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G3CIBESPRECHUNGEN

Natnrstoffehemie. Eine Einfahrung. Von G. Habermehl und R E. Hammann. Heidelberg-Berlin-New York: Springer 1992. XIV, 682 S., 160 Abb., 40 Tab., DM 68,-. Nach Meinung vieler sind die Traditio- nen der Naturstoffchemie in Deutsch- land, die auf eine heroische Zeit zu- rtickblicken kann, zu Gunsten theoreti- scher Betrachtungsweisen fahnenflfich- tig unterbrochen worden, und es ist zum Entwicklungsland geworden, der For- schungsf6rderung an die Brust gelegt. Dariiber l~gt sich treffiich argumentie- ren, denn im angloamerikanischen Raum hat gerade die Pflege von Theorie- gelenkten Strukturbetrachtungen zu den beeindruckenden synthetisehen Leistun- gen der letzten Jahrzehnte auf dem Naturstoffgebiet geft~hrt und ihm den beklagten Vorsprung gegeben (Japan eingerechnet). Woran die hiesige Natur- stoffchemie eventuell kranken mochte, war die Losl6sung v o n d e r biologischen Funktion: Sie wurde eher Hilfeleistung. Die modernen und Schnellen physikali- schen Analysenverfahren der Strukturer- mittlung, bis zur Raumlage der einzel- nen Atome, arbeiten geschwinder als der Biologe oder Pharmakologe Reinkri- stalle yon wirkenden Substanzen anlie- fern kann. Gewil3, die Naturstoffchemie hat etwas von ihrem Stall- und Bodenge- ruch und ihrem kunstgewerblichen Charme verloren, aber der intellektuelle Reiz der Naturstoffchemie ist nicht gemindert. Er lfif3t uns immer noch, und gewugter mit den jetzigen Kenntnissen der Biochemie, hinter die Kulissen der Biogenese unter Zellbedingungen schauen, in die Wirkungsweise von Signalstoffen far verschiedenste inter- und intraorganismische Kommunika- tion, und gibt dem Synthetiker, in Zusammenarbeit mit dem Zellphysiolo- gen und Biochemiker, Gelegenheit, seine Kiinste auf das analytische Trapez zu setzen und Substanzen genau nach Naturbalance herzustellen, aber auch solche, die verbesserte, andere oder neue Wirkungen auf der Basis eines bew~ihrten Naturstoffs haben. Das ehr- geizige und vielleicht noch verfrtihte Ziel ist heute, vom Entwurfblock her Sub- stanzen zu gewinnen, die eine ganz

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bestimmte Funktion haben und nut diese eine ohne Nebenwirkungen - immer noch Paul Ehrlichs ,,Zauberku- geln". Es gibt Beispiele, die die Hoff- hung tragen, und gentigend Nachwuchs in den Startl6chern tier Beschfiftigung. Die Naturstoffchemie krankt an der Ftille von Strukturen, die sich zwar klas- sifizieren lassen, abet durch die F~ihig- keit der Zellen, sie an den verschieden- sten Stellen verschiedenartig zu funktio- nalisieren, dadurch auch mit neuen Eigenschaften zu versehen, und an der Freude der Erstbeschreiber, ihren Kin- dern, unaussprechliche, abet unverwtist- liche Namen zu geben - eine Ged~icht- nisbelastung ohne Syntax und System. Sie macht das Gebiet so unbeliebt bei vielen Chemiestudenten, die noch in Examensn6ten stehen, und sie wenden sich -Teufelskreis - lieber der systemati- schen Theorie zu. Nichtsdestoweniger: Die Naturstoffchemie ist ein interessan- tes Gebiet und kann, verbindet man sie mit den Methoden der modernen Struk- turanalytik und zielgerichteten Synthe- tik, den funktionellen Konzepten der Pharmakologie und dynamischen Bio- chemie, attraktiv gemacht werden. Sie mug abet in einer Lehrbuchdarstellung immer auswfihlend, doch nicht nur inventarisierend bleiben. Ein solches Lehrbuch legt nun der Han- noveraner Naturstoffchemiker G. Habermehl, dessen gelungene popul~ire Darstellungen der tierischen und pflanz- lichen Gifte vor einigen Jahren bei Springer erschienen sind, in Zusammen- arbeit mit R E. Hammann von der Phar- maforschung der Hoechst AG vor. Bereits diese Zusammenarbeit zeigt, wie wesentlich, auch heute erst recht, far die Naturstoffchemie die Wechselbeziehung zwischen Grundlagen- und Anwen- dungsforschung ist - mit der grol3en, noch nicht voll entzifferten Pharmako- poe der Natur als hilfreichem, immer wieder far 121berraschungen sorgenden Wegweiser. Das Buch ist sehr erkennbar aus einem Skriptum entstanden. Eine Spezialvorle- sung mug sich von vornherein auf tra- gende Strukturen beschr~inken - ein Lehrbuch kann sich etwas weniger bescheiden, abet das Gerippe bleibt an

