Transcript

ET Foerster u. E8 Kubel. Zersetmng der schwefligsauren Salm zcsw. 26 1

Beitrage zur Kenntnis der schwefligen SPure und ihrer Salze.

II. h e r die Zersetzung der schwefligsauren Salze in der Gliihhitze.

Von F. FOERSTER und 11. KUBEL. Mit 6 Figuren im Text.

1. Einleitung. Seit den fruhesten, eingehenderen Untersuchungen der schweflig-

sauren Salze von J. SE. MUSPRATT l) und von C. RAMMELSBERG z, ist bekannt, daB diese Verbindungen bei Gliuhhitze sich in Sulfat und Sulfid zu zerlegen vermSgen:

Spatere Untersuchungen von Y. BEET HELOT^) und von A. R ~ H R I G ~ ) haben diese Angaben nur bestatigt.

Eine eingehendere Untersuchung dieser Umsetzung, die in der pyrogenen Umwandlung der phosphorigsauren und unterphosphorig- sauren Salze in solche der Phosphorsaure und in Phosphidverbin- dungen, ferner in der der Chlorate in Perchlorat und Chlorid ihre Analoga hat, liegt aber bisher nicht vor. Eine nahere Kenntnis dieser Reaktion war um so erwunschter, als die Versuche uber die Zersetzung schwefligsaurer Salze in wfiBriger LBsung 6, fiir diese einen wesentlich anderen Verlauf wahrscheinlich gemacht haben, als es der durch Gleichung (1) wiedergegebene ware. Von diesem Gesichts- punkte aus haben wir den Zerfall der Sulfite systematisch unter- suchte); im folgenden sol1 uber die dabei an den gesattigten Sulfiten, CaSO,, Na,SO, und MgSO, bisher gemachten Erfahrungen berichtet werden, wahrend uber die auf die Zersetzung der Pyrosulfite

4Mb',SO3 --f 3MiS0, + M',S . (1)

') Lieb. Awn. 50 (18441, 259. 2, Ann. d. Physik 'u. Claemie [2] 67 (1846), 245. 3, Ann. d. Chim. Phys. [6] 1 (1884), 75. 4, Jourm. prakt. Ch., N. F. 37 (1888), 221. 5, F. FOEBSTER, F. LANGE, 0. DROSSBACH 11. W. SEIDEL, 2. anorg. 21. aZZg.

"1 K. KWBEL, Dissert. Dresden 1923. Chew. 128 (1923), 245.

262 3'. Foerster tazd K. Iiubel.

M2S,0, beziiglichen Qersuche eine spatere Mitteilung vorbehalten bleibt, da hieriiber noch weitere Versuche im Gange sind.

Die hier behandelte Reaktion bietet insofern erhijhtes Interesse, als sie auch auf die vie1 umstrittenen Vorgange bei der Reduktion der Sulfate mit Kohle erwiinschtes Licht zu verbreiten vermag, Vor- ggnge, wie sie sich beim LEmmcschen SodaprozeB oder bei der Benutzung der Alkalisulfate fur die Herstellung von Glasern ab- spielen, und vie sie bei der Gewinnung von Sehwefeldimyd aus Anhydrit oder aus Kieserit namentlich in der Kriegszeit tecbnisch durchgefuhrt wurden.

2. Die Versuchsanordnung. Fur die Durchfihrung der Versuche barn es darauf an, die in

wasserfreiem Zustande dargestellten Sulfite auf bestimmte und be- liebig lange konstant zu haltende, hohe Temperaturen zu erhi tzen. Urn Nebenvorgange durch Oxydation zu vermeiden, muBte dies in einer Atrnosphare von reinem Stickstoff geschehen.

Das zu untersuchende Sulfit wurde in einem Porzellanschifl'chen in ein innen glasiertes Rohr von Hartporzellan gebracht und letzteres durch elektrische Heizung auf die gewiinschte Temperatur gebracht und auf ihr iiber die erforderliche Zeit gehalten. Fur Temperaturen bis SO0 O geniigte es, das Porzellan mit Nickelinwiderstandsdraht zu umwickeln und es zur Warmeisolation in Kieselguhr einzupacken, das nach Beendigung des Versuchs behufs beschleunigter Abkiihlung jedesmal wieder entfernt wurde. Fu r Temperaturen iiber 800a' war ein HERAus scher Platinfolieofen erforderlich. Die Ternperaturen wurden mittels eines Platin-Platinrhodium-Thermoelementes, dessen Liitstelle sich mitten uber dem Schiffchen befand, und Millholt- meters gemessen. Das Anheizen dauerte meist bis 3/4 Stunden, das vollige ,4bkiihlen yon Temperaturen unter 800° 3/4 bis 1 Stiinde, ron oberhalb 800° im Herausofen etwa 3 Stunden.

Das Porzellanrohr war fur das Arbeiten bis 800° an jeder Seite mit einem Gummistopfen verschlossen; durch den einen mar das Zuleitungsrohr des Stickstoffs gefihrt, durch den anderen das dbleitungsrohr fur dieses Gas und die etwa auftretenden ffuchtigen Zersetzungsstoffe, sowie das Porzellanrohr, in welchem das Thermo- element angebracht war. Oberhalb 800 O waren die Gummistopfen der Warmestrahlung des Ofeninnern nicht gewachsen ; sie wurden dann durch Glaskappen ersetzt, welche durch iibergezogene Schlauch- stiicke mit den Enden des Porzellanrohres ohne Bedenken ver-

Zersetxzcng der schtvefligsatmn Salxe i n der Gliihliitxe. 263

bunden werden konnten und mit den Zu- und Ableitungsrohrstiiclren in der durch Figur 1 erlauterten Weise verschmolzen waren.

Als Stickstoff wurde Bombenstickstoff benutzt, der durch fiber- leiten iiber gliihendes Kupfer von einem geringen Sauerstoffgehalt und in einem langen Chlorcalciumrohre von kleinen Mengen Wasser- dampf befreit wurde. Die austretenden Gase gelangten zuniichst wieder in ein Chlorcalciumrohr, das den Eintritt des Wasserdampfes von auBen verhindern sollte, und alsdann in Vorlagen, welche etwa freiwerdendes Schwefeldioxyd auffangen sollten. Wenn freier Schwefel auftrat, so wurde er im Chlorcalciumrohre zuriickgehalten, das dazu an beiden Seiten mit einem Wattefilter versehen war.

Fur den Versuch wurde das Sulfit in das Schiffchen eingewogen, dieses an seinen Platz im Porzellanrohr gebracht und die iibrige Apparatur zusammengestellt. War sie mit reinem Stickstoff gefiillt, so wurde dessen Stromungsgeschwindigkeit auf ein ganz geringes Ha8 eingestellt und rnit dem Erhitzen begonnen. Die gewiinschte

Fig. 1.

Temperatur wurde uber bestimmte Zeiten aufrecht erhalten, die Ab- kiihlung bei wieder beschleunigtem StickstoEstrom vorgenommen und dann das abgekuhlte Schiffchen aus dem Rohr herausgeholt und ge- wogen. Sein Inhalt wurde in einen Morser entleert, rasch gepulvert und im Vakuumexsikkator uber Schwefelsaure fur die Analysen auf- bewahrt. Der Inhalt der Vorlagen wurde zusammengespiilt und der Andyse unterworfen.

3. Die angewandten analytischen Verfahren. Die Analyse des Schiffcheninhalts mul3te sich auf Sulfat, Sulfid

und unverandert gebliebenes Sulfit erstrecken. Nur bei der Zer- setzung des Magnesiumsulfits waren noch weitere Bestimmungen erforderlich, von denen bei der naheren Besprechung dieses Vor- ganges Niiheres gesagt werden SOU. Fur die erstere Aufgabe haben wir uns rnit Erfolg des von W. FELD l) hierfiir angegebenen Verfahrens bedient. Es beruht darauf, daB 3,s aus seinen loslichen Salzen

l) Ckenz. Ind. 21 (1898), 372; Chem. ZentraZbZ. 1598, IT, 868.

durch CO, vollstandig ausgetrieben werden kann , wahrend dieses aus Sulfiten noch kein SO, in Freiheit setzt, und letzteres erst riach Beseitigung des H,S durch Kochen mit Salzsiiure aus der Lijrrung verjagt werden kann. Diese enthalt d a m nur noch den anfangs vorhandenen Sulfatschwefel.

Im einzelnen wurde folgendermaBen gearbeitet: Die zu analy- sierende, fein gepulverte Substanz wird in ein ganz dunnwandiges Glaskugelchen eingeschmolzen und gewogen. Dieses kommt auf den Boden eines 150-200 ccm fassenden Erlenmeyerkolbens, der mit einem dreifach durchbohrten Gummistopfen verschlossen ist.

Fig. 2.

Durch dessen eine Bohrung geht, wie es Figur 2 zeigt, ein bis inahe auf den Boden des Kolbens reichendes Glasrohr, das an seinem oberen Ende ein -(-Rohr tragt. Durch dessen senkrechten Teil ist ein am unteren Ende breitgedruckter Glasstab mittels Gummi- schlauch derart befestigt, daB dieser eine kurze und leichte Be- wegung des Glasstabes ermaglicht, durch die das Glaskiigelcheri im gegebenen Augenblick zerdruckt werden kann. Das seitliche Ansatz- rohr des 4-Stuckes kann mittels eines Gabelrohres je nach Bedarf nit einem Apparat zur Entwicklung von Kohlensaure bzw. von Wasserstoff verbunden werden. Durch die zweite Offnung ist das untere Ende eines Hahntrichters gefiihrt, wahrend durch die dritte das zur Ableitung der Gase dienende Rohr hindurchgeht, dessen Weite und Richtung dem Zweck der Abfuhrung von Gasen aus

Zersetzung der schwefligsauren Sake in der GZChhitxe. 265

siedender Lijsung angepaBt ist, Die iibergehenden Gase werden in Erlenmeyerkolben aufgefangen, wie es die Figur zeigt.

Nach Verdriingung der Luft durch einen raschen Kohlensaure- strom wird mit der Austreibung des Schwefelwasserstoffs begonnen, fur welche zuvor schon die Vorlagen mit Cadmiurnacetatbung be- schickt wurden. Man zerdriickt das die Substanz enthaltende Kiigel- chen und driickt durch den Tropftrichter, wenn Natrium- oder Magnesiumsalze zu analysieren sind, gut, etwa 15 Minuten lang, aus- gekochtes Wasser, wenn Calciumsalze vorliegen, 25 Oloige ausgekochte Chlormagnesiumliisung, und kocht den Kolbeninhalt im Kohlensiiure- strom, bis aller Schwefelwasserstoff ausgetrieben ist; bei gelindem Sieden ist dies nach 3/4 Stunden sicher der Fall. Man stellt nun den C0,-Strom ab, schaltet den Wasserstoffstrom ein und vertauscht nun die bisherigen Vorlagen gegen solche, die zwecks Aufnahme von Schwefeldioxy d mit l/,-n-Kalilauge beschickt sind. Das in den ersten Vorlagen abgeschiedene, dem Schwefelwasserstoff entsprechende Schwefelcadmium wird mittels Kupfersulfatliisung zu Schwefelkupfer umgesetzt und dieses im Rosetiegel als Cu,Y bestimmt.

