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Page 1: Ein bicyclisches Phosphor-trischwefelpentanitrid

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Abb. 1 . Elutionsprofil eines Gemisches aus L-Rhamnose (a), D-Mannose (b), D-Galaktose (c). glucose (d) und D-Ribose (e) an .,Borsauregel"; Bdingungen siehe Arbeitsvorschrift.

b

20 40 20 LO 1280821 [mil - [ m l l - Abb. 2. a) Trennung von Maltose (a) und Isomaltose [b) sowie b) von Lactose (a) und Raffinose (b) an ,,Borsauregel"; Bedingungen siehe Ar- beitsvorschrift.

sung; ihre Bildung ist stark pH-abhangig. Optimale Tren- nungen gelingen bei pH > 9. Die Konfiguration des Zucker- halbacetalringes ist fur die Komplexbildung von besonde- rer Bedeutung, denn Zucker bilden bekanntlich in ihrer Furanose-Form begiinstigt Borat-Komplexe[*]. Abbildung 1 bestatigt diesen Befund. Mit Furanosebildung der end- standigen Glucose laBt sich auch die Trennung von Malto- se und isomaltose erklaren (Abb. 2a). Eine wachsende Zahl cis-Hydroxygruppen ruhrt zu intensiverer Komplex- bildung ; so lassen sich Lactose und Raffinose quantitativ trennen (Abb. 2b). Die Disaccharidpaare Maltose und Cel- lobiose sowie Maltose und Lactose zeigen dagegen nur sehr geringe Differenzen in ihren Elutionsmaxima, da sie alle keine Furanose-Form bilden konnen und die gleiche Anzahl cis-Hydroxygruppen besitzen.

Gegenuber den bisher verwendeten Technikenl3- 51 bietet die Chromatographie an ,,BorsSiuregel" folgende Vorzuge:

1. Die Verwendung fluchtiger Puffer gestattet ein rasches Aufarbeiten der Fraktionen, da die getrennten Zuckerkom- ponenten ohne Entsalzung in hoher Reinheit quantitativ isolierbar sind. AuDerdem ist die Abwesenheit von Bo- ratruckstanden fur strukturchemische Arbeiten an Oligo- saccharidenf6I von besonderer Bedeutung.

2. Bei geeigneter Wahl von Gel und Gelvolumen lassen sich sowohl Mono- als auch Oligosaccharide optimal tren- nen, selbst wenn sich die Komplexbildungskonstanten nur geringfugig unterscheiden.

Arbrirsvorschrft :

Eine Chromatographiesaule (1/20 an) wird rnit gequolle- nem ,,Borsauregel"['] gefullt, mit 0.5 N HCl gewaschen und schlieljlich neutral gespult. Die Zuckergemische (pro Mo- no- oder Oligosaccharid je 1 mg) werden in 0.2 ml Elutions-

mittel gelost, auf die Saule aufgetragen und mit 0.1-proz. wal3riger NH,-Losung (pH = 10.5) eluiert, wobei Fraktio- nen von 4ml pro Stunde aufgefangen werden. Aliquole der Fraktionen (0.2 ml) werden mit dem Phenol/Schwefel- saure-Reagens auf die Anwesenheit von Zuckern getestet"] (Testansatz: 0.2ml Fraktionslosung + 0.1 ml 90-proz. Phe- nol + 1 ml H 2 0 , schiitteln, dazu 3ml H2S04 conc.). Die getrennten Zucker werden durch Borat-Elektrophorese identifiziert.

Eingegangen am 13. Februar 1973 [Z 8081

[l] H . Schott, Angew. Chem. 84, 819 (1972); Angew. Chem. internat. Edit. 11, 824 (1972); H . Schott et al., Biochemistry, im Druck. C2] J . Boeseken, Advan. Carhohydr. Chem. 4, 189 (1949). 131 J . L. Frahn u. J . A. Mill,s, Austral. J . Chem. 12, 65 (1959). [4] L. P . Zill, J . X. Khym u. G. M. Chmiae, J. Amer. C h m . Soc. 75, 1339 (1953); R. E . Kesler, Anal. Chem. 39, 1416 (1967). [S] H . L. Weith, J . L. Wiebers u. P. 7: Gilhain, Biochemistry 9, 4396 (1970). [6] K . R a k e u. K. Jam, Eur. J. Biochem. 31, 320 (1972). [7] M . Dubois, K. H . Gilles, J . K . Hamiltun, P. A. Rebers u. R. Smith, Anal. Chem. 28, 350 (1955).

