Kerle/Pittschellis Einführung in die Getriebelehre
Einführung in die Getriebelehre
Von Akad. Oberrat Dr.-Ing. Hanfried Kerle Lehrbeauftragter für Getriebelehre an der Technischen Universität Braunschweig
und Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Reinhard Pittschellis Technische Universität Braunschweig
Mit 180 Bildern und 14 Tafeln
B. G. Teubner Stuttgart 1998
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Kerle, Hanfried: Einführung in die Getriebelehre I von Hanfried Kerle und Reinhard Pittschellis. - Stuttgart : Teubner, 1998
ISBN 978-3-519-06362-9 ISBN 978-3-322-96738-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-96738-1
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ()hne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt besonders für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeich::rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
© B. G. Teubner Stuttgart 1998
Gesamtherstellung: Präzis-Druck GmbH, Karlsruhe Umschlaggestaltung: Peter Pfitz. Stuttgart
Vorwort
Als mit dem raschen Fortschreiten der Elektronik und der Datenverarbeitung das Zeitalter der Automatisierung anbrach, glaubten viele Ingenieure in der ersten Euphorie, daß der gesteuerte Antrieb und die Leistungen der Rechentechnik die Getriebelehre und ihre Grundlagen überflüssig machen würden wie die mechanische Uhr oder Schreibmaschine. Inzwischen ist man zu einer nüchternen Betrachtung der Dinge zurückgekehrt und hat erkannt, daß der Getriebelehre ein gleichrangiger Platz zwischen der Antriebstechnik und der Konstruktion gebührt. Dies wird auch häufig mit dem Begriff Mechatronik umschrieben.
Der Begriff Getriebelehre mag manchem erneuerungsbedürftig erscheinen. Wir haben uns jedoch bewußt an diesen Begriff gehalten, weil er in einer langen Braunschweiger Tradition steht, die eng verknüpft ist mit den Namen Bekir Dizioglu und Kurt Hain und ihren Lehrbüchern "Getriebelehre" und "Angewandte Getriebelehre" .
Genau genommen existiert zum Fach "Getriebelehre" bereits eine Reihe guter Lehrbücher. Wir sind dennoch der Meinung, daß für das vorliegende Buch ein Bedarf besteht. Im Zuge der allgemeinen Entwicklung von Rechnern, Rechnerleistung und Rechenprogrammen hat es in den letzten Jahren einen starken Wandel von den zeichnerischrechnerischen Methoden und Hilfsmitteln zur vorwiegend rechnergestützten Auswertung mit zusätzlicher grafischer Visualisierung der theoretischen Aussagen und Gleichungen der Getriebelehre gegeben. Diesem Wandel wurde in deutschen Lehrbüchern nur ansatzweise entsprochen. Wir haben deshalb ein ganzes Kapitel dieses Buches den numerischen Methoden gewidmet und begleitend zum Buch ein Programm für die kinematische Analyse ebener Getriebe entwickelt, das gegen eine geringe Versandgebühr auf dem Postweg oder kostenlos über das Internet zu beziehen ist.
Es genügt für ein Lehrbuch aber nicht, nur auf die Produktion numerischer Ergebnisse in Form von Tabellen oder Grafiken hinzuwirken; der Student oder die Studentin müssen erkennen und beurteilen können, ob ihre erreichten Ergebnisse nicht nur plausibel sind, sondern auch mit den Gesetzen der Mechanik übereinstimmen. Daher werden auch in diesem Buch die theoretischen Grundlagen ausführlich dargestellt, jedoch mußten wir einige klassische Verfahren der Getriebelehre auslassen, die heute weitestgehend durch numerische Verfahren abgelöst werden können.
Diese Beschränkung ermöglicht eine kompakte Darstellung der wichtigsten Grundlagen der Getriebelehre zu einem günstigen Preis. Der Inhalt dieses Buches bildet unserer
VI
Meinung nach den Grundstock für die Ausbildung im Fach "Getriebe lehre" an Fachhochschulen und Universitäten.
Das Buch ist in 7 Kapitel gegliedert; jedes Kapitel enthält am Anfang eine Übersicht, die den Leser oder die Leserin auf den zu erwartenden Lernstoff vorbereiten soll. Die Kapitel 2 bis 6 enden mit einer Reihe von Übungsaufgaben, die der Lernkontrolle dienen. Die Lösungen zu den Übungsaufgaben finden sich im Anhang; dabei ist der erläuternde Text bewußt knapp gehalten, da die entsprechenden Lösungswege durch eingestreute Lehrbeispiele pro Kapitel bereits ausführlich beschrieben werden.
Das Buch ist nach einigen Jahren Lehr- und Übungserfahrung am Institut für Fertigungsautomatisierung und Handhabungstechnik (lFH) der TU Braunschweig aus einem Vorlesungs skript entstanden. Wir danken dem Leiter des Instituts, Herrn Prof. DrAng. 1. Hesselbach, für seine wohlwollende Unterstützung und Förderung.
Eine engagierte Schar von Studenten hat die Bürde der Arbeit beim Schreiben und Zeichnen sowie bei der Entwicklung des Rechenprogramms mitgetragen: Yannick Bastian, Peter Bohnenstengel, Christoph Herrmann, Nikolai Hille, Uwe Jürgens, Stefan Scholz, Sven Dlaf Siems und Gerald Männer als Koordinator. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank für ihre Motivation und Ausdauer.
Dem Teubner-Verlag, vertreten durch Herrn Dr. rer. nato J. Schlembach, gebührt unser besonderer Dank für die angenehme Zusammenarbeit und gute Ausstattung des Buches.
Braunschweig, im November 1997
Hanfried Kerle
Reinhard Pittschellis
Inhalt
1 Einführung ...................................................................•............................................... 1
1.1 Aufgaben und Inhalt der Getriebe1ehre .................................................................. 1
1.2 Anwendungsgebiete der Getriebelehre ................................................................... 3
1.3 Beispiel einer getriebetechnischen Aufgabe ......................................................... 10
1.4 Hilfsmittel ............................................................................................................ 11
1.4.1 VDI-Richtlinien ............................................................................................. 11
1.4.2 Arbeitsblätter (Kurzrichtlinien) ..................................................................... 12
1.4.3 Getriebeprogramme ....................................................................................... 12
2 Getriebesystematik ...................•.......................................•.....•..........••••........•.......•.•. 13
2.1 Grundbegriffe ....................................................................................................... 13
2.1.1 Übertragungs getriebe .................................................................................... 14
2.1.2 Führungsgetriebe ........................................................................................... 16
2.1.3 Lage der Drehachsen ..................................................................................... 16
2.2 Aufbau der Getriebe ............................................................................................. 18
2.2.1 Getriebeglieder .............................................................................................. 18
2.2.2 Gelenke ......................................................................................................... 19
2.3 Getriebefreiheitsgrad (Laufgrad) .......................................................................... 23
2.4 Struktursystematik ................................................................................................ 29
2.4.1 Kinematische Ketten ..................................................................................... 30
2.4.2 Ebene Getriebe .............................................................................................. 35
2.4.2.1 Getriebe der Viergelenkkette ................................................................. 35
2.4.2.2 Kurvengetriebe ....................................................................................... 44
2.4.2.3 Räumliche Getriebe ................................................................................ 47
2.5 Übungsaufgaben ................................................................................................... 50
VIII Inhalt
3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe ............................................. 55
3.1 Grundlagen der Kinematik ................................................................................... 56
3.1.1 Bewegung eines Punktes ............................................................................... 56
3.1.2 Bewegung einer Ebene .................................................................................. 58
3.1.2.1 Geschwindigkeitszustand ....................................................................... 59
3.1.2.2 Momentan- oder Geschwindigkeitspol.. ................................................. 61
3.1.2.3 Beschleunigungszustand ........................................................................ 62
3.1.2.4 Beschleunigungspol ............................................................................... 64
3.1.3 Graphische Getriebeanalyse .......................................................................... 66
3.1.3.1 Maßstäbe ................................................................................................ 66
3.1.3.2 Geschwindigkeitsermittlung ................................................................... 68
3.1.3.3 Beschleunigungsermittlung .................................................................... 71
3.1.3.4 Rastpolbahn und Gangpolbahn .............................................................. 72
3.2 Relativkinematik .................................................................................................. 74
3.2.1 Geschwindigkeitszustand .............................................................................. 75
3.2.2 Beschleunigungszustand ............................................................................... 78
3.3 Übungsaufgaben ................................................................................................... 82
4 Numerische Getriebeanalyse .................................................................................... 85
4.1 Analytisch-vektorielle Methode ........................................................................... 86
4.1.1 Iterative Lösung der Lagegleichungen .......................................................... 88
4.1.2 Erweiterung auf den mehrdimensionalen Fall ............................................... 89
4.1.3 Berechnung der Geschwindigkeiten .............................................................. 90
4.1.4 Berechnung der Beschleunigungen ............................................................... 92
4.1.5 Berechnung von Koppel- und Vektorkurven ................................................. 95
4.1.6 Die Bedeutung der JACOBI-Matrix .............................................................. 96
4.2 Modulmethode ..................................................................................................... 98
4.3 Übungsaufgaben ................................................................................................. 106
5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe .............................................................. 110
5.1 Einteilung der Kräfte .......................................................................................... 110
5.1.1 Trägheitskräfte ............................................................................................ 112
Inhalt IX
5.1.2 Gelenk- und Reibungskräfte ........................................................................ 113