Zur Zersetzung des Sulfits wird nun durch den Hahntrichter heiBe, im Wasserstoffstrom ausgekochte verdiinnte Salzsaure in den Kolben gepreBt und das dadurch frei gemachte Schwefeldioxyd &us der im schwachen Sieden gehaltenen Lijsung vom Wasserstoff- strom in die Vorlagen gefiihrt. Zur sicheren Bestimmung der oft nur kleinen, hier sich sammelnden Sulfitmengen erwies es sich als das zweckmaBigste, wenn auch nicht kiirzeste Verfahren, den Inlialt der Vorlagen durch Brom zu oxydieren und das dabei entstandene SO," als Baryumsulfat zur Wagung zu bringen.

Im Kolbeninhalt wird schlieBlich das Sulfat als Baryumsulfat gefallt, nachdem die vom Glaskiigelchen herriihrenden Glassplitter abfiltriert waren.

4. Die Versnchsergebnisse.

a) Die Ze r se t zung von Calciumsulfit. Die Vorgange, die sich bei der Zersetzung der Sulfite bei hijherer

Temperatur abspielen, treten am deutlichsten und einfachsten unter den bisher untersuchten Salzen beim Calciumsulfit hervor ; sein Ver- halten sei deshalb zuerst geschildert.

Das bei den Versuchen anzuwendende Calciumsulfit muBte wasserfrei und zugleich weitgehend frei von Sulfat sein. Die Unter-

266 F. Foerster und K. Ihbel .

suchungen von MTJSPRATT, RAYMELSBERG und ROHRIG I), sowie die- jenigen von K. SEUBERT und N. EL TEN^) lehren, da5 Calciumsulfit sowohl bei doppelter Umsetzung von Ca" mit SO," wie beim Kristalli- sieren seiner Bisulfitlbsung bei gewohnlicher Temperatur als Di- hydrat CaS0,.2H20, bei 80" und dariiber als Kalbhydrat 2 CaSO, .H,O sich abscheidet. Fur unsere Versuche warden 20 g gefglltes, vollig sulfatfreies Calciumkarbonat in 400 ccm ausgekochten N'assers in einem abgeschlossenen, mit Riihrwerk versehenen und vor Beginn des Versuchs mit Wasserstoff gefiillten Kolben aufgeschwemmt und durch die Fliissigkeit so lange ein aus flussigem Schwefeldioxyd ent- nommener Strom dieses Gases geleitet, bis das anfangs entstandene Sulfit in Lijsung gegangen war. Diese Losung wurde rasch in einen anderen Kolben iibertragen, dieser mit eincm ein Gaseinleitungs- und Gasableitungsrohr tragenden Stopfen verschlossen und nun im siedenden Wasserbade durch einen Wasserstoffstrom der UberschuB an Schwefeldioxyd in eine durch Alkalilauge von der Luft ab- geschlossene Vorlage iibergefiihrt. Es schied sich feinkorniges Sulfit ftb, welches auf einer verschliegbaren Nutsche ini Stickstoffstrome abgesaugt, mit wenig heigem, luftfreien Wasser getvaschen und dann auf Ton im mit Stickstoff gefiillten Exsikkator iiber Schwefelsiiure 24 Stunden getrocknet wurde. SO dargestellt, entsprachen ver- schiedene Praparate des Salzes stets cler Formel 2 C n S 0 , - H20.

Cefunden Eerechnet So, 49,69 49,55 - 49,76 a/'io 49,61 n/n CaO 42,77 43,62 43,Ol 43,21°/, 43,41°/,, H,O 7,46 7,lO 7,11 7,06°/0 6,93"/, .

Wahrend ROHRIG angibt, daB er das aus dem Dihydrat bei 86)" hergestellte Halbhydrat schon bei 100 O vollig entwassern konnte und MTJSPRATT Gleiches bei 120-1 50" erreichte, stellte sich heraus, daB eine oollige Entwasserung des Salzes erst bei weit hoherer Temperatlar miiglich ist. Es ist sehr iiberraschend, daB das in der oben beschriebenen Weise dargestellte Salz sein Wasser bis e taa 380O festhalt und erst bei dieser Temperatur im Stickstoffstrome rollig entwassert werden konnte.

Fu r die folgenden Versuche wurde daher das Hdbhydrat in das Schiffchen eingewogen und zunachst bei 380-390 O im Stick- stoffstrome iiber eine nach Vorversuchen zur viilligen Entwasserung als ausreichend erkannte Zeit hin erhitzt, und nunniehr der Ofen

Zersetxutag der schwefligsauren S a k e in cler Gliihhitxe. 267

auf die erheblich hoher liegende Temperatur gebracht, bei welcher die Zersetzung des Sulfits eintritt.

Urn diese festzustellen , wurde zunachst eine Versuchsreihe durchgefiihrt, bei der jedesmal etma 1 g CaSO, eine Stunde auf be- stimmten Temperaturen gehalten wurde. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt ; sie sind zwecks einfacher Ver- gleichbarkeit derart ausgedruckt, daB aus den bei der Analyse ge- fundenen Mengen von Cu,S, von BaSO,, das dem Sulfit entspricht, und von BaSO,, das dem Sulfat entspricht, die zugehtirigen Mengen an Schwefel berechnet und diese in Hundertteilen des in der Probe angewandten Sulfitschwefels angegeben sind.

Tabelle 1. CaSO, jedesmal eine Stunde lang auf verscbiedene Temperaturen erhitzt.

Unzersetzt gebliebener Sulfit,-S in O / ,

Temp. in OC

500 600 650 700 7 50 so0

Entstandener Sulfat-S su1fid-S Sulfid-S in O/,/Sulfat-S in 01.

99,5 94,s

877 4,5

88,7 21,3

- 1,09 2,5 1

19,o 22,6 23,6

- 4,06 8,81

58.4 6817 71,7

- 3,72 3,51 3,OS 3,04 3,04

Die Zersetzung des Calciumsulfits wird, wie man sieht, zwischen 500° und 60Q0 in einer Stunde merklich und nimmt von 650° ab betrachtliche Geschwindigkeit an. Sic fiihrt zu Sulfat und Sulfid, deren Mengenverhaltnis der Cleichung (1) entsprechend zu 3 : 1 ge- funden wurde, wenn man die Bestimmungen bei GOOo und 650° auger Betracht laBt, bei denen die in der Bestimmung des Sulfid- schwefels moglichen Fehler gegeniiber den kleinen daran vorhandenen Mengen verhaltnisma5ig stark ins Gewicht fallen. Andere Schwefel- verbindungen als die genannten, insbesondere Thiosulfat, konnten bei der qualitativen Analyse des Reaktionsproduktes nicht gefurtden werden. Dagegen wurde beobachtet, da5 zumal bei den hoheren Temperaturen geringe Mengen von Schwefeldioxyd aus dem Calcium- sulfit entwichen. Bei den folgenden Versuchen wurden sie durch Auffangen in Alkalilauge und Uberfuhrung in BaSO, bestimmt; in den Tabellen werden sie als ,,Sulfitschwefel dissoziiert" angefuhrt werden.

Die folgenden Versuche sollten den zeitlichen Verlauf der Zer- setzung des Calciumsulfits bei verschiedenen Temperaturen dartun. Ihre Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

268 F. Foemteer und h7. Kube,t.

700°

800"

3,07 3,Ol 2 11,9 21,4 64,6 1,56

6 9,6 22,5 66,3 3,12 2,95

1 691 22,2 70,7 1 1,22 I 3,18

58,5 I 2757 12 21,3 19,l

Bei allen Versuchen war die Summe der in den Endprodukten gefundenen Schwefelmengen innerhalb der (2 O l 0 nicht ubersteigenden, meist erheblich darunterbleibenden) Summe der Fehler der nilenge des angewandten Sulfitschwefels gleich.

I 2 1 3,s

s4"vb, , , -c;so, ,

NU^ S 0, _ _ . - - - - v,

20 ; Dissoziation

BOO0 70O0 650°

I 2 3 4 5 10

Fig. 3. Zei t in Stunden

23,2 1 71,3 1 3,88 I 3,06

Die ausgezogenen Kurven der Fig. 3, bei denen auch die Werte aus der Tabelle 1 mitbenutzt wurden, veranschaulichen die Ergebslisse und zeigen die zwischen 650° und 700° besonders starke Zunahme der Zerfallsgeschwindigkeit des Calciumsulfits. Auffallend ist es, da6 bei 700° wie bei SOOO die Zersetzung sich aufierordentlich ver- langsamt, scheinbar fast zum Stillstand kommt, nachdem der groBte Teil des Sulfits, dort etwa hier etwa 95O/, zerfallen ist.

Zersetxung &T sehwefligsaumn Sake iiz der Gliihhitze. 269

Diese Erscheinung wird weiter unten theoretisch noch naher be- sprochen w erden.

Neben der Zersetzung 4 CaSO, -+ 3CaS0, + CaY (2)

geht, wie die Versuche lehren, auch eine geringe Abgabe von Schwe,fel- dioxyd einher , die sehr wahrscheinlich, dem Dissoziationsrorgange

entstammt, dessen Umfang aber auch nach 2 Stunden bei 800° noch nicht 4 Ofo des angewandten Sulfits entspricht, also bis 800° von untergeordneter Bedeutung ist. Wenn RAMMELSBERG und ROHRIG angeben, daB Calciumsulfit sich ohne Entstehung fluchtiger St>offe zersetze, so haben sie damit also nur annahernd recht fur Tempe- raturen bis etwa 800 4 Denn auch bei 650 O erwies sich dieser %er- fall bereits als merklich. Wahrend aber nach 2 Stunden bei 800° etwa 20mal soviel Sulfitschwefel nach Vorgang (2) zersetzt war als bei 650° in der gleichen Zeit, war die abdissoziierte Menge an SO, dort nur das Cfache der hier abgegebenen: Vorgang (2) wird also mit steigender Temperatur weit s t i k e r begunstigt als Vorgang (3).

Sieht man von den kleinen Resten unzersetzten Sulfits ab, so ist das rein weiB erscheinende Produkt des Zerfalls von Calcium- sulfit ein Gernisch von Calciumsulfat und Calciumsulfid. Letzteres erwies sich als in Wasser etwa ebenso schwer loslich, wie Gleiches fur das beim LeblancprozeB entstehende Schwefelcalcium lange er- hartet ist I). Die folgenden Versuche wurden mit einer groBeren Menge des durch lstundiges Erhitzen auf 700° bis 750° erhaltenen Reaktionsproduktes ausgefuhrt, das 12,l o/o CaS enthielt, und unter LuftabschluB mit 100 ccm luftfreiem Wasser behandelt wurde.