Ein bicyclisches Phosphor-trischwefelpentanitrid

Von Herbert W Roesky und 014 Petersen[']

Aus den Produkten der Umsetzung von Phosphorpenta- fluorid rnit N,N'-Bis(trimethylsily1)schwefeldiimid~' 1 konn- ten wir ein phosphorhaltiges Schwefelnitrid der Zusam- mensetzung S3N5PF2 (vollstandige Elementaranalyse) rnit ungewohnlicher Struktur (1) isolieren. Da zu Beginn der Reaktion das Schwefeldiimid im UberschuD vorliegt, neh- men wir an, dal) zunachst F2P[N=S=N-Si(CH3)3]j ent- steht, das mit PF5 unter Bildung von (I) , (CH,),SiF und (NPF,), im Yerhaltnis 1:3: l/n weiterreagiert. Es ist be- kannt, daD entsprechende Umsetzungen von PF5 nicht zu (NPF,),-Ringen fiihren, sondern dalj sich dabei Derivate von PF; bilden.

FD

P-F" p=N: 1

N's=Nv, I

N,\,/,N" (1)

(1) ist ein extrem feuchtigkeitsempfindlicher, goldgelber kristalliner Festkorper, der bei Raumtemperatur im 01- pumpenvakuum sublimiert. Fur den pentakoordinierten Phosphor wird als wahrscheinlichste Konfiguration eine trigonale Bipyramide angenommen. Nach 31P- und 19F- NMR-Untersuchungen sind dabei die Fluoratome nicht wie sonst ublich ausschlieDlich axial (a) und die Stickstoff- atome aquatorial (e) angeordnet[", sondern man findet zwei Dubletts im 31P- und zwei Dubletts im I9F-NMR- Spektrum: &= + 11.5 ppm; J(PFe)= 1008, J(PFa)=925, J(FaFe)= 86 Hz; = 85.4, ZiFe =46.8 ppm (Messung bei 35 " C ; als Losungsmittel sowie interner Standard fur I9F- NMR diente CFCI,, fur ,lP-NMR 85-proz. H3P04, ex- tern). Dies entspricht dem Strukturvorschlag ( I ), wo ein Fluoratom sich in axialer und ein Fluoratom in aquatoria- ler Position befindet. Aus sterischen Grunden nehmen die Stickstoffatome unterschiedliche Stellungen ein. Im Mas- senspektrum beobachtet man als Ion rnit der hochsten Massenzahl m/e= 175 S2N3PF2 (8%). Dieses Bruchstiick

[*I Prof. Dr. H. W. Roesky und Dipl.-Chem. 0. Petersen Anorganisch-chemisches Institut I der Universitat 6 Frankfurt I, Robert-Mayer-StraOe 7-9

Angew. Chem. 185 . Jahrg . 1973 N r . 9 413

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entsteht durch Abspaltung von NSN aus (1) und kann als sechsgliedriges Ringsystem aufgefaBt werden. Erfah- rungsgemaB tritt bei massenspektrometrischen Untersu- chungen an Schwefel-Stickstoff-Ringen eine SN-Eliminie- rung ad3] . Weitere char&teristische Fragmente sind m/e= 161 SzNzPFz (48.4%), 129 NSNPFz (5.1%), 115 SNPFz (23.7%), 92 S2N2 (4%), 78 SNS (9.6%), 69 PF2 (38.5%), 64 NPF (3.5%), 50 P F (3.7%), 46 SN (loo%), 45 NP (1.3%), 32 S (21.8%), 28 N2 (6.2%). Im IR-Spektrum (cm- I ) werden Absorptionen bei 1185 sst, 1138 sst, 1020 s, 1002 m, 960 st, 935 st, 835 st, 728 st, 707 st und 662 st beobachtet.

Arbeitsvorschr$:

In einen 250-ml-Zweihalskolben mit Gaseinleitungsrohr und nachgeschalteter Kondensationsfalle (Acetonprok- keneis) wird zu 5 g (0.025 mol) [(CH,),SiN] 2S bei 0°C unter Riihren PF5 in schwachem Strom geleitet; dabei taucht das Einleitungsrohr nicht in die Flussigkeit ein. Nach Beendigung der Reaktion (ca. 4 Std.) beobachtet man am Ausgang der Falle unumgesetztes PF,. AnschlieDend wird der Kolben rnit dem Reaktionsgemisch langsam auf Raumtemperatur envarmt. (CH,),SiF sammelt sich in der Kondensationsfalle, und aus dem dunkelbraunen Ruck- stand sublimiert im Olpumpenvakuum bei Raumtempera- tur (Z), Ausbeute: 1-5%0.

Eingegangen am 7. Dezember 1972, erganzt am 22. Februar 1973 [Z 805)

[l] U. Wannagat u. H. Kuckertz, Angew. Chem. 74, 117 (1962); Angew. Chem. internat. Edit. ?,1 I3 (1962); 0. J . Scherm u. R. Wies, Z. Naturforsch. 25 b, 1486 (1970). [2] R. Schmutzler, Angew. Chem. 77, 530 (1965); Angew. Chem. internat. Edit. 4, 496 (1965). [3] H. c1! Roesky u. 0. Petersen, Angew. Chem. 84, 946 (1972); Angew. Chem. internat. Edit. 11, 918 (1972).

n-Ionisationspotentiale von Alkylfulvenen, oder die Grenzen des Koopmans-Theorems[**] Von Frunz Broyli, Patricia A. Clark, Edgar Heilbronner und Markus Neuen.schwandrr[']

Der Inhalt des sogenannten Koopmans-Theorems ist, daD vertikale Ionisationspotentiale I",,, negativ genommen, den Hartree-Fock-SCF-Orbitalenergien gleichgesetzt wer- den diirfen:

Hierin bedeutet die SCF-Orbitalenergie desjenigen Orbitals I), im neutralen Singulett-Molekiil M, das beim (Photo-) IonisationsprozeIj

[*] Prof. Dr. E. Heilbronner und Dipl.-Chem. F. Brogli Physikalisch-chemisches Institut der Universitat CH-4056 Basel, KlingelbergstraDe 80 (Schweiz) Prof. Dr. P. A. Clark Department of Chemistry, Vassar College Poughkeepsie, N. Y. (USA) Prof. Dr. M. Neuenschwander Institut fur allgemeine und spezielle Organische Chemie der Universitiit CH-3000 Bern, ErlachstraBe 9a (Schweiz)

[**I 52. Mitteilung iiber Anwendungen der Photoelektronen-Spektro- skopie. Diese Arbeit ist Teil des Projekts SR 2.477.71 des Schweizerischen Nationdlfonds.

das Elektron e- verliert. DaD das Theorem (1) in vielen Fallen versagen mu& ist bereits von Koopmans selbst in seiner grundlegenden Arb&[ ' I eingehend diskutiert wor- den (vgl. auch 12]). In letzter Zeit hat die Photoelektronen- Spektroskopie zahlreiche Beispiele geliefert, welche zeigen, dal3 vor allem die Reorganisation der im Radikalkation M+($,) verbleibenden Elektronen zu erheblichen Korrek- turen AnlaD gibt. Als extremes Beispiel sei Bis(x-ally1)nickel erwahnt, dessen erstes Ionisationspotential I, = 7.85 der Entfernung eines Elektrons aus dem 9a,-Orbital des neutralen Molekiils entspricht. Es ist dies praktisch das reine Ni-3d-Orbitalt4], welches aber keineswegs das oberste besetzte Molekulorbital, sondern vielmehr das 13. Orbi- tal (!) ist - vom obersten besetzten Orbital 7% aus gedhlt. Rohmer und Veillard[51 berechneten nach einem ab-initio- Verfahren &(sag) = - 18.3 eV, wahrend sie als Energie fur M+(9ag), nach Relaxation der Elektronen, nur A E(M+ (9aJ) = 7.9 eV erhielten, in guter Ubereinstimmung mit dem Experiment. Im Gegensatz zum bekannten und auch wohlverstandenen Versagen von GI. (1) wird aber oft implizit angenommen, dab das Koopmans-Theorem zumindest in der abge- schwachten Form

gilt, d. h., dab z. B. substitutionsbedingte Anderungen des Ionisationspotentials ekes Grundkorpers M anhand storungstheoretisch berechneter Orbitalenergie-verschie- bungen 6 ~ , vorausgesagt werden konnen (vgl. z. B. 16]). Am Beispiel der alkylsubstituierten Fulvene (1 1 (R,R') sol1 gezeigt werden, daB auch dies nur unter ganz bestimm- ten Voraussetzungen zutrifft.

(4)

Das PE-Spektrum des Fulvens (1) (H,H) weist zwei Ban- den bei =8.55 und 1,,2=9.54 eV auf, die entsprechend GI. (2) mit den x-Orbitalen la , und 2b, zu korrelieren sindl']. Die in (4) angegebenen x-Orbital-Diagramme fur 1 a2 und 2 bl sind jene, die beispielsweise aus dem HMO- Model1 hervorgehen.

Da la, eine Knotenebene besitzt, welche die Zentren 5 und 6 enthalt, wiirde man erwarten, dalj der EinfluB von Substituenten R,R' keine Verschiebung &Iv,, verursacht, wahrend 61v,2 - wegen des endlichen Wertes des a-Orbitals 2 bl an den Stellen 5 und 6 - deutlich von Null verschieden und negativ sein sollte. Diese Erwartung wird von theoreti- scher Seite durch Berechnungen der Orbitalenergien des Fulvens ( I ) (H,H) und seiner Substitutionsprodukte nach EHT-r81, M1ND0/2J9], SPINDO-["] und INDO['"-Ver- fahren gestutzt[lz1, wenn man Giiltigkeit von GI. (1) bzw. (3) voraussetzt. Im schroffen Gegensatz dazu zeigt aber das Experiment (s. Tabelle I), da13 von gleicher Gro- Benordnung ist wie 6 Aus den Werten von Tabelle 1 berechnet man (in eV)

8Iv ,> = (-0.0694 rf: 0.0297) + (1.503 k 0.071)61,,, (5)

414 Angew. Chem. 85. Jahrg. 1973 1 N r . 9


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