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334 | Chemie in unserer Zeit | 36. Jahrgang 2002 | Nr. 5

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Dies bedeutet, dass der Entstehungund der Entdeckung jedes der etwa100 Elemente – und damit Chemieim Allgemeinen – eine zentrale Be-deutung zum Verständnis unsererWelt zukommt. Dies bedeutet weiter-hin, dass es sich lohnen sollte, sichfür die Bedingungen zu interessieren,die zu den wichtigsten Elementent-deckungen geführt haben. Begibtman sich auf diesen Weg, so stelltman fest, dass dies nicht nur span-nend sein kann, sondern dass manauch heute noch – auch als Mitgliedder so genannten Wissensgesellschaft– sehr viel dabei lernen kann.Wennwir hier für eine solche Entdeckungs-geschichte die des Tellurs herausgrei-fen, dann nicht, weil dieses Elementbesondere Bedeutung erlangt hätte(Weltjahresproduktion nur etwa 300 Tonnen; drei Viertel gehen in dieStahlveredlung, der Rest wird zurHerstellung von thermoelektrischenPeltier-Elementen, Halbleitern,Gleichrichtern, Infrarot-Detektorensowie von Arzneimitteln gegen Lepraverwendet), sondern weil die Um-stände, das Umfeld und die handeln-den Personen bemerkenswert sindund darüber hinaus die Komplexitätdes Vorgangs hier lehrbuchhaft ver-deutlicht werden kann.

H I S TO R I E |Die spannende Entdeckungsgeschichtedes Tellurs (1782 – 1798) Bedeutung und Komplexität von Elemententdeckungen

„Wenn in einer Sintflut alle wissenschaftlichen Kenntnisse zerstört wür-den und nur ein Satz an die nächste Generation von Lebewesen weiter-gereicht werden könnte, welche Aussage würde die größte Informationin den wenigsten Worten enthalten?“ fragt der berühmte ameri-kanische Physiker und Nobelpreisträger Richard P. Feynman in seinen Vorlesungen über Physik [1] und antwortet : „Ich bin davon überzeugt,dass dies die Atomhypothese [...] wäre, die besagt, dass alle Dinge ausAtomen aufgebaut sind [...]. In diesem einen Satz werden Sie mit einwenig Phantasie und Nachdenken eine enorme Menge an Informationüber die Welt entdecken“. Als Chemiker würden wir noch darauf hin-weisen, dass es zum „Aufbau der Dinge“ verschiedener Atome bedarf.Kombinationen aus ihnen bzw. den Elementen bilden die unerschöpf-liche Vielfalt unserer materiellen Welt.

S I E B E N B Ü RG E N |Das ist die vom Karparten-Bogen umschlossene Region, die heu-te zu Rumänien gehört, damals aber Teil der k.u.k. Monarchiewar. Dem Reisenden fällt auch heute noch, besonders in dengrößeren Städten wie Cluj-Napoca (Klausenburg), Brasov (Kronstadt), Sigishoara (Schäßburg) oder Sibiu (Hermann-stadt), das Wirken der dort lange ansässigen deutschen Volks-gruppe ins Auge, die in ständiger konstruktiver Konkurrenz zuden dort lebenden Rumänen und Ungarn in Wissenschaft undKultur Hervorragendes geleistet hat, beginnend mit dem Kron-städter Universalgelehrten und Reformator Johannes Honterusbis zu dem aus Hermannstadt gebürtigen Raketenforscher Hermann Oberth.

E L E M E N T E |Ob man nun ein Element in Hand hältoder Verbindungen aus ihnen, lässt sichheute völlig problemlos mit Hilfe einesRöntgenspektrums schnell entscheiden,dank der Untersuchungen von C. G. Bark-la (1877 – 1944) und besonders H. G. J.Moseley (1887 – 1915) vor etwa hundertJahren. Die Röntgenfluoreszenz als Ana-lysenmethode basiert im wesentlichenauf dem Moseleyschen Gesetz, das einelineare Beziehung zwischen der Wurzelaus der Wellenlänge der K-Absorptions-kante des jeweiligen Element und seinerOrdnungszahl herstellt. Der Weg bishierher war aber für beide, Physiker wieChemiker,recht dornenreich.

Wir erinnern uns: Für mehr als zweitau-send Jahre galt das „Periodensystem“[6]des Empedokles (ca. 483 – 425 v.Chr.),das die vier unvergänglichen ElementeFeuer, Wasser, Luft und Erde umfasste,aus denen alles bestehen sollte, ver-mittelt durch die Grundkräfte Liebe undHass (im Sinne von Anziehung undAbstoßung).

