeunddurchnässtkehrendieFrauenundMänneramspätenNachmittagaufihrBootzu-rück.EsgibtkeineMöglichkeitzumAufwärmen.EinheißerKaf-feeundeinkleinesAbendessenmüssenreichen.Eswirddunkel,undderRückwegistnochlang.DochanBordsiehtmannurzu-friedeneGesichter.Esgibtimmernochvielzutun.AberdieswareinvielversprechenderAnfang.

M a l t e s e r I n t e r n a t i o n a l

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FrischesWasser–fürKrankeundKinder

DerfehlendeZugangzufrischemTrinkwasserwarindenTagennachNargisdasmassivsteProblemfürdieMenschenimIrrawaddy-Delta.KrankeundKinderlittendabeiammeisten.MitUnterstützungderMünchnerRückundAktionDeutschlandHilftinstalliertearchenoVaeinenWassertankvorderSchuledesDorfesLayEiDansowieeineWasseraufbereitungsanlagenebeneinemöffentlichenKrankenhausinderStadtPyapon.WährendinLayEiDanrund750SchülervondemTankprofitieren,habeninPyaponüber1000Menschen–darunterPatienten,PflegepersonalsowieBewohnerdesUmkreises–ZugangzuderAnlage.

DasHerzstückderaneinenBrunnenangeschlossenenAnlageistdierund30.000EuroteureUmkehrosmose-Vorrichtung,diedasWasserentsalztundtrinkfertigauf-bereitet–siewurdekurznachdemZyklonausDeutsch-landeingeflogen.DieFinanzierungderAufbautensowiedielaufendenBetriebskostenwurdenvonderMünchnerRückübernommen.ProStundekönnen500LiterTrink-wasserproduziertwerden.GelagertwirddasWasserineinem5000LiterfassendenVorratsbehälterausGummi;andiesensindWasserhähneangeschlossen.

UmeinelangfristigeLösungzuerhalten,wirddemnächstdasWassersysteminnerhalbdesKrankenhausesinstandgesetzt.DieAnlageselbstwirddannverlegtundfürdieWasserversorgungderküstennahenDörfereingesetzt.DortsindvielederRegenwasserteichenochimmertro-ckengelegt,danachNargisdieReinigungderTeichevomeingedrungenenSalzwasserzuspäterfolgteunddiesesichdahernichtwiedergenügendfüllenkonnten.BeideMaßnahmenwerdenmitGeldernvonAktionDeutsch-landHilftundderMünchnerRückfinanziert.

BeißenderFischgeruchliegtinderdrückend-schwülenMorgenluftdesHafensvonPyapon,alsdasÄrzteteamumDr.MirNaingübereinenwaghalsigenStegdenkleinenKahnbesteigt.ZweiBootsstundenentferntläuftzurselbenZeitderOrtsvorsteherMinZawOodurchseinDorfZeePhyuChaung.PerLautsprecherinformierterdieBewohnerdarüber,dassheutedasmobileÄrzteteamausderStadterwartetwird.WährendsichdasBootknatterndinBewegungsetzt,bereitendieMenscheninZeePhyuChaungallesfürdenersehntenBesuchvor.

BereitszumviertenMalwerdendieMedizinerdasDorfbesu-chen,umdortdringendnotwendigeBehandlungendurchzu-führen.DerersteBesucherfolgteMitteMai2008–unddamitkurznachdemderZyklonNargis177der197HäuserdesDorfeskomplettzerstörteund18MenschendasLebenraubte.Seit-demistdasTeamanrund20TagenimMonatin50DörferndesDeltasunterwegs.ImSchnittbehandelnsieaneinemTagproDorf200Patienten.DielokalePartnerorganisationAmara

hatdasProjektwenigeTagenachderKatastropheinsLebengerufen,derDresdnerBündnispartnerarchenoVaundAktionDeutschlandHilftunterstützenAmarabeiderfachlichenWei-terentwicklungundderFinanzierung.