5.2 Grundlagen der Kinetostatik .............................................................................. 116
5.2.1 Gelenkkraftverfahren .................................................................................. 117
5.2.1.1 Kraft- und Seileckverfahren ................................................................. 119
5.2.1.2 CULMANN-Verfahren ........................................................................ 120
5.2.1.3 Kräftegleichgewicht an der Elementargruppe 11. Klasse ..................... 121
5.2.1.4 Kräftegleichgewicht an der Elementargruppe III. Klasse ..................... 122
5.2.2 Synthetische Methode (Schniuprinzip) ....................................................... 127
5.2.3 Prinzip der virtuellen Leistungen (Leistungssatz) ....................................... 131
5.2.3.1 JOUKOWSKY-Hebel .......................................................................... 132
5.3 Übungsaufgaben ................................................................................................. 135
6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe ........................ 139
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT ........................................................................ 139
6.1.1 Kurbelschwinge ........................................................................................... 142
6.1.2 Schubkurbel ................................................................................................ 145
6.1.3 Auswahlkriterien ......................................................................................... 147
6.1.3.1 Übertragungswinkel ............................................................................. 147
6.1.3.2 Beschleunigungsgrad ........................................................................... 151
6.2 Lagensynthese .................................................................................................... 154
6.2.1 Wertigkeitsbilanz ........................................................................................ 154
6.2.2 Zwei-Lagen-Synthese .................................................................................. 156
6.2.2.1 Beispiel eines Führungsgetriebes ......................................................... 156
6.2.2.2 Beispiel eines Übertragungsgetriebes ................................................... 157
6.2.3 Drei-Lagen-Synthese ................................................................................... 158
6.2.3.1 Beispiel eines Drehgelenkgetriebes als Übertragungsgetriebe ............. 159
6.2.3.2 Beispiel eines Schubkurbelgetriebes als Übertragungsgetriebe ........... 159
6.3 Übungsaufgaben ................................................................................................. 161
7 Räumliche Getriebe ................................................................................................ 163
7.1 Der räumliche Geschwindigkeitszustand eines starren Körpers ......................... 164
7.2 Der relative Geschwindigkeitszustand dreier starrer Körper. ............................. 167
x Inhalt
7.3 Vektorielle Iterationsmethode ............................................................................ 171
7.4 Koordinatentransformationen ............................................................................. 176
7.4.1 Elementardrehungen .................................................................................... 176
7.4.2 Verschiebungen ........................................................................................... 180
7.4.3 Kombination mehrerer Drehungen .............................................................. 180
7.4.4 Homogene Koordinaten .............................................................................. 185
7.4.5 HARTENBERG-DENAVIT-Formalismus (HD-Notation) ......................... 186
Anhang ........................................................................................................................ 193
Lösungen zu den Übungsaufgaben ........................................................................... 193
Lösungen zu Kapitel 2 ............................................................................................. 194
Lösungen zu Kapitel 3 ............................................................................................. 201
Lösungen zu Kapitel 4 ............................................................................................. 208
Lösungen zu Kapitel 5 ............................................................................................. 216
Lösungen zu Kapitel 6 ............................................................................................. 226
Literaturverzeichnis ................................................................................................... 232
Sachverzeichnis .......................................................................................................... 236
Formelzeichen und Einheiten
In diesem Buch werden Vektoren als gerichtete Größen, wie z.B. Kräfte F, Geschwindigkeiten v und Beschleunigungen ä, mit einem oben liegenden Pfeil gekennzeichnet; gelegentlich verbindet ein solcher Pfeil zwei Punkte A und B und gibt dadurch Anfangs-
-4
und Endpunkt des Vektors an: AB. Mit AB ist dann der Betrag dieses Vektors (Strecke zwischen A und B) gemeint. Matrizen werden durch Fettdruck hervorgehoben. Für Ma-
trizen und Vektoren bedeutet ein "T" als Hochindex, z.B J T , die transponierte oder
Zeilenform; mit J-1 wird die Inverse (Kehrmatrix) von J bezeichnet.
Die Maßeinheiten richten sich nach dem SI-Einheitensystem mit den Grundeinheiten m für die Länge, kg für die Masse und s für die Zeit; abgeleitete kohärente Einheiten sind dann z.B. 1 N = 1 kgmls2 für die Kraft, 1 Pa = 1 N/m2 für den Druck und 1 W = 1 Nmls für die Leistung.
Rechenprogramm "MGA"
Das unter WINDOWS lauffähige Rechenprogramm "MGA" (Modulare Getriebeanalyse) wurde als Begleitprogramm zum Buch für die kinematische Analyse ebener Getriebe mit Dreh- und Schub gelenken entwickelt und umfaßt sowohl die Modulmethode entsprechend der Richtlinie VDI 2729 für Getriebe auf der Grundlage von "Zweischlägen" als auch die Iterationsmethode für Getriebe komplexerer Struktur.
Das Programm kann für eine nicht kommerzielle Nutzung vom erstgenannten Autor über den Postweg (Institut für Fertigungsautomatisierung und Handhabungstechnik, TU Braunschweig, Postfach 3329, 38023 Braunschweig) als Diskette gegen eine Gebühr von DM 5,00 (in Briefmarken) oder über die Internet-Adresse http://www.ith.ing.tubs.de kostenfrei bezogen werden. Eine Weitergabe in vollständiger bzw. unveränderter Form ist zulässig, solange die Copyright-Vermerke nicht entfernt werden. Die Autoren übernehmen keine Garantie für Fehlerfreiheit des Programms und haften nicht für eventuelle Schäden, die durch die Anwendung des Programms entstehen.
1 Einführung
Dieses Kapitel grenzt die gleichmäßig übersetzenden Getriebe, z.B. Zahnradgetriebe, von den ungleichmäßig übersetzenden Getrieben ab, die Thema dieses Buches sind. Die Getriebelehre wird in drei Hauptgebiete unterteilt: Getriebesystematik, Getriebeanalyse und Getriebesynthese. Der Leser erhält anhand von Bildern einen Einblick in Technikbereiche, in denen Getriebe als Bewegungs- und Kraftübertragungsbaugruppen eine große Rolle spielen. Am Beispiel einer getriebetechnischen Aufgabe werden grundlegende Fragen erörtert und für die Antworten auf die entsprechenden Kapitel des Buches verwiesen. Hinweise auf weitere Hilfsmittel schließen das Kapitel ab.
1.1 Aufgaben und Inhalt der Getriebelehre
Die Getriebelehre oder Getriebetechnik ist eine grundlegende Ingenieurwissenschaft, die eine breite Anwendung im Maschinen- und Gerätebau findet. Sie ist einerseits eine Querschnittswissenschaft für viele Ingenieurzweige, andererseits ordnet sie sich noch am besten zwischen der Mechanik und der Konstruktion ein: Mit Hilfe getriebetechnischer Methoden werden technologische Aufgabenstellungen - z.B. in der Produktionstechnik - im Bereich der Bewegungs- und Kraftübertragungen in Konstruktionen umgesetzt, d.h. es werden Getriebe analysiert und entwickelt und das Zusammenwirken einzelner, miteinander beweglich verbundener Funktionsteile von Maschinen und Geräten erforscht. Die Getriebelehre hat die Aufgabe, die vielfaltigen Erscheinungsformen der Getriebe zusammenzufassen, systematisch zu ordnen und Gesetzmäßigkeiten herauszuarbeiten. Sie bietet Methoden und Verfahren zur Analyse der Eigenschaften und des Verhaltens der Getriebe, verallgemeinert dabei die gewonnenen Erkenntnisse und gibt wissenschaftlich begründete Anleitungen für die Verbesserung und die Neuentwicklung von Getrieben [10].
Grundsätzlich wird unterschieden zwischen gleichförmig oder gleichmäßig übersetzenden Getrieben (G-Getriebe), z.B. Zahnrad-, Schnecken- oder Riemengetriebe, und ungleichförmig oder ungleichmäßig übersetzenden oder periodischen Getrieben (UGetriebe), z.B. Schubkurbelgetriebe oder Kurvengetriebe. Die Gruppe der U-Getriebe soll hier vorrangig behandelt werden.
2 1 Einführung
Der Zweck von Getrieben ist die Umwandlung einer gegebenen in eine gewünschte Bewegung und die Übertragung bestimmter Kräfte und (Dreh-) Momente (Kräftepaare). So wird z.B. bei einem Schubkurbelgetriebe eine Drehung (Rotation) in eine Schiebung (Translation) umgewandelt oder umgekehrt.
Entsprechend den zu lösenden Aufgaben läßt sich die Getriebelehre in drei Hauptgebiete unterteilen (Bild 1.1).
Die Getriebesystematik als Autbaulehre behandelt den strukturellen Autbau und die Autbauelemente der Getriebe. Gegenstand der Getriebeanalyse ist es, Getriebe, deren Autbau und Abmessungen bekannt sind, zu untersuchen, d.h. zu berechnen, wobei entweder die Bewegungen oder die wirkenden Kräfte im Vordergrund stehen: Getriebekinematik oder Getriebedynamik. In der Lehre vermittelt die Getriebeanalyse eine geordnete Menge von Gesetzmäßigkeiten, die als Grundlage für die Getriebesynthese benutzt werden [6].
GETRIEBELEHRE
G - Getriebe U - Getriebe
I Getriebesystem atik I Getriebeanalyse G etrie besyn these
I I
I Getriebekinematik l I Getriebedyn am ik
I I I
Bild 1.1
Einteilung der Getriebelehre
Die Getriebesynthese urnfaßt die Entwicklung von Getrieben aus bekannten Autbauelementen für vorgegebene Forderungen. Hierzu gehören z.B. die Festlegung der Getriebestruktur (Typensynthese ), die Bestimmung kinematischer Abmessungen (Maßsynthese) und die konstruktive Gestaltung der Getriebeglieder und Gelenke unter Berücksichtigung statischer und dynamischer Beanspruchungen. Da die Getriebesynthese insofern Kenntnisse in Technischer Mechanik, Maschinendynamik, Werkstoffkunde, Konstruktions- und Fertigungstechnik voraussetzt, ist sie im allgemeinen schwieriger zu handhaben als die Getriebeanalyse.
1.2 Anwendungsgebiete der Getriebelehre 3
Im Zuge einer ständig wachsenden Rechnerleistung und der damit gekoppelten Entwicklung von Programmen konnten die numerischen Schwierigkeiten relativiert, wenn nicht sogar erst durch den Rechnereinsatz bewältigt werden. Eine Reihe von Syntheseverfahren beruhen auf der wiederholten Analyse mit systematisch geänderten Abmessungen von Getriebegliedern. Aus einer Vielzahl von Lösungen wird automatisch oder manuell das beste Getriebe anhand der vorgegebenen Forderungen ausgewählt. Man bezeichnet diese Verfahrensweise als Synthese durch iterative (systematisch wiederholte) Analyse [10].