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einzelnen Gelenken nut unvollkommen mit falliger Form zu einem anziehenden Wesen bedeckt. Manches bleibt Aufzfih- lung, der zwar das logische Band nicht fehlt, wohl abet der lesbare Zusammen- halt. Jedoch ist die Auswahl des massi- ven Stoffs einzusehen und die Anord- hung, die ihm gegeben wird, klar. Nach einer kurzen historischen Einleitung werden die Terpene auf etwa 50 Seiten behandelt; ihnen schliegen sich die Ste- roide (70 S.) an; dann kommen die bio- genen Amine und Alkaloide (70 S.), die Aminos~iuren (90 S.), die Kohlenhydrate (80 S.), die Nukleinsgurebausteine mit Derivaten (60 S.), die Porphyrine (70 S.) saint Eikosanoiden (45 S.), also Ele- mente der lebenden Strukturen. Ihnen folgen die Wirkstoffe in die Umwelt (Antibiotica, 60 S., Pheromone, 15 S., Vitamine, 10 S.). Alles in allem eine ver- nfinftige Akzentuierung und besonders dadurch ausgezeichnet, dab die Synthese der Strukturen ganz in den Blickpunkt gesetzt ist, besonders wenn es elegante Zugfinge unter Verwendung moderner Reaktionen und Zwischenwege gibt. Man sieht die Freude des Chemikers an diesen Kunstwerken intellektueller Kombinatorik und feinfahliger Wegffih- rung. Hier sind die im Titel erwfihnten ganzseitigen Formelschemata hilfreiche Karten. Platzmangel verhindert oft, auf besondere Feinheiten einzugehen, so dab dort der Eindruck additiv, nicht inte- grativ bleibt. Man macht - und nicht warum man macht. Insgesamt aber erh~ilt der Student einen einladenden Eindruck von der Vielfalt der in natarlichen Stoffen (an die sich auch die Wirkstoffsynthetiker halten) anzutreffenden Strukturen, von den syn- thetischen Zug~ingen, sie unabhfingig oder unter Zuhilfenahme yon chiralen Ausgangsmaterialien und auch enzyma- tischen Stufen zu gewinnen, sowie von den Orten ihres Angriffs und ihrer Anwendung. Ausgew~ihlt ist nach Krite- rien, die man einem kenntnisreichen Autor zugestehen wird; die Literaturzi- tate sind ohne gr6gere Idiosynkrasie. Ffir den angepeilten Leserkreis w~iren Zitate aus Zeitschriften der mittleren H6henlage oft angebrachter als die Ori- ginalien.

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Das Buch wendet sich ngmlich an fortge- schrittene Studenten der Chemie und Pharmazie. Wenn sie dann das hier Erworbene fiber Stoffwechselsubstrate und -bausteine in die Biochemie mit- brfichten, bliebe dort Zeit ffir deren Essentials. Die eingewobene Biochemie beschr~inkt sich im wesentlichen auf einige Abbauzyklen - ohne auf deren sch0ne Chemie einzugehen. Von der Sache her hfitten auch Mediziner und Pharmakologen an diesem Lehrbuch einen guten, wenn auch stark chemisch akzentuierten Einstieg in das Wesen der Naturstoffe, mit denen sie umgehen und therapieren, damit sie wtif3ten, womit sie ans Krankenbett gehen und worauf alle Beteiligten ihre Erwartungen setzen. Alles in allem ist dies ein fehlerfreies, sehr sch6nes und gelungenes Lehrbuch fiber ein wichtiges Teilgebiet der Che- mie, das dadurch hoffentlich wieder mehr in den Blick der Studenten kommt, denn sie wissen nun, was sie erwartet und was sie zu erwarten haben. Chemi- ker werden ihre Freude am Nachvollzie- hen der eleganten Synthesen bertihmter Kollegen haben. Die Ausstattung ist einem Lehrbuch gem~ig, der Formel- druck klar; etwas breitere Rfinder h~itten dem Satzbild und der Eigenarbeit des Lerners gutgetan, ibm Platz ffir Eintra- gungen und ZusStze der 6rtlichen Vorle- sung gelassen. Der Preis ist realistisch, und dem Buch ist zu wfinschen, dab es den Anklang findet, den es verdient.

