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60. Jahrgang/Nr. 2 Weihnachten 2004

Pfarrblatt

Engel:sichtbar – unsichtbarEngel:sichtbar – unsichtbar

Von Engeln umgebenVor sechzig Jahren …Heilige Zeichen: Der Engel des HerrnBuchbesprechung: H. Gaisbauer,„Den Engeln auf der Spur“

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Gleich zu Beginn möchte ich meine Freudedarüber mit Ihnen teilen, dass wir beimPfarrblatt-Wettbewerb der ErzdiözeseWien in der Kategorie „Stadt“ den erstenPreis gewonnen haben. Es ist mir Anlass,wieder einmal allen zu danken, die mit-helfen, dass unser Pfarrblatt auf diese Artund Weise entstehen kann. Gleichzeitigist diese Auszeichnung auch eine Bestär-kung, an unserem Weg festzuhalten. Essind die guten Geister im Hintergrund,die kaum jemals in die Öffentlichkeit tre-ten, die diese Arbeit mittragen. „Du bistein Engel“, sage ich dann immer wieder,wenn mir unvermutet Hilfe zuteil wurde.Vielleicht ist Ihnen auch schon aufgefal-len, dass unser Pfarrblatt bereits im 60.Jahrgang steht. Wenn ich mir vorstelle,wie viele Menschen in dieser langen Zeitam Pfarrblatt mitgearbeitet haben …Meist sind ihre Namen gar nicht bekannt,viele sind nicht mehr am Leben. So wollenwir ihrer auch in dieser Ausgabe dankbargedenken. Es ist mir bewusst, dass wirauf guter Grundlage aufbauen konnten.

Am 7. November hatte ich mich mei-ner bisher größten Herausforderung zustellen. Auf Wunsch unseres ErzbischofsKardinal Schönborn durfte ich im Ste-phansdom vor hunderten Interessiertendie Katechese zum Thema „Leben undSterben“ halten. Ich war sehr aufgeregtund unsicher. Da konnte ich die wichtigeund schöne Erfahrung machen, dass sichganz spontan viele liebe Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter in der Domkirchebereit erklärt haben, mir zur Seite zu ste-hen und mich zu unterstützen. Nebender technischen und organisatorischenHilfe war es aber auch der geistliche Bei-stand, der mich getragen hat.Viele habenmir ihre Gebetsunterstützung zugesagtund einige haben sich während meinerAusführungen in Sichtweite gesetzt undmich durch freundliches Nicken und auf-merksames Zuhören bestärkt. Das warenwirklich Engel, die mir zur Seite standen.

Um diese unsichtbaren oder sichtba-ren Begleiter in unserem Leben geht es inder vorliegenden Ausgabe des Pfarrblat-tes: Engel, ein durchaus weihnachtliches

Thema.Von verschiedensten Seiten habenwir versucht,es aufzubereiten. In der Heili-gen Schrift sind Engel nie selbst Gegen-stand des Glaubens; sie sind immer Bo-ten, die auf ihren göttlichen Auftragge-ber hinweisen (das Wort Engel kommt javom griechischen Wort „angelos“ und be-deutet „Bote“). Nie sind sie in eigenemAuftrag unterwegs, sondern immer imNamen des Herrn. Engel sind die Über-bringer der frohen Botschaft zu Weih-nachten – täglich werden wir daran erin-nert, wenn wir den Angelus beten – undbei der Auferstehung. Und hin und wie-der begegnen wir einem Engel eben auchin unserem Alltag. Das schlichte Kinder-gebet, das wir wohl alle von unseren El-tern gelehrt bekamen „Schutzengel mein,lass mich dir empfohlen sein …“, ist auchfür uns Erwachsene sinnvoll.Wir müssenes ja nicht in dieser kindlichen Formulie-rung beten.

Ich wünsche Ihnen viel Freude bei derLektüre sowie im Namen des Redaktions-teams ein gesegnetes Fest der Mensch-werdung unseres Gottes. Auf Ihrem Wegin und durch das Neue Jahr 2005 mögeSie folgender Vers aus Psalm 91 begleiten:

„Er hat seinen Engeln befohlen überdir, dass sie dich behüten auf allen deinenWegen, dass sie dich auf Händen tragenund du deinen Fuß nicht an einen Steinstößt.“ (vgl. Psalm 91, 11)

Mit einem sehr herzlichen Grüß Gottaus St. Stephan, Ihr

Reinhard H. Gruber, Domarchivar

Grüß Gott!ó Editorial 2

ó Wort des Dompfarrers 3

ó Klar, Engel gibt es! 4

ó Engel sind heute „in“ 6

ó »Du bist ein Engel!« 8

ó »Englische Namensträger« berichten 10

ó Techno-Angels 11

ó Der Engel mit der Posaune 12

ó Engel – auch anders 14

ó Anfang und Ende 16

ó Die Rolle der Kirche in Europa 18

ó Als Österreicher in Brüssel 22

ó Wir können von Europa viel erhalten. Wir haben aber auch Beachtliches einzubringen. 23

ó Die »Neuen« in der Dompfarre 24

ó Unser Erzbischof feiert Geburtstag 26

ó Erster Platz beim Pfarrblattwett-bewerb für unser Pfarrblatt 28

ó An ihren roten Taschen und Schals werdet ihr sie erkennen 29

ó Auf den Spuren der drei Weisen zum Weltjugendtag 30

ó Die süßeste »Fair-suchung« 30

ó Festmahl für den Nächsten 32

ó Firmwochenende in Schottwien 33

ó Sehnsucht nach dem »Mehr« 33

ó Hundert Jahre Reliquienkapelle 34

ó Vor 60 Jahren 35

ó Die mittelalterliche Wand-malerei auf der Westempore 36

ó Erzengel Gabriel, Raphael und Michael 38

ó Der Engel des Herrn 41

ó Ein »königliches« Weihnachtsgeschenk 42

ó »Und schaut der Steffl lächelnd auf uns nieder ...!« 43

ó »Den Engeln auf der Spur« 44

ó Chronik 45

ó Weihnachten im Dom zu St. Stephan 46

ó Aus der Schatztruhe 48

ó Impressum 48

Inhalt Editorial

Titelbild:Erzengel Raphael von Prof. Herwig ZensÖl und Acryl auf Leinwand, Wien 2004 gemalt für das Pfarrblatt von St. Stephan

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Nicht alle Engel haben einen Namen.Die Erz-engel kennt man noch und weiß von Micha-el, Gabriel und Raphael. Dass auch Uriel indiese Kategorie gezählt wird, befremdetvielfach durchaus auch schon kirchlich Ge-bildete. Oder waren es nicht doch sieben,nach der heiligen Zahl der Vollkommen-heit? Aber alle Chöre der Engel, alle Sera-phim und Cherubim, die mit uns in jederheiligen Messe in den Lobgesang des Sanc-tus mit einstimmen, wer kennt ihre Zahl,wer kann sie mit Namen nennen?

Eine meiner Leidenschaften hat im-mer den Engeln gegolten. So schön luftigfliegen sie daher, schweben in der Näheder Heiligen und musizieren so lustvollund pausbäckig in barocker Manier, oftgenug in krassem Widerspruch zu mancheinem griesgrämig-asketischen from-men Antlitz. So bevölkern meine Biblio-thek nicht nur die vielen Bücher, dazwi-schen, darüber und an den Wänden lugtso mancher fröhlicher, bisweilen fast all-zu keck erscheinender Putto hervor undlächelt oder lacht aus ganzem Herzenüber das ernsthafte Bestreben nach Ord-nung und Disziplin.

Engel als Boten Gottes haben abernicht nur die Aufgabe, mich in meiner Bi-bliothek zu erfreuen, sondern bringenganz konkret den unbedingten Heilswil-len Gottes zum Ausdruck.

Gabriel als der Verkündigungsengelist der mit dem Weihnachtsgeheimnis amhäufigsten in Verbindung gebrachte Engel.

Raphael ist mir persönlich der Liebste:Gott heilt und führt dich den Weg wiedersicher nach Hause.

Ein von mir hoch geschätzter Vorgän-ger als Dompfarrer und Motor des Wie-deraufbaus von St. Stephan hieß Karl Dorr.Nach seinen Kaplansjahren wurde er 1936

zum Domprediger berufen. Dem Kampfum das rechte Wort auf der Kanzel vonSt. Stephan folgten Jahre des Exils in Tü-bingen, denn die unselige Zeit des Natio-nalsozialismus bescherte dem wortge-waltigen und unerschrockenen Predigerim Sommer 1941 ein „Ostmarkverbot“.Seelsorgsaushilfen und Studium prägtenseine fast fünf Jahre fern vom Dom. Nachdem Ende der Schreckensherrschaft gabes 1946 eine glückliche Heimkehr in daszerbombte Wien und Dorr nannte sichaus Dankbarkeit gegenüber Raphael,dem biblischen Reiseengel, fortan nurmehr Karl Raphael Dorr.

Wenn wir den Dom durch das Riesen-tor verlassen, erinnern uns zwei überle-bensgroße Figuren an diese besondereVerehrung des Erzengels Raphael: Direktvor dem großen hölzernen Windfang ausder Steiermark stehen links der ErzengelRaphael und ihm gegenüber Tobias mitdem Fisch. Beide Figuren sind trotz derzusätzlichen Beleuchtung schwer wahr-nehmbar, weil ihre Holzfarbe mit der desWindfangs identisch ist.Trotzdem wollensie alle Gläubigen daran erinnern, dass sieauf einen Wegbegleiter vertrauen dürfen,der sie nicht nur sicher heimbringen wird,sondern auch eine Ahnung davon hat,was unsere Blindheit heilen kann, so wiedie Galle des Fisches die Blindheit des Va-ters von Tobias geheilt hat. Hoffentlichwird uns in der Kirche vieles an Wort undErmutigung gereicht, was uns sehenderund heiler macht.

Vielleicht hat Sie das Bild auf der erstenSeite ein wenig verwundert. Prof. HerwigZens von der Akademie am Schillerplatzhat mit seinem überragenden Totentanz-zyklus im Vorraum der Curhauskapelleschon vor Jahren große Bewunderungund auch Emotionen geweckt. Wenn erjetzt für diese Ausgabe des Pfarrblatteseigens eine Darstellung des Raphael ge-malt hat, passt das für mich auch rechtgut zur Weihnachtszeit.

Darf ich Sie zu einer kleinen Bildbe-trachtung meines Lieblingsengels unterweihnachtlichem Stern einladen?

Der mächtige Erzengel Raphael bietet

mit seinen mächtigen roten Flügeln je-dem Schutz und Geborgenheit, der sichihm anvertraut. Tobias sucht die Näheder bergenden Flügel und ahnt die hei-lende Kraft der Nähe dieses Boten Gottes.Die Arznei aus dem Fisch ist ein Heilmit-tel gegen alle Formen der Blindheit. Abervielleicht bedeutet der Fisch noch vielmehr? Ichthys, das griechische Wort fürFisch, weist als Abkürzung auf die wahreMedizin hin: Jesus Christus, Sohn Gottes,Retter der Welt (Iesous Christos TheouHiyos Soter).

Die Engelschöre vermelden bei derAnkunft des Erlösers in Menschengestalt:„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede aufErden den Menschen.“

Mögen Sie viel Heilsames und Weg-weisendes in dieser weihnachtlichenFestzeit erfahren und auch weitergebenkönnen.

Heiliger Raphael,heiliger Gabriel,heili-ger Michael,alle Engel Gottes,bittet für uns!

Auf ein Wiedersehen rund um St. Ste-phan freut sich und grüßt Sie herzlich Ihr

Dompfarrer Kan. Mag. Anton Faber

Liebe LeserInnen unseres Pfarrblattes!

Wort des Dompfarrers

Druckkostenbeitrag Bitte unterstützen Sie uns auch weiterhinund überweisen Sie Ihren Druckkosten-beitrag mit dem beigelegten Zahlscheinauf unser Pfarrblatt-Konto Nr. 224 568,BLZ 19190. Herzlichen Dank im Voraus!

Keine WeihnachtspostWie schon in den vergangenen Jahrenverzichtet die Dompfarre St. Stephanauch heuer auf die sonst übliche Weih-nachtskorrespondenz und wird den dafürvorgesehenen Betrag für Schwangere inNotsituationen verwenden.

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 3

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Klar, Engel gibt es!Gedanken von P. Karl Wallner O.Cist.

Gibt es Engel? Engel gibt es! Ob es in demunvorstellbar großen Kosmos noch ande-re biologische Formen von Leben gibt,entzieht sich unserer Kenntnis. Ob esaber außer uns Menschen noch intelli-gentes, geistiges Leben gibt, diese Fragebeantwortet der christliche Glaube miteinem klaren Ja! Gott hat eine unsichtbareWelt der personalen Geister geschaffen,die den Namen „Engel“ tragen. Für denchristlichen Glauben ist klar:„Engel gibt es!“

Freilich hatten es diese seltsamenWesen, von denen die Heilige Schrift nurin plakativen, aquarellartigen Bildernspricht, in den letzten Jahren nicht leichtin der Kirche! Oft wurden gerade vonTheologen schwere Geschütze gegen sieaufgefahren! Da nützte es den Engelnwenig, dass sie fast auf jeder Seite derHeiligen Schrift vorkommen, und dannsogar oft in prominenter und entschei-dender Funktion: So bringt etwa die Sen-dung des Erzengels Gabriel (Lk 1,26) zuMaria die gesamte Erlösungsgeschichteins Rollen! Und Christus bezieht sichauch auf die Engel, wenn er z. B. ankün-digt, dass beim Endgericht diese uns inSpreu und Weizen scheiden werden (Mt13,49). Obwohl also „Engel“ eine Selbst-verständlichkeit in der biblischen und li-turgischen Glaubensvorstellung sind,und obwohl diese Wesen durch zweiJahrtausende das Interesse christlicherKünstler phantasievoll beflügelt haben(und diese umgekehrt auch von denKünstlern im wörtlichen Sinn „beflügelt“wurden), schienen sie doch in den letztenJahren von den Theologen zum Abschussfreigegeben worden zu sein. Eine gefähr-dete Wesensart, bedroht vom modernenMenschen!

Dabei galt es den aufgeklärten Libe-ralen als ausgemacht, dass Engel ein Pro-dukt der religiösen Phantasie sind, dieimmer dort auftauchen, wo ein geschlos-senes, monotheistisches Gottesbild vor-liegt: Um sich den einen und alleinigenGott besonders unberührbar und welt-abgehoben vorstellen zu können, braucht

die fromme Vorstellung so etwas wieMittlerwesen, um eine Verbindung zwi-schen Gott und Welt denken zu können.Das Wort „Engel“ kommt ja tatsächlichvom Griechischen und heißt nichts ande-res als „Bote“ und „Gesandter“. Tatsäch-lich wimmelt es nicht nur in allen Reli-gionen des Orients von Engeln und ähnli-chen Wesen, sondern vor allem diegroßen Monotheismen, also Judentumund Islam, haben eine ausgeprägte En-gellehre entwickelt. Die alttestamentli-chen Schriften bemühen sich, die „Göt-ter“ der Heiden in Form von „Engeln“ demeinzigen Gott Jahwe unterzuordnen. Sie

nennen Gott daher „Jahwe Sebaoth“, dasheißt „Gott der Engelsheere!“ - Jedenfallsbehaupten die Liberalen, dass der Engel-glauben ein Rest antiker Mythologie sei,von dem sich ein modernisiertes Chris-tentum endlich verabschieden müsse.Die Folge war, dass in der Kirche in denletzten Jahren verschämt über dieses ver-meintliche Randstück naiver Religiositätgeschwiegen wurde, zumindest warendie Engel kein großes Thema für Theolo-gie und Verkündigung.

Und eben darum ist es wohl so ge-kommen, wie es kommen musste:Wo dieKirche verstummt, reden andere umsolauter! Wo der Offenbarungsglaube beider Tür hinausgewiesen wird, springt derAberglaube beim Fenster herein: Je mehrdie Engel in der kirchlichen Verkündigungignoriert wurden, desto mehr hat sich dieaußerchristliche Religiosität ihrerbemächtigt. So populär wie in der heuti-gen Postmoderne waren die Engel wohlselten zuvor! Machen Sie doch die Probeaufs Exempel und geben sie in einemBücherservice im Internet den Begriff

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 20044

Von Engeln umgeben

P. Dr. Karl Wallner OCist,

Dekan der Hochschule,

Stift Heiligenkreuz

„Engelsortiment“ eines Andenkenladens im Wallfahrtsort Mariazell

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„Engel“ ein, und sie werden auf hunder-te Buchtitel stoßen, die meisten freilichaus dem Milieu von New Age und Esote-rik. Die irrationale Neugierde der Postmo-derne an allem Jenseitigen und Myste-riösen und Geistigen ist ebenso unbe-grenzt, wie das rationale Desinteresse derModerne betonklötzig und begrenzt war!

Weil die Überzeugung, dass es Engelgibt, also nicht auszurotten ist und sie so-gar nach den Engelspogromen der mo-dernen Theologie in eine schillerndepostmoderne Esoterik auferstanden sind,so lohnt es sich doch, einen Blick auf die„artgerechte Haltung“ zu richten, die derkirchliche Glaube diesen Wesen zuteilwerden lässt. Es zahlt sich aus, die weni-gen Artikel im Katechismus der Weltkir-che zu lesen (KKK 328–336), in denen derGlaube über die Engel komprimiert dar-gestellt ist. Aber wenn Sie freilich nur ander Frage interessiert sind: „Was sinddenn Engel eigentlich?“, so wird Ihre Neu-gierde auch durch die Glaubenslehre derKirche enttäuscht werden! Denn Gott hatdie Engel nicht geschaffen, damit wir ir-gendwelche metaphysische Sonderwe-sen bestaunen können.Vielmehr sind En-gel dazu da, dass Gott sein Heilswirken ineiner noch intensiveren Weise in die Welthinein konkretisieren kann. Wichtiger alsdie Frage „Was sind Engel?“ ist die Frage:„Was tun Engel? Was wirken sie?“ Derheilige Augustinus formuliert:„Engel be-zeichnet nicht sosehr eine Wesenseigen-schaft als eine Aufgabe!“ Gott will „an-gelô“, er will sein Heil „hineinsenden“ indiese Welt.

Also bitte: Beherrschen Sie Ihre gno-sisverdächtige Neugierde an den Engeln,die der Glaube als „geschaffene Geister“definiert! Auf die Behauptung hin: „Ge-borgenheit gibt es!“ würden Sie dochauch nicht versuchen, sich im Kopf einBild „Geborgenheit“ zu machen. Sofortwäre Ihnen klar, dass „Geborgenheit“ ei-ne Dimension der Wahrnehmung be-zeichnet, die dem Auge und den übrigenäußeren Sinnen nicht unmittelbar zu-

gänglich ist. Warum müssen wir uns et-was vorstellen wollen unter diesen „En-geln“, wo doch die Glaubensdefinition,dass sie „geschaffene Geistwesen“ sind,sie eben gerade unserer sinnlichen Vor-stellung entziehen will! Darum habenauch die Künstler freie Hand! Weil dochjeder Denkende sofort kapiert, dass Engelganz anders sind als die drolligen Puttenvon Bernini oder auch wie die erhabenenLichtgestalten in der romanischen Kryptavon Marienberg im Vintschgau. Sie sindund bleiben Geister, Mächte, Gewalten...

Engel sind also Gott untergeordnetegeistige Geschöpfe, deren Sein in ihremTun besteht. Sie prägen den HeilswillenGottes nochmals mächtiger in diese Weltein. Darum müssen wir auch all den eso-terischen Engelsverehrern heute deutlichsagen: Es gibt nur einen Gott und Herrn,der uns in Christus durch den HeiligenGeist erlöst hat! Auch die frühe Kirchelebte in einer Welt, die von Göttern, Dä-monen und Engeln nur so wimmelte;und daher ist es ein bis heute gültiger Teilunserer Frohbotschaft, dass alle „Engel,

Gewalten und Mächte Christus unter-worfen sind“ (1 Petr 3,22). Die Engel sindnichts „neben“ Gottes Erlösungswerk,aber sie sind mächtig „in“ Gottes Erlö-sungswerk. Sie können niemals „neben“Gott ihr eigenes Heilsprogramm insze-nieren, denn sie sind SEINE Geschöpfeund SEINE Vermittlungsinstanzen. Derchristliche Glaube wird nicht müde zubetonen, dass alle Engel Christus unter-tan sind: „Denn in ihm wurde alles er-schaffen im Himmel und auf Erden, dasSichtbare und das Unsichtbare, Throneund Herrschaften, Mächte und Gewal-ten; alles ist durch ihn und auf ihn hin ge-schaffen“ (Kol 1,16). Und Christus steht„hoch über alle Fürsten und Gewalten,Mächte und Herrschaften und über je-den Namen, der nicht nur in dieser Welt,sondern auch in der zukünftigen genanntwird“ (Eph 1,21). Und wenn das klarge-stellt ist, warum sollen wir die Engel nichtgläubig annehmen als „dienende Geis-ter“, wenn sie doch Gott ausgesandt hateben gerade um unsretwillen, die wir„das Heil erben sollen“ (Hebr 1,14)? ó

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„Engelskonzert“, El Greco, 1608/22

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Von Engeln umgeben

Kaum zu glauben: Katholische wie auchnichtkatholische Verlage wagen sich andieses Thema heran, und wie oft, wie gut,wie biblisch fundiert.

Die Engel wurden neu entdeckt.Warum eigentlich?Der Mensch weiß um seine Schutzbe-dürftigkeit, erlebt seine Ratlosigkeit, sei-ne Einsamkeit. Wie oft steht er allein da!Darum haben feinfühlige, theologischgut gebildete Menschen die Engel füruns wieder entdeckt. Die besten „Engel-bücher“ kommen von Pater Anselm Grünaus Münsterschwarzach. Die faszinie-rendsten und eindrucksvollsten unter ih-nen sind „50 Engel für das Jahr“ und „50Engel für die Seele“.

Aber – was sind Engel? Welche Bedeutung haben sie für das menschliche Leben?Das Wort „Engel“ leitet sich vom lateini-

schen Angelus = Bote ab und kommt inder Heiligen Schrift 200-mal vor. Das istdreimal so oft wie zum Beispiel das WortApostel. Offenbar spielen also die Engelin der Heiligen Schrift eine große Rolle.Aber auch in nichtchristlichen Religionen,Sekten und anderen Geistesströmungenhaben Engel eine besondere Bedeutung.Gestützt auf die Heilige Schrift hat dieKirche von jeher die Lehre über die Engelverkündet. Wenn man die Texte der Hei-ligen Schrift, in der Engel vorkommen,aufmerksam liest, kann man drei Artenvon ihnen erkennen:

Da gibt es erstens die Engel als BotenGottes. Sie treten immer dann auf, wennGott den Menschen etwas Wichtiges undEntscheidendes zu sagen hat. Der Engelspricht zu Abraham, Gideon, Zacharias,Maria, Petrus, Paulus, … Diese Engel sinddie personhafte, wandelnde BotschaftGottes an den Menschen. Der Engel alsBote Gottes sagt keine Botschaft, er ist

eine Botschaft über Gott. Wer so einenEngel erlebt, der erlebt Gott. Engel ma-chen deutlich, wer und wie Gott ist.

Zweitens erzählt die Bibel von Engelnam Throne Gottes, die Gott ohne Endelobpreisen. Davon berichten zum Beispielder Prophet Jesaja und der Apostel Jo-hannes, wenn er vom Weltgericht spricht,vom neuen Himmel und der neuen Erde.Von ihnen singen wir auch im „Sanctus“der heiligen Messe.

Drittens gibt es in der Heiligen Schrift

Mag. Franz Bierbaumer,Feuerwehr-

seelsorger der Stadt Wien

Engel sind heute »in«von Franz Bierbaumer

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noch die Schutzengel, auch wenn dieserBegriff selbst nicht vorkommt. Einer vonihnen ist zum Beispiel im Alten Testa-ment Raphael, der Reisebegleiter des jun-gen Tobias. Die Schutzengel sind Perso-nen, auch wenn man sie nicht mit leibli-chen Augen sehen kann. Im Großen Glau-bensbekenntnis sprechen wir:„Ich glaubean die sichtbare und an die unsichtbareWelt.“ Es gibt nun einmal viele Dingezwischen Himmel und Erde, die wir nichtsehen und die doch da sind. Wir sehen janur einen winzigen Bruchteil von dem,was existiert. Diese Engel sind keineselbständigen Unternehmer, sondernAusdruck der Liebe Gottes.Wie die HeiligeSchrift deutlich macht, will Gott sich unsmitteilen – darum schickt er seinen Bo-ten. Gott hat ein Herz, darum lässt er unsnicht allein, darum ist er immer „um unsherum“. Der Schutzengel als eine Glanz-leistung Gottes in der Schöpfung begleitetden Menschen auf Schritt und Tritt. Jesusselbst hat es erfahren in einer seiner dun-kelsten Stunden.Das Evangelium berichtet:„Da erschien ihm ein Engel vom Himmelund gab ihm neue Kraft.“ (Lk 22, 43)

Richtig verstanden sind Engel einefrohmachende Botschaft über den barm-herzigen und nahen Gott, der uns nie,auch nicht einen Augenblick „aus den Au-gen lässt“, sondern immer „im Auge hat“.