Die mittelalterlichen Alchemisten nah-men dann noch das Quecksilber (als metallisches Prinzip), den Schwefel (stellvertretend für die Brennbarkeit) undSalz (für Wasserlöslichkeit und Salz-geschmack) hinzu.

Dagegen kommt die Vorstellung überden Aufbau der Materie aus Atomen undder zugehörige Elementbegriff von Joachim Jungius (1587 – 1657), der alsProfessor in Rostock, Helmstedt undHamburg wirkte, Robert Boyle (1627 –1691), Chemiker in Oxford und London,und Robert Hooke (1635 – 1703), Natur-forscher und Professor für Geometrie amGresham College in London, unserenheutigen Anschauungen schon recht nahe. Die erste richtige Elementtabellestammt von Antoine Laurent de Lavoisier(1743 – 1794) und wurde von ihm in seinem 1789 in Paris erschienenen TraitéElémentaire de Chimie publiziert. Sie enthält einundzwanzig Elemente [7].Gegenüber der uns heute bekannten Ta-belle gab es also noch erhebliche Lücken.Die zu füllen war mit den damaligen Methoden durchaus nicht trivial und dieIdee eines Periodensystems moderner Art gab es auch noch nicht.

C YA N I D L AU G E R E I |Erst vor zwei Jahren stand es in den Schlagzeilen: Ein Becken mitcyanidhaltiger Lauge war im Norden von Rumänien ausgelaufenund alles Leben in der nahegelegenen Theiss wurde auf die Länge von einigen hundert Kilometern vernichtet. Um das nur ingeringer Konzentration im Gestein vorliegende elementare Goldchemisch in Lösung zu bekommen, benötigt man einen gutenElektronenakzeptor (Luftsauerstoff als Oxidationsmittel) und einen starken Komplexbildner (Cyanid) in konzertierter Aktion(Im technischen Verfahren wäre Königswasser hierzu aus ver-schiedenen Gründen nicht gut geeignet). Übrigens eine faszinie-rende und auf den ersten Blick überraschende Reaktion: Das edle Metall löst sich so sehr leicht. Der Chemiestudent kann hierallerdings viel lernen.

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Vom natürlichen Spiesglaskönig,geschwefelten Wismut und Faczebajer antimonalischenGoldkiesUnsere Geschichte beginnt 1782 inSiebenbürgen, wo es seit römischerZeit bis heute einen Goldbergbaugibt. In den von Bornschen Abhand-lungen der Privatgesellschaft vonBöhmen dieses Jahres wird berichtet,dass der Professor und Bergrat vonRuprecht von der k.u.k. Bergakade-mie in Schemnitz gefunden habe,dass der Faczebajer antimonischeGoldkies (oder auch weißes blättri-ges Golderz genannt) tatsächlichnatürlicher Spiesglaskönig, nämlichgediegenes Antimon, sei. Dieser Be-hauptung tritt nun der siebenbürgi-sche Bergwerksdirektor und The-saurariatsrat Franz Joseph Müller(Freiherr von Reichenstein) entgegenund behauptet seinerseits, dass die-ser vermeintliche Spiesglaskönigeher geschwefelter Wismut, mit Si-cherheit aber kein Antimon sei. Inder Folge hat sich nun Müller nähermit dem Problem beschäftigt undbald erkannt, dass auch diese Annah-me nicht zutreffen kann [2]. ZurKlärung dieser Frage schickt Müllereine Probe des Minerals 1784 an To-bern Olof Bergman in Uppsala, derjedoch noch im gleichen Jahr stirbtund deswegen die erbetenen genaue-ren Untersuchungen zum aurum paradoxum oder metallum proble-maticum, wie Müller die Proben be-nannte, nicht mehr zu Ende bringenkonnte.

Etwas später, 1789, jedoch unab-hängig von Müller und Bergman, be-schäftigt sich der Professor für Bota-nik und Chemie an der Universität(Buda)Pest, Paul Kitaibel, mit dem Erzaus Siebenbürgen. Er beschreibt in ei-nem allerdings unveröffentlichtenManuskript mit dem Titel „Beytragzur näheren Kenntnis des so genann-ten wasserbleyigen Silbers (Argentmolybdique) von Deutsch-Pilsen“ dieEigenschaften jenes Elementes, dasspäter den Namen Tellur erhaltensollte.

