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Bemessung stabilisierender VerbÀnde und Schubfelder

Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag behandelt die Beanspruchung von VerbĂ€nden und Schubfeldern, die zur Stabilisierung biegedrillknickgefĂ€hrdeter TrĂ€ger herangezogen werden. Es wird ein Ingenieurmodell zur Beschreibung der Stabilisierungslasten aus den Differentialgleichungen des Biegetorsionsproblems nach Theorie II. Ordnung mit Wölbkrafttorsion abgeleitet und NĂ€herungsformeln fĂŒr die Bemessung stabilisierender Konstruktionen angegeben. Anhand von Beispielen wird die Anwendung der NĂ€herungsformeln vorgefĂŒhrt und Anwendungsgrenzen fĂŒr das praxisĂŒbliche Modell „Druckgurt = Druckstab“ aufgezeigt. 1 EinfĂŒhrung

Zur Stabilisierung schlanker biegeknick- oder biegedrillknickgefĂ€hrdeter Bauteile werden im Stahlbau hĂ€ufig VerbĂ€nde oder Schubfelder angeordnet. Bild 1 zeigt schematisch den Dachverband einer Stahlhalle zur Aufnahme von Windlasten und zur Stabilisierung der biegedrillknickgefĂ€hrdeten Rahmenriegel der in Hallenquerrichtung angeordneten Zweigelenkrahmen. Der Dachverband wird in der Regel in der Obergurtebene der Rahmenriegel angeschlossen, um ein seitliches Ausweichen des gedrĂŒckten Obergurtes der Rahmenriegel zu behindern. Typische Konstruktions-beispiele fĂŒr VerbĂ€nde mit Querschnitten und Anschlußdetails sind in [11] ausfĂŒhrlich beschrieben.

Bild 1 Dachverband einer Stahlhalle zur Aufnahme von Windlasten und zur Stabilisierung biegedrillknickgefÀhrdeter Rahmenriegel

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Um die aussteifende Wirkung einer Stabilisierungskonstruktion fĂŒr den Tragsicher-heitsnachweis der stabilisierten Bauteile in Rechnung stellen zu können, ist es erforderlich, eine sichere Aufnahme der auftretenden Stabilisierungslasten nachzuweisen. Unter dem Begriff Stabilisierungslasten werden die KrĂ€fte verstanden, die von der Stabilisierungskonstruktion auf den biegedrillknickgefĂ€hrdeten TrĂ€ger ĂŒbertragen werden. Sie wirken auf die stabilisierende Konstruktion belastend und auf den TrĂ€ger stĂŒtzend. Die Berechnung von Stabilisierungslasten zur Bemessung von stabilisierenden Konstruktionen erfolgt in der Baupraxis fast ausschließlich mit NĂ€herungsverfahren, welche den Druckgurt von biegedrillknickgefĂ€hrdeten TrĂ€gern isoliert vom restlichen Querschnitt als kontinuierlich gestĂŒtzten Druckstab mit konstanter Normalkraft behandeln. Bild 2 zeigt das zugehörige statische Modell zur Berechnung von Stabilisierungslasten nach Gerold [4], Petersen [5] oder EC3 [3]. Die Stabilisierungs-last qS, die auf die seitliche StĂŒtzkonstruktion wirkt, berechnet sich aus der Bedingung, daß KrĂ€ftegleichgewicht am gehaltenen Gurt herrscht. Das Modell kann als „eben“ bezeichnet werden, da nur KrĂ€fte und Verformungen in der Obergurtebene betrachtet werden. Die Auswirkung der seitlichen Verformung des Untergurtes und damit die rĂ€umliche Verdrehung ϑ des Querschnittes werden nicht berĂŒcksichtigt.

Bild 2 Modell „Druckgurt = Druckstab“ zur Berechnung von Stabilisierungslasten nach Gerold [4], Petersen [5] oder EC3 [3]

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Durch die Vereinfachung des tatsĂ€chlich vorhandenen rĂ€umlichen Biegetorsions-problems auf das Druckstabmodell gemĂ€ĂŸ Bild 2 werden eine Vielzahl von Einflußparametern vernachlĂ€ssigt: ‱ Torsionssteifigkeit des stabilisierten TrĂ€gers ‱ Drehbettung des TrĂ€gers durch angrenzende Bauteile ‱ Verlauf des Biegemoments My (x) ‱ Verlauf und GrĂ¶ĂŸe der Querkraft Vz (x) ‱ Angriffspunkt im Querschnitt und GrĂ¶ĂŸe von Querlasten qz ‱ ExzentrizitĂ€t zwischen einer im Schwerpunkt wirkenden Normalkraft N und der

Ebene der seitlichen StĂŒtzung in Höhe des TrĂ€gergurtes ‱ Lokale Verformungen v und ϑ zwischen benachbarten StĂŒtzstellen bei seitlicher

StĂŒtzung in diskreten Punkten Bei TrĂ€gern mit seitlicher StĂŒtzung am Obergurt und Belastung durch negative Biegemomente ist der Zuggurt und nicht der Druckgurt seitlich gehalten. In diesen FĂ€llen kann das Druckstabmodell offensichtlich nicht zu richtigen Ergebnissen fĂŒhren. Der vorliegende Beitrag behandelt die Stabilisierungslasten biegedrillknickgefĂ€hrdeter TrĂ€ger mit seitlicher StĂŒtzung als rĂ€umliches Problem. Zu diesem Zweck wird ein Ingenieurmodell zur Beschreibung der Stabilierungslasten aus den Differential-gleichungen des Biegetorsionsproblems nach Theorie II. Ordnung mit Wölbkraft-torsion hergeleitet und NĂ€herungsformeln fĂŒr die Berechnung von Stabilisierungs-lasten angegeben.

FĂŒr alle Herleitungen im vorliegenden Beitrag gelten die ĂŒblichen Annahmen der Stabtheorie und zusĂ€tzlich folgende Voraussetzungen: ‱ Es werden nur doppeltsymmetrische, offene, dĂŒnnwandige Querschnitte

behandelt. ‱ Örtliche InstabilitĂ€t (Beulen) wird nicht betrachtet. ‱ Die Lagerung der TrĂ€ger wird als Gabellager ausgefĂŒhrt.

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Bezeichnungen

ϑ0 Vorverdrehung der Stabachse v0, w0 Vorverformung in Richtung y, z vOG, vUG Verschiebung von Obergurt, Untergurt in Richtung y L StĂŒtzweite h, b Höhe, Breite des Querschnitts hS Abstand der Gurtmittelpunkte

AII

i zy2p

+= Polarer TrÀgheitsradius

cϑ Drehbettung um die Stabachse S* Schubfeldsteifigkeit N Normalkraft, als Zugkraft positiv NGurt Gurtnormalkraft, als Druckkraft positiv qS Stabilisierungslast bei kontinuierlicher StĂŒtzung in Richtung y QS Querkraft in der Stabilisierungskonstruktion infolge Stabilisierungslast

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2 Ingenieurmodell fĂŒr Stabilisierungslasten beim Biegetorsionsproblem

Die praxisĂŒblichen Verfahren zur Berechnung von Stabilisierungslasten nach Gerold [4], Petersen [5] oder EC3 [3] behandeln den Druckgurt von BiegetrĂ€gern als Druckstab, vergleiche dazu Bild 2. Diese einfache Modellvorstellung ermöglicht die Beschreibung von Stabilisierungslasten als Funktion der Normalkraft und der Verformung des stabilisierten Gurtes auf der Grundlage der Differentialgleichung des Druckstabes.

( ) Gurt,yGurtGurtGurtGurt,z qvNvEI =â€Čâ€Č⋅+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ (1) Wird der Gurt in y-Richtung durch eine Stabilisierungskonstruktion seitlich gestĂŒtzt, so kann die auf die seitliche Halterung wirkende Stabilisierungslast als Ersatzbe-lastung fĂŒr den Einfluß der Gurtnormalkraft in Verbindung mit der Verschiebung des Gurtes in y-Richtung aufgefaßt werden.

( )â€Čâ€Č⋅−== GurtGurtErsatz,Gurt,yS vNqq (2) Mit Gleichung (2) können die Stabilisierungslasten beim Biegeknickproblem berechnet werden. Die Anwendung dieser Gleichung auf das tatsĂ€chlich vorliegende Biegetorsionsproblem stellt eine NĂ€herung dar. Zur Beschreibung der beim Biegetorsionsproblem auftretenden Stabilisierungslasten kann das Konzept der Ersatzbelastung aus dem Modell „Druckgurt = Druckstab“ auf das rĂ€umliche Modell eines seitlich gestĂŒtzten biegedrillknickgefĂ€hrdeten TrĂ€gers ĂŒbertragen werden. Dieses Verfahren soll als „Ersatzbelastungsverfahren – Biegedrill-knicken“ oder kurz EBV-BDK bezeichnet werden. Mit dem EBV-BDK wird ein Ingenieurmodell fĂŒr die Stabilisierungslasten beim Biegetorsionsproblem angegeben, mit dessen Hilfe die EinflĂŒsse aus Imperfektionen, elastischen Verformungen und planmĂ€ĂŸiger Belastung von seitlich gestĂŒtzten TrĂ€gern als horizontale Ersatzlasten qy in Höhe der Gurte von doppeltsymmetrischen I-Quer-schnitten behandelt werden können. Das Biegetorsionsproblem eines durch Normalkraft und Biegung um die y-Achse belasteten vorgekrĂŒmmten und vorverdrehten TrĂ€gers mit doppeltsymmetrischem Querschnitt kann mit den gekoppelten Differentialgleichungen (3a) und (3b) be-schrieben werden.

y00yz q))vv(N())(M(vEI =â€Čâ€Č+⋅−â€Čâ€Čϑ+ϑ⋅+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ (3a)

)(zqcGIEI 0pzT ϑ+ϑ⋅⋅+ϑ⋅+ϑ â€Čâ€Č⋅−ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ ϑω

x02p0y m))(iN()vv(M =â€Čâ€Čϑ+ϑ⋅⋅−â€Čâ€Č+⋅+ (3b)

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Isoliert man die Steifigkeitsanteile, die mit den vierten Ableitungen der Verformungen v und ϑ gekoppelt sind und faßt man die ĂŒbrigen Steifigkeits- und Lastterme als Ersatzbelastungen auf, so lassen sich die Gleichungen (3a) und (3b) als Gleichung (4a) und (4b) schreiben.