Füreinander wie ein Engel sein!Engel sind unterwegs zwischen Gott unduns, zwischen uns und Gott. Könnten wirnicht selbst füreinander so etwas wie En-gel sein, ein Schutzengel - einer, der denandern in Schutz nimmt, ihm eine guteNachricht bringt, ihm ein aufbauendes,ermutigendes Wort sagt, oder ihn ein-fach nur wortlos anlächelt, und ihn wis-sen lässt: Du bist nicht allein! Sie kennendie Redewendung:„Mensch, du bist ja einrichtiger Engel!“ - das können wir fürein-ander sein!

Der Engel der AusgeglichenheitEine Bekannte von mir hat die 100 Engel,die Pater Anselm Grün in seinem Buchausführlich beschrieben hat, auf kleineKärtchen geschrieben und mich einenEngel ziehen lassen. Ich zog den Engel derAusgeglichenheit.Gerade dieser Engel hatmich wirklich besonders angesprochen.

Welcher Mensch sehnt sich nichtnach der Begegnung mit einem ausge-glichenen Menschen, der Ruhe ausstrahltund sich nicht aus der Ruhe bringen lässt;bei dem man ruhig wird, wenn sein ruhi-ger Blick einen trifft; wenn man spürt, derhat jetzt Zeit und nimmt sich Zeit fürmich, ist frei von allem Getue und Stress,der macht keinen zerfahrenen und zer-rissenen Eindruck. Er ist mit sich in Ein-klang. Man merkt:Wenn du ihn in einemungeschickten Augenblick ansprichst,brauchst du keine Angst zu haben, dasser „in die Luft geht“ und explodiert. Son-dern er wird in aller Ruhe anhören, wasdu ihm sagen willst. In seiner Nähekommst du selbst in Ordnung und siehstnicht mehr so schwarz wie gestern.

„Wir sehnen uns nach solcher Ausge-glichenheit. Zugleich wissen wir, wieschnell wir aus dem Gleichgewicht zubringen sind. Jemand braucht uns nur zukritisieren. Schon wollen wir uns rechtfer-tigen und verteidigen. Oder aber wir ver-lieren die Fassung, fangen an zu weinenoder zu schreien. Die Ausgeglichenheit istetwas anderes, als „cool“ zu reagieren. Beijungen Menschen ist es heute beliebt, coolzu sein, keine Gefühlsregung zu zeigen, al-les an sich ablaufen zu lassen. Aber dieses„cool sein“ wird erkauft durch Kälte undStarre. Man baut einen Panzer aus Betonum sich herum auf, durch den niemanddringen kann. Beton ist auch immer gleich,aber eben gleich kalt, leblos, abstoßend,verschlossen.“

Diese Worte von Anselm Grün sindwahrlich dem Leben abgelauscht. In der

Tat: Der Ausgeglichene kann ausgleichen.Er kann Brücken schlagen, versöhnen. Sei-ne „Stärke“ ist sein Gleichmut. Pater An-selm: „Der gleichmütige Mensch ist gelas-sen, frei von Affekten. Er lässt sich von sei-nen Emotionen nicht hinreißen. Er strahltinnere Ruhe aus. Bei ihm ist die Seele imGleichklang, im Einklang mit sich selbst …Sie ruht in sich.“ Er kann nicht spalten,sondern er verbindet; er dämpft, wo’s hit-zig, bissig und blitzig hergeht. Alles in al-lem: So ein Mensch ist ein Geschenk desHimmels, ein „richtiger Engel“! ó

Literatur:P. Anselm Grün OSB: 50 Engel für dasJahr. Herder-Verlag, € 9,20P. Anselm Grün OSB: 50 Engel für dieSeele. Herder-Verlag, € 9,20P. Anselm Grün OSB: Engel für das Leben.(Sonderausgabe, enthält die beiden obigen Bücher). Herder-Verlag, € 13,30

Schutzengel von Peter Pongratz,Sammlung Essl (links),in landläufiger Darstellung von einem unbekannten Maler (rechts unten)

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Gastfreundschaft geht manchmal ganzaußergewöhnliche Wege. Wer sie übt,kann sogar Engel beherbergen, ohne es zuwissen; so sagt es die biblische ErfahrungAbrahams. Und wie oft erleben wir en-gelsgleiche Sorge und Aufmerksamkeitfür uns selbst. Vieles könnte ich erzählenvon Menschen, die wir zu Recht Engelnennen dürfen, weil sie wahre und leichtverstehbare Boten der Liebe Gottes sind.Ob ich nun an wunderbare Gastgeberdenke oder an stets dienstbereite Geister,die alles in Schwung bringen und mit ei-nem Hauch von Leichtigkeit und Frohsinnauch die schwersten und drängendstenAufgaben für sich und die ihnen Anver-trauten erledigen, in Zeiten der Traurigkeitund der Krankheit das rechte Wort findenund zärtlich die richtige tröstende Gestesetzen. Wie heilsam und wohltuend!

Wie viel Leid gibt es oft in den von unsallen an sich angestrebten Tagen des Al-ters: die Not der dahinschwindendenKräfte, die Fremdheit, die uns plötzlichumgibt, das Fernsein jener, die uns schonverlassen haben, und die fehlende Zeitderer, die uns eigentlich immer schon be-suchen wollten und es doch so oft nichtschaffen. Einsamkeit, die mehr ist als dasFernbleiben von Menschen, weil unterwidrigen Umständen auch die Zweifel ander Gegenwart Gottes wachsen.

In solch einer Situation ist es lebens-wichtig, auf Menschen vertrauen undbauen zu können, die uns deutlich ma-chen, dass Gott bei den Menschen seinwill, die unter Not, Krankheit, Einsamkeitund den Beschwerden des Alters leiden.

In unserer Dompfarre haben wir vielmehr Engel, als wir wissen: Menschen,die diese Botschaft der rettenden undheilenden Liebe Gottes in Wort und Tatbezeugen. Wenn sich die treuen Damenund Herren unseres Caritaskreises aufden Weg machen, um den älteren Pfarr-bewohnern ein Zeichen der Wertschät-zung und Respektes zu bringen, dannhören sie immer wieder von benötigterHilfe.Wir brauchen noch viel mehr Engel!

Eine, die den Namen eines Erzengelsmit großer Berechtigung tragen kann, istunsere liebe Mitarbeiterin Gabrielle Meran.Mit welcher Geduld und Fröhlichkeit sieso manchen Stephaner auf seinem letz-ten Weg begleitet hat, ist für mich mehrals beeindruckend. Die vielen Stunden,die sie im Auftrag der Dompfarre und impersönlichen Einsatz noch weit darüberhinaus in deren letzten Lebensmonatenbei – um zwei zu nennen – Prof. WinfriedRohsmann und jüngst bei Charles vanVleck verbracht hat, ergeben sicher eingehöriges Guthaben auf einer himmli-schen Bank. Selten, aber doch ist es beiuns in der Stadt möglich, zu Hause zusterben. Diese Zeit des Abschieds für alleBeteiligte wertvoll zu gestalten ist eindeutliches Zeichen gegen alle Formenund Vorboten der Euthanasie.

Wie hat es Caritaspräsident Landauformuliert? „Wir wollen lieber an der Handeines Menschen sterben und nicht durch

die Hand eines noch so wohlmeinendenMediziners.“

Die Hand halten, eine erfrischendeMassage, ein kühlendes Tuch, ein SchluckWasser an die Lippen geführt, der treueNachtdienst, das stellvertretende Gebetam Bett des langsam Sterbenden … Christ-sein beweist sich auch und gerade an sol-chen Diensten.

Ich konnte in den letzten Jahren somanchen Sterbenden erleben und ihmmit der Krankensalbung beistehen, undich neige mich in tiefer geistlicher Ehr-furcht vor allen Menschen, die solcheDienste treu durchhalten. Die heiligeMutter Theresa zeigte es in den Slumsvon Kalkutta; wir brauchen diese Engelauch hier. „Mögen Engel dich geleiten …“auf deinem letzten Weg – das wünscheich jedem von uns.

Von den Engeln als Vorboten des Todes,vom Todesengel will heute niemandmehr etwas hören. Ich glaube fest an die

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 20048

Von Engeln umgeben»Du bist ein Engel!«Dompfarrer Toni Faber über irdische und überirdische Engel

Kardinal Christoph Schönborn und Caritas-Referentin Gabrielle Meran vor der Abreisedes Sonderzuges zur Malteser-Kranken-Wallfahrt nach Lourdes, 30. 4. 2004

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Existenz von Engel. Ich glaube fest daran,dass ich in den himmlischen Chören nacheiner gehörigen und angemessenen Zeitder Läuterung und Reinigung werde mit-singen dürfen. Ich weiß aber heute schon,dass ich manche vorerst namenlose Engelwiedersehen werde und sie auf dem Wegdavor schon sehr notwendig brauche.Wie schreibt der Psalmist im Psalm 91:

Wer im Schutz des Höchsten wohntund ruht im Schatten des Allmächti-gen, der sagt zum Herrn: „Du bist fürmich Zuflucht und Burg, mein Gott,dem ich vertraue.“Er rettet dich aus der Schlinge des Jä-gers und aus allem Verderben.Er beschirmt dich mit seinen Flügeln,unter seinen Schwingen findest duZuflucht, Schild und Schutz ist dir sei-ne Treue.Du brauchst dich vor dem Schreckender Nacht nicht zu fürchten …Denn der Herr ist deine Zuflucht, duhast dir den Höchsten als Schutz er-wählt.Dir begegnet kein Unheil, kein Un-glück naht deinem Zelt.Denn er befiehlt seinen Engeln, dichzu behüten auf all deinen Wegen.Sie tragen dich auf ihren Händen, da-mit dein Fuß nicht an einen Steinstößt;du schreitest über Löwen und Nat-tern, trittst auf Löwen und Drachen.„Weil er an mir hängt, will ich ihn ret-ten; ich will ihn schützen, denn erkennt meinen Namen.Wenn er mich anruft, dann will ichihn erhören. Ich bin bei ihm in derNot, befreie ihn und bringe ihn zu Eh-ren. Ich sättige ihn mit langem Lebenund lasse ihn schauen mein Heil.“ ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 9

Wolfgang Stracke setzte sich anlässlich des Themas unseres Pfarrblattes höchst in-novativ mit dem christlichen Thema des Schutzengels auseinander:

Das göttliche Auge ist im Schutzengel vielfach präsent. Die rettende und Geleitgebende Hand des Engels reicht dem gefesselten Menschen, der im Begriff ist, insUnglück zu stürzen, den rettenden Spiegel seiner Selbsterkenntnis hin: Wendet sichder Mensch mit seinem Antlitz dem rettenden Boten der schützenden Liebe Gottes zu,dann hat die animalische Macht des Bösen keine Aussicht auf Erfolg, trennt sie dochdie Furt des Lichtes Gottes vom Menschen, wiewohl so manche ins rote Licht ge-tauchten Versuchungen den Menschen beugen und fesseln. Toni Faber

Schutzengel von Wolfgang Stracke,140 * 150, Tempera auf Leinen, Wien 2004.

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»Englische Namensträger« berichtenSeit 48 Jahren und zwei Monaten trage ichden Namen Engelmann. Geboren bin ichnoch dazu am Hochfest der Erzengel Mi-chael,Gabriel und Raphael (29.September).

Das Wort Engel kommt vom lateini-schen angelus, auf Deutsch Bote. Wenn-gleich die kirchliche Lehre über die Engelfür mich nicht zu den wichtigen Inhaltendes christlichen Glaubens gehört, so fas-zinieren mich dennoch biblische Texte,in denen überraschend Engel erscheinenund handeln.

Ich meine, dass die Rede von den En-geln den persönlichen Glauben heraus-fordert. Die Erkenntnis von uns Men-schen ist begrenzt. Das Reich Gottes istweiter und tiefer, als wir es uns je vorstel-len können. Es umfasst mehr als die sinn-lich wahrnehmbare sowie abstrakt ge-schaffene Wirklichkeit.

Der tiefste, grundlose Grund desMenschen ist Gott. Jesu sagt: „Das Him-melreich ist in euch“, und Meister Eck-hart:„Der Weg in meine Herzensmitte istder Weg zu Gott.“ Dort wartet Gott –

sehnsüchtig, wie die Mystiker beschrei-ben –, um mit dem Menschen in innig-ster Gemeinschaft, in Kommunion zusein. Um uns dorthin zu bringen: in un-seren Urgrund, zu uns selbst, zu Gott, un-ternimmt der lebendige Gott ungeheuerviel – so viel, dass wir dessen in seiner Fül-le niemals innewerden. Alles, was wir er-leben, kann der Versuch Gottes sein, unszu bewegen: hin zu ihm selbst, und daherkönnen wir in sehr weitem Sinn von En-geln sprechen: Jedes Ereignis, begonnenvom Schuheputzen bis hin zu den Stern-stunden unseres Lebens, kann der Diensteines Engels sein. Gedanken und Gefühlekönnen Botschaften von Engeln sein. Je-der Mensch, der uns begegnet, kann unsEngel sein.

Wenn wir den Boten Gottes in vielenGestalten offen gegenübertreten, dasheißt, uns nicht blind, ablehnend oderähnlich verhalten, dann werden schließ-lich sogar wir selbst für andere zu BotenGottes. Hier und heute, in Sankt Stephanund Hernals. ó

Wenn ich jetzt nicht gebeten worden wäre,mir Gedanken über meinen Namen zumachen, hätte ich das vielleicht auchnoch lange nicht getan, denn in seinerAussprache, zumindest in der deutschen,liegt ja nicht sehr viel Klang oder Melo-die. Er klingt eher nüchtern und trocken,so habe ich es jedenfalls immer empfun-den. Hingegen schmeichelt die Bedeu-tung meines Namens doch wesentlichmehr dem Gefühl als der Klang dem Ohr,denn wenn man nachliest, bedeutet ernicht weniger als „die Engelhafte“ oder„zum Engel gehörend“, in einer Ableitungaus dem Griechischen sogar „der BoteGottes“! Nun würde ich natürlich nie wa-gen, mich als ein engelhaftes Wesen odergar einen Boten Gottes zu bezeichnen,wenn da nicht meine starke Verbindungzur Musik bestünde. Die Musik ist ohneZweifel eines der größten Gottesge-schenke, die uns Menschen zuteil wur-den, denn es ist eine Sprache, die wir alle

verstehen. Jedoch wäre die Botschaft derMusik nicht zu vernehmen, hätte sie kei-ne Boten – und nichts anderes sind mu-sizierende Menschen wie ich: Wir über-bringen die Botschaft der Musik! Es ist ei-ne Botschaft der Toleranz, der Offenheit,der Zuversicht, des Vertrauens, des Mu-tes, der Hoffnung, der Versöhnung undder Liebe. Bote zu sein bedeutet Verant-wortung zu tragen, den Wert der Bot-schaft zu erkennen und behutsam damitumzugehen. Denn nicht der Bote, nur dieBotschaft zählt! Die Tatsache, dass ichnun zufällig Angelika heiße, mag nichtbesonders wichtig sein, aber sie gibt mirhin und wieder die kleine Zuversicht, inmeiner Eigenschaft als Bote doch aufdem richtigen Weg zu sein. Bote zu seinist nicht immer leicht, auch wenn man soheißt! ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200410

Von Engeln umgeben

Dr. Karl Engelmann,Pfarrer und

Dechantvon Hernals

AngelikaKirchschlager,

Sängerin, seit 1993Mitglied der

Wiener Staatsoper,wo sie im Sept.

1994 als Cherubino(Le nozze di Figaro)

debütierte

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Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 11

Der Professor an der Pariser Sorbonne Mi-chel Serres, ein Boulevard-Philosoph, ge-langt in seinem Essay Die Legende derEngel elegant und phantasielos zu demSchluss, so ungefähr: Engel fliegen heutemit der „Air France“. Nicht die Menschenbrauchen die Engel, die Engel brauchendie Flugzeuge der Menschen. Welch einGipfel der Aufklärung.

Jedem Vernunftbegabten muss klarsein: Es ist genau umgekehrt als es dasvernünftelnde Philosopherl glaubt: Nichtdie Engel brauchen unsere Flugzeuge,unsere Flugzeuge brauchen die Engel.Unsere primitiven, komplizierten, immerkomplizierteren, immer störanfälligerenMaschinen funktionieren überhaupt nurmit Schutzengeln.

Wer glaubt, Maschinen funktionierenohne Engel, glaubt an Wunder.

Wir denken uns was aus, beglück-wünschen uns zu unserer Intelligenz undhaben zugleich das unbestimmte Gefühl,wieso funktioniert das Zeug überhaupt,das ist ja ein Wunder. Die Antwort sind

die Engel. Alle anderen Erklärungen sindirrationaler, mystischer Art. Lieber als andie Technik glaube ich an Engel.

Zum Techno-Zeitalter, es sei geprie-sen, gehören Techno-Angels, sie seiengepriesen. Mein PC ist nur wenige Zen-timeter dick und nur ein paar Kiloschwer und überhaupt wunderhübsch.Aber die Gebrauchsanweisung ist zweiBände dick mit je tausend Seiten. Machtmir überhaupt nichts. Unbekümmertsinge ich mit im Triumph- und Huldi-gungs-Hymnus der Techno-Dummis.Mein Engel kennt die Gebrauchsanwei-sung auswendig von vorn und von hin-ten. Ich brauche mir echt keine Sorgenzu machen.

Wer an die Menschen und ihre Ma-schinen glaubt, ist verrückt. Ich bin ver-rückt. Wer an die Engel glaubt, ist ver-nünftig. Ich bin vernünftig. Engel sindnotwendig für die Sicherheit, und die Si-cherheit kommt gleich hinter der Ar-beitsplatzfrage.

Die Autofahrer können nicht fahren,

die Flieger nicht fliegen, die Raumschiffernicht schiffen, die Atomkraftler nichtkrafteln, die Gentechniker nicht genen,die Kloner nicht klonen, die Herzverpflan-zer nicht pflanzen, die Schulkinder wer-den vom Schulbus mitgeschleift, und diealten Leute kommen in der viel zu kurzenGrünphase nie heil über die Kreuzung -wenn nicht Engel unterwegs sind, rundum die Uhr eine ganze friedenschaffendeNATO-Flotte von Schutzengeln, ganzeFlugzeugträger voll Rettungs-Engeln aufdem Ozean des ständigen, blödsinnigenVersagens alles Menschengemachten. (…)

Ob es Menschen gibt, ist zweifelhaft,wenn man sich die Menschen genaueranschaut. Ob es Engel gibt, ist gar keineFrage. Je genauer man sich die Welt an-schaut, desto einleuchtender wird dieExistenz der Engel. Freilich auch die Exi-stenz des Teufels; dem wunderbaren Ge-lingen von vielerlei Unwahrscheinlichemsteht ergänzend zur Seite das gleichfallserfahrungsgemäße Scheitern von vieler-lei gut geplanten Unternehmungen. Baldgeht’s mit dem Teufel zu, bald mit den En-geln.Auf die Menschen hingegen ist wenigVerlass. Der Humanismus hat noch niefunktioniert, der Anglismus immer. ó

Aus: Günter Nenning: Schutzengel.Jeder braucht einen, fast jeder hat einen.Verlag Christian Brandstätter, Wien 1999(vergriffen).Wir danken Dr. Günter Nenning für diefreundlich erteilte Erlaubnis zum aus-zugsweisen Abdruck seiner Gedanken.

Techno-AngelsVon Günter Nenning

DDr.Günter Nenning

„Der Engel der Apokalypse“ von Herwig Zenz

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Seilerstätte 10. Der Engel mit der Posauneist nicht zu finden (ich hatte ihn vergeb-lich gesucht!). Vielleicht das gleiche Ge-schick wie im Falle des Hauses mit demblauen Einhorn, unter dem Paula (dieewige Wienerin) und René ihr erstes Ge-spräch führen. Auch das (das Einhorn)gibt es schon lange nicht mehr (andersals die Miserowsky’schen Zwillinge in derPorzellangasse).

Sintemalen: Verlust des Engels! Ab-schied vom Teufel und Abschied von sei-nem unversuchten Prototyp! Was stehteigentlich zwischen uns und der ento-plutischen alten Welt? Peter Berger (ausden überseeischen Kolonien) punktet es:Würde(!) einem Neuzeitler ein Engel sicht-bar, was täte er? Er fiele nicht auf die Knie,sondern er ginge zum Psychiater. Ecco,qua! Vermuten wir einen Konnex zwi-schen Würde und Würde?! Aber davonspäter.

Wie ganz ist das Ganze?Die alte Frage der aristotelischen Meta-physik: Was ist die Welt? Dabei hat derStagarite die Engelspekulation auf mehrals eine Weise beflügelt. Erstens im VIII.Capitel der XII. Metaphysikabhandlung.Da geht es um die ellipsoiden Abweichun-gen der Planetenbahnen von der voll-kommenen Bewegung (des Kreises). Das

zu erklären sind 55 Geistwesen annötig,die den Gestirnen Richtung (und Mobi-lität) geben. Die aristotelischen Kleingöt-ter werden später (XIII. Jhdt.) zu den „in-telligentiae“, und die sind dann im Deut-schen zum Engel geworden:„weil für denhimmlischen boten und geist kein heimi-scher ausdruck geeignet schien“ (Grimm& Grimm). Desselben und zweitens: Inder Catenache des ersten Satzes des er-sten Buches der Metaphysik (des Aristo-teles) durch Thomas von Aquin (1223–1274). Warum ist der Mensch habituellneugierig (wie der Satz des Aristotelesunterstellt)?

Respondeo: Weil alle Welt in den Ur-sprung dessen strebt, dem es ursprüng-lich entsprungen ist! Und was nun diemenschliche capax mentalis (die geistigeFassungskraft) anbelangt, so ist diese beider englischen Natur geleast, und so im-mer und stets über sich selbst hinaus ge-hoben und in dynamische Aufbruchs-,weil Rückkehrgesinnung (auf die hierar-chisch obere Ebene) verfasst. Das hat nunüberhaupt mit dem Weltenbau zu tun –oder mit der Struktur der Wirklichkeit imGanzen. Eben um dieses Ganze geht eshier indesinenter, in nuce um die Frage:wie ganz ist das Ganze? Und das ist nuneigentlich die philosophische Beunruhi-gung eben (vermeintlich) angesichts desEngels: Gilt doch Philosophie gemeinig-lich für das Denken des Ganzen (und desGrundes)!

Mehr als Harvey das MeerschweinThomas von Aquin, dessen epitheton an-gelicum zwar weit verbreitet, doch rechteigentlich ziemlich verspätet (nach 1450)datiert ist, hat in Beantwortung dieserFrage vielleicht mehr Genie bewiesen, alsin all seinen übrigen diesbezüglichenStreichen zusammen. So hatte der engel-gleiche Lehrer (Doctor angelicus) zweiLehrstücke des Philosophen (Aristoteles)in Relation gesetzt Die aristotelischeTheorie behauptete, dass Form und Ma-terie in einem kausalen Verhältnis auf-

einander bezogen seien. Es war das Geniedes Thomas, das ihn dazu führte, dieseRelation nacheinander im Sinne der vierdistinkten aristotelischen Ursachen zudurchdenken. Daraus sollte sich der ge-samte Stufenbau des Ganzen im Ganzen(der Welt eben) ergeben. Und er ergabsich. Die Welt des anorganischen Klün-gels (Form und Materie stehen in einemVerhältnis nach Art der causa formalis);die Welt der Felder, Wiesen und Wälder(causa finalis); der Zoo der Welt (causa ef-ficiens).

Exakt an dieser Stelle blieb eine letzteOption: Wie konnte die Welt über Pünkt-chen, die Ratte und Harvey, das Meer-schwein hinauskommen? War das tat-sächlich im Ganzen das Ganze? Es wardie mentale Existenz des Menschen, dieThomas dazu zwang, die Welt weiter zudenken. Denn das menschliche Lebenkennt dubioserweise Akte, die in toto vondessen (des Menschen) Körperlichkeit ge-schieden sind (Liebe, Sympathie, Denken).Sie scheinen eine Lebensform anzukün-digen, die in ihrer metaphysischen Naturvollständig durch das Fehlen von Materiebestimmt ist. Und auch hier half Thomasdie aristotelische Spekulation. Er postu-lierte – im Rückgriff auf die philosophi-sche Terminologie des Philosophen (Aris-toteles) – eine vierte Stufe von Wirklich-keit und Welt: die forma absoluta! Damitwar der Engel im Ganzen (spekulativ) er-schienen und hatte zugleich den Men-schen gerechtfertigt – und so erst wardas Ganze endgültig zum Ganzen ge-worden.

Die unsichtbare WeltIm Falle der Engel (nicht in ihrem Fall!)hat das delikate spekulative Folgen (mandenke nur an deren Spezialität!); aber daskann hier nicht vertieft werden (es ist einJammer!). Eines jedoch ist sicher: Die Sip-pe der Alts (in der Seilerstätte 10) hättekeinen einzigen Flügel (Bösendorfer?) zu-sammengeschraubt, wenn es den Engelmit der Posaune nicht doch wirklich gä-

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200412

Von Engeln umgebenDer Engel mit der PosaunePhilosophisches Florilegium zur geistigen Substanz, von P. Dominicus Trojahn OCist

Der Engel mit der Posaune verkündetdas Jüngste Gericht, Pfarrkirche Pfaffstätten (Ausschnitt)

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be. Dass der Literatur-Tourist ihn nichtfindet, ist nur recht: denn Engel sind un-sichtbar – wie die geistigen Mächte undKräfte des Menschen im Übrigen auch.Aber dass wir (Menschen) denken undträumen und sinnen, das alles setzt imGanzen die „getrennte Substanz“ vorausund zugrunde, die „unsichtbare Welt“eben, die, wie wir eben, ein Teil der Schöp-fung ist. Und damit ist für dieses Mal zu-mindest dieses klargestellt: ohne Würdekeine Würde! Würde es der Engel keinengeben, ginge es mit dem intellektiven Or-nament des Menschen den Bach runterund sonst wo hin. Der Engel sichert in sei-nem Sein die unzerstörbare Existenz dergeschaffenen geistigen Potenz. Mögendemoskopische Mehrheiten in Geistlo-sigkeit vermcdonalden, die substantia se-

parata wird in Ewigkeit den Bestand derkreatürlichen Intelligenz bezeugen undbewahren. Der Engel ist Hüter und Be-wahrer des Besten am Menschen! Er istHüter und Bewahrer der Dynamik desmenschlichen Lebens, das in mentalerNeugier über sich selbst in seinen engli-schen Ursprung hinausstrebt.

Eine Zeit ohne EngelMit den Engeln hatte alles angefangen.„So schickte Er, Gott, ihn (den Menschen)aus dem Garten von Eden, den Acker zubedienen, daraus er genommen war. Ervertrieb den Menschen und ließ vor demGarten von Eden ostwärts die Cherubimwohnen und das Lodern des kreisendenSchwertes, den Weg zum Baum des Le-bens zu hüten.“ (Gen 3, 23–24) Auf die-

sem Weg sind wir immer noch; jederSchritt die Suche nach dem verlorenenParadies! Jeder Tod ein Abgewiesenseinvon dieser Grenze! Aber sind die Engeluns Feind, Hüter des Anderen, das unsernicht weiter ist und nicht werden kann?Da fällt Gottes Taschentuch zur Erde(1444 Seiten später):„Im sechsten Monataber wurde der Engel Gabriel von Gott ineine Stadt in Galilää namens Nazarethgesandt zu einer Jungfrau“ etc. (Lk 1, 26)Wiederum fängt mit den Engeln alles an!

Und unsere Welt? Das Beben undBangen, das wir erfahren, Wüstes undWüsten, die uns umfangen? Wie hat dasangefangen? Der 1. November 1755! Mor-gens um 9.30 Uhr; Kathedrale von Lissa-bon: der Subdiakon singt die Epistel desAllerheiligenfestes: „Vidi alterum ange-lum ascendentem ab ortu solis / Und ichsah einen anderen Engel vom Sonnen-aufgang heraufkommen, der hatte dasSiegel des lebendigen Gottes und rief mitmächtiger Stimme den vier Engeln zu,denen Vollmacht gegeben war, das Landund das Wasser zu schädigen. Er rief:Schädigt nicht das Land, noch das Meer,noch die Bäume!“ (Apk 7, 2–3a) Das Erd-und Seebeben, das diesen Worten unmit-telbar folgte, bezifferte Richter (der Mannohne Hut: nach oben offen) mit der Stärke8,5. 30.000 Menschen starben. Dieses Er-eignis hat unsere Zeit im engeren Sinnhervorgebracht. Ihren Pessimismus undihre Skepsis. Sie ist eine Zeit ohne Engel,in der die Stimme des Himmels keinGehör mehr findet. Doch hört mit denEngeln auch alles auf. Sie sind das letzte,das die alte Welt sehen wird. So wie manes – in sophistischer Doppelzüngigkeit –in Italien sagt: sono del fine del mondo.Dem Menschen dieser skeptischen undpessimistischen Zeit kann somit ernstlichnur ein Rat gegeben werden. Er findetsich auf dem Entwurf von George Berna-nos zu dessen eigenem Grab: „Der Engeldes Jüngsten Gerichtes wird gebeten, diePosaune kräftig zu blasen. Der Verstor-bene ist schwerhörig!“ ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 13

Mosaik „Himmel“ beim Eingang zur Unterkirche von St. Stephan des österreichischen Malers und Schriftstellers Albert Paris Gütersloh (eigentlich Albert Conrad Kiehtreiber, † 1973) aus dem Jahr 1956

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Engel begegnen in der Bibel erstmals imErsten Buch Mose, Kap.3 als Cherubimmit dem Flammenschwert, die den Zu-gang zum Baum des Lebens bewachen!

Zu den Abendmahlsgeräten der Lu-therischen Stadtpfarrkirche in Wien Izählt eine silberne, vergoldete Pyxis (Ho-stiengefäß) von 1728, gestaltet nach denVorgaben für die Anfertigung der Bun-deslade (2. Mose Kap. 25, 10 ff):„Macht ei-ne Lade aus Akazienholz … Du sollst siemit feinem Gold überziehen innen undaußen und einen goldenen Kranz an ihrringsherum machen … du sollst auch ei-nen Gnadenthron machen aus feinemGolde … und du sollst zwei Cherubim ma-chen aus getriebenem Golde an beidenEnden des Gnadenthrons, so dass einCherub sei an diesem Ende, der andere anjenem … und eines jeden Antlitz gegendas des andern stehe und ihr Antlitz sollzum Gnadenthron gerichtet sein.“ Aberdie beiden Cherubim hier auf dem Deckel

der Pyxis, dem erwähntem Gnadenthron,haben Stierfüße! Eine solche Darstellungder Cherubim geht auf die Vision des Pro-pheten Ezechiel Kap. 1, 4 ff zurück: „Undsiehe, es kam ein ungestümer Wind vonNorden her, eine mächtige Wolke und lo-derndes Feuer, und Glanz war rings umsie her, und mitten im Feuer war es wieblinkendes Kupfer. Und mitten darin waretwas wie vier Gestalten; die waren an-zusehen wie Menschen. Und jede von ih-nen hatte vier Angesichter und vier Flü-

gel. Und ihre Beine standen gerade undihre Füße waren wie Stierfüße und glänz-ten wie blinkendes, glattes Kupfer.“

Auf dem Apsismosaik der Kirche SanMichele in Africisco in Ravenna – Mittedes 6. Jh., heute aufbewahrt in der Früh-christlich-Byzantinischen Sammlung derStaatlichen Museen zu Berlin – erblicktman in der Wölbung der Apsis den ju-gendlichen, bartlosen Christus – den sog.„Christus puer“ – auf der Paradieseswiese,flankiert von den Erzengeln Raphael undGabriel mit ihren Stäben als Thronassis-tenten – ähnlich wie auf dem Apsismo-saik der Kirche San Vitale in Ravenna.Christus selbst hält in der Rechten die„crux gemmata“ – ein mit Edelsteinenund Perlen geschmücktes Langkreuz –wie ein Stabszepter, in der Linken die auf-geschlagene Schrift, auf der Joh 14, 9 „wermich sieht, sieht den Vater, ich und derVater sind eins“ zu lesen ist, die zentraleneutestamentlichen Bibelstelle gegenden Arianismus. Darüber auf der Stirn-wand der Apsis aber schwebt auf Wolkenein kaiserlicher, perlen- und edelsteinge-schmückter Thron mit Suppedaneumund dem großen Purpurkissen heran, dar-auf thront einer, bärtig, „wie eines Men-schen Sohn“ (Dan 7, 13), begleitet von sie-ben posauneblasenden Engeln. Nebendem Thronenden je ein Engel mit Rohr-und Essigschwamm links und der Lanzerechts, den Leidenswerkzeugen – derChristus des kommenden Gerichts. Engelmit den Posaunen des Gerichts und den„corpora delicti“ wider uns – Engeldar-stellungen, die so die Bilder des JüngstenGerichts durch das Mittelalter begleitenwerden, z. B. über den Portalen in Beau-lieu, Reims oder Bamberg.

Aber Engel können auch instrumen-talisiert werden – von uns – etwa zumWerkzeug eines christlichen Antijudais-mus und suggerieren so, dass dies derWille Gottes sei! Eine Elfenbeintafel ausUnteritalien – 2. Hälfte 11. Jh., aufbewahrtin den Staatl. Museen, Preußischer Kul-turbesitz, Berlin Dahlem – zeigt in der

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200414

Engel – auch andersEine kunsthistorische Betrachtung von Alfred Raddatz

Von Engeln umgeben

Pyxis, Silber, vergoldet, Luth. Stadtpfarrkiche Wien I, 1728

Em. o. Univ. Prof.Dr. Alfred Raddatz

Evangelisch-Theologische

Fakultät der Universität Wien

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Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 15

oberen, größeren Bildfläche die Kreuzi-gung Christi mit Longinus und Stephaton,zwei oberhalb des Querbalkens rechtsund links sich Christus zuwendenden En-geln, Sol und Luna und das Grab Adamsam Fuße des Kreuzes. In dem gesonder-ten, schmaleren, unteren Bildregisterführt links ein Engel die byzantinischreich gekleidete Ecclesia, mit einer Pen-

dilien-Krone auf dem Haupte, heran, indem er ihr die Rechte um die Schulterlegt, während rechts ein zweiter Engelmit beiden Händen die zurückblickende,ärmlich gekleidete, barhäuptige und mitbeiden hoch erhobenenen Armen gesti-kulierende Synagoge fortdrängt. Nochkrasser stößt ein von oben herabfahrenderEngel auf der Kreuzigungsdarstellungüber dem rechten Seitenschiffsportal derehemaligen Abteikirche St. Gilles in Süd-frankreich – entstanden vor 1142 – die Sy-nagoge vom Kreuze fort, so dass sie tau-melt und ihr die Krone vom Haupte fällt.

In der 1952 bis 1954 von Hans Schädelerbauten Kirche St. Alphons in Würzburghat Georg Meistermann die Chorab-schlusswand mit einem großen Freskonach Motiven aus der Offenbarung desJohannes gestaltet. In der Mitte des Bil-des der Thron Gottes – angedeutet durchdie Flammen der sieben Fackeln (Kap. 4,5)und die vier himmlischen Gestalten inihm und um ihn (4,6) – und flankiertrechts und links von den Thronen der 24Ältesten in weißen Kleidern, die ihre Kro-nen am Throne Gottes niederlegen (4,10).Davor die geöffnete Buchrolle mit densieben Siegeln und ein Kristall wie eingläsernes Meer (4,6). Die Flammen dersieben Zornesschalen, die die Engel aus-gegossen, brechen über die Erde hereinund färben sie schwarz (16,1 f.). Doch di-rekt über dem Altar bleibt sie verschontund trägt Ähre und Weintraube. Obenaber, über allem, am tiefblauen Himmelhat sich eine Tür aufgetan (4,1) und vier

große, helle Engelgestalten schwebendaraus hervor.

Diese wenigen Beispiele von Engel-darstellungen aus der Geschichte derchristlichen Kunst lassen vielleicht – inihrem Gegensatz gerade zu weithin übli-chen Bildern – etwas von deren „Bequemgemachten Aneignung“, deutlich wer-den. ó

Elfenbeintafel, Unteritalien, 2. Hälfte 11. Jh., Staatliche Museen Berlin-Dahlem

Chorwandfresko von Georg Meistermann,Würzburg, St. Alphons, 1954

Apsismosaik der Kirche San Michele in Africisco, Ravenna,Mitte 6. Jh., heute Staatliche Museen zu Berlin

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Von Engeln umgeben

Die beiden Gewölbeschluss-Steine in derMichaelskapelle (auch Bartholomäus-kapelle = südliche obere der doppelstöcki-gen Kapellen im Westwerk) im Stephans-dom sprechen eine klare Sprache.

Beide zeigen in großartigen Reliefsden hl. Erzengel Michael. Diese – im dop-pelten Wortsinn – Höhepunkte der Ka-pelle sind die einzigen darin über 650Jahre verbliebenen bildlichen Darstellun-gen und zeigen in ihrer Programmatikden hohen Anspruch der Kapelle.

Der westliche Schluss-Stein zeigt denErzengel, wie er Luzifer, der sich anmaßt„wie Gott“ zu sein, aus dem Paradies ver-bannt. Dieser Akt markiert die Aufspal-tung in Himmel und Hölle, in gut und bö-se, oben und unten. Die Darstellung ent-spricht dem geläufigen Muster, die untenden Satan (Luzifer) als gekrümmtes Dra-chenmonster zeigt und darüber stehend

in ritterlicher Rüstung Michael mit dernach unten weisenden Lanze.

Der zweite,östliche Schluss-Stein zeigtMichael als Seelenwäger beim JüngstenGericht. Auch diese Darstellung ent-spricht einem Typus: der Erzengel ste-hend mit einer Balkenwaage in der Hand,an der links und rechts Waagschalen hän-gen, zu seiner Rechten die schwerereSchale, darin zierlich eine fromme Seelemit gefalteten Händen dargestellt, ge-genüber, nach oben tendierend, eine volleSchale mit dem Bösen, das trotz der Un-terstützung durch einen Mühlstein in derSchale sowie zwei Teufel, die sich an dieSchale klammern, um sie schwerer zumachen, sich als leichter erweist.

Eine ungeheure Konzentration: An-fang und Ende der Geschichte (der Welt),aufgespannt in zwei Bildern. Diese bei-den Taten prädestinieren Michael natür-

lich ganz besonders zum Patron einerHerrscherkapelle. Im Vergleich mit dendrei Gewalten unserer heutigen Verfas-sung verkörpert er die Exekutive (Regie-rung) und die Gerichtsbarkeit. Die Ge-setzgebung liegt natürlich bei Gott und –ins Irdische übertragen – bei den Herr-schern von Gottes Gnaden.

Zum Technischen: Die beiden Schluss-Steine waren oft übertüncht und damitin ihrer Plastizität reduziert. Bei der Frei-legung fand sich unter mehreren Schich-ten aus Kalktünche und Staub eine rot-braune Grundfarbe. Eine mögliche „rot-marmorne“ Einfärbung des Kalksand-steins schien – im Zusammenhang mitdem Rudolfsgrab (rot als Herrschaftsfar-be etc.) – plausibel. Genaue Laborunter-suchungen ergaben jedoch, dass die RöteFolge von organischen Prozessen ist.„Dermarmorne braunrote Charakter desSchluss-Steins ist das Ergebnis einerdicken Schichte von dunklem Staub mitbraunen Pilzhyphen“ stellte Dr. Paschin-ger im Labor des Bundesdenkmalamtesfest. Falls eine Farbfassung vorhandenwar, ist sie sehr gründlich entfernt wor-den. Daher sind die Schluss-Steine jetzt,den Gewölberippen entsprechend, sand-farben geschlämmt – und wirken durchihre grandiose Plastizität.

Außer den Schluss-Steinen waren dieGlasfenster, die seit ca. 120 Jahren ausge-baut sind, die programmatisch undästhetisch prägenden Raumelemente.Auch darin verbindet sich der ErzengelMichael mit dem Haus Habsburg in des-sen Königskapelle.

Anfang und EndeMichaelsdarstellungen in der Michaelskapelle. Von Dombaumeister Wolfgang Zehetner

Erzengel Michael als Drachentöter (Überwinder des Bösen)Schluss-Stein in der Michaelskapelle

Dombaumeister DI Wolfgang

Zehetner

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Die wertvollen Glasgemälde, entstan-den um 1380, zeigen neben vielen Archi-tekturdarstellungen im Wesentlichen dieAnbetung der drei Könige, die Steinigungdes hl. Stephanus und die Darstellungder frühen Habsburgerherrscher, verteiltauf die vier Südfenster – und im Zentrumdes Westfensters wieder den hl. Michaelals Seelenwäger. Diese kostbaren Schei-ben wurden im 19. Jahrhundert ins heuti-ge „Wienmuseum“ verbracht.

Durch die Restaurierung der Kapelleund heutige Möglichkeiten einer Schutz-verglasung sowie durch konstruktive Ko-operation mit dem „Wienmuseum“ wirdeine Rückführung der Fenster – teils imOriginal, teils als Kopien – in die Kapellemöglich. Dafür sind noch umfangreichewissenschaftliche Untersuchungen, Re-staurierungen sowie Schutzmaßnahmenerforderlich.

Vom Michaelsfenster fehlen drei derneun Scheiben, wobei vom Erzengelselbst nur die eine Waagschale mit denTeufeln erhalten ist, die analog demSchluss-Stein gestaltet ist.

Dazu schreibt Dr.Frodl-Kraft im CorpusVitrearum: „Die Gesamtkomposition desFensters hat wie bei den Habsburger-fenstern im ersten Geschoss eine selbst-ständige Säulenhalle,die die Standfigurenvon Barbara und Katharina beherbergt […].Für die Komposition des hl. Michael alsSeelenwäger im mittleren Geschoss ver-mag der Schluss-Stein der Bartho-lomäuskapelle […] Anhaltspunkt geben.Der Erzengel scheint […] unter einer ArtBaldachin gestanden zu haben, der sichim dritten Geschoss in einen Turm fort-setzt.“

Mit der Wiederherstellung der Micha-elskapelle wird dem in der mittelalterli-

chen Theologie und Kunst so zentralenErzengel auch am Stephansdom die ent-sprechende Bedeutung zurückgegeben,obwohl wir heute oft nicht so gerne an dasendgültige Gericht erinnert werden. ó

Literatur:• 850 Jahre St. Stephan, Symbol und

Mitte in Wien, Ausstellungskatalog,Wien 1997.

• Hans Tietze:„Der Stephansdom“,Österreichische Kunsttopographie,Wien 1931.

• Eva Frodl-Kraft: Corpus vitrearummedii aevi, Band I, Die mittelalterlichenGlasgemälde in Wien, Wien 1962.

• Analysen der Werkstätten des Bundes-denkmalamtes.

Erzengel Michael als SeelenwägerSchluss-Stein in der Michaelskapelle

Fragment des Michaelsfensters in der Michaelskapelle

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Das Zusammenwachsen Europas ist einegeschichtliche Notwendigkeit. Es bedarfder Sammlung aller Kräfte, um Europalebensfähig zu erhalten, aber auch, damitEuropa wie in der Vergangenheit Impulsefür die übrige Welt geben kann. Unterdiesen Kräften haben die christlichen Kir-chen eine besondere Geschichte und eineunverzichtbare Mitverantwortung für dieZukunft.

1. Was Europa heute bewegtund was ihm fehltIn erster Linie bewegen es wirtschaftlicheÜberlegungen. Diesen scheinen alle an-deren Fragen untergeordnet zu sein.Wirtschaftliche Konkurrenz bedroht diekleinen Betriebe. Rationalisierungsmaß-nahmen gehen auf Kosten von Arbeits-plätzen, also der Menschen.

Noch schwerer wiegt eine wachsen-de Pluralität der Wertvorstellungen. Sieführt zu einer persönlichen Verunsiche-rung, zu einem Schwinden des Konsen-ses auch in wichtigen Wertfragen. Tradi-tionelle Werte wie Ehe und Familie wer-den zugunsten anderer partnerschaftli-cher (auch gleichgeschlechtlicher) Le-bensformen relativiert. Ganz offen wirdauch über das Problem der Euthanasie,der aktiven Sterbehilfe, diskutiert. Bil-dung und Forschung werden nach derNützlichkeit für die Wirtschaft taxiertund auch dementsprechend subventio-niert.

Die Zukunft Europas hängt nicht al-lein von den maßgebenden Gesetzen ab,sondern von der Grundhaltung seinerBürger, also ihrer Persönlichkeitsbildung.Den Zusammenhang der Bildung derMenschen als Voraussetzung der Lösungsozialer Fragen haben die österreichi-schen Bischöfe in ihrem Sozialhirtenbrief1990 an einigen Beispielen sehr deutlichgemacht.• Gesellschaftliche Einrichtungen hän-gen in ihrem Entstehen und in ihremFunktionieren wesentlich von der sittli-

chen Einstellung der Menschen ab. Dergute Mensch und „das größte Glück dergrößten Zahl“ erwachsen nicht aus ver-änderten Strukturen allein. „Die sittlicheVerantwortung des Menschen lässt sichdurch technischen oder organisatori-schen Fortschritt weder produzieren,noch ersetzen.“• Wachsende Freiheit fordert größere(mitmenschliche) Verantwortung. Vor-aussetzungen für Verantwortung sindHaltungen wie Verlässlichkeit, Treue,Pflichtbewusstsein, Toleranz, Sinn fürNächstenliebe.• Für das Erfassen und die Lösung sozia-ler Probleme sind Bewusstseins- und Ge-wissensbildung notwendig. Die großensozialen Probleme, wie Arbeitslosigkeit,Sorge für Alte und Kranke, Beheimatungvon Flüchtlingen und Zuwanderern, Ent-wicklungshilfe,Verantwortung für Schöp-fung und Umwelt fordern ein sozialesUmdenken.

Aus all dem wird klar, dass die ZukunftEuropas von der Grundhaltung seinerBürger abhängt, von ihren Fähigkeiten,miteinander umzugehen, also von ihrerPersönlichkeitsbildung, von ihrem Men-schenbild, wohl auch von ihrer „Weltdeu-tung“. All das kann aber ein Europaparla-ment nicht leisten, es kann aber die Mög-lichkeiten dafür schaffen und jene Insti-tutionen gewähren lassen, ja animieren,die diesem Europa eine „Seele“ zu gebenvermögen. Und da sind vor allem die Kir-chen angesprochen.

2. Themen und Werte,die die Kirche zum geistigen AufbauEuropas einbringen soll.Es seien hier einige Themen genannt, diein der christlichen Soziallehre besondersbetont werden und für die gerade die Kir-chen eine besondere Motivation gebenkönnen.

GemeinwohlEs ist ein Begriff, den man in den politi-

schen Debatten eher selten hört, da hiermeist Einzelinteressen im Vordergrundstehen. In der christlichen Soziallehreaber hat er seinen festen Platz. Das Konzilversteht darunter „die Summe aller jenerBedingungen gesellschaftlichen Lebens,die den Einzelnen, den Familien und ge-sellschaftlichen Gruppen ihre eigene Ver-vollkommnung voller und ungehinder-ter zu erreichen gestattet“. Das Konzilsieht auch in diesem Zusammenhang dieheute immer notwendigeren großen, so-gar weltweiten Zusammenhänge. D. h.,dass das Gemeinwohl „heute mehr undmehr einen weltweiten Umfang an-nimmt und deshalb auch Rechte undPflichten in sich begreift, die die ganzeMenschheit betreffen.“ Dabei mitzuhel-fen hat die Kirche nicht nur den AuftragChristi, sondern bringt dafür durch ihreländerübergreifende Verbreitung einenbesonderen Erfahrungsvorsprung mit.Sie muss sich daher gegen alle drohendenEgoismen, Nationalismen und Rassismenzum Anwalt eines so verstandenen Ge-meinwohlbegriffes in Europa machen.

SolidaritätEs ist eine Haltung, die der heutigen Ge-sellschaft fremd geworden ist. Und woman Solidarität beschwört, meint maneher einen Zusammenschluss im Kampfgegen politische Gegner. Christliche Sozi-allehre nimmt das Maß für „Solidarität“am Liebesgebot Jesu und an seiner vor-bildlichen Haltung gegenüber den Ar-men, Entrechteten, Außenseitern. Das

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200418

Nachtrag EuropaDie Rolle der Kirche in EuropaReferat von Weihbischof Helmut Krätzl beim Symposium „Christen für Europa“ am 22. September 2004 im Stephanisaal des Curhauses

Weihbischof DDr. Helmut Krätzl

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Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 19

Konzil schärft ein, dass der Christ ver-pflichtet ist, auf die notwendigen Vor-aussetzungen für ein menschenwürdi-ges Leben des anderen bedacht zu sein.Eine Achtung, die sich auch auf jene zuerstrecken hat, „die in gesellschaftlichen,politischen oder auch religiösen Fragenanders denken oder handeln als wir“. Dasschließt sowohl die Option für die Armenein, als auch den Appell respektvollen Zu-sammenlebens mit „Andersdenkenden“.Die Kirche wird mit ihrem Solidaritätsbe-griff in Europa auch zum Anwalt welt-weiter Verantwortung und damit für Ent-wicklungshilfe.

SubsidiaritätDieser klassische Begriff christlicher Sozial-lehre meint, dass der Einzelne und diekleineren Gemeinschaften in der Gesell-schaft zuerst zuständig sind und diegrößere Gemeinschaft (insbesondere derStaat) nur jene Aufgaben zu erledigenhat, die die kleineren Gemeinschaftennicht bewältigen können. Von diesemPrinzip aus werden künftig so wichtigeFragen zu beurteilen sein wie etwa: Wieviel Staat soll/darf es geben? Welches istdas rechte Verhältnis von großräumigerEinheit und Wahrung der Selbständigkeitder kleineren Einheit? Wann braucht esZentralismus oder mehr Föderalismus?Wohin werden konsequente Globalisie-rung und allerlei Machtkonzentrationführen? Das Prinzip der Subsidiaritätschützt nicht nur die „Kleinen“, sonderngarantiert auch Leben und Erneuerunggerade „von unten“.

Werte und MoralDie Zukunft Europas wird davon abhän-gen, zu welcher Wertordnung man sichgemeinsam entschließt. Wahrscheinlichsind die Kirchen die einzige Kraft, die eineWertediskussion überhaupt in Gang brin-gen kann. Einmal, weil der moderne frei-heitliche Staat – und ebenso ein Zusam-menschluss solcher Staaten zu einer Union– weder auf eine allgemein anerkanntesoziale Wertebasis zurückgreifen noch ei-ne solche totalitär verordnen kann. Zumanderen, weil Kirchen vom politischenAlltagserfolg unabhängig sind. Freilich

wird dies nur gelingen, wenn deutlichwird,dass Kirchen nicht für sich Positionenbeanspruchen,sondern Werte einmahnen,die dem Zusammenleben auch ohneRücksicht auf konfessionelle Zugehörig-keit nützen, ja sogar unerlässlich sind.

Wegweisung zur TranszendenzBischof Egon Kapellari hat im November1990 auf einer Veranstaltung des „RatesEuropäischer Bischofskonferenzen“ ge-sagt: Die geistige Bedrohung Europas seiheute die ,Säkularisierung‘ bzw. die ,Ba-nalität der Lebenskultur‘. Der Weg herausgeht über die Evangelisierung. Auch derPapst spricht oft davon. Der Niedergangvon Ideologien, das schwindende Ver-trauen in die Tragfähigkeit gesellschaft-licher Strukturen und die Unzufrieden-heit mit einem nur auf Vergänglichkeitgründenden Daseins rufen danach, soder Papst, „der modernen Gesellschaft …eine Seele zu geben“. Freilich darf dasnicht unter dem Anschein von Indoktri-nation geschehen, oder einer zwanghaf-ten Missionierung, sondern in Form einesAngebotes, wohl auch in Konkurrenz mitanderen Lebens- und Weltdeutungsmo-dellen.

Exkurs: Soll der Gottesname in die Verfassung der EU?Zu wiederholten Malen wurde gefordert,den Gottesbezug in die EU-Verfassungaufzunehmen, aber eben diese Forde-rung stieß auch auf heftigen Widerstand.

Einerseits gibt es in Europa wohl ei-ne große Mehrheit, die sich zu einemGott bekennt, andererseits aber wächstdie Zahl derer, die Gott nicht anerkennen.Die Ablehnung kommt aber auch von sol-chen, die zu viel Einfluss der Kirche in diePolitik fürchten.

Es wird zunehmend der Verdacht ge-äußert,der Monotheismus sei von seinemWesen her autoritär. Dass eine solche Ein-flussnahme der christlichen Kirche ängs-tigt, zeigt ein eigenes Dossier im Standardvom 12. April dieses Jahres „Gott und dieseWelt“, in dem etwa Peter Warta, ein Juristund Publizist in Wien, schreibt: „Nein,Gott ist im Laufe der Geschichte Europaszu oft auch zur Legitimation des aus

heutiger Sicht Falschen, Ungerechten, Bö-sen und Hässlichen missbraucht worden,als dass seine Anrufung in der Verfassungje eine Garantie für jene Werte darstellenkönnte, die die Grundlage eines neuen,geeinten Europa bilden sollen.“

Jürgen Manemann, Fundamental-theologe in Münster, hat sich jüngst inder Herder-Korrespondenz in einem Arti-kel „Monotheismus unter Beschuss“ mitder laufenden Auseinandersetzung geradeauch auf philosophischer Ebene befasst.Er geht vor allem Äußerungen von PeterSloterdijk und Martin Walser nach undfasst deren Fragen zusammen:„ Soll undkann sich Europa gerade aus dem jü-disch-christlichen Erbe erneuern, oder istes durch das Christentum in eine Fallegegangen? Ist der Glaube an den einenGott die Wurzel allen Übels, ist es Zeit, denMonotheismus hinter sich zu lassen?“

Manemann ortet einen anti-mono-theistischen Affekt. Auf Grund dieses Af-fekts werden zwei Argumente gegen denMonotheismus vorgebracht: „Einerseitswird behauptet, dass monotheistischeReligionen aufgrund ihres Glaubens anden einen, einzigen Gott konstitutiv frie-densunfähig, intolerant, autoritätsfixiertund demokratieunverträglich seien. An-dererseits wird die ethische Grundierungdes Monotheismus, die auf eine univer-sale Verantwortung drängt, als gewalt-verursachend und zukunftsverunmögli-chend kritisiert.“

Der Religionsverdacht in der europäi-schen Gesellschaft kommt durch Religions-kriege, Klerikalismus, kirchlichen Autori-tarismus und politischen Feudalismus.Ein latenter Antimodernismus wird vonmanchen in der Kirche vermutet. Eineangstgeleitete Kirche, die nur unbefriedi-gend Aufklärungen gibt, Dokumente, dieeher Angst ausstrahlen und einen Ab-bruch eingeschlagener Entwicklungen,so empfinden es manche.

Aber selbst der im deutschen Sprach-raum so bekannte evangelische TheologeUlrich Körtner ortet ein „ambivalentesVerhältnis zur Gewalt“ in den Religionen.So seien sie „keineswegs in jedem Fall derSchlüssel zum Weltfrieden oder die Basisfür ein Weltethos“.

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Die römisch-katholische Kirche wie-derum handelt sich sehr viel Kritik in be-stimmten Themen ein, wie in ihrer Stel-lung zur Empfängnisverhütung, Abtrei-bung, sittliche Beurteilung von Homo-sexuellen, besonders der Legitimierungihrer Partnerschaften.Der Papst musste sichbei seinem letzten Besuch in der Slowakeisogar heftige Kritik gefallen lassen wegeneiner angeblichen Einmischung in die Li-beralisierung des Abtreibungsgesetzes.

Ganz anders klingt ein „jüdisches Plä-doyer“ für das christliche Europa. JosephWeiler, ein jüdischer Europarechtler, hatdies in einem Buch ausführlich belegt. Inder Debatte um die Präambel ortet er eine„Christophobie“, einen Widerstand, „dersich nicht aus prinzipiellen verfassungs-rechtlichen Gründen ableitet, sondernaus Motiven soziologischer, psychologi-scher und emotionaler Art“. Er bekennt,dass die christliche Lehre wichtige Impulsefür die europäische Wertediskussion bie-ten kann. Man kann sie zurückweisen,denn wir leben in einer Demokratie.„Aberihre Abwesenheit macht uns alle ärmer.“

Oder eine Aussage des bosnischenDichters Dzevad Karahasan: „Europa aufdas Christentum zu reduzieren, das wäresehr schade. Aber das Christentum zu ver-gessen, das wäre eine Katastrophe.“

Zusammenfassend kann man wohlsagen, dass es letztlich nicht um die ver-bale Aufnahme des Gottesbegriffes oderder jüdisch-christlichen Wurzeln geht,son-dern darum, ob sich christliche Lebens-und Weltdeutung, ob die von Christeneingebrachten Werte auch glaubwürdig,gar faszinierend vorgelebt werden kön-nen. Dazu braucht es viel Arbeit in derKirche, dazu hat die Kirche aber seit Jahr-hunderten ein Instrumentarium.

3. Das Instrumentarium der Kirche fürsolchen geistigen Einfluss auf EuropaDie christlichen Kirchen haben drei be-sonders wirksame Instrumente der Bil-dung und schließlich das noch wichtige-re ihrer Gottesdienste.

3.1 Der Beitrag des Religionsunterrichteszum geistigen Aufbau EuropasDas Einflusspotential ist zunächst unab-

schätzbar groß. Nahezu in allen europäi-schen Ländern gibt es Religionsunterrichtsogar in den staatlichen Schulen und wonicht, gibt es zumindest Katechese in denPfarren (wenngleich die Zahl der Teilneh-mer dann viel geringer ist). Das heißt, dassnahezu alle Jugendlichen zwischen 7 und15 Jahren, bzw. bis zu 18 Jahren Religions-unterricht erhalten.

Der Religionsunterricht ist das einzigeSchulfach, das direkt Persönlichkeitsbil-dung anstrebt. Es bietet die Gelegenheit,christliche Tradition und Kultur darzule-gen, vielfach einer Generation, der dieseWurzeln völlig unbekannt geworden sind.In den neuen Bundesländern etwa er-wacht gerade unter den nicht mehr Ge-tauften das Interesse für Theologie undReligionsunterricht, um zu erfahren, wasdie „anderen“ eigentlich glauben undwas die vielen überlieferten Symbole undKirchen und Kunst bedeuten. Es über-rascht, welch weiten Bildungsbegriff dieBischöfe dabei verwenden. Dadurch wirdaber deutlich, wie gerade im Religionsun-terricht Haltungen vermittelt werden,die für ein gelungenes Zusammenlebenin Europa unerlässlich erscheinen.

3.2 Katholische PrivatschuleSolche Schulen erziehen zum Engage-ment für die Welt und für Europa, nichtnur aus praktischen Überlegungen, son-dern als Konsequenz christlich gelebtenGlaubens.

Man sollte diese Chancen, oder bessergesagt: diesen ihren unersetzbaren Bei-trag für die Bildung der Jugend Europas,selbstbewusst und verantwortungsvollsehen. (Es ist bedauerlich, dass gerade indieser Zeit neuer Herausforderungen vie-le katholische Schulen durch den Man-gel an Ordensberufen in ihrer Träger-schaft bedroht sind.)

3.3 Kirchliche ErwachsenenbildungDie kirchliche Erwachsenenbildung hatin Europa schon seit langem einen festenPlatz. Seit 30 Jahren besteht eine Födera-tion für katholische Erwachsenenbildungin Europa, „Fédération européenne pourl’éducation catholique des adultes“ (FEECA).Sie ist heute bemüht,die Anliegen der kath.

Erwachsenenbildung bei den europäischenOrganisationen und Gemeinschaften so-wie in der Europäischen Bischofskonferenzzu vertreten. In letzter Zeit bemüht siesich vor allem auch, in den ehemaligenOstblockstaaten Erwachsenenbildungs-Einrichtungen aufzubauen und Verant-wortliche zu schulen.

Judith Könemann, Theologin und Bil-dungsreferentin in der Katholischen Bil-dungsstätte Haus Ohrbeck bei Osna-brück, setzte sich erst kürzlich mit demBeitrag einer „Diakonischen Erwachse-nenbildung“ zur sozialen Einheit Europasauseinander.

3.4 Der regelmäßige Gottesdienst mitseiner „Weltverpflichtung“ Die Herausforderung durch das WortGottes einerseits, aber auch die Ver-pflichtung, die aus dem Gedächtnis derHingabe Jesu an Gott und die Welt in derEucharistie erfließt, müsste zu einer un-vergleichlichen Kraftquelle für diese Weltwerden. Liturgieerneuerung wäre einmalauch aus diesem Gesichtspunkt zu über-prüfen und ganz neu zu betreiben, damitdas, was in der Liturgie gefeiert wird,tatsächlich zum Frieden und zum Heilder Welt dient.

4. Ist die(se) Kirche europafähig?Die Zeitschrift des Österreichischen Bi-belwerkes „Bibel und Liturgie“ hat sich inHeft 2 dieses Jahres ausführlich dem Thema„Zukunft des Christentums in Europa“gewidmet. Darin meint Walter Fürst,Pastoraltheologe an der Katholisch-theo-logischen Fakultät in Bonn, dass die ka-tholische Kirche nicht europafähig ist. Ermeint, „die Kirche auf dem Kontinent istderzeit – freilich nicht ihrem wirklichenWesen nach, sondern so, wie sie sich fak-tisch darstellt – ihrer missionarischenAufgabe nicht gewachsen.“ Es braucht einemutige und zukunftsorientierte Neuin-kulturation des katholischen Christen-tums in die pluralistische europäischeKultur der Gegenwart und eine dement-sprechende Reform der kirchlichen Le-bensgestalt.

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200420

Nachtrag Europa

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4.1. Welche Kirche/n braucht Europa?Konkret soll das hier für die katholischeKirche gesagt werden, obwohl vieles auchfür die anderen christlichen Kirchen gilt.• Die katholische Kirche muss ihre Stel-

lung im und zum pluralen Europa nochviel deutlicher und mit Mut und Zuver-sicht finden. Sie muss in diesem Euro-pa selbst Hoffnung stiften und Vertrau-en bilden.

• Öffentliche Präsenz der Kirche in derpluralistischen , weltanschaulich neu-tralen Gesellschaft.

• Die Kirche muss ein deutliches Ja zu Welt,zum saeculum sagen,aber diese Welt auseiner entfalteten Schöpfungstheologiein der ihr zukommenden Sinntiefe deuten.

• Kirche muss ein sehr positives Menschen-bild vertreten, aber auch Hilfen anbie-ten,die Würde des Menschen in all seinerihm zustehenden Freiheit zu wahren.

• Die Kirche muss Mut zum Leben machen,gerade aber auch aus der Reich-Gottes-Hoffnung, die dem Menschen nicht En-de, sondern Vollendung verheißt.

• Die christlichen Kirchen müssen ge-meinsam ein glaubwürdiges Zeugnisdes einigenden Christus ablegen.

• Sie müssen ihre „Schätze“ weitergeben,das ist das Wort der Bibel,das ist die Kraftder Liturgie, das ist gelebte Diakonie.

• Die christlichen Kirchen müssten mit denanderen monotheistischen Religioneneinen Gott glaubhaft machen, der Frie-den stiftet, barmherzig ist und vor demwir alle gemeinsam uns einmal zu ver-antworten haben.

• Die großen Religionen müssten zum bes-seren Dienst am Gesamten Allianzen mitanderen guten Willens schließen. Alle inEuropa gegebenen geschichtlichen Kräf-te sollten zu einem solidarischen Spre-chen und Handeln aktiviert werden.

Der Blick auf Europa verleitet uns Christen,entweder neuerdings Machtansprüchezu stellen, oder aber sich verunsichertaus dem politischen Geschehen zurück-zuziehen. Beides würde Europa ungeheu-er schaden, aber auch dem Grundauftragder Christen widersprechen. ó

Wir danken Weihbischof DDr. HelmutKrätzl für die freundliche Erlaubnis zum

Abdruck seines Referates!

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 21

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Als Österreicher in BrüsselBotschafter Gregor Woschnagg, Ständiger Vertreter Österreichs bei der Europäischen Union

Meine Verbundenheit mit St. Stephanreicht lange zurück, in meine Zeit als Mi-nistrant, als die Messen noch auf Lateingelesen wurden – was mir später im Gym-nasium übrigens einen großen Startvor-teil sicherte. Ich habe mich deshalb überdie Einladung, für Ihr Pfarrblatt einigeZeilen über das aktuelle Brüsseler Gesche-hen zu verfassen, sehr gefreut.

Seit mittlerweile fünf Jahren vertreteich als Botschafter die Interessen Öster-reichs in der Europäischen Union, die ge-rade jetzt, im Jahr 2004, vor großen Ver-änderungen steht. Diese werden auchunser Land in besonderer Weise betreffen.

Vor wenigen Monaten wurde das Eu-ropäische Parlament neu gewählt. Dabeihandelte es sich um ein wahrhaft histori-sches Ereignis: Rund 450 Millionen Bür-ger bestimmten in den ersten Wahlenvon kontinentalem Maßstab ihre Abge-ordneten – ein eindrucksvolles Zeichendafür, dass Europa ein gemeinsames An-liegen, unsere res publica, ist.

Im November 2004, hat eine neueKommission ihre Arbeit aufgenommen.Es ist diese aus 25 Angehörigen jedesMitgliedstaats zusammengesetzte Insti-tution, die die entscheidenden Impulsefür die Arbeit der Union, ihre Entschei-dungen und Rechtsakte gibt. Dabei han-delt sie unabhängig von den nationalenRegierungen. Sie ist nur dem europäi-schen Gemeinwohl verpflichtet.

Von größter Bedeutung für die weite-re Entwicklung der Europäischen Unionist auch der Verfassungsvertrag, der am29. Oktober in Rom unterzeichnet wurde.Erstmals verfügt die Union über ein ein-heitliches Verfassungsdokument, das invielen Punkten auch zentrale Anliegender katholischen Kirche aufgreift. Ichkann hier nur einige nennen:• Zentral ist die Achtung der Menschen-würde als erstem Wert der Union im Ar-tikel I-2 des Verfassungsvertrags. DieseBestimmung zeigt, dass die Union mehrund mehr zu einer echten Wertegemein-schaft wird.

• Außerdem würdigt der Verfassungsver-trag in seinem Artikel I-51 die Identitätund den spezifischen Beitrag der Kirchenund Religionsgemeinschaften. Er sieht ei-nen offenen, transparenten und regel-mäßigen Dialog der Union mit den Kir-chen vor.• Darüber hinaus unterstreicht er schonin seiner Präambel ausdrücklich das reli-giöse Erbe der Europäischen Union.

In diesem Zusammenhang sollteauch erwähnt werden, dass die Union fürihre eigene Arbeitsweise einiges an be-währten Traditionen der katholischenKirche übernommen hat.

So trifft man in der EU wichtige Ent-scheidungen immer wieder in einem„Konklave“. Wie auch bei der Papstwahlseit dem 13. Jahrhundert üblich, kommendie Entscheidungsträger – Minister oderStaats- und Regierungschefs – in einemabgeschotteten Raum zusammen; dieUhren werden angehalten; und unterstrikter Abgeschiedenheit von der Außen-welt löst man politisch sensible Proble-me im kleinsten Kreis.

Außerdem kennt die Brüsseler Praxisauch „Beichtstuhlgespräche“. In beson-ders schwierigen Verhandlungssituatio-nen werden die formellen Sitzungen un-terbrochen, und die Präsidentschaft lädtdie Delegationsleiter der einzelnen Mit-gliedstaaten in ein kleines Besprechungs-zimmer, in dem versucht wird, unter vierAugen Konzessionen für einen Verhand-lungsdurchbruch zu erzielen.

Schließlich wendet sich der Vorsit-zende des Europäischen Rats, also der Re-gierungschef des Landes, das gerade diePräsidentschaft innehat, vor wichtigenTreffen in sogenannten „Hirtenbriefen“an seine Amtskollegen, um ihnen seineVorschläge für die zu treffenden Wei-chenstellungen dazulegen.

Es ist meine Aufgabe, im intensivenVerhandlungsgeschehen der EU die An-liegen Österreichs bestmöglich zu vertre-ten. Gemeinsam mit meinen Mitarbei-tern an der Österreichischen Vertretung

in Brüssel sorge ich dafür, dass in den ein-zelnen Politikbereichen der Union – vonder Wirtschaft über den Umweltschutzbis zur Außenpolitik – den spezifischenInteressen unseres Landes entsprechen-des Gewicht beigemessen wird.

Dies bedeutet unter anderem auch,dass pro Jahr nicht weniger als 5000 Sit-zungen der verschiedensten EU-Gremienwahrzunehmen sind, was sich nur mit ei-nem hoch motivierten Team bewältigenlässt. Es ist uns bisher auch durchaus ge-lungen,diese ebenso verantwortungsvollewie spannende Aufgabe zu meistern.

Die größte Herausforderung der letz-ten Zeit war zweifellos die jüngste Erwei-terung um 10 neue Mitgliedstaaten, da-runter auch unsere Nachbarn, die damitendgültig aus dem jahrzehntelangenSchatten des Kommunismus heraustre-ten konnten. Diese Staaten haben bereitsvor ihrem Beitritt ein beeindruckendesEuropaengagement an den Tag gelegt.Sie haben sich innerhalb kürzester Zeitvon Kommando- zu Marktwirtschaftenund zu echten Demokratien entwickelt.

Ihre Anstrengungen, die Österreichauch stets unterstützt hat, beginnen nunihre Früchte zu tragen. Das gemeinsameEuropa bietet die beste Gewähr dafür,dass diese Reformen auch von Dauersind. Österreich insgesamt, besondersaber Wien, wird von den vielen Chancen,die sich dadurch bieten, jedenfalls profi-tieren. ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200422

Nachtrag Europa

Botschafter Dr.Gregor Woschnagg,Ständiger VertreterÖsterreichs bei der

Europäischen Union

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Nachdem Papst Johannes XXIII. beschlos-sen hatte, ein Konzil einzuberufen, soll ervon einigen Zweiflern gefragt wordensein, warum ein derartiges Unterfangennötig sei. Er habe daraufhin ein Fensterseines Arbeitszimmers weit geöffnet, diefrische Luft hereingelassen und nur eineinziges Wort gesagt:„Deswegen!“

Ich meine, dass man die völlig andersgeartete Frage, warum Österreich Mit-glied der EU werden sollte, wahrschein-lich ähnlich beantworten hätte können.Auch das Leben in der EU hat uns frischeLuft, mehr Internationalität und vieleneue Chancen gebracht. Die fast 4000jungen Österreicher und Österreicherin-nen die jährlich mit Erasmus-Program-men in anderen EU-Staaten studieren,werden das bestätigen. Dennoch glaubeich, dass auf unseren Fall das Bild der of-fenen Tür besser zutrifft als das des offe-nen Fensters:Wir können von Europa vielerhalten, wir haben aber auch Beachtli-ches einzubringen.

Die Europäische Kommission hat inihrem „Avis“ zum Beitrittsantrag Öster-reichs schon 1991 festgestellt, dass Öster-reichs Mitgliedschaft dem gemeinsamenEuropa dank der Erfahrungen eines Lan-des, das „aufgrund seiner geographi-schen Lage, seiner Vergangenheit undder ererbten und neu hinzugewonnenenVerbindungen genau im Mittelpunkt desGeschehens liegt, aus dem das neue Eu-ropa entsteht“,Vorteile bringen werde. Inmeiner Tätigkeit als Politischer Direktorim Wiener Außenministerium sehe ich,wie sehr sich diese Prognose spätestensseit dem EU-Beitritt der Länder Mittel-und Osteuropas am 1. Mai dieses Jahresbestätigt hat. Mit der – von Außenmini-sterin Ferrero-Waldner ins Leben gerufe-nen – „Regionalen Partnerschaft“ verfü-

gen Österreich, Polen, die Slowakei, Slo-wenien, die Tschechische Republik undUngarn (sowie hoffentlich bald auchKroatien) über ein regionales Netzwerk,das den Interessen aller Beteiligten, aberauch der EU dient. Zusammen mit ande-ren „gleichgesinnten“ EU-Staaten hatdiese Ländergruppe wesentliche Beiträgezur künftigen EU-Verfassung geleistet.Zunehmend vertritt die „Regionale Part-nerschaft“ auch gemeinsame Positionenzur Zukunft der Länder Südosteuropasund zum Verhältnis der EU zu „neuenNachbarn“ wie der Ukraine.

Ein solcher außenpolitischer Schwer-punkt ist allerdings nur dann überzeu-gend, wenn er im eigenen Lande auf ei-ne breite gesellschaftliche Realität abge-stützt ist. Im Falle Österreichs gibt eswichtige wirtschaftliche Gründe für dieIntensität unserer Beziehungen zu denNachbarn in Mittel-, Ost- und Südosteu-ropa. Für ebenso bedeutsam halte ichaber die zahlreichen geistigen und ge-sellschaftlichen Kontakte und Bindun-gen, die sich in den vergangenen Jahrenentwickelt haben – und da spielte die ka-tholische Kirche Österreichs zweifellos ei-ne Vorreiterrolle.

Ich denke in erster Linie an den be-merkenswerten Mitteleuropäischen Ka-tholikentag; aber auch daran, dass Wiendank der Arbeit von „Pro Oriente“ seitJahrzehnten eine „Drehscheibe“ in denKontakten mit der Welt der Orthodoxieund der altorientalischen Kirchen ist. Ineiner Zeit, in der die Europäische Unionimmer deutlicher über das „lateinischeEuropa“ hinauswächst (im Jahre 2007sollen ja Rumänien und Bulgarien der Eu-ropäischen Union beitreten – und auchdie in ihrer Mehrheit orthodoxen Länderam Westbalkan haben mittelfristig eine

reale Beitrittsperspektive), hat diese Er-fahrung ihren besonderen Wert.