Eher zufällig erfährt auch M. H.Klaproth, zu diesem Zeitpunkt be-

reits ein hochangesehener und inter-national bekannter Chemiker in Ber-lin durch den Wiener MineralogenEstner anlässlich eines Besuchs in Wien von diesem Manuskript und gibtmit Datum vom 1.8.1796 ein positi-ves Gutachten darüber ab. Für dieje-nigen, die davon Kenntnis hatten,war es dann sehr überraschend, dassKlaproth 1798 zunächst in den Sit-zungsberichten der Berliner Akade-mie und wenig später in Crells Anna-len seine Ergebnisse über die Unter-suchung der Faczebajer Erze mitteiltund dem gefundenen neuen Element„den von der alten Mutter Erde entlehnten Namen Tellurium“ gibt,jedoch ohne Bezug auf Kitaibels Resultate zu nehmen.

Diese Arbeiten waren mit Probendurchgeführt worden, die Klaprothschon früher von Müller (von Rei-chenstein) bekommen hatte. Es folgtein Briefwechsel zwischen Klaprothund Kitaibel, in dem Klaproth erklärt,dass ihm Titel und Inhalt des Kitaibel-schen Manuskripts völlig entfallen ge-wesen seien und er keinen Zusam-menhang mit den eigenen Untersu-chungen an Müllers Präparaten gese-hen habe. Für ein absichtliches Ver-schweigen von Kitaibels Resultatenwürde allerdings auch das Motiv feh-len, denn Klaproth spricht schon inseiner ersten Mitteilung Müller vonReichenstein das Verdienst der Ent-deckung des Tellurs zu, – eine Sicht,der sich dann schließlich auch PaulKitaibel anschließt.

Um einen solchen Befund sicher-zustellen, hat Klaproth eine Mengevon Experimenten durchführen müs-sen, nicht nur am Faczebajer Gold-kies, der sich ja letztlich als gediege-nes Tellur herausgestellt hat, sondernauch an weiteren Mineralien aus die-ser Region. Hierzu gehört der Nagyagit [AuTe2 · 6Pb(S,Te)] und derSylvanit [AuAgTe4] (Abbildung 1).Letzteres hat seinen heutigen Namennach der Region Transsylvanien (= Siebenbürgen) erhalten, wurdeaber früher meist als aurum graphi-cum oder Schrifterz bezeichnet, weildie monoklin-prismatischen Kristalledas Grundgestein oft wie Buchstaben

überziehen. Klaproth selbst nanntees Schrifttellur (Abbildung 2).

Die Entdeckungsgeschichte desElementes Tellur zeigt exemplarisch,wie komplex die Abläufe sind, dieletztlich „zur Wahrheit“ führen ... undwie wichtig die Beteiligung von Per-sönlichkeiten wie Klaproth sein kön-nen. Sie zeigt, dass ein bestimmtes in-tellektuelles Umfeld, wie es damals inder deutschen Enklave Hermannstadtbestand,Voraussetzung ist.

Beispielhaft lässt sich so etwasz.B. am Lebenslauf des in unseremKontext wichtigen Chemikers Dimitri Mendelejeff – dem Begründerunseres modernen Periodensystemsder Elemente – erkennen. Seine Eindrücke in den Laboratorien vonGustav Kirchhoff und Robert Bunsenin Heidelberg Mitte des 19. Jahrhun-derts haben ganz entscheidend dazubeigetragen, dass er sich mit dem

Abb. 1 Monoklin-prismatische Kristalle von Sylvanit

Abb. 2 Originaletikett von Klaproths „Schrifttellur“-Probe [3]

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PE R S Ö N L I C H K E I T E N |Martin Heinrich Klaproth: J. J. Berzelius, eine der größten Autoritäten in der Chemie jener Zeit, nannte ihn„den größten analytischen Chemiker Europas“. Als 1809 die Gründung der Universität in Berlin (der heutigenHumboldt-Universität) beschlossen wurde, fiel die Wahl für die Besetzung des Lehrstuhls für Chemie auf ihn,obwohl schon siebenundsechzig Jahre alt (man vergleiche hierzu die stringente Handhabung heute, die nichtunbedingt wissenschaftsfreundlich ist) und gegen eine beachtliche Konkurrenz, unter ihnen Alexander vonHumboldt. Wie viele bedeutende Chemiker dieser Zeit erhielt auch Klaproth seine chemische Grundausbildungin einer Apotheke. 1743 in Wernigerode am Harz geboren, trat er im Alter von fünfzehn Jahren in die Lehre desApothekers F. V. Bollmann. Nach Stationen in Hannover (1766), Berlin (1768-70) und Danzig (1770-71) kam erschließlich an die Schwanenapotheke von Valentin Rose in Berlin (ab 1771), die er nach dessen Tod auch über-nahm. 1780 erwarb er die Simonsche Apotheke hinzu, die er bis 1800 betrieb. Schon 1780 hatte er sich ein ei-genes Laboratorium eingerichtet und sich dort den Untersuchungen gewidmet, die ihn später bekannt machensollten. 1800 bezog er eine Wohnung im Akademiegebäude „hinter der Sternwarte“, die er bis zu seinem Tode1817 bewohnte. Die Pharmazie als Beruf hatte er schon aufgegeben, als er 1792 Lehrer der Chemie an der Königl. Preußischen Artillerieschule wurde. Er war Mitglied des Sanitätskollegiums, der Akademie der Wissen-schaften und zahlreicher weiterer in- und ausländischer Gesellschaften, als er dann schließlich 1810 mit demTitel eines Obermedizinal- und Sanitätsrats als Ordinarius für Chemie an die neue Berliner Universität berufenwird.