CaSO, CaO + SO, (3)

Temp. in

Tabelle 3. Loslichkeit von Cat3 in Wasser.

Versuchs- dauer

in Min.

15 15 15 100

15 15 60 15

g Einwage auf 100 g Wasser

2,5414

2,4707 3,2079 5,3080

__.__-__

'2,3759

1 In der 1 In 100 ccm Einwage ent- haltenes CaS

0,3075 0,2875 0,2990 0,3852

I 0,6423

gelijst g CaS

0,0090 0,0100 0,0121

~- -

0,1450 0,4614

Von der angewartdten Menge CaS gelBst O/,

279 395 4,o 37,4 71,8

._ ____ ~ _ _

1 ) Vgl. hieriiber: G. LUNQE, Handbuch der Sodaindustde, 3. Auflage (1909), Bd. 11, S. 430 u. ff.

SCHEUREB-KESTNER~) fand die Loslichkeit von CaS in Wasser von 12,6O zu 1 Teil in 12500 Teilen Wasser, wahrend nach. dem Mittel der beiden ersten Versuche 1 Teil CaS bei 15" 10500 Teile Wasser zur Liisung braucht, was mit Rucksicht darauf, da13 hier auch CaSO, in die Liisung iibergeht und die Loslichkeit VOII CaS vermindern mug, als geniigende Ubereinstimmung gelten darf. Bei langerer Behandlung mit Wasser, zumal bei hoherer Temperatur, nimmt die Loslichkeit des CaS sehr stark zu, da dabei die vielleicht uberhaupt das InlSsunggehen dieser Verbindung bedingende Hydro- lyse: 2 CaS + 2 H,O -+ Ca(SH), + Ca(OH)2 zunehmend groBere Mengen des leichtlijslichen Sulfhydrates erzeugt, wie es a w dem Verhalten der Schmelze des Leblancprozesses beim Auslaugen ge- nugsam bekannt ist.

Die bisher beschriebenen Versuche iiber die Zersetzung des Calciumsulfits erstreckten sich nur bis 800 O. Zumal angesichh der bei ihnen in geringem MaBe hervortretenden Abspaltung von Schwefei- dioxyd war es wichtig, das Verhalten des Calciumsulfits b ei h 6 h e r e n T e m p e r a t u r e n zu untersuchen. Hierbei wurde so verfahren, daB fur jeden Versuch zunachst das Sulfit bei 800° in 2 Stunden weit- gehend zu 3 CaSO, + 1 CaS umgesetzt wurde, und nunmehr dieses Reaktionsprodukt auf hohere Temperaturen gebracht wurde. Dabei zeigte sich, daB jetzt der Schwefelgehalt des Ausgangsmaterials immer stirker in freies Schwefeldioxyd ubergeht. In Tabelle 4 sintl die Ergebnisse dieser Versuche zusammengestellt.

Tabelle 4. Das bei 800 O in 2 Stunden aus Calciumsulfit erhaltene Zeraetzungsproclukt

auf hahere Temperatur erhitzt.

Tempe- Versuchs- ratur in dauer in

O C I Std. __ - _. _ _ _ ~ _ ~ __ -

I iooa 2 1100 1 2

~ ~ ~-

l) Nach G. LUNOES Handbuch der Sodaindustrie a. a. 0.; die Originai- arbeit war nicht zu finden, da die bei LUNGE zitierten Arbeiten von SCHEUREE- KEYTNER ganz andere Dinge behandeln.

Ygl. hierzu das Verhalten von BaS und SrS gegen Wasser: E. TERRES und K. BR~~CJINER, 2. Elektroch. '36 (1920), 1 u. 25.

Zemetxung d e p schwefligsauren Sake in der Gliihlaitxe. 2 7 1

Die Ergebnisse der bei 2 stiindiger Versuchsdauer zwischen 650 O (Tabelle 2) und 1 100 O durchgefiihrten Versuche sind durcli die Knrven in Figur 4 veranschaulicht. Wie man erkennt, tritt, nachdem bei SO0 O mit groBer Geschwindigkeit das Calciumsulfit sich sehr weitgehend in Sulfat und Sulfid umgesetzt hat, bei hijherer Temperatur auf Kosten dieser Stoffe Schwefeldioxyd auf; bei 900O achreitet dieser Vorgang noch ziemlich langsam fort, bei 1000° aber erreicht er schon in 2 Stunden an SO, eine Ausbeute von etwa 92O/, und diese wird auch bei llOOo nicht mehr wesentlich hijher.

7 -------, r----

I

I '.\

80 g? - . b 63 '=. QI RI c

43 4 29

Fig. 4.

Diese Erscheinungen lassen sich kaum anders denten, als dahin,

(4)

daB Vorgang (2) zu dem Gleichgewicht

fuhrt, und daB in diesem Gleichgewicht auch bei hijherer Temperatur genugende Mengen des Sulfits erhalten bleiben, damit, wenn dann die schon bei niederer Temperatur merkliche Dissoziation

einen hinreichend starken SO,-Druck zu geben vermag, die dadiirch veranlaBte Stijrung des Gleichgewichts (4) eine dauernde Ruckver- schiebung von diesem zugunsten von CaSO, zur Folge haben muB.

Wenn nun aber Sulfat und Sulfid durch die Ruckbildung von Sulfit nach (4) die Entstehung des Schwefeldiosyds veranlassen, so mussen beide auch im Verhaltnis, wie es dieser Gleichung ent- spricht, verschwinden, d. h. sie miissen im Mol -Verhaltnis 13 : 1, in dem sie sich in der Reaktionsmasse bei SO0 O gebildet haben, bis zum vijlligen T'erschwinden bestehen bleiben. Wie die letzte Spnlte

4 CaSO, f-I- CaS + 3CaSQ,

CaSO, -2 CaO + SO, (5)

272 l? Foerster wnd 1% Kubel.

in Tabelle 4 lehrt, ist dies bei 900° noch grob angenahert der Fall, bei den hoheren Temperaturen aber ganz und gar nicht. Hier ist das Sulfid fast vollig verschwunden, an Sulfatschwefel enthalt aber die Reaktionsmasse noch betrgchtliche Mengen. Es muK also noch ein besonderer , Sulfat bildender Vorgang stattfinden. Ein solcher ist moglich, da, wie bekanntl), Schwefeldioxyd bei hoher Temperatur sich - ahnlich wie unter dem Einflusse ultravictletten Lichtes - nach

zu zersetzen vermag. Das hierbei in unserem Falle auftretende SO, muBte von dem nach (5) entstehenden Kalk gebunden werden, wiihrend der freie Schwefel von den Reaktionsgasen fortgefuhrt wiirde. In der Tat zeigte sich, das bei 900° und dariiber bei der Zersetzung des Calciumsulfits stets freier Schwefel auftrat, der sich an den kalten Teilen des Reaktionsrohres als Anflug niederschlug; die Bemuhungen, seine Menge sicher zu ermitteln, schlugen fehl. X s ist aber hiernach nur verstandlich, daB der Zerfall des Calcium- sulfits bei 1000° und daruber nicht ganz quantitativ im Sinne der Gleichungen (4) und (5) verlauft, sondern nur einige goo/, des er- warteten Schwefeldioxyds liefern kann, wahrend der zuruclrbleibende Kalk sulfathaltig bleibt und zugleich ein wenig freier Schwefel ent- steht, dessen Menge in dem bei 1100 O ausgefiihrten Versuche hoclistens 2 o/o des angewandten Sulfitschwefels betragen haben kann.

Aus dem hier beschriebenen Verhalten des Calciumsulfits finden mannigfache, oft widerspruchsvoll erscheinende Angaben der Lite- ratur ihre Deutung und zugleich die Begrenzung ihrer Giiltigkeit.

Es ist seit lange bekannt2), daB Calciumsulfat durch Kohlen- stoff bei Gliihhitze zu Calciumsulfid reduziert wird. Der Vorgang tritt mit geringer Geschwindigkeit , wie E. H. RIESENPELD und H. FELD~) feststellten, schon bei etwa 500° ein, und ist bei etwa 750° lebhaft genug, daB mit einem 8berschuB von Holzkohle ge- mischtes Calciumsulfat in 8 Stunden zu etwa 93O/, zum Sulfid redu- ziert wird. Der Kohlenstofl'verbrauch war dnbei derjenige, der zu erwarten ist, wenn die Vorgange

(7) un d

(8)

3S0, f- 2SO,+ S (6)

CaSO, + 2 C -+ CaS + 2 CO,

CaSO, + 4C --t CaY + 4CO l) H. BUFF und A. W. HOFMANN, Lieb. Awn. 113 (1860), 145. 2, P. BERTHIEB, A m . Chim. Phys. [I] Z2 (1823), 225. 7 Journ. fi prakt. Chem. 100 (1920), 135.

Zersetxung der schwefligsauren Salxe i ~ & dev Cfliihhitxe. 2 73

in solchem Umfange nebeneinander stattfinden, da6 das Verhaltnis CO,/CO fur die Reaktionstemperatur durch das Generatorgleichgenricht

bestimmt ist (bei 750° 31 vol CO, und 69 vol CO). AUS unseren Versuchen ergibt sich, daB, wenn CaSO, mit wenigar als der zur vollstandigen Beduktion erforderlichen Kohlenstoffmenge bei 750 behandelt worden ware, auch nur Sulfid als Reaktionsprodukt hatte auftreten nnd das iiberschiissige CaSO, unverandert hatte zuriick- bleiben miissen, da, selbst wenn eine Reduktion zu Bulfit statt- gefunden hatte, dieses bei 750O alsbald in Sulfat und Sulfid als das stabilere System hatte iibergehen miissen.

Will man aus Calciumsulfat schweflige SSiure gewinnen, so mu6 man, wie unsere Versuche lehren, eine Temperatur von 950°, besser eine hiihere von 100OO bis 1100 O anwenden, und die zur Reduk- tion des Sulfats zu benutzende Kohlenstoffmenge nach der Gleichung

bemessen, denn bei dieser Temperatur diirfen die im Generatorgas- gleichgewicht noch miiglichen Kohlendioxydmengen vernachlassigt werden. Wie bei niederer Temperatur diirfte auch jetzt als pri- mares Reduktionsprodukt Sulfid entstehen, und zwar bei Anwendung der der Gleichung (10) entsprechenden Menge an C 1 CaS aus 4CaS0,; das verbleibende Gemisch CaS + 3CaS0, wird sich aber nach (4) und (5) in CaO + SO, als das stabilere System alsbald verwandeln. So kann der Schwefel des Calciumsulfats fast vollstandig als SO, gewonnen werden.