1.2 Anwendungsgebiete der Getriebelehre
Die Getriebelehre umfaßt viele Bereiche des Maschinenbaus wie Feingerätetechnik, Fahrzeugtechnik, Textiltechnik, Verpackungsmaschinen, Land-, Druck-, Schneid-, Stanz- und Handhabungstechnik.
Mechanische Robustheit, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit sprechen dafür, Baugruppen und komplette Maschinen für die vorgenannten Bereiche mit den Mitteln der Getriebelehre zu entwerfen und auszulegen. Die wachsende Bedeutung elektrischer, elektronischer und anderer Bauelemente steht dazu nicht im Gegensatz, sondern erweitert und ergänzt die Palette der Lösungsmöglichkeiten für den Ingenieur im Maschinenund Gerätebau. Durch den Einsatz zusätzlicher elektrischer, hydraulischer, pneumatischer und anderer Antriebselemente (z.B. Formgedächtnisaktoren) bei der Lösung von Bewegungsaufgaben entsteht oft erst die gewünschte Flexibilität. Ein von einem Rechner gesteuerter Antrieb kann sensorgeführt als Hauptantrieb unterschiedlichen Belastungen angepaßt werden, ein Vorschaltgetriebe ersetzen oder als Nebenantrieb den Bewegungsbereich eines Getriebes verändern. Für gesteuerte (sensorgeführte) Bewegungen dieser Art wird heute der Begriff Mechatronik verwendet. In der Kombination von Mechanik, Elektrotechnik, Elektronik, Hydraulik und Pneumatik wird die Getriebelehre stets einen wichtigen Platz in den Ingenieurwissenschaften einnehmen.
Einen Eindruck von den vielen Anwendungen unterschiedlicher Getriebe im Maschinenbau vermitteln die Bilder 1.2 bis 1.10.
In Bild 1.2 ist ein Pkw-Ottomotor zu sehen. Das Herz dieses Motors bilden drei sechsgliedrige (ebene) Getriebe auf der Basis jeweils zweier gekoppelter Schubkurbelgetriebe, deren Kolbenbahnen V-förmig angeordnet sind (V6-Motor). Die von der Nockenwelle gesteuerten Ein- und Auslaßventile für den Gaswechsel stellen spezielle federkraftschlüssige (ebene) Kurvengetriebe dar.
Ebenfalls einem Verbrennungsmotor zuzuordnen ist der in Bild 1.3 gezeigte Schraubenkompressor zur Verdichtung der Ansaugluft; die sichtbaren beiden "Schrauben"
4 1 Einführung
sind nach einern räumlichen Verzahnungsgesetz konjugiert zueinander gefertigt und bilden mehrfach im Eingriff stehende räumliche Kurvengelenke, die hochgenau gefertigt werden müssen.
Bild 1.4 zeigt eine Pkw-Vorderachse, bei der sowohl die Lenkung als auch die beiden Vorderradaufhängungen räumliche Getriebe darstellen, d.h. Getriebe mit windschiefen Bewegungsachsen. Im vorliegenden Fall besitzen die Getriebe einen Freiheitsgrad F > 1, um neben der Hauptbewegung "Lenken" bzw. "Einfedern in vertikaler Richtung" noch weitere Einstell- oder Ausgleichsbewegungen zu ermöglichen.
Die automatisierte Montage von Automobilen erfolgt heute größtenteils mit Hilfe von Industrierobotern. Industrieroboter sind ebenfalls räumliche Getriebe, deren Bewegungsachsen vorzugsweise senkrecht oder parallel zueinander liegen oder sich sogar in einern Punkt schneiden. Sie haben als Basis eine sog. offene kinematische Kette wie der menschliche Arm, die einzelnen Glieder sind über Dreh- oder Schubgelenke miteinander verbunden. Bild 1.5 zeigt einen Roboter mit sechs Bewegungsachsen (Freiheitsgrad F = 6) Al bis A6, die sämtlich Drehachsen darstellen. Die Achsen Al bis A3 dienen im wesentlichen der Positionierung, die Achsen A4 bis A6 im wesentlichen der Orientierung des Endglieds mit dem Greifer oder Werkzeug im x-y-z-Raum. Dadurch, daß die Achsen A2 und A3 parallel sind und sich die Achsen A4 bis A6 in einern Punkt schneiden, reduziert sich der Rechenaufwand für die Kinematik des Roboters.
Mechanische Greifer für die Mikrornontage, d.h. für die Montage kleiner und kleinster Teile im 11m-Bereich, verlangen zwar nur geringe Bewegungen der Greifglieder, diese Bewegungen müssen jedoch synchron und mit höchster Präzision ablaufen. Am Institut für Fertigungsautomatisierung und Handhabungstechnik (lFH) der TU Braunschweig wurde ein reinraumtauglicher Mikrogreifer aus Kunststoff oder superelastischem Metall mit abriebfreien stoffschlüssigen Gelenken entwickelt und auf einer CNCPräzisionswerkzeugmaschine gefräst, dessen Greifglieder von neuartigen Aktoren auf der Basis von Formgedächtnislegierungen (FGL) bewegt werden, Bild 1.6. Die stoffschlüssigen Gelenke entstehen durch gezieltes Schwächen von Materialquerschnitten. Die Abstände zwischen diesen Gelenken sind mit Rechnerunterstützung so gewählt worden, daß sich die Greifglieder im Greifbereich synchron gegeneinander bewegen (Übersetzungsverhältnis i = -1) [1.1]. Insgesamt entstand ein sog. Parallelgreifer mit zwei alternativ zum Öffnen und Schließen des Greifers wirkenden FGL-Antrieben zwischen den bewegten Gliedern [1.2].
Bei den Kurvengetrieben sind Rundtaktautomaten als Schrittgetriebe in der Handhabungstechnik als Anwendungen zu nennen [1.3], die nach Katalog in verschiedenen Baugrößen ausgewählt werden können, Bild 1.7. Zwischen den einzelnen Stillständen (Rasten) des Abtriebsgliedes (hier: Rollenstern) läßt sich durch eine geeignete Formgebung des angetriebenen Kurvenkörpers (hier: Globoid) fast jedes nach kinematischen und dynamischen Gesichtspunkten günstige Übergangs gesetz verwirklichen. Bei dem skizzierten sehr kompakt aufgebauten Kurvengetriebe sind die Antriebs- und Abtriebsdrehachse räumlich zueinander mit einern Kreuzungswinkel von 90° versetzt.
1.2 Anwendungsgebiete der Getriebelehre 5
Derartige Getriebe dienen entweder mit Wulstkurve und Rollenstern oder Nutkurve und Einzelrolle als Bausteine für zusammengesetzte mechanische Mehrachsensysteme (Bild 1.8), die im Unterschied zu frei programmierbaren Industrierobotern durch die Bewegungsgesetze der Kurvenkörper festprograrnrniert sind. Es ist nur noch eine Ablaufsteuerung zwischen den einzelnen Antrieben erforderlich. Bei dem im Bild skizzierten System werden mindestens drei Tischbewegungen kurvengesteuert: die beiden Schiebungen in horizontaler und vertikaler Richtung und die Drehung um die vertikale Achse.
In Bild 1.9 ist eine Kniehebelpresse auf der Grundlage eines sechsgliedrigen Getriebes dargestellt. Die vertikal arbeitende Baugruppe enthält den "Kniehebel" mit dem Druckkörper als Gleitstein wie bei einem Schubkurbelgetriebe; horizontal ist der Drehantrieb mit Zwischenglied für den Kniehebel angeordnet. Die Kniehebelwirkung entsteht in der oberen Stillstandslage ("Totlage") des Druckkörpers bei gleichmäßig rotierendem Antrieb. Ein Niederhalter beim Preßvorgang kann ebenfalls über den Hauptantrieb gesteuert werden.
Bild 1.10 zeigt einen Schaufellader mit zwei Hubzylindern zum Heben und Schwenken der Schaufel. Die Grundlage dieses Getriebes ist eine kinematische Kette (s. Abschnitt 2.4.1), die aus neun Gliedern besteht, einschließlich des Fahrzeugs als Gestell.
Bild 1.2
V6-Motor mit Ventilsteuerung (Werkbild: Mercedes-Benz AG, Stuttgart)
6 1 Einführung
Bild 1.3
Schraubenkompressor mit räumlicher Verzahnung (Werkbild: Mercedes-Benz AG, Stuttgart)
Bild 1.4
Pkw-Vorderachse (Werkbild: Mercedes-Benz AG, Stuttgart)
1.2 Anwendungsgebiete der Getriebelehre
Bild 1.5
... · ... ·L).A3 '-'~" '--+ + .........
Al
7
Industrieroboter mit sechs Bewegungsachsen (Werkbild: KUKA Roboter GmbH, Augsburg)
Bild 1.6
Mikrogreifer mit acht Gliedern und stoffschlüssigen Gelenken (Werkbild: IFH der TU Braunschweig)
8 1 Einführung
Bild 1.7
Kurvenschrittgetriebe für Rundtaktautomat (Werkbild: MANIFOLD Erich Erler GmbH & Co., Düsseldorf)
Bild 1.8
Mechanisches Mehrachsensystem (Werkbild: SOPAP GmbH, Ravensburg)
1.2 Anwendungsgebiete der Getriebelehre 9
Bild 1.9
Kniehebelpresse ry.t erkbild: Gräbener Pressensysteme GmbH & Co KG, Netphen-Werthenbach)
Bild 1.10
Schaufellader (Werkbild: LiebherrInternational AG, BullelFR, Schweiz)
10 1 Einführung
1.3 Beispiel einer getriebetechnischen Aufgabe
Am IFH der TU Braunschweig wurde ein neuartiger Roboter mit sechs Bewegungsfreiheiten entwickelt, der sich von herkömmlichen Industrierobotern grundlegend unterscheidet.
Bei diesem HEXA genannten Prototypen wird die Arbeitsplattform (Endeffektorträger) über sechs Arme geführt (Bild 1.11). Dadurch sind alle Antriebe gestellfest und müssen nicht mitbewegt werden.
