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Page 1: Das Universum im Computer

M AG A Z I N

M O LG A S T RO N O M I E |Weichmacher Wasser„Lätschige“ Kartoffelchips sind kein Vergnügen. Sie krachen nicht mehr,ihre Textur ist weich und unappetitlich. Ursache ist der Wassergehaltder Chips, präziser die Wasseraktivität. Sie ist eine texturbestimmendeGröße. Polare Wassermoleküle wirken dabei als „Weichmacher“ inpartiell getrockneten Lebensmitteln.

wobei p0 der Dampfdruck des freienWassers bei der jeweiligen Tempera-tur und Außendruck ist und p derDampfdruck des gebundenen Was-sers.

Diese Unterscheidung ist dieFolge des molekularen Aufbaus vonLebensmitteln. Sie bestehen unteranderem aus Kohlenhydraten undProteinen, große Moleküle, die Was -ser über polare Gruppen (Kohlen -hydrate, Proteine) oder elektrischgeladene Aminosäuren (Proteine)binden können. Diese Moleküleumgeben sich über Wasserstoffbrü-ckenbindungen mit großen Hydrat -hüllen. Daher sind höhere Energienfür das „Verdampfen“ dieser „gebun-denen“ im Vergleich zu Wassermole-külen im freien Wasser nötig.

Allerdings kommt noch einkinetischer Effekt hinzu: Wassermole-küle verdunsten auch bei Temperatu-ren unter 100 °C mit einer gewissenWahrscheinlichkeit, gegeben durchden Bolzmann-Faktor exp(-E/kBT).Dabei ist E die jeweilige Bindungs-energie zwischen Wasser und Protein

oder Kohlenhydrat, T die absoluteTemperatur und kB die Boltzmann-Konstante. Die Energien der Wasser-stoffbrückenbindungen liegen mit 5 bis 40 kJ/mol nur wenig über derthermischen Energie kBT. Somitverdunstet bei leichter Temperatur -erhöhung nach und nach Wasser ausLebensmitteln und verändert derenTextur.

Dünn geschnittene Scheiben vonRoter Bete haben in ihrem rohen,frischen Zustand eine fast knackigeKonsistenz. Die Zellen sind prall mitfreiem Wasser mit hoher „Aktivität“gefüllt. Werden die Scheiben imDörrautomaten (Dehydrator) beiTemperaturen zwischen 42 °C und48 °C getrocknet, so verdampft mitzunehmender Zeit mehr und mehrdes freien Wassers, und die Wasser -aktivität sinkt, aW wird kleiner. Dabeiverändert sich die Textur, sie wirdledriger. Bei aW-Werten zwischen0,65 und 0,5 ist ein erheblicher Teildes freien Wassers verdampft, dieTextur wird knusprig. Bei höherenTrocknungstemperaturen wird auchnach und nach das gebundeneWasser entfernt, die Lebensmittelwerden dann sehr brüchig undkönnen in Mixern zu feinem Pulververarbeitet werden. Die Wasserakti-vität bestimmt also zu weiten Teilendie Textur.

Thomas Vilgis, MPI für Polymerforschung, Mainz

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Frisches Gemüse weist einen beacht-lichen Wassergehalt zwischen 80 %und 95 % auf. Der reine Gewichtsan-teil ist dabei nicht die entscheidendeGröße, wichtiger ist die Wasseraktivi -tät aW, die zwischen „gebundenem“und „freiem“ Wasser unterscheidet.Ihr Wertebereich liegt zwischen 0(für vollkommen trockene Lebens-mittel) und 1 für freies Wasser. Physi -kalisch ist die Wasseraktivität überden Dampfdruck definiert, aW = p/p0,

Das Universum im ComputerLeistungsstarke, schnelle Computer sind unerlässlich, wenn es darum geht, kom -plexe physikalische Vorgänge möglichst realistisch zu simulieren. Kosmologen sindauf solche Rechnungen in besonderer Weise angewiesen, weil sie keine Experimenteausführen und Abläufe studieren können: Es gibt nur ein Universum, und das ist vor13,7 Milliarden Jahren entstanden. Astrophysiker der Durham University, UK, habenkürzlich eine Simulation vorgestellt, in der sie die Entwicklung der Lokalen Galaxien-gruppe vom Urknall bis heute verfolgt haben. Insbesondere die Entstehung undEntwicklung von Galaxien unter dem Einfluss der Dunklen Materie spielte einevorrangige Rolle. Die Forscher verwendeten die sogenannte DiRAC CosmologyMachine, einen Cosma 5 Supercomputer mit 6720 Intel Xeon Core-Prozessoren und 53760 GByte RAM (Foto: T. Sawala, Durham Univ., community.dur.ac.uk/till.sawala/wordpress).

PH YS I K I M B I L D |

Abb. Wasseraktivität und die „Knusprigkeit“. Bei aW-Wertenzwischen 0,65 und 0,8 ändert sich die Textur stark. Zu niedri-ge aW-Werte bedingen eine zu starke Brüchigkeit und einwieder „schlechter werdendes“ Mundgefühl.

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