Im EU-Verfassungsvertrag heißt es,dass die Union mit den Kirchen „in Aner-kennung ihrer Identität und ihres beson-deren Beitrags einen offenen, transpa-renten und regelmäßigen Dialog“ führenwird. Für diese Formulierung ist geradeauch Österreich aktiv eingetreten – nichtzuletzt, weil wir genau wissen, dass diekatholische Kirche Österreichs den eu-ropäischen Diskurs tatsächlich um einenspezifischen Beitrag bereichern kann. Mirscheint, dass sie damit auch in ihrer Ge-samtheit jenem Rat gerecht wird, den dieBischöfe Österreichs vor der EU-Volksab-stimmung von 1994 so formuliert haben:„Auf dem Bauplatz Europa mit den Maß-stäben des Evangeliums mittätig zusein“. ó

Dr. Thomas Mayr-Harting ist derzeitLeiter der Politischen Sektion

(Politischer Direktor) im Bundes-ministerium für auswärtige

Angelegenheiten. Er war von 1999–2003Österreichischer Botschafter in Belgien und bei der NATO

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 23

Wir können von Europa viel erhaltenWir haben aber auch Beachtliches einzubringenvon Thomas Mayr-Harting

Dr. Thomas Mayr-Harting

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Aus der DompfarreDie »Neuen« in der DompfarreAnna Jez stellt sich vor.„Mein Name ist Anna Jadwiga Jez, gebore-ne Karpiel. Ich bin römisch-katholisch, ge-firmt, verheiratet, wohnhaft in der PfarreSt.Hubertus und Christophorus. Von Berufbin ich Pfarrkanzleiangestellte.“

Das wären meine Angaben für dieMatriken, wenn ich als Patin fungierensollte. Damit habe ich schon den Lieb-lingsteil meiner Tätigkeit in der Pfarr-kanzlei angesprochen.

Der zweite Hauptteil ist die Buchhal-tung.

Von meinen bald 49 Jahren verbrachteich die ersten 19 in Polen. Nach der Ma-tura in der Hotelfachschule in Zakopanekam ich nach Wien und studierte bis zurersten Diplomprüfung am Dolmetsch-Institut. Gleichzeitig war ich Kindermäd-chen bei einer Familie, die mich großartigaufnahm. Danach absolvierte ich den

Fremdenverkehrslehrgang an der Wirt-schaftsuniversität in Wien. Später kamder typische Lebenslauf einer Mutter: Be-rufsleben und Kindererziehung in unter-brochener Reihenfolge.

Seit über 20 Jahren betrachte ich diePfarre St.Stephan als meine Hauptpfarre.Hier durfte ich fast jeden Sonntag Krafttanken für die kommende Woche. Meinevier Kinder empfingen hier die christli-chen Sakramente und beteiligten sich ak-tiv als Ministranten oder in der Musik-gruppe bei den Kindermessen am Pfarr-leben.

Wichtig für mich im Dom ist dasBeicht- und Aussprachezimmer, aber vorallem die Eligiuskapelle als Ort derSammlung mit der so deutlich spürbarenMöglichkeit „bitte“ und „danke“ zu sagenfür all das Wunderbare, das uns täglichgeschenkt wird.

Das ist nur ein kleiner Teil dessen,was St.Stephan täglich für das religiöseund geistige Leben zu bieten hat. Ichnahm es als selbstverständlich in An-spruch. Erst jetzt, seitdem ich in der Pfarrebeschäftigt bin, sehe ich, wie viel Arbeitdahinter steckt. Gerne möchte ich dasMeine dazu beitragen und bin für diefreundliche Aufnahme in der Pfarre sehrdankbar. ó

Anna JezVerantwortlich für

Matriken und Buchhaltung in der

Dompfarrkanzlei

Mário Koji Hatakeyamastellt sich vor.Geboren 1971 in São Paulo, Brasilien,ein Bruder, Maschinenbau-Ingenieur undReligionslehrer, seit 1998 in Österreich.

Ich komme aus einer sehr gläubigenFamilie und, so weit ich mich erinnernkann, waren meine Eltern mit meinemvier Jahre jüngeren Bruder und mir im-mer bei der hl. Messe. Wenn wir unter-wegs waren, haben wir im Auto immerden Rosenkranz gebetet (bis heute, wennich in Brasilien bin).

In der Mackenzie University habe ichim Jahre 1996 das Studium für Maschi-nenbau-Ingenieure erfolgreich abge-schlossen. Es war in mir der Wunsch,Pries-ter zu werden, jedoch war es mir nochnicht ganz klar, in welche Ordensgemein-schaft oder welches Priesterseminar icheintreten sollte.

1997 und 1998 habe ich das zwei-jährige Studium für Philosophie in derBenediktinerhochschule in São Paulo ab-solviert. Ich war noch auf der Suche nacheinem geeigneten Platz für mich. Durch

die Seligsprechungsmesse von Pater An-ton Maria Schwartz im Juni 1998 auf demWiener Heldenplatz habe ich die Kala-santiner-Kongregation kennengelernt.Am Ende des Jahres 1998 bin ich nach Wiengekommen und in diese Ordensgemein-schaft eingetreten.

Sieben Jahre lange habe ich bei derRotary International School in Sao PauloVolksschulkinder in Religion unterrichtet.Es war für mich eine große Freude zu se-hen, dass die Klassenzimmer immer vollwaren beim Religionsunterricht, obwohler nicht verpflichtend war.

In meiner Heimatpfarre „Santa Rosa

de Lima“ habe ich seit meinem 17. Le-bensjahr Erstkommunion-, Ministranten-und Jungschar-Gruppen geleitet. Ichfreue mich sehr und bin Gott dafür dank-bar, dass ich auch hier in Wien in diesemseelsorglichen Bereich weiter arbeitendurfte: in der Pfarre Maria vom Siege(1999–2000), in der Pfarre Schönbrunn-Vorpark (2001–2004), in der Pfarre Rein-dorf (2002–2004), und seit September inder Dompfarre St. Stephan.

Im Juni 2004 bin ich in das Priester-seminar der Erzdiözese Wien eingetreten.Durch das neue mehr praxisorientierteAusbildungsmodell des Wiener Priester-seminars, in dem die Seminaristen fürfünf Tage in der Woche in einer Lehrpfar-re wohnen, bin ich mit zwei anderen Se-minaristen in die Dompfarre gekommen,wo ich neben den Theologiestudiumauch in der Pastoralpraxis tätig bin. ó

Unser neuer Seminarist:

DI Mário Koji Hatakeyama

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200424

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Liebe Freunde der Dompfarre!Als neuer Seminarist bin ich in der Pfarreseit Anfang November. Sie kennen schonAndreas und Mario. Jetzt gibt es auch ei-nen Franzosen!

Am Ende des Monats werde ich 30Jahre alt. Ich bin in Besançon (Ost-Frank-reich) geboren, am 29. 11. 1974, und meineFamilie lebt nahe der Schweizer Grenze,im Juragebirge.

Nach meiner Lizenz in Geschichteund Geographie bin ich im September1995 Seminarist geworden. In Besançonhabe ich zuerst das Propädeutikum ge-macht. Danach war ich zwei Jahre imgroßen Seminar in Lyon (erster Studien-abschnitt „Philosophie“).Was die Pastoralbetrifft, waren diese beiden Jahre beson-ders gekennzeichnet von der Vorberei-tung und dem „Danach“ der Weltjugend-tage in Paris (August 1997), die die Kirchein Frankreich erneuert haben.

Nach meinem Wehrdienst in Paris(1998–1999) im HeeresgeschichtlichenMuseum sandte mich das Seminar zumStudium nach Wien,um Deutsch zu lernenund mich auf meine Magisterprüfung inGeschichte vorzubereiten.

Im Rahmen des großen Jubeljahres2000 erhielt meine Berufung eine ent-scheidende Orientierung. Ich hörte sehrdeutlich den Ruf, Diözesanpriester in Ver-

bundenheit mit der Gemeinschaft vomLamm als meiner geistlichen Familie zuwerden. Meine Teilnahme an den Welt-jugendtagen 2000 in Rom mit den Pil-gern der Erzdiözese Wien war für michdie Gelegenheit, Gott für diese tiefe Er-neuerung meiner Berufung zu danken.

Zurück in Frankreich, sandte mich derBischof von Besançon zum zweiten Stu-dienabschnitt (Theologie) ins Univer-sitäts-Seminar des Institut Catholique inParis (2000–2002). Ich teilte meinemVorgesetzten den Ruf, Priester vom Lammzu werden, mit. Sie erkannten, dass diesein eigenes Charisma ist und baten mich,mir Zeit zu nehmen, dieses Charisma zuvertiefen. Dieser Entschluss gibt mir dieMöglichkeit, mit der Gemeinschaft vomLamm diesen Ruf zum Diözesanpriesterzu vertiefen.

Zwei Jahre (2002–2004) lebte ich imAusbildungszentrum der Gemeinschaftvom Lamm „Saint-Pierre“ in der DiözeseCarcassonne, nahe von Fanjeaux, wo derheilige Dominikus die Predigerbrüder ge-gründet hat. Nach meinem ersten Jahrin Saint-Pierre ernannte mich KardinalSchönborn, Protektor-Bischof der Ge-meinschaft vom Lamm, offiziell zum Se-minaristen der Gemeinschaft. So wurdeer zu meinem Bischof. Nach meinemzweiten Jahr in Saint-Pierre rief er mich

in seine Diözese nach Wien, um meinTheologiestudium (zwei Jahre braucheich noch) sowie meine Vorbereitung aufdas Priestertum abzuschließen. Deshalbbin ich seit Oktober Seminarist in St. Ste-phan, um meine Berufung zu vervoll-kommnen.

„Dieu écrit droit avec des lignes cour-bes“ (Gott schreibt auch auf krummenZeilen gerade) hat der französischeSchriftsteller Paul Claudel gesagt. In mei-nem Leben habe ich schon diese Erfah-rung gemacht. Deshalb kann ich sagen:

„Der Herr ist mein Hirte, nichts wirdmir fehlen.Er lässt mich lagern auf grünenAuen und führt mich zum Ruheplatz amWasser.“(Ps 23, 1–2) ó

Mag. Jérémie Bonoaus Frankreich ist

unser zweiter neuer Seminaristin der Dompfarre

Kirchengeschichte in LängsschnittenTheologische Abende mit Domkurat Mag. Franz Schlegljeweils um 19.30 Uhr im Stephanisaal des Curhauses, 1. Stephansplatz 3

Donnerstag, 27. Jänner 2005«Geschichte der 21 ökumenischen Konzilien I»(Die 8 ökumenischen Säulenkonzilien und die 7 päpstlichen Generalkonzilien des Hochmittelalters)

Donnerstag, 24. Februar 2005«Geschichte der 21 ökumenischen Konzilien II»(Die 6 ökumenischen Konzilien der Neuzeit)

Donnerstag, 17. März 2005«Geschichte der Mission»(Bekehrung bewirken – Überzeugung vermitteln – aber wie?)

Donnerstag, 28. April 2005«Geschichte der religiösen Orden»(Die ungeteilte Nachfolge Christi)

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 25

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Unser Erzbischoffeiert GeburtstagZum 60. Geburtstag von Kardinal Christoph Schönborn

Christoph Schönborn wurde am 22. Jän-ner 1945 in Skalken (Böhmen) geboren. ImSeptember desselben Jahres musste sei-ne Familie nach Österreich flüchten undfand in in Schruns und Bludenz (Vorarl-berg) eine neue Heimat, wo Schönbornauch die Schule besuchte. Nach der Ma-tura trat er 1963 in den Dominikaneror-den ein.

Frater Christoph OP studierte an denOrdenshochschulen in Walberberg beiBonn (Philosophie und Theologie) und LeSaulchoir (Theologie), an der UniversitätWien (Philosophie und Psychologie), ander Ecole Pratique des Hautes Etudes,Sorbonne (Christianisme Byzantine etSlave) sowie am Institut Catholique in Paris(Theologie).

Am 23. Dezember 1970 empfing ervon Kardinal Franz König in Wien die Pries-terweihe. Anschließend folgten Lekto-rats- und Lizentiatsexamen in Theologie(1971) und das Doktorat in Theologie (Pro-motion 1974 in Paris). Von 1973–1975 warPater Christoph Studentenseelsorger ander Grazer Hochschulgemeinde. Ab 1975lehrte er zunächst als Gastprofessor, ab1976 als Ordinarius Dogmatik an der Uni-versität Fribourg (Schweiz), ab 1978 be-treute er auch den Lehrauftrag für Theo-logie des christlichen Ostens.

1980 wurde Pater Christoph Schön-born Mitglied der internationalen Theo-logenkommission des Heiligen Stuhls,von 1987 bis 1992 war er Redaktionsse-kretär des Weltkatechismus. 1991 er-nannte ihn Papst Johannes Paul II. zumTitularbischof von Sutri und Auxiliarbi-schof der Erzdiözese Wien. Seine Bi-schofsweihe am 29. September 1991 imStephansdom gestaltete sich zu einem„Fest der Diözese“. 1993 wählte die Öster-reichische Bischofskonferenz Weihbi-schof Schönborn zu ihrem Europa-Refe-renten. Das Thema Europa ist für denWiener Erzbischof auch heute von zen-

traler Bedeutung; auch der Mitteleuro-päische Katholikentag, der im Mai 2004mit einer großen „Wallfahrt der Völker“ inMariazell seinen Höhepunkt gefundenhat (siehe Pfarrblatt Herbst 2004), ist we-sentlich seiner Initiative zu verdanken.

Am 13. April 1995 wurde ChristophSchönborn mitten in den schweren Turbu-lenzen der österreichischen Kirche vonPapst Johannes Paul II. zum Erzbischof-Koadjutor von Wien und am 14. Septem-ber desselben Jahres zum Erzbischof vonWien ernannt. Der Festgottesdienst zuseinem Amtsantritt fand am 1. Oktober1995 statt, dem Fest der „kleinen“ heili-gen Therese. Die französische Karmelitinist für den Wiener Erzbischof mit ihrerNähe zur Not der Nichtglaubenden undihrer Option des „kleinen Weges“ ein Vorbildfür die suchenden Menschen von heute.Am 21. Februar 1998 wurde ErzbischofSchönborn zum Kardinal mit der Titelkir-che Gesù Divin Lavoratore erhoben, imJuni 1998 übernahm er auch den Vorsitzder Österreichischen Bischofskonferenz.

Im vergangenen Jahr fanden vor allemseine klaren und deutlichen Worte anläss-lich der Begräbnisfeierlichkeiten für Kar-dinal Franz König und BundespräsidentThomas Klestil (siehe Pfarrblatt Herbst2004) sowie zur Kirchenkrise in St. Pöltengroße Beachtung.

Kardinal Schönborn betonte und zeig-te immer wieder seine große Verbunden-heit zum Stephansdom und zur Dom-pfarre. Dompfarrer Anton Faber, die Seel-sorger sowie die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter der Domkirche gratulierenihrem Erzbischof auch im Namen derPfarrangehörigen zum 60. Geburtstagund wünschen ihm auch weiterhin guteGesundheit sowie Gottes Segen und Bei-stand. Ad multos annos! ó

Aus der Dompfarre

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200426

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Vortrags- und Gesprächsreihe

… fremd sein …»Mag. Michael BUBIK

Geschäftsführer des Evangelischen Flüchtlingsdienstes»Ich war obdachlos und ihr habt mich aufgenommen –

Flüchtlinge im 21. Jahrhundert«

»Silvana MEIXNER

Moderatorin und Journalistin»Die Fremde, Fremdsein und die Anderen«

»Carla Amina BAGHAJATI

»Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft»Als Moslem in einem christlichen Land«

»Univ.Prof. Dr. Hermann MÜCKLER

»Institut für Ethnologie der Universität Wien»Europa und fremde Kulturen – Die Idee einer Leitkultur«

»Univ.-Prof. Dr. Jozef NIEWIADOMSKI

»Institut für System. Theologie der Universität Innsbruck»Wir sind nicht von dieser Welt«

»Pfarrer Mag. Dr. Ndubueze Fabian MMAGU

»Seelsorger der Roma und Sinti in Österreich»Beheimatung in Zeiten der Heimatlosigkeit«

»Msgr. Mag. Dr. Johann HÖRIST

»Rektor von Santa Maria dell’Anima in Rom»Fremd und doch zuhause –

deutschsprachige Katholiken in Rom«

19.30 UhrStephanisaal des Curhauses, 1010 Wien, Stephansplatz 3

Dienstag14. Dezember 2004

Dienstag11. Jänner 2005

Dienstag15. Februar 2005

Dienstag22. März 2005

Dienstag19. April 2005

Dienstag24. Mai 2005

Termin noch offen

BeginnOrt

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 27

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Aus der DompfarreErster Platz beim Pfarrblattwettbewerbfür unser PfarrblattKardinal Schönborn würdigt Bedeutung der Pfarrzeitungen.Ein Bericht samt Gratulation und Dank von Christian Herrlich

Am Pfarrblattwettbewerb – der im Hin-blick auf das „Jahr der Bibel“ unter demMotto „Bibel und Alltag“ stand – betei-ligten sich 65 Pfarrzeitungen. Von derJury wurden Inhalt, journalistische Qua-lität und Layout beurteilt. Im Bereich derPfarren mit städtischer Struktur wurdeunserer Pfarrzeitung der 1. Preis zuerkannt.Als Vertreterin des Redaktionsteams nahmVerena Michalke an der Feier teil und denPreis entgegen,da Chefredakteur ReinhardGruber im wohlverdienten Urlaub weilte.

Bei der Preisverleihung des Pfarrblatt-wettbewerbs des „Amtes für Öffentlich-keitsarbeit und Kommunikation“ der Erz-diözese Wien am 24. Oktober verwiesKardinal Christoph Schönborn auf den„entscheidenden Beitrag“ der Pfarrzei-tungen zur Information und Bewusst-seinsbildung über das, „was wirklich dasLeben der Kirche ausmacht“. In der Wahr-nehmung der „großen“ Medien sei Kircheja eingegrenzt auf einige positive Groß-

ereignisse wie den MitteleuropäischenKatholikentag und auf die „negativenSchlagzeilen“.

Die Kirche werde mit Recht eine„weltweite Großmacht alternativer Infor-mation“ genannt, betonte der WienerErzbischof. Durch „viele kleine, kapillareInformationskanäle“ – wie die Pfarrzei-tungen – gelangten Nachrichten in denInformationskreislauf, die sonst keineChance auf Verbreitung hätten. Damitleisteten solche Medien durch „gute, ehr-liche, wahrhaftige und menschennaheInformationsarbeit“ auch einen „welt-kirchlichen Dienst“.

Kardinal Schönborn verband seineWürdigung der publizistischen Bedeu-tung der Pfarrblätter mit einem Dank andie vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter, die für die Produk-tion der Pfarrblätter sorgen. Im Hinblickauf den Pfarrblattwettbewerb sagte derWiener Erzbischof, mit den preisgekrön-ten Pfarrblättern seien auch „viele andere“mitbedankt. Der Wettbewerb sei insge-samt als „Ermutigung“ zum Einsatz für dieKommunikation in der Kirche zu sehen.

Wir freuen uns über diese Auszeich-nung unseres Pfarrblattes. Es ist uns An-lass, wieder einmal allen zu danken, diedazu beitragen, dass unsere Pfarrzeitungin dieser Qualität entstehen kann: Ihnen,liebe Leserin und Leser, für die finanzielleUnterstützung und Ihr Interesse, dem Kir-chenmeisteramt für die finanzielle Hilfe,der Druckerei Zimmer, dem Grafiker CharlyKrimmel, unserem Fotografen Franz JosefRupprecht und natürlich den Mitarbeiter-innen und Mitarbeitern des Redaktions-teams. An dieser Stelle sei auch unseremChefredakteur Reinhard Gruber und be-sonders auch Verena Michalke gedankt,die vielfach ungesehen und im Hinter-grund einen großen Teil ihrer Freizeit fürdas Pfarrblatt opfern. ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200428

Kardinal Christoph Schönborn übergibt die Urkunde an Redaktions-mitglied Verena Michalke.

Die Preisträger gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn. Als Vertreterin des Re-daktionsteams nahm Verena Michalke (2.v.l.) den Hauptpreis entgegen.

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Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 29

Es war ein schönes Gefühl der Vertrautheit,wenn wir in den U-Bahnen und überall inder Stadt fremde Menschen mit „roten Ta-schen“ (die uns beim Empfang in Parisüberreicht worden waren) trafen.Ihre Spra-che verstanden wir oftmals nicht, wuss-ten aber, dass sie aus demselben Grundwie wir selbst hierher gekommen waren:

Vom 23. Oktober bis 1. November 2004fand der zweite europäische „Kongressfür eine neue Evangelisation“ in dieserwunderschönen Stadt statt.

14 Mitglieder der Dompfarre hattensich auf dieses spannende Unternehmenin einer fremden Stadt und Sprache einge-lassen und wurden auf vielfältige Weisedafür belohnt:˘ durch die liebevolle Gastfreundschaft,

mit der wir in Familien, in einem Klos-ter oder in einer pfarrlichen Studen-tenwohngemeinschaft aufgenom-men wurden

˘ durch viele Begegnungen in diesenGastpfarren, die da und dort auchzum Grundstock einer Freundschaftwurden

˘ durch die vormittäglichen Vorträge inder wunderbaren Kathedrale NotreDame de Paris

˘ durch die täglichen großen Eucharis-tiefeiern mit den fünf Kardinälen vonWien, Paris, Lissabon, Brüssel und Bu-dapest

˘ durch internationalen Austausch inverschiedenen Workshops an denNachmittagen

˘ durch vielfältige Begegnungen aufden Plätzen und Straßen der Großstadtim Rahmen der missionarischen Akti-vitäten

˘ durch das berührende Miterleben ei-ner vor allem die Jugend ansprechen-den Großveranstaltung mit Open-Air-Konzert vor und einem „Abend derBarmherzigkeit“ in einer Innenstadt-kirche als Kontrapunkt zu dem Hallo-weentreiben an den Abenden vor Al-lerheiligen: Mitten im Trubel desständigen Kommen und Gehens inder Kirche und der Musik, die draußenund drinnen laut war, knieten unzäh-lige ( junge) Menschen vor dem Aller-

heiligsten im Gebet, und die vielenPriester, die in der ganzen Kirche invielen Sprachen zur Beichte zur Ver-fügung standen, waren keine Minute„arbeitslos“…

˘ durch viele weitere größere und klei-nere Aktionen, die alle einem einzi-gen Zweck dienten, nämlich Jesus alsden, der allein den Weg zum Glückzeigt, zu den Menschen hinauszutra-gen …

˘ durch das gute Herbstwetter in die-sen Tagen

˘ durch die vielen Schönheiten dieserStadt, die wir als Gruppe gemeinsamgenießen konnten

˘ durch die viele Zeit, die uns dort ge-schenkt war – weit weg vom üblichen„Arbeitseinsatz“ in der Dompfarre –,in der wir einander um vieles näherkommen konnten …

˘ durch …Auf Wiedersehen in Lissabon im Novem-ber 2005! ó

An ihren roten Taschen und Schalswerdet ihr sie erkennenEin Erlebnisbericht über „Paris Toussaint 2004“ von Karin Domany

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Am 23. und 24. Oktober setzten sich ausAnlass des Sonntags der Weltkirche Jung-scharkinder und Domministranten eifrigdafür ein, Spenden für Projekte in Thai-land, Tansania, Kolumbien, Ruanda undSimbabwe zu sammeln.

„Missio“ organisierte wie in jedemJahr österreichweit diese Aktion, bei derheuer Schokopralinen - der Kakao für dieSchokolade stammt aus der Dominikani-schen Republik, der Rohrzucker aus CostaRica – gegen eine Mindestspende ange-

boten wurde. Auf Grund der großenNachfrage mussten wir heuer unser An-gebot auf noch weitere fair gehandelteProdukte ausweiten. Durch den Erlös er-halten bereits die Produzenten diesesProdukts einen fairen und angemesse-nen Lohn, der Rest kommt den verschie-densten Projekten wie beispielsweiseSchulausbildung für Aidswaisen, Hilfe fürschwangere Mädchen etc. zugute.

Im Jahr 2004 haben Kinder und Grup-penleiter auf der Straße, im Familien- und

Freundeskreis und an den DomtorenSüßigkeiten angeboten.Wir haben insge-samt 240 Schokopralinen-Sackerln, 1801Schokoriegel, 88 Schokoladetafeln und 55Müsliriegel verkauft und dabei das tolleErgebnis von 3039,23 € eingenommen.

Wir danken für Ihre großzügige Un-terstützung! Ein besonderes Dankeschöngilt aber auch den beiden Welt-Läden inPerchtoldsdorf und in Stammersdorf, oh-ne die unsere diesjährige Aktion nicht soein großer Erfolg geworden wäre. ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200430

„Wir sind gekommen,um IHN anzubeten!“Von Köln aus werden das hunderttau-sende Jugendliche aus allen Erdteilen derganzen Welt zeigen. Mit dabei im Augustwird auch eine Gruppe aus der Dom-pfarre St. Stephan sein, um auch unsererJugend das Geheimnis der Weltjugend-tage zugänglich zu machen. „Wen suchtihr hier?“ hat Papst Johannes Paul die Ju-gendlichen bei der Eröffnungsfeier derWeltjugendtage 2000 in Rom gefragt.Unvergesslich die Antwort aus einer hal-ben Million jugendlicher Münder:„Jesus!“

Eigene Reise der PfarrjugendVierzehn Tage wird die Jugend St. Stephanunterwegs sein, vom 9. bis zum 22. August2005. Nach Übernachtungen in Prag unddem Vorprogramm in der Diözese Regens-burg führt uns unser Reisebus mit 50 Sitz-plätzen nach Köln. Dort werden wir in dieatemberaubende Atmosphäre dieser Ta-ge eintauchen und zum Luftschnappen ei-nen Abstecher nach Luxemburg, aberauch nach Belgien und in die Niederlandemachen, ehe wir nach der großen Frei-

luftübernachtung mit der abschließendenPapstmesse die Heimreise über den höch-sten Kirchturm der Welt in Ulm antreten.Als Priester begleiten uns Peter Schipka,derzeit Doktorand in Regensburg, undteilweise Dompfarrer Toni Faber.

Christus – das ZentrumDie Person Jesus steht im Mittelpunktdieser internationalen Begegnungstage.So viele Zeitgenossen leiden darunter,dass sie Gott nie persönlich erfahren ha-ben. Ganz anders bei den Weltjugendta-gen: Schlangen von Jugendlichen stehenvor den hunderten Beichtgelegenheitenauf der sonnigen Wiese. Dort erfahren sieGottes Barmherzigkeit ganz persönlich.Begeistert feiern zwei Millionen jungerMenschen Eucharistie und sie erleben, Je-sus verwandelt uns und sich. Steffi, diein Toronto 2002 dabei war, weiß zu be-richten:„Für mich war der Weltjugendtagin Toronto ein besonderes Erlebnis, weilich dort speziell erfahren habe, dass derGlaube an Gott viel lebendiger und fürmein Leben wesentlicher ist, als mir bis-

her bewusst war, und weil ich erfahrenhabe, dass ich mit meinem Glauben, aberauch mit meinen Schwierigkeiten nichtallein bin.“

VölkerverbindendSeit 1985 feiert der Papst jährlich einenTag mit der Jugend dieser Welt, alle zweibis drei Jahre lädt er die Jugendlichen zueinem Internationalen Treffen ein, dasgrößte war bisher 1995 in Manila. Dort ha-ben vier Millionen Menschen gemeinsamEucharistie gefeiert – übrigens die größteVersammlung der Menschheitsgeschich-te. Es folgten 1997 Paris, 2000 Rom und2002 Toronto. So tot geschwiegen Welt-jugendtage in Medien werden, so völker-verbindend sind diese Tage, wie Elisabethebenfalls vom Treffen in Toronto weiß:„Duweißt, es gibt auf der ganzen Welt etwas,das dich verbindet, egal, wie unterschied-lich die Sprache, das Denken, die Kulturist – Jesus. In diesem Moment sind alleBarrieren aufgehoben. Wir sind eine Kir-che. Und wir sind die Träger, die Zukunft,auf die der Papst und die Kirche baut.“ ó

Auf den Spuren der drei Weisen zum WeltjugendtagDie Jugend dieser Welt wird im August 2005 zusammentreffen, um gemeinsam den Glauben an Jesus Christus ins Zentrum zu stellen. Von Benedikt J. Michal

Aus der Dompfarre

Die süßeste »Fair-suchung«Von Stefan Domany

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Die Autoren dieser Nummer

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Mag. Franz Bierbaumer, Feuerwehrseelsorgerder Stadt Wien

Mag. Jérémie Bono, PriesterseminaristMag. Karin Domany, AHS-Lehrerin,

PGR-MitgliedStefan Domany, Student, PGR-MitgliedDr. Karl Engelmann, Pfarrer und Dechant von

HernalsKan. Mag. Anton Faber, Dompfarrer,

Dechant für das Stadtdekanat Wien 1Diakon Roman Faux, HauptschullehrerDr. Annemarie Fenzl, DiözesanarchivarinReinhard H. Gruber, Domarchivar, Redaktions-

leiterErich Hammerl, PGR-Mitglied, Mitarbeiter bei

Mittwochclub und SeniorenrundeIng. Mário Koji Hatakeyama, PriesterseminaristChristian D. Herrlich, Leiter der Dompfarr-

kanzleiAnna Jez, Matrikenreferentin, Dompfarrkanzlei Angelika Kirchschlager, Sängerin, seit 1993

Mitglied der Wiener StaatsoperDDr. Helmut Krätzl,Weihbischof der Erzdiözese

WienMag. Thomas Lambrichs, Pfarrer von St. Peter

und Paul, Wien-ErdbergDDr. Thomas Mayr-Harting, derzeit Leiter der

Politischen Sektion (Politischer Direktor)im Bundesministerium für auswärtigeAngelegenheiten; von 1999–2003 Öster-reichischer Botschafter in Belgien und beider NATO

MMag. Benedikt Michal, PGR-Mitglied,Jugend-Mitarbeiter

Verena Michalke, Mitarbeiterin der Dompfarr-kanzlei

Dr. Günter Nenning, SchriftstellerProf. Heinz Nussbaumer, Publizist und

„FURCHE“-HerausgeberEm. o. Univ. Prof. Dr. Alfred Raddatz, Evangelisch-

Theologische Fakultät der Universität WienFlorian Roehlich, AHS-Schüler, DomministrantMag. Birgit Staudinger, Leiterin der Dom-

pfarrkanzlei (in Karenz)P. Dominicus Trojahn OCist, Hochschul-

professor, Stift HeiligenkreuzP. Dr. Karl Wallner OCist, Dekan der

Hochschule Stift HeiligenkreuzBotschafter Dr. Gregor Woschnagg,

Ständiger Vertreter Österreichs bei derEuropäischen Union

Architekt DI Wolfgang Zehetner,Dombaumeister

RedaktionRedaktionsleitung: Reinhard H. GruberLektorat: Verena Michalke, Mag. Birgit

Staudinger, Dr. Martin TscherkasskyRedaktionsteam: Mag. Toni Faber, Diakon

Roman Faux, Mag. Heinrich Foglar-Deinhardstein, Anneliese Höbart,Verena Michalke, Mag. Birgit Staudinger

Unter Mitarbeit von Christian D. Herrlich

Reise der Jugend St. Stephan

Eingeladen sind alle Jugendlichen von 16bis 30 Jahren, vom 9. bis 22. August 2005mit uns zum 20.Weltjugendtag zu fahren.

Folder zum Herunterladen auf www.st.stephan.at/WJT oder den Verantwortlichen kontaktieren

Anmeldung Anzahlung auf das WJT-Konto und ausgefüllter Anmeldeab-schnitt an: Veronika Kreyca, Singerstr.7/8, 1010 Wien, oder beim Portier desCurhauses, Stephansplatz 3, oder gefaxtan die Pfarrkanzlei 51552-3720

Preis und Anzahlung 450 bzw. 500 Euro;bis zum 31. Jänner 2005 beträgt die An-zahlung 200 Euro (Frühzahlerbonus),danach 250 Euro. Die fehlenden 250 Eurobitte bis 31. Mai 2005 auf das WJT-Kontoeinzahlen.

WJT-Konto 28231954100, BLZ 20111, lau-tend auf Philipp Aretin; Betreff: Namedes Teilnehmers, Weltjugendtag, Anzah-lung bzw. Restbetrag.

Verantwortlich MMag. Benedikt J. Michal0650 22 10 784, [email protected]

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Aus der Dompfarre

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200432

Viele Fleißige schleppten ab den Mor-genstunden Tische und deckten sie fest-lich, steckten Blumenarrangements, teil-ten den Salat in Schüsseln auf, schnittenKuchen, kochten Kaffee, brachten Leber-knödel in der Suppe zum Kochen, misch-ten Unmengen von Kartoffelpüree alsBeilage zum hervorragenden Braten, zu-bereitet von unserem Meisterkoch HerrnKeglevic.

Am Samstag, dem 2. Oktober stelltendie Mitarbeiter und Priester der Dom-pfarre wieder einmal Menschen, diesonst eher am Rande unserer Gesell-schaft leben, in den Mittelpunkt. Ca. 130Personen kamen pünktlich um 13 Uhr zudiesem Festmahl und hatten Freude ander Gemeinschaft, dem Tischgebet desHerrn Dompfarrers, dem hervorragendenEssen, das nicht zuletzt durch die großzü-gigen Spenden der Firmen MautnerMarkhof, Almdudler-Limonade, JOMOZuckerbäckerei, Juvina Mineralwasser

und Schartner Bombe ermöglicht wur-de, und genossen es einfach, im Mittel-punkt zu stehen und umsorgt zu werden.

Die große Dankbarkeit, die viele vonihnen uns gegenüber zum Ausdruckbrachten, erfüllte uns alle - Jung und Alt- mit Freude und ließ uns „Auf Wiederse-hen“ sagen „bei der Weihnacht der Einsa-men oder beim Festmahl für den Näch-sten“ im Rahmen des Steffl-Kirtags imnächsten April. ó

Festmahl für den NächstenErich Hammerl berichtet

Einige der vielen guten Geister, die in der Küche und bei den Vorbereitungen mitgehol-fen haben. Bruder Elias vom Wiener Franziskanerkloster ist natürlich auch mit dabei.

Das Evangelium der KathedraleKatechesen im Stephansdom 2004/2005

Sonntag, 09. Jänner 2005, 20.00 UhrOrte der Verkündigung Kanzel und Pfeilerfiguren

Sonntag, 06. Februar 2005, 20.00 UhrWege zum GebetGnadenbilder und Stifter

Sonntag, 06. März 2005, 20.00 UhrKreuz und Auferstehung Durch Leid und Tod zum Leben

Sonntag, 17. April 2005, 20.00 UhrGlauben mit allen Sinnen Reliquienschatz und Heiligenverehrung

Sonntag, 08. Mai 2005, 20.00 UhrMaria – Mutter der KircheMariendarstellungen im Dom

Sonntag, 05. Juni 2005, 20.00 UhrWie von Gott sprechen? Das Evangelium der Kathedrale

Das Evangelium der KathedraleKatechesen im Stephansdom 2004/2005Annemarie FenzlKardinal Christoph SchönbornReinhard Gruber

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Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 33

Am Samstag, dem 13. November machtensich 28 Firmkandidaten und deren 14Wegbegleiter auf den Weg nach Schott-wien, um dort in der frühwinterlichenAbgeschiedenheit gemeinsam Gott undeinander näher zu kommen: Für Spaßund Spiel war genauso Zeit wie für dasgemeinsame Beten und Singen, für dasKennenlernen und sich Einlassen auf ver-schiedene Möglichkeiten, Gott zu erfah-ren, für die hl. Messe am Sonntag, für dasAustauschen über ganz konkrete Erfah-rungen Gottes im Leben jedes Einzelnen,für eine spätabendliche geistliche Fackel-wanderung (bei der es wirklich für eini-ge Wegstrecken ganz still wurde), für Er-fahrungen des Getragenwerdens durchdie Anderen in verschiedenen „Vertrau-ensspielen“, für den vorsichtigen Um-gang miteinander beim Anfertigen von

Gesichtsmasken, für die ganz persönlicheErfahrung des eigenen Ichs bei einer„Körpermeditation“, für das gemeinsameEssen und dessen liebevolle Vor- undNachbereitung in der Küche, für das „Trat-schen“ auf den Zimmern und die sport-liche Betätigung beim Tischtennis undTischfußball.

Die Stimmung war sehr gut, und allezeigten durch ihr pünktliches Erscheinenbei den Treffpunkten und ihr Einlassenauf die verschiedenen Angebote, dass siewirklich ernsthaft bereit sind, sich aufdiesen langen Weg der Vorbereitung aufdie Firmung im Juni 2005 zu machen.

Trotzdem waren alle froh, nach demfrühabendlichen Stauchaos im Groß-raum Wien am 15. November mit ziemli-cher Verspätung wohlbehalten wiederdaheim zu sein! ó

Am 15. Juni dieses Jahres starb GeistlicherRat Diakon Pino Maly-Motta.

So manchem wird er aus seinen un-terschiedlichen Tätigkeitsbereichen nochbekannt sein, wenngleich er die letztenJahre seines Leben aus gesundheitlichenGründen kürzer treten musste.

Geboren wurde Pino Maly-Motta 1928in München.

Ab 1959 hat er sich in der ErzdiözeseWien verschiedener Tätigkeiten ange-nommen: Mesnerdienste in mehrerenPfarren, Theologischer Kurs (1962–1964!)sowie Tätigkeit in der Ordinariatskanzlei.Am 5. Februar 1972 wurde Pino Maly-Mot-ta, der 1966 geheiratet hatte, durch Weih-bischof Dr. Weinbacher zum ständigenDiakon geweiht. Zwei Aufgaben wurdenihm anschließend übertragen: Einseg-nungen am Wiener Zentralfriedhof zuhalten und liturgische Dienste in St. Ste-phan zu übernehmen. In seiner Tätigkeit

als Einsegnungsdiakon hat er viele Tau-sende Menschen auf ihrem allerletztenWeg begleitet. Es war ihm ein sehr wich-tiger Dienst für die Verstorbenen wieauch für die Angehörigen. Eine ebensogroße Liebe hat er der würdigen Feier derLiturgie entgegenbracht. Wann er nurkonnte hat er versucht, nicht nur im Ste-phansdom, sondern in vielen Kirchen denDienst als Diakon auszuüben und so zurFeierlichkeit der verschiedenen Gottes-dienste beizutragen.

Ein ganz besonderes Herzensanlie-gen war ihm die Verehrung der Heiligen.Über Jahre hinweg hat er eine ansehnli-che Sammlung an Reliquien zusammen-getragen und eigene kurze Lebensbe-schreibungen dazu verfasst. Auf der Su-che nach einem würdigen Platz für seineSammlung stieß er auf die Kirche „KleinMariazell“. Der Gottesmutter von KleinMariazell hat er seine Sammlung ge-

schenkt. Die Reliquien der Heiligen wer-den, seinem Anliegen entsprechend, dortnicht museal aufbewahrt, sondern denGläubigen in einem würdigen Schrein(und bald auch durch eine Beschreibungder Heiligen) sehr nahe gebracht.

Aus all diesen Tätigkeiten ist seineSehnsucht und innere Unruhe nach dem„Mehr“ der himmlischen Heimat und Voll-endung nur allzu gut verständlich. Mögeder Herr seine Sehnsucht stillen, mögedie Fürsprache der Heiligen, die er so sehrverehrt hat, ihn auf dem Weg begleiten.

„Zum Paradies mögen Engel dich ge-leiten, die heiligen Märtyrer dich begrü-ßen und dich führen in die heilige StadtJerusalem. Die Chöre der Engel mögendich empfangen, und durch Christus, derfür dich gestorben, soll ewiges Licht dicherfreuen.“ (aus der Begräbnisliturgie) ó

Sehnsucht nach dem »Mehr«Worte des Gedenkens an Diakon Pino Maly-Motta, von Pfarrer Thomas Lambrichs

Firmwochenende in SchottwienEin Bericht von Karin Domany

Aus Datenschutzgründen

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Aus der Dompfarre

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200434

Am 10. Juli 1900 beschloss das Metropoli-tankapitel unter Domkustos Dr. HermannTschokke,die Reliquien,die seit dem späten15. Jh. an der Südseite des Presbyteriums, imheutigen Kapitelsaal, aufbewahrt waren,in die Valentinskapelle im Obergeschoß desnördlichen Heidenturms zu übertragen.Dieser Vorgang war 1904 abgeschlossen.

Das neogotische Retabel über derMensa aus rotem Marmor wurde nacheinem Entwurf von Dombaumeister Her-mann von Bildhauer Ludwig Linzingergeschaffen und von Weihbischof Dr. Jo-hann Schneider am 23. Juni 1904 konse-kriert. Der obere Abschluss wird von dreiFialtürmchen gebildet, unter denen sichdrei Baldachine für Skulpturen befinden.Darunter sind drei Nischen mit Gespren-ge für Reliquiare. Der Altaraufbau wurdeheuer, der Großteil der barocken Reli-quienschreine in den letzten Jahren vonFrau Ingrid Zöchling im Auftrag des Kir-chenmeisteramtes restauriert.

Beim traditionellen Reliquienfest am6. November segnete Weihbischof Schwarzdie neu gestaltete Kapelle im Beisein vonDompfarrer Anton Faber. KirchenmeisterFranz Weinwurm, dem die Pflege und derErhalt der Reliquien ein großes persönli-ches Anliegen ist, sei an dieser Stelle fürseinen Einsatz sehr gedankt. ó

Hundert Jahre ReliquienkapelleFestgottesdienst mit Weihbischof Dr. Luwig Schwarz am 6. November

Weihbischof Schwarz und Dompfarrer Faber während der Reliquienverehrung (oben).Kirchenmeister Weinwurm freut sich über die gut gelungene Umgestaltung derReliquienkapelle (unten).

Der längste Schal der WeltIm Rahmen der 30-Jahr-Feier der Alten-pastoral in der Erzdiözese Wien wurde ein

Wollschal von über 18 km Länge vorge-zeigt, den Engel (Mütter, Großmütter und

andere) aus der Erzdiözese in vielen Stun-den gestrickt hatten. Seine Teile werdenzu warmen Decken zusammengesetzt,die für Lettland bestimmt sind. Auch St.Stephan war durch viele Omis zu Hauseund in den Bastelrunden der Pfarre mitbeteiligt.

Wir haben viele, viele gute Engel inunserer Pfarre:beim Fastensuppen-Essen,beim Festmahl der Armen am Stefflkir-tag, beim Festmahl für den Nächsten, beider Weihnacht der Einsamen … Hoffent-lich bleiben sie sehr lange bei uns! ó

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Ein Blick zurück

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PfarrchronikCurpriester 1945Cur- und Chormeister, Dompfarrer:Franz Geßl (seit 1.12.1940),seit 8.11.1945 Domkapitular

Alois Illek, seit 1.9.1924Josef Göbel, seit 1.9.1926Johann Krawarik, seit 1.10.1930Lothar Kodeischka, seit 1.9.1933 (bis 31.12.1945)Alois Penall, seit 1.11.1934Karl Dorr, seit 1.7.1936 (dzt. in der Verbannung)Dr. Josef Velechovsky, seit 1.9.1936Martin Stur, seit 1.9.1938Anton Wesely, seit 1.10.1938Dr. Josef Streidt, seit 1.7.1939 (bis 1.10.1945)Karl Hugel, seit 1.8.1941Rudolf Bachleittner, seit 1.9.1942Kurt Gröger, seit 15.12.1945

JÄNNER 1945Rom hat Dispens vom eucharistischenNüchternheitsgebot nach nächtlichenFliegerangriffe gewährt. Kerzen müssengespart werden, da sie nur mehr für Tropf-wachs erhältlich sind.

FEBRUAR 1945Die Fliegerangriffe auf das Stadtgebietvon Wien nehmen immer mehr zu. DieVersorgung mit Lebensmitteln wird im-mer schlechter.

MÄRZ 194511. 3. Trotz der widrigen Zeitumständewurde auch heuer der Papstkrönungstaggefeiert.Wegen Stromausfall, verursachtdurch die häufigen Fliegerangriffe, wurdevom ewigen Licht für diese Zeiten dispen-siert.12. 3. Heute sind in Domnähe Bomben ge-fallen. Sechs Meter östlich des Nordtur-mes durchschlug eine Bombe die Stra-ßendecke und die Katakombengewölbe.Der Trichter ist 7m tief. Ferner wurde dienordöstliche Ecke der oberen Sakristeidurch einen Bombentreffer völlig zerstört.28. 3. die russischen Truppen haben beiGüns die österreichische Grenze über-schritten.

KR Ludwig Mitterhöfer hat in den Nach-kriegsjahren eine Chronik von St. Stephanbegonnen und hat darin die Ereignisse ab1945 in Form eines Tagebuchs zusammen-gestellt. Als neue Rubrik in unserem Pfarr-blatt möchten wir seine nüchternen unddadurch umso eindrucksvolleren Wortenun erstmals veröffentlichen.

Pfarrer Mitterhöfer wurde 1927 inMödling geboren und am 29. Juni 1950in Wien zum Priester geweiht. Nach Kap-lansjahren in Hollabrunn und Erdbergkam er 1956 an den Dom und hatte bis1967 verschiedene Funktionen (Zeremo-niär,Domvikar,Sakristeidirektor und Leiterder Pfarrkanzlei) inne. Gerade als Sakris-teidirektor ist er einigen bis heute als gütigund beliebt in Erinnerung. Von 1967 bis zuseinem Tod 1984 war er Pfarrer von Mauer.

Vorbemerkung Seit dem Jahr 1915 wurde in St. Stephankeine nennenswerte Chronik geschrie-ben. Dompfarrer Dr. Karl Dorr beauftrag-te mich im Jahre 1957, eine Chronik be-ginnend mit 1. Jänner (1945) nachzu-schreiben.

Im Laufe von etwa 3 Jahren habe icheine Rekonstruktion der Chronik ver-

sucht. Als Unterlagen wurde verwendet:Domkalender, Diözesanblätter, Verkünd-bücher, Protokolle vom Curkapitel und ei-nige wenige maschingeschriebene Auf-zeichnungen. Damit wäre Ende 1960 dieChronik fertig gewesen.

Im Sommer 1965 aber fand ich unterAbfallpapier hektographierte Aufzeich-nungen und Zeitungsausschnitte. Da eineinfaches Einlegen – der Menge wegen-zu keinem Ziel führte, begann ich die Ar-beit vom Neuem.

In dem nun vorliegenden Entwurf füreine Chronik von St. Stephan ist alles ver-arbeitet, was ich finden konnte. Ebensosämtliche Bilder, die vorhanden waren.

Wien, 18.Oktober 1966Ludwig Mitterhöfer, Domvikar

KR Ludwig Mitterhöfer

1927–1984Verfasser derDomchronik

(bis 1967)

Vor 60 Jahren

Eine Nacht mit Jesus am 25./26. OktoberIm neu gestalteten Gebetsraum im Tiefparterre des Curhauses näherten sich zwölf Ju-gendliche eine Nacht lang dem Geheimnis der Anbetung. Nach einem Abendessenstand das Allerheiligste im Mittelpunkt der Gebete der Jugend St. Stephan. Das stun-denweise aufgeteilte Beten gipfelte in der gemeinsamen 8 Uhr-Messe am National-feiertag. Und nach all der geistlichen Nahrung folgten ein Frühstück und zum Ab-schluss das Jahresheiligen-Ziehen für 2005, bei dem die Jugend die Heilige Ursulavon Köln gezogen hat, die ideale Heilige für den Weltjugendtag.

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Im Bewusstsein der Menschen dieserStadt und des ganzen Landes hat derDom zu St. Stephan seine überregionaleBedeutung in erster Linie durch die Tat-sache gewonnen, dass er die Kathedraledes Erzbischofs ist.Kaum jemand denkt andie passauische Pfarrkirche des 12. Jahr-hunderts,die aber die Keimzelle aller späte-ren großartigen Entwicklungen war. Undschon in den ersten hundert Jahren ihresBestehens wandelte sich die Bedeutungdieser Stephanskirche – weit über ihre reli-giöse Botschaft hinaus – zu einem symbo-lischen Ort, bedeutsam für alle jene, dieMacht und Einfluss zu verteidigen hatten.

Entsprechend der mittelalterlichenDeutung der Teilung von weltlicher undgeistlicher Macht war die Westemporedem Herrscher zugedacht. Ein wundersa-mer Ort. Ein Raum für sich und doch ge-gen Osten hin zum Altar – dem Zentrumder geistlich-geistigen Macht – hin orien-tiert. Nur von hier aus kann man die bei-den oberen Westkapellen erreichen.

Heute nur mehr nackter,dunkler Stein,müssen die Wände der Westempore einstmit schönen und bedeutungsvollen Wand-malereien bedeckt und zugleich ge-schmückt gewesen sein. Ein glücklicherZufall hat uns an der Nordwand der Em-pore, versteckt hinter dem Treppenturm,der hinauf in die Reliquienkapelle führt,einen Teil dieser spätromanischen Malereiaus der Zeit zwischen 1246 und 1251 erhal-ten, die von großer Bedeutung ist für dasVerständnis der Geschichte und insbe-sondere der Westempore von St. Stephan.Sie führt uns zurück in jene dramatisch-bewegte Zeit nach dem Tod Friedrichs II.,des letzten Babenbergers, im Jahr 1246bis zum Tod seines Neffen, des kleinenFriedrich, im Jahre 1251, als dessen MutterMargarete, die Schwester Friedrichs II.,noch an die Möglichkeit einer Nachfolgeder Herrschaft in den österreichischenLändern glaubte.

Nach einer Überarbeitung im 13. Jahr-hundert wurde diese Wandmalerei imZuge der Umgestaltung der Westemporeum die Mitte des 15. Jahrhunderts mit ei-ner weißen Kalkschlämme zugedeckt, da-nach noch dreimal übertüncht und schließ-lich im 19. Jahrhundert ziemlich unsach-gemäß freigelegt. Nun endlich erstrahltsie in alter neuer Pracht und lässt bishernicht erkennbare Details zutage treten.

In zwei über einander gelagerten Zei-len ist im oberen Bereich Christus in derMandorla (ähnlich jenem im Riesentor),begleitet von männlichen Heiligen, zu se-hen und darunter, vor einer Architektur-kulisse, die vielleicht an das himmlischeJerusalem erinnern soll, eine thronendeMadonna mit Kind, zur Linken ebenfallsbegleitet von Heiligen – darunter bemer-kenswerter Weise eine sehr frühe Dar-stellung des 1226 gestorbenen und be-reits 1228 heiliggesprochenen Franz vonAssisi, erkennbar durch drei Vögel an sei-ner Seite. Zur Rechten der Madonna abersteht eine weibliche Figur ohne Nimbus,die linke Hand im Gebetsgestus erhobenund mit ihrer rechten das Haupt einer vorihr stehenden kleineren Figur berührend,die ebenfalls betend erscheint: Marga-rete und ihr Sohn Friedrich, der 1251 ver-starb. Eine Hand (Gottes) aus den Wol-ken signalisiert Auftrag und Legitimie-rung zur Herrschaft.

Die dramatische Bedeutung dieserSzene wird deutlich, wenn man sich dieGeschichte dieser Zeit vor Augen hält. DieWestempore erzählt von weltlicher Macht:von dem alten Wunsch der österreichi-schen Landesherren, in ihrer Residenz-stadt Wien ein eigenes kirchliches Zen-trum zu besitzen. Von dem Babenberger-herzog Leopold VI., der sich zu Beginn des13. Jahrhunderts dem Ziel seiner Wünsche,einem eigenen Landesbistum, schonganz nahe glaubte, was Passau damalsaber noch verhindern konnte.Von seinem

Nachfolger Friedrich II. dem Streitbaren,dem letzten Babenberger, der, wie seinName sagte, mit dem Passauer Bischofum das Patronat der Stephanskirchestritt, der 1236 geächtet und seinerReichslehen enthoben wurde.

Ein Jahr danach, 1237, hielt sich derStauferkaiser Friedrich II. für einige Mo-nate in Wien auf. Sein Aufenthalt war fürden Bau von St. Stephan nicht ohne Be-deutung, die Errichtung der ungewöhn-lich großen Westempore ist wohl damitin Zusammenhang zu bringen. Und alseinige Jahre danach der BabenbergerFriedrich II. wieder in seine alten Rechteeingesetzt wurde, wurden die öster-reichischen Landesfürsten sozusagen Er-ben der Herrscherempore, die damalswohl noch nicht vollendet war. Die We-stempore wurde so zu einem kaiserlich-hohenstaufischen Monument, zu einemsymbolischen Ort, ehrwürdig und bedeu-tungsvoll für diejenigen, die Macht undEinfluß gewinnen wollten.

Als Friedrich II. der Streitbare im Jahr1246 in der Schlacht an der Leitha uner-wartet und ohne Erben starb, eilte seineSchwester Margarete mit ihrem kleinenSohn Friedrich nach Österreich, um hierdie Herrschaft zu übernehmen. Sie ur-kundete einige Male als „heres legitima“,als legitimierte Erbin, - ihr Anspruch waraber nicht unumstritten. So versuchtesie, ihren Anspruch als rechtmäßige Erbindes Herzogtums Österreich auch religiös

Aus der Dompfarre

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200436

Die mittelalterliche Wandmalerei auf der Westempore von St. StephanAnnemarei Fenzl über eine versteckte Kostbarkeit

Diözesan-archivarin

Dr. Annemarie Fenzl

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zu untermauern - an der Nordwand deraltehrwürdigen Westempore von St. Ste-phan: Margarete und ihr kleiner SohnFriedrich, der 1251 starb - wer sonst als der(oder die), dem die Herrschaft gebührte,konnte es wagen, sich auf gleicher Höhemit der Mutter des Herrn und anderenHeiligen abbilden zu lassen.

Und dass Margarete diesen Ort wähl-te, um ihren Herrschaftsanspruch, dernicht unumstritten war, eindrucksvoll zupräsentieren, läßt uns erkennen, welchein die Zukunft weisende Bedeutung da-mals bereits der passauischen PfarrkircheSt. Stephan zugemessen wurde. Eine Be-deutung, die in der Folge Herzog RudolfIV. sehr wohl verstanden und aufgegrif-fen hatte, als er dem von ihm gegründe-ten Kollegiatkapitel zu St. Stephan, demheutigen Domkapitel, eben diese West-empore als Kapitelsaal zuwies.

Damals, rund hundert Jahre später,hatten die Habsburger ihre Herrschaft inÖsterreich bereits fest in der Hand. Kirch-licherseits aber waren sie immer nochohne jede Macht. Und dabei war geradedie Kirche für die Macht eines mittelal-terlichen Fürsten von großer Bedeutung.Rudolf IV., der Stifter, dessen Liebe zu unddessen Bedeutung für St. Stephan außerStreit stehen, wusste sicher um die altenGeschichten von der babenbergischenHerzogsempore, dem kaiserlich-staufi-schen Monument. Und immer noch ak-tuell war der alte Wunsch nach kirchli-cher Unabhängigkeit. Ein Bistum für Wienund damit kirchliche Unabhängigkeit hatauch Rudolf IV. nicht erreicht, wohl abereine wichtige Vorstufe, sozusagen als Sig-nalwirkung: sein Kollegiatkapitel zu Aller-heiligen, das heute noch bestehendeDomkapitel zu St. Stephan,das er zunächstin der Burg errichtete und es dann – imWissen um die Bedeutung des Ortes – aufdie Westempore von St. Stephan übertra-gen ließ. Und wieder manifestierten sich

hier, auf der Westempore, symbolische,aber auch ganz reale dynastische An-sprüche. Aber der von Rudolf IV. begon-nene gotische Erweiterungsbau vonSt. Stephan veränderte nichts an der al-ten Empore, fügte nur im Norden und Sü-den Kapellen an.

Nach der Errichtung des Bistums imJahr 1469 waren für den Moment alle An-sprüche erfüllt. Irgendwann sind auf dieWestempore dann Altäre hinauf gekom-men – der Curpriester Joseph Ogesser be-richtet 1779 von einem Margarethaaltar,bei welchem die Fleischer schon vor 1556eine Stiftsmesse hatten; wir wissen voneinem Kolomanialtar, einem Nikolausal-tar, und auch in den Westkapellen gab esAltäre. Die Westempore wurde zu einemgeistlichen Ort.

In der Barockzeit fand die große Orgelauf der Empore ihren Platz und veränder-te deren Bestimmung grundlegend – dieEmpore wurde zu einem Musikchor. Im

Jahr 1945, als St. Stephan brannte, wurdeauch die alte Riesenorgel unter dramati-schen Begleitumständen ein Opfer derFlammen – Augenzeugen berichteten vondem Heulen und Klagen, das die heißeLuft den Orgelpfeifen entlockte, als obSt. Stephan schrie, während es zu Grundeging; nach dem Krieg spendeten die Men-schen von dem Wenigen, das sie hatten,für den Bau einer neuen Orgel.

Und nun – seit ungefähr 10 Jahren –hat sich die Musik in den Friedrichschorverlagert, große Messen werden von hieroben aus nicht mehr aufgeführt, die alteEmpore hatte sozusagen ihre letzte Funk-tion verloren und dämmerte vor sich hin.In der Folge aber wurde sie zu neuem al-tem Leben erweckt,zu einer Bestimmung,die nichts mehr mit realer Macht zu tunhat, dafür umso mehr mit der Macht derSymbole. Nicht zuletzt daran will uns die-se wunderschöne mittelalterliche Wand-malerei erinnern. ó

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 37

Gesamtansicht der romanischen Wandmalereien auf der Westempore von St. Stephan

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Erzengel Gabriel, Raphael und MichaelEin persönlicher Zugang von Birgit Staudinger

Ich weiß nicht, warum mir der Begriff„Erzengel“ irgendwie unsympathisch ist.Vielleicht liegt es daran, dass sich mir seitmeiner Kindheit das Bild einer himmli-schen Ordnung tief eingeprägt hat, ob-gleich ich es schon mehrmals zu „löschen“versucht habe: Ganz unten im Bild, imDunkel, sind die gefallenen Engel, weiteroben im Licht sitzen auf Wolken die gut-en Engel, ganze Chöre gibt es von ihnen,und schließlich noch weiter oben die Erz-engel: die „Karriereengel“, die, die es inder himmlischen Ordnung zu etwas ge-bracht haben. Ich halte inne. Dieses Bildbringt mich nicht weiter. Also mache ichmich erneut auf die Suche nach einempersönlichen Zugang. Ich schlage die Hei-lige Schrift auf und suche nach dem EngelGabriel.

Gabriel, der Engel des AnfangsDie wohl bekannteste biblische Erzäh-lung vom Engel Gabriel findet sich im Lu-kasevangelium, in dem er der JungfrauMaria ein Kind verheißt (Lk 1,31). Die Frau,die keinen Mann erkennt, wird ein Kindgebären, dem sie den Namen Jesus gebensoll. Gabriel ist ein Engel des Anfangs, der,der das werdende Leben verheißt. DemPriester Zacharias kündigt er an, dass sei-ne Frau Elisabet, die als unfruchtbar galtund schon im höheren Alter war, noch einKind zur Welt bringen wird (Lk 1,13). Ga-briel wird offenbar der Bedeutung seinesNamens gerecht: „Kraft Gottes“ oderauch „Gottes Held“. Menschen, „von de-nen man nichts erwarten kann“, werdenmit Leben erfüllt, erwarten plötzlich einKind. Mit Gottes Kraft wird ein Neube-ginn gesetzt. Wo Menschen sich auf dieKraft Gottes einlassen, erhält ihr Lebeneinen neuen Sinn. Doch mit dieser Ver-heißung ist auch eine Aufgabe verbun-den: die Geburt. Als Mutter eines neunMonate alten Kindes kann ich nur be-stätigen: Die Geburt eines Kindes ist sehrschmerzhaft. Man ist nachher nichtmehr der gleiche Mensch wie vorher. EineGeburt konfrontiert mit den eigenenGrenzen – körperlich wie auch psychisch.Eine Geburt verändert den ganzen Men-schen: den Körper, den Lebensrhythmus,die Gewohnheiten, die Interessen, diePerspektiven … Auch wenn das bei jederMutter unterschiedlich ausgeprägt ist,ein neuer Lebensabschnitt beginnt – diesgilt selbstverständlich auch für die Väter.Auf manches muss (zumindest vorüber-gehend oder für längere Zeit) verzichtetwerden, dafür lernt man mit einem Kinddie Welt mit neuen Augen zu sehen, zubestaunen, zu begreifen. Mit einem Kindwird die Welt mit neuem Leben erfüllt.Wie tröstlich ist dabei der Gedanke, dassdieser Anfang von einem Engel begleitetwird, der Kraft schenkt und der einemvielleicht bei kleinen heldenhaften Tatendes Alltags, die einem abverlangt wer-den, beisteht.

Gabriel erweist sich aber nicht nurbei den großen Lebensveränderungenwie der Geburt eines Kindes hilfreich. ImAlten Testament berührt der Engel Ga-briel den am Boden liegenden, ohnmäch-tigen Propheten Daniel, richtet ihn aufund stellt ihn wieder auf die Beine. Ga-briel hilft ihm auch, seine Visionen zudeuten (Dan 8,16 und 9,20ff). Es gibt im-mer wieder Situationen im Leben, in de-nen man das Gefühl hat: Man mag nichtmehr, man kann nicht mehr, man weißeinfach nicht mehr weiter. Es fehlt dieKraft zum Weitermachen. Da kann ichden Engel anrufen, der schon über mei-ner Geburt gewacht hat. Er möge mirwieder Mut machen, die nötige Kraft ge-ben, um wieder auf die Beine zu kom-men. Er möge helfen, dass ich meine Lagein einem anderen Licht betrachte undsich so ein neuer Horizont auftut.

Gedenktag: 29. September Darstellung: mit Lilie bzw. Lilienstab

Patron der Boten, Postbeamten,Brief- und Zeitungsausträger,

gegen eheliche Unfruchtbarkeit.

Heilige im Dom

Erzengel Gabriel, Pfeilerfigur beim Bischofstor (1446–1465)

Der Erzengel Raphael (links) mit dem jungen Tobias (rechts gegenüber) imWindfang des Riesentores.

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200438

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Raphael – der Engel,der mit auf den Weg gehtRaphael ist der Erzengel mit den mensch-lichsten Zügen. Man findet ihn im alttesta-mentlichen Buch Tobit. Der gottesfürch-tige und rechtschaffene Mann Tobit, dererblindet ist, trägt seinem Sohn Tobiasauf, zu einem Verwandten zu reisen. To-bias soll dort Geld holen, das Tobit gehört.Der junge Mann sucht einen Reisebeglei-ter und findet Raphael. Beim Abschied seg-net der Vater die beiden mit den Worten:„Gott, der im Himmel wohnt, wird euchauf eurer Reise behüten; sein Engel mögeeuch begleiten“ (Tobit 5,17). Auf der Reisetötet Tobias einen Fisch, dessen Herz, Le-ber und Galle er auf Raphaels Weisung hinherausnimmt und aufbewahrt. Unter-wegs schmiedet Raphael Heiratspläne fürTobias. Er ermutigt ihn, die hübsche undkluge Tochter von Raguël zu heiraten. Saraist allerdings von einem Dämon beses-sen. Siebenmal war sie bereits verheiratetund alle sieben Männer starben noch inder Hochzeitsnacht durch den Dämon.Raphael rät Tobias, das Herz und die Leberjenes Fisches im Brautgemach zu ver-

brennen; der Geruch werde den Dämonfür immer vertreiben. Dann könne Tobiassich Sara ohne Angst nähern, sie seienfüreinander bestimmt. Tobias folgt demRat Raphaels; die beiden werden von Ra-guël herzlich empfangen und der Hei-ratsvertrag wird unterschrieben. Tobiasheilt tatsächlich seine Braut Sara und siefeiern vierzehn Tage lang Hochzeit. In-zwischen holt Raphael das Geld für Tobiasab. Als das glückliche Brautpaar schließ-lich mit Raphael zu den mittlerweile sehrbesorgten Eltern von Tobias heimkehrt,greift Raphael noch einmal heilend ein:Durch die Galle des Fisches erhält Tobitsein Augenlicht wieder zurück.

Raphael ist der heilende Wegbeglei-ter, sein Name bedeutet auch „Gottheilt“. Das Krankheitsbild Saras und ihreHeilung hören sich im ersten Augenblicketwas seltsam an. Es werden hier einigeBilder verwendet; Herz und Leber geltenals Sitz der menschlichen Gefühle, wassich auch in einigen Sprichwörtern nie-derschlägt. Vielleicht war es so: Tobiaskonnte mit Raphaels Hilfe den richtigenZugang zu Saras Gefühlen finden. DasFeuer der Liebe befreite Sara von ihrenÄngsten und Komplexen. Es ist die wun-derbare Erzählung, wie zwei Menschenmit Gottes Hilfe zueinander finden undauch beieinander bleiben.

Raphael wirkt so menschlich, dassniemand merkt, dass er eigentlich ein En-gel ist. Erst am Ende der Reise offenbarter Tobit und Tobias sein Geheimnis. Je-manden auf einem schwierigen Stückseines Lebens begleiten, ein heilendesGespräch führen, einen guten Rat geben,für jemand anderen einen Dienst erledi-gen oder jemand die Augen öffnen – dassind doch Dinge, für die braucht man ei-gentlich gar kein Engel zu sein …

Gedenktag: 29. SeptemberDarstellung: mit Fisch, als Wanderer mit

Kürbisflasche. Patron der Reisenden,Pilger, armen Seelen, Eheleute, aber auch

Apotheker, Dachdecker, Bergknappen.

Michael – der Engel,der kämpft bis zum EndeDem Erzengel Michael wurden in derkirchlichen Tradition eine Reihe biblischerBegebenheiten im Zusammenhang mitEngeln zugeschrieben. An drei Stellenwird ausdrücklich der Name Michael er-wähnt,unter anderem mit seinen himmli-schen Titeln „Engelfürst“ und „Erzengel“:Im Buch Daniel windet sich der ProphetDaniel nach seinen Visionen kraftlos inSchmerzen. Eine Gestalt, die wie einMensch aussieht, richtet ihn abermalsauf und spricht zu ihm: „Fürchte dichnicht,du (von Gott geliebter) Mann! Friedesei mit Dir. Sei stark und hab Vertrauen!“(Dan 10,19). Nachdem Daniel wieder beiKräften ist, berichtet ihm diese Gestalt,

Erzengel Raphael, Pfeilerfigur beim Singertor (1446–1465)

Dompfarrer Karl Raphael Dorr ließ dieseFigurengruppe als Dank für seine glück-liche Heimkehr aus dem Exil erstellen.

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 39

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von ihrem bevorstehenden Kampf mitdem Engelfürsten von Persien. Dabeiwird sie aber vom Engelfürst Michael tat-kräftig unterstützt werden. Michael istalso ein Kämpfer. Auch in der Offenba-rung des Johannes wird Michael kämp-ferisch geschildert: Im Himmel ist einKampf entbrannt,Michael und seine Engelerheben sich gegen den Drachen. Micha-el siegt und der Drache wird samt seinenEngeln auf die Erde gestürzt (Offb 12,7–9).

Bei Michael handelt es sich also nichtum einen kuscheligen süßen Engel, derseine Flügerln über die Menschen hält.Aber offenbar bedarf es auch solcher En-gel, denn auch das Alltagsleben ist einKampf. Jeden Tag muss ich Entscheidun-gen treffen: Entscheide ich mich für dasGute oder gebe ich meinen Schwächennach? Kann ich den Drachen in mir über-winden oder siegt er über mich? Der Na-me Michael bedeutet:„Wer ist wie Gott?“

Das ist eine Entscheidungsfrage: Stelleich in meinem Leben etwas anderes andie Stelle Gottes? Wo setze ich Prioritä-ten? Kämpfe ich gegen das Böse in miran? Zumindest kann ich darauf vertrau-en, dass ich einen Engel an meiner Seitehabe, der mit mir für das Gute kämpft.

Auch der Judasbrief erwähnt den Er-zengel Michael. In Jud 9 wird eine alte jü-dische Legende zitiert, nach der Michaelmit dem Teufel um den Leichnam Mosestreitet, weil dieser den Ägypter ermor-det hat. Doch der Engel entreißt dem Teu-fel den Leichnam, um ihn in den Himmelzu geleiten. Deswegen wurde Michaelgerne auch als Engel des Endes, des Todesund des Gerichts betrachtet. Wir hoffen,dass auch uns im allerletzten Kampf desirdischen Lebens ein Engel zur Seite steht,der uns zu Gott führt.

Übrigens, die Tradition kennt noch ei-nen vierten Erzengel, Uriel, dessen Nameso viel bedeutet wie „Gottes Feuer“. Erwird allerdings in der Heiligen Schriftnicht namentlich erwähnt.

Gedenktag: 29. SeptemberDarstellung: Engel mit Schwert, Drachen

durchbohrend, mit WaagePatron der katholischen Kirche;

der Deutschen; der Ritter, der Soldaten,der armen Seelen, Sterbenden,

der Apotheker und Kaufleute (wegen seines Attributes der Waage),

aber auch vieler anderer Berufe wie z. B.Maler, Glaser, Vergolder; gegen Blitz

und Unwetter; gegen Pest (Michael warder Pestengel des Mittelalters);

für einen guten Tod.

Schließlich lege ich meine Bibel wie-der zur Seite. Das Bild der himmlischenEngelhierarchie in meinem Kopf ist et-was verblasst. Da fällt mir ein Satz auseiner Predigt eines alten Dominikanerpa-ters ein, der mir zutiefst aus dem Herzenspricht: „Ich glaube nicht an Engel, ichverlasse mich auf sie.“ ó

Literaturhinweis:E. u.H. Melchers, Das große Buch derHeiligen. Geschichte und Legende imJahreslauf, München 1996.

Heilige im Dom

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 20044040

Darstellungen der Erzengel im Dom zu St. Stephan

Erzengel Michael als Seelenwäger überdem Riesentor (Die Figur ist eine Kopievon Franz Erler aus dem Jahr 1902. DasOriginal befindet sich im Wien-Museum-Karlsplatz)

Gabriel˘ Verkündigungsszene an der West-

empore˘ Verkündigungsszene beim

Bischofstor (Domshop)˘ Verkündigungsszene im Vorbau des

Bischofstores (Domshop)˘ Verkündigungsszene im Aufsatz des

Josefsaltars (in der Nähe der Sakristei)˘ Verkündigungsszene am geöffneten

linken Predella-Flügel des WienerNeustädter Altars

Michael˘ An der Westfassade über dem

Riesentor als Seelenwäger˘ Am Wiener Neustädter Altar

auf dem linken Außenflügel (Sonntagsseite, 4. Reihe unten):Hl. Michael als Seelenwäger

˘ Schluss-Steine in der Bartholomäus-kapelle

˘ ehemaliges Michaelsfenster in derMichaelskapelle (dzt. Wien-Museum-Karlsplatz)

˘ Im Südturm hängt die Michaels-glocke (Glocke Nr. 10), die von derJugend bzw. den Kindern der Dompfarre gespendet wurde.Das Relief des hl. Michael stammt vonCarry Hauser

Raphael˘ Als Pfeilerfigur beim Singertor

(Langhaus, Südwand)˘ Windfang / Riesentor: Erzengel Ra-

phael mit dem jungen Tobias

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Heilige Zeichen

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 41

Der Engel des Herrnvon Diakon Roman Faux

Der Engel des Herrn brachte Mariadie Botschaft, und sie empfingvom Heiligen Geist.Maria sprach: Siehe, ich bin dieMagd des Herrn, mir geschehenach Deinem Wort.Und das Wort ist Fleisch gewor-den und hat unter uns gewohnt.

Dreimal am Tag – um 7, 12 und 19 Uhr rufteine unserer Domglocken (Christopho-rusglocke) zum Gebet auf. Wir sind ein-geladen, in unserer Arbeit inne zu haltenund uns kurz vom Irdischen zum Himmli-schen zu wenden im „Engel des Herrn“.

Das Gebet beinhaltet die Betrach-tung der Menschwerdung des Gottes-sohnes in der Zeit, vorbereitet durch denVerkündigungs-Dialog zwischen dem Erz-engel Gabriel und Maria und ist daher einzutiefst ein adventliches Gebet.

Nach jedem der drei Betrachtungswor-te wird ein Gegrüßet seist du, Maria … ge-betet. Den Schluss bilden die Worte:

Bitte für uns Heilige Gottesmutter, aufdass wir würdig werden der VerheißungenChristi.Lasset uns beten.Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade inunsere Herzen ein. Durch die Botschaft desEngels haben wir die MenschwerdungChristi, deines Sohnes, erkannt. Lass unsdurch sein Leiden und Kreuz zur Herrlich-keit der Auferstehung gelangen. Darumbitten wir durch Christus, unsern Herrn.Amen.

Dieses ist zugleich das Tagesgebetder Messe vom 4. Adventsonntag!

Die heute übliche Form des Angelus hatsich schrittweise entwickelt. Im 13. Jahr-hundert wurde von den Franziskanernder Brauch übernommen, beim abendli-chen Läuten zur Komplet Maria zu grü-ßen.Im 14.Jahrhundert wurde das Morgen-läuten eingeführt, das zu einem Gebetfür das öffentliche Wohl und den Friedeneinlud. Im 16. Jahrhundert wurde das Mit-tagsläuten eingeführt. Seit dieser Zeit

wird das dreimalige Läuten am Tag so ge-deutet, dass das Morgenläuten an dieAuferstehung, das Mittagsläuten an denLeidensweg und das Abendläuten an dieMenschwerdung Christi erinnern soll. Dieheutige Form des Angelus wurde 1571 vonPapst Pius V. eingeführt.

An jedem Sonntag betet der HeiligeVater in Rom mit den Gläubigen auf demPetersplatz den Angelus, immer in Ver-bindung mit einer kurzen Ansprache; einEreignis, das stets vom Fernsehen über-tragen wird.

Vom Ostersonntag bis zum Pfingst-sonntag wird anstelle des Angelus dasRegina caeli gebetet:

Freu Dich, Du Himmelkönigin, Halleluja,denn er, den Du zu tragen würdig warst,Halleluja, Er ist auferstanden, wie Er ge-sagt, Halleluja, bitt´ Gott für uns, Maria,Halleluja.

Freu Dich und frohlocke, Jungfrau Maria,Halleluja, denn der Herr ist wahrhaft auf-erstanden, Halleluja.

Lasset uns beten.

Gott, Du hast durch die Auferstehung Dei-nes Sohnes, unseres Herr Jesus Christus, die

Welt erfreuen wollen. Wir bitten Dich, lassuns durch Seine Mutter,die Jungfrau Maria,die Freuden des ewigen Lebens erlangen,durch Christus, unseren Herrn. Amen. ó

„Mariä Verkündigung,barockes Ölgemälde aus Wolfsthal

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Ein »königliches« WeihnachtsgeschenkKardinal Königs „Gedanken für ein erfülltes Leben“ schon jetzt auf den Bestsellerlisten des Buchhandels!