Ersatz,yyz qqvEI +=â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ (4a)

Ersatz,xx mmEI +=ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ω (4b) mit qy,Ersatz = 0z0z0y qV2M ϑ⋅+ϑâ€Č⋅⋅−ϑ â€Čâ€Č⋅− ϑ⋅+ϑâ€Č⋅⋅−ϑ â€Čâ€Č⋅− zzy qV2M vNvNvNvN 00 â€Č⋅â€Č+â€Čâ€Č⋅+â€Č⋅â€Č+â€Čâ€Č⋅+ mx,Ersatz = ϑ⋅⋅−ϑ⋅⋅−ϑ⋅−ϑ â€Čâ€Č⋅ ϑ pz0pzT zqzqcGI vMvM y0y â€Čâ€Č⋅−â€Čâ€Č⋅−

ϑâ€Č⋅⋅â€Č+ϑ â€Čâ€Č⋅⋅+ϑâ€Č⋅⋅â€Č+ϑ â€Čâ€Č⋅⋅+ 2p

2p0

2p0

2p iNiNiNiN

Bei der Formulierung des Ersatzstreckentorsionsmomentes mx,Ersatz gemĂ€ĂŸ Gleichung (4b) ist zu beachten, daß die Auswirkungen von Torsionsverdrehungen ϑ in Verbindung mit der St. Venant’schen Torsionssteifigkeit GIT und der Drehbettung cϑ ebenfalls der Ersatzbelastung zugerechnet werden und damit der Einfluß der Torsionssteifigkeit von TrĂ€ger und Drehbettung auf die Stabilisierungslasten berĂŒcksichtigt wird. Man kann Gleichung (4a) als Biegung um die z-Achse unter Ersatzbelastung qy und Gleichung (4b) als reine Wölbkrafttorsion unter Ersatzbelastung mx verstehen. Die Wirkung der St. Venant’schen Torsionssteifigkeit GIT und der Drehbettung cϑ sind dabei nicht vernachlĂ€ssigt, sondern in der Ersatzbelastung mx,Ersatz enthalten. Reine Wölbkrafttorsion lĂ€ĂŸt sich als Gurtbiegung interpretieren. Die Torsions-momente mx und mx,Ersatz können deshalb in ein KrĂ€ftepaar aus Ersatzlasten qy,OG und qy,UG in Höhe der Querschnittsgurte zerlegt werden. Bild 3 verdeutlicht diese Vorgehensweise, die mit „Gleichgewicht am Querschnitt“ beschrieben werden kann. Mit hS als dem Abstand der Gurtmittelpunkte erhĂ€lt man die Obergurtlast qy,OG und die Untergurtlast qy,UG gemĂ€ĂŸ Gleichung (5a) und (5b).

)mm(h1)qq(

21q Ersatz,xx

SErsatz,yyOG,y +⋅++⋅= (5a)

)mm(h1)qq(

21q Ersatz,xx

SErsatz,yyUG,y +⋅−+⋅= (5b)

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Bild 3 Gleichgewicht der Ersatzlasten am Querschnitt

Benutzt man fĂŒr die Gleichungen (5a) und (5b) anstelle der rechten Seiten die linken Seiten der Gleichungen (4a) und (4b), so ergeben sich die Gleichungen (6a) und (6b).

ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅= ωEIh1vEI

21q

SzOG,y (6a)

ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅−â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅= ωEIh1vEI

21q

SzUG,y (6b)

Diese lassen sich mit Hilfe der Beziehungen (7) bis (10) in die Gleichung (11a) „Obergurtbiegung“ und die Gleichung (11b) „Untergurtbiegung“ ĂŒberfĂŒhren.

)vv(21v UGOG +⋅= (7)

)vv(h1

UGOGS

−⋅=ϑ (8)

mit vOG = Verschiebung des Obergurtes in y-Richtung vUG = Verschiebung des Untergurtes in y-Richtung

4hII

2S

z ⋅=ω (9)

2III z

UG,zOG,z == (10) mit Iz,OG = Biegesteifigkeit des Obergurtes um die z-Achse Iz,UG = Biegesteifigkeit des Untergurtes um die z-Achse Die Gleichungen (7) und (8) gelten fĂŒr kleine Verdrehungen ϑ. Die Gleichungen (9) und (10) gelten fĂŒr doppeltsymmetrische I-Profile, wenn die BeitrĂ€ge des Steges und der Walzausrundungen bei der Berechnung von Iz vernachlĂ€ssigt werden.

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)vv(h1

4hEI2

h1)vv(

21EI2

21q UGOG

S

2S

OG,zS

UGOGOG,zOG,y â€Čâ€Čâ€Čâ€Č−â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅⋅⋅⋅+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅⋅⋅=

OGOG,z vEI â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅= (11a)

)vv(h1

4hEI2

h1)vv(

21EI2

21q UGOG

S

2S

UG,zS

UGOGUG,zUG,y â€Čâ€Čâ€Čâ€Č−â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅⋅⋅⋅−â€Čâ€Čâ€Čâ€Č+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅⋅⋅=

UGUG,z vEI â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅= (11b) Aus den Gleichungen (4a), (4b) und (5a), (5b) ergeben sich die Gleichungen (12a), (12b) fĂŒr die Ersatzlasten qy in Höhe der Querschnittsgurte.

S

xyOG,y h

mq21q +⋅=

00S

y v2Nv

hM

2N â€Č⋅

â€Č+â€Čâ€Č⋅

−+

0S

pz0z

S

2p

0y

S

2p

hz

21qV

hi

N2

Mhi

N ϑ⋅

−⋅+ϑâ€Č⋅

−⋅â€Č+ϑ â€Čâ€Č⋅

−⋅+

v2Nv

hM

2N

S

y â€Č⋅â€Č

+â€Čâ€Č⋅

−+

ϑâ€Č⋅

−⋅â€Č+ϑ â€Čâ€Č⋅

+−⋅+ z

S

2p

S

Ty

S

2p V

hi

Nh

GI2

Mhi

N

ϑ⋅

−

−⋅+ ϑ

SS

pz h

chz

21q (12a)

S

xyUG,y h

mq21q −⋅=

00S

y v2Nv

hM

2N â€Č⋅

â€Č+â€Čâ€Č⋅

++

0S

pz0z

S

2p

0y

S

2p

hz

21qV

hi

N2

Mhi

N ϑ⋅

+⋅+ϑâ€Č⋅

−⋅â€Č−+ϑ â€Čâ€Č⋅

−⋅−+

v2Nv

hM

2N

S

y â€Č⋅â€Č

+â€Čâ€Č⋅

++

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ϑâ€Č⋅

−⋅â€Č−+ϑ â€Čâ€Č⋅

−−⋅−+ z

S

2p

S

Ty

S

2p V

hi

Nh

GI2

Mhi

N

ϑ⋅

+

+⋅+ ϑ

SS

pz h

chz

21q (12b)

Sind die Verformungen v, ϑ und ihre Ableitungen ϑ â€Čâ€Čϑâ€Čâ€Čâ€Čâ€Č ,,v,v bekannt, so können mit Hilfe der Gleichungen (12a) und (12b) die Stabilisierungslasten berechnet werden, die auf die TrĂ€gergurte und auf eine seitliche Halterung am Obergurt bzw. am Untergurt wirken. Die Art der seitlichen Halterung (unverschieblich, biegesteif, schubsteif, Wegfeder, kontinuierlich oder diskret) geht ĂŒber die Verformungen v, ϑ und deren Ableitungen in die Gleichungen (12a) und (12b) ein. Diese Gleichungen sind damit universell anwendbar auf alle Arten von seitlichen StĂŒtzkonstruktionen in Höhe der Querschnittsgurte. 5 Stabilisierungslasten von TrĂ€gern mit konstantem SchnittgrĂ¶ĂŸenverlauf

Betrachtet wird der gabelgelagerte EinfeldtrĂ€ger mit Drehbettung und unverschieblicher seitlicher StĂŒtzung (gebundener Drehachse) im Obergurtmittelpunkt gemĂ€ĂŸ Bild 4. Die Belastung kann aus einer in TrĂ€gerlĂ€ngsrichtung konstanten Normalkraft N und aus einem in TrĂ€gerlĂ€ngsrichtung konstanten Biegemoment My bestehen. Eine positive Normalkraft N ist als Zugkraft definiert. FĂŒr das Biegemoment My gilt, daß bei positivem Vorzeichen der Obergurt und bei negativem Vorzeichen der Untergurt gedrĂŒckt wird. Als geometrische Ersatzimperfektion wird in Übereinstimmung mit den Regelungen im EC3 [3] und im Normkommentar zu DIN 18800 [2] eine VorkrĂŒmmung v0 als Sinushalbwelle angesetzt. Die Differentialgleichung der Verdrehung ϑ zur Beschreibung des vorliegenden Problems mit gebundener Drehachse lautet

( ) ( )â€Čϑâ€Č⋅⋅

+−â€Čϑâ€Č⋅⋅−ϑ⋅+ϑ â€Čâ€Č⋅−ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅ ϑω Ni

4hMhcGIEI2 2

p

2S

yST

= mx – qy · 2hS (13)

mit mx = Ă€ußeres Streckentorsionsmoment qy = Streckenlast im Schubmittelpunkt des TrĂ€gers angreifend

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Bild 4 Gabelgelagerter EinfeldtrÀger mit gebundener Drehachse am Obergurt, sinus-

förmiger VorkrĂŒmmung und Belastung durch konstantes Biegemoment My bzw. konstante Normalkraft N

Da im vorliegenden Fall keine Ă€ußeren Lasten mx und qy angreifen, ergibt sich die rechte Seite von Gleichung (13) nur infolge der Vorverformung in Verbindung mit den SchnittgrĂ¶ĂŸen des TrĂ€gers. Zur Herleitung dieser Ersatzbelastung infolge Vorverformung ist es erforderlich, die gekoppelten Differentialgleichungen der Ver-formungen v und ϑ (14) und (15) des vorverformten TrĂ€gers mit freier Drehachse zu betrachten. Der Grund dafĂŒr liegt darin, daß die geometrische Ersatzimperfektion nicht mit den Randbedingungen des Systems vertrĂ€glich sein muß und folglich auch nicht der bei gebundener Drehachse vorliegenden kinematischen Beziehung zwischen den Verformungen v und ϑ unterliegt.