L. Jaenicke (K61n)

Jahrhundertwissenschaft Biologie?! Hrsg. von R Prfive. Weinheim-New York- Basel: VCH 1992.96 S., 29 Abb., 9 Tab., DM 48,-. Allein schon vom Titel her ein interes- santes Buch. Und der Inhalt h~ilt dann auch, was der Titel verspricht. Das Buch fal3t Grundsatzreferate prominenter Bio- logen zusammen, die auf dem Sympo- sium ,,Biologie in Deutschland - heute" im Oktober 1991 gehalten wurden. Her- ausgegeben wird diese Zusammenschau von R Prfive, Professor ftir Biologie und langj~ihriger President des Verbandes Deutscher Biologen. Die Auswahl der Vortrfige ist gut getrof- fen. Aus den meisten. Teildisziplinen der Biologie wird eine Ubersicht fiber den jeweiligen Stand und Zustand der einzel- nen Fachrichtungen gegeben. Anato- men, physiologische Chemiker, Biophy- siker, Physiologen, Mikrobiologen,

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Genetiker, Ethologen, Biotechnologen, Landschafts6kologen und auch P~idago- gen beleuchten einen Ausschnitt aus dem breiten Spektrum der Biologie. Und was da geschrieben ist, ist - konse- quent und logisch - in den Fakten sicher- lich objektiv, in der Bewertung jedoch meist effrischend subjektiv; und das sollte es ja auch sein. In einer kurzen Vorbemerkung skizziert PrSve den ,,Zustand der Biologie" und das ,,Ansehen der Biologie" in unserer Zeit. Im anschlieBenden Kapitel unter- sucht Vollmer das Bild, das die Biologie in der Offentlichkeit abgibt. Sein Refe- rat ist analytisch-ironisch und gut fun- diert. Man liest beide Vortr~ige schmun- zelnd, abet auch mit viel Verst~indnis den Aussagen gegenfiber. Vollmer zghlt einige Punkte auf, die vielen Biologen (oder solchen, die sich daffir halten) Schwierigkeiten bereiten. Ein groBes Problem, dem der Eu-Biologe gegen- fibersteht, ist, dab jeder Mitbfirger in unserem Lande glaubt, bei jedwedem biologischen Problem mitreden zu k6n- nen und zu dfirfen. Man w~ihnt sich selbst als Biologe (die Berufsbezeich- nung ,,Biologe" ist i.G. zu ,,Diplom-Bio- loge" leider nicht geschfitzt), weil man ja einen eigenen Kleingarten oder Kana- rienvogel besitzt. Die Bev61kerung hat - und man trfigt es nur noch sehr schwer mit Fassung - immer noch nicht erkannt, dab Biologie etwas mehr ist als die ,,Lehre der Krankheiten von Zimmer- pflanzen und Stubenv6geln". Sie hat auch kaum Notiz von den umwfilzenden Neuerungen und den epochemachenden Entdeckungen der Biologie genommen. Die Medien haben wenig getan, um die- sem Notstand abzuhelfen. Es wurde nicht klar gemacht, welchen Weg die Biologie in den letzten Jahrzehnten genommen hat und dab es derzeit keine kompliziertere und mehr Grundwissen in sich vereinigende Wissenschaft gibt. Die Biologie ist wohl die Wissenschaft, die heutzutage wesentlich zur L6sung der komplexen anstehenden Umwelt- probleme beitragen kann! Diese Wissen- schaft vereinigt wie keine andere die sog. exakten Naturwissenschaften (Mathe- matik, Physik, Chemie) und nutzt diese als Lieferanten ftir Basiswissen. Hierauf aufbauend mtissen nun Biologen mit ihrem ,,lebendigen Versuchsmaterial" arbeiten. Wer, auBer den Biologen, kann denn, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, sterbende W~ilder, den Zusam- menbruch von Robbenpopulationen, die