Er galt als der „große weise Mann“ Öster-reichs und seiner Kirche: Kardinal FranzKönig, der im März dieses Jahres im 99.Lebensjahr verstorben ist. Jetzt erlebt ereine in diesem Ausmaß von niemandemerwartete geistige Wiedergeburt: DasBuch „Gedanken für ein erfülltes Leben“,das die schönsten Texte des „Königs derHerzen“ festhält, ist innerhalb wenigerWochen auf die österreichischen Bestsel-lerlisten geklettert. Und die kommendenWochen bis Weihnachten lassen einenweiteren Ansturm erwarten.

Hoch über seiner letzten Ruhestätte,im Dach des Wiener Stephansdoms, wardas besonders meditativ gestaltete Bucham 28. September der Öffentlichkeit vor-gestellt worden – im Beisein des Bundes-präsidenten, mehrerer Bischöfe und Ver-treter großer Religionen. Nur sieben Wo-chen später legte der Verlag Styria bereitsdie Papierreserven für die 5. Auflage desBuches bereit – und BundespräsidentDr. Heinz Fischer gestand in einem Zei-tungsinterview, die Buchpräsentation seidie schönste Stunde seiner ersten hun-

dert Tage im Amt gewesen.Zeitungen und Zeitschriften haben

dem Buch inzwischen fast hymnische Re-zensionen gewidmet: Von „tiefen Ein-blicken in die Kraftquellen und in das Ver-mächtnis des Kardinals“ ist da die Rede;auch von „kostbaren Schätzen in Formvon Texten, die tief in die existentiellenAbgründe des Menschen hineinzuleuch-ten vermögen“ – und selbst das Wochen-magazin „News“ nennt das Buch des ver-storbenen Kardinals „berührend“.

Die ungewöhnliche öffentliche Auf-merksamkeit und Attraktivität wider-spricht zunächst allen soziologischen Be-funden über die „Verdunstung des Glau-bens“, über die fortschreitende „Entkirch-lichung“ und den Rückzug der Religionenaus dem Leben der Menschen. Mehr nochaber unterstreicht der Erfolg des Buchesdas außergewöhnliche Maß an Zunei-gung und Sympathie, das sich KardinalFranz König in seinem langen Priesterle-ben erworben hat. Besonders bemer-kenswert scheint dabei seine über denTod hinauswirkende Faszination als Seel-

sorger und Vorbild – auch bei so vielenMenschen, deren Beziehung zu Kircheund Glauben längst verkümmert ist.

Für die Herausgabe des Buches zeich-nen die langjährige Büroleiterin KardinalKönigs und Wiener Diözesan-ArchivarinAnnemarie Fenzl und der bekannte Publi-zist und „FURCHE“-Herausgeber HeinzNußbaumer verantwortlich. Fenzl überden Erfolg der „Gedanken für ein erfülltesLeben“: „Das Buch gibt dem Kardinal dieMöglichkeit, vom Himmel aus weiter alsSeelsorger tätig zu sein – und das tut eroffensichtlich“. Und Heinz Nußbaumer:„Er war ein Geschenk an unser Land undan seine Kirche – in seinem Glauben undseinem Denken, in seiner Weite und sei-ner Tiefe. Das enorme Interesse an unse-rem Buch beweist: Auch wenn er körper-lich nicht mehr bei uns ist, so gilt geradefür ihn in besonderer Weise das Wort:„Sucht mich nicht bei den Toten“.

Kardinal Christoph Schönborn dazuim Vorwort: „Die beiden Herausgeber –jahrzehntelang Wegbegleiter des Ver-storbenen – haben nicht nur Wichtiges,Bleibendes gesammelt und editiert; sielegen mit diesem Buch auch ein inneresVermächtnis des Verstorbenen vor. Sie er-schließen Zugänge zu den Quellen seinesGlaubens und Lebens. Es sind Wegwei-sungen für die Kirche, die er so liebte, aufihrem Weg in die Zukunft. Und Ermuti-gungen für jeden von uns – auf der Suchenach jenem großen Ziel, das noch vor unsliegt und das er längst erreicht hatte: daserfüllte Leben“. ó

Kardinal Franz König:„Gedanken für ein erfülltes Leben“,herausgegebenvon A. Fenzl und H. Nußbaumer,Verlag Styria,224 Seiten,14,90 Euro

Buchempfehlung

Bei der Buchpräsentation am Dachboden des Domes am 28. September 2004:(v.l.) Prof. Heinz Nußbaumer, Kardinal Dr. Christoph Schönborn, BundespräsidentDr. Heinz Fischer und Dr. Annemarie Fenzl

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200442

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Seien Sie gegrüßt!Wahrscheinlich geht’s Ihnen genauso.Rundherum erstrahlen die Straßen inweihnachtlichem Glanz, die Punschhüt-ten haben geöffnet und die Menschenrennen in adventlicher Hektik herum. Ge-rade vor Weihnachten hat ja jeder noch„ach so viel“ zu tun.Aber das „Weihnachts-gefühl“ will sich nicht wirklich einstellen.

Irgendwie geht mir das alles viel zuschnell. Kaum hat der Advent begonnen,steht schon der Heilige Abend vor der Tür.Eine große Besonderheit gibt es aber fürmich in dieser Vorweihnachtszeit: die Be-gegnungen mit den Engeln. Das hängt si-cher mit meiner Größe zusammen, ichhab dadurch vielleicht leichter Kontakt zuihnen. Es kann aber auch daran liegen,dass die himmlischen Boten vor Weih-nachten einfach mehr zu tun haben und„greifbarer“ sind. Ich kenne sie ja ganzgut, die vielen Engel im Dom. Ich mussimmer schmunzeln, wenn bei den Dom-führungen darauf hingewiesen wird,dass die Kirche nicht nur dem hl. Stepha-nus, sondern auch allen Heiligen geweihtist, aber ob der 93 gezählten Mariendar-stellungen eigentlich ein Mariendom ist.Ich möchte mich dann immer einmi-schen und den Domführern zuraunen(ich mach das aber nicht, denn ich will sieja nicht erschrecken!): „Und was ist mitden Engeln?“ Wenn man alle Engeldar-stellungen im Dom zählen könnte … Er isteigentlich auch ein „Engeldom“. Ganzehrlich: Ist es nicht so, dass wir die Engelübersehen,sie automatisch als vorhandenwahrnehmen und sie so zu schmücken-dem Beiwerk degradieren? Schon außenam Dom wacht über dem Riesentor derErzengel Michael als Beschützer der Le-benden und der Toten und zwei ernste,in die Knie gesunkene Engel halten Chri-stus im Tympanon des Tores gleichsamwie eine wertvolle Ikone dem Dombesu-cher entgegen. Gleich im Inneren begeg-nen wir dem Erzengel Raphael mit demjungen Tobias und auf den Pfeilern bringt

Gabriel Maria die Botschaft. In St. Stephangibt es viele Engel von ganz unterschied-licher Art und Aussagekraft:von den nied-lichen Engelskindern in der Bekrönungder Seitenaltäre, den Engeln, die über demKopf der Muttergottes des alten Gnaden-bildes „Maria in der Sonne“ die Krone hal-ten, bis hin zu den beiden Engeln am Auf-satz des Hochaltars, die ihn gleichsamstützen. Engel sind freundliche Helfer -insofern sind auch die Putten zu verste-hen; das Wort „putto“ bedeutet ja „Klein-kind“ – sie sollen uns an die Frohbotschaftdes Evangeliums erinnern. Engel sind alsonicht schmückendes Beiwerk, sondern ha-ben einen Auftrag und eine Botschaft. Ichweiß, das war jetzt ein bisserl schulmeis-terlich, aber in Anbetracht meines ehr-würdigen Alters erlauben Sie mir das sicher.

Und nun verrate ich Ihnen etwas;Manchmal macht einer der Schutzengelder Stadt auf seinem Dienstflug halt undruht sich bei mir ein wenig aus. Ich habeversprochen,das Dienstgeheimnis zu wah-ren und werde jetzt nichts ausplaudern,aber es ist schon verwunderlich, was soein Engel alles zu tun hat. Es macht michsehr froh, zu wissen, dass wir gut behütetsind durch die guten Geister, die manch-mal auch Menschengestalt annehmen.Bei einer dieser – fast schon himmlischen– Plaudereien hat mein Besucher danngesagt, dass sein Image eigentlich ganzgut ist. Viele Menschen glauben an ihn,aber eines stört ihn trotzdem: die Verkit-schung. Gerade in der Weihnachtszeit istes für einen echten Engel unerträglich, anjeder Ecke, in jedem Laden und auf jedemChristbaum irgendeine Art, oder bessergesagt Unart, eines Engels zu sehen. Beieiner himmlischen Betriebsversamm-lung, so erzählte mein Besucher, habe ersein Leid geklagt und verständnisvollesKopfnicken geerntet, besonders vom hl.Nikolaus, dem es ja ähnlich ergeht. Aber,so meinte er, man sei ziemlich machtlos,der „freie Wille“ der Menschen ist schließ-lich dem „Chef“ heilig.

Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich,warum ich Ihnen das erzähle. Nun, ich habemir gedacht, dass wir meinem himmli-schen Besucher eine große Freude berei-ten könnten, wenn wir nicht nur Engel inallen erdenklichen Formen und Farbenaufhängen und die Christbäume damitschmücken, sondern auch dann undwann an sie denken, zu ihnen beten unddarauf vertrauen, dass uns ein guter Be-gleiter, von Gott gesandt, zur Seite steht.Vielleicht gelingt es uns dann, auch „vonguten Mächten wunderbar geborgen“mit Zuversicht und Gottvertrauen in daskommende Jahr zu gehen.

In diesem Sinne, gesegnete Weih-nachten und ein behütetes Neues Jahr!

Mit einem herzlichen „Grüß Gott“ aussehr kühler Höhe,

Ein- und Ausblicke»Und schaut der Steffllächelnd auf uns nieder...!«

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 43

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Buchempfehlung

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200444

»Den Engeln auf der Spur«Von Verena Michalke

Ein Engel-Buch ganz anderer Art ist derschmale Band „Den Engeln auf der Spur“aus dem Tyrolia-Verlag. Der bekannte Pub-lizist und frühere Leiter der Hauptabtei-lung Religion im ORF Hubert Gaisbauerhat darin Engel-Texte und -Gedichte(hauptsächlich aus dem 20. Jahrhundert)und zwölf Engel-Zeichnungen von PaulKlee mit eigenen Überlegungen verbun-den. Interessant, dass Dichterinnen über-wiegen (Nelly Sachs, Marie-Luise Kasch-nitz, Simone Weil, Rose Ausländer, ElseLasker-Schüler, Ilse Aichinger, ChristineBusta …) – ob Frauen mehr Zugang habenzu den göttlichen Boten, mehr „Sehn-sucht nach Berührung durch das Göttli-che, wie sie der Engel des einbrechendenLichtes in den Bildern der Verkündigungüberbringt“ (H. G.)?

Aber: Heimlich rechnet jeder mit euch,Lichtwesen, brennend vor Sehnsucht undjubelnd vor Erfüllung (schreiend?) Aug inAug mit Gott. (H. G.)

Doch wir müssen üben, sie zu erken-nen, denn: „ … die Flügel sieht man mirnimmer an … sag mir, wer ich bin … stattTunika Tweedjacke und Hosen“ (Rafael Al-berti).

Auch in den Engeln, die Paul Klee inseinem letzten Lebensjahr, gequält vonschwerer Krankheit, gezeichnet hat, istdas Mit-Geschöpfliche mehr betont als dasÜberirdisch-Transzendente (Krise einesEngels – es weint – vergesslicher Engel …).Mit-Geschöpfe, ja Mit-Brüder sind die En-gel auch im nebenstehenden Text vonHubert Gaisbauer, einem Auszug ausdem besprochenen Buch, das uns abseitsdes esoterischen Engel-Booms und jedeskitschigen Klischees einen neuen Blickauf und für Engel schenken kann. ó

Hubert Gaisbauer: Den Engeln aufder Spur. Tyrolia-Verlag, 8,20 Euro

Bekannt ist: ein Mann hatte zwei Söhne.Der jüngere wollte etwas erleben undzog mit seinem Erbteil in die Welt. AusÜbermut und Fahrlässigkeit war er baldin Not geraten. In einem demütigendenArbeitsverhältnis verdient er gerade soviel, um überleben zu können. Endlich be-schloss er, zum Vater zurückzukehren,was immer ihn dort erwarten würde.

Der Vater nimmt ihn mit offenen Ar-men auf,war doch sein Trennungsschmerzimmer größer gewesen als die Enttäu-schung über den missratenen Sohn.

Weniger großmütig reagiert der äl-tere Bruder auf diese Heimkehr. Schonseit der Geburt des jüngeren gab es eindauerndes Spannungsverhältnis zwi-schen den Brüdern. Und der Vater han-delte in seinen Augen eindeutig übertrie-ben, wie er den jüngeren empfing.

Ganz gegen seine Art spart der ältereSohn auch nicht mit Vorwürfen aufgrunddieses Empfangs. Der Vater ist liebevollbemüht, ihn zu besänftigen. Ob ihm diesschließlich gelungen ist, wird aber nichterzählt, denn hier endet das Gleichnis.

Zum Verständnis des folgenden Textesmuss man wissen, dass die engelkundigeSeherin Hildegard von Bingen den älterenBruder im Gleichnis vom Verlorenen Sohnals ein Sinnbild der Engel deutet. Die En-gel sind vor den Menschen geschaffenund immer beim Vater. … Der Deutungder Hildegard von Bingen folgend, lässtsich die Geschichte etwa so fortspinnen:

Auch nach dem Wiedersehensfeständerte sich wenig. Die alten Spannun-gen zwischen den Brüdern traten wiederhervor, und der Vater appellierte immerwieder an die Vernunft des älteren Soh-nes und verwies auf dessen Vorteile, dieer infolge seiner Treue durchaus verdientgenösse. Die Vorliebe schenkte der Vateraber dem jüngeren Sohn, der sich nur wi-derwillig in den geordneten Ablauf deswohldurchdachten Anwesens einglie-

dern konnte. Immer wieder erhob er Ein-wände und kam mit Verbesserungsvor-schlägen. Der Vater ließ ihn gewähren,obwohl jede Neuerung in den Ansätzenstecken geblieben war und viele Arbeitennur halb verrichtet waren. Viele seinerEntscheidungen mussten – meist vom äl-teren Bruder – korrigiert werden, bevorder ganze Hof dauernden Schaden ge-nommen hätte. In solchen Situationenwar der jüngere Bruder dann zornig undenttäuscht, ja er drohte manchmal, wie-derum den väterlichen Hof verlassen zuwollen. War aber einige Zeit verstrichen,dann geschah es auch, dass er einsichtigdem Bruder und dem Vater für deren ret-tendes Eingreifen dankbar war.

Nicht zuletzt durch diese Offenheitentdeckte der ältere Bruder im jüngerenauch liebenswerte Eigenschaften, die eran sich selbst nicht feststellen konnte. Eswaren dies Begeisterungsfähigkeit, spon-tane Entschlossenheit, Risikofreudigkeitund eine große Liebessehnsucht. Letzte-rer wegen war auch viel Schwermut imjüngeren Bruder.

So begann der ältere Bruder den jün-geren lieb zu haben, trotz allem, was vor-gefallen war und noch täglich vorfiel.Heimlich arrangierte er manches, dasdem jüngeren Bruder einen Erfolg be-scherte, anderes wieder lenkte er in sei-ner vorbedachten Art so, dass der jünge-re Bruder vor einer Schädigung bewahrtblieb. Dies alles aber tat er so unauffäl-lig, ja diskret, dass der Bruder es nicht be-merkte. Der Vater, dem dies nicht verbor-gen blieb, bestärkte den älteren Bruder,weiter so zu verfahren, damit dem jünge-ren Bruder die Zuversicht gestärkt würde,denn heimlich hatte er schon beschlos-sen, auch den jüngeren Sohn zum Erbeneinzusetzen, obwohl der schon seinenAnteil einmal verwirtschaftet hatte.

Sind Engel die „älteren Brüder“?

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Getauft wurden

Getraut wurdenThomas Alfred Ruth und

Barbara Christa PlanyavskyManfred Heinz Paul Härtel und

Magdalene PeterGünther Weiss und

Charlotte Judith KlaghoferThomas Weidinger und

Susanna-Maria Steinkellner

Verstorben sindCharles van Vleck, Dr. Christine Kainz,Anna-Maria Wanko, Friederike Kaufmann,Dkfm. Mag. Johannes Groschopf

Wir gratulieren˘ Mag. Barbara Planyavsky und

Dipl.Ing. Thomas Ruth zur Hochzeitam 6.11.2004 und wünschen demjungen Paar Gottes Segen auf ihremgemeinsamen Lebensweg.

Chronik

P. Dr. Bernhard Demel zum 70. Geburtstag am 8. 10. nachträglichP. Mag. Elias Unegg OFM (PGR St. Stephan – Vertreter d. Franziska-ner) zum 40. Geburtstag am 5. 12.HR Dr. Rainer Egger (Lektor und Kommunionspender in St. Stephan)zum 70. Geburtstag am 15. 1.unserem Erzbischof Kardinal Dr. Christoph Schönborn OPzum 60. Geburtstag am 22. 1.unserem Bischofsvikar Kan. GR KarlRühringer zum 65. Geburtstag am 28. 1.Frau Luise Böhm zum 90. Geburtstag am 4. 2.dem eb. Sekretär Mag. Richard Tatz-

Die Dreikönigsaktion 2005 in St. Stephan

Kinder und Gruppenleiter der Jungschar und Domministranten sind unterwegs, umdie Frohe Botschaft der Geburt Jesu zu verkünden:

Mo. 3. 1. 2005 9.00–12.00 und 15.00–18.00Di. 4. 1. 2005 9.00–12.00 und 15.00–18.00Mi. 5. 1. 2005 9.00–12.00 und 15.00–18.00Do. 6. 1. 2005 8.30–13.30 und 16.30–19.00

Wenn Sie zu den angegebenen Zeiten im Pfarrgebiet von unseren Sternsingern zuHause besucht werden möchten, bitten wir Sie, dies in der Pfarrkanzlei zu melden odereines der bei den Domtoren aufliegenden Anmeldeformulare auszufüllen und beimPortier abzugeben. Die Sternsinger singen auch am Ende jeder hl. Messe am 6. Jännerim Dom (einschließlich Vorabendmessen am 5. Jänner).

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 45

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Gottesdienstordnung

Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 200446

Weihnachten im Dom zu St.StephanFreitag, 24. Dezember 2004 Heiliger Abend

9.00–12.00 Uhr Abholung des Friedenslichtes in der Unteren Sakristei15.00 Uhr Kinderkrippenandacht16.30 Uhr 1. Weihnachtsvesper mit Kardinal Dr. Christoph Schönborn

Domchor und Domorchester: W. A. Mozart, Vesperae solemnes de confessore18.00 Uhr Hl. Messe beim HauptaltarVon 19.00–23.00 Uhr bleibt der Dom geschlossen.22.30–23.00 Uhr Turmblasen von der Balustrade über dem Riesentor, Police Brass23.30 Uhr Hirten-, Krippen- und Weihnachtslieder, Chorvereinigung „Jung-Wien“24.00 Uhr Geläute der Pummerin, Christmette und Krippenlegung mit Dompfarrer Kan. Mag. Anton Faber und den

Curpriestern. Weihnachtliche Chormusik, Werke für Bläser und Orgel, Gesänge aus dem Gotteslob,Chorvereinigung „Jung-Wien“

Samstag, 25. Dezember 2004 Hochfest der Geburt des Herrn(Gottesdienstordnung wie an Sonntagen)

10.15 Uhr Pontifikalamt mit Kardinal Dr. Christoph SchönbornDomchor & Domorchester: W. A. Mozart, Missa solemnis in C

16.30 Uhr 2. Weihnachtsvesper mit Kardinal Dr. Christoph SchönbornDomchor & Domorchester: J. B. Gänsbacher, Vesper

Sonntag, 26. Dezember 2004 Hochfest des Heiligen StephanusHauptpatron der Metropolitan- und Domkirche zu St. Stephan (Gottesdienstordnung wie an Sonntagen)

10.15 Uhr Pontifikalamt mit Kardinal Dr. Christoph Schönborn mit Erneuerung des Weiheversprechens der Diakone,Domchor & Domorchester: J. Haydn, Große Orgelsolomesse. Geläute der Pummerin

16.30 Uhr Feierliche Vesper zum Patrozinium mit Kardinal Dr. Christoph Schönborn mit anschließender Kindersegnung

Montag, 27. Dezember 200417.00 Uhr Krippenandacht bei der Weihnachtskrippe mit Chorgestaltung

Dienstag, 28. Dezember 200416.45 Uhr Alpenländische Weihnachtslieder17.00 Uhr Krippenandacht bei der Weihnachtskrippe mit Chorgestaltung

Freitag, 31. Dezember 200416.30 Uhr Jahresschlussandacht mit Weihbischof Dr. Ludwig Schwarz

Musik für Bläser und Orgel, Chor und Orchester alter und neuer Meister, Gesänge aus dem Gotteslob fürKantor und Gemeinde, Orgelmusik; Vocalensemble & Domorchester. Geläute der Pummerin

Aus Sicherheitsgründen wird der Dom um 18.00 Uhr geschlossen.

Samstag 1. Jänner 2005 Hochfest der Gottesmutter Maria(Gottesdienstordnung wie an Sonntagen)

0.00 Uhr Geläute der Pummerin10.15 Uhr Hauptgottesdienst mit Kan. Prof. Dr. Josef Weismayer

Domchor und Domorchester: W. A. Mozart, Krönungsmesse

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Pfarrblatt Dompfarre St. Stephan · Dez. 2004 47

Sonntag, 2. Jänner 2005 2. Sonntag nach Weihnachten 10.15 Uhr Hauptgottesdienst mit Weihbischof Dr. Ludwig Schwarz

Solistenensemble: Werke von G. Ph. Telemann und H. Schütz

Montag, 3. Jänner 200517.00 Uhr Krippenandacht bei der Weihnachtskrippe

Mittwoch, 5. Jänner 2005 17.00 Uhr Vesper mit Segnung von Wasser, Kreide und Weihrauch

Donnerstag, 6. Jänner 2005 Hochfest der Erscheinung des Herrn(Gottesdienstordnung wie an Sonntagen)10.15 Uhr Pontifikalamt mit Kardinal Dr. Christoph Schönborn, Domchor & Domorchester: J. Haydn, Paukenmesse

Sonntag, 9. Jänner 2005 Taufe des Herrn10.15 Uhr Hauptgottesdienst mit Offizial Kan. Dr. Ernst Pucher

Solistenensemble: J. Haydn, Kleine Orgelsolomesse; H. Schütz, Bringt dar dem Herren Lob und Ehre

Wie einer der HirtenDumögest einer werden, der die Träumenicht umbringt,der die Lachendennicht verstummen lässtund die Traurigen schützt,einer, der behütet,was verletzbar ist,einer, der seine Seelenicht preisgibt,sondern sie trägtwie ein Lamm,einer, der sichauf Engel verlässt,auf ein Licht,einmal gesehen,auf ein Wort des Friedens,unvergesslich.Dann wirst Du findenden Ort, wo es heißt:Gott mit uns.Dann wird es von Dir heißen:er ist gewordenwie einer der Hirten.Aus: Joop Roeland,Die Stimme eines dünnen Schweigens,Feldkirch: Die Quelle Verlag 1992.

Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser,ein gesegnetes Fest der Weihnacht, erholsame Feiertage und ein von Gottbegleitetes Neues Jahr 2005! Ihr Dompfarrer Toni Faber und das Redaktionsteam

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Vom Himmel hoch, da komm ich her,Ich bring euch gute neue Mär;Der guten Mär bring ich so viel,davon ich sing’n und sagen will.

Euch ist ein Kindlein heut gebornVon einer Jungfrau auserkorn;Das Kindelein so zart und fein,Das soll eu’r Freud und Wonne sein.

Es ist der Herr Christ, unser Gott,Der will euch führn aus aller Not,Er will eu’r Heiland selber sein,Von allen Sünden machen rein.

Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,Der uns schenkt seinen ein’gen Sohn.Des freuet sich der Engel ScharUnd singet uns solch neues Jahr.

Martin Luther

DompfarrerKan. Mag. Anton Faber 51552-3521

[email protected] Fr. 9.00–12.00 Uhr

www.st.stephan.at/[email protected]

Fax: 51552-3720Christian D. Herrlich 51552-3530

[email protected] Michalke 51552-3136

[email protected] TrauungsanmeldungAnna Jez 51552-3534

[email protected], AltenpastoralMo., Mi., Do., Fr. 8.00–10.00 Uhr

[email protected] Meran 51552-3544

[email protected] H. Gruber 51552-3531Altmatrikeneinsicht Do. 13.00–15.00 Uhr

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Domsakristei 51552-3536KirchenmeisteramtFührungsanmeldung 51552-3526

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DommusikDKpm Mag. Johannes Ebenbauer

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