( ) y00yz q))vv(N()(MvEI =â€Čâ€Č+â‹…âˆ’â€łÏ‘+ϑ⋅+â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ (14)

( ) x02p0yT m)(iN)vv(McGIEI =

â€Čâ€Čϑ+ϑ⋅⋅−â€Čâ€Č+⋅+ϑ⋅+ϑ â€Čâ€Č⋅−ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅ ϑω (15) Bringt man die Terme, die die Vorverformungen v0 und ϑ0 enthalten, auf die rechte Seite, kann man sie als Ersatzbelastungen infolge Vorverformung behandeln.

00y0,y vNMq â€Čâ€Č⋅+ϑ â€Čâ€Č⋅−= (16)

02p0y0,x iNvMm ϑ â€Čâ€Č⋅⋅+â€Čâ€Č⋅−= (17)

Durch Einsetzen in Gleichung (13) erhÀlt man die Differentialgleichung des vorverformten TrÀgers mit gebundener Drehachse.

)N(i4

h)M(hcGIEI2 2p

2S

yST â€Čϑâ€Č⋅⋅

+−â€Čϑâ€Č⋅⋅−ϑ⋅+ϑ â€Čâ€Č⋅−ϑ â€Čâ€Čâ€Čâ€Č⋅⋅ ϑω

= 0S

0S

y02p0y v

2hN

2hMiNvM â€Čâ€Č⋅⋅−ϑ â€Čâ€Č⋅⋅+ϑ â€Čâ€Č⋅⋅+â€Čâ€Č⋅− (18)

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FĂŒr den Sonderfall von in TrĂ€gerlĂ€ngsrichtung konstanten Querschnittswerten in Verbindung mit konstanten SchnittgrĂ¶ĂŸen N und My liegt eine Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten vor. Wird als Form der Vorverformung, wie in Bild 4, eine Sinushalbwelle gewĂ€hlt, so ergibt sich als exakte Lösung fĂŒr den Verlauf der Verdrehung ϑ ebenfalls eine mit den Randbedingungen des gabelgelagerten TrĂ€gers vertrĂ€gliche Sinushalbwelle.

Lxsin)x( m

⋅π⋅ϑ=ϑ (19) Wird als Form der Vorverformung eine quadratische Parabel gewĂ€hlt, so ist die rechte Seite von Gleichung (18) keine Sinushalbwelle, sondern konstant. Die Lösung fĂŒr die Verdrehung ϑ weicht in diesem Fall von der Sinushalbwelle der Gleichung (19) ab. FĂŒr die Verdrehung ϑm in Feldmitte des TrĂ€gers mit Sinushalbwelle als Form der VorkrĂŒmmung v0 ergibt sich als exakte Lösung:

Sy2p

2S

2

2

T2

2

yS

m,0

m

hMi4

hNLcGIL

EI2

M2

hNv

⋅+

+⋅+

π⋅++π⋅⋅

+⋅⋅=ϑ

ϑω

(20)

Man kann dem ZĂ€hler von Gleichung (20) entnehmen, daß der Stich der Verdrehung ϑm proportional zum Stich der VorkrĂŒmmung v0,m ist. ZugkrĂ€fte und Biegemomente mit gezogenem Untergurt verursachen positive Verdrehungen ϑ, wenn die Vor-krĂŒmmung v0 in positiver y-Richtung angesetzt wird. FĂŒr DruckkrĂ€fte und Biegemo-mente mit gedrĂŒcktem Untergurt ergeben sich negative Verdrehungen ϑ. Bei Betrachtung des Nenners von Gleichung (20) erkennt man, daß ZugkrĂ€fte oder Biegemomente mit gezogenem Untergurt die Verdrehung ϑ verringern und Druck-krĂ€fte oder Biegemomente mit gedrĂŒcktem Untergurt die Verdrehung ϑ vergrĂ¶ĂŸern. Dies entspricht der Anschauung, daß Druckspannungen im ungestĂŒtzten Untergurt des TrĂ€gers zu einem StabilitĂ€tsproblem fĂŒhren, welches durch eine ĂŒberproportionale Zunahme der Verformungen bei Laststeigerung gekennzeichnet ist. Auf die sich einstellenden TrĂ€gerverdrehungen ϑ wird hier deswegen eingegangen, da sie einen direkten Einfluß auf die Stabilisierungslasten in der gebundenen Drehachse ausĂŒben. In der durch das EBV-BDK bereitgestellten Formulierung der Stabili-sierungslasten als Produkt von SchnittgrĂ¶ĂŸen bzw. Torsionssteifigkeiten mit den TrĂ€gerverformungen bzw. deren Ableitungen lassen sich alle Anteile entweder der geometrischen Ersatzimperfektion v0 oder der elastischen Verformung ϑ zuordnen. Die Stabilisierungslast kann damit gemĂ€ĂŸ Gleichung (21) in einen Imperfektionsanteil und in einen Verformungsanteil aufgespalten werden.

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ϑ+= ,Sv,SS qqq0

(21)

Lxsin

hM

2N

Lvq

S

y2

m,0v,S 0

⋅π⋅

+−⋅

π⋅= (22)

LxsinL

hc

hGI

4h

hi

NL

q2

SS

TS

S

2p

2

m,S⋅π⋅

π⋅−−

−⋅−⋅

π⋅ϑ= ϑϑ (23)

Die als Stabilisierungsquerkraft QS bezeichnete aufintegrierte Stabilisierungslast, die der Schubfeldkraft in einem Schubfeld oder der Querkraft in einem Aussteifungs-verband entspricht, ergibt sich durch Integration der Gleichungen (22) und (23) unter BerĂŒcksichtigung der Randbedingungen des gabelgelagerten TrĂ€gers.

ϑ+= ,Sv,SS QQQ0

(24)

Lxcos

hM

2N

LvQ

S

ym,0v,S 0

⋅π⋅

+−⋅π⋅= (25)

LxcosL

hc

hGI

4h

hi

NL

Q2

SS

TS

S

2p

m,S⋅π⋅

π⋅−−

−⋅−⋅π⋅ϑ= ϑ

ϑ (26)

Mit der Querkraft QS kann eine Bemessung der seitlichen StĂŒtzkonstruktion erfolgen.

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4 Stabilisierungslasten von TrĂ€gern mit verĂ€nderlichem SchnittgrĂ¶ĂŸenverlauf

BiegetrĂ€ger in der Baupraxis werden ĂŒberwiegend durch verĂ€nderliche Biegemomen-tenverlĂ€ufe beansprucht. Als planmĂ€ĂŸige SchnittgrĂ¶ĂŸe tritt in diesen FĂ€llen neben dem Biegemoment My auch immer die Querkraft Vz auf. Eine geschlossene formelmĂ€ĂŸige Lösung der Differentialgleichung des Biegetorsionsproblems wie in Abschnitt 3 kann aufgrund der VerĂ€nderlichkeit von My als Koeffizient in der Differentialgleichung nicht angegeben werden. Eine Berechnung der Stabilisierungslasten ist deshalb praktisch nur mit Hilfe von Programmen möglich, die in der Lage sind Probleme nach Theorie II. Ordnung mit Wölbkrafttorsion zu behandeln. Beispielhaft seien hier die Programme DRILL [7], BT II [8], WOELB II [12] und KSTAB 2000 [13] genannt. FĂŒr gabelgelagerte einfeldrige TrĂ€ger werden in [6] und [10] auch NĂ€herungslösungen nach der Energiemethode angegeben, welche die Lösung von Matritzengleichungen mit Tabellenkalkulations- oder Taschenrechnerprogrammen erfordern und eine sehr gute Übereinstimmung mit genauen Programmberechnungen nach der Finite-Elemente-Methode liefern. In diesem Abschnitt soll der Einfluß der planmĂ€ĂŸigen SchnittgrĂ¶ĂŸenverlĂ€ufe und der Drehbettung cϑ auf die Stabilisierungslasten eines seitlich gestĂŒtzten TrĂ€gers aufgezeigt werden. Zu diesem Zweck werden die Stabilisierungslasten des Beispiels in Bild 5 mit dem in [10] angegebenen NĂ€herungsverfahren ermittelt. Die Berechnung mit einem der oben angegebenen Programme [7], [8], [12] oder [13] liefert die gleichen Ergebnisse. Der Verlauf der Stabilisierungslast qS ĂŒber die TrĂ€gerlĂ€nge ist fĂŒr alle drei untersuchten LastfĂ€lle in Bild 6 dargestellt. Bild 7 zeigt die aus qS resultierende bemessungsrelevante Querkraft QS in der seitlichen Halterung. Die Beanspruchung der seitlichen Halterung ist fĂŒr die drei untersuchten LastfĂ€lle sehr unterschiedlich groß, obwohl in allen FĂ€llen ein gleich großes maximales Biege-moment in Feldmitte vorliegt. AuffĂ€llig ist die Tatsache, daß der Lastfall 1 mit konstantem Biegemoment die geringsten Stabilisierungslasten verursacht. Die in der Literatur hĂ€ufig vertretene Ansicht, daß ein verĂ€nderlicher Biegemomentenverlauf als NĂ€herung auf der sicheren Seite durch einen konstanten Biegemomentenverlauf mit gleichem Maximalwert ersetzt werden kann, wird mit diesem Beispiel eindeutig widerlegt.

