Das AFS-Magazin zum Thema
Name
03
„Genießt jeden Atemzug. Vieles geht und kommt nie wieder. Vollkommene Momente dauern manch-mal nur Sekunden, doch die Erinnerung begleitet uns ein Leben lang.“
Fabienne, Argentinien 2006/07, Austauschschülerin
Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen.
Und wenn viele eine Reise unternehmen, dann kommen viele
inspirierende Geschichten zusammen.
Seit mittlerweile über 60 Jahren sammelt AFS Erfahrungen und
Eindrücke seiner Programmteilnehmer, die wir auf den folgenden Seiten
mit Ihnen teilen wollen.
Wir nehmen Sie mit in unsere Welt, zeigen Ihnen, was Austauschschüler,
Freiwillige, Gastfamilien und Ehemalige bewegt, ins Ausland zu gehen,
Jugendliche bei sich zu beherbergen und mit uns an der Entwicklung neuer
Programmformate und interkultureller Angebote zu arbeiten.
Wir bringen Sie ins Gespräch mit Förderern, Ehrenamtlichen und Mitarbei-
tern und machen so die AFS-Gemeinschaft, unseren Verein und unsere Vision
für Sie erlebbar. Lassen auch Sie sich auf den folgenden Seiten von AFS und
seiner Arbeit inspirieren.
Patrick Ulmer Mick Petersmann
Vereinsvorsitzender Geschäftsführer
03
Editorial
AFS inspiriert -- ein Leben lang
04
Inspiration
*Duden
Unter Inspiration (von lat.: inspiratio = Beseelung, Einhauchen von „spiritus“ = Leben, Seele, Geist) versteht man allge-meinsprachlich jene mentale Kraft, die neue Ideen hervorbringt.*
05
Inhalt
Kapitel 1 Auf die Reise gehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 06
Lauter gute Gründe für einen Jugendaustausch . . . . . . . . . . . . . . 07
Manchmal fühle ich mich so wie in meinem Austauschjahr . . . . 08
Neue Wege gehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 09
Kapitel 2Etwas anders machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Alles richtig gemacht? Ein Schuljahr in China . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Worauf es Personalverantwortlichen ankommt . . . . . . . . . . . . . . . 12
Was mir vorher nicht bewusst war – aus dem Alltag einer Gastfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Kapitel 3Grenzen überwinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Andere Länder, andere Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Help, I need somebody, help – der AFS-Kummerkasten . . . . . . . . 16
Gut gewappnet in die Welt – Betreuung bei AFS . . . . . . . . . . . . . . . 17
Kapitel 4Die Welt verändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Die Dinge von der positiven Seite betrachten . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Makasih, Jascha! Mit weltwärts in Indonesien . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Kapitel 5Nach Hause kommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Ein Austausch, der inspirierend und zuweilen auch lehrreich ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Starthilfe motiviert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Einmal AFS, immer AFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
AFS-Chronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Über AFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Kapitel 1
06
„Ich habe Erfahrungen gemacht, die man als gut behütetes Kind in einer mittelgroßen deutschen Stadt so nie machen kann. Ich bin
dadurch viel reifer und selbstständiger geworden.“
Sandra, Costa Rica 2008/09, Austauschschülerin
Kapitel 1 – Auf die Reise gehen
Auf dieReise gehen
07
Kapitel 1 – Auf die Reise gehen
Lauter gute Gründe für einen Jugendaustausch
1 Selbstständig werdenEin Auslandsaufenthalt bringt viele, teilweise sogar einzig-artige Erfahrungen mit sich. Damit machen Jugendliche einen wichti-gen Schritt in Richtung Selbststän-digkeit und Erwachsenwerden.
2 Sich selbst entdecken
Wer ins Ausland geht, ent-
deckt neue Seiten an sich.
Es ist zum Beispiel ein tolles Ge-
fühl, die Meinung anderer gelten
zu lassen und dennoch den eigenen
Standpunkt zu vertreten.
3 Die Welt entdeckenNur wer seine Heimat für eine Weile verlässt, lernt den Lebensalltag, die Sitten und Gebräuche des Gastlands kennen. Fremdes wird vertraut, das Ausland zur zweiten Heimat.
4 Freundschaften schließen
Die Menschen im Gastland,
die uns bei der Eingewöh-
nung helfen und den Alltag mit
uns teilen, werden schnell zu guten
Freunden, die man oft ein Leben
lang behält.
8 Weltoffenheit leben Sich für andere Kulturen zu interessieren, gilt heute
als selbstverständlich. Austausch-schüler nutzen die Chance, diese Meinung zu einer echten, gelebten Erfahrung zu machen – und profi-tieren davon ein Leben lang.
5 Grenzen überwinden Auch mit der besten Vor-bereitung wird vor Ort klar, dass man noch nicht alles über das Gastland weiß. Manche Erlebnisse führen an die eigenen Grenzen – und machen einen stärker.
6 Weichen stellen
Ein Auslandsaufenthalt för-
dert nicht nur Fremdspra-
chenkenntnisse, sondern auch Kom-
petenzen wie Anpassungsfähigkeit,
Toleranz, Flexibilität und Organi-
sationstalent – das zahlt sich auch
später im Berufsleben aus.7 Interkulturell handeln
Ist meine Geste unhöflich?
Ist es in Ordnung, an dieser
Stelle zu lachen? Wer im Ausland
lebt, kennt solche Situationen und
lernt, trotz Sprach- und Kulturbar-
rieren angemessene Lösungen zu
entwickeln.
08
Kapitel 1 – Auf die Reise gehen
„Manchmal fühle ich mich auf der ISS, als wäre ich mitten in meinem Aus-tauschjahr.“Der Physiker und Astronaut Hans Schlegel erzählt AFS im In-
terview, warum ein Schüleraustausch hilfreich sein kann, wenn
man hoch hinaus will.
Zur PersonHans Schlegel, 1951 in Überlingen geboren, ging als 17-Jähriger für ein Jahr zum Schüleraustausch in die USA. Nach dem Studium der Physik absol-vierte er eine Ausbildung zum Wissenschaftsastro-nauten im Deutschen Zentrum für Luft- und Raum-fahrt. Seine erste Reise ins Weltall unternahm er 1993 an Bord der Raumfähre Columbia. Schlegel gehört seither – wie die anderen deutschen Raum-fahrer auch – zur Europäischen Weltraumorgani-sation (ESA).
Warum wollten Sie überhaupt ins Ausland gehen?Ich war neugierig auf die Welt, traute mir aber nicht allzu viel außerhalb der Familie, der Schule und des Sportvereins zu. Da kam das Austauschjahr in einem anderen Land gerade recht: Ich kam in eine fremde Fami-lie, war aber doch abgesichert durch die zu-verlässige Auswahl und Organisation durch AFS. Ich habe mich damals eigentlich auf alle Aspekte des Austauschjahrs gefreut. Aber ich hatte auch richtig Lampenfieber und habe mir die Frage gestellt, ob ich wohl mit all den neuen Menschen und fremden Bedingungen und vor allem der fremden Sprache zurechtkommen würde.
Welche Fragen haben Sie vor allem vor Ihrer Ab-reise in die USA beschäftigt?Ich war sehr gespannt auf meine neue Fa-milie und gleichzeitig unsicher, wie das mit ganz fremden Menschen wohl funktioniert. Mich beschäftigte die Frage, ob es mir gelin-gen würde, Akzeptanz und Zuneigung bei fremden Menschen zu finden und Freund-schaften aufzubauen.
Wie haben Sie sich auf das Jahr vorbereitet?Es gab auch schon 1968 Vorbereitungssemi-nare. Als ich daran teilnahm, war ich sehr erleichtert, dass andere Austauschschüler ähnlich empfanden und meine Vorfreude, aber auch Bedenken teilten. Für mich war diese Vorbereitung der erste große Schritt in die Unabhängigkeit von meiner Familie.
Hat Ihr Austauschjahr Ihre berufliche Entschei-dung beeinflusst?Anfangs gar nicht. Aber als ich mich als deutscher und später sogar als europä-ischer Astronaut bei der Europäischen Raumfahrtagentur beworben habe, war ich mir sicher: Du kannst das, du arbeitest gerne mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zusammen! Dieses Selbstver-trauen und die „weltumarmende“ Erfah-rung als „AFSer“ haben mir die Bewerbung und die Annahme der Aufgabe leicht gemacht.
Sie haben mal gesagt, dass Sie immer noch jeden Tag von Ihrem Auslandsjahr profitieren. Ja, das stimmt. Ich erlebe das beispielswei-se bei meiner Arbeit auf der Internationa-len Raumstation (ISS). Wenn Kollegen aus zehn verschiedenen Ländern auf engem Raum zusammen arbeiten und leben, spie-len Tugenden wie Offenheit, Toleranz und die Wertschätzung anderer Meinungen eine ganz entscheidende Rolle. Ich fühle mich dann manchmal so, als wäre ich mitten in einem AFS-Austauschjahr. Eines nimmt wohl jeder Austauschschüler als Er fahrung mit: Dass wir trotz unserer unterschiedli-chen Sprachen, Kulturen und Persönlich-keiten zu Freunden werden kön nen.
09
Kapitel 1 – Auf die Reise gehen
… sich zu verlaufen.Das Festhalten an bekannten Verhal-tens- und Gesellschaftsregeln ist in einem fremden Land kaum möglich. Schnell kann es zu Situationen kom-men, in denen das eigene, für „ange-messen“ gehaltene Verhalten von an- deren als unpassend oder sogar unhöf-lich wahrgenommen wird.
So wie eine neue Sprache müssen die Werte, Traditionen und Normen der fremden Kultur erlernt werden, um sich im Gastland in einer neuen Fa-milie und Schule einleben zu können. Dafür benötigen Jugendliche Ausdauer und Geduld. Haben sie diese Hürden erst einmal bewältigt, gehen sie ge-stärkt und gereift aus dem Austausch hervor.
… die Richtung zu ändern.
„Man kann besser mit Menschen um-gehen, wenn man einmal in der Frem-de der Fremde war“, sagt Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs der Axel Springer AG. Erst wenn man selbst mit Herausforderungen konfrontiert wird, denen sich in der eigenen Heimat sonst nur der Frem-de stellen muss, wird klar, wie wichtig gegenseitige Toleranz und Akzeptanz sind.
Die von 2002 bis 2004 an der Ame-rican University in Washington D. C. durchgeführte „Educational Results Study“ belegt, dass Austauschschüler eine deutlich höhere soziale Kompe-tenz haben als ihre zu Hause gebliebe-nen Mitschüler. Auch nehmen diffuse Ängste vor fremden Kulturen durch ei-nen Austausch ab. Darüber hinaus ent-stehen interkulturelle Freundschaften und Netzwerke, globale Zusammen-hänge werden besser verstanden.
… über sich hinauszuwachsen.
Ehemalige Austauschschüler schil-dern, dass sie sich nun konkrete Zie-le setzen und sicher sind, diese auch zu erreichen. Wer begriffen hat, dass alle Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe, Nationalität und Religion gleichermaßen wertvoll sind, spürt die Freundschaft, Zuneigung und Herz-lichkeit der fremden Kultur und kann sie an andere weitergeben.
… weiter zu gehen.
Oft verändert ein Auslandsaufenthalt den weiteren Lebensweg. Viele Ju-gendliche sind nach ihrer Rückkehr in der Schule motivierter. Realschüler, die eigentlich eine Ausbildung machen wollten, wechseln aufs Gymnasium und studieren anschließend. Andere wiederum streben eine Karriere und ein Leben im Ausland an.
Neue Wege gehen bedeutet ...Der Entschluss, einen Austausch zu absol-
vieren, ebnet vielen Jugendlichen und jungen
Menschen den Weg für neue Erfahrungen,
andere Sichtweisen und wertvolle Erkennt-
nisse über die eigene Persönlichkeit.
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Kapitel 2 – Etwas anders machen
Kapitel 2
Etwas anders machen
„Ich wollte etwas anderes ausprobieren und mich von der Masse abheben. Deshalb habe ich bei meiner Auswahl asiatische Länder wie China,
Malaysia, Indonesien und Thailand sowie Ägypten angekreuzt.“
Christian, China 2007/08, Austauschschüler
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Kapitel 2 – Etwas anders machen
Ich habe gelernt, dass das Einzige, was uns Menschen wirklich voneinander unterscheidet, unsere Werte und Traditionen sind. Trotzdem ist es auch inte-ressant zu sehen, wie sich bestimmte Vorurteile bewahrheiten: Vor meinem Jahr habe ich China und Asien immer mit vollen U-Bahnen in Verbindung gebracht. Und auf einmal war ich mittendrin in Schanghai — mit endlosen unterirdischen Gängen, durch die Tausende von Chinesen strömen, sich kurz verstohlen von der Seite mustern, um wieder im Menschenstrom zu verschwinden. All das wirkte unheimlich und anonym.Während ich am Anfang etwas ängstlich und unsicher war, ob die Entscheidung für China richtig ist, bin ich mir heute sicher: Es war eine außergewöhnliche Erfahrung, die ich so immer wieder wiederholen würde!
Alles richtig gemacht?Vor über einem Jahr versuchte sich Paul* an etwas ganz Großem: sich ganz selbstver-
ständlich in die chinesische Kultur einzuleben. Wie und ob ihm das in Schanghai gelun-
gen ist, schilderte er uns in seinem Erfahrungsbericht.
*Pauls Erfahrungsbericht wurde gekürzt und redaktionell aufbereitet.
Zu Beginn meines Aufenthalts in China habe ich mich
dauernd gefragt, ob ich eigentlich „drin“ bin in der neuen Kultur.
Spreche ich schon so gut Chinesisch, wie ich es sollte? Mache ich eigentlich
die Erfahrungen, die ein AFS-Austauschschüler machen sollte? Nutze ich mein
Jahr auch richtig? Heute weiß ich, dass man ein Auslandsjahr gar nicht „falsch“
nutzen kann. Denn all die kleinen, manchmal auch peinlichen Momente füh-
ren mir jetzt umso mehr vor Augen, wie viel ich eigentlich gelernt habe.
Wie zum Beispiel bei einem Mittagessen mit meiner Klas-senlehrerin, meinem Schulleiter und anderen wichtigen
Menschen. Während des Essens fragte mich meine Klas-senlehrerin, Frau Jiang, ob es denn stimme, dass wir in
Deutschland gerne Steak essen. Ohne weiter darüber nachzuden-
ken, und weil ich nicht unhöflich sein wollte, antwortete ich mit Ja. Da Frau
Jiang eingeladen hatte, bestellte sie gleich Steak. Allerdings hatten wir zu diesem
Zeitpunkt bereits Essen bestellt und waren schon fast fertig damit, als das Steak
kam. Daher blieb leider sehr viel Essen übrig. Das fand Frau Jiang nicht so beson-
ders, sagte aber natürlich kein Wort. Oft habe ich danach noch peinlich berührt an
dieses Mittagessen zurückgedacht und mich über mich selbst geärgert. Mittlerweile
ist mir klar, dass wohl jedem Austauschschüler so etwas passieren kann.
Wenn ich heute an meinen Alltag,
meine Schule und meine Gastfamilie zurück denke, erken-
ne ich, dass sich erst mit der Zeit ein ganz besonderer Zau-
ber entfaltet hat. Morgens auf dem Sportplatz zu stehen
und die chinesische Flagge zu besingen, war am Anfang
extrem seltsam. Immerzu habe ich mich gefragt, ob das
eigentlich „richtig“ ist. Jetzt ist mir bewusst, wie stark mich
solche Momente beeindruckt haben.
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Kapitel 2 – Etwas anders machen
Worauf es Personalverantwortlichen wirklich ankommt Thomas Wagner, Ausbildungsleiter bei der Adolf Würth GmbH & Co. KG, erklärt, warum
ein Schüleraustausch unabhängig vom Schulzweig für die berufliche Zukunft von Schü-
lern hilfreich sein kann.
Zur Person
Thomas Wagner machte nach acht Jahren als
Zeitsoldat in der Flugsicherung seinen Abschluss
als staatlich geprüfter DV-Betriebswirt. Seit 1991
ist der gebürtige Freiburger bei der Adolf Würth
GmbH & Co. KG tätig. Als Ausbildungsleiter ist
er für 400 Auszubildende in über 20 Berufen
zuständig. Die Adolf Würth GmbH unterstützt seit
einigen Jahren den AFS-Schüleraustausch mit Sti-
pendien.
Herr Wagner, Sie sprechen mit vielen unter-schiedlichen Bewerbern – was sollte Ihr „Wunsch-kandidat“ mitbringen?Für mich gibt es keinen typischen „Wunsch- kandidaten“. Wichtig ist es, die Stärken je-des Einzelnen herauszufinden und zu för-dern. Und wir wollen wissen, ob Bewerber eine genauere Vorstellung von ihrer beruf-lichen Zukunft haben.
Gibt es Unterschiede zwischen Bewerbern mit und ohne Auslandserfahrung?Jugendliche mit Auslandserfahrung un-terscheiden sich von ihren Altersgenos-sen vor allem durch eine gereifte Persön-lichkeit. Gerade die Selbstständigkeit, die ein längerer Auslandsaufenthalt erfordert und fördert, stärkt das Selbstbewusstsein eines jungen Menschen. Die Unsicherheit vor Unbekanntem, die beispielsweise ein Ausbildungsbeginn auslösen kann, ist bei ehemaligen Austauschschülern meist we-niger ausgeprägt. Sie sind oft neugieriger und mutiger, wenn es darum geht, sich mit Neuem auseinanderzusetzen.
Muss ein Bewerber heute zwingend über Auslands- erfahrung verfügen?Personalverantwortlichen in den Unterneh- men geht es bei Bewerbern um Engage-ment, Eigenständigkeit und Teamfähigkeit. Neben klassischen Kriterien wie die Mit-gliedschaft in einem Verein, Praktika und Ferienjobs werden auch Auslandserfah-rungen als wichtiges Unterscheidungskri-terium herangezogen. Wer auf sich allein gestellt ein ganzes Jahr im Ausland ver-bracht und sprachliche, soziale und inter-kulturelle Kompetenzen erworben hat, stei-gert seine Chancen auf eine Lehrstelle.
Für welche Berufe sind interkulturelle Kompeten-zen besonders wichtig?Vor allem für kaufmännische Berufe sind interkulturelle Kompetenzen erforderlich. Durch die Globalisierung sind aber auch immer mehr technische und gewerbliche Fachkräfte gefragt, die interkulturell ge-schult sind. Ich gehe davon aus, dass in Zukunft Berufsstände wie zum Beispiel Mechatroniker in ausländischen Märkten Aufbauhilfe leisten und zur Qualifikation einheimischer Arbeitskräfte beitragen. Da-für sind kommunikative und interkulturel-le Kompetenzen unabdingbar.
Was empfehlen Sie Jugendlichen, die ins Ausland wollen?Jugendliche sollten sich bei der Auswahl nicht nur auf Länder wie die USA und Aus-tralien konzentrieren, sondern den Mut haben, beispielsweise auch ein Jahr in Süd- oder Mittelamerika, in Osteuropa, in Asien oder in Afrika in Betracht zu ziehen. Das sind die Wachstumsregionen weltweit. Sich in diesen Kulturen bewegen zu können, ist ein unschätzbarer Vorteil für die berufliche Entwicklung.
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Kapitel 2 – Etwas anders machen
„Was mir vorher gar nicht bewusst war“Auszüge aus dem Tagebuch der Gastmutter
Petra Kanters.
15 JANUAR
Vor ein paar Wochen haben wir uns ent- schlossen, eine Gasttochter aus Costa Rica bei uns aufzunehmen. Die letzten Wochen habe ich mit meinem Mann und unseren zwei Kindern viel Zeit damit verbracht, im Internet Informationen über das Land, die Menschen und ihre Gepflogenheiten zu sammeln. Hoffent-lich wird sich unsere Gasttochter bei uns wohlfühlen!19 JANUAR
Heute haben wir das erste Mal mit unserer Gasttochter Doris telefo-niert. Sie klang sehr nett und hat viel über sich und ihr Leben in Cos-ta Rica erzählt. Obwohl wir schon E-Mails und Fotos ausgetauscht hat-ten, konnten wir im Telefonat doch viel mehr Persönliches übereinander er-fahren. Es hat mich beruhigt, dass Do-ris mindestens genauso aufgeregt ist wie wir.
08 FEBRUAR
Doris ist erst zwei Wochen in Deutsch-land, aber sie gehört schon jetzt zu un-serer Familie. Ich glaube, wir haben schon lange nicht mehr so viel er-zählt und gelacht! Es ist erstaunlich, wie viele Deutschkenntnisse Doris mit- bringt und wie schnell sie lernt. Jedes neue Wort und jeden Ausdruck spei-chert sie sofort ab.02 MÄRZ
Letzte Woche hatten wir unser erstes Komiteetreffen mit allen neuen Aus-tauschschülern. Es ist rührend, die vielen neuen Gesichter zu beobachten, die voller Enthusiasmus das vielleicht spannendste Jahr ihres Lebens be-ginnen und hoch motiviert sind. Wir Gasteltern saßen mindestens eben-so aufgeregt dazwischen und haben uns über unsere Gastkinder ausge-tauscht.
06 APRIL
Kurz vor Ostern bekam Doris ein ge-färbtes Ei geschenkt. Sie drehte es eine Weile unschlüssig in der Hand hin und her. Ich dachte, die vielen ge-schmückten Sträucher in den Gärten und mein Osterkranz an der Haustür wären selbsterklärend. Richtig ver-standen hatte sie das mit Ostern je-doch nicht. Also erzählte ich ihr die Geschichte vom Osterhasen, der Eier versteckt. Auch wenn ich es hätte bes-ser wissen müssen: Wir empfinden unsere Bräuche als selbstverständlich und vergessen manchmal, wie fremd sie auf andere wirken müssen.
17 FEBRUAR
Überall im Haus kleben jetzt klei-ne Zettel mit deutschen Begriffen. Manchmal passiert es mir, dass ich einfach so auf Deutsch losplappere und mich erst dann frage, ob Doris mich überhaupt versteht. Erstaun- licherweise kriegt sie das meiste von unseren Gesprächen schon mit. Ich wette, dass es nur eine Frage von Ta-gen ist, bis sie alles auf Deutsch erzäh-len wird.
13 JULI
Doris hat festgestellt, dass Wetter-vorhersagen den Deutschen anschei-nend sehr wichtig sind. Ständig werde sie nach dem Wetter gefragt und andau-ernd machten die Leute ihre Planung vom Wetter abhängig. In Costa Rica in-teressiere sich niemand für Wettervor-hersagen. Mir ist das vorher nie auf-gefallen, aber sie hat Recht. Wenn man einmal darauf achtet, werden uns die Unterschiede im Alltag unserer beiden Heimatländer mehr und mehr bewusst. Ich kann unser eigenes Leben mit allen Vor- und Nachteilen viel besser erkennen und reflektieren.
01 JULI
Wir haben eine tolle Zeit während der Fußball-WM. Es ist schön zu se-hen, wie Doris mit den südameri- kanischen Teams mitfiebert, aber auch die Deutschen anfeu-ert. Alle Abläufe in unserer Fa-milie sind ihr nun vertraut. Im Haushalt ein wenig mitzuhel-fen, ist für sie selbstverständ-lich. Damit beeindruckt sie nicht nur mich, sondern auch ihre Gastgeschwister.
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Kapitel 3 – Grenzen überwinden
Kapitel 3
„Manchmal dachte ich, dass ich nie die thailändische Sprache lernen würde. Aber es ist wirklich unglaublich, wie schnell man eine Sprache
lernen kann, wenn man jeden Tag damit konfrontiert wird.“
Lisa, Thailand 2006/07, Austauschschülerin
Grenzenüberwinden
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Kapitel 3 – Grenzen überwinden
Wer sich länger in einem anderen Land aufhalten und nicht
in interkulturelle Fettnäpfchen treten will, sollte sich im Vor-
feld unbedingt mit den dortigen Werten, Normen und Ge-
bräuchen vertraut machen. Beispiele gefällig?
Andere Länder, andere Sitten
PolenIn Polen wird eine
Frau auch heute noch mit einem angedeuteten Handkuss
begrüßt. Diese Geste bringt ein Höchstmaß an Respekt und Höflichkeit zum Ausdruck. Die
Hand wegzuziehen käme einem Fauxpas gleich.
UgandaVorsicht mit gemütli-
chen Grill- und Lagerfeuern im Vorgarten! In Uganda zeigt ein
Feuer vor dem Haus einen Todesfall in der Familie an. Wer auf die typisch
deutsche Lagerfeuerromantik nicht verzichten möchte, sollte sich also
besser auf Kondolenzbesuche von den Nachbarn einstel-
len.
ChinaGeschenke werden in
China nicht sofort nach Erhalt, sondern erst zu Hause in aller
Ruhe ausgepackt. Bedankt wird sich dann in Form eines Gegengeschenkes, das üblicherweise den gleichen Wert hat. Um diesen besser einordnen zu
können, bleibt das Preisschild in der Regel am Geschenk.
Australien
Reisende in Australien sollten besonders auf ihre (Hand-)Gestik achten. Das „Victoryzeichen“ zum
Beispiel hat auf dem fünften Konti-nent die gleiche Bedeutung wie bei uns
der gestreckte Mittelfinger. Auch der Tramperdaumen wird in Australien nicht gerne gesehen. Diese Geste
bedeutet so viel wie „Verpiss dich!“.
JapanIn Japan ist es üblich,
den Gästen beim Essen so oft einen Nachschlag zu rei-
chen, solange diese ihren Teller leer essen. Wer signalisieren möchte, dass er satt ist, sollte
einen Essensrest auf dem Teller übrig lassen.
Südamerika
In vielen südamerikanischen Ländern gilt es als unhöflich, ei-
nige Minuten zu früh oder pünktlich zu einer Einladung zu erscheinen.
Man lässt dem Gastgeber immer etwas mehr Zeit, um ihn nicht unvorbe-
reitet anzutreffen oder bei den Vorbereitungen zu stören.
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Kapitel 3 – Grenzen überwinden
„Help, I need somebody, help!“Für längere Zeit im Ausland leben bedeutet,
sich mit anderen Denk- und Verhaltenswei-
sen sowie fremden Gepflogenheiten ausei-
nanderzusetzen. Das stellt viele Programm-
teilnehmer vor große und kleine Fragen. Das
AFS-Team beantwortet hier einige der häu-
figsten Fragen.
AFS-Kummerkasten
Theresa, 15:
Liebes AFS-Team, obwohl ich schon seit fast zwei Monaten in meinem Gastland bin und es
hier wirklich toll ist, vermisse ich meine Familie und meine Freunde aus Deutsch-land immer noch total. Was kann ich tun, damit ich kein Heimweh mehr habe?
Liebe Theresa,
es ist ganz normal, dass du in der ersten Zeit deine Familie und deine Freunde sehr vermisst. Schließlich hast du einen großen Schritt gemacht und wirst eine Weile in einem dir noch fremden Land leben. Gib dir selbst etwas Zeit, um die neuen Eindrücke zu verarbeiten und dich einzugewöhnen. Vielleicht hilft es dir auch, ein Tagebuch zu führen. So be-kommst du den Kopf frei. Außerdem kannst du dir damit auch immer wieder vor Augen führen, was du schon alles erlebt und welche Herausforderungen du bisher gemeistert hast!
Unser Tipp: Besser nicht zu häufig mit zuhause telefonieren oder chatten, denn das verstärkt das Heimweh oft nur zu-sätzlich. Suche lieber Kontakt zu anderen Austauschschülern oder den AFS-Betreuern. Sie kennen deine Situation und ha-ben meistens ähnliche Erfahrungen gemacht.
Christian, 17:
Meine Gasteltern engen mich total ein! Immer wollen sie wissen, wohin ich gehe und mit wem ich unterwegs bin. Auch wenn ich ih-nen versichere, dass meine neuen Freunde in Ordnung sind, lassen sie nicht locker!
Lieber Christian,
es ist sicherlich manchmal nervig, deine Gasteltern über je-den Schritt auf dem Laufenden zu halten – und noch viel mehr: sie um Erlaubnis für Verabredungen zu fragen, die zuhause ganz selbstverständlich sind. Aber versuche auch, deine Gasteltern zu verstehen: Sie tragen für die Dauer deines Aufenthalts die Verantwortung für dich und wollen sichergehen, dass es dir gut geht.
Unser Tipp: Schlage deinen Gasteltern vor, eine Grillparty zu veranstalten, bei der sie deine Freunde kennen lernen kön-nen. Das stärkt euer Verhältnis und signalisiert deinen Gast-eltern, dass du ihre (Für-)Sorge verstehst und annimmst.
Liebe Sarah,
in vielen Ländern ist das Internet noch nicht so flächendeckend verbreitet wie bei uns in Deutschland.
Versuche, die Onlinepause auch als Chance zu betrachten: Unternimm viel mit deiner Gastfamilie, engagiere dich au-ßerschulisch oder triff dich mit anderen Austauschschülern. Das Internet kannst du bestimmt hin und wieder auch in der Schule nutzen oder im Internetcafé.
Unser Tipp: Poste deinen Freunden auf facebook einfach, dass du während deines Austauschs nicht regelmäßig online bist und nur ab und zu von deinem neuen Leben berichten wirst.
Sarah, 16:
Meine Gasteltern haben kein Internet. Ich fühle mich von der Außenwelt ausgeschlossen und vermisse meine Freunde auf facebook!
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Kapitel 3 – Grenzen überwinden
Interview mit Birte Vehrs, Teamleiterin
Sending-Betreuung bei AFS.
Gut gewappnet in die Welt
AFS ist die individuelle Betreuung der Programm-teilnehmer sehr wichtig. Warum?Die Jugendlichen befinden sich noch mit-ten in der eigenen Entwicklung. In der Re-gel waren sie auch noch nie länger von zu Hause weg und haben noch nicht in einer ihnen fremden Kultur gelebt. Sie benötigen deshalb gezielte Unterstützung, damit sie an dieser großen persönlichen Herausfor-derung tatsächlich wachsen und die Welt anders als vorher wahrnehmen können.
Ab wann werden die Jugendlichen betreut?Unsere Betreuung beginnt bereits vor der Abreise. In mehreren Wochenendsemina-ren werden die Jugendlichen auf das jewei-lige Gastland und die dortige Kultur vorbe-reitet. In der Eingewöhnungsphase werden die Teilnehmer im Rahmen von Einfüh-rungstreffen und in Gesprächen von AFS-Betreuern unterstützt.
Die Intensität der weiteren Betreuung richtet sich nach den individuellen Be-dürfnissen oder Schwierigkeiten der Teil-nehmer. Einigen reicht ein monatlicher Kontakt und das Wissen, wie man die Be-treuer erreichen kann, andere wiederum benötigen phasenweise ganz engen Kon-takt. Auch nach ihrer Rückkehr werden die Jugendlichen von uns begleitet. Diese Nachbereitungen sind wichtig, denn oft werden die mit der Rückkehr verbundenen Anpassungsleistungen und interkulturel-len Lernprozesse unterschätzt.
Wie wird die Betreuung der Jugendlichen durch AFS im Ausland sichergestellt?Neben den AFS-Büros arbeiten in jedem Gastland erfahrene ehrenamtliche Mitar-beiter, die in direktem Kontakt zu den Ju-gendlichen stehen. Außerdem gibt es in jedem Partnerland ein Notfalltelefon, das täglich 24 Stunden erreichbar ist. Bei Pro-blemen vermittelt auch jederzeit unsere AFS-Zentrale in Hamburg.
Welche Probleme tauchen am häufigsten auf?Die Fälle, in denen es um Anpassungs-probleme geht. Wobei die Gründe hierfür vielfältig sind: unterschiedliche Erwartun-gen von Gastfamilie und Gastschüler, unge-wohnte Umgangsformen, Sprachprobleme, Heimweh.
Nach welchen Kriterien wird ein Austauschschü-ler in eine Gastfamilie vermittelt?AFS versucht immer, eine möglichst große Übereinstimmung zwischen den Erwartun-gen der Gastfamilie und denen der Jugend-lichen zu finden. Dies ist allerdings nur „nach Papierlage“ möglich. In den meisten Fällen funktioniert das aber sehr gut. Sollte es dennoch einmal nicht passen, ist es Auf-gabe der Betreuer, zu klären, ob die Schwie-rigkeiten überwunden werden können und Vertrauen zueinander gefasst werden kann oder ob ein Familienwechsel notwendig ist.
Kommt es häufig vor, dass Jugendliche ihren Auslandsaufenthalt vorzeitig beenden?Die Abbrecherquote liegt bei circa 5 Prozent, das ist sehr niedrig. Also nein, die meisten halten durch und sind am Ende auch sehr stolz darauf.
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Kapitel 4 – Die Welt verändern
Kapitel 4
Die Welt verändern
„weltwärts ist nicht Entwicklungshilfe. Es ist Entwicklungspolitik. Ein scheinbar kleiner Unterschied, aber letztendlich sind es Welten. Wenn es hoch
kommt, werdet ihr das Leben von ein paar Menschen verändern. Ihr werdet keinesfalls das Antlitz der Welt verändern. Aber darum geht es nicht. Ihr werdet Deutschland repräsentieren und Menschen eine Perspektive aufzeigen. Kleine Schritte vorwärts
sind auch Schritte vorwärts.“
Jascha, Indonesien 2008/09, Freiwilligendienst-Teilnehmer
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Kapitel 4 – Die Welt verändern
So wie der 41-jährige Theo Ripplinger, der für zwei-einhalb Jahre als Geschäftsführer von AFS Südafrika in Johannesburg tätig war. Bevor Ripplinger 2008 nach Südafrika ging, hatte er zuvor einige Jahre für AFS in Deutschland gearbeitet. An der neuen Posi-tion reizten ihn vor allem die große Verantwortung und die mit seiner Arbeit verbundenen spannenden Herausforderungen.
Um einen besseren Eindruck von der AFS-Arbeit in Südafrika zu bekommen, sprach er mit vielen ehren-amtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern über ihre persönlichen Erlebnisse, besuchte Schulen und traf Vertreter lokaler Verbände und Institutionen. Neben der Unterstützung der Ehrenamtlichen hat er den Ausbau der Programmarbeit sowie die Suche nach Einsatzprojekten für den Freiwilligendienst weltwärts vorangetrieben.
Zu seinen ersten Aha-Erlebnissen im südafrikani-schen Arbeitsumfeld zählten die ungewohnten hie-rarchischen Strukturen. Diese sind – anders als in Deutschland – sehr ausgeprägt und spielen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld eine wichtige Rolle: Alter vor Jugend, Chef vor Mitarbei-ter, Mitarbeiter vor Praktikant. Für den Büroalltag heißt das: es wird deutlich mehr kontrolliert, und es werden deutlich weniger Entscheidungen auf der Mit-arbeiterebene getroffen. „Ich hatte deshalb befürch-tet, dass es unter Mitarbeitern und Ehrenamtlichen wenig Eigeninitiative gibt“, erinnert sich Ripplinger. „Ich habe etwas Zeit gebraucht, um zu verstehen, dass selbstverantwortliches Arbeiten, individuelle Kreativität und Hierarchien einander nicht ausschlie-ßen müssen. Man muss ausreichend Raum für Eigen-
initiative schaffen und bestehende Hierarchien sanft auflockern, ohne beispielsweise den Respekt vor den Älteren über Bord zu werfen.“
Am Ende seines Aufenthalts hat nicht nur Ripplinger dazugelernt. Viele Ehrenamtliche wurden von seinem Einsatz inspiriert und haben mehr Verantwortung für AFS übernommen – ein Ergebnis, das ihn auch heute noch freut.
Erfreut ist Ripplinger ebenso über ein neues, inneraf-rikanisches Austauschprogramm von AFS, das er mit auf den Weg brachte. Das Programm bietet jungen Südafrikanern und Mosambikanern zwischen 18 und 25 Jahren die Möglichkeit, einen Freiwilligendienst im jeweiligen Nachbarland zu absolvieren. Ziel ist es, die regionale Identität im südlichen Afrika zu fördern und aktiv zu einer friedlichen Entwicklung in der Re-gion beizutragen. Das Programm wurde als Reaktion auf die fremdenfeindlichen Übergriffe von Südaf-rikanern auf afrikanische Zuwanderer im Frühjahr 2008 konzipiert und ist derzeit einzigartig auf dem afrikanischen Kontinent.
Ripplinger blickt gerne auf seine Zeit in Südafrika zurück: Er hat gelernt, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und immer daran zu glauben, dass Han-deln zum Erfolg führen wird. Und er hat gelernt, dass Schicksalsschläge auch Chancen bedeuten können. „Ich stelle an mir selbst fest, dass ich nun häufiger als früher die positive Seite der Dinge sehen kann. Mein Abschied war mit ein bisschen Wehmut verbun-den, aber auch mit dem Gefühl, dass mich meine Ar-beit erfüllt und dass mir das Leben in Südafrika gut gefallen hat“, so Ripplinger.
Südafrika ist nicht nur ein wunderschönes
Land, sondern mit seiner vielschichtigen
Geschichte und dem Aufeinandertreffen
verschiedener Völker, Sprachen und Tra-
ditionen auch eine echte multikulturelle
Erfahrung. Für Urlauber, aber vor allem
auch für all jene, die schon einmal länge-
re Zeit in Südafrika gearbeitet haben.
Die Dinge von der positiven Seite betrachten
Das sind Putu Ayu Novitry Ariany aus In-donesien und ich, Gesine Nitzschke aus Deutschland. Wir haben das YCM 2002 ge-gründet. Alles begann damit, dass ich mit meiner Familie 2000 nach Bogor zog. Putu war damals die Englisch- und Mathetutorin meiner Tochter und hatte ein Stipendium für Australien in der Tasche. Als ihre Mut-ter durch einen Schlaganfall zum Pflegefall wurde, musste Putu diesen Traum aufgeben.
Ich half damals in einer Behin-dertenschule aus und hatte die Idee, die leer stehenden Räume am Nachmittag für Englischunterricht zu nutzen. Ich schlug Putu vor, die Miete zu zahlen, wenn sie die Schüler unterrichten würde. Wir fingen mit zwölf Schülern aus sehr armen Familien, drei ausrangierten Computern und einem Extraraum für Nähmaschinen an. Heute sind wir eine eingetragene, anerkannte Stiftung in Indonesien: mit eigenem Gebäu-de, voll aus- gestattetem Computer-raum, Näh- we r k s t a t t und einem Sport- und Spielplatz.
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Kapitel 4 – Die Welt verändern
Makasih*, Jascha!Jascha absolvierte seinen Zivildienst als Teilnehmer des weltwärts-Programms. Für 12
Monate arbeitete er im Yayasan Cipta Mandiri (YCM), einer Stiftung zur Schaffung von
Unabhängigkeit in Indonesien. Seine Chefin Gesine Nitzschke erinnert sich.
Das ist Jascha. Jascha hat sich entschieden, seinen Zivildienst im Ausland zu absolvie-ren. Eigentlich wollte Jascha nach Costa Rica — aber wir waren mehr als froh, dass er zu uns geschickt wurde!
Von August 2008 bis August 2009 arbeitete Jascha bei
uns im Yayasan Cipta Mandiri.
Das Projekt befindet sich in Bogor — ein Bezirk innerhalb der 24-Millionen-Metropole Jakarta, also ei-ne urbane Gegend Indonesiens.
Jeder gewinnt Seit 2009 ist die Stiftung eine anerkannte Ein-satzstelle im entwicklungspolitischen Freiwilligen- dienstprogramm weltwärts. Als Trägerorganisation entsendet AFS Freiwillige in das Projekt. Die Arbeit der Freiwilligen wird vor Ort sehr positiv aufge-nommen. Die jungen Indonesier interessieren sich sehr für westliche Denk- und Lebensweisen. Sie tauschen sich gegenseitig aus und verbringen ihre freie Zeit miteinander. Aber auch die Freiwilligen profitieren von dieser Erfahrung: Im täglichen Miteinander lernen sie die kulturellen Unterschie-de, den Lebensalltag und die Gebräuche besser kennen und verstehen. *Danke schön, Jascha!
Indien
Indonesien
Australien
Thailand
Malaysia
Indischer Ozean
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Kapitel 4 – Die Welt verändern
Derzeit lernen rund 150 Schüler im YCM. Sie sind zwischen 10 und 25 Jahre alt und kommen meist aus Familien, die kein Schulgeld für den Besuch einer staatlichen Schule aufbringen können. Das Angebot des YCM soll verhindern, dass sie auf der Straße landen. Außerdem soll den Schülern Wissen vermittelt, ihr Selbstbewusstsein gestärkt und ihre Kompetenzen gefördert werden.
Zehn indonesische Tutoren arbeiten ehrenamtlich für unsere Ein-richtung. Die Tutoren vermitteln Allge-meinbildung und Computerkenntnisse, sie unterrichten Englisch und Sport und bringen den Schülern Nähen, Kochen und — wichtig im ländlichen Indonesien — das Kompostieren bei. Und sie sind auch Ver-trauenspersonen und haben immer ein of-fenes Ohr für die Anliegen der Kinder und Jugendlichen.
Seit 2007 arbeiten außerdem Freiwillige wie Jascha im YCM. Zurzeit unterstützen uns zwei weltwärts-Teilnehmer aus Deutschland,
zwei Freiwillige aus Australien und eine Freiwillige aus Indonesien.
Jascha hat im YCM Englisch unterrich-tet und mit den Kindern und Jugendlichen in Seminaren Motivation und Selbstbe-wusstsein trainiert. Außerdem hat er uns im Büro unterstützt und eine Datenbank für die Büroorganisation aufgebaut.
Am Anfang hatte Jascha mit Heimweh zu kämpfen. Wir haben daraufhin in Work-shops mit Freiwilligen und Tutoren viel über den Auslandsaufenthalt und den Um-gang mit kulturellen Unterschieden ge-sprochen. Einmal haben wir alle gemein-sam eine Raftingtour unternommen, das hat das Teamgefühl unglaublich gestärkt!
Der Abschied fiel dann auch allen ziemlich schwer: Viele Schüler und ehemalige Schü-ler, Tutoren und Mitarbeiter kamen zu-sammen, um Jascha mit einem herzlichen „Selamat Jalan!“ auf Indonesisch zu verab-schieden. Jede Klasse hatte etwas für Ja-scha vorbereitet: Es wurden Gedichte vor-getragen, Lieder gesungen, Schüler haben Theater gespielt, getanzt und Reden gehal-ten. Kurz: ein toller Abend zum Abschluss einer tollen Zeit.
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Kapitel 5 – Nach Hause kommen
Kapitel 5
„Die Möbel in meinem Zimmer habe ich nach meiner Rückkehr umgestellt, denn ich bin irgendwie auch eine andere Person geworden. Vielleicht einfach eine Mischung aus einer Brasilianerin und einer Deutschen, vielleicht bin ich
auch einfach endlich ich selbst geworden.“
Greta, Brasilien 2005/06, Austauschschülerin
Nach Hausekommen
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Kapitel 5 – Nach Hause kommen
Ein Austausch, der inspirierend und zuweilen auch lehrreich istProf. Dr. Michael Zerr, Präsident der privaten Karlshochschule, zur Ko-
operation mit AFS und warum ehemalige Austauschschüler eine ganz
besondere Atmosphäre schaffen.
Zur Kooperation
Die private, gemeinnützige Hochschule Karlshoch-
schule International University schreibt seit 2009
gemeinsam mit AFS Stipendien für den dreijährigen
Bachelorstudiengang „Interkulturelles Management
und Kommunikation” aus. Zielgruppe sind unter
anderem ehemalige AFS-Programmteilnehmer. Die
gemeinsam von der Karlshochschule und AFS ausge-
richtete, englischsprachige Sommerakademie rich-
tet sich an Studierende in Bachelorstudiengängen.
Behandelt werden Themen wie interkulturelle Kom-
munikation, Arbeiten in interkulturellen Teams und
Kulturen sowie interkulturelle Konflikte.
Die Karlshochschule schreibt seit 2009 gemein-sam mit AFS Stipendien für den dreijährigen Bachelorstudiengang „Interkulturelles Manage-ment und Kommunikation“ aus. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit AFS?Zwei Lehrbeauftragte unserer Hochschule sind AFS verbunden. Sie engagieren sich ehrenamtlich im Verein oder waren selbst Austauschschüler. In diesem Zusammen-hang entstand die Idee, eine professionelle Kooperation mit AFS aufzusetzen. Die Re-sonanz auf das Angebot war von Anfang an außerordentlich groß, so dass wir uns schnell entschlossen haben, zehn weitere Teilstipendien zu vergeben.
Welches Resümee ziehen Sie aus der Zusammen-arbeit mit AFS? Der Studiengang ist mittlerweile unser „Pa-radestudiengang“. Unter den Teilnehmern herrscht eine ganz besondere Atmosphäre — der Unterricht ist von einer enormen Of-fenheit und Motivation geprägt. So etwas er-lebt man als Dozent nicht sehr häufig. Auch unsere Arbeit wurde durch die Studenten und ihre besonderen Erfahrungen und Sichtweisen auf fachlicher und mensch-licher Ebene bereichert. Unsere Dozenten schwärmen vom gegenseitigen Austausch, der inspirierend und zuweilen auch für uns selbst durchaus lehrreich ist.
Welche Ziele verfolgen Sie mit der dreiwöchigen Sommerakademie, die Sie gemeinsam mit AFS auf die Beine gestellt haben?Die Sommerakademie ist eine Fortbildungs-veranstaltung, mit der wir theoretische und pragmatische Ziele verfolgen. Zum einen möchten wir uns gemeinsam mit AFS als Anbieter für interkulturelle Begegnungen positionieren. Zum anderen wollen wir na-türlich mehr Teilnehmer für unsere Studi-engänge gewinnen.
Ersetzt die Theorie die praktische Erfahrung im Ausland?Nein, natürlich nicht. Ohne das Erlernte angewandt und die eigene Erfahrung ge-macht zu haben, fehlt etwas. Ich empfehle interessierten Studenten, Studien und Aus-landserfahrung unbedingt zu integrieren — eventuell sogar basierend auf einer frü-heren Auslandserfahrung. Denn je früher man kulturelle Unterschiede erlebt und wahrnimmt, desto besser kann man später damit umgehen.
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Kapitel 5 – Nach Hause kommen
Starthilfe motiviertEin Erfahrungsbericht von Carlo Nordloh,
Lehrer in Berlin.
Mein Schüler Ersan hat 2003 an einem zweiwöchigen Schüleraustausch mit den USA teilgenommen, den ich für Haupt- und Realschüler an einer Kreuzberger Schu-le organisiert habe. Durch diese Erfahrung motiviert, überlegte Ersan, ob er sich für ein Auslandsschuljahr bewerben soll.
Hürden überwinden
Ich hatte Ersan erst kurz im Unterricht gehabt. Er hatte zwar großes Interesse an einem einjährigen Schüleraustausch, aber leider nicht den Mut, sich zu bewerben. Dass seine Eltern anfangs dagegen waren, machte das Vorhaben sicher nicht leichter. Erst als die Mitglieder des Ehemaligenforums vom Verein Berliner Austauschschüler — die meisten über 60 Jahre alt — ihm Mut machten und begeistert von ihren Reisen erzähl-ten, wagte Ersan den Schritt und bewarb sich bei AFS.
Hilfe finden
Mir wurde schnell klar, wie wichtig es war, ihm und auch anderen Schü-lern, die sich bewarben, immer wieder unterstützend und ermutigend zur Seite zu stehen.
Viele meiner Schüler mit Migrationshintergrund trauen sich einen Austausch nicht zu — auch wenn sie die Fähig-keiten dazu haben — da es in ihrem Umfeld so wenige ma-chen. Vor allem im Bewerbungsverfahren berate ich viel, da die Formalitäten für viele Schüler und Familien eine große Hürde sind. Auch die Frage der Finanzierung ist für viele Fa-milien ein Problem. In Ersans Fall haben ihn zum Beispiel die Ehemaligen des Vereins zusätzlich durch Spenden unterstützt. Und zwar so erfolgreich, dass die Spendenaktion nach zwei Wo-chen beendet werden konnte, weil bereits genügend Geld zu-sammengekommen war.
Auch während des Auslandsaufenthaltes ist es wichtig, die Schüler zu unterstützen. Mit Ersan hatte ich viel Kontakt und konnte sogar in einigen Krisensituationen positiv auf ihn ein-wirken.
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Kapitel 5 – Nach Hause kommen
Karriere machen
Während seines Schüleraustauschs hat Ersan gute und für ihn wichtige Erfahrungen ge-macht. Nach seiner Rückkehr konnte ich einen entscheidenden Entwicklungsschub, die weitere Entfaltung seiner kreativen Fähigkeiten sowie ein gestärktes Selbstbewusstsein be-obachten.
Er hat dann an meiner Schule das Abitur gemacht und begonnen, eigenverantwortlich Theaterprojekte um zusetzen. Vielleicht hätte er das auch ohne den Aus-tausch gemacht, aber die Erlebnisse und Erfahrun-gen seines Austauschs haben ihm auf jeden Fall den nötigen Schub gegeben, seine Projekte disziplinier-ter und engagierter zu verfolgen.
Ersan beschäftigt sich heute mit Regie, arbeitet als Schauspieler und hat sein eigenes Ensemble gegrün-det.
Zur PersonCarlo Nordloh wurde 1966 in Bremen geboren. 1982
war der Gymnasiast mit der Jugendaustauschorgani-
sation AFS in den USA. Nach seinem Zivildienst
studierte Nordloh an der Technischen Universität
Berlin und am Trinity College in Dublin, Irland,
Englisch und Bildende Kunst. Seit 1998 ist Nord-
loh Lehrer in Berlin – zunächst an einer integrierten
Haupt- und Realschule, heute an einem Gymna-
sium. 2007 schloss er ein Aufbaustudium an der
Universität der Künste Berlin zum Studienrat ab.
Von 2005 bis 2007 lebte er als freier Künstler in
Schanghai, China. Als Lehrer betreut er außerdem
Austauschprogramme für Schüler.
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Kapitel 5 – Nach Hause kommen
Einmal AFS, immer AFS Wer einmal seine Eigenständigkeit im Ausland unter Beweis gestellt hat, möchte sie nicht
mehr hergeben und ist daher immer wieder auf der Suche nach neuen Herausforderun-
gen. Das Besondere an AFS? Der Verein bietet seinen über 3000 Ehrenamtlichen die
dafür nötige Aktionsfläche – und schafft es so, seine Ideen zu bewahren, seine Visionen
zu verwirklichen und sein Angebot zu verbessern und auszubauen.
„Wer braucht schon Vorurteile? Wir
nicht!“
„Niemand ist zu alt für einen Aus-tausch. Wir organi-
sieren ihn.“
Typisch Türkisch?!
Postkarte_Gastfamilieninitiative_RZ.indd 1
05.05.09 12:55
Für diejenigen, die interkulturelle Erfahrungen sam-meln möchten, jedoch für das reguläre AFS-Austausch-programm zu alt sind, haben wir uns ein tolles Angebot über-legt: den Ehrenamtlichenaustausch. Mehr als 100 ehrenamtliche Mitarbeiter haben bis heute an einem – in der Regel einwöchigen – Austausch teilgenommen. Sie haben bei einer Gastfamilie in einem anderen Land gelebt und für kurze Zeit in eine fremde Kultur hineingeschnuppert. Das Programm wird in Zusammenarbeit mit AFS-Partnern komplett eigenständig von uns Ehrenamtlichen orga-nisiert und koordiniert.
Uns Ehrenamtlichen ist es wichtig, dass wir über den Tellerrand schauen, uns mit anderen Ehrenamtlichen – auch weltweit – aus-tauschen und uns sowie AFS weiterentwickeln. Nationale und in-
ternationale Veranstaltungen oder Projekte bieten uns dafür den optimalen Rahmen. So wie der im Schuljahr 2010/2011 realisierte
Türkeiaustausch.
In dem von der Stiftung Mercator geförderten Projekt haben wir uns mit türkischen AFS-Ehrenamtlichen getroffen. Ziel war es, die jeweils andere Kultur kennen und verstehen zu lernen – zwei Wochen in der Türkei, zwei Wochen in Deutschland. Wir hatten nicht nur viel Spaß, sondern haben auch gemeinsam überlegt, wie wir Jugendlichen unsere Kulturen nahebringen können. Am Ende sind Postkarten und Poster für unsere Schularbeit entstanden sowie ein Konzept für Projekttage an deut-schen Schulen, das wir im nächsten Schritt Lehrern vorstellen wollen.
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Kapitel 5 – Nach Hause kommen
„Es gibt genug zu tun. Wir sagen,
wie’s geht!“
„Lebenslang lernen. Wir legen den Grundstein!“
„Alles eine Frage der
Kommunikation. Wir tun’s!“
Infolge der wachsenden Teilnehmerzahlen im Freiwilligen-dienstprogramm von AFS mussten wir unsere Arbeitsstruk-turen überprüfen und optimieren. Ziel war es, die Zusam-menarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen sowie die Koordination aller anfallenden Projekte effizienter zu gestalten.
Als ehemalige Teilnehmer konnten wir uns aktiv mit unseren Ideen und Vorschlägen in den Prozess einbringen. So entstand das Vorstandsprojekt Frei-willigendienste, in dessen Rahmen die Programm- und Organisationsentwicklung stärker an die Freiwilligendienste angekoppelt wurde. Wir sind somit verantwortlich für die inhaltliche Profilierung der Freiwilligendienste und der Qualitätskriterien. Die Ausarbeitung der Angebote für Ehrenamtliche fällt ebenfalls in unseren Aufga-benbereich. Aktuell diskutieren wir auch über Wachstumsstrategien für das Hosting und Schnittstellen zu den Schülerprogrammen.
Das Projekt „AFS geht zur Schule“ ist uns besonders wichtig.
Mit dem Ziel, Schulkontakte zu ver-bessern sowie Lehrer und Schüler für
das Thema „Interkulturelle Kommuni-kation“ zu sensibilisieren, helfen wir bei
der Entwicklung von Unterrichtsmaterialien, der Erstellung von Fortbildungskonzepten und bei
der Herausgabe der zweimal jährlich erscheinenden Lehrerinformation. Seit 2010 nutzen wir außerdem den neu entwickelten Lehrerleitfaden „Austausch erweitert Horizonte“ für unsere deutschlandweiten Schulbesuche. Neben wichtigen Infor-mationen zum Schüleraustausch liefert die vierseitige Publikation eine konkrete Planungshilfe für eine Unterrichtseinheit sowie weiterführende Internetadressen.
Komiteekoordination, Kassenführung, Öffentlichkeitsarbeit, Teilnehmergewinnung, Gastschülerbetreuung, Gast-familienbetreuung, Schulbetreuung, Konfliktbegleitung und Ähnliches sind verantwortungsvolle und komplexe Aufgaben, denen wir uns gerne stellen.
Seit fünf Jahren online, stellt AFSer.de unsere interne Kommunikationsplattform bei AFS Deutschland dar. Das umfassende Informationsangebot wird durch verschiedene Kommunikationstools ergänzt. Hier präsentieren wir unsere Projekte, diskutieren aktuelle Fragestellungen und Themen, greifen auf Präsentationen, Hand-bücher und Vorlagen zu und melden uns für Seminare und AFS-Veranstaltungen an.
AFS-Chronik
Unter dem Namen „American Field Service“ (AFS) retten freiwillige Sanitätswagen-fahrer Verwundete von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges. Auch im Zweiten Weltkrieg ist der AFS mit hunderten von freiwilligen Fahrern weltweit aktiv.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kommen AFS-Sanitätswagenfahrer in den USA zusammen, um über die Zukunft des „American Field Service“ zu entscheiden: Die Veteranen beschließen, Jugendaustauschprogramme ins Leben zu rufen.
Die ersten beiden deutschen Schüler fahren mit AFS in die USA.
Die ersten 54 amerikanischen Schüler verbringen den Sommer in deutschen Gast- familien. Das erste AFS-Büro außerhalb der USA wird in Deutschland eingerichtet.
Auf dem ersten AFS-Weltkongress wird das „Multinational Program“ ins Leben gerufen. Der bilaterale Austausch mit den USA wandelt sich in einen multinationalen Austausch. Es stehen zu diesem Zeitpunkt 17 Länder im Rahmen der AFS-Austauschprogramme zur Auswahl.
AFS Deutschland bietet erstmals auch Freiwilligendienste im Ausland für über 18-Jährige an.
Im Rahmen der internationalen Dezentralisierung wird AFS Interkulturelle Begegnungen e. V. Träger für alle Austauschprogramme von und nach Deutschland und damit selbstständige Partnerorganisation im AFS-Verbundsystem.
Um die Zusammenarbeit zwischen hauptamtlichen Mitarbeitern und den örtlichen Komitees zu stärken, werden vier Regionalbüros in Berlin, Stuttgart, Wiesbaden und Hamburg eingerichtet. Wichtigste Aufgabe der Regionalbüros ist die Betreuung von Gastfamilien und Gastschülern in Deutschland.
AFS Deutschland feiert sein 60-jähriges Jubiläum. Über 1200 deutsche Schüler ver-bringen ihr Austauschjahr mit AFS in einem von rund 50 Ländern, über 700 ausländische Gastschüler sind für ein Jahr Gast in Deutschland, rund 200 Freiwillige arbeiten in sozialen oder ökologischen Projekten weltweit.
Die Teilnehmerzahlen des Programms Freiwilligendienste steigen um 50 Prozent. Der Grund dafür ist die Beteiligung von AFS am entwicklungspolitischen Programm weltwärts.
1914
1946
1948
1952
1971
1981
1992
2005
2008
2009
29
Über AFS
Die deutsche Organisation AFS Interkulturelle Begeg-nungen e. V. ist ein gemeinnütziger Verein und Träger der freien Jugendhilfe. Neben einem internationalen Netzwerk von 60 Partnern in rund 50 Ländern sind es die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die AFS zu seiner Größe, Qualität und Leistungsfähigkeit verhelfen. Schließlich ist „AFSer“ zu sein sehr attraktiv. Die zu-meist ehemaligen Teilnehmer erhalten die Möglich-keit, sich bei allen relevanten Organisationsprozessen und Gremien eigenverantwortlich zu beteiligen und mitzuwirken. Für ihre Arbeit können sich die Freiwil-ligen auf regionalen und nationalen Veranstaltungen fortbilden und dabei ihre methodischen, sozialen und fachlichen Schlüsselqualifikationen erweitern. Denn mit mehr als 60 Jahren Erfahrung im Bereich der inter-
kulturellen Kommunikation ist AFS ein ausgewiesener Experte für interkulturelle Bildungsdienstleistungen. Die Workshops und Seminare richten sich aber nicht nur an Teilnehmer und Mitarbeiter, sondern auch an Lehrer, Seminar- und Gruppenleiter sowie Schulklas-sen, die sich intensiv mit interkulturellen Themen und Kompetenzen befassen wollen. Um neben einem gro-ßen Leistungsspektrum eine hohe Qualität zu gewähr-leisten, achtet AFS bei der Programmarbeit sorgfältig auf die Einhaltung zentraler Standards und Qualitäts-kriterien: So werden Teilnehmer pädagogisch beglei-tet, Gastfamilien sorgfältig ausgewählt und betreut und das Feedback hinsichtlich der Zufriedenheit mit AFS und seinen Programmen regelmäßig eingeholt und bewertet.
Über AFSAus der Vision junger Sanitätswagenfahrer, den Weltfrieden zu sichern, indem man das
Verständnis zwischen den Kulturen fördert, entwickelte sich eine der weltweit größten
und ältesten gemeinnützigen Austauschorganisationen.
Neben dem Jahresprogramm bietet AFS aufgrund veränderter schulpolitischer Rahmenbedingungen, wie bei-spielsweise der Schulzeitverkürzung, auch kürzere Programme von zwei, drei und sechs Monaten an. Außerdem arbeitet AFS daran, mehr Haupt- und Realschüler zum Austausch zu ermutigen. Interessenten, denen ein Aus-tausch aus finanziellen Gründen erschwert wird, können auf ein breites Spektrum an Stipendien zurückgreifen. Damit die Austauschschüler den Herausforderungen in ihrem Gastland souverän begegnen können, prüft AFS die Bewerber intensiv auf ihre Eignung und Motivation. Vor der Abreise besuchen die Teilnehmer zwei Wochen-endseminare zur Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt. Während des Aufenthalts steht ein Ansprechpartner in der Nähe des Wohnortes für alle Fragen bereit. Außerdem gibt es in jedem Partnerland ein Notfalltelefon, das täglich 24 Stunden erreichbar ist.
1 Schüleraustausch
Für diejenigen, die zu alt für einen Schüleraustausch sind, hält AFS die Chance bereit, in internationalen so-zialen, gemeinnützigen oder ökologischen Projekten mitzuwirken. Mehr als 30 Länder weltweit stehen derzeit für einen Freiwilligendienst zur Wahl. Der Einsatz dauert je nach Programm drei bis zwölf Monate. So bie-tet sich für Studenten in den Semesterferien oder in der Zeit zwischen Studium und Job das zeitlich flexible Community Service Program (CSP) an. Das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte weltwärts-Programm hingegen ist auf ein ganzes Jahr angelegt und offeriert ein besonders breit gefächertes, entwicklungspolitisch geprägtes Spektrum an Tätigkeiten. Der Internationa-le Jugendfreiwilligendienst (IJFD) im Ausland ist ein sozialer Freiwilligendienst, der es jungen Menschen er-möglicht, andere Aspekte des Lebens kennen zu lernen und mehr Lebens- und Berufserfahrung zu sammeln. Dieses Programm wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.
2 Freiwilligendienst
Gastfamilien bei AFS verdienen mit der Aufnahme eines Schülers kein Geld. Es ist Teil des AFS-Gedankens, dass sich die Gastfamilien ehrenamtlich engagieren. Bei der Auswahl der Gasteltern unterscheidet AFS nicht zwischen Familien, Paaren ohne Kinder, Alleinerziehenden oder Alleinstehenden. Voraussetzung sind vielmehr die Bereit-schaft und Möglichkeit, einen Gastschüler angemessen in den Alltag zu integrieren. AFS bereitet Gastfamilien sorgfältig auf das Zusammenleben mit dem neuen Familienmitglied vor. Eingängig aufbereitete Informationen zeigen, was es zu beachten gilt, wenn ein Gastkind aus einem völlig anderen Kulturkreis wie Asien oder La-teinamerika kommt. Des Weiteren bietet AFS Informationsveranstaltungen für Gasteltern an, auf denen auch individuelle Fragestellungen geklärt werden können. Jede Familie wird das Jahr über von einem ehrenamtlichen AFS-Familienbetreuer begleitet.
3 Gastfamilienprogramm
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Impressum
Herausgeber:AFS Interkulturelle Begegnungen e. V.Friedensallee 4822765 Hamburg
Redaktion: Susan Lange, AFS; capito Gestaltung: Gabi Blum Fotos: S. 01: (in Leserichtung) codswollop, S_Driessen, doesnotcare, kallejipp, eyelab, chhmz, smartinka, eyelab, micjan / alle: photocase.com S. 03, 10, 12, 13, 17-21, 23-27: privat/AFS S. 06: Andreas Siegel / photocase.com S. 05, 09: Gabi Blum S. 08: ESA S. 14: cydonna / photocase.com S. 16: skatelix, Rike., JoeEsco / alle: photocase.com S. 22: Özgür Donmaz, iStockphotoIllustrationen: Gabi BlumDruck: Reset Grafische Medien GmbH
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 251 205 10, KTO. 9 444 485
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