Solche Roboter werden Parallelroboter genannt, weil die Arbeitsplattform stets durch mehrere Gelenkketten gleichzeitig (parallel) geführt wird. Parallelroboter zeichnen sich durch große Nutzlasten, hohe Verfahrgeschwindigkeiten und -beschleunigungen aus, weil die bewegten Massen im Vergleich zu seriellen Robotern (z.B. Bild 1.5) sehr gering sind [1.4,1.5].
Bild 1.11 HEXA -Parallel roboter
E n deffe ktorträger
Bei der Entwicklung, Konstruktion und beim Einsatz eines solchen Roboters, der ein räumliches Getriebe darstellt, tauchen sofort folgende Fragen auf:
1. Welcher Getriebetyp liegt dem HEXA-Parallelroboter zugrunde? (Abschnitt 2.1)
2. Aus welchen Elementen setzt sich das Getriebe strukturell zusammen ? Welche Gelenke sind zu wählen? (Abschnitt 2.2)
3. Welche Gleichungen beschreiben - zumindest im Ansatz - die Geometrie und somit auch den Arbeitsraum des Roboters? (Kapitel 3,4)
1.4 Hilfsmittel 11
4. Welche Gliedlängen sind für einen vorgegebenen Arbeitsraum zu wählen? (Kapitel 6)
5. Wie sind die Antriebe auszulegen, wenn die Abmessungen der Glieder und deren Material, die Kinematik und die Belastung der Arbeitsplattform durch Nutz- und Trägheitskräfte vorgegeben werden? (KapitelS)
6. Welchen Beanspruchungen (Belastungen) unterliegen dabei die einzelnen Glieder bzw. Gelenke des Roboters? (KapitelS)
Diese Fragen werden in den genannten Abschnitten/Kapiteln ausführlich behandelt. Dabei werden die Darstellungen aber im wesentlichen auf ebene Getriebe beschränkt bleiben; nur Abschnitt 2.4.2.3 und Kapitel 7 handeln von räumlichen Getrieben.
1.4 Hilfsmittel
1.4.1 VDI-Richtlinien
Sehr hilfreich für die Auslegung von Getrieben sind eine Reihe von Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), z.B.:
VDI-Richtlinie Ausgabe Titel/Seitenzahl
2127 02.93 Getriebetechnische Grundlagen; Begriffsbestimmungen der Getriebe /48 S.
2130 04.84 Getriebe für Hub- und Schwingbewegungen; Konstruk-tion und Berechnung viergliedriger ebener Gelenkge-triebe für gegebene Totlagen /26 S.
2142Bl.1 10.94 Auslegung ebener Kurvengetriebe; Grundlagen, Profil-berechnung und Konstruktion /51 S.
2145 12.80 Ebene viergliedrige Getriebe mit Dreh- und Schub-gelenken; Begriffserklärungen und Systematik /58 S.
2148 06.83 Getriebedynamik; Begriffe und Grundlagen /8 S.
2156 09.75 Einfache räumliche Kurbelgetriebe; Systematik und Begriffsbestimmungen /11 S.
2721 03.80 Schrittgetriebe; Begriffsbestimmungen, Systematik, Bauarten /16 S.
12 1 Einführung
2723 06.82 Vektorielle Methode zur Berechnung der Kinematik räumlicher Getriebe /14 S.
2724 06.86 Berechnung der Kinematik viergliedriger Getriebe; Ein Rechenprogramm /28 S.
2727 Bl.l 05.91 Konstruktionskataloge; Lösung von Bewegungsaufga-ben mit Getrieben; Grundlagen /19 S.
2727 Bl.2 05.91 Konstruktionskataloge; Lösung von Bewegungsaufga-ben mit Getrieben; Erzeugung hin- und hergehender Schubbewegungen; Antrieb gleichsinnig drehend /23 S.
2729 04.95 Modulare kinematische Analyse ebener Gelenkgetriebe mit Dreh- und Schubgelenken /36 S.
1.4.2 Arbeitsblätter (Kurzrichtlinien)
In einigen Zeitschriften sind in loser Reihenfolge Arbeitsblätter zur Analyse und Synthese von Getrieben zu finden, die von namhaften Autoren erarbeitet worden sind, z.B. in den Zeitschriften "Maschinenbautechnik" von 1963 bis 1991, "Konstruktion" und "Der Konstrukteur" .
1.4.3 Getriebeprogramme
Im Zeitalter der Computertechnik gibt es selbstverständlich eine Fülle von Software für die Lösung getriebetechnischer Probleme. Die Programme reichen von Insellösungen bis zur Integration sog. Getriebe- oder Kinematikmodule in CAD-Pakete und können hier nicht alle aufgelistet werden; beispielsweise seien genannt:
- KAMOS und Cam Design System (CDS) vom Institut für Getriebetechnik im Maschinenbau der Universität Hannover;
- OPTIMUS MOTUS von Nolte NC-Kurventechnik in Bielefeld;
- SAM von ARTAS Engineering Software in RJ Nuenen, Niederlande;
- LINKAGE DESIGN und CAM DESIGN von ES DU International pIe in London, England;
- WORKING MODEL von Bytics Technologie AG in Uster, Schweiz.
Einen interessanten Einblick gibt der VDI-Bericht Nr. 736 über Computer Aided Kinematics von 1989 des VDI-Verlags in Düsseldorf.
2 Getriebesystematik
Dieses Kapitel erläutert zunächst die wichtigsten Begriffe der Getriebelehre und leitet so über zur Aufbaulehre der Getriebe oder Getriebesystematik mit Gliedern und Gelenken. Der Leser lernt die Unterschiede zwischen Übertragungs- und Führungsgetrieben einerseits und zwischen ebenen, sphärischen und räumlichen Getrieben andererseits kennen. Ausgehend vom Freiheitsgrad f einzelner Gelenke wird der Getriebefreiheitsgrad oder -laufgrad als Abzählformel
g
F = ben -1) - L (b - f i )
i=l
hergeleitet und an zahlreichen Beispielen erläutert. Da sich jedes Getriebe mit festgelegtem Gestellglied, An- und Abtriebsglied(ern) auf eine kinematische Kette zurückführen läßt, werden die wesentlichen kinematischen Ketten vorgestellt, aus denen sich zwangläufige ebene und räumliche Getriebe mit F = I entwickeln lassen.
2.1 Grundbegriffe
Die Definition eines Getriebes lautet [6]:
Ein Getriebe ist eine mechanische Einrichtung zum Übertragen (Wandeln oder Umformen) von Bewegungen und Kräften oder zum Führen von Punkten eines Körpers auf bestimmten Bahnen. Es besteht aus beweglich miteinander verbundenen Teilen (Gliedern), wobei deren gegenseitige Bewegungsmöglichkeiten durch die Art der Verbindung (Gelenke) bestimmt sind. Ein Glied ist stets Bezugskörper (Gestell), die Mindestanzahl der Glieder und Gelenke beträgt jeweils drei.
Nach dieser Definition gibt es Getriebe zum Übertragen von Bewegungen bzw. Leistungen - sie werden Übertragungsgetriebe genannt - und Getriebe zum Führen von Glie-
14 2 Getriebesvstematik
dern oder Körpern, die Führungsgetriebe heißen. Im Rückblick auf das Kapitel zuvor handelt es sich bei den Getrieben der Bilder 1.2, 1.3, 1.7 und 1.9 um Übertragungsgetriebe, bei den Getrieben der Bilder 1.4 bis 1.6, 1.8, 1.10 und 1.11 um Führungsgetriebe.
2.1.1 Übertragungsgetriebe
In Übertragungs- oder auch Funktionsgetrieben erfolgt die Bewegungsübertragung nach einer Übertragungsfunktion (auch Getriebefunktion) und zwar ohne oder mit einer Änderung der Bewegungsform (z.B. Drehen, Schieben, Schrauben). Die Bewegungsoder Abtriebsfunktion q des Getriebes setzt sich aus der zeitabhängigen Antriebsfunktion p(t) und der Übertragungsfunktion q(p) zusammen: q(t) = q [p(t)], Tafel 2.1.
Entsprechend der Ableitungsstufe gibt es mehrere Übertragungsfunktionen (ÜF):
q = q[p(t)]
~ ÜF O. Ordnung (ÜF 0) q(p)
Die Antriebsfunktion p(t) ist vorgegeben.
Einmaliges Differenzieren nach der Zeit t liefert die Abtriebsgeschwindigkeit:
. dq dq dp ,. q:=-=_._=q 'p dt dp dt
~ ÜF 1. Ordnung (ÜF 1) q':= dq dp
Entsprechend erhält man für die Abtriebsbeschleunigung:
q:=d 2q =qll.p2+ q '.p dt 2
~ ÜF 2. Ordnung (ÜF 2) qll:=d2q dp2
Für die gleichmäßig übersetzenden G-Getriebe gilt:
q = K . p( t), K = konst. (reziprokes Übersetzungs verhältnis )
... 1 ~ .9.=.9.=.9.=K=q'=_
p P P i
(2.1)
(2.2)
(2.3)
(2.4)
2.1 Grundbegriffe 15
Tafel 2.1 Einteilung der Übertragungs getriebe (periodendauer T) [2.1]
G • Getriebe U . Getriebe
Übersetzungsverhältnis i = konst. Übersetzungsverhältnis i :t:konst.
Beispiel: Reibradgetriebe Beispiel: Schubkurbelgetriebe
Übertragungsverhalten
t / 1\ Winkel Zeit Weg
Winkel / \ t -~
Weg q q
Zeit t ---. (T)
Bewegungsfunktion q = q[p(t)]
r .-J---"'l
Antrieb sfunktion Getriebefunktion p = p(t) q = q(p)
t[2Ej Winkel
![i[j] Winkel
Zeit Weg Weg ~-
t P / P ~ q
/ -;
t --....(T) P --.
Antrieb Getriebe
~ q i = dp/dq = konst. q i = dp/dq :t:konst.
~ ~ p p
16 2 Getriebesystematik
2.1.2 Führungsgetriebe
Führungsgetriebe sind Getriebe, bei denen ein Glied so geführt wird, daß es bestimmte Lagen einnimmt bzw. daß Punkte des Gliedes bestimmte Bahnen (Führungsbahnen) beschreiben. Die beweglichen Glieder eines Führungsgetriebes werden entsprechend ihrer Funktion als führende oder geführte Getriebeglieder bezeichnet, d.h. die Begriffe An- und Abtriebsglied werden nicht benutzt, auch nicht der Begriff Übertragungsfunktion. Die Einleitung einer Bewegung kann meist an beliebiger Stelle erfolgen.
