Bindung im Schulalter und mittlerer Kindheit
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Seminar: Einführung in die Bindungstheorie
Seminarleiter: Kristin Georgy, M.A.
Referentinnen: Franziska Hering, Nadine Rang
BINDUNG ZU BEGINN DES SCHULALTERS
Bindungen - das Gefüge psychischer Sicherheit
Bindungsverhalten und Bindungsrepräsentanzen bei 6-Jährigen
Studien von Mary Main et al. und Ulrike WartnerVersuch die internen Arbeitsmodelle von Kindern
zu erfassenKonzentration auf verschiedene Aspekte:
sprachliche Bindungsrepräsentation, Bindungsverhalten, symbolische Bildungsrepräsentation und Trennungsangst-Test
Ablauf der UntersuchungAnkunft im Spielzimmer mit Anfertigung eines
FamilienfotosFamilie sieht Dokumentarfilm über Kleinkind1-stündiges Interview mit jedem ElternteilKind malt derzeit im Versuchszimmer ein Bild
seiner FamilieTrennungsangst-Test → Kind bekommt Foto von
der Ankunft gezeigtBeobachtung des Verhaltens bei der Rückkehr der
Eltern
Die verschiedenen Bindungsstile
A Unsicher-vermeidende Bindung B Sichere Bindung C Unsicher-ambivalente BindungD Desorganisierte/desorientierte Bindung
D
A
B
C
Bindungsverhalten
bei Rückkehr der Mutter konnten 4 versch. Begrüßungsmuster unterschieden werden◦ freundlich zugeneigt◦unsicher-vermeidend◦unsicher-ambivalent◦unsicher-kontrollierend
Sprachliche Bindungsrepräsentation
Kriterien: Ausgeglichenheit, Flüssigkeit, InhaltReaktion der Kinder auf das Familienfoto
Hinweise auf sichere Bindung: Gespräch ohne auffällige Pausen, freier Gedankenfluss, keine einsilbigen Antworten
Symbolische Bindungsrepräsentation
Auswertung der Familienzeichnungen der KinderKriterien: Individualisierung, individuelles Lächeln,
Vollständigkeit, Unwirklichkeit, EintönigkeitHinweise auf Bindungssicherheit: individualisierte
Darstellung der Familienmitglieder, Darstellung bei Tätigkeiten, häufig echtes Lächeln
Trennungsangst-Test
Nutzung von Puppen und BildernDarstellung verschiedener Trenungssituationen◦mildeste: Eltern sagen „Gute Nacht“◦ drastischste: Eltern verreisen für 2 Wochen
Hinweise auf Bindungssicherheit: emotionale Offenheit, klare Auskünfte über das Kind auf dem Bild, Suche konstruktiver Lösungswege, Hineinversetzen in die Lage anderer
Erzieherin-Kind-Bindungstets der Eltern-Kind-Bindung nachgeordnet und
funktionell auf Betreuungssituation in der Kita beschränkt
Voraussetzungen für gute Erzieherin-Kind-Bindung:◦ Zuwendung, Sicherheit, Stressreduktion,
Explorationsunterstützung, Assistenz◦Beobachtung der Kinder und Sicherstellung
herausfordernder und erreichbarer Erfahrungen◦ gezieltes Feedback, individualisiertes Vorgehen◦Vorbild für angemessene Sprache, Werte, Verhaltensweisen◦ Förderung des Rollenspiels◦ regelmäßige Kommunikation mit Eltern
BINDUNG IN DER MITTLEREN KINDHEIT
Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit
Entscheidende Entwicklungsaufgaben in der Mitteleren Kindheit
Bei der mittlere Kindheit steht die Bewältigung von insgesamt drei großen Entwicklungsaufgaben im Vordergrund:
◦ Entwicklung von sozialer Kompetenz, dies beinhaltet den Umgang mit Gleichaltrigen und mit Erwachsenen
◦Aufbau eines positives Selbstbildes
◦ Erwerb von Sachkompetenz und „Fomwillen“
Entwicklungsaufgaben und Elternbeziehung
Es besteht eine Wechselbeziehungen zwischen der Elternbeziehung und dem Gelingen der Entwicklungsaufgaben.
Eine stützende, wohlwollende und wertschätzende Haltung der Eltern zum Kind ist stets gekoppelt mit der erfolgreichen Bewältigung der Entwicklungsaufgaben.
Entwicklung sozialer Kompetenz und Elternbeziehung
Kinder mit früher Bindungssicherheit zeigen sich weniger ängstlich, sind beliebter und sozial gewandter als Kinder mit unsicherer Mutter-Bindung
4 Grade von Integration: ◦ 1)weitgehende Isolation◦ 2) Scheinintegration oder idealisierte Integration◦ 3)dyadische Integration◦ 4) normale Integration
Selbstkonzept und ElternbeziehungBindungsstil Beschriebenes Selbstkonzept
Unsicher –vermeidende Bindung
Einschätzung erfolgt ohne Bewusstsein eigener Fehler und Schwächen;beschreiben sich als gut und brav
Sichere Bindung Realistische Selbsteinschätzung und Bewusstsein über eigene Fehler und Schwächen
Unsicher-ambivalente Bindung
Negative Eigenschaften werden betont
Sachkompetenz und Elternbeziehung
Die Rolle der Eltern besteht darin , neben Interessen auch Formwille und Wertsinn zu wecken
Durch die gefühlsarme Beziehung zu den Eltern übernimmt das Kind die Wertvorstellungen der Eltern.
Kinder im mittleren KindesalterEltern sind die vorrangigen Bindungspersonen
Es existieren jedoch auch enge, persönliche und unterstützende Beziehungen zu
◦ Lehrern◦ Freunden ◦Bekannten
Die Bindungen zu anderen kann jedoch ein verbessertes Verständnis der Elternbindung hervorrufen
Was macht ein sichergebundenes Kind im mittleren Kindesalter aus?
gesundes, angemessenes Selbstwertgefühl
Bewusstsein über Schwächen und Fehler
Bewusstsein über eigene negativen Gefühle
einige oder mindestens einen guten Freund
Fähigkeit Gespräche über sich, andere und ihre Beziehungen auf verständliche Art und Weise führen zu können
Literatur:
Grossmann, K./Grossmann, K.E., 32006: Bindungen. Das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart., S. 301-353; 357-409.
Target, M./Shmueli-Goetz, Y./Fonagy, P., 22006: Bindungsrepräsentanzen bei Schulkindern. … In: Brisch, K.H. u.a. (Hrsg.): Bindung und seelische Entwicklungswege. Grundlagen, Prävention und klinische Praxis. Stuttgart, S.109-125.
Gloger-Tippelt, G., 2007: Bindung und Sozialverhalten in der mittleren Kindheit, In: Hopf, Ch./Nummer-Winkler, G. (Hrsg.): Frühe Bindungen und moralische Entwicklung. Aktuelle Befunde zu psychischen und sozialen Bedingungen moralischer Eigenständigkeit. Weinheim/München, S. 69-103.
Weinberg, D., 2010: Psychotherapie mit komplextraumatisierten Kindern. Behandlungen von Bindungs-und Gewalttraumata der frühen Kindheit. Stuttgart., S. 24-33.