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Page 1: Bericht in einer schweizerischen Bauernzeitung

RUTSCHWIL � Die Herde ist et-was aufgeregt. Es liegt etwas inder Luft, es ist etwas im Tun imStall. Die Alpakas spitzen die Oh-ren. Die zweijährige Stute Aphro-

dite bekommt ihr erstes Fohlenund scheint selbst noch nichtganz zu begreifen, was mit ihr losist. Mit ein wenig Geburtshilfevon Ursula Kyburz ist das Fohlenbald da. Der Neuankömmlingbekommt den Namen Kim. Kimist eine Stute und dunkelbraun,obwohl die Mutter weiss ist.«Man weiss nie so genau, welcheFarbe herauskommt», sagt Ursu-la Kyburz. Man versucht zwar,auf bestimmte Farben zu züch-ten, aber dazu gehört etwasGlück. Die Genetik schlägt denZüchtern gerne ein Schnipp-chen.

Vor vier Jahren mit der Zucht begonnenBesonders beliebt sind weisse

Tiere, weil die Faserindustriediese Farbe wünscht. WeisseWolle hat die beste Faserqualität.Alpakas gibt es aber neben Weissin diversen Brauntönen von Bei-ge bis Dunkelbraun, verschiede-ne Grauschattierungen bisSchwarz. Und auch Mehrfarbige.Diese sind schön anzuschauen,aber in der Zucht nicht unbe-dingt erwünscht. Ursula und Markus Kyburz

halten zurzeit um die 30 Alpakas,diesen Sommer werden noch ei-nige Junge dazukommen. Be-gonnen hatten sie mit der Alpa-ka-Zucht vor vier Jahren, damalskauften sie sechs trächtige undeine nicht trächtige Stute. «Wirwaren auf der Suche nach einemNebenerwerb und ich recher-chierte im Internet möglicheTierrassen, die man züchtenkönnte», erzählt die ehemaligePrimarlehrerin. Rasch entschieden sie sich

dann für Alpakas, man könnteauch sagen, es war Liebe auf denersten Blick. Was nicht wirklichschwierig ist, haben Alpakasdoch dunkle Augen mit langenWimpern, mit denen sie treuher-zig in die Welt schauen. EinSprichwort aus den Anden sagtdann auch: «Wenn man einemAlpaka zu lange in die Augenschaut, ist man von ihm für im-mer gefangen.»

Neugierig, friedlichund unkompliziertWie sind sie so, die Alpakas?

«Genügsam und pflegeleicht»,sagt Markus Kyburz. «Neugierigund friedlich, keine Kuscheltiere,aber unkompliziert, auch zu-sammen mit Kindern», sagt sei-

ne Frau. Alpakas sind Fluchttie-re, wenn etwas die Herde er-schreckt, stieben die Tiere schonmal im vollen Galopp über dieWeide. Vor Hunden kennen siekeine Angst, kommt ein Hund ei-nem Fohlen zu nahe, greifen sieauch einmal an. Sind sich dieTiere untereinander uneins,spucken sie und versuchen sichgegenseitig wegzuschieben, in-dem sie Hals gegen Hals drü-cken. Alpakas gehören wie die La-

mas zur Familie der Neuweltka-meliden respektive Kleinkameleund stammen aus Südamerika,vor allem aus Peru, Bolivien, Argentinien und Chile. Die Vor-fahren der Alpakas und Lamaswurden vor 6000 bis 7000 Jahrenvon den Indios domestiziert,durch selektive Zucht entwickel-ten sich dann die heutigen Arten.Ein Hengst wiegt zwischen 60und 80 Kilogramm und hat einStockmass von 75 Zentimeternbis einem Meter. Stuten werdenzwischen 50 und 65 Kilogrammschwer und messen zwischen75 und 95 Zentimetern. Alpakashaben eine Lebenserwartungvon etwa 20 Jahren.

Alpakas verständigensich mit SummlautenWas schätzt das Züchterehe-

paar an den Alpakas? «Wir hattenschon alle möglichen Tiere, Kü-he, Schafe, Pferde – die Alpakassind bei Weitem am unkompli-ziertesten. Sie plärren nicht, siesummen nur leise. Weil sie leichtsind, sind sie ideale Wiesenpfle-ger, sie hinterlassen keinenLandschaden», sagt Markus Ky-burz. Alpakas sind so genannteSchwielensohler, sie haben kei-ne Hufe, nur zwei Zehen. Alpakas weiden, neben Gras

brauchen sie nur Heu und Was-ser. Wichtig sind Mineralstoffezur freien Verfügung. Ursula undMarkus Kyburz geben ihnen hinund wieder zusätzlich etwas Fut-terwürfel. Alpakas sind recht ro-buste Tiere, auf Parasiten mussman achtgeben und die Tiere re-gelmässig entwurmen und imp-fen. Die Behandlung gegen denkleinen Leberegel ist sehr wich-tig, da sie nicht resistent sind da-gegen. «Weil sie so zäh sind, ist esoft zu spät, wenn man merkt,dass ein Tier krank ist. Deshalbist das tägliche Beobachten derTiere sehr wichtig», sagt UrsulaKyburz.Ursula und Markus Kyburz

möchten ihre Alpakazucht wei-ter ausdehnen. 70 Tiere sind dasZiel. Ein Alpaka trägt zwischen340 und 365 Tage lang. Zwei Wo-chen nach der Geburt ist eine

Stute wieder deckfähig. Das seiauch der Rhythmus, in dem Tierein der freien Wildbahn trächtigwerden, so Markus Kyburz.

Die Zucht ist noch im AufbauDas Züchterehepaar hat drei

Deckhengste. Die Decktaxen lie-

gen zwischen 500 und 600 Fran-ken. Eine Jungstute wird abzirka 4500 und ein Hobby-hengst ab zirka 1000 Franken gehandelt. Auf dem Markt werden für gute Zuchttiere mitStammbaum auch weit höherePreise bezahlt, erzählt Ursula Ky-burz.

Alpakas liefern ausserdempraktisch fettfreie Wolle, dasheisst, es sind eigentlich Haare,nicht wie bei den Schafen Wolle –«die Wolle ist eine der Gesuch-testen in der Branche», sagt sie.Die Alpakas werden jeweils imFrühsommer geschoren. Meis-tens macht die Familie Kyburz

das selbst, es braucht einiges anFachwissen, damit die Fasernnicht zerstört werden.

Auf den Crimp-Wertkommt es anEs gibt zwei Arten von Alpa-

kas, die sich in der Haarstrukturunterscheiden. Das Huacaya-Al-paka hat eine feine, gleichmäßiggekräuselte Faser. Die Kräuse-lung wird auch Crimp genannt.«Ein hoher Crimp-Faktor ist derWollbranche sehr wichtig», sagtUrsula Kyburz. Das Suri-Alpakaaber hat keine Kräuselung in derFaser. Das Haar bildet gelockteSträhnen, die am Tier herabhän-gen, während die Huacaya-Tieremehr «teddymässig» aussehen.Aus der Wolle stellt Ursula Ky-

burz verschiedene Produkte her,die sie verkauft. Sie füllt Duvetsdamit. Alpakawolle ist für Aller-giker besonders gut geeignet.Weitere Produkte sind Gilets, Ba-byfinken oder Wolle an sich. Wasauffällt, die Wolle hat die Farbedes jeweiligen Tiers, sie färbt sienicht um. Ehemann Markusbaut und vertreibt Panels für Al-pakas, die er selbst entworfenhat. «Die Krux mit den Alpakasist, dass Schafpanels zum Bei-spiel zu niedrig für sie sind, sol-che für Pferde oder Kühe dannschon fast wieder zu hoch undschwer», schmunzelt er. DerHandel mit Alpaka-Produkten istim Aufbau. Weitere Ideen habendie beiden viele, manchmal fehltetwas die Zeit.

SAK-Anpassungbereitet SorgenMarkus und Ursula Kyburz

haben etwa 18 Hektaren Pacht-land, unter anderem in Rutsch-wil und Kollbrunn. Sie bauenMais, Getreide, Zuckerrüben,Sonnenblumen und Erbsen an.Markus Kyburz führt Lohnarbei-ten aus wie Ballen pressen undKalk führen. Als Nebenerwerbführt er diverse Bau- und Reno-vationsarbeiten durch. Die Zu-kunft der Schweizer Landwirt-schaft bereitet ihnen Sorgen. Be-sonders die angedachte Erhö-hung des SAK-Werts im Rahmenvon AP 2014–2017. Rosiger sehensie die Zukunft ihrer Alpaka-Zucht. «Wir möchten uns stetsweiter verbessern», sagt UrsulaKyburz. Ein paar Platzierungenan Alpaka-Shows waren einschöner Lohn für die Arbeit. Ur-sula und Markus Kyburz werdenauch in Zukunft auf das Anden-tier mit den ausdrucksvollen Au-gen setzen. Jeanne Woodtli

[www]www.alpacolor.ch: Webseite derAlpakazucht von Familie Kyburz.

A wie Andentier, A wie AlpakaAlpakas /Ursula und Markus Kyburz aus Rutschwil ZH züchten Alpakas. Die Kleinkamele sind genügsame Haustiere und liefern Wolle.

Begeisterte Alpakazüchter aus Rutschwil ZH: Ursula und Markus Kyburz. Sie war ursprünglich Primarlehrerin, erist gelernter Landwirt. (Bild Jeanne Woodtli)

Auf den Weiden von Ursula und Markus Kyburz tummeln sich zurzeit um die 30 Alpakas. Das Ziel der Züchter isteine Anzahl von etwa 70 Tieren. (Bild zVg)

Einige Stunden nach der Geburt blickt Alpakafohlen Kim schon neugierig in die Welt. (Bild zVg)

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