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Wirkungen von erh6hten C O 2- und Ozon-Konzentrationen oder die poten- tiellen UV-Wirkungen auf die belebte Umwelt kausalanalytiseh und wissen- schaftlich kompetent untersuchen? Es sei hier allerdings - bei aller ,pro-domo- Argumentation" - auch erwghnt, dab nur die Kooperation mit Spezialisten anderer Fachgebiete (Geo-, Pedo-, Hydro-, Klimatologen, Atmosphgren- physikern, Mathematikern und Chemi- kern) die komplexen Zusammenh~inge wirklich erkennen l~igt. Doch auch der etwas verzweifelte Kampf gegen die fNschliche und diimm- liche Verwendung des Pr~ifixes ,,Bio" wird in diesem Buch gefiJhrt. Bislang weig eigentlich niemand genau, was es bedeutet, Gem~se ,,biologisch" anzu- bauen, oder gar, was ,,Bio-CO2" sein k6nnte. Hier wfire ein gesetzlicher Schutz dieses beliebten Epithetons drin- gend erforderlich. Auch der Nobel-Preis ist ein heiBes Thema, das diskutiert wird. Es ist eine (wahrscheinlich in absehbarer Zeit nicht zu ~indernde) Tatsache, dab es ffir Biolo- gie keinen Nobel-Preis gibt. Alle Biolo- gen, die bislang mit dieser h6chsten und begehrtesten Auszeichnung bedacht wurden, bekamen diesen Preis ftir Medi- zin (z.B. Watson und Crick ftir die Entdeckung der DNA-Doppelhelix). Geradezu peinlich beriihrt ist man aller- dings, wenn Medizin-Nobelpreise ftir die Entdeckung und Beschreibung der pflanzlichen Photosynthese oder das Verhalten von Bienen oder Graug~nsen (von Frisch, Lorenz usw.) verliehen wer- den. Das schmerzt den echten Biologen. Denn, so vermutet Vollmer, es ,,k6nnte bei den Laien der Eindruck entstehen, dab es sich, wegen des Fehlens eines Nobel-Preises, bei der Biologie gar nicht um eine echte Wissenschaft handele". Und dieser - leider wohl wirklich vor- herrschenden - Meinung gilt es, ent- schieden entgegenzuwirken. Doch sind in diesem Buch nicht alle Bei- trfige derart kfimpferisch oder gesell- schaftspolitisch-kritisch. Die meisten Autoren beschreiben ihre jeweiligen Dis- ziplinen und stellen die alten und die neuen Forschungsrichtungen bzw. -er- folge heraus. Beck beschreibt zum Bei- spiel den ,,muffigen Charme des Altmo- dischen" in der biologischen Teildisziplin Botanik und zeigt in seinem Referat, was derzeit in den botanischen Teildiszipli- hen ge- und erforscht wird, was modern ist und was von der Deutschen For-

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schungsgemeinschaft (DFG) in den letz- ten Jahren als f6rderungswtirdig erachtet wurde. Hier sind spannende Einzelhei- ten zu finden, die auch die Zukunft der Biologie erahnen lassen. Solche Kapitel sind ftir ,,Bio-Orientierer" (junge Men- schen, die sich - da sie eigentlich nicht genau wissen, was sie studieren sollen - fiir Biologie interessieren) sicherlich nutzbringend. Wenn Pr~ive beklagt, dab Biologen bei gesellschaftlichen Prozessen so gut wie keine Rolle spielen, und verrautet, dab die Biologen vielleicht selbst daran schuld seien, dann mag er damit recht haben. Doch dies raul3 und wird sich in absehbarer Zeit gndern, und dieses spannende Bfichlein wird sicherlich einen wertvollen Beitrag dazu leisten. Als Biologe kann man dieses Buch mit Kurzweil lesen und sich ab und an auch beim Lesen weidlich die arg strapazier- ten (und tiefen!) Wunden lecken. Dera biologischen Laien, den es wie oben erw~ihnt eigentlich gar nicht gibt, vermit- telt es spannende Einblicke in eine faszi- nierende Wissenschaft, die ,,Jahrhun- dertwissenschaft Biologie".

H. Pfanz (W~rzburg)

Tiere als Pflanzensch/idlinge. C)kologi- sche Grundlagen des Sch~idlingsbefalls an Kulturpflanzen. Von B. Ohnesorge. Stuttgart-New York: Thieme 1991. 336 S., 83 Abb., 4 Tab., DM 44;-. Mit der 2. Aufl. setzt sich dieses Buch nachdrticklich zum Ziel, ein besseres Verst~indnis Okologischer Zusamraen- hfinge zu verraitteln, die dazu ftihren, dab Tiere in zunehmendem MaBe Kul- turpflanzen sch~idigen. Es wird auch gezeigt, wie der Mensch eben aufgrund raangelnder Kenntnisse dazu beitr~igt, Zust~inde herbeizuftihren, die er dann wieder mit zura Teil systemwidrigen Ein- griffen, u.a. rait chemischen Mitteln, zu reparieren sucht. Die Notwendigkeit angemessenen Einsatzes chemischer Mittel wird gesehen, aber die M6glich- keiten herausgestellt, wie rait nattirli-