A.W. von Hofmann sagt später über ihn: „Wenn man bedenkt, wie selten einem Chemiker das Glück zuteilwird, ein einziges Element aufzufinden, so wird es begreiflich erscheinen, wie sehr Klaproths Entdeckung vonvier Elementen seinen Zeitgenossen imponieren mußte“ und weiter: „Von einer Bescheidenheit, der jede Überhebung fernliegt, voll Anerkennung für die Verdienste Anderer, rücksichtsvoll für fremde Schwäche, abervon unerbittlicher Strenge in der Beurteilung der eigenen Arbeit, hat uns Klaproth für alle Zeiten das Vorbild eines echten Naturforschers gegeben“.

Klaproth verdanken wir neben vielen anderen Dingen die Entdeckung von Kali (im Leucit), Zirkon, Uran, Cer(zusammen mit Berzelius), die Charakterisierung und Benennung von Strontium, Titan und Tellur, die Beo-bachtung des Polymorphismus von Kalkspat und Aragonit. Er übernahm als einer der ersten deutschen Chemi-ker die antiphlogistische Systematik von Lavoisier und markierte damit in Deutschland den Übergang in diewissenschaftliche Chemie. Von großer Bedeutung sowohl für die Entwicklung der Analytischen Chemie alsauch der Mineralogie hat sich sein in sechs Bänden zwischen 1795 und 1815 erschienenes Werk „Beiträge zurchemischen Kenntnis der Mineralkörper“ erwiesen, wobei besonders der letzte Band mit dem Titel „ChemischeAbhandlungen gemischten Inhalts“ für die Fortschritte der Chemie dieser Zeit besonderes Gewicht hatte.

Franz Joseph Müller: Ob 1740 in Nagyszeben (Sibiu, Rumänien) oder 1742 in Poysdorf in Niederösterreich ge-boren, darüber streiten sich die Chronisten. Die österreichische Post glaubt Letzteres und hat aus diesem Grund1992 eine Sondermarke herausgegeben (Abbildung 4). Sicher ist, dass Müller in Wien Philosophie studierte,sich aber auch in anderen Fächern wie z.B. im Bergbau Kenntnisse aneignete. Nach seinem Studium trat er inden Dienst der Hofkammer (Finanzverwaltung) beim Berg- und Münzwesen. Seine Laufbahn begann in Schem-nitz im damaligen Oberungarn (Stiavnica Banska), wo er an der dortigen Bergwerksakademie auch Metallur-gie und Bergbau studierte. Nach Tätigkeiten im Salzbergbau in Siebenbürgen und im Banat wird er 1775 Oberbergbaumeister in Schwaz in Tirol Bereits wenige Jahre später (inzwischen zum Freiherrn von Reichensteinernannt) übernimmt er die Leitung der gesamten transsylvanischen Erzbergbauverwaltung in Hermannstadt(heute Sibiu, Rumänien). Von 1802 bis zu seiner Pensionierung 1818 ist er schließlich in Wien für den gesam-ten österreichischen Bergbau zuständig. Dort stirbt er 1825.

Neben seiner Verwaltungstätigkeit hat Müller von Reichenstein auch umfangreiche mineralogische Forschun-gen betrieben. 1778 veröffentlicht er „In Tirol entdeckte Turmaline“ und 1789 „Über die Mineralgeschichte der Goldbergwerke in Siebenbürgen“ sowie zwischen 1783 und 1785 mehrere Abhandlungen in den Phys. Arb.einträcht. Freunde Wien. Opal wurde in manchen Gegenden ihm zu Ehren Müller-Glas genannt.