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Bild 5 Beispiel zum Einfluß der planmĂ€ĂŸigen SchnittgrĂ¶ĂŸenverlĂ€ufe auf die Stabilisierungslasten

Da die Verdrehung ϑ des stabilisierten TrĂ€gers fĂŒr die ErklĂ€rung der auftretenden Stabilisierungslasten eine entscheidende Rolle spielt, ist ihr Verlauf ĂŒber die TrĂ€gerlĂ€nge fĂŒr alle drei untersuchten LastfĂ€lle in Bild 8 dargestellt. Die LastfĂ€lle 1 und 2 mit durchgehend gehaltenem Druckgurt weisen nur geringe Verdrehungen auf. Der bereichsweise gedrĂŒckte freie Untergurt des TrĂ€gers im Lastfall 3 fĂŒhrt zu einer spĂŒrbaren VergrĂ¶ĂŸerung der maximalen Verdrehung im Vergleich zu den LastfĂ€llen 1 und 2. Die große Verdrehung im Lastfall 3 ist dadurch

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15

zu erklĂ€ren, daß mit ηKi = 1,38 ein kleiner Verzweigungslastfaktor vorliegt. In den LastfĂ€llen 1 und 2 ist der Verzweigungslastfaktor ηKi unendlich, da der Druckgurt des stabilisierten TrĂ€gers auf der gesamten LĂ€nge gehalten ist. Ein Vergleich der Bilder 6 und 8 offenbart, daß mit steigender Torsionsverdrehung ϑ auch die positive Stabilisierungslast qS in Feldmitte anwĂ€chst. Die LastfĂ€lle 2 und 3 mit verĂ€nderlichem Biegemomentenverlauf verursachen negative Stabilisierungs-lasten qS in AuflagernĂ€he, welche ebenfalls mit steigender Torsionsverdrehung ϑ anwachsen. Der Nulldurchgang der Stabilisierungslast qS markiert jeweils die Stelle der maxi-malen Querkraft QS in der seitlichen Halterung. FĂŒr Lastfall 1 liegt das Maximum von QS am Auflager, fĂŒr die anderen beiden LastfĂ€lle etwa in den Viertelspunkten des TrĂ€gers. Eine anschauliche ErklĂ€rung der großen Unterschiede zwischen den Stabilisierungs-lasten der drei verschiedenen SchnittgrĂ¶ĂŸenverlĂ€ufe gelingt mit der Aufspaltung der Stabilisierungslast qS in die Anteile der einzelnen Einflußparameter gemĂ€ĂŸ Gleichung (27), welche die Anwendung von Gleichung (12a) auf den hier vorliegenden Fall darstellt. FĂŒr die Ableitung von Gleichung (27) aus Gleichung (12a) wird auf [10] verwiesen.

ϑ++++= c,Sq,SV,SGI,Sv,SS qqqqqq

zzT0 (27)

mit

0S

yv,S v

hM

q0

â€Čâ€Č⋅−

=

ϑ â€Čâ€Č⋅=

S

TGI,S h

GIqT

ϑâ€Č⋅−= zV,S Vq

z

ϑ⋅= zq,S qq

z

ϑ⋅−= ϑϑ

Sc,S h

cq

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16

cϑϑϑϑ = 0

-10

-8

-6

-4

-2

0

2

4

0 0,25 0,5 0,75 1

x/L

qs [k

N/m

]

qs LF 1 qs LF 2 qs LF 3

Bild 6 Stabilisierungslasten qS fĂŒr drei verschiedene SchnittgrĂ¶ĂŸenverlĂ€ufe mit

gleichem maximalem Biegemoment My in Feldmitte

cϑϑϑϑ = 0

-15

-10

-5

0

5

10

15

0 0,25 0,5 0,75 1

x/L

Qs

[kN

]

Qs LF 1 Qs LF 2 Qs LF 3

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Bild 7 StabilisierungsquerkrĂ€fte QS fĂŒr drei verschiedene SchnittgrĂ¶ĂŸenverlĂ€ufe mit gleichem maximalem Biegemoment My in Feldmitte

cϑϑϑϑ = 0

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0 0,25 0,5 0,75 1

x/L

[rad

]

LF 1 LF 2 LF 3

Bild 8 Torsionsverdrehungen ϑ fĂŒr drei verschiedene SchnittgrĂ¶ĂŸenverlĂ€ufe mit gleichem maximalem Biegemoment My in Feldmitte

Lastfall 2cϑϑϑϑ = 0

-1,5

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

0 0,25 0,5 0,75 1

x/L

qs [k

N/m

]

qs qs v0 qs GItqs Vz qs qz

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Bild 9 Anteile an der Stabilisierungslast gemĂ€ĂŸ Gleichung (27) fĂŒr Lastfall 2 ohne Drehbettung

Bild 9 zeigt die Aufspaltung der Stabilisierungslast fĂŒr den Lastfall 2 in die einzelnen Anteile gemĂ€ĂŸ Gleichung (27). Mit schwarzem Symbol ist die Stabilisierungslast qS als Summe der Einzelanteile eingetragen. Die negativen Stabilisierungslasten in AuflagernĂ€he werden durch die Querkraft Vz verursacht. Die positiven Stabilisierungslasten in Feldmitte setzen sich aus den drei Anteilen

Tz0 GI,Sq,Sv,S qundq,q zusammen. Der Anteil 0v,Sq als Produkt

von Gurtnormalkraft und KrĂŒmmung der Stabachse entspricht dabei exakt der Stabilisierungslast, die mit dem Druckstabmodell nach Gerold, Petersen oder EC3 berechnet werden kann. Diese Stabilisierungslast wird durch

zq,Sq vergrĂ¶ĂŸert und durch

TGI,Sq reduziert. Da die VergrĂ¶ĂŸerung durch die Querlast qz stĂ€rker ausfĂ€llt als die Reduzierung durch die Torsionssteifigkeit GIT, ist das Druckstabmodell fĂŒr die Berechnung der maximalen Stabilisierungslasten in Feldmitte im vorliegenden Beispiel auf der „unsicheren Seite“.

Lastfall 2 cϑϑϑϑ = 5 kNm/m

-0,6

-0,4

-0,2

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

0 0,25 0,5 0,75 1

x/L

qs [k

N/m

]

qs qs v0 qs GIt

qs Vz qs qz qs ctheta

Bild 10 Anteile an der Stabilisierungslast gemĂ€ĂŸ Gleichung (27) fĂŒr Lastfall 2 mit

Drehbettung

Bild 10 zeigt die Anteile an der Stabilisierungslast fĂŒr den Fall, daß zusĂ€tzlich eine Drehbettung cϑ vorhanden ist. Der Anteil

0v,Sq bleibt gegenĂŒber Bild 9 unverĂ€ndert. Die anderen drei Anteile Ă€ndern sich infolge der verminderten Verdrehung ϑ und es

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tritt zusĂ€tzlich ein Anteil ϑc,Sq auf, welcher die Stabilisierungslast in Feldmitte stark

reduziert. Der Anteil

0v,Sq , welcher sehr einfach am Druckstabmodell zu berechnen ist, stellt fĂŒr LastfĂ€lle mit Gleichstreckenlast qz immer eine obere Schranke fĂŒr die tatsĂ€chliche Stabilisierungslast qS dar, wenn die mit der TrĂ€gerverdrehung ϑ zusammenhĂ€ngenden negativen Anteile

TGI,Sq und ϑc,Sq betragsmĂ€ĂŸig grĂ¶ĂŸer sind als der positive Anteil

zq,Sq . Da sowohl der die Stabilisierungslast vergrĂ¶ĂŸernde Anteil zq,Sq als auch der

die Stabilisierungslast vermindernde Anteil ϑc,Sq proportional zur TrĂ€gerverdrehung

ϑ sind, kann unter VernachlĂ€ssigung von TGI,Sq eine Mindestdrehbettung min cϑ

angegeben werden, fĂŒr welche ϑc,Sq betragsmĂ€ĂŸig grĂ¶ĂŸer als

zq,Sq und damit 0v,Sq

grĂ¶ĂŸer als qS ist. vorh cϑ > qz · hS = min cϑ (28) Ist bei LastfĂ€llen mit Randmomenten und Gleichstreckenlast qz die vorhandene Drehbettung cϑ grĂ¶ĂŸer als die Mindestdrehbettung gemĂ€ĂŸ Gleichung (28), dann kann die Stabilisierungslast qS als NĂ€herung auf der „sicheren Seite“ mit Gleichung (29) berechnet werden.

0S

yv,SS v

hM

qq0

â€Čâ€Č⋅−

=≀ (29)

Bei nachgiebiger seitlicher StĂŒtzung wird aus Gleichung (29) die Gleichung (30).

( )Gurt0S

yS vv

hM

q â€Čâ€Č+â€Čâ€Č⋅−

≀ (30)

Durch den Nachweis des Vorhandenseins einer Mindestdrehbettung gemĂ€ĂŸ Gleichung (28) kann die BerĂŒcksichtigung der Verdrehung ϑ des stabilisierten TrĂ€gers bei der Berechnung der Stabilisierungslasten entfallen, wodurch der Berechnungsaufwand erheblich reduziert wird. Die Bemessung mit dem Druckstabmodell nach Gerold [4], Petersen [5] oder EC3 [3] ist in diesen FĂ€llen zwar auf der „sicheren Seite“, kann aber sehr unwirtschaftlich sein, wie das Beispiel in Abschnitt 6 zeigt.