chert Gegenspielern und den sie steuern- den Faktoren in vielen Fgllen bereits ein hohes Mag an Kontrolle schfidigender Organismen zu erreichen ist. Aus der Kenntnis der Populationsdynamik der Organismen lassen sich daftir durchaus sinnvolle Strategien entwickeln, wie in den Kap. 4 und 5 an vielen Beispielen dargelegt wird. Es werden aber auch die Grenzen solcher im wesentlich dann nicht-chemischen und biologischen Mag- nahmen gezogen. Einer frfiher verbrei- teten ,,blinden Chemiegl~iubigkeit" will dieses Buch, so der Autor, keineswegs eine ebenso kurzsichtige einseitige ,,Naturglfiubigkeit" entgegenstellen. Ihm korarat es vielmehr auf den ausgewoge- nen Gebrauch aller ra6glichen Mittel des Pflanzenschutzes an, soweit sie die Kenntnis der Biologie der Schadorganis- men und ihre 6kologischen Ansprtiche voll nutzen. Aus der ersten Auflage beibehalten ist in Kap. 3 die Darstellung des K6rperbaus und der Lebensweise der Pflanzenschad- linge. Es wird auch eine Obersicht der wichtigsten daran beteiligten Arten gegeben, neben Neraatoden und Schnecken vor allem die vielfiiltigen und artenreichen Arthropoden (Spinnen- tiere, Insekten). Sfiugetiere (besonders Nager) und V6gel werden nur am Rande abgehandelt. Kapitel 4, als das Ringste, behandelt die 6kologischen Vorausset- zungen fiir Verbreitung und Massenauf- treten der Schadorganismen. Daran schlieBt sich ira Kapitel 5 eine Darstel- lung 6kologischer Voraussetzungen ftir das Zustandekommen von Schaden an Kulturpflanzen an. Beide Kapitel, besonders 4.2 und 5, heben das Buch fiber den konventionellen Zuschnitt ein- schl~igiger Lehrbticher dieses Faches in Deutschland hinaus. Dabei hat der Autor durchaus fiber den Zaun zu den Epidemiologen der Schwesterdisziplin Phytopathologie geschaut, Ich bezweifle abet den den Epidemiologen zugebillig- ten Vorsprung bei raathematischen Modellen und Siraulatoren. Zum AbschluB wird rait den in den letz- ten Jahrzehnten am Getreide so bedeu-

tend gewordenen Blattlausen (Aphiden) eine Fallstudie gebracht, die zeigt, wie es dazu kommen konnte und wie man gegensteuern kann. Einera kurzen, aber ausreichenden und ira Einklang rait g~n- gigen Definitionen stehenden Glossar folgen getrennte und auf diese Weise sehr hilfreiche Sach- und Namensver- zeichnisse. Das Literaturverzeichnis ist urafassend und auBerdera geschickt nach Sachgebieten geordnet. Allerdings ver- raisse ich hier eine Reihe von Titeln, die eigentlich nicht fehlen diirften, z.B. einige zum Thema Resistenz, Chiarappa (1971) und Teng (1987) zum Schaden, Norton (1976) zu Schadensschwellen, Zadoks et al. (1974) zu Wachstumstadien der Kulturpflanzen, McLean et al. (1986) und Plumb & Thresh (1983) zu Virusvektoren. Sonst gibt es aus raeiner Sicht nur Kleinigkeiten zu kritisieren: Autoren von Pilztaxa werden anders als in der Entomologie iiblich zitiert, eine Kuhbohne ist doch wohl eine Kunde- bohne und die Aussage tiber die Toleranz von Sorten auf S. 264 kann ich so nicht akzeptieren. Das Buch bringt ftir seinen Umfang ein erstaunliches MaB an Informationen. Sicher hat der Autor Konzessionen machen rafissen. Dennoch ist es ihm gelungen, in gedrfingter Form, aber klar und verstandlich ein doch recht breit angelegtes Gebiet umfassend zu verrait- teln. Dazu tragen sehr ansehauliche Zeichnungen und gut gewfihlte Graphi- ken bei. Beispielen ira Kleingedruckten beleben und raachen das Buch auch ftir den Nichtfachraann zu einera guten Ein- stieg in einen Teil des oft strittigen Pflan- zenschutzes. Studenten, interessierte Biologen und Agrarwissenschaftler sowie im Pflanzenschutz T~itige werden dieses Buch nfitzlich finden. Auch Hobby-Entoraologen finden darin welt mehr wissenswerte und ira Kontext dar- gestellte Informationen, als man in Bestiraraungsbtichern findet. Ihnen allen kann ich das Buch uneingeschr~inkt erap- fehlen.

J. Kranz (GieBen)

Naturwissenschaften 80 (1993) © Springer-Verlag 1993 387


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