Abb. 3 Martin Heinrich Klaproth

Abb. 4 Franz Joseph Müller

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Problem einer „sinnvollen Auflistungder Elemente“ beschäftigte [4]. InHeidelberg wurden damals bahnbre-chende spektroskopische Untersu-chungen des Sonnenlichts durchge-führt, die zum Verständnis der dunk-len (Fraunhoferschen) Linien, dieihren Ursprung in bestimmten Metal-len hatten, geführt haben.WenigeMonate vor Mendelejeffs Ankunft inHeidelberg im Jahre 1859 hattenKirchhoff und Bunsen das ElementRubidium (lat. rot) entdeckt, als sieeine Substanz erhitzten, die roteSpektrallinien zeigte, die bis dahinunbekannt waren.

Die hier geschilderte Geschichteder Entdeckung des Tellurs ergibtweiterhin, dass die beteiligten For-scher Verhaltensmuster zeigten, diesich an wichtigen Wertmaßstäben ori-entierten, deren Einhaltung eine Vo-raussetzung für erfolgreiches For-schen in einer Scientific Communityist. Diese optimalen Bedingungen be-schreibt Francis Bacon (1561 – 1626),einer der Begründer der modernenWissenschaft, in seinem utopischenFragment „New Atlantis“. Dort wirdvon einem „Haus Salomons“ berich-tet, in dem die Forscher unabhängigvon jeder staatlichen Eingriffsmög-lichkeit arbeiten konnten. Das Zielwar ‘[...] the knowledge of causes,and the secret motions of things[…], to the effecting of all things pos-sible.’Wichtig für uns: hierbei spieltedie Chemie eine entscheidende Rolle; enttäuschend für uns: Baconsutopischer Entwurf wurde nicht realisiert [5].

Literatur[1] R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands :

Feynman Vorlesungen über Physik, 4. Aufl.,Oldenbourg, München 22000011, Vol.1, S.21.

[2] Die Dichte des Minerals ist mit 6,34 g/cm3

geringer als die des Antimon und es verhältsich auch chemisch anders. Es brennt in derLötrohrflamme unter Bildung eines weißenRauchs mit rettichartigem Geruch und löstsich in konzentrierter Schwefelsäure mit roter („karmoisin“) Farbe. Heute wissen wir,dass sich dabei das Te4

2+-Ion bildet. Dieseund einige weitere Experimente bringenMüller zu dem Schluss, dass es sich um einneues, gediegenes Halbmetall handelnmuss.

[3] Foto: Museum für Naturkunde der Hum-boldt-Universität zu Berlin, Institut für Mineralogie (mit frdl. Genehmigung).

[4] P.Strathern, Mendeleev’s Dream, The Questfor the Elements, Hamish Hamilton, Lon-don, 22000000..

[5] Vgl. auch A. Müller, Science and Society,and the Hopes of a Renaissance Utopist,Science and Society 22000000, 1, 23, Paris/Warsaw.

[6] Das ist natürlich ein Euphemismus, denndie periodischen Eigenschaften der Elemen-te waren darin ja nicht erfasst. Hinsichtlichseiner Bedeutung als ordnendes System dermateriellen Welt entsprach es aber demPSE.

[7] nämlich Antimon, Bismut, Blei, Eisen, Gold,Kohlenstoff, Kobalt, Kupfer, Mangan, Molybdän, Nickel, Phosphor, Platin, Queck-silber, Sauerstoff, Schwefel, Stickstoff, Wasserstoff, Wolfram, Zink und Zinn.

Ekkehard Diemann und AchimMüller, Lehrstuhl für AnorganischeChemie I, Universität Bielefeld,

Horia Barbu, Fakultät für Lebens-mitteltechnologie, Lucian-Blaga-Uni-versität Sibu, Rumänien

R A N D N OT I Z |Die mittlerweile weltbekannte SequenzierungsfabrikCelera Genomics in Rockville http://www.celera.comwird ihre Organisation umstrukturieren. Das Unterneh-men kehrt der Gen-Sequenzierung nun den Rücken undwill sich verstärkt der Medikamentenentwicklung wid-men. Die Entscheidung wurde auch dadurch beeinflusst,dass Celeras Rivale, das öffentlich finanzierte Konsor-tium „Humangenom-Projekt“ (HPG), die Genom-Datenim Februar 2001 kostenlos ins Netz stellte. Dadurch wurden Celeras kommerzielle Ziele mit einem Schlagzunichte gemacht: Celera plante, die Daten an Pharma-Unternehmen zu verkaufen, die Medikamente für genetisch bedingte Erkrankungen entwickeln.


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