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5 NĂ€herungsformeln fĂŒr Stabilisierungslasten

Ein in der Praxis hĂ€ufig auftretender Fall sind TrĂ€ger mit auf dem Obergurt auf-liegenden Trapezprofilen oder Pfetten. Trennt man den TrĂ€ger gedanklich von den im rechten Winkel aufliegenden Bauteilen, so kann deren Wirkung durch eine Gleich-streckenlast qz, eine Drehbettung cϑ und eine seitliche Halterung am Obergurt in Form eines kontinuierlichen Schubfeldes (bei Trapezprofilen) oder in Form diskreter StĂŒtz-stellen (bei AbstĂŒtzung von Pfetten gegen einen Verband) berĂŒcksichtigt werden. Der TrĂ€ger wird durch die aufliegenden Bauteile also sowohl belastet als auch gestĂŒtzt. Die Steifigkeit von Schubfeldern oder VerbĂ€nden ist hĂ€ufig so groß, daß nĂ€herungs-weise eine gebundene Drehachse fĂŒr den TrĂ€ger am Obergurt vorliegt. Inwiefern sich die Stabilisierungslasten bei diskreter StĂŒtzung durch einen Verband von den Stabilisierungslasten bei kontinuierlicher StĂŒtzung durch ein Schubfeld unterscheiden, ist in [10] dokumentiert. Da Vertikallasten qz und Horizontallasten qy durch die am Obergurt angeschlossenen Bauteile auf den TrĂ€ger ĂŒbertragen werden, greifen sie in Höhe der gebundenen Drehachse des TrĂ€gers an. Die virtuelle Arbeit fĂŒr diesen Fall des TrĂ€gers mit gebundener Drehachse und Lastangriff der Querlasten in Höhe des Obergurt-mittelpunktes ist in den Gleichungen (31) bis (34) angegeben. ÎŽW = ÎŽWe + ÎŽWg + ÎŽWp (31)

∫ ÎŽÏ‘â‹…Ï‘â‹…+ϑâ€ČÎŽâ‹…Ï‘â€Č⋅+ϑ â€Čâ€ČÎŽâ‹…Ï‘ â€Čâ€Č⋅⋅−=ÎŽ ϑω

L

0Te dx]cGIEI2[W (32)

dx]hMi4

hN[WL

0sy

2p

2s

g ∫ ϑâ€ČÎŽâ‹…Ï‘â€Č⋅⋅+ϑâ€ČÎŽâ‹…Ï‘â€Č⋅

+⋅−=ή (33)

dx]m[WL

0xp ∫ ÎŽÏ‘â‹…=ÎŽ (34)

Da die Querlast qy keinen Hebelarm bzgl. der gebundenen Drehachse aufweist, ent-steht das Streckentorsionsmoment mx in Gleichung (34) nur infolge Vorverformung. Setzt man gemĂ€ĂŸ Kommentar zu DIN 18800 eine VorkrĂŒmmung v0 als Sinushalb-welle an, so ergibt sich ein Ersatzstreckentorsionsmoment mx,0 gemĂ€ĂŸ Gleichung (35).

Lxsin

LvN

2hMvN

2hMmm 2

2

m,0S

y0S

y0,xx⋅π⋅π⋅⋅

⋅+=â€Čâ€Č⋅

⋅+−== (35)

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Bild 11 TrĂ€ger mit Lastangriff und seitlicher StĂŒtzung am Obergurt unter symme-

trischer Belastung

Bild 12 Ersatzweise BerĂŒcksichtigung der Dachneigung bei satteldachförmigen

Rahmenriegeln

Die planmĂ€ĂŸige Belastung des stabilisierten TrĂ€gers ist in Bild 11 angegeben. Die Randmomente My,R des TrĂ€gers können infolge DurchlauftrĂ€ger- oder Rahmentrag-wirkung entstehen, wenn der betrachtete gabelgelagerte EinfeldtrĂ€ger aus einem entsprechenden Gesamtsystem gedanklich herausgetrennt wird. Der dreiecksförmige Momentenverlauf infolge gedachter Einzellast Pz in Feldmitte dient zur Erzeugung einer Momentenlinie, wie sie infolge Geometrie bei symmetrischen satteldach-förmigen Rahmentragwerken auftritt. Siehe dazu Bild 12.

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BeschrĂ€nkt man die planmĂ€ĂŸige Belastung des stabilisierten TrĂ€gers auf symme-trische Lastbilder, so können NĂ€herungsformeln fĂŒr die Stabilisierungslast qS ange-geben werden. Unter Ausnutzung der Symmetrieeigenschaften und der Koppelung der Verformungen v und ϑ bei gebundener Drehachse lĂ€ĂŸt sich der Verformungszustand des stabilisierten TrĂ€gers in guter NĂ€herung durch einen nur zweiparametrigen Ansatz gemĂ€ĂŸ Gleichung (36) beschreiben.

Lx3sin

Lxsin)x( 31

⋅π⋅⋅ϑ+⋅π⋅ϑ=ϑ (36) Durch Einsetzen von Gleichung (36) in die virtuelle Arbeit und AusfĂŒhren der Integration erhĂ€lt man die Matritzengleichung gemĂ€ĂŸ Bild 13. Die Gleichungen (37a) und (37b) sind die gesuchten Lösungen dieser Matritzengleichung.

2Lc

L21GI

LEIK

2

T3

4

11,e ⋅+π⋅⋅+π⋅= ϑω

2Lc

L21GI9

LEI81K

2

T3

4

33,e ⋅+π⋅⋅⋅+π⋅⋅= ϑω

−π⋅⋅+

−π⋅⋅⋅+π⋅⋅

⋅+

+⋅=

41

16hP

41

12h

2Lq

L21hMi

4hNK

2

Sz

2

Sz

2

SR,y2p

2S

11,g

−⋅⋅+

−⋅⋅⋅=43hP

1615h

2LqK SzSz13,g

−π⋅⋅⋅+

−π⋅⋅⋅⋅+π⋅⋅

⋅+

+⋅=

41

169hP

41

43h

2Lq

L29hMi

4hNK 2

Sz2

Sz

2

SR,y2p

2S

33,g

+π⋅⋅+

+π⋅⋅⋅+π⋅⋅

+⋅⋅=41

16vP

41

12v

2Lq

LvM

2hN

21P

2

m,0z

2

m,0z

2

m,0R,yS

1

−⋅⋅+

−⋅⋅⋅=41vP

163v

2LqP m,0zm,0z3

Bild 13 Matrizengleichung zur Berechnung der Verformungen des TrÀgers in Bild 11

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( )3131331 PKPKD1 ⋅−⋅⋅=ϑ (37a)

( )1133113 PKPKD1 ⋅−⋅⋅=ϑ (37b)

mit

2133311 KKKD −⋅=

K11 = Ke,11 + Kg,11 K13 = Kg,13 K33 = Ke,33 + Kg,33 Ist der Verformungszustand des zu stabilisierenden TrĂ€gers mit den Gleichungen (37a) und (37b) ermittelt, so kann die Stabilisierungslast qS mit Gleichung (38) berechnet werden, welche die Anwendung von Gleichung (12a) auf den TrĂ€ger in Bild 11 darstellt. Die zugehörige Stabilisierungsquerkraft QS ist mit Gleichung (39) zu ermitteln. Die GĂŒltigkeit der beiden Gleichungen ist aufgrund des SchnittgrĂ¶ĂŸenverlaufs infolge Einzellast Pz in Feldmitte auf den Bereich x/L ≀ 0,5 beschrĂ€nkt.

⋅⋅+

−⋅⋅+⋅+−=

Lx

2LP

Lx

Lx

2LqM

h1

2N

Lxq z

22z

R,yS

S Lxsin

Lv

2

m,0⋅π⋅

π⋅⋅

⋅π⋅⋅

π⋅⋅ϑ+⋅π⋅

π⋅ϑ⋅

+

−⋅−

Lx3sin

L3

Lxsin

LhGI

4h

hi

N2

3

2

1S

TS

S

2p

⋅π⋅⋅π⋅⋅ϑ+⋅π⋅π⋅ϑ⋅

+

⋅−⋅⋅−L

x3cosL

3L

xcosL2

PLx21

2Lq

31zz

⋅π⋅⋅ϑ+⋅π⋅ϑ⋅

−+ ϑ

Lx3sin

Lxsin

hcq 31

Sz (38)

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24

Lxcos

Lv

hM

2N

LxQ m,0

S

R,yS

⋅π⋅π⋅⋅

−−=

⋅π⋅

−+π

⋅π−⋅π⋅

⋅−⋅⋅⋅−L

xcosLx

Lx2

Lxsin

Lx21

hv

2Lq 2

2S

m,0z

⋅π⋅⋅π−⋅π+−⋅⋅−L

xcosL

xL

xsin1h

v2P

S

m,0z

⋅π⋅⋅π⋅⋅ϑ+⋅π⋅π⋅ϑ⋅

+

−⋅−

Lx3cos

L3

Lxcos

LhGI

4h

hi

N 31S

TS

S

2p

⋅π⋅π

−⋅π⋅

⋅−⋅ϑ⋅⋅+L

xcos2L

xsinLx21

2Lq

1z

⋅π⋅⋅π

−⋅π⋅⋅

⋅−⋅ϑ+L

x3cos32

Lx3sin

Lx213

⋅π⋅⋅π

⋅ϑ+⋅π⋅π

⋅ϑ⋅

−+ ϑ

Lx3cos

3L

LxcosL

hcq 31

Sz

⋅π⋅+⋅ϑ+

⋅π+−⋅ϑ⋅+L

x3sin1L

xsin12P

31z (39)

BerĂŒcksichtigung der Nachgiebigkeit der seitlichen Halterung

Durch Annahme einer unverschieblichen gebundenen Drehachse in der Ebene der seitlichen StĂŒtzung werden die Freiwerte zur Beschreibung der Verformungen des stabilisierten TrĂ€gers im Vergleich zu einem TrĂ€ger mit nachgiebiger seitlicher Halte-rung halbiert. Diese Halbierung der wesentlichen Systemfreiheitsgrade ist ein ent-scheidender Vorteil bei der Ableitung von NĂ€herungsformeln fĂŒr die Berechnung von Stabilisierungslasten. Die Nachgiebigkeit einer Obergurthalterung kann bei Erhaltung dieses Vorteils nĂ€herungsweise durch den Ansatz einer vergrĂ¶ĂŸerten Vorverformung

0v berĂŒcksichtigt werden, welche die seitliche Verformung der nachgiebigen Halterung mit abdeckt. Diese Vorgehensweise wird nachfolgend erlĂ€utert. Ist die kontinuierliche seitliche Halterung des Obergurts nicht unverschieblich son-dern schubweich, was auf Trapezprofilschubfelder und nĂ€herungsweise auf eng-maschige VerbĂ€nde zutrifft, so wird sich der Obergurt infolge Windlasten qy und Stabilisierungslasten qS verschieben. Die Obergurtverformung in y-Richtung infolge Schubweichheit der seitlichen Halterung kann mit Gleichung (40) berechnet werden.