Man unterscheidet drei Arten von Führung:
a) Eindimensionale Führung = Positionierung eines Gliedpunktes auf vorgeschriebener Bahnkurve; in der Ebene: f(x,y) = 0
b) Zweidimensionale Führung = Positionierung und Orientierung in der Ebene: Führen zweier Gliedpunkte auf vorgeschriebenen Bahnkurven; in der Ebene ist damit die Lage des Getriebeglieds vollständig definiert.
c) Dreidimensionale Führung = Positionierung und Orientierung im Raum: Führen dreier Gliedpunkte auf vorgeschriebenen Bahnkurven f(x,y,z) = 0
2.1.3 Lage der Drehachsen
Die Betrachtung der Bahnkurven leitet über zu einem Ordnungsmerkmal aller Getriebe anhand der Lage (Raumanordnung) der Drehachsen in den Gelenken.
Hinweis 1: Für ein Schubgelenk liegt die zugeordnete Drehachse im Unendlichen mit dem Kreuzungswinkel 90° zur Schubrichtung (Bewegungsachse).
a) Ebene Getriebe (Bild 2.1):
- Alle Drehachsen sind parallel,
- die Bewegungsbahnen von Gliedpunkten liegen in parallelen Ebenen.
b) Sphärische Getriebe (Bild 2.2):
- Alle Drehachsen schneiden sich in einem Punkt,
- die Bewegungsbahnen von Gliedpunkten liegen auf konzentrischen Kugel-schalen.
2.1 Grundbegriffe
I ( \
Bild 2.1
Ebenes Getriebe
c) Räumliche Getriebe (Bild 2.3):
17
Bild 2.2
Sphärisches Getriebe (2 Kegelräder)
- Die Drehachsen kreuzen sich, d.h. es gibt zwischen ihnen einen Kreuzungsabstand und einen Kreuzungswinkel (s. Kapitel 7),
- die Bewegungsbahnen von Gliedpunkten liegen in nichtparallelen Ebenen oder auf allgemeinen räumlichen Flächen.
/ {
\
./
Bild 2.3
Räumliches Getriebe [2.2]
Hinweis 2: Bei räum lichen Getrieben gibt es im allgemeinen momentane Schraubachsen statt rei ne Drehachsen .
18 2 Getriebesystematik
2.2 Aufbau der Getriebe
Ein Getriebe besteht definitionsgemäß aus mehreren Getriebegliedern, die so miteinander verbunden sind, daß sie dauernd in gegenseitiger Berührung gehalten werden und dabei relativ gegeneinander beweglich bleiben. Die beweglichen Verbindungen werden als Gelenke bezeichnet.
Um also ein Getriebe in eine bestimmte Systematik einzuordnen, ist es notwendig, einige Gesetzmäßigkeiten und Definitionen von Gelenken und der Gliederanordnungen zu kennen.
Daneben gibt es noch Hilfsglieder oder Getriebeorgane, die Sonderfunktionen in einem Getriebe erfüllen, z. B. Riemen, Ketten, Seile als Zugmittel, Federn und Dämpfer, Anschläge und Ausgleichsrnassen. Entfernt man diese Hilfsglieder, so fällt lediglich die Sonderfunktion aus, entfernt man ein Getriebeglied oder ein Gelenk, so wird das Getriebe im allgemeinen funktionsunfähig.
2.2.1 Getriebeglieder
Die Getriebeglieder müssen eine ausreichende Widerstandsfähigkeit gegenüber den auftretenden Kräften und Momenten aufweisen. Sie können dann als starr angesehen werden.
Die Getriebeglieder werden entsprechend ihrer Funktion bezeichnet; folgende Benennungen sind üblich [6]:
Das feste Glied oder Bezugsglied eines Getriebes heißt Gestell; mit ihm wird das ebenenfeste oder raumfeste Bezugskoordinatensystem x-y bzw. x-y-z verbunden. Die beweglichen Glieder eines Übertragungsgetriebes heißen Antriebsglieder, Abtriebsglieder und Übertragungsglieder; dagegen nennt man die beweglichen Glieder eines Führungsgetriebes Führungsglieder, wobei noch zwischen führenden und geführten Getriebegliedern unterschieden wird. Koppelglieder oder Koppeln verbinden sowohl bei Ubertragungs- als auch bei Führungsgetrieben bewegliche Glieder, ohne selbst mit dem Gestell verbunden zu sein.
Die Anschlußstellen für Gelenke zu benachbarten Gliedern heißen Gelenkelemente. Man klassifiziert die Glieder daher sehr oft nach der Anzahl der Gelenkelernente, TafeI2.2.
Die hier aufgeführten Getriebeglieder sind stark vereinfacht dargestellt und dienen in dieser Form als Bausteine der kinematischen Ketten von Getrieben, s. Abschnitt 2.4.1.
2.2 Aufbau der Getriebe
Tafel 2.2 Einteilung der Getriebeglieder nach Gelenkelementen
0-
0---0
• • •
2.2.2 Gelenke
Eingelenkglied
Zweigelenk- oder binäres Glied
Dreigelenk- oder ternäres Glied
Viergelenk- oder quaternäres Glied
• • •
Anzahl n l
• • •
19
Zu einem Gelenk gehören stets zwei Gelenkelemente als Elementenpaar, die zueinander passende Formen haben müssen. Eine Ordnung der Gelenke kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen, Tafel 2.3.
20 2 Getriebesystematik
Tafe12.3 Ordnung der Gelenke [10]
Ordnende Gesichtspunkte Beispiele für Gelenkbezeichnungen
1 Form der Relativbewegung der Gelenk- Drehgelenk, Schubgelenk, Schraubge-elemente lenk
2 Bewegungsverhalten an der Berührstelle Gleitgelenk, Wälz- oder Rollgelenk, der Gelenkelemente Gleitwälz- oder Gleitrollgelenk
3 Anzahl der möglichen relativen Einzel- Gelenk mit f = 1, mit f = 2, usw. bewegungen (Gelenkfreiheitsgrad f)
4 Gegenseitige Lage der Drehachsen am ebenes oder räumliches Gelenk Gelenk
5 Berührungsart der Gelenkelemente Gelenk mit Flächen-, Linien- oder Punktberührung der Gelenkelemente
6 Art und Paarung der Gelenkelemente Gelenk mit Kraft- oder Formpaarung der Gelenkelemente
7 Statische Bestimmtheit, Grad der Über- statisch bestimmtes oder statisch un-bestimmung bestimmtes (überbestimmtes) Gelenk
Nachstehend sind einige Erläuterungen zu den sieben Gesichtspunkten genannt.
1) Bewegungsformen der Elemente relativ zueinander sind beispielsweise:
• Drehen (D)
• Schieben (S)
~ Drehgelenk
~ Schubgelenk
• Schrauben (Sch) ~ Schraubgelenk (Drehen und gesetzmäßig überlagertes Schieben)
2) Außerdem kann das Bewegungsverhalten an der Berührstelle der Gelenkelemente beschrieben werden durch:
• Gleiten
• Wälzen oder Rollen
• Gleitwälzen (Schroten)
2.2 Aufbau der Getriebe
3) und 4) Die Definition des Gelenkfreiheitsgrads lautet [6]:
Der Gelenkfreiheitsgrad f ist die Anzahl der in einem Gelenk unabhängig voneinander möglichen Einzelbewegungen (Elementarbewegungen) der beiden Gelenkelemente bzw. die Anzahl der vorhandenen Drehachsen des Gelenks. Die durch das Gelenk verhinderten Einzelbewegungen heißen Unfreiheiten; ihre Anzahl ist u.
21
Es gilt mit b als Bewegungsgrad
f+u=b. (2.5)
Für ebene Gelenke ist der Bewegungsgrad b = 3 und I ~ f ~ 2, für räumliche Gelenke b = 6 und 1 ~ f ~ 5.
5) Die Art der Berührung der Gelenkelemente kann erfolgen in:
• Flächen ~ niedere Elementenpaare (NEP)
• Linien ~ höhere Elementenpaare (HEP)
• Punkten ~ höhere Elementenpaare (HEP)
6) Die Art der Paarung der Gelenkelemente kann formschlüssig, kraftschlüssig oder stoffschlüssig sein.
7) Ein Gelenk ist statisch überbestimmt, wenn sich zwei Gelenkelemente an mehr als einer Stelle berühren und somit k Teilgelenke bilden, deren Summe der Unfreiheiten größer ist als die theoretisch notwendige Unfreiheit u des Gelenks. Der Grad der Überbestimmtheit ist
k
ü= LUi -u. i=l
(2.6)
Die Herstellung statisch überbestimmter Gelenke erfolgt aus Gründen der Spielfreiheit und verlangt höchste Fertigungsgenauigkeit, um ein Klemmen zu vermeiden.
Tafel 2.4 zeigt einige häufig auftretende Grundformen von Gelenken in räumlichen und ebenen Getrieben.
22 2 Getriebesystematik
Tafel 2.4 Grundformen von Gelenken [2.3]
Gelenk Symbol Freiheits-
räumlich eben gradf
-~. ~ A einfach: 1
Drehgelenk ? ? doppelt: 2
~
S,hubgolonk ~ tpr ~ 1
---L---
W ~ ~ räumlich: 5
Kurven-gelenk eben: 2
S,OOmb- _. w .. gelenk (!!fr 1
r« 2 lli'h"hubU gelenk
Kugelgelenk 1\ r ~ 3
2.3 Getriebefreiheitsgrad (Laufgrad)
2.3 Getriebefreiheitsgrad (Laufgrad)
Die Definition des Getriebefreiheitsgrads lautet [10]:
Der Getriebefreiheitsgrad F stimmt mit der Anzahl relativer Bewegungen überein, die verhindert werden müßten, um alle Glieder des Getriebes bewegungsunfähig zu machen. Er bestimmt im allgemeinen die Anzahl der Getriebeglieder, die in einern Getriebe unabhängig voneinander angetrieben werden können.