„BesuchisteinSegen“

AlsdieMedizinerumkurzvorzehndasFlussufervonZeePhyuChaungerreichen,stehendieerstenPatientenbereitsvordemim Kloster eingerichteten provisorischen Behandlungssaal.NebendenvonactionmedeorbereitgestelltenMedikamen-tenwerden auch einige der hier üblichenwinzigen Plastik-stühleund-tischeausgeladen;andiesenwerdensichbereitszehnMinutenspäterÄrzteundPatientengegenübersitzen.Geduldig warten die Menschen in einer Schlange vor demTischchenvonPhynLeiThu.NachdemPhyndiePatientenre-gistriertundeinenEintragindaspersönlicheKrankenbucher-

ZeePhyuChaungunddieschwimmendePraxisPerBootfährteinÄrzteteamvonarchenoVaindieabgelegenstenDörfer

fassthat,schickterdieMenschenzueinemdervierbehandeln-denÄrzte.Die60-jährigeJawKyinHlaingsetztsichmitbangemBlickandenTischvonDr.AungKyawHtoon,ihrerLungegehtesnichtgut,siebekommtzunehmendschlechtLuft.„Siemüssendringendweniger rauchen“, appelliert der jungeMediziner andieFrau,währenderihreAtmungabhört.ErverschreibtihrvierunterschiedlicheMedikamente,welche Jaw einenTischweiterausdenBoxenvonactionmedeorerhält.„FürunsistderBesuchderÄrzteundSchwesterneinSegen“,sagtdiegebrechlicheFrau.InderZeitvorNargishabees indem930-Einwohner-Dorfkei-nerleimedizinischeVersorgunggegeben;beiBeschwerdenmus-stesieperBootindieStadtPyaponfahren.

„AlswirkurznachdemZyklonindieDörferkamen,musstenwirimvollständigenChaosMenschenmitoffenenBrüchenbehan-deln“,erzähltDr.MirNaing.„Vieledavon transportiertenwir inunseremBootnachPyapon,umsiedenKrankenhäusernzuüber-geben.WirarbeitetenzeitweiseTagundNacht.“IndenWochendanachfandendannregelmäßigpsychosozialeGesprächsgrup-penstatt,umdieTraumataderMenschenzubehandeln.Heutegehören Durchfallerkrankungen, Hautprobleme, Bluthochdruck,InfektionenundDiarrhöezudengrößtenSorgenderMenschen.Dr.Naing:„Es istetwassehrSpezielles füruns,diePatienten indieserderartgeplagtenGegendbehandelnzudürfen.“

Bluthochdruck,Durchfall,Infektionen

a r c h e n o Va

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Ein Prozent jedes Spendeneuros an Aktion DeutschlandHilft fließt in die Qualitätssicherung und -kontrolle derProjekte. Vom 24. November bis zum 15. Dezember 2008machtesicheinunabhängigerGutachtereinBildvondergeleistetenProjektarbeitderBündnispartnerinBirma.An-schließend führte er zudem Gespräche in den deutschenGeschäftsstellen der Mitgliedsorganisationen sowie desBündnisses. Die Evaluierung bezog sich also folglich imKernaufdiePhasederNothilfe;diePhasedesWiederauf-bauswirdnochbismindestensEnde2010anhalten.LesenSiehierAuszügeausdemBericht.Einführung(…)AlsInstrumentderTransparenzgegenüberdenSpendernundimRahmendesvereinbartenQualitätsmanagementsderProjektmaßnahmen evaluiert Aktion Deutschland Hilft diedurchgeführten Projektmaßnahmen ihrer Hilfsaktionen. ImRahmenderHilfsaktionBirmasolltendabeifolgendeKernbe-reicheuntersuchtwerden:•MaßnahmenausMittelndesNothilfefonds1vs.Nothilfe-maßnahmen,dienichtausdemNothilfefondsfinanziertwurden•KoordinationderMitgliedsorganisationenbeiderBedarfs-erhebung,InformationsaustauschundMaßnahmen-planung•ZusammenarbeitderMitgliedsorganisationenbeiderUmsetzungvonNothilfemaßnahmen•BeurteilungderEinsatzmöglichkeitensolcherMitglieds-organisationen,dievorderKatastrophebereitsStrukturenoderKontaktezuPartnerorganisationeninBirmahatten(…)

Evaluierungsmethodeund–ablauf(…) Der Evaluierer konnte einen guten Überblick über diedurchgeführtenMaßnahmen imDeltagewinnen. Insbeson-dereüberdasUmfeldderProjekte,überAktivitätenderOrga-nisationen über den Aktion Deutschland Hilft-Mitteleinsatzhinaus, über Hintergründe undMethoden der Bedarfserhe-bungunddieKommunikationzwischenProjektmanagementvorOrtundanderenAkteuren(nationaleundlokaleBehördenund andere Hilfsorganisationen)wurdenwertvolle Erkennt-nissegewonnen.EsbestanddarüberhinausvielfachdieMög-lichkeit,mitGruppen von Begünstigten in denDörfern,mitBehörden auf lokaler Ebene undmit KoordinationsgremienauflokalerEbenezudiskutieren.(…)ErkenntnisseundSchluss-folgerungenderEvaluierungderHilfsaktioninBirmadientenineinemvonAktionDeutschlandHilftdurchgeführtenWork-shopam21./22.Januar2009alsBeispieleundAusgangspunkte

fürdieErörterungvongrundsätzlichenFragenzuKoordinati-on,KooperationunddenEinsatzdesNothilfefonds.(…)

EinsatzdesNothilfefondsvs.Nothilfemaßnahmen,dienichtausdemNothilfefondsfinanziertwurdenGrundsätzlich ist festzuhalten, dass die abgerufenenMittelaus dem Nothilfefonds entsprechend den Richtlinien aus-schließlichfürMaßnahmenderSoforthilfeeingesetztwurdenunddassdiedamitfinanziertenHilfsgüter,entwederdurchlo-kaleBeschaffungoderdurchAbrufausBeständen,derenZu-sammensetzung hohen Standards unterliegt und aufgrundlangjährigerErfahrungenerfolgte,den lokalenBedingungenangepasstwaren.InzweiFällen,indenenMitteldesNothilfe-fondsdurchMitgliedsorganisationenabgerufenwurden,hatdieszweifellosdazubeigetragen,dassnotwendigeHilfsgüterinnerhalbvonwenigenTagenanBedürftigeinderPeripherievonRangunverteiltwerdenkonnten.(…)ZudiesemZeitpunktwarendurchdieverheerendenSchädenunddenAusfallderKommunikation Informationenausden ländlichenGebietenvonRangunodergarausdemDeltanochnichtverfügbar.IneinemFallhatderEinsatzdesNothilfefondsdurchdieUm-leitung des Hilfsfluges über Bangkok und den danach nurstockendenWeitertransport durch die UN-Luftbrücke nachRangundenzeitlichenVorteildesNothilfefondsneutralisiert.GleichwohlbetonenalleMitgliedsorganisationen,dieMittelausdemFondabgerufenhaben,dieBedeutungdiesesInstru-ments,undzwarausfolgendenGründen:1. Aufgrund der Eilbedürftigkeit und der bestehenden Im-portrestriktionenwurdenvielederHilfsgüter lokalbeschafft.MangelsAlternativemusstendafürMittelvonKontenbereitslangfristiglaufenderProjekteumgewidmetwerden.DerNothil-fefondsverschafftedenMitgliedsorganisationensehrschnelldiePlanungssicherheit,dassdieseMitteldenursprünglichenProjektbudgetswiedergutgeschriebenwerdenkonnten.2. Die deutschen Sektionen internationaler NRO-NetzwerkebetrachtenihrenZugangzumNothilfefondsgrundsätzlichalsein Instrument,dass ihnenbeiReaktionenaufplötzlichein-tretendeNaturkatastropheneinen zeitlichenVorsprungunddamiteinefrühePräsenzinnerhalbderMaßnahmendesge-samtenNetzwerkesverschafft.BezüglichderProjektinhalte,alsoderArtundZusammenset-zungderbeschafftenundverteiltenHilfsgüter,unterscheidensich die aus dem Nothilfefonds finanzierten Maßnahmenkaum von denen anderer Mitgliedsorganisationen. Die flä-chendeckendenVerwüstungen durch den Sturm verursach-ten inallenbetroffenenGebieteneinenungeheurenBedarf

anMaßnahmenundAusrüstungzurTrinkwasser-undSani-tärversorgung,MedikamentenundmedizinischerAusrüstungund generellenHilfsgütern, der in unterschiedlicher Kombi-nationundGewichtungbeipraktischallenMaßnahmenderMitgliedsorganisationen im Zeitraum vonMai bis Juli 2008berücksichtigtwurde.

KoordinationundZusammenarbeitderMitgliedsorgani-sationenbeiderUmsetzungvonNothilfemaßnahmenKoordinationsmechanismeninBirmaÜbergreifendesInstrumentderKoordinationinFolgedesWir-belsturmsNargis inBirmastelltendiesog.UN-ClustersundTechnischen Arbeitsgruppen dar, die von UN-OCHA initiiertund unter Vorsitz verschiedener UN-Behörden (WFP, UNDP,FAOetc.)anfangsinsehrkurzen,späterinwöchentlichenoder14-täglichen Intervallen einberufenwurden. Alle der vorOrttätigen Mitgliedsorganisationen waren bei diesen Bespre-chungen, soweit sie für derenTätigkeitsfeld relevantwaren,regelmäßigundaktivvertreten.(…)Die Arbeit der von UN-OCHA eingerichteten „InformationManagementUnit“wurdeallgemeinalsgutbezeichnetunddie–besondersindenerstenWochennachdemSturm–pu-blizierten Informationenals sehr zeitnah.Diese InformationführteinvielenFällenzubilateralenAbstimmungsgesprächenzwischenNROsund dadurch zu komplementären ProjektenmitsynergetischenEffekten.Mit zunehmender zeitlicher Entfernung von der Katastro-phe gewannen die Abstimmungsgespräche auf der EbenedereinzelnenTownshipsanBedeutung,wodiezunehmendeNotwendigkeiteinesganzheitlichenAnsatzes(z.B. Integrati-onvonGesundheitsvorsorgemitWasserversorgung,FischereiundLandwirtschaftmitwirtschaftlicherRehabilitationusw.)bessergeleistetwerdenkonntealsinRangun.Mitgliedsorga-nisationen von Aktion Deutschland Hilft und deren PartnersindnachwievorindiesemProzessaktivinvolviert.Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass vor Ort – ins-besondereinderakutenNothilfephase-einvergleichsweisehohesMaßanKoordinationsaktivitäteninnerhalbderBünd-nismitglieder stattgefunden hat. Dazu dürften auch die füralleanwesendenOrganisationengleichschwierigenRahmen-bedingungenbeigetragenhaben,diezunächstalleinternati-onalen Mitarbeiter der Mitgliedsorganisationen in Yangonfesthielten.UnterdiesenUmständen lagesnahe, einenen-gerenZusammenschlussimBündniszusuchen.Die Aufnahme von informellen KoordinationsgesprächenzwischendenindererstenMaihälfte2008inRangunanwe-

sendenMitgliedsorganisationenistaufdieInitiativedesnachRangunentsandtenMedienkoordinatorsvonAktionDeutsch-landHilftzurückzuführen.DadieseTreffeneher informellenCharakterhattenundkeineProtokollegeführtwurden,konn-te vom Evaluierer nur ansatzweise nachvollzogen werden,inwieweit hier bereits Entscheidungen zu einer möglichenzukünftigen Zusammenarbeit eingeleitetwurden.Trotz die-serEinschränkungscheinensichdortKontakteentwickeltzuhaben, die nachfolgend zu bilateralen Gesprächen und Pla-nungeninnerhalbderMitgliedsorganisationenvorOrtundzugemeinsamenProjekteninnerhalbderSoforthilfephase,abermehrnochinderRehabilitationsphasegeführthaben.Auffallendist,dasssichvielederinBirmaneutätigenBünd-nismitglieder später für eineZusammenarbeitmit Partnernvon Mitgliedsorganisationen entschieden, obwohl sie auchintensiveKontaktezuNichtmitgliedernvonAktionDeutsch-landHilftgepflegthatten.(…)ZusammenarbeitderMitgliedsorganisationenbeiderUmsetzungvonNothilfemaßnahmen(...) DieVertreter der neu in Birma eingereistenMitgliedsor-ganisationenwarendurch die Zugangsprobleme zumDeltaautomatisch von der Teilnahme an Bedarfserhebungen imKrisengebietausgeschlossen,währendsichdieschonlängerinBirmatätigenOrganisationenaufderen traditionellePro-jektstandorte konzentrierten, die in der Regel geografischnichtdeckungsgleichwaren.EinsystematischerAustauschderermitteltenDatenundIn-formationenfandimJuni2008imRahmendesvonder„Tri-partite Core Group“ initiierten übergreifenden „Post NargisJointAssessment(PONJA)“statt.DaranbeteiligtensichaktivalledurcheigeneStrukturenoderdurchPartnerlangfristiginBirmavertretenenMitgliedsorganisationen.ImZusammenhangmitderinDeutschlandvonverschiedenenInstitutionen organisierten Hilfsflüge nach Birma und derdamit genutztenMöglichkeit der Zuladung vonHilfsgüterndurchverschiedeneOrganisationenergabsichimlogistischenBereicheinerelativengeZusammenarbeitundAbstimmungzwischendendeutschenGeschäftsstellenderMitgliedsorga-nisationen.In Birma wurde diese Zusammenarbeit im logistischen Be-reich bei der Ankunft der Hilfsflüge durch vorhandeneMit-gliederstrukturenfortgesetzt,waszueinerreibungslosenundverlustfreienAbwicklungderImporteführte.(…)SoweitdemEvaluiererVergleichemitanderenHilfsaktionenvonAktionDeutschlandHilftmöglichsind,wardieKooperati-oninBirmavergleichsweisestärkerausgeprägt.

1Anm.d.Red.:DerNothilfefondsenthält„FreieNothilfemittel“,diebeieinerKatastrophedenMitgliedsorganisationenunmittelbarzurVerfügunggestelltwerdenkönnenundfürMaßnahmendersofortigenNot-undKatastrophenhilfeeingesetztwerden.

E VA L U I E R U N G S B E R I C H T

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F i n a n z t e i l

SchlussfolgerungenundEmpfehlungenA.BeteiligunganderHilfsaktionDerEvaluiererführtdiebeobachtetenVerzögerungenbeiMit-telabrufenaufdieflexiblenEinsatzmöglichkeitenderAktionDeutschland Hilft-Mittel zurück und die damit bestehendeMöglichkeit,derenEinsatzfürspätereProjektphasenvorzuse-hen.(…)Empfehlung 1Die entsprechenden Gremien von Aktion Deutschland HilftsolltendieFragediskutieren,obundaufwelcheWeisederent-stehendenDiskrepanz zwischen öffentlicherWahrnehmungvonAktionDeutschlandHilftalszeitnahreagierendesNothil-febündnis(„Gemeinsamschnellerhelfen“)undderrelativho-henRatevonspätenMittelabrufenbegegnetwerdensollte.2

Empfehlung 2Eswirdempfohlen,geeigneteSchrittezuergreifen,uminner-halbderinternationalenNRO-NetzwerkedasWissenüberdieRollevonAktionDeutschlandHilftunddieModalitätenzumAbruf von Mitteln besser zu vermitteln. Dies kann sowohldurch die deutschen Sektionen der Netzwerke als auch imkonkreten Hilfseinsatz durch Personal von Aktion Deutsch-landHilftgeschehen.(…)AusdenReihenvonAktionDeutschlandHilfthattensichdreiMitgliedsorganisationen und zwei Organisationen, die überdenParitätischenZugangzudenMittelnhatten,zumerstenMalindiesemLandengagiert.NachachtMonatenhattekeinedieser„neuen“OrganisationendenEinsatzalsundurchführ-barabgebrochen,sonderndurcheigenesPersonaloderdurchPartnerschaften–und inEinzelfällendurchAkquisitionwei-tererProjektmittelbeianderenGebern-dieImplementierungihrerMaßnahmenvorangetrieben.DerEvaluierersiehthierineinen Indikator für Lernfähigkeit,VerhandlungsgeschickundDurchhaltevermögen.B.ErfahrungenmitdemNothilfefondsDieabgerufenenMittelausdemNothilfefondswurdenaus-schließlichfürMaßnahmenderSoforthilfeeingesetztunddiedamitfinanziertenHilfsgüterwareninallenFällendenloka-lenBedingungenangepasst.PrinzipiellhatderNothilfefondsdazubeigetragen,dassnotwendigeHilfsgüterinnerhalbvonwenigenTagen an Bedürftige in der Peripherie von Rangunverteiltwerdenkonnten.

Empfehlung 3Der Evaluierer kommt aufgrund der positiven ErfahrungenundEinschätzungenzudemSchluss,denNothilfefondsinderderzeitigenFormundunterdenderzeitigenKriterienunver-ändertbestehenzulassen.C.KoordinationDieTeilnahmeundaktiveBeteiligungderMitgliedsorganisa-tionen an den Koordinationstreffen unterUN-Vorsitzwarennach Ansicht des Evaluierers vergleichsweise besser als beianderenHilfsaktionen.DieseEinschätzungbeinhaltet insbe-sonderedieallmählicheVerlagerungderKoordinationvonderzentralenEbene (Rangun)aufdieEbeneder‚Townships’,wodieAbstimmungsgesprächeinter-sektoralundmitgroßerBe-teiligunglokalerBehördenweitergeführtwurden.EshatvorOrtinderakutenNothilfephaseeinvergleichsweisehohesMaßanKoordinationsaktivitäteninnerhalbderBünd-nismitgliederund (durchdieBotschaftundUNOCHA)unterBeteiligungderBündnismitgliederstattgefunden.DiefüralleanwesendenOrganisationengleich schwierigenRahmenbe-dingungenhabensicherdazubeigetragen,einenengerenZu-sammenschlussimBündniszusuchen.DerkonkreteAnstoßkamjedochvomMedienkoordinatorderAktionDeutschlandHilft.

Empfehlung 4Es wird angeregt, innerhalb des Bündnisses bei Hilfs-aktionen, die dies rechtfertigen, über die Entsendung einesAktionDeutschlandHilft-Repräsentantenzudiskutieren.Die-serkönntesowohldieLandesbürosderinternationalenNRO-Netzwerke(s.Empfehlung2)undandereAkteurekontaktierenund einbinden als auch die Formalien für regelmäßige undfortgesetzteAbstimmungsgesprächezwischendenMitglieds-organisationen schaffen. Die einseitigeWissensvermittlungvonden„Alten“andie„Neuen“warzwarinBirmaextrem,istaberimGrundebeijederHilfsaktionvorhanden.D.KooperationEine Zusammenarbeit von Mitgliedsorganisationen hat inBirmaauf verschiedenenEbenenundüberunterschiedlicheZeiträume stattgefunden. Soweit dem Evaluierer VergleichemitanderenHilfsaktionenvonAktionDeutschlandHilftmög-lichsind,wardieKooperationinBirmavergleichsweisestärkerausgeprägt.

2Anm.d.Red.:DurchdenZugriffaufdenNothilfefondsunmittelbarnachAusbrucheinerKatastrophekönnendieeingeworbenenSpendenmittelstrategischlängerfristigverplantundfürMaßnahmenderNothilfeunddesWiederaufbauseingesetztwerden.

E VA L U I E R U N G S B E R I C H T

AufteilungderSpendeneinnahmeninHöhevon2.494.941,07Euro

KostenfürQualitätssicherung(1%);24.354,52Euro

KostenfürgemeinsameKoordinierung&Spenden-verwaltung(5%);121.772,64Euro

Projektfördermittel(94%);2.348.813,91Euro

EingesetzteMittelnachSektoren

Wasserversorgung/Sanitäranlagen/Hygiene

2,6%MedizinischeVersorgung

5,1%Strukturhilfe/

EinkommenschaffendeMaßnahmen

27,5%

Strukturhilfe/Gesundheitsversorgung

23,3%

VersorgungmitHilfsgütern

41,5%

ProjektfördermittelzuzüglichNothilfefonds

VerplanteMittelfürweitergehende

Wiederaufbaumaßnahmen57%

EingesetzteMittelfürNothilfeunderste

Wiederaufbaumaßnahmen43%

Mitgliedsorganisationen

Schwerpunktsektor

Programmtitel

AktionDeutschlandHilftMittel

actionmedeor MedizinischeVersorgung GewährleistungdermedizinischenVersorgungdervomZyklonNargisbetroffenenBevölkerung

54.048,38e

ASB VersorgungmitHilfsgütern VerteilungvonHilfsgütern(Wasserreinigungstabletten,Wasserkanister,Seifen,Koch-undEssgeschirr,Werkzeug)an10.000FamilienimIrrawaddy-Delta

112.671,00e

CARE VersorgungmitHilfsgütern VerteilungvonHausratsets(Hygieneartikel,Decken,Kochutensilien,Mos-kitonetze)anBetroffenedesZyklonsNargis

32.890,73e

CARE VersorgungmitHilfsgütern NothilfefürZyklon-OpferdurchdieBeschaffungundVerteilungvonReisundTrinkwasserunddasReinigenvonsanitärenAnlagen

33.000,00e

DerParitätische(archenoVa)

Wasserversorgung/Sanitär-anlagen/Hygiene

SicherungderTrinkwasserversorgungfürdievomZyklonNargisbetrof-feneBevölkerunginMyanmar

27.000,00e

DerParitätische(HandicapInternational)

Strukturhilfe/Gesundheits-versorgung

UnterstützungvonMenschenmitBehinderungu.a.durchPhysiotherapieundTrainingsfürPfleger

94.500,00e

HELP Strukturhilfe/Einkommen-schaffendeMaßnahmen

UnterstützungderLebensgrundlagederBevölkerungdurchTierzuchtundu.a.dieBereitstellungvonLandmaschinenundWerkzeug

289.949,67e

Johanniter Strukturhilfe/Gesundheits-versorgung

SicherstellungdermedizinischenGrundversorgungdurchVerteilungvonMedikamenten,medizinischemVerbrauchsmaterialundAufklärungskam-pagnen

151.435,08e

Malteser VersorgungmitHilfsgütern VerteilungvonHilfsgütern(Wasseraufbereitungstabletten,Moskitonetze)sowieMedikamenten

223.964,53e

WorldVision VersorgungmitHilfsgütern HilfsfliegerfürNargis-OpfermitPlastikplanen,Haushalts-undHygienear-tikeln,Decken,Wasseraufbereitungsanlagen,Wasserentkeimungstablet-tenundWasserkanister

35.815,16e

1.055.274,55e

F I N A N Z E N

EingesetzteMittelfürNothilfeundersteWiederaufbaumaßnahmen

InsgesamtbelaufensichdieeingesetztenMittelallerBündnispartnerauf3.170.153,68e

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ZWISCH ENBER I CHT

Gemeinsamschnellerhelfen

ZyklonBirma/MyanmarEinJahrdanach

Arbeiter-Samariter-BundDeutschland e.V.

Gemeinsamschnellerhelfen

www.aktion-deutschland-hilft.de