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vOG(x) = *S

)x(MS (40) mit ∫ ∫ +−= dxdx)]x(qq[)x(M SyS S* = Schubsteifigkeit der Obergurthalterung in [kN] qy = Gleichstreckenlast in der Obergurtebene angreifend FĂŒr die Obergurtverformung in Feldmitte wird aus Gleichung (40) Gleichung (41). Der erste Summand in der Gleichung (41) stellt die Obergurtverformung infolge Ă€ußerer Gleichstreckenlast qy dar. Die restlichen Summanden beschreiben die Obergurtverformung infolge Imperfektionsanteil der Stabilisierungslast qS (v0,m) und infolge Verformungsanteil der Stabilisierungslast qS (ϑ1, ϑ3,).

π−⋅⋅+

π−

π+⋅⋅+⋅−⋅−

⋅⋅= 21L

2P26

41

2LqM

h1

2Nv

8Lq

*S1v z

2

2z

R,yS

m,0

2y

m,OG

( )31S

TS

S

2p

hGI

4h

hi

N ϑ−ϑ⋅

+

−⋅−

π+⋅ϑ−

π−⋅ϑ⋅

π⋅−

692

22Lq 31

2

z

π−−⋅ϑ+

π−⋅ϑ⋅⋅−

31

211

21L

2P

31z

ϑ−ϑ⋅

π⋅

−+ ϑ

9L

hcq 3

1

2

Sz (41)

Man kann zeigen, daß sich diese Obergurtverformung fast ausschließlich aus einer Schwerpunktverschiebung v des TrĂ€gers und nur zu einem kleinen Bruchteil aus einer Querschnittsverdrehung ϑ zusammensetzt. Dies liegt daran, daß die Torsions-steifigkeit baupraktisch ĂŒblicher TrĂ€ger deutlich grĂ¶ĂŸer ist als die Biegesteifigkeit um die schwache Achse. Es kann also nĂ€herungsweise unterstellt werden, daß die Obergurtverformung vOG fĂŒr den TrĂ€ger eine Schwerpunktverformung v bewirkt, ohne eine Querschnittsverdrehung ϑ zu verursachen. Folglich kann man die Stabili-sierungslasten eines TrĂ€gers mit kontinuierlicher schubweicher Obergurthalterung nĂ€herungsweise dadurch berechnen, daß man anstelle der geometrischen Ersatz-imperfektion v0,m die vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung m,0v gemĂ€ĂŸ Gleichung (42) ansetzt.

m,OGm,0m,0 vvv += (42) Es wird also ersatzweise ein TrĂ€ger mit gebundener Drehachse berechnet, dessen Vorverformung infolge Ă€ußerer Last qy und Stabilisierungslast qS vergrĂ¶ĂŸert wird. Diese Vorgehensweise ist in Bild 14 dargestellt.

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Bild 14 BerĂŒcksichtigung der Nachgiebigkeit der StĂŒtzkonstruktion am Obergurt durch

Ansatz einer vergrĂ¶ĂŸerten Vorverformung Die vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung m,0v deckt den Einfluß der seitlichen Verformung der nachgiebigen Obergurthalterung vOG,m infolge Ă€ußerer Hotizontallasten qy und infolge Stabilisierungslasten qS ab. Da sich die Obergurtverschiebung vOG,m und die auftretenden Stabilisierungslasten gegenseitig beeinflussen, muß die vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung m,0v iterativ berechnet werden, vergleiche dazu das Beispiel in Abschnitt 6. Vereinfachend ist es selbstverstĂ€ndlich auch möglich, eine vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung z.B. mit

m,0v = 1,2 ⋅ v0,m vorzuschĂ€tzen und anschließend mit Gleichung (41) zu zeigen, daß die tatsĂ€chliche Obergurtverschiebung vOG,m weniger als 20 % von v0,m betrĂ€gt.

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27

Vergleich der NĂ€herungsformeln mit FEM-Berechnungen Anhand von Vergleichsberechnungen mit dem FEM-Programm BT II [8] wird die GĂŒte der NĂ€herungsformeln fĂŒr die Stabilisierungslast qS, Gleichung (38), und die Stabilisierungsquerkraft QS, Gleichung (39), beurteilt. Grundlage der untersuchten Beispiele ist das System in Bild 11 mit einem Stich der VorkrĂŒmmung von v0,m = L/500. Durch eine Serie von Testbeispielen soll die Eignung der NĂ€herungsformeln fĂŒr die bei DurchlauftrĂ€gern oder Rahmenriegeln auftretenden BiegemomentenverlĂ€ufe mit wechselndem Vorzeichen belegt werden. Die in der Baupraxis aus GrĂŒnden der Wirtschaftlichkeit angestrebte Ausnutzung der QuerschnittstragfĂ€higkeit der stabilisierten TrĂ€ger ist bei ObergurtstĂŒtzung und bereichsweise negativer Biegemomentenbeanspruchung in der Regel nur bei BerĂŒcksichtigung einer Drehbettung möglich. Um zu einer Auswahl realistischer Testbeispiele zu gelangen, wird deshalb eine Mindestdrehbettung gemĂ€ĂŸ Gleichung (8) in Element (309) der DIN 18800 Teil 2 [1] angesetzt.

vk,z

2k,pl

k, kkEIM

c ⋅⋅= ϑϑ (43)

mit cϑ,k = Mindestdrehbettung, fĂŒr die ein Biegedrillknicknachweis entfallen kann kϑ = 0,23 fĂŒr gebundene Drehachse am Obergurt und Momentenverlauf gemĂ€ĂŸ

Zeile 2b in Tabelle 6 der DIN 18800 Teil 2 kv = 0,35 bei Ausnutzung der elastischen QuerschnittstragfĂ€higkeit kv = 1,0 bei Ausnutzung der plastischen QuerschnittstragfĂ€higkeit Tabelle 1 dient als Übersicht ĂŒber die betrachteten Beispiele mit Biegemomenten-verlauf gemĂ€ĂŸ Zeile 2b in Tabelle 6 der DIN 18800 Teil 2, d.h. mit betragsmĂ€ĂŸig gleich großen Feld- und StĂŒtzmomenten. Untersucht werden drei Profile der IPE-Reihe mit einer TrĂ€gerschlankheit von L/h = 50, wobei jeweils vier Varianten mit Ausnutzung der elastischen und der plastischen QuerschnittstragfĂ€higkeit fĂŒr die WerkstoffgĂŒten St 37 und St 52 berechnet werden. In der zweiten Spalte der Tabelle 1 sind die als Belastung angesetzten elastischen und plastischen Grenzbiegemomente angegeben. Der dritten Spalte ist die angesetzte Drehbettung gemĂ€ĂŸ Gleichung (43) zu entnehmen, welche nach Element (309) der DIN 18800 Teil 2 erforderlich ist, um keine Abminderung der Grenzbiegemomente infolge StabilitĂ€tseinfluß vornehmen zu mĂŒssen. Ein Vergleich der maximalen Stabilisierungslast qS gemĂ€ĂŸ Gleichung (38) und der maximalen Stabilisierungsquerkraft QS gemĂ€ĂŸ Gleichung (39) mit den genauen Ergebnissen aus einer FEM-Berechnng zeigt maximale relative Abweichungen von 6 % zur sicheren Seite und von 5 % zur unsicheren Seite, was im Hinblick auf eine

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28

Bemessung der Stabilisierungskonstruktion mit den Beanspruchungen aus der NĂ€herungslösung als tolerabel beurteilt wird. Zusammenfassend kann die Bemessung von Stabilisierungskonstruktionen mit den in diesem Abschnitt angegebenen NĂ€herungsformeln fĂŒr Stabilisierungslasten empfohlen werden. Die BerĂŒcksichtigung des vorliegenden Biegetorsionsproblems nach Theorie II. Ordnung mit Wölbkrafttorsion stellt eine entscheidende Verbesserung der praxis-ĂŒblichen NĂ€herungsverfahren zur Berechnung von Stabilisierungslasten dar, welche den Druckgurt der stabilisierten TrĂ€ger ersatzweise als Druckstab behandeln. Tabelle 1 Vergleich der Stabilisierungslasten aus den NĂ€herungsformeln Gleichung (38)

und (39) mit FEM-Berechnungen fĂŒr verschiedene Profile mit Schlankheit L/h = 50 bei Belastung durch Gleichstreckenlast qz und negative Randmomente

-My,d -My,d max qS [kN/m] Abwei-chung

max QS [kN] Abwei-chung

My,d

[kNm] cϑ,k

[kNm/m]NĂ€he-rung FEM [%] NĂ€he-

rung FEM [%]

+ My,d IPE 200 St 37 elastisch 42,33 0,76 0,54 0,51 +5,9 0,81 0,82 -1,2 St 37 plastisch 48,14 2,16 0,37 0,36 +2,8 0,53 0,52 +1,9 St 52 elastisch 63,49 1,70 0,71 0,68 +4,4 1,07 1,11 -3,6 St 52 plastisch 72,21 4,87 0,44 0,43 +2,3 0,62 0,61 +1,6