23
Der Getriebefreiheitsgrad oder auch Laufgrad F ist im allgemeinen nicht abhängig von
- den Abmessungen der Getriebeglieder,
- der Funktion der Getriebeglieder,
- der Art der Gelenke,
sondern ist eine Funktion von der
- Anzahl n der Glieder, dabei gilt (s. Tafel 2.2)
(2.7)
- Anzahl g der Gelenke,
- Anzahl f j der Freiheiten des i-ten Gelenks,
und abhängig von der Getriebestruktur, s. Abschnitt 2.4.
Früher nannte man nur Getriebe vorn Freiheitsgrad F = 1 zwangläufig; heute spricht man ebenfalls von Zwanglauf, wenn entsprechend dem Freiheitsgrad F des Getriebes F Antriebsfunktionen pet) definiert sind, so daß sich die Lage eines Getriebegliedes eindeutig ermitteln läßt.
Das Viergelenkgetriebe (kurz: Gelenkviereck) in Bild 2.4 hat den Getriebefreiheitsgrad F = 1, denn es genügt ein Antriebsglied (hier: Glied 2 mit der Antriebsfunktion <pet»~, um die Bewegungen aller Glieder zwangläufig zu gestalten. Behindert man eine relative Bewegung zwischen zwei Gliedern, z.B. durch Blockade des Drehgelenks 23 zwischen den Gliedern 2 und 3, so wird das Getriebe unbeweglich (F = 0). Zwanglauf heißt hier also, daß die Abtriebsbewegung des Gliedes 4 gegenüber dem Gestell 1 berechenbar ist:
'V = 'V [<p(t)] .
24 2 Getriebesystematik
a) b)
<Ps ( t)
Bild 2.4
Vier- (a) und Fünfgelenkgetriebe (b) mit F = 1 bzw. F = 2
Das Fünfgelenkgetriebe (kurz: Gelenkfünfeck) in Bild 2.4 hat F = 2; es ist bei einem Antrieb nicht zwangläufig. Um z.B. die Lage des Getriebegliedes 4 gegenüber dem Gestell 1 eindeutig festzulegen, müssen sowohl die Antriebsfunktion <P2(t) des Glieds 2 als auch die Antriebsfunktion <Ps (t) des Glieds 5 vorgegeben werden.
In einem Getriebe als Gliedergruppe mit insgesamt n Gliedern kann jedes einzelne Getriebeglied b Einzelbewegungen ausführen, sofern es nicht mit anderen Gliedern gelenkig verbunden, sondern in einem Gedankenmodell frei beweglich ist. Da das Gestell sich nicht bewegt, bleiben allen n-l beweglichen Gliedern insgesamt b (n-l) Einzelbewegungen oder Freiheiten.
Das Verbinden der Glieder durch Gelenke schränkt die Anzahl der Einzelbewegungen ein. Die Anzahl der eingeschränkten Einzelbewegungen oder Unfreiheiten Uj errechnet sich aus GI. (2.5) zu
Uj = b-fj, i= 1,2, ... , g. (2.8)
Aufsummiert über alle Gelenke ergibt sich
(2.9)
Im Umkehrschluß ist der Getriebefreiheitsgrad gleich der Anzahl der verbleibenden nicht eingeschränkten Freiheiten, also
g g
F=b(n-l)- LUi =b(n-l)- L(b-fi). (2.10) j=! i=!
2.3 Getriebefreiheitsgrad (Laufgrad) 25
Die vorstehende Gleichung heißt Zwanglaufgleichung. Für räumliche Getriebe mit b = 6 wird daraus
g
F= 6(n-l)-6g+ I/i i=!
und für ebene und sphärische Getriebe mit b = 3 gilt
g
F=3(n-l)-3g+ I/i =3(n-l)-2g j -g2 ·
i=!
Hierbei ist
gl die Anzahl der Gelenke mit f = 1 und
g2 die Anzahl der Gelenke mit f = 2.
Beispiele zur Bestimmung von F
(2.11)
(2.12)
Mit EP ist das Elementenpaar als Gelenk bezeichnet; es wird durchweg Gi. (2.10) verwendet.
a) ebenes Viergelenkgetriebe
n=4
g=4
b=3
EP 12 23 34 14
u· 2 2 2 2 1
l~3 j 12 7777777 1 14
F=3·(4-1)-4·2=1
=> Das ebene Viergelenkgetriebe ist bei einem Antrieb zwangläufig.
26
b) ebenes Fünfgelenkgetriebe
n=5
g=5
b=3
EP 12 23 34 45
u· 1 2 2 2 2
=> Zwei Antriebe sind notwendig.
c) ebenes Kurvengetriebe
n=3
g=3
b=3
EP u· 1
12 2
23 13 1 2
23
15
2
2 Getriebesystematik
1
F=3·(5-1)-5.2=2
3
't-'" f13 °o
F=3·(3-1)-2-1-2=1
Das Elementenpaar 23 hat zwei Freiheiten (Gleiten und Rollen = Gleitwälzen).
Die Zwanglaufgleichung ist eine reine Abzählformel bezüglich n, g und fj, sie berücksichtigt keine strukturellen Besonderheiten, wie sie z.B. bei übergeschlossenen Getrieben durch sog~ passive Bindungen vorhanden sind, so daß diese Getriebe einen höheren Freiheitsgrad aufweisen als er sich rechnerisch ergibt. Auch bei Getrieben mit mehr als einem Schub gelenk gibt es Einschränkungen für den Anwendungsbereich der GIn. (2.10) bis (2.12) [10]. Der rechnerische Nachweis des Getriebefreiheitsgrads ist deswegen nicht als hinreichend anzusehen.
Passive Bindungen treten auf bei
• besonderen Lagen von Gelenkdrehachsen,
• überflüssigen Starrheitsbedingungen,
• besonderen Gliedabmessungen
und sind nicht immer leicht identifizierbar.
2.3 Getriebefreiheitsgrad (Laufgrad) 27
Während passive Bindungen den Getriebefreiheitsgrad erhöhen, verringern ihn sog. identische Freiheiten fid. Identische Freiheiten sind mögliche Einzelbewegungen von Getriebegliedern oder Getriebeorganen, die eingeleitet werden können, ohne daß das Getriebe als Ganzes bewegt werden muß.
Die Gleichung (2.10) läßt sich damit auf einfache Weise um zwei Summenausdrücke erweitern:
F=b(n-l)- ~>i - L(fid)j + LSj (2.13) i=!
Beispiele für Getriebe mit passiven Bindungen:
d) Reibradgetriebe mit Wälz- oder RoUgelenk 23 (f = 1)
EP 112 23 13 2 2
F = 3· (3 -1) - 3 ·2 + 1 = 1
Der Achsabstand d = r2 + r3 ist exakt einzuhalten, d.h. s = 1.
Für eine auch denkbare Zahnradpaarung im Gelenk 23 gibt es zwei Möglichkeiten:
I. Ein Berührpunkt als Normalfall, f = 2 (Gleitwälzen), s = 0;
EP 23 13 1 2
F = 3· (3 -1) - 2·2 -1 = 1
28 2 Getriebesystematik
11. zwei Berührpunkte mit den zugeordneten Normalen nl und n2 sowie Tangenten tl und t2, nur Drehung um sog. Momentanpol P23 als Schnittpunkt der Normalen möglich, f = 1, Wälzen oder Rollen
EP 12 23 13 2 2 2
F = 3· (3 -1) - 3·2 + 1 = 1
Der Achsabstand d (nicht gezeichnet) der beiden Zahnräder ist exakt einzuhalten, sonst existieren keine zwei Berührpunkte, d.h. s = 1.
e) dreigliedriges Keilgetriebe
EP 12 23 13
2 2 2
Stets ist die Bedingung a = 'Y + ß einzu
halten, d.h. s = 1.
F = 3· (3 - 1) - 3 . 2 + 1 = 1
f) übergeschlossenes Parallelkurbelgetriebe
23 3 34 __ E_P~I __ 12 ____ 2~3 __ ~34 ____ 4~5 ____ 1_4 __ ~2~5_ ui 2 2 2 2 2 2
1P-----..:..5---__ 1P 45 Glied 3 muß ebenso lang sein wie Glied 5 (oder Glied 1), d.h. S = 1.
F = 3· (5 - 1) - 6 . 2 + 1 = 1
2.4 Struktursystematik 29
g) ebenes Viergelenkgetriebe, räumlich betrachtet
3 34 ~E~P-+t~I~2 ___ 2=3~~34~ __ 1~4_ Uj 5 5 5 5
Die Achsen der Gelenke 23, 34, 14 müssen jeweils parallel zu der Achse des Gelenkes 12 sein, d.h. s = 3.
F=6·(4-1)-4 ·5+3=1
Beispiel für ein Getriebe mit identischem Freiheitsgrad:
h) ebenes Kurvengetriebe mit Abtastrolle
34
2.4 Struktursystematik
EP 112 23 34 14 2 2
Die Abtastrolle 3 ist drehbar, ohne daß das Kurvenglied 2 bewegt werden muß, d.h. fid = 1.
F= 3·(4-1)-(3 ·2+ 1)-1 = 1
Die Strukturmerkmale eines Getriebes sind die Anzahl der Getriebeglieder, die Anzahl der Gelenke, die Art der Gelenke, die Gelenkfreiheiten, die Anzahl der Gelenkelemente an den einzelnen Getriebegliedern und die gegenseitige Anordnung der Getriebeglieder und Gelenke.
Aus den Strukturmerkmalen baut sich die Grundform eines Getriebes auf, die kinematische Kette, die im wesentlichen die Funktion eines Getriebes darstellt, ohne konstruktive Einschränkungen zu berücksichtigen.
30 2 Getriebesystematik
2.4.1 Kinematische Ketten
Definition [10]:
Die kinematische Kette ist das vereinfachte Strukturmodell eines Getriebes. Es zeigt, wieviele Glieder und Gelenke ein Getriebe besitzt, welche Getriebeglieder miteinander verbunden sind und welche Gelenkfreiheiten auftreten. Die Angabe geometrisch-kinematischer Abmessungen und der Gelenkart ist hier unüblich.