Diese Sachlage kommt sehr klar in einem Patente der Che- mischen Fabriken vorm. Weiler-ter Meer l) zum Ausdruck, nach welchem die glatte f5 berfuhrung des Schwefels des Calciumsulfats in Schwefeldioxyd ,,in ausgezeichneter Weise gelingt, wenn man das Sulfat mit einer geringeren als der zur volligen Beduktion zu Cal- ciumsulfid erforderlichen, zweckmabig nur den vierten Teil hiervon betragenden Henge eines Reduktionsmittels bei hoher Temperatur behandelt. Erhitzt man z. B. ein Gemenge von ungefahr 96 Prozent Gips und 4 Prozent Koks, bzw. 95 Prozent Anhydrit und 5 Prozent Koks auf 1050O bis 11504 so wird der im Gips enthaltene Schwefel nahezu quantitativ ausgetrieben und neben geringen Mengen ele- mentaren Schwefels fast ausschlie6lich als Schwefeldioxyd ge- wonnen."

co,+ c 2 c o (9)

CaSO, + C --t CaSO, + CO (10)

*) D. R. P. 339611 (1917). 2. anorg. U. allg. Chem. Bd. 139. 18

2'14 F. Foerster und A?. Kubel.

Wenn die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. bei i'hrem wahrend des Krieges im grogen MaBstabe betriebenen Verfahren zur Gewinnung von Schwefeldioxyd aus Gips der Mischung von Calciumsulfat und Kohle, die nach den in einer der Patentschriften dieser Firma 1) angegebenen Beispielen auch nach dem vorerwahmten Mengenverhaltnis hergestellt war, noch Kaolin bzw. Ton und Ki esel- saure zugesetzt haben, so diirfte dies weniger zu dem Zwecke ge- schehen sein, die Austreibung des SO, zu erleichtern, als deshalb, um statt des im Riickstande verbleibenden Kalks den wirtschaftlich wertvolleren Zement zu gewinnen.

Die fur die glatte Umsetzung des Gemisches von Sulfat und Sulfid erforderliche hohe Temperatur vermindert die Wirtschaftlich- keit fiir diese Art der Gewinnung des Schwefeldioxyds. Man wird aber diese Temperatur vermindern lriinnen, wenn man der Reaktions- mischung solche Metalloxyde zufiigt, deren schwefligsaure Salze eine griifiere Zersetzlichkeit besitzen a16 das des Calciums. In der Richtung dieses Gedankens liegt anscheinend ein Verfahren, das den Gegenstand mehrerer Patente ,) der Rhenania Verein Chemischer Fabriken, Zweigniederlassung Mannheim, bildet. Denn hierbei wird zur Reduktion des Calciumsulfats die Kohle ganz oder teilweise durch Eisen oder Eisenoxydul ersetzt und wieder darauf Wert gelegt, daB die Mengen des Reduktionsmittels gerade zur Bildung des Snlfits ausreichen. Unter solchen Umstanden geniigt eine Temperatur von 900 O, um Schwefeldioxyd quantitativ mit hinreichender Geschwindig- keit (gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Mitteln die seinen Partial- druck vermindern) zu entwickeln. Gleiches sol1 gcschehen, wenn man ein Gemisch von 3CaS0, und 1 CltS mit etwa I F e anf helle Rotglut erhitzt. Diese katalytische Wirkung des Eisens darf viel- leicht in folgenden Vorgangen vermutet werden:

1) D. R. P. 297922 (1915), 310070 (1917). Bhnlich ist ein Verfdxen (D. R. P. 347 694 [1916] der Metallbank und Metallurgischen Gesellschaft), bei dem ein zunachst durch Reduktion hergestelltes Gemisch von CaS und CaSO, in Gegenwart von Sinterung bewirkenden Zuschliigen, von Hieselsaure und kieselsliurehaltigen Stoffen, nachtraglich verblasen wird. Das erscheint vielleicht unnotig umstiindlich, hatte aber den Vorteil, daB auch die in redu- eierender Atmosphare auftretenden kleinen Mengen von Schwefeldampf oxydiert werden kijnnen.

2, D.R.P. 386295 (1919); 391602 und 391603 (1919); vgl. auch 394262 1919). - Der in diesen Patenten verfolgte Gedanke war als Vermututig in der Dissertation von K. KUREL schon ausgesprochen, als die erste Veraffent- lichung des Verfahrens der Rhenania in den Englischen Patenten 149662 (1920) und 161581 (1921) uns bekannt wurde.

Zersatxung der schwefligsauren Salxe iu der Gliihhitre. 2 75

CaSO, 4 4 F e --f CaS + 4 F e 0 (11) CaS + FeO f- CaO + FeS (121

3CaS0, + FeS SCaSO, + FeSO, (13) CaSO, + FeO f- FeSO, + CaO (14)

FeSO, fr. FeO + SO, (15) Dadurch, daB das letztere Gleichgewicht (15) bei verhaltnismMig

niederer Temperatur sich rechtsseitig verschiebt, durfte die Erleich- terung der SO,-Entwicklung durch Eisenoxydul veranlaBt sein.

Andererseits bietet das in der Hochofenschlacke stets zu mehreren Prozenten enthaltene Schwefelcalcium eine Quelle fur Schwefeldioxyd. Man weiB, daB CaS in der geschmolzenen Schlacke durch Luftsauerstoff jedenfalls zum Teil zu CaSO, oxydiert wird. Da die Temperatur der Schlacke hoch genug ist, mussen beide unter SO,-Bildung aufeinander wirken. Blast man also Luft durch geschmolzene Schlacke, so wird sie SO, mitfuhren. Darauf beruht das Verfahren von L. H. DIEHL~), nach welchem man durch E n - blasen von Luft Hochofenschlacke von 4,l CaS fast quantitativ entschwefeln und ein Gas von 8,l SO,, 9,6"/, 0, und 82,2O/, N, gewinnen kann, und das im Kriege auch technisch benutzt wurde, um Natriumsulfit herzustellen. Unsere Versuche lehren, daI3 man durch Zugabe einer geeigneten Menge von Calciumsulfat zur Schlacke auch dessen Schwefelgehalt mitgewinnen konnte.

b) D ie Ze r se t zung von Nat r iumsul f i t . Das zu den Versuchen benotigte wasserfreie Natriumsulfit

wurde, wie kurzlich ,) beschrieben, durch unmittelbare Kristallisation aus heiBer Losung hergestellt, im Stickstoffstrom abgesaugt und im Vakuum auf Ton getrocknet. Die Analyse des dabei gewonnenen Salzes ergab Ber. fur Na,SO,

so, 50,77 50,70°', 50,82 O/, Ns,O 49,03 49,00°/, 49,18"/,

Nach den Erfahrungen von RAMXELSBERG und von BERT HELOT^) geht Calciumsulfit ,,oberhalb 450"" in Sulfat und Sulfid uber. Die Temperatur, bei der dieser Zerfall fur Natriumsulfit mit grSBerer Ge- schwindigkeit einsetzt, wurde von uns bei liegt also etwas tiefer als die, bei welcher umzusetzen beginnt. Bei 600 bis 650°

etwa 600° C gefunden; sie Calciumsulfit lebhafter sich bleibt die Reaktionsmasse

*) D. R. P. 299151 (1917). 2, Z.phys. Chern. 110 (1924) 446. 8) 1. c.

1s*

noch ungeschmolzen, beginnt aber stark zu sintern und bei etwn 700° tritt Schmelzung ein. Um sie aus dem Schiffchen leicht entfernen zu konnen, erwies es sich als notig, dieses nach Beendigung des Versuchs rasch abzukuhlen. Zu diesem Zwecke wurde fiir die Versuche bis 8000 an das Schiffchen ein Draht befestigt und ciurch ein enges, durch den Gummistopfen gefiihrtes Glasrohr nach etu6en geleitet. Da bis 800° keine nachweisbare Menge von SO, entwich, mar ein lockerer AbschluB dieses Glasrohres unbedenklich. Wurde sofort nach Abstellung des Heizstromes das Schiffchen mit; Hilfe dieses Drahtes rasch an das kuhlere Ende des Rohres gezogen, so konnte nach dem Erkalten sein Inhalt als zusammenhangender Kuchea aus dem Schiffchen gehoben und fur die Analyse gepulvert werden.

Die Versuche wurden wieder einerseits iiber die gleiche Zeit bei verschiedenen Temperaturen, andererseits bei gegebenen Tempe- raturen iiber wechselnde Zeiten durchgefubrt. Die Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen zusammengestellt.

Tabelle 5. N%SO, jedeslnal 4 Stunden lang auf verschiedene

Temperaturen erhitzt.

Unzersetzt Entstandener in OC sulfabs Sulfat-S

Sulfides

550 94,4 1,15 4,69

650 18,4 20,2 61,2 700 4,6 1 23,7 I 72,2

-

3,03 3,05

600

650

700

Unzersetzt Entetandener

in O/, in Sulfat-S

2 8

16 1 2 8

2 6

' 12

Sulfztt-s x m

79,s 27.1 13,4 43,9 29,s

3,3

379 370

4'0

499 18,l 21,7 13,6 17,3

23,9 24,2 24,2

23,9

14,9 55,l 65,O

52,l 72,O 71,9 72,6 72,s

39,9

3,O4 3,05 3,OO 2,97 3,OO 3,O3 3,010 3,OO 3,OL

Zersstzung dey schwefligsauren SaExe in der Gliihhitze. 277

Diese Versuche lehren, daf3 der in 4 Stunden bei 550° schon recht merkliche, von 600 O aufwarts rasch fortschreitende Zerfall des Natriumsulfits quantitativ im Sinne der Gleichung

von statten geht. Andere Schwefelverbindungen als Sulfid und Sulfat, insbesondere Thiosulfat, waren unter den Reaktionsprodukten im Schiffchen wieder nicht nachweisbar, und fluchtige Produkte, wie Schwefeldioxyd, traten auch nicht spurenweise auf. Letzteres er- wies sich auch bei 800° noch als zutreffend, da die hei 700O tmt- standene Masse beim Erhitzen auf diese Temperatur sich nicht ver- anderte. Auch hier verschwinden die letzten Anteile des Sulfits nur BuBerst trlge; eine ganz vollstandige Umsetzung dieses Sahes konnte iiberhaupt nicht erreicht werden.

4Na,SO,--t Na,S + 3Na,SO, (1 6)

600' 800° 10000 12000 Fig. 5.

Die Ergebnisse der in Tabelle 6 zusammengestellten Versuche sind in Fig. 3 mit aufgenommen und durch die gestrichelten Kurven veranschaulicht. Der Vergleich mit den auf Calciumsulfit beziiglichen ausgezogenen Kurven ergibt, daS die Umsetzung des Natriumsulfits mit erheblich gr6Berer Geschwindigkeit verliuft als die des Calcium- sulfits: hei 700° z. B. ist jenes in 1/2 Stunde sohon zu 96O//, zer- fallen, wahrend dieses dazu bei 800° zwei Stunden gebraucht. Das Verhalten des Natriumsulfits bei jedesmal zweistiindigem Erhitzen auf wechselnde Temperaturen wird durch Fig. 5 erlautert. Sie zeigt in ihrem bis etwa 800° reichenden Teile fur Natriumsulfit ein Ver- halten, das dem des in Fig. 4 dargestellten Verhalten des Calcium- sulfits sehr ahnelt.