IPE 400 St 37 elastisch 252,22 2,86 0,80 0,76 +5,3 2,44 2,57 -5,0 St 37 plastisch 285,20 8,18 0,49 0,47 +4,3 1,39 1,38 +0,7 St 52 elastisch 378,33 6,44 0,95 0,91 +4,4 2,88 3,02 -4,6 St 52 plastisch 427,80 18,40 0,57 0,56 +1,8 1,57 1,56 +0,6

IPE 600 St 37 elastisch 669,60 8,04 0,70 0,67 +4,5 3,17 3,24 -2,2 St 37 plastisch 766,34 22,98 0,43 0,43 0,0 1,79 1,78 +0,6 St 52 elastisch 1004,40 18,10 0,82 0,79 +3,8 3,55 3,50 +1,4 St 52 plastisch 1149,51 51,70 0,49 0,51 -3,9 1,98 1,99 -0,5

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6 Beispiel zur Bemessung eines Dachverbandes

Bild 15 Statisches System, planmĂ€ĂŸige Lasten und geometrische Ersatzimperfektionen

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Anhand des in Bild 15 dargestellten Beispiels fĂŒr einen typischen Dachverband einer Stahlhalle soll die Anwendung der NĂ€herungsformeln fĂŒr die Bemessung von Stabilisierungskonstruktionen gezeigt werden. Der untersuchte Dachverband dient zur Aufnahme Ă€ußerer Windlasten und zur Stabilisierung mehrerer Rahmenriegel, die durch DrucknormalkrĂ€fte, negative StĂŒtzmomente und Gleichstreckenlasten beansprucht werden. SĂ€mtliche Beanspruchungen sind ÎłM-fache Bemessungswerte. Geometrie und Querschnitte der untersuchten Konstruktion sind Bild 15 zu entnehmen. Die Ermittlung der Beanspruchung des Dachverbandes erfolgt mit zwei verschiedenen Berechnungsmodellen: ‱ Standardverfahren nach Gerold [4], Petersen [5] oder EC3 [3] (Modell: Druckstab) ‱ NĂ€herungsformeln aus Abschnitt 5 (Modell: BiegedrillknickgefĂ€hrdeter TrĂ€ger) Modell: Druckstab

Das Druckstabmodell behandelt die Obergurte der Rahmenriegel als DruckstÀbe mit konstanter Druckkraft NGurt.

NGurt = 672253865,0250

2N

hM

S

m,y =+=− kN

mit

25082010250

8LqMM

22z

R,ym,y +=⋅+−=⋅+= kNm hS = h – tg = 40 – 1,35 = 38,65 cm Die Schubsteifigkeit des Dachverbandes kann z.B. nach Roik [9], Seite 163, berechnet werden. Der Dachverband mit Schubsteifigkeit S* = 20000 kN dient zur Stabilisierung von i = 5 Rahmenriegeln. Die beiden Ă€ußeren Rahmenriegel weisen nur die halbe LasteinzugsflĂ€che auf und werden zusammen als ein Rahmenriegel behandelt. Der VergrĂ¶ĂŸerungsfaktor α zur BerĂŒcksichtigung der Theorie II. Ordnung berechnet sich nach Gerold [4] bzw. Petersen [5] deshalb zu

202,1

2000067251

1

NNi1

1

*Ki

Gurt=⋅−

=⋅−=α

mit

20000SN **Ki == kN = Verzweigungslast des Verbandes als schubweicher Druckstab

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Die auf den Dachverband wirkende Stabilisierungslast setzt sich aus einem Anteil infolge VorkrĂŒmmung v0 und aus einem Anteil infolge Verformung unter Ă€ußeren Windlasten qy zusammen. Die Auswirkung der Verformung unter Windlasten qy wird dadurch berĂŒcksichtigt, daß sowohl die Stabilisierungslasten infolge VorkrĂŒmmung v0 als auch die Windlasten mit dem VergrĂ¶ĂŸerungsfaktor α multipliziert werden.

=⋅⋅π⋅= Gurt2

2

m,0m,S NiL

vq 672520

04,0 2

2⋅⋅π⋅ = 3,32 kN/m

Die maximale Verbandsquerkraft ergibt sich sowohl infolge konstanter Windlast als auch infolge sinusförmig verteilter Stabilisierungslast an den Auflagern des Dachverbandes.

π⋅

+⋅

⋅α=Lq

2Lq

Qmax m,SyVerband

4,492032,32

200,2202,1 =

π⋅+⋅⋅= kN

Modell: BiegedrillknickgefÀhrdeter TrÀger

FĂŒr die Anwendung der das rĂ€umliche Biegetorsionsproblem beschreibenden NĂ€herungsformeln aus Abschnitt 5 wird nur ein zu stabilisierender Rahmenriegel mit anteiliger Schubsteifigkeit des aussteifenden Verbandes und anteiliger Windlast betrachtet.

40005

20000i

SS*

* === kN

4,050,2

iq

q yy === kN/m

Die Berechnung des Verformungszustandes der stabilisierten Rahmenriegel erfolgt iterativ, da die seitliche StĂŒtzung durch den Dachverband elastisch verschieblich ist, die Gleichungen (37a) und (37b) zur Ermittlung der Torsionsverdrehung ϑ aber nur fĂŒr eine unverschiebliche seitliche StĂŒtzung gelten. Die Lösung dieses Problems ist der Ansatz einer vergrĂ¶ĂŸerten Vorverformung v0,m bei der Berechnung der Rahmenriegel als TrĂ€ger mit unverschieblicher seitlicher StĂŒtzung. Die vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung m,0v berechnet sich gemĂ€ĂŸ Gleichung (42) als Summe aus der geometrischen Ersatzimperfektion v0,m und aus der Verschiebung des Dachverbandes unter Wind- und Stabilisierungslasten. Da die Verschiebung des Dachverbandes infolge Stabilisierungslasten zu Beginn der Berechnung noch nicht bekannt ist, erfolgt eine iterative VergrĂ¶ĂŸerung der Vorverformung m,0v .

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Im ersten Berechnungsschritt wird die Verformung des Dachverbandes unter Ă€ußeren Windlasten ermittelt:

5,082000004,0

40001

8Lq

S1v

22y

*m,OG =⋅⋅=⋅

⋅= cm Als vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung m,0v ergibt sich damit gemĂ€ĂŸ Gleichung (42)

m,0v = v0,m + vOG,m = 4,0 + 0,5 = 4,5 cm Die Berechnung der Torsionsverdrehung ϑ der stabilisierten Rahmenriegel erfolgt mit den Gleichungen (37a) und (37b). Dazu werden folgende Eingangswerte benötigt. E = 21000 kN/cm2 G = 8100 kN/cm2 IT = 51,08 cm4 Iω = 490048 cm6 hS = 38,65 cm

2pi = 289,4 cm2

L = 2000 cm cϑ = 5 kNm/m N = -50 kN My,R = -25000 kNcm qz = 0,1 kN/cm Mit diesen Werten ergeben sich die Koeffizienten und die Determinante der 2 x 2-Steifigkeitsmatrix zur Bestimmung der gesuchten Freiwerte ϑ1 und ϑ3. K11 = Ke,11 + Kg,11 = 5892,864 kNcm K13 = Kg,13 = -3623,44 kNcm K33 = Ke,33 + Kg,33 = 29787,72 kNcm D = K11 ⋅ K33 - 2

13K = 1,62 ⋅ 108 (kNcm)2 Die Koeffizienten des Lastvektors werden mit der vergrĂ¶ĂŸerten Vorverformung

m,0v = 4,5 cm berechnet. P1 = 194,299 kNcm P3 = - 84,375 kNcm Mit Gleichung (37a) und (37b) erhÀlt man

( ) 03375,0PKPKD1

3131331 =⋅−⋅⋅=ϑ rad

( ) 00127,0PKPKD1

1133113 =⋅−⋅⋅=ϑ rad

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Die Torsionsverdrehung ϑ der Rahmenriegel verursacht Stabilisierungslasten, welche die Verformung des Dachverbandes aus Ă€ußeren Windlasten noch vergrĂ¶ĂŸern. Die Obergurtverschiebung der Rahmenriegel infolge Wind- und Stabilisierungslasten wird mit Gleichung (41) berechnet. Mit 5,4v m,0 = cm ϑ1 = 0,03375 rad

ϑ3 = 0,00127 rad ergibt sich vOG,m = 0,8 cm. In einem zweiten Iterationsschritt wird eine neue vergrĂ¶ĂŸerte Vorverformung m,0v ermittelt.

m,0v = v0,m + vOG,m = 4,0 + 0,8 = 4,8 cm Damit Ă€ndern sich auch die Koeffizienten des Lastvektors. P1 = 207,252 kNcm P3 = - 90,000 kNcm Die erneute Auswertung der Gleichungen (37a) und (37b) ergibt ϑ1 = 0,03601 rad ϑ3 = 0,00136 rad Die im Vergleich zum ersten Iterationsschritt vergrĂ¶ĂŸerte Torsionsverdrehung bewirkt eine Zunahme der Stabilisierungslasten und dadurch auch eine erneute VergrĂ¶ĂŸerung der Obergurtverschiebung gemĂ€ĂŸ Gleichung (41). Mit 8,4v m,0 = cm ϑ1 = 0,03601 rad ϑ3 = 0,00136 rad ergibt sich bei VernachlĂ€ssigung von VerformungszuwĂ€chsen von weniger als 1 mm aber wieder der Wert vOG,m = 0,8 cm, so daß die iterative Ermittlung des Verfor-mungszustandes bereits nach dem zweiten Iterationsschritt abgebrochen werden kann. Durch Einsetzen der GrĂ¶ĂŸen m,0v , ϑ1 und ϑ3 in die Gleichungen (38) und (39) werden die Stabilisierungslast qS und die Verbandsquerkraft infolge Stabilisierung QS ermittelt. Die Ergebnisse einer Auswertung der Gleichungen (38) und (39) in den Zehntelspunkten der StĂŒtzweite L sind in Tabelle 2 angegeben.

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Tabelle 2 Beanspruchung des Dachverbandes durch Windlasten qy und Stabilisierungslasten qS

Lx=Ο x qy qS qy + qS Qy QS Qy + QS

[-] [cm] [kN/m] [kN/m] [kN/m] [kN] [kN] [kN]

0 0 0,4 -0,630 -0,230 4,00 -0,47 3,53 0,1 200 0,4 -0,610 -0,210 3,20 0,84 4,04 0,2 400 0,4 -0,273 0,127 2,40 1,76 4,16 0,3 600 0,4 0,162 0,562 1,60 1,87 3,47 0,4 800 0,4 0,503 0,903 0,80 1,18 1,98 0,5 1000 0,4 0,630 1,030 0,00 0,00 0,00

Zur Beurteilung der GĂŒte der NĂ€herungsformeln wird die Beanspruchung des Schubfeldes auch mit dem Matrizenverfahren nach Friemann/Stroetmann [6] und mit dem FEM-Programm KSTAB 2000 [13] berechnet. In beiden FĂ€llen wird die Schubfeldkraft QS* aus dem Produkt von Schubfeldsteifigkeit S* und Gleitwinkel in Höhe des Schubfeldes *Svâ€Č berechnet.

( )ϑâ€Č⋅−â€Č⋅=â€Č⋅= *S*

*S*

*S zvSvSQ Den Ergebnissen des Matrizenverfahrens nach Friemann/Stroetmann [6] liegt ein Ansatz mit 6 freien Parametern zur Beschreibung der Verformungen des stabilisierten TrÀgers zugrunde.

Lx5sin

Lx3sin

Lxsin)x( 531

⋅π⋅⋅ϑ+⋅π⋅⋅ϑ+⋅π⋅ϑ=ϑ

Lx5sinv

Lx3sinv

Lxsinv)x(v 531

⋅π⋅⋅+⋅π⋅⋅+⋅π⋅=

Zur Bestimmung der 6 freien Paramter muß deshalb ein 6 x 6 – Gleichungssystem mit Hilfe von Taschenrechner- oder Tabellenkalkulationsprogrammen gelöst werden. Das FEM-Programm KSTAB 2000 verwendet kubische Hermitesche Interpolations-polynome der Ordnung 2 ⋅ α = 4, um die Verformungen des stabilisierten TrĂ€gers zu approximieren. Eine GegenĂŒberstellung der SchubfeldkraftverlĂ€ufe, die mit den unterschiedlichen Berechnungsverfahren ermittelt wurden, erfolgt in Tabelle 3. Sowohl die Ergebnisse des Matrizenverfahrens nach Friemann/Stroetmann [6] als auch die Ergebnisse der Auswertung von Gleichung (39) zeigen eine sehr gute Übereinstimmung mit der FEM-Berechnung.

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Tabelle 3 Vergleich der Ergebnisse nach Gleichung (39) mit dem Matrizenverfahren nach Friemann/Stroetmann [6] und einer FEM-Berechnung mit dem Programm KSTAB 2000 [13]

Lx=Ο x Qy + QS QS* [6] QS* [13]

[ - ] [cm] [kN] [kN] [kN] 0 0 3,53 3,70 3,58

0,1 200 4,04 3,95 4,02 0,2 400 4,16 4,13 4,11 0,3 600 3,47 3,44 3,40 0,4 800 1,98 1,90 1,93 0,5 1000 0,00 0,00 0,00

FĂŒr die Bemessung des Dachverbandes sind die Beanspruchungen aus Windlasten qy und aus Stabilisierungslasten qS zu ĂŒberlagern. In Feldmitte wirkt die Stabilisierungs-last in Richtung der Windlast, am Auflager wirkt sie entgegengesetzt. Die maximale Querkraft im Dachverband tritt etwa bei x = 4 m auf. FĂŒr die volle Windlast und i = 5 zu stabilisierende Rahmenriegel erhĂ€lt man max QVerband = i ⋅ (Qy + QS) = 5 ⋅ 4,16 = 20,8 kN Das Anschlußmoment mϑ zwischen den Rahmenriegeln und der als Drehbettung wirkenden Dacheindeckung ergibt sich aus dem Produkt der maximalen Torsions-verdrehung max ϑ mit der Federsteifigkeit cϑ. max ϑ = ϑ1 - ϑ3 = 0,036 – 0,001 = 0,035 rad mϑ = max ϑ ⋅ cϑ = 0,035 ⋅ 5 = 0,175 kNm/m Diese Beanspruchung ist deutlich kleiner als das Kontaktmoment mk, welches durch das Auswandern der Auflast qz auf die Gurtkante bei einer Verdrehung des Querschnitts ĂŒbertragen werden kann.

90,0218,010

2bqm zk =⋅=⋅= kNm/m

Die Verbindungsmittel zwischen Rahmenriegel und Dacheindeckung brauchen deshalb nicht fĂŒr die Übertragung des Anschlußmomentes mϑ nachgewiesen werden. Bemessung des Dachverbandes

Die maßgebende Beanspruchung der Verbandspfosten und Verbandsdiagonalen ergibt sich aus der maximalen Verbandsquerkraft. Pfosten: max NP = max QVerband

Diagonalen: max ND = 2 ⋅ max QVerband

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Modell: Druckstab: max NP = 49,4 kN max ND = 2 ⋅ 49,4 = 69,9 kN Modell: BiegedrillknickgefĂ€hrdeter TrĂ€ger: max NP = 20,8 kN max ND = 2 ⋅ 20,8 = 29,4 kN Beanspruchbarkeit der Verbandspfosten: Rohrquerschnitt 88,9 x 3,2, St 37, Knickspannungskurve a A = 8,62 cm2, i = 3,03 cm

0,16503,3

500i

SKK ===λ

276,078,19,920,165

a

KK =Îș⇒==

λλ=λ

grenz NP = Îș ⋅ A ⋅ fy,k = 0,276 ⋅ 8,62 ⋅ 24 = 57,1 kN Beanspruchbarkeit der Verbandsdiagonalen: Rundstahl ∅ 20 als Gewindestange 4.6 Asch = 3,14 cm2, Asp = 2,45 cm2 grenz ND = Asp ⋅ fy,k/1,1 = 2,45 ⋅ 24/1,1 = 53,5 kN Ausnutzung der gewĂ€hlten Querschnitte: Modell: Druckstab:

87,01,574,49

NgrenzNmax

P

P ==

131,15,539,69

NgrenzNmax

D

D >==

Modell: BiegedrillknickgefÀhrdeter TrÀger:

36,01,578,20

NgrenzNmax

P

P ==

55,05,534,29

NgrenzNmax

D

D ==

Die Unterschiede in der Beanspruchung des Dachverbandes infolge Stabilisierung der Rahmenriegel bei einer Berechnung am Druckstabmodell im Vergleich zu einer Berechnung am rĂ€umlichen Modell des biegedrillknickgefĂ€hrdeten TrĂ€gers sind sehr groß. Durch die Ermittlung der Stabilisierungslasten mit dem Standardverfahren nach Gerold, Petersen oder EC3 wird die Beanspruchung des Dachverbandes im vorliegenden Beispiel deutlich ĂŒberschĂ€tzt. Eine ausreichende TragfĂ€higkeit der Verbandsdiagonalen kann mit dem vereinfachten Druckstabmodell nicht nachge-wiesen werden. Eine genauere Berechnung des vorliegenden rĂ€umlichen Biege-torsionsproblems zeigt aber, daß der Dachverband ausreichend dimensioniert ist.

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Literaturverzeichnis

[1] DIN 18800 (11.90) Stahlbauten: Teil 1: Bemessung und Konstruktion Teil 2: StabilitÀtsfÀlle, Knicken von StÀben und Stabwerken

[2] Lindner, J., Scheer, J., Schmidt, H.: Stahlbauten, ErlÀuterungen zu DIN 18800 Teil 1 bis 4, 3. Auflage 1998, Beuth-Verlag, Berlin

[3] DIN V ENV 1993, Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten, Teil 1-1 (04.93): Allgemeine Bemessungsregeln, Bemessungsregeln fĂŒr den Hochbau

[4] Gerold, W.: Zur Frage der Beanspruchung von stabilisierenden VerbÀnden und TrÀgern. Stahlbau 32 (1963), Heft 9, S. 278-281

[5] Petersen, C.: Statik und StabilitÀt der Baukonstruktionen, 2. Auflage 1982, Vieweg-Verlag, Braunschweig, S. 541-556

[6] Friemann, H., Stroetmann, R.: Zum Nachweis ausgesteifter biegedrillknick-gefÀhrdeter TrÀger. Stahlbau 67 (1998), Heft 12, S. 936-955

[7] Friemann, H.: Programm DRILL. TU Darmstadt, Institut fĂŒr Stahlbau und Werkstoffmechanik, Darmstadt, 1999

[8] Osterrieder, P.: Programm BTII. IngenieurbĂŒro Friedrich und Lochner, Stuttgart, 1998

[9] Roik, K.: Vorlesungen ĂŒber Stahlbau, Grundlagen. 2. Auflage 1983, Verlag Ernst & Sohn, Berlin

[10] Krahwinkel, M.: Zur Beanspruchung stabilisierender Konstruktionen im Stahlbau. Fortschritt – Berichte VDI, Reihe 4 Bauingenieurwesen, Nr. 166, VDI Verlag, DĂŒsseldorf, 2001

[11] Kindmann, R., Krahwinkel, M.: Stahl- und Verbundkonstruktionen. Teubner-Verlag, Stuttgart, 1999

[12] Beverungen, G.: Programm WOELB II. IngenieurbĂŒro fĂŒr Bauwesen Finke und Beverungen, Bielefeld und Stahlbau Software Frauendorfer, Aichach, 2000

[13] Kindmann, R., Laumann, J.: Programm KSTAB 2000. Lehrstuhl fĂŒr Stahl- und Verbundbau, Ruhr-UniversitĂ€t Bochum, 2001


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