Mit der kinematischen Kette hat man sowohl eine wichtige Grundlage für die systematische Untersuchung von Getrieben als auch einen Ausgangspunkt für die planmäßige Getriebeentwicklung geschaffen. Aus der kinematischen Kette wird ein Mechanismus, wenn ein Glied als Gestell festgelegt ist. Aus dem Mechanismus wird ein Getriebe, in dem weiterhin ein oder mehrere Glieder je nach Freiheitsgrad als Antriebsglieder und Abtriebsglieder, führende oder geführte Glieder bestimmt werden. Erst durch diese Festlegung entstehen also Mechanismen bzw. Getriebe. Es ist offensichtlich, daß aus einer Kette viele verschiedene Getriebe entwickelt werden können.
Es gibt ebene und räumliche kinematische Ketten für ebene und räumliche Getriebe. In räumlichen kinematischen Ketten können ebene und räumliche Gelenke - letztere mit einem Gelenkfreiheitsgrad f> 2 - vorkommen bzw. gekennzeichnet sein.
Man unterscheidet zwischen geschlossenen und offenen kinematischen Ketten und deren Kombinationen (Hybridstrukturen), Bild 2.5.
a) f "- 1
L f = 2
d)
Bild 2.5
Kinematische Ketten:
b) f = 3 f=2
D f = 1 f= 1
a) ebene, b) räumliche, c) (ebene) geschlossene, d) (ebene) offene, e) (ebene) geschlossen-offene kinematische Kette
2.4 Struktursystematik 31
In kinematischen Ketten treten also gelenkig verbundene binäre, ternäre, quaternäre usw. Getriebeglieder auf; alle Gelenke sind symbolisch durch kleine Kreise dargestellt.
Hinweis: Die Relativbewegung der Glieder von zwangläufigen geschlossenen kinematischen Ketten ist identisch mit der Relativbewegung der aus diesen Ketten entwickelten Mechanismen oder Getriebe.
In kinematischen Ketten können auch Glieder mit Mehrfachgelenken auftreten. Ein Mehrfachgelenk entsteht, wenn an einem Glied der Abstand zwischen zwei oder mehreren Gelenkelementen zu null wird, Bild 2.6.
a) b)
[=1 [=1 ('}-____ ~r~))
1= 1
}-------<:) ~l ~ I
f= 1
Bild 2.7
Vier- und fünfgliedrige kinematische Ketten a) bzw. b)
Bild 2.6 Entstehung eines Mehrfachgelenks, hier: Doppeldrehgelenk
1= 1
1=1
[= 1
Die einfachste ebene kinematische Kette besteht aus drei Gliedern entsprechend Bild 2.5a. Daraus entsteht das in Bild 2.7a skizzierte Gelenkviereck mit vier NEP (Dreh- oder Schubgelenke), aus dem sich bereits eine Vielzahl von Getrieben entwikkeIn läßt, s. Abschnitt 2.4.2.1. Alle diese Getriebe haben den Laufgrad F = 1.
Die hinsichtlich der Gliederanzahl nächsthöhere Gruppe für Getriebe mit dem Laufgrad F = 1 sind die sechsgliedrigen kinematischen Ketten, von denen es nur zwei
32 2 Getriebesystematik
Grundformen gibt: die WATTsehe Kette (I) und die STEPHENSONsche Kette (11), Tafel 2.5. Nach Einführung von Doppelgelenken entstehen hieraus abgeleitete Ketten III und N.
Die Gruppe der achtgliedrigen kinematischen Ketten bietet eine noch größere Vielfalt, insbesondere wenn man (nicht gezeichnet) Doppel- und Dreifachgelenke miteinbezieht, Tafel 2.6.
Geht man zu den kinematischen Ketten für Getriebe mit dem Laufgrad F = 2 (2 Antriebe) über, so bildet das in Bild 2.7b abgebildete Gelenkfünfeck die Grundform der einfachsten kinematischen Kette dieser Art. Die nächsthöhere Gruppe sind die siebengliedrigen kinematischen Ketten, Tafel 2.7. Bei einigen dieser Ketten lassen sich Teilketten oder Teilpolygone mit dem partiellen Laufgrad F = 1 unterscheiden.
Durch Gestellwechsel entstehen daraus die ableitbaren Getriebe (letzte Spalte in TafeI2.7), wobei symmetrisch bedingte Mehrfachlösungen nur einfach zu zählen sind. Neun Grundformen führen auf 34 verschiedene Getriebe.
Tafel 2.5 Sechsgliedrige kinematische Ketten I bis IV und daraus abgeleitete Getriebe 1 bis 10 mit dem Laufgrad F = 1 [2.4]
I 1
2~ <I> m 2' D3 = 6
2 6 3 I 4 ' D2 = 8
6 14 1-4 1 I 1
2-3-Se 6 2 2
~ m 4
A R 2 ' D3 - 6
3 4 1 4 .n2 - 8
6 14 I 1 1 1 2 2 5 5
1=3 2-4 5-6
m 6 7R ~ 9~l W m 2 4 6 3 41 5 4 2
1 1 1 1 2 2 3 3 4 4
1-4 2-6 3-5
IV 10
~ 2 1 6 N 1"'2=3"'4=5=6 1 1
2.4 Struktursystematik 33
Tafel 2.6 Achtgliedrige kinematische Ketten für Getriebe mit dem Laufgrad F = 1 [2.4]
~ @ 2 ·n4 = 8
6 . n2 = 12
8 20
1 · n4 = 4
2 · n3 = 6
5 · n2= 10
8 20
3 4 S 6 7
~ ® ~ ~ r1JJ 8
9~ l~ ~ rm 4 ·n3 = 12
4 ·n2 = 8
8 20
12 13 14 IS 16
f!!) ~ ~ LW ~
34 2 Getriebesystematik
Tafel2.7 Siebengliedrige kinematische Ketten I bis IX [2.4]
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
Art der Gele, ke
Einfach Gelenke
I DoppelGelenk
2 D oppel-Gelenke
Kette
4 ~ 2~7
~ o
2~7 1
~ ~ (}
~
~
Ttilkette, Z.hl d . • bleit-mit F = I b .... Getriebe
I - 2 - 3 - 4 4
I - 2 - 3 - 4
I - 2 - 3 - 4 I - 5 - 6 - 7
I - 2 - 3 - 4
I - 2 - 3 - 4 I - 5 - 6 - 7
I - 2 - 3 - 4 I - 5 - 6 - 7
2 - 3 - 4 - 5
4
3
3
7
4
3
3
3
34
2.4 Struktursystematik 35
2.4.2 Ebene Getriebe
2.4.2.1 Getriebe der Viergelenkkette
Die aus dem Gelenkviereck ableitbaren Getriebe heißen Viergelenkgetriebe und sind die am häufigsten angewendeten V-Getriebe i.m Maschinen- und Vorrichtungs bau. Aus der viergliedrigen kinematischen Kette entstehen, wenn unterschiedliche Gelenktypen eingesetzt werden, verschiedene Viergelenkketten. Es gibt generell drei Gelenktypen: Drehgelenk, Schub gelenk und Kurvengelenk. Fügt man in die viergliedrige kinematische Kette systematisch alle diese Gelenktypen ein, so erhält man z.B. folgende Viergelenkketten: Drehgelenkkette (Bild 2.8), Schubkurbelkette (Bild 2.9), Kreuzschubkurbelund Schubschleifenkette.
b 3
4
12 0--------------------0 d
Bild 2.8
Viergliedrige Drehgelenkkette mit Abmessungen a, b, c, d
Aus der viergliedrigen Drehgelenkkette entsteht beispielsweise durch Festlegen des Glieds 1 und Zuweisen der Länge d (Gestellänge) ein viergliedriges Drehgelenkgetriebe (Viergelenkgetriebe ).
Das Aussehen der Übertragungsfunktion dieses Viergelenkgetriebes, bzw. die Form der Führungsbewegung, ist dann durch die Längenverhältnisse ald, b/d, eid der Getriebeglieder zueinander bestimmt. Damit ist die Übertragungsfunktion und die Führungsbewegung von der Geometrie des Viergelenkgetriebes abhängig.
Die verschiedenen Bewegungsmöglichkeiten des Viergelenkgetriebes werden unterschieden nach den Bewegungen, die dem Gestell benachbarte Getriebeglieder ausführen: Man unterscheidet umlaufende Glieder (Kurbeln) von zwischen zwei Grenzlagen schwingenden Gliedern, die als Schwingen bezeichnet werden. Die übrigen Glieder heißen im allgemeinen Koppelglieder (Koppeln).
36 2 Getriebesystematik
34
12 14 00 Bild 2.9 Viergliedrige Schubkurbelkette
Nun sind beim viergliedrigen Drehgelenkgetriebe drei verschiedene Fälle möglich (a, b, c beziehen sich auf Bild 2.8):
1. Glied a oder c läuft um ~ Kurbelschwingen, Imin = a bzw. c
2. Glieder a und c laufen um ~ Doppelkurbeln, Imin =d
3. Glieder a und c nicht umlauffähig, b umlauffähig ~ umlauffähige Doppelschwingen, Imin = b
Welcher Typ von Viergelenkgetriebe im einzelnen vorliegt, kann mit dem nachfolgenden Satz und der Kenntnis, welches Glied Gestell ist, unterschieden werden [2.5].
Satz von GRASHOF:
Ein Viergelenkgetriebe hat mindestens ein umlauffähiges Glied, wenn
Imin + Imax < I' + I" (2.14
gilt, dabei sind Imin und Imax die Längen des kürzesten bzw. längsten Getriebeglieds und I', I" die Längen der zwei restlichen Glieder.
Bei einem Viergelenkgetriebe ist kein Glied umlauffähig, wenn
Imin + Imax > l' + I" (2.15)
gilt. Solche Viergelenkgetriebe werden als Totalschwingen bezeichnet.
