1945 – 1951
AEG in Schenefeld
Die Aufbaujahre
Robert Baumann* 1896 – † 1984
Als er im Dezember 1945 von den Briten in die erste
Gemeindevertretung nach der NS-Zeit berufen wur-
de, konnte sich der damalige Monteurhelfer sicherlich
nicht vorstellen, dass seine kommunalpolitische Kar-
riere erst 17 Jahre später enden sollte.
Dabei verdankte er seinem Einzug in das Ortspar-
lament zumeist dem Wähler, denn er eroberte seine
Mandate direkt und immer mit einem herausragenden
Ergebnis ausgestattet. Bei der ersten demokratischen
Wahl am 15. September 1946 konnte er sogar mit 438
Einzelstimmen das beste Resultat aller Direktkandi-
daten erringen und auch bei der nächsten Wahl am
24. Oktober 1948 hatte er mit 284 Kreuzen das beste
Einzelergebnis eingefahren. Er gehörte auch der vier-
köpfigen Fraktion nach dem Wahldebakel 1951 an,
da er erneut direkt in die Gemeindevertretung
entsandt wurde. Bei der folgenden Wahl 1955 blieb
ihm mit 262 abgegebenen Stimmen immerhin noch
das beste sozialdemokratische Einzelergebnis.
Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich auch schon als
Führungsfigur in der SPD-Fraktion etabliert. Seit 1951
gehörte er dem Hauptausschuss an und blieb in diesem
Gremium bis zu seinem Ausscheiden aus der Kom-
munalpolitik am 8. April 1962, zwischen 1959 und
1962 war er auch noch zusätzlich Mitglied im Bauaus-
schuss. Es waren die Aufbaujahre nach dem Krieg mit
Flüchtlingsströmen, Wohnraumnot und dem täglichen
Kampf um die Ernährung die Robert Baumann
entscheidend mitprägte.
Doch in den 1960ern Jahren war eine neue Generation
in die Partei gewachsen, die dann in den 1970ern
selbst von den „68ern“ angegriffen worden, und für
Robert Baumann war in diesem Gefüge kein Platz
mehr. Von der Partei war er 1962 in der bürgerlichen
Hochburg des Wahlkreises I aufgestellt worden, die
beiden Direktmandate gingen dann auch deutlich an
die Kandidaten der Liste der Schenefelder Wählerge-
meinschaft, aber der Listenplatz 8 reichte dann gerade
nicht mehr für den Einzug über die Liste ins Ortspar-
lament. Da im Laufe der Wahlperiode kein SPD-Ge-
meindevertreter ausschied, blieb er vier Jahre lang
Zaungast des politischen Geschehens. Doch wollte er
1966 ein Comeback starten und konnte auch wieder
ein Direktmandat erringen, von insgesamt nur drei
für die SPD. Aber er verzichtete noch vor der kons-
tituierenden Sitzung auf sein Mandat und verhalf auf
diese Weise dem damaligen hoffnungsvollen Talent
Edwin Jungblut zum Start in die Kommunalpolitik.
Bleiben werden die Verdienste von Robert Bau-
mann, direkt nach den 12 Jahren der NS-Dikta-
tur Verantwortung übernommen zu haben. Er
hat in seiner 17-jährigen Amtszeit als Gemeinde-
vertreter die Demokratie mit aufgebaut und unter
schwierigen Rahmenbedingungen wegweisende
Entscheidungen gefällt.
Nach sechs Jahren Krieg kapitulierte die Wehrmacht
am 7. und 8. Mai 1945 vor den Westalliierten und der
Sowjetunion. Damit ging das „Tausendjährige Reich“
nach zwölf Jahren unter. Die Siegermächte teilten
Deutschland in vier Besatzungszonen auf und übten
über den Kontrollrat die Regierungsfunktion aus.
Sämtliche größeren Städte waren durch Bomben-
angriffe zerstört worden, insbesondere im Osten
waren große Landstriche durch die heftigen Gefechte
zwischen Wehrmacht und Roter Armee verwüstet und
auf den Landstraßen waren Millionen von Menschen
unterwegs. Es waren Soldaten, die versuchten nach
Hause zu kommen oder viel häufiger Flüchtlinge aus
den nun zu Polen und der Sowjetunion gehörenden
Gebieten im Osten. Sie waren entweder schon wäh-
rend des Krieges vor der heranrückenden Roten
Armee geflüchtet oder nach Kriegsende vertrei-
ben worden. Ihre Heimat in den Gebieten östlich
von Oder und Neiße gehörte nun zu Polen oder der
Sowjetunion. Ihre Integration ins Nachkriegsdeutsch-
land sollte eine der größten Herausforderungen werden.
Die Infrastruktur war durch Kämpfe und planmä-
ßige Zerstörung durch die zurückweichende Wehr-
macht ebenfalls stark zerstört, so dass die Versorgung
der Menschen nicht gewährleistet werden konnte.
So blühten Schwarzhandel und Tauschgeschäfte.
Teilweise wechselten Gold und Silber für einen Sack
Kartoffeln den Besitzer. In mitten dieses Chaos be-
gann der wirtschaftliche und politische Wiederaufbau.
Die Alliierten setzten zuerst auf kommunaler Ebene
deutsche Verwaltungen ein. Nach und nach wurde
immer mehr Verantwortung an die Deutschen zu-
rückgegeben, so dass es schon bald zur Gründung der
späteren Bundesländer kam. Begleitet wurde dieser
Prozess von der Entnazifizierung, durch sie sollten
die Verantwortlichen für die Verbrechen während der
Nazizeit aufgespürt und verurteilt werden. Die Haupt-
verantwortlichen waren bereits 1946 in Nürnberg
verurteilt und teilweise hingerichtet worden. Wäh-
rend in den westlichen Besatzungszonen langsam
die Demokratie Einzug hielt, errichteten die Sowjets
in ihrer Besatzungszone ein stalinistisches Regime.
Wieder wurden Andersdenkende verfolgt und einge-
sperrt. Durch die gegensätzlichen gesellschaftlichen
Systeme gelang es nicht einen einheitlichen Staat
aufzubauen und so gründeten sich im Jahre 1949
die Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet
der Westzonen und auf dem Gebiet der Ostzone die
Deutsche Demokratische Republik. Diese Teilung
sollte bis 1990 Bestand haben.
So wie Frankfurt sah es in vielen deutschen Städten aus
Die Entwicklungen des Zweiten Weltkrieges zwan-
gen die AEG ihr Werk in Danzig zu evakuieren. Dort
wurden Elektroanlagen und Transformatoren gebaut
und repariert. Nun sollte diese Arbeit in Schenefeld
verrichtet werden.
Die Geräte, die 1946 aus Danzig nach Schenefeld
gebracht wurden, dienten vor allem Wehrmachts-
zwecken und waren nach Kriegsende größten Teils
nicht mehr brauchbar. Teilweise wurden sie zu nütz-
lichen Geräten umgebaut. Schwerpunkt der Arbeit in
Schenefeld war die Reparatur von Elektromotoren,
die meist neu gewickelt werden mussten.
Nach der Währungsreform 1948 wurde von der
Motorenreparatur auf den Bau von Transformatoren
umgesattelt. Ab 1958 geriet der Transformatorenbau
jedoch in eine Krise, so dass die Konkurrenz
zwischen den verschiedenen deutschen AEG-Werken
stieg. Schenefelds Stellung wurde durch den Hamburger
Hafen gerettet. Denn der Schiffbau erfuhr einen
großen Aufschwung und AEG war mit Schiffselek-
trik, Elektromotoren, Elektroanlagen u.v.m. stark am
Markt beteiligt.
Die Werkstätten für Schiffsausrüstungen brauchten
dringend mehr Fläche, die in Schenefeld zur Ver-
fügung stand. So konnte eine weitere Halle gebaut
werden und es entstand 1958 „AEG Schiffbau“
in Schenefeld.
Mit dem Rückgang des Handelsschiffbaus verstärkte
AEG den Marineschiffbau. Doch seit 1982 wurden
nach und nach Grundstücke verkauft und für eine
Zeit zurückgepachtet. Durch interne Umstruk-
turierungen wurde die Abteilung Schiffbau nach
Wedel verlagert. Im Dezember 1988 wurde der
Standort Schenefeld geschlossen. Heute gibt es AEG
überhaupt nicht mehr.
Niederlage und Wiederaufbau
Ernannte Gemeindevertretung vom 4.12.1945
Am 4.12.1945 wurde von der Britischen
Militärregierung eine Gemeindevertretung mit
17 Mitgliedern ernannt.
Dieser gehörten zunächst 10 Vertreter der SPD,
3 der KPD und 4 parteilose Bürgerliche an.
Robert Baumann
Paul Brauer
Otto Harms
Friedrich Hochschild bis 20.6.1947
Adolf Krüger
Adolf Meyer bis 12.12.1947
Friedrich Peters
Franz Schneemilch
Albert Schröder Bürgermeister
Karl Waldeck
Max Bartsch ab 20.6.1947
Robert Martens ab 12.12.1947
SPD-Abgeordnete in der Gemeindevertretung
Robert Baumann
Hermann Grass
Friedrich Hochschild
Adolf Knochenhauer
Adolf Krüger
Fritz Lehrmann stellvertretender Bürgermeister
Robert Martens
Adolf Meyer
Hinrich Petersen
Carl Schmidt
Hugo Dräger am 14. Januar 1946 für den
KPD-Abgeordneten
Hermann Tesch nachgerückt
SPD-Abgeordnete in der Gemeindevertretung
Kommunalwahl am 24. Oktober 1948
4 Wahlkreise 2 Kandidierende pro Partei 2 Stimmen pro Wähler
14 Abgeordnete 8 Direkt: 6 SPD, 2 CDU 6 über Liste: 2 SPD, 4 CDU
Stimmen Prozente Sitze
SPD 1.977 50,2 % 8
CDU 1.597 40,6 % 6
KPD 244 6,2 %
Einzelbewerber 120 3,1 %
KPD: Kommunistische Partei Deutschlands
Paul Brauer
Heini Gaedtke bis 1949
Robert Baumann
Franz Waldheuer
Adolf Krüger bis 25.4.1949
Albert Schröder Bürgermeister (bis 1950) /
danach Bürgervorsteher
Friedrich Peters
Karl Outzen bis 25.4.1949
Willy Neidenberger ab 1949
Alfons Arndt ab 25.4.1949
Franz Schneemilch ab 25.4.1949
SPD-Abgeordnete in der Gemeindevertretung
Wahlsystem
Kommunalwahl am 15. September 1946
2 Wahlkreise 6 Kandidierende pro Partei 6 Stimmen pro Wähler
15 Abgeordnete 12 Direkt, jeweils 6 pro Wahlkreis: 9 SPD, 3 FDP 3 über Reserveliste: 1 SPD, 1 FDP, 1 CDU
Stimmen Prozente Sitze
SPD 4.275 39,8 % 10
FDP 2.409 22,4 % 4
CDU 1.627 15,1 % 1
KPD 1.370 12,8 %
Einzelbewerber 1.069 9,9 %
KPD: Kommunistische Partei Deutschlands
Wahlsystem
1 Albert Schröder, 2 Karl Outzen, 3 Paul Brauer4 Heini Gaedtke, 5 Friedrich Peters6 Robert Baumann, 7 Franz Waldheuer, 8 Adolf Krüger
2 8
12
34
56
7 8
Gemeindevertretung nach der Wahl 1948