Wie aber dessen Zersetzungsprodukte bei hoherer Temperatur

278 P. Fooerster und K. Kubel.

in Schwefeldioxyd und Calciumoxyd ubergehen, so geben dann auch die des Natriumsulfits die entsprechenden Produkte: eine bei 800 O in Natriumsulfat und -sulfid weitgehend umgesetzte Masse giht bei 950 O schon nachweisbare Mengen von Schwefeldioxyd ab, und bei hoherer Temperatur wird dieser Zerfall immer lebhafter und voll- standiger, wahrend zugleich wieder geringe Schwefelanfliige au f den kiilteren Teilen des Reaktionsrohres sich absetzen. Dabei aber greift das entstehende Natriumoxyd das Porzellan des Schiffchens erheblich an, so daB das Reaktionsprodukt aus ihm nicht mehr so glatt wie bei niederer Temperatur entfernt werden kann ; auch wird (lurch das entweichende Schwefeldioxyd die geschmolzene Reaktionsrnasse teilweise aus dem Schiffchen verspritzt. Daher muBte jetzt auf den quantitativen Vergleich der zuriickbleibenden und der fiiich tigen Snteile des angewandten Sulfitschwefels verzichtet werden. Wir begniigten uns damit, qualitativ im Inhalt des Schiffchens das ent- standene Natriumoxyd durch dessen stark alkalische Reaktion nach- zuweiseri, sowie die Gegenwart von Sulfat und Sulfid und die Ab- wesenheit von irgend gr6Beren Sulfitmengen. Das fortgehende Schwefeldioxyd wurde in Natronlauge aufgefangen und seine Menge mit der des angewandten Sulfitschwefels verglichen. Folgende Er- gebnisse wurden dabei in j e zweistiindigen Versuchen erhalten bei denen die zunachst 1 Stunde auf 800° vorerhitzte Nasse im un- unterbrochenen Heizgange alsbald auf die gewiinschte hiihere Tempe- ratur gebracht wurde.

Tabelle 7. 1 Stunde bei 800° vorerhitztes Na,SO,

2 Stunden auf hijhere Temperaturen erhitzt.

Das Gemisch von 3 Na,SO, + 1 Na,S verhalt sich also bei hioher Temperatur ganz ahnlich wie das entsprechende Gemisch der Cdciurnsalze, nur ist dort, wie auch ein Fergleich von Fig. 4 und 5 lehrt, die Abgabe des Schwefeldioxyds schwerer als hier. Wahrend das Calciumgemisch bei 1100O in 2 Stunden schon 93O/, seines Schwefelgehalts als SO, abgibt, sind es unter gleichen Urnstariden beim Xatriumgemisch erst 15O/,, und selbst bei 1200O ist hier in 2 Stunden die Schwefeldioxydahgabe nur erst etwa der nach

Zersetmng der schwefligsauregz Salxe in der GliihhiQe. 279

3Na,SO, + Na,S ~ + 4S0, + 4Na,O (17) mijglichen.

Auch hier geben diese Beobachtungen sicheren Aufschlutl uber vie1 umstrittene technische Vorghge. Wenn man Natriumsulfat als Alkaliquelle fur die Glasbereitung gebraucht, so mu8 man: wie die Erfahrung bekanntlich gelehrt hat, Kohle der Schmelzmischung zu- setzen, um die oberfiihrung des Sulfats in das Silikat glatt zu er- reichen. Die Menge der Kohle aber muB dabei tunlichst annahernd diejenige sein, die gerade zur Reduktion des Sulfats zu Sulfit er- forderlich ware. Dann wird der Schwefel des Sulfats als Schwefel- dioxyd frei, welches in die Feuergase ubertritt. Wendet man mehr Kohle an, so wird das Glas durch Alkalisulfide braunl), benntzt man meniger Kohle, so bleibt Sulfat unzersetzt und bildet die! auf dem Glase schwimmende Glasgalle. Da letzterer Umstand weniger storend ist als ersterer, so halt die Technik den Kohlenzusatz eher etwas niedriger als zur Sulfitbildung erforderlich ware. Verliefe die Reduktion wie bei CaSO, bei 750 O rnit grSBerer Geschwindigkeit, so waren, um dem Na,SO, ein Atom Sauerstoff zu entziehen und das dieser Temperatur entsprechende Gleichgewichtsverhaltnis CO,/CO zu bilden, 6,4O/, vom Gewicht des Sulfats an Kohlenstoff erforder- lich, wahrend die Technilr 5-6O/, an Kohle verwendet.

Unter deren EinfluB kann nun hierbei nicht, wie man es ge- wohnlich in der Literatur angegeben findet ,), Natriumsulfit als wesent- liches Reduktionsprodukt eutstehen, denn dieses muBte bei der. zur Reduktion erforderlichen Temperatur fast vSllig in das Sulfat-Sulfid- gemisch iibergegangen sein. Den Sachverhalt hat vor langer Zeit schon E. FREMY 3, ziemlich klar erkannt. Er stellte fest, daB die Reduktion des Natriumsulfats auch mit ungeniigender Menge von Kohlenstoff zum Sulfid fuhrt, und daB es fur die Lauterung des GlnRes wesentlich ist, da6 dieses Sulfid noch Sulfat im Glase vorfindet, um von diesem als- bald unter Abgabe von Schwefeldioxyd oxydiert zu werden. Fur die hierbei sich abspielenden Umsetzungen gibt er die Gleichungen :

l) Diese Braunfilrbung wird in der Literatur manchmal durch Aufnahme von Kohlenstoff durch das Glas erklart. Dafiir liegt anscheinend kein experi- menteller Anhalt vor. Man kann aber, wie der eine von uns vor langerer Zeit zu beobachten Gelegenheit hatte, den Sulfidgehalt solcher braunen Gliser dx- durch nachweisen, daB sie, wenn sie durch Salzsiiure merklich angegriffen werden, dabei Schwefelwasserstof entwickeln.

%) z. B. B. NEIJJIANN, Lehrbuch der chemischen Technologie u. Metallurgie, Leipzig hei S. Hirzel. 2. Aufl. 1923. S. 460.

'j compt. remd. 81 (1875), 1154.

280 I% Foemter ulzd K. Icizcbel.

Na,SO, + 4C -+ Na,S + 4C0, Na,S + Na,SO, + SiO, -+ Na,SiO, + SO, + S

(18) (19)

an, da er die Abgase SO, und S tatsiichlich in diesem Verhaltnis findet. Dabei ist aber, wie man sieht, die Menge von Na,S so grol3, daB in der reduzierten Masse 1Na,S auf lNa,SO, kommt. I n Wirklichkeit aber kann sie nach den von der Technik innegehal- tenen Verhaltnissen nur lNa,S auf 3Na,SO, betragen. Fiir die Ab- scheidung von SO, aus solchem Gemisch ist aber die Mitwirlnmg der Kieselsaure an sich nicht niitig. Denn bei der Temperatur des Glasofens, die stets 1200 O ubersteigen diirfte, wird nach unseren Versuchen die Rechtsverschiebung der Gleichgewichte

3Na,SO, + Na,S -2 4Na,SO, ~2 4S0, + 4Na,O (20) bereits weitgehend sein. Wohl aber kann die Kieselsaure cfese durch Bindung von Na,O sehr wirksam unteretiitzen. 1st die Menge des Reduktionsmittels so grog, daf3 mehr als 1Na,S auf 3Na,SO, sich bildet, so kann es mindestens teilweise im Glasflusse bleiben und bedingt dam, indem es wahrscheinlich den stets in kleiner Menge auftretenden Schwefel zu Polysulfid bindet, die oben erwahnte Braunfarbung des Glases.

c) Theore t i s che E r i j r t e r u n g d e r u b e r den Ze r fa l l von CaSO, und Na,SO, gem ac h t en B e o b %LC h t ung en.

Die im Voraufgehenden beschriebenen Versuche lassen, wir: er- wahnt, kaum eine andere Deutung zu, als dat3 der Zerfallsvorgang des Sulfits in Sulfat und Sulfid bei Calcium und bei Natrium zu dem Gleichgewichte

fuhrt, wobei M ein Aquivalent des Metalles bedeuten soll. Dieses Gleichgewicht lie@ nachweislich bis gegen 900 * sehr weit reahts- seitig, mu8 aber immer noch kleine Mengen Sulfit enthalten, so daf3 es, wenn die Temperatur in das Dissoziationsgebiet des Sulfits ge- langt, durch dessen Dissoziation nach

stark gestiirt und dadurch wieder linksseitig verschoben werden kann bis zum vollstandigen Verschwinden der anfanglichen Zer falls- produkte. NacE Analogie mit anderen dissoziierbaren Salzen zu schlie6en , wird die Dissoziation des Calciumsulfits bei tieferer Temperatur sich vollziehen a h die des Natriumsulfits, demnach die

4M’,SO, ~2 3M,S04 + hT2S (21)

BIZSO, y? SO, + M,O (22)

Zersetxzcng der schwefligsauren Sake in deer Gliil&itxe. 28 1

Entwickelung des Schwefeldioxyds dort leichter vor sich gehen als hier, wie es die Versuche in der Tat gelehrt haben.

Die Annahme des Gleichgewichts (2 1) ware nicht statthaft, wenn die daran teilnehmenden Molekelarten sich in vollig starrem Zu- stande, also nur in mechanischer Mischung befanden. Beim Natrium- sulfit ist dies bei 700° nicht der Fall, da, wie oben bemerkt, dann die Reaktionsmasse schmilzt, so daB jetzt die Reaktionsteilnehmer in veranderlicher Konzentration auftreten khnen. Aber auch schon vorher beginnt die Masse zu fritten; es ist wahrscheinlich, daB auch jetzt schon durch Bildung fester Losungen ein ahnlicher Zustand wie im SchmelzfluB eintritt. Bei den Calciumsalzen bleibt das Reaktionsprodukt auch bei 800 noch vSllig ungeschmolzen, erfiihrt aber deutliche Sinterung. Der Annahme, daB auch hierbei die Reaktionsteilnehmer in fester Losung auftreten, steht wohl nichts im Wege, so daB grundsatzliche Bedenken gegen die Vorstellung, da6 der Sulfitzerfall zu einem Qleichgewicht fuhrt, nicht erhoben werden konnen..