Mit Imin + Imax = I' + 1" (2.16)
sind durchschlagende Getriebe mit sog. Verzweigungslagen gekennzeichnet, bei denen in mindestens einer Stellung alle Glieder und Gelenke auf einer Geraden liegen, z.B. beim Parallelkurbelgetriebe nach Bild 2.10. In einer Verzweigungslage kann das Parallelkurbelgetriebe zum Antiparallel- bzw. Zwillingskurbelgetriebe durchschlagen.
2.4 Struktursystematik 37
A B ,,'---_~--------~b=~d~--~~~~~~
~' ",,', , " , " I I \ I I \ I I \ , " -0------- -------6--
Ao d Bo
Bild 2.10
Parallelkurbelgetriebe mit den beiden gestrichelt gezeichneten Verzweigungslagen auf der Gestellgeraden
Anhand der Tafel 2.8 läßt sich entscheiden, welcher Typ eines viergliedrigen Drehgelenkgetriebes bei gegebenen Abmessungen und nach Wahl des Gestellgliedes vorliegt.
Einige dieser Viergelenkgetriebe sind in Tafel 2.9 zusammengestellt [10].
Aus der viergliedrigen Schubkurbelkette nach Bild 2.9 ist zunächst einmal das bekannte Schubkurbelgetriebe (Schubkurbel) ableitbar, sofern Glied 1 zum Gestell erklärt wird, Bild 2.11.
A
Bild 2.11
Schubkurbelgetriebe mit Bezeichnungen
Das Schubkurbelgetriebe mit Schubgelenk entsteht aus dem Viergelenkgetriebe mit Drehgelenken, wenn der Punkt BQ ins Unendliche rückt (Drehachse 14 im Unendlichen). Ferner lassen sich zwei Arten von Versetzungen (Exzentrizitäten) unterscheiden:
- kinematische Exzentrizität ek == e,
- statische Exzentrizität es.
Nur die kinematische Exzentrizität beeinfIußt die Übertragungsfunktionen. Beide Exzentrizitäten sind v-orzeichenbehaftet.
38 2 Getriebesystematik
Tafel 2.8 Programmablaufplan zur Bestimmung von viergliedrigen Drehgelenkgetrieben (j = ja, n = nein)
Doppelschwinge (Totalschw inge)
Parallelkurbelgetriebe
Gleichläufiges Zw ilIingskurbelgetriebe
Gegenläufiges Zwillingskurbelgetriebe
c .... _---r---"'r-+n 1.-==---1
LI> 21 m" Kinematische Kette nicht schließbar
+i
Doppelkurbel
Doppelschwinge (umlauffähig)
Kurbelschwinge
Durchschlagende Doppelkurbel
Durchschlagende Doppelschwinge
Durchschlagende Kurbelschwinge
Gleichsehen klig e Doppelkurbel
Gleichsehen klig e Kurbelschwinge
2.4 Struktursystematik
Tafel 2.9 Getriebe der viergliedrigen Drehgelenkkeue
Viergelen kkette
Funktion von Imin
Kurbel 2
-.+ v
x
E
:!: _E
Gestell I bzw. Koppel3
Kurbel 2 und Kurbel 4 bzw. Koppel3
-,+
~
E
:!: E Gestell I
und Koppel3 bzw. Kurbel 2
,+
1\:1 beliebig
E
K urbelsch w inge
Doppelkurbel
P arallelkurbelgetriebe
i::l Ao B 0
"I I"
Parallelkurbel· getriebe A
Doppelschwinge (Totalsch w inge)
B
Imin+ Imax < 1'+ I" Imin + Imox = 1'+ I" Imin + Imox > 1'+ I"
Getriebeschem a
um lauffähig durchschlagend nicht um lauffähig
B Zentrische Kurbelschwinge B
_'-'0 /
/ / /
I / /
ö--
Doppelschwinge
Gegenläufiges Zwillings- Gleichschenklige K urbel-kurbelgetriebe schwinge
l 'B
Gleichläufiges Z w illings- Gleichschenklige Doppel-kurbelgetriebe B kurbel B
A
~ Glied läuft um
~ Glied schwingt
39
40 2 Getriebesystematik
Wie stellt sich hier der Satz von GRASHOF dar?
12 = a = AoA, 13 = b = AB ,
so daß die GRAS HOF-Ungleichung für Umlauffähigkeit folgendermaßen definiert werden kann:
Imin + Imax< l' + I" oder
Imax - I" < l' - Imin bzw. d - c < b - a,
d.h. alle Getriebe aus der Schubkurbelkette sind umlauffähig, sofern die Ungleichung
e< l' - Imin
eingehalten wird. Es entstehen dann die Getriebe durch Gestellwechsel:
- Schubkurbel:
- umlaufende Kurbelschleife:
- schwingende Kurbelschleife:
- Schubschwinge:
Gestell = d
Gestell = a
Gestell = b
Gestell = c
Für e = 0 erhält man die zentrischen Ausführungen der obengenannten Getriebe.
(2.17)
Hinweis: Bei konstanter Schubrichtung liegt ein Schubgelenk, bei variabler Schubrichtung ein Schleifengelenk vor.
Die wichtigsten Getriebe der Schubkurbelkette sind in Tafel 2.10 aufgeführt [10]. Es ist durchweg ek = es = e gesetzt worden.
Die Getriebe der Kreuzschubkurbel- und Schub schleifen kette haben zwei Schub- oder Schleifengelenke. Bei ersteren gibt es eine endliche Gliedlänge und den Kreuzungswinkel der beiden Schubrichtungen, Tafel 2.11 [10]; bei letzteren ist charakteristisch, daß zwei Exzentrizitäten existieren und jedes Getriebeglied je ein Dreh- und ein Schubgelenkelement aufweist. Die Getriebe der Schubschleifenkette lassen keine Umlaufbewegung eines Glieds zu.
2.4 Struktursystematik
Tafel 2.10 Getriebe der viergliedrigen Schubkurbelkette
Sch u bkurbelkette
Funktion von a und b
• = 12 Kurbel 2
Zentrische Schubkurbel
e< 111- al e=O (a;tob) e;toO e = Ib - al e = 0 (b = a) e> Ib - al
G etriebeschem a
A
umlauffähig --" --. zen trisch --"--. exzentrisch durchschlagend --"--. gleichschenklig nicht um lauffähig
b = I) Koppel3
--"--8-4 -f!-.mrrnHrRrrrr#H'HY",m
'" " a Gestell I
bzw. Kurbel 2
b Kurbel 2 bzw. Gestell I
a Koppel 3
b Schwinge 2
Umlaufende Schw ingende Kurbelschleife Kurbelschleife
Schubschwinge (mit umlauffähiger Koppel)
8 o-----+---:--~-I~
a = b Gleichschenklige Schubkurbel
Kurbel 2 und ~ Koppel3
0, bzw.
"
<ü
0:
"
Kurbel2 und Gestell I
• Schwinge 2 oder Koppel 3
bzw.
Schwinge 2 oder Gestell I
~\ Ao 4 . +-+ 8 Boo
'I' I 0 I
Sc h w in gschleife
A , ,
8 00
41
42 2 Getriebesystematik
Tafel 2.11 Getriebe der viergliedrigen Kreuzschubkurbel- und Schubschleifenkette
Struk- Funktion tur von a
a = 12 o Kurbel 2 a-
11 C!l.
" " ~
K re u zsc hub k u rb e lke tte Sch u bsc h leifenkette
G etriebeschem a
Kreuzschubkurbel
~-r-----+----------------------------,-----------~------~------~ ;; Doppelschleife ...
.<>
" ~ e ..:
Koppel 3
bzw .
Gestell I
Koppelkurven
Schubschleife
Die Koppelkurven der Viergelenkgetriebe sind vielgestaltig und werden für Führungsaufgaben herangezogen. Unter Koppelkurve versteht man definitionsgemäß entsprechend Abschnitt 2.1.2 die Bahnkurve eines beliebigen Punktes (oft mit C bezeichnet) f(x,y) = 0 in der x-y-Ebene des Getriebes. Einige Beispiele zeigen die Bilder 2.12 bis 2.17, wobei die Koppelkurven nicht unbedingt maßstäblich gezeichnet sind.
2.4 Struktursystematik
,.. - - ....
,---~~=,
Bild 2.12
Koppelkurven der Kurbelschwinge
Bild 2.14
Schwingende Kurbelschleife mit angenäherter Geradführung des Punktes C (Konchoidenlenker )
43
B
Bild 2.13
Sechsgliedriges Getriebe: Koppelkurvengesteuertes Malteserkreuzgetriebe (Stillstandssicherung nicht eingezeichnet)
" " I a \ d J._ . '-'r '-'-'- '
\ A~' I ~!...~-"
Bild 2.15
h
Angenäherte Geradführung nach HOECKEN [1]: a = 1; b = c = e = 2,5 ; d = 2; h = 4 Längeneinheiten
44
Bild 2.16
Exakte Geradführung mit einem Schubkurbelgetriebe für a = b = e
2 Getriebesystematik
B
Bild 2.17
Sechsgliedriges Rastgetriebe
In Bild 2.17 ist ein sechsgliedriges sog. Rastgetriebe dargestellt (Rast = Stillstand). Die Rast der Schwinge DoD wird durch Ausnutzen eines Teils der Koppelkurve des Punktes C (stark ausgezogener Teil) des Viergelenkgetriebes AoABBo erzeugt. Beim Durchlaufen dieses Teils kommt der Punkt D des Zweischlags DoDC zum Stillstand, weil die Länge CD mit dem Krümmungsradius weitgehend übereinstimmt. Da D mit dem Krümmungsmittelpunkt Co von C zusammenfällt, wird die Drehung des Glieds CD um Co erzwungen, während die Schwinge DoD angenähert in Ruhe bleibt.
2.4.2.2 Kurvengetriebe
Kurvengetriebe haben mindestens ein Kurvengelenk (HEP mit f = 2) und bestehen aus mindestens drei Gliedern. In Bild 2.18 ist die aus der einfachsten kinematischen Kette mit drei Gliedern (Bild 2.5a) ableitbare Grundform (Kurvenkette) eines dreigliedrigen Kurvengetriebes mit Kurvenglied, Eingriffsglied und Steg skizziert, aus dem sich durch die Wahl des Stegs zum Gestell 1 die beiden Standardfälle des KurvenÜbertragungsgetriebes ergeben: Kