F.A.Q.‘s „German Food Partnership“ 16.03.2015
1. Wer bildet die „German Food Partnership”?
Die „German Food Partnership“ (GFP) ist eine sogenannte öffentlich-private Partnerschaft (Public
Private Partnership (PPP)), also eine vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher
Hand und Unternehmen aus dem privaten Sektor.
Sie besteht aus 32 deutschen und internationalen Unternehmen und Verbänden des Agribusiness
und der Ernährungsindustrie sowie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ). Weiterhin engangieren sich die Bill & Melinda Gates Stiftung und die Wal-Mart
Stiftung als Geldgeber1.
Unter den Unternehmen in der GFP finden sich einschlägig bekannte Konzerne wie Bayer Crop
Science, BASF, Syngenta oder die METRO-Gruppe2.
2. Was ist die „German Food Partnership“?
Die „German Food Partnership“ (GFP) ist eine sogenannte öffentlich-private Partnerschaft (Public
Private Partnership (PPP)), anders gesagt, eine strategische Partnerschaft zwischen staatlichen und
privatwirtschaftlichen Akteuren. 2012 wurde die GFP nach Initiative der Privatwirtschaft unter
Schirmherrschaft des BMZ genommen, damals noch unter FDP-Führung. Vorbild für die GFP ist die
„Neue Allianz für Ernährungssicherheit in Afrika“-Initiative der G7/G8-Staaten.
Im Kern der GFP stehen Investitionen in Höhe von insgesamt 80 Millionen Euro. Diese kommen von
privatwirtschaftlichen Unternehmen (insg. 40 Mio.), dem BMZ (20 Mio.), der Bill & Melinda Gates
Stiftung und der Wal-Mart Stiftung (die beiden Stiftungen zusammen 20 Mio.). Die genaue
Aufteilung, welche Unternehmen wie viel in welche Projekte investieren ist bislang nicht offengelegt.
Auch die Verträge zwischen dem BMZ und den Unternehmen sind nur teilweise und an vielen Stellen
geschwärzt öffentlich einsehbar. Die Projekte laufen zur Zeit in Afrika (Burkina Faso, Ghana, Kenia,
Mosambik, Nigeria) und in Südost-Asien (Indonesien, Philippinen, Thailand, Vietnam).
Im Rahmen der GFP wurden bislang vier Projekte gestartet, die Oilseeds Initiative Africa (OIA), die
Potato Intiative Africa (PIA), die Competitive African Rice Initiative (CARI) und die Better Rice
Initiative Asia (BIRA). Allen Projekten ist gemeinsam, dass die KleinbäuerInnen in die
Wertschöpfungsketten der Unternehmen eingebunden werden sollen, dass aber Organisationen der
BäuerInnen nicht partizipieren konnten und erst nachträglich über die Ergebnisse der Planungs- und
Entwicklungsphasen informiert wurden. Dies lässt erkennen, dass es hierbei mehr um wirtschaftliche
Interessen der Unternehmen, als um die Ernährungssicherheit der Betroffenen geht.
Ein weiteres Indiz für die ökonomische Ausrichtung der Projekte ist am Beispiel der PIA der
fragwürdige Bedarf an Kartoffeln in Nigeria und Kenia erkennbar. In den beiden Ländern gibt es
1 Deutscher Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Entwicklungspolitischer Nutzen der German Food Partnership. Drucksache 18/649. Abrufbar unter http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/006/1800649.pdf (Zugriff am 17.02.2015) 2 Forum Umwelt und Entwicklung (2013): German Food Partnership – Deutsche Entwicklungszusammenarbeit
zum Nutzen deutscher Konzerne oder zur Bekämpfung von Hunger und Armut? Forum Umwelt und Entwicklung: Berlin. Abrufbar unter http://www.forumue.de/fileadmin/userupload/AG_Landwirtschaft_Ernaehrung/pospap_gfp_v3.pdf (Zugriff am 17.02.2015)
günstigere und besser anzubauende Grundnahrungsmittel als Kartoffeln, weswegen diese kaum
nachgefragt werden. Im Fall der Reisprojekte in Asien und Afrika ist die Konzentration der Projekte
auf Hybridreis auffällig, anstatt einer Fokussierung auf bewährte, ressourcensparende Methoden wie
das „System of Rice Intensification“. Durch Hybridsaatgut geraten KleinbäuerInnen leicht in
Abhängig der jeweiligen Saatgutproduzenten.
3. Wer ist an den Verhandlungen und am Prozess NICHT beteiligt?
Die KleinbäuerInnen und deren Organisationen wurden in der Planungsphase nicht berücksichtigt.
Wenn überhaupt wurden sie mit den fertig gestellten Projekten konfrontiert, ohne dass sie ihre
eigenen Bedürfnisse vor- und in die Projekte einbringen konnten. Dieser Mangel an Partizipation für
die KleinbäuerInnen stellt ein großes Problem dar. Anstatt die Projekte der
Entwicklungszusammenarbeit von den Zielgruppen selbst mitgestalten zu lassen, diktieren die
Unternehmen der Privatwirtschaft und der großen Konzerne die Richtung der
Entwicklungszusammen.
4. Was sind die angeblichen und tatsächlichen Ziele der „German Food Partnership“?
Das selbstformulierte Ziel der GFP ist Armut und Hunger in Entwicklungs- und Schwellenländern zu
verringern. Dies soll erreicht werden, indem KleinbäuerInnen ein besserer Zugang zu Betriebsmitteln,
Märkten und Nahrungsmitteln ermöglicht wird. Die KleinbäuerInnen sollen in die
Wertschöpfungsketten der Unternehmen eingegliedert werden und die landwirtschaftliche
Leistungsfähigkeit in den jeweiligen Ländern erhöht werden.
Es muss allerdings befürchtet werden, dass das Interesse der Unternehmen viel mehr an einer
Profitsteigerung liegt, als an der Bekämpfung von Hunger und Armut. Eine der Maßnahmen, die vor
Ort in Afrika und Asien angeboten werden, sind Workshops, die von UnternehmensvertreterInnen
gehalten werden. Auf diesen sollen die Vor- und Nachteile von verschiedenen Anbaumethoden,
Saatgut und Pestiziden präsentiert werden. Effektiv wird den Unternehmen aber die Möglichkeit
geboten, ihre Produkte zu bewerben und zu verkaufen. Diese Taktik, sich neue Märkte und
ProduktabnehmerInnen zu schaffen, zeigt sich auch an anderer Stelle, z.B. in Thailand. Dort macht
BASF mithilfe einer TV-Soap im nationalen Fernsehen Werbung für ihre Pestizide.
Ausdrücklich sind die Projekte und die Zusammenarbeit innerhalb der GFP auf „marktorientierte“3
KleinbäuerInnen ausgerichet und nicht auf die Menschen, die vorrangig für ihren Eigenbedarf
produzieren. Entgegen der Argumentation des BMZ sind es aber genau diese ärmsten BäuerInnen,
die so nicht von diesen deutschen Entwicklungsgeldern erreicht werden. Ausgegrenzte Gruppen
werden dadurch nur noch weiter diskriminiert, was einen Anstieg ihrer Hunger und Armut bedeutet.
5. Welche Kritik wird aus menschenrechtlicher Perspektive vorgebracht?
Die Verantwortung für Ernährungssicherheit und Entwicklungszusammenarbeit darf nicht
multinationalen Unternehmen überlassen werden. Der Ansatz der Partnerschaft zwischen BMZ und
den Konzernen zur Hungerbekämpfung ist nicht zielführend. Ernährungssicherheit wird nicht durch
mehr und effizientere Produktion von Nahrungsmitteln erreicht. Schon heute werden auf der Erde
ausreichend Nahrungsmittel produziert, um alle lebenden Menschen zu versorgen. Das Problem liegt
viel mehr in der Ungleichverteilung des Zugangs zu Nahrungsmitteln und produktiven Ressourcen
3 Deutscher Bundestag (2014), S. 9
sowie an der Diskriminierung und Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen. Die Bekämpfung
von Hunger müsste sich stärker mit der globalen Verteilungsgerechtigkeit auseinandersetzen. Zudem
muss der Fokus der Ernährungssicherung anstatt auf bloßer Nahrungsanreicherung und
Wettbewerbsfähigkeit viel mehr auf Nahrungsmittelvielfalt liegen.
Ein Beispiel für die fehlgeleitete Politik und Initiative ist, dass im Rahmen der GFP im Projekt PIA
Kartoffelproduktion in Nigeria und Kenia gefördert wird. In beiden Ländern gibt es allerdings,
aufgrund günstigerer lokaler Grundnahrungsmittel, keinen Bedarf für Kartoffeln. Die geförderten
Projekte produzieren nun für Kartoffelchips und Pommes Frites4 – absurd im Rahmen einer durch
Entwicklungsgelder mitfinanzierten Partnerschaft für Ernährungssicherung.
Innerhalb der GFP gibt es weiterhin keine verbindlichen Kriterien für die Unternehmen. Zwar sind
solche geplant, aber es ist zu befürchten, dass die Unternehmen die Möglichkeit erhalten, die
Kriterien mit auszuarbeiten. Dies würde bedeuten, dass die Konzerne sich selbst die Kriterien
schaffen, die sie später befolgen müssen – dies würde die ökonomische Ausrichtung der Projekte
weiter vorantreiben.
Es dauerte zudem fast zwei Jahre, bis das BMZ die Verträge mit den Unternehmen innerhalb der GFP
öffentlich gemacht hat und teilweise Transparenz hergestellt hat. Obwohl dies durchgehend von
zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert wurde, war erst ein Antrag nach dem
Informationsfreiheitsgesetz durch OXFAM nötig, damit das BMZ die Unternehmensbeteiligungen und
Abkommen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.
6. Welche Forderungen stellt FIAN an die „German Food Partnership“?
Im Rahmen des Positionspapieres zur GFP der AG Landwirtschaft & Ernährung des Forums Umwelt
und Entwicklung (FUE), das auch von FIAN Deutschland mitgestaltet wurde, werden folgende
Forderungen an das BMZ gestellt:
- (1) Stopp der GFP, da es nicht um Entwicklungszusammenarbeit, sondern um die Geschäfts-
interessen deutscher Agrar- und Chemiekonzerne geht;
- (2) Föderung kleinbäuerlicher Investitionen im globalen Süden;
- (3) Programmgestaltungen mit aktiver Beteiligung kleinbäuerlicher Organisationen;
- (4) kritische Analyse der Folgen des Geschäftsmodells großer deutscher Agrar- und
Chemiekonzerne für kleinbäuerliche Gemeinden im Globalen Süden.
4 Frankfurter Rundschau: Kartoffelchips für Afrika, vom 06. Februar 2015. Abrufbar unter http://www.fr-
online.de/wirtschaft/german-food-partnership-kartoffelchips-fuer-afrika,1472780,29772472.html (Zugriff am 18.02.2015)