Im festen Zustande konnen im Gitterverbande des reinen Sul- fits dessen benachbarte Anionen, sobald die Temperatursteigerung ihren Atomen die erforderliche Beweglichkeit gewSbrt, die stabilere Lage, wie sie das Sulfatanion darstellt, aufsuchen und dabei Schwefel- ionen zurucklassen. J e mehr das aber geschieht, um so mehr wird der Gitterverband gelockert, so dal3 schlieBlich die zur Umlagerung gleichzeitig erforderlichen SO," nicht mehr in nachster Nach bar- schaft vorhanden sind und sich erst durch Diffusion in der festen LSsung des Reaktionsproduktes aufsuchen miissen. Dadurch muB die Geschwindigkeit ihrer Umsetzung eine starke Verminderung erfahren, und zwar um so mehr bei je niederer Temperatur dieser Diffusionsvor- gang stattzufinden hatte. So diirfte es wohl zu deuten sein, daB der Zerfall des Calciumsulfits bei 700" bei etwa bei 800" bei etwa 950,10 annahernd Halt macht. Im Schmelzflusse der Natrium- verbindungen ist aber die Beweglichkeit der einzelnen Ionen gewiB so groB, da8 Hemmungen jener Art nicht mehr in Betracht kommen; darauf ist es wohl in erster Linie zuruckzufuhren, daB die Um- setzung des Natriumsulfits vie1 schneller von statten geht als die des Calciumsulfits. Wenn andererseits in der Schmelze der Natrium- salze der Umsatz bei etwa 97O/, zum Stillstand kommt, so dfirfte dies wohl der Gleichgewichtskonzentration annahernd entspreohen. Man darf vermuten, da6 auch die bei der Umsetzung des Calcium- sulfits bei 800 O beobachtete Grenzkonzentration von 5 O i 0 dieses Salzes der des Gleichgewichts nicht mehr fern gelegen hat.

282 lil Foersiey und .I< Kubel.

Die Richtung, in der sich das Gleichgewicht mit steigender Temperatur zu verschieben vermag, konnte man versuchen, aus den MTkmetonungen der beteiligten Vorgainge zu folgern. Aus den vor- liegenden Angaben uber die Bildungswtmen der fur diese in Be- tracht kommenden Molekelarten ergibt sich fur den Zerfall des Natriumsulfits

bei den Calciumverbindungen fehlen Messungen iiber die Bildungs- warme seines Sulfits. Da aber die angegebenen Bildungswkmen sich auf die reinen festen Stoffe beziehen, fur das Zustandekommen des Gleichgewichts es aber gerade wesentlich ist, daB dieses Zu- stand verlassen wird, die Warmetonung des Vorganges also noch durch die Schmelz- und Losungswarmen der Komponenten verandert wid, so erlaubt die angegebene thermochemische Gleichung fur unsere Frage keine weitere Folgerung, und es mu8 unentschieden bleiben, ob die SO,-Entwickelung aus dem Sulfat-Sulfid-System da- durch begiinstigt wird, daB etwa bei hijherer Temperatur sich das Gleichgewicht wieder starker nach der Sulfitseite verschiebt. Not- wendig zum Zustandekommen der SO,-Abspaltung ware das aber keineswegs ; es geniigt dazu, daB iiberhaupt geringe Sulfitmengen in diesem Gleichgewicht bestehen bleiben.

4Na,SO, = 3Na,SO, + Na,S - 30000 cal; (23)

d) Die Z e r s e t z u n g von Magnesiumsulf i t . Zur Darstellung des Magnesiumsulfits ist man stets so vor-

gegangen, daB Magnesiumoxyd oder -karbonat in Wasser verteilt und durch Einleiten von Schwefeldioxyd zum Bisulfit gelost wurde ; durch dbdampfen der Losung auf dem Wasserbade erhielten RAMNELSBBRG l)

wie ROHRIGI) und ebenso P. J. HARTOG,) das Hydrat MgSO, -6.8,O; wurde die LGsung aber uber looo im Olbade eingedampft, so ge- wann E~HRIG wie auch HARTOG das Hydrat MgSO,.SH,O.

Nach dieser Arbeitsweise wurde das fiir die folgenden Ver- suche beniitigte Magnesiumsulfit hergestellt: 45 g MgO wurden in 350 bis 400 ccm Wasser verteilt und unter Umruhren durch Ein- Ieiten von Schwefeldioxyd bei LuftabschluB gelost. Die Losung wird dann in einem von Stickstoff durchstromten Kolben in einem auf 120° gehaltenen Olbade erhitzt, wobei man, um das Anbacken von Salzkrusten an den GefaBwanden und das StoBen zu verme:iden, einige grobere Glassplitter aus gefarbtem Glase zufiigt. Das iiber- schussige SO, entweicht, und es scheiden sich die feinen Nadelchen

Zersetxung der schwefligsawen Salxe in Wer Gliihlzitze. 28 3

des Trihydrats ab. Wenn ihre Menge nicht mehr zunimmt, wird der heiBe Kolbeninhalt im Stickstoffstrom abgenutscht, die Kristalle rnit kochendem Wasser gewaschen, die farbigen Glassplitter aus- gelesen und das Salz im Vakuum uber Schwefelsaure auf Ton ge- trocknet. Die Analyse ergab:

Gefunden Ber. fur MgSO, . 3 H,O So, 40,25 40,07 40,44°/0 40,46 O/,,

MgO 25,38 25,41 - 25,41°10 HgO 34,37 34,52 - 34, l l O/,,

Die vollstandige Entwasserung des Salzes bietet Schwierigkeiten. MARTOG gibt an, daB er das Hexahydrai bei 170° entwassert habe. Wurde das Trihydrat aber im Stickstoffstrome 3 Stunden auf ! N O o gehalten, 80 horte die Wasserabgabe auf, wenn etwa 94O/, des Wassers entwichen waren. Zugleich aber traten kleine Mengen freien Schwefeldioxyds auf, ein Zeichen, daB wohl eine geringe Hydrolyse zu basischem Magnesiumsulfit eingetreten war. Das verbleibende Wasser wird selbst bei 30Q0 noch nicht vollig abgegeben; dann aber hat die Zersetzung des Magnesiumsulfits bereits einen recht merk- lichen Umfang angenommen. Da auch eine Entwasserung im SO,- Strome, der der Hydrolyse entgegengewirkt hatte, nicht angeht, weil rlabei, wahrscheinlich durch Entstehung des Pyrosulfits, neue Neben- erscheinungen auftreten, muBte fur die folgenden Versuche ein kleiner Wassergehalt des Ausgangsmaterials in Kauf genommen werden.

Die Versuche wurden so ausgefuhrt, daB die eingewogene Sub- stanzmenge, die meist 3 bis 4 g des wasserfreien Salzes entspracli, so lange auf 250° im Stickstoffstrom gehalten wurde, als dieser noch Wasserdampf rnit sich fuhrte, und daB dann ohne weiteres der Ofen auf die gewunschte Reaktionstemperatur gebracht wurde.

Wie aus dem Gesagten schon hervorgeht, liegt die Zersetzungs- temperatur des Magnesiumsulfits vie1 tiefer als die der bisher unter- suchten Sulfite. Auch die Umsetzungsprodukte sind andere ; denn man findet unter diesen kein Sulfid, dafur tritt jetzt Thiosulfnt neben Sulfat auf, und bei hijherer Temperatur werden grijBere Mengen elementaren Schwefels frei. Die TviiBrige Bufschwemmung des Reak- tionsproduktes gab auch auf Zusatz von Natronlauge nie eine Spur der Violettfirbung rnit Nitroprussidnatrium, und Cadmiamacetat er- zeugte kein Schwefelcadmium. Beim Kochen mit verdunnter Salz- siiure zeigte sich keine Spur von Schwefelwasserstoff, wohl aber Ab- ficheidung von freiem Schwefel. Wurde der mit kochendem Wasser erhnltene und filtrierte Auszug des Reaktionsproduktes rnit Salzsaure versetzt, so trat je nach deren Konzentration fruher oder spater

254 F. Iiberstw und K. Kzcbel.

Schwefelabscheidung aus der anfangs klar gebliebenen Liisung ein, und auch mit Silbernitrat und mit Quecksilberchlorid gab der 7wlB-

rige Auszug die bekannten Thiosulfatreaktionen. Danach muBte bei der Analyse des Reaktionsproduktes <jetzt

neben Sulfit und Sulfat in ihm auch Thiosulfat bestimmt werden. Das elegante Verfahren von KURTENACKEB zur Bestimmung von Sulfit und Thiosulfat I) war zurzeit der Ausfuhrung dieser Versuche noch nicht bekannt ; wir haben nns dazu folgender Arbeitsweise bedient :

Die zu analysierende Substanzmenge wird wieder in einem diinn- wandigen Glaskiigelchen eingewogen. Dieses bringt man tinter mit Salzsaure angesauerte, gemessene Jodliisung, deren Menge nach einem Vorversuche so bemessen w i d , da8 ihr UberschuB nur 1 bis 2 ccm n/l0-Thiosulfat entspricht. Das Glaskugelchen wird zerstoBen; das Jod oxydiert das Sulfit zu Sulfat, das Thiosulfat zu Tetra- thionat. Der JoduberschuB wird mit Thiosulfat zuruckgemessen und dadurch weiteres Tetrathionat erzeugt. Die auf Thiosulfat ver- brauchte Jodmenge wird nun dadurch gefunden, daB man das dabei entstandene Tetrathionat zu Schwefelwasserstoff reduziert, diesen als CdS fallt und als Cu,S bestimmt.

Zu diesem Zwecke wird die rnit Jod und mit Thiosulfat titrierte Liisung in den durch Figur 2 erlauterten Analysenapparat gespult, der jetzt mit Aluminiumspanen beschickt und wieder von einem indifferenten Gase durchstrSmt wird. In Absfanden von je 1 Stiinde werden jedesmal 10 ccm konzentrierte Salzsaure einflieBen gelassen und das Ganze aul maBiger Temperatur insgesamt 4 Stunden ge- halten. Dabei wird das Tetrathionat quantitativ zu Schwefelwasser- stoff reduziert ; durch Ubertreiben in Cadmiumacetatliisung wird seine Nenge wieder, wie oben angegeben, ermittelt. Zieht man davon die kleine Menge ab, welche dem zum Zuriicktitrieren des Jodiiberschusses gebrauchten Thiosulfat entspricht, so ergibt sich dessen Menge fur die angewandte Substanz, und der ihm zugehiirige Jodverbrauch. Die Differenz von diesem gegen den Gesamtjoclver- brauch entspricht dem Sulfit.

Zur Bestimmung des Sulfats wurde eine zweite Probe unter LuftabschluB rnit Salzsaure zersetzt, das aus dem Sulfit und dem Thiosulfat dabei entstehende Schwefeldioxyd abgeblasen, die Lasung vom Schwefel abfiltriert und kalt mit Chlorbaryum gefallt, eine 'Vor- sicht, die mit Riicksicht auf die bei der Thiosulfatzersetzung ent- stehenden kleinen Mengen von Polythionat geboten war.

- l) Z. anorg. M. allg. Chenz. 134 (1924), 265.

Zwsetmng der sehwefligsuuren Sake itz der Gliihhiize. 285

SchlieBlich wurde noch der Gesamtschwefel im festen Reaktions- produkte bestimmt, indem dieses heiB mit Brom oxydiert und der dabei entstandene Sulfatschwefel ebenfalls heiB als BaSO, gefiillt wurde. Dessen Menge entspricht der Summe von Sulfit-, Sulfat- und Thiosulfatschwefel im Ruckstande, die gegebenenfalls durch den in diesem gebliebenen elementaren Schwefel erhoht wird.

Aus den so ermittelten analytischen Daten kann die Menge des frei gewordenen Schwefels berechnet werden. Setzt man! in Hundertteilen des Sulfitschwefels des Ausgangsmaterials

den gesamten S-Gehalt des Schiffchens = a den als SO, aufgefangenen S = b und den S-Gehalt der Ausgangsmenge = c = 10Oo/,,;

so ist die Menge des aus dem Schiffchen verdampften Schwefels d = 100 - (a + b).

die Menge des im Schiffchen gebliebenen Sulfit-S = B

Setzt man ferner:

11 7 ) 71 >f ,? gefundenen Sulfat-S = f >l ?I > I I> >> ,, Thiosulfat-S = g

so ist die Menge des im Schiffchen gebliebenen freien Schwefels r'z = u - (e + f+g). Bis 450°, also bis etwa zum Siedepunkte des Schwefels hatte h positive Werte, die griiBer als die Versuchsfehler erscheknen, w&hrend uber 450° beide GroBen innerhalb der Versuchsfehler gleich waren. Andererseits lag d bis 45Q0 innerhalb der Versuchsfehler und nahm bei hiiherer Temperatur stark zu.

Die Ergebnisse einer Reihe einstundiger Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt und durch Figur 6 veranschaulicht, fur die Kurve des unzersetzten Sulfit-S ist hier der MaBstab der Ordinate der halbe wie fur die anderen Kurven, jener ist auf der rechten, dieser auf der linken Seite der Figur 6 angegeben.

Tabelle 8. Zersetzung von Magnesiumsulfit bei wechselnden Temperaturen

in ie einstiindigen Versuchen.

$ a '"

2 Unzer-

setzt ge blieben so,-s

gulfat.

in ' / o

= f -___ 7,3

13,7 17,O

Thio- Gesamt sulfat- S im

S Schiff- in o/o chen

2,5 I 98,O 5,2 95,9

= g in o/,,= ~~

Verfluch- tigter ele- men tarer S in O/,

LOO -(cc+b)=, ~~ -___ -

- 0,9 0,4 - 0,5 0,4 694

13,9

[m Schiffchen gebliebener

freier S in Ol0 a-(e+f+g)=h

- ~

Ge- samt. freier 3 ino J,, =h+d

3,5 2,3 2,3 275 7 92

~- -~ -_

13,9

A h so, wi:t:eS;el s in

= 6

300 350 400 450

84,7 75,l 69,5 67,5

286 F. Foemtw ufid I<. Iihbel.

Wie man aieht, ist das Verhalten des Magnesiumsulfits beim Erhitzen ein sehr verwickeltes. Von den anfangs entstandenen Pro- dukten, Sulfat und Thiosulfat, verschwindet bei hijherer Temperatur das Thiosulfat wieder, und je mehr dies der Fall ist, umso starker tritt freier Schwefel hervor, wahrend das Sulfat weiter an BiEenge zunimmt. Von Anfang an entweicht Schwefeldioxyd ; aber seine Menge wlichst zunachst nur Iangsam, urn zwischen 500 und 550° rasch anzusteigen. Da aber jetzt daneben nur Sulfat im Zersetzungs- produkte bleibt, und zugleich reichliche Mengen freien Schwefels verdampfen, kann hier bei weitern nicht aller angewandte Schwefel in Schwefeldioxyd ubergefuhrt werden.

Es haudelt aich hier offenbar um mehrere sich uberlagernde

1. Umsetzung von Sulfit zu Sulfat und Thiosulfat. 2. Zersetzung von Thiosulfat unter Bildung von freiem Schw efel. 3. Zersetzung von Sulfit in Schwefeldioxyd und Magnesia. Bei den niedrigsten Temperaturea, bei deneo die Zersetmng

des Magnesiumsulfits stattfindet, fiihrt diese in langsamer Reak.tion zu Sulfat und Thiosulfat. Der gleiche Vorgang iat schon bekrmnt fur die Zersetzung des Alkalibisulfits.l) Hierbei verlauft er wahr- scheinlich im Sinne der Gleichungen:

2HSO,’+SO,” + H,SO,; 2H2S0, ->S,O,” + 2 H + H,O. (24) I) F. FOERSTER, F. LANNGIE, 0. DROSSBACFI und W. BEIDEL, 2. ano~g. +A. ally.

Vorgange ; welche vermutlich die folgenden sind:

Chem. 198 (1923), 267, 300.

Zersetzzmg der schwefligsauren Salxe in dey Gliihhit ze. 28 7

Wahrend nun das gesattigte Natriumsulfit in nraBriger Losung selbst bei 16stundigem Erhitzen auf 150° unvernndert bleibtl), ist es sehr interessant, daB festes Magnesiumsulfit bei 3 O O o und dariiber Bhnlich wie Alkalibisulfit zu zerfallen vermag. In Analogie zu diesem muBte der Vorgang im Sinne der Gleichungen:

2 MgSO, 3 MgSO, + MgSO, (25) 2 MgSO, 3 MgS,Q, + MgO ( 2 6 ) 4MgS0, 3 2MgS0, + MgS,O, + MgQ (27)

verlaufen, also das Tliiosulfat aus dem intermediaren Sulfoxylat unter Abspaltung von Magnesiumoxyd sich bilden, wahrend es bei der Bisulfitzersetzung unter Wasserabspaltung entsteht, kein Wunlder also, daB der Vorgang bei der Zersetzung eines gesattigten Sulfits sehr vie1 hoherer Temperatur bedarf und auch nur bei dem verhalt- nismaBig leicht zersetzlichen Nagnesiumsulfit bei nicht allzu lioher Temperatur merklich mird.

Bei ihm niuB Sulfat- und Thiosulfatschwefel in gleicher Menge entstehen. Die Versuche lehren aber, daB im Reaktionsprodukte bei den niederen Temperaturen 2 bis 3 ma1 soviel Sulfat- als Tliio- sulfatschwefel auftritt. Da nun aber letzterer bei htiherer Tem- peratur verschwindet, wahrend gleichzeitig reichlich elementarer Schwefel frei mird, so darf man wohl annehmen, dab dieser der Zersetzung des Thiosulfats entstammt, und daB dieser Zerfall, wenn freilich zunachst nur langeam, schon wahrend der Entstehung des Thiosulfats stattfindet, so da6 dieses immer nur zum Teil in der Reaktionsmasse erhalten bleibt.

Da dieser Zerfall im Sinne der Gleichung MgS,O, --t MgSO, + S (28)

vor sich gehen miiBte, hatte man die doppelte Menge des gefundoiien freien Schwefels der des im Reaktionsprodukt verbliebenen Thio- sulfatschwefels hinzuzufiigen, um die Menge des ursprunglich neben dem Sulfatschwefel entstandenen Thiosulfatschwefels zu finden. &,ber auch dann bleibt, wie sich aus Tabelle 8 ergibt, das Verhaltnis beider zum Teil nicht unbetrachtlich hinter dem Betrage 1 : 1 zuriick. Berucksichtigt man aber die kleinen Mengen, um die es sich dabei iiberhaupt handelt, und den zu ihrer Ermittelung erforderlichen umstiindlichen Analysengang, und beachtet man ferner, da8 da, wo alles Thiosulfat verschwunden ist, und gro8ere Mengen freien Schwef'els

I) F. FOERSTEB, P. LANGIE, 0. DEOBSEACH und W. SEIDEL, 2. aizo~g. a. allg. Chern. 128 (1923), 265.

288 F. Fo'oerstey und K. Kubel.

auftreten, diese in der Tat gerade halb so groB sind, wie die des gleichzeitig entstandenen Sulfatschwefels, so darf man wohl vorkufig, bis weitere, vor allem uber langere Versuchszeiten auszudehnende und mit verbesserten analytischen Verfahren zu verfolgende Vewuche vorliegen, die eben dargelegte Auffassung als in erster Annaherung giiltig ansehen.

Bemerkenswert ist es fur den ersten Teil der Zersetzung des Magnesiumsulfits, daE zwischen 400 O und 450 O eine VerzGgerung darin einzutreten scheint. Erst bei 400° ist die Abgabe der letzten Wassermengen beendet; es ist moglich, daE diese eine gewisse be- schleunigende Wirkung auf die erste Zersetzung ausuben, so daB sie, nachdem alles Wasser verschwunden ist, zunachst nur sehr langsam fortschreitet. Erst durch weiter gesteigerte Temptzatur wird sie wieder lebhafter ; jetzt aber ist auch die Zerfallsgeschwindig- keit des Thiosulfats so groE, daB statt seiner immer groSere Miangen seiner Zersetzungsprodukte S und Sulfit bzw. SO, auftreten.

I n diesem Temperaturgebiet, oberhalb 500°, wird nun aber die Geschwindigkeit der vorher schon in magigem Umfange den ersten Zerfallsvorgang begleitenden Dissoziation des Magnesiumsulfits

MfgSO, --t NgO + SO, (29) sehr bedeutend und ein groBer Teil des noch ubrig gebliebenen Sulfits fallt ihr anheim.

Der Unterschied zwischen dem Magnesiumsulfit und den Sulfiterr des Calciums und Natriums liegt also einerseits darin, daf3 (3s bei vie1 tieferer Temperatur als diese in Basis- und Saureaohydrict zer- fdlt. Die Beziehungen der drci Sulfite zueinander sind in dieser Hinsicht ganz ahnliche, wie sie fur die entsprechenden Karbonate wohl bekannt sind. Andererseits ist es der bei niederer Temperatur eintretende Zerfall des Magnesiumsulfits in Sulfat und Thiosulfat, welcher diesen vor der Zersetzung der anderen Sulfite auszeichnet. Ob hierin ein grundsatzlicher Unterschicd liegt , ist zu bezweifeln. Es ware sehr wohl denkbar, da8 auch bei diesen primiir ein solcher Zerfall eintrate. Bei der hohen Temperatur aber, bei welcher dies bei den anderen Sulfiten geschahe, kijnnte das Thiosulfat mit dem bei seiner Entstehung gebildeten Metalloxyd alsbald im Sinne der Gleichung

sich umsetzen und so das Sulfid in diesen Fallen zustande koinmen. Der Zerfall des Sulfits verliefe dann hier folgendermaEen:

M2S,0, + M,O -+ N2S0, + M,S (30)

2 M,SO, -+ M,SO, + M,SO, 2M2S02 -+ M,S,O, + M,O _--________ -+ M,SO, + M,S, ?M,SO, -+ 3M,SO, + M,S.

(31) (32)

(1) Es ist wenig wahrscheinlich, dab, zumal im festen Zustande,

ein einzelner Vorgang stattfinden sollte, an dem 4 Molekeln teil- nehmen, wie es der Fall sein muBte, wenn die Gleichung (1) wirklich den primken Vorgang wiedergabe. Durch ihre Zerlegung in die Teilvorgange (31) und (32) wurde diese Annahme vermieden und zu- gleich eine einheitliche Auffassung fur die Zersetzung aller hier untersuchten Sulfite gewonnen. Die Uberlegungen iiber die beim Zerfall des Calciumsulfits gegen Ende der Umsetzung sich geltend machenden Verzogerungen werden hierdurch nicht wesentlich beruhrt, denn es miissen auch im Sinne der Gleichungen (31) und (21) mehrere SO,” bzw. SO,” in unmittelbaro Beruhrung gelangen, damit die Umsetzung vor sich gehen kann.

Mit dem Verhalten des Magnesiumsulfits beim Erhitzen musven auch die Erscheinungen im Zusammenhange stehen, die sich bei der Reduktion von Magnesiumsulfat mit Kohlenstoff zeigen. Diese sind von C. H. RIESENFELD und A. FABER~) naher uiitersucht worden. Dabei zeigte sich, da8 die Reaktion zwischen Magnesiumsulfat und Kohlenstoff bei 650° in 1 Stunde recht betrachtlichen Umfang hat. Ihr besonderes Geprage tritt aber erst bei hoherer Temperatur deutlich hervor. Wird bei 750° und dariiber auf lMgSO, zur Reduktion 1 C angewandt, so daD also, falls dieser nur in CO uber- geht, 1 MgSO, entstehen konnte, so wird das Magnesiumsulfat quan- titativ in Magnesiumoxyd verwandelt, und sein gesamter Schwefel- gehalt entweicht gasformig und zwar als ein Gemisch von Schwefel- dioxyd und Schwefel. Der letztere verdankt dabei seine Entstehnng, wie RIESENFELD und FABER nnchweisen, der Wechselwirkung des zunachst entstandenen Schwefeldioxyds rnit dem sich ihm bei- mischenden Kohlenoxyd, die in das Gleichgewicht SO, + 2 CO qzt S + 2 CO, treten ,)). Die Reduktion des Magnesiumsulfats verlauft S ~ S O

bei 750° und daruber anscheinend im S h e der Gleichungen: MgSO, + C --P MgSO, + CO;

J. s 0 , + 2 c 0 S + 2 C 0 2 ((33) MgO + so,;

1) Jourm. prakt. Ch. 100 (1920), 116. *) Ahnlich durfte wohl auch sonst das Auftreten des freien Schwefels

veranla6t sein, wenn bei der Reduktion vou Sulfat gleichzeitig SO, und CO frei werden und kein Sauerstoff da ist, urn letzteres zu verbrennen; vergl. :e. B. die oben angefuhrten Versuche von FREIY.

I. anorg. u. allg. Chem. Bd. 139. 19

290 3. Foberster clnd K. Kubel.

Die Umwandlung in Sulfat und Thiosulfat scheint bei diesen Tempe- raturen durch die schon bei 550° nach unseren Versuchen stark vorwiegende Dissoziation des Sulfits ganz uberholt zu werden. Ware es anders, so mu6te jedenfalls ein Teil des freigewordenen Scbwefels unmittelbar aus der Reduktionsmasse stammen und eine entsprechende Menge Sulfat dabei zuruckgeblieben sein; das ist jedoch niclit der Fall. Bei 650° aber fanden RIESENFELD und FABER, wenn auf lMgS0, 1 oder 1,5 C angewandt wurde, da6 die Reduktion des Magnesiumsulfats nur zu etwa '1, in 1 Stunde verlaufen war und wieder nur zu Magnesiumoxyd, Schwefeldioxyd und Schwefeldampf gefiihrt hatte. Es ist wahrscheinlich, daB jetzt ein Teil des freien Schwefels, wenn auch wohl niir der kleinere, primar schon auB dem Thiosulfat in die gasformigen Reaktionsprodukte ubergegangen ist.

Wird die Menge des dem Sulfat zugesetzten Reduktionskohlen- stoffs so groB bemessen, daB 2 oder mehr Atome C auf IDlgSO, kommen, so tritt Magnesiumsulfid als Reduktionsprodukt auf, freilich gegenuber dem auch jetzt noch den Hituptanteil im festen Reak- tionsprodukt bildenden Magnesiumoxyd in untergeordneter Menge. Dabei bleiben, wie hiernach nicht anders zu erwarten, recht be- trachtliche Mengen Kohlenstoff unverbraucht. Aber das Reak tions- produkt enthalt auch - selbst bei 950° - noch Mdagnesiumwlfat, wie RIESENFELD und FABER annehmen, iiifolge Abschlusses dieses Salzes vom Kohlenstoff durch Schutzschichten von Magnesiumsulfid, Es bleiben hier also auch bei 950° Sulfat und Sulfid nebeneinander in gewissem Grade bestehen. Diese Beobachtung zeigt einen groBen und sehr interessanteii Unterschied der Magnesiumverbindungen z. B. von denen des Calciums. Denn vermochten auch hier Sulfat und Sulfid wie dort aufeinander zu wirken, so sollten sie bei der groBen Zersetzlichkeit des Magnesiumsulfits nicht nur bei 950 O, sondern schon bei 650° schnell und weitgehend unter Bildung van Magne- siumoxyd und Schwefeldioxyd verschwunden sein. Der geringeren Bestandigkeit des Magnesiumsulfits entspricht es wohl, daB es sich auch nicht in kleiner Menge neben Sulfat und Sulfid im Gleich- gewicht halten kann, also hier die €ur das Verhalten des Call 3 i um- und des Natriumsulfits bei hoher Temperatur ma6gebende Gleich- gewichtsverschiebung nicht eintreten kann. Es wird wichtig sein, diesem Unterschiede &her nachzugehen.

Unsere Versuche uber den Zerfall der schwefligsauren Salze lassen, wie das Vorstehende zeigt, noch mancherlei wichtige Firagen offen. Wenn wir sie trotzdem jetzt schon veroffentlichen, s3 ge-

Zersetxzmg der schweflkgsauren. Salxe in der ffliihhitxe. 291

schieht dies, weil sie durch manche der jiingst aus der Technik hervorgegangenen Patente beruhrt werden. Die Bearbeitung der noch nicht geniigend geklkten Fragen, vor allem betreffs des Ver- haltens des Magnesiumsulfits, sol1 fortgesetzt werden.

5. Znsammenfassung. 1. Calcium- und Natriumsulfit zersetzen sich oberfialb 6500

(4

bzw. 600° mit grijBerer Geschwindigkeit in Sulfat und Sulfid:

4M,SO, --t 3M2SO, + M,S . 2. Bei Natriumsulfit verlauft der Vorgang ohne Nebenzersetziing,

bei Calciumsulfit ist er von einer ganz geringfiigigen Dissoziation des Sulfits

begleitet. 3. Die Umsetzungsgeschwindigkeit ist beim Natriumsulfit bei

gleicher Temperatur erheblich grijJ3er als beim Calciumsulfit , das Reaktionsprodukt ist dort bei 700 O geschmolzen, hier auch bei 800° nur schwach gefrittet.

4. Im Schmelztlusse der Natriumverbindungen bleiben ebonso wie im Reaktionsprodukte des Calciumsulfits noch einige Prozente des Sulfits auch bei langerer Reaktionsdauer unverandert. Dies berechtigt zu der Annahme, daB der Vorgang zu dem stark rechts- seitig verschobenen Gleichgewichte :

CaSO, --t CaO + SO, cs,

fuhrt. 4M2S0, 3M,SO,+M,S (Y)

5. Von 900° an setzen sich Sulfat und Sulfid von Calcium bzw. Natrium weiter um unter Entwicklung vom Schwefeldioxyd und Rildung des betreffenden Metalloxydes, indem das im Gleichgewicht (7) verbliebene Sulfit nach

(8 dissoziiert, und so Gleichgewicht (7) gestort und weitgehend links- seitig ver~lchoben wird.

6. Bei den Calciumverbindungen ist diese Umsetzung bei 1000° bis llOOo fast vollstandig; mindestens 93 bis 94 ihres Schwefel- gehalts werden als SO, entwickelt, daneben treten geringe Meiigen freien Schwefels auf und im Riickstande bleibt neben Calciumoxyd ein wenig Calciumsulfat, wahrscheinlich weil bei diesen Temperaturen das Gleichgewicht 3S0, 75 2S0, + S merklich wird.

7. Bei den Natriumverbindungen erfolgt der gleiche Zerfall weit

M,SO, f- M,O + SO,

19*

292 Iii Foerster u. K. Kubel. Zersetxulzg &r schwefligsaurem Salm usw.

trager; auch bei 1200O ist er in 2 Stunden noch erheblic'h un- vollstindig.

8. Eine Reihe technischer Prozesse, bei denen die oben er- wahnten Umwandlungen eine Rolle spielen, werden erSrtert und finden ihre vielfach bisher noch vermiBte Aufkliirung.

9. Magnesiumsulfit zersetzt sich schon von etwa 300° an. Es gibt dabei einerseits Sulfat und Thiosulfat, die wahrscheinlich, a h - lich wie beim Zerfall der Bisulfite in waBriger LGsung, nach

2MgS0, ---+ MgSO, + MgSO, (4 2MgS0, --+ MgS,O, + MgO (5)

MgS,O, --f MgSO, + S ki1

10. Andererseits tritt schon neben jenem Zerfall die Dissoziation MgSO, yz? MgO + SO, (If).)

ein. Von 500° an nimmt sie stark an Umfang zu; da aber die Vorgange (a) bis (q) Sulfat und Schwefel ergeben, gibt auch bei hoherer Temperatur der freiwillige Zerfall des Magnesiumsulfits zwar uberwiegend Magnesiumoxyd und Schwefeldioxyd, daneben aber auch in betrachtlichem MaBe Sulfat und freien Schwefel.

11. Er wird aber vollstandig, wie RIESENFELD und FABER ge- funden haben, wenn Magnesiumsulfat bei 'I 50° oder daruber mit 1 C auf 1 MgSO, reduziert wird, wlhrend bei groBerer Kohlenstoff- menge auch Magnesiumsulfid entsteht und uberraschenderweise selbst bei 950° neben unverandertem Sulfat in 1 stundigen Versuchen be- stehen bleiben kann.

sich bilden.

und zwar mit gesteigerter Temperatur immer vollstindiger.

Das Thiosulfat zerfallt dabei teilweise nach

Dresden, Institut f i anorgan. Chernie der Techlzischen. Hochschul6, 31. Juli 1924.

Bei der Redaktion eingegangen am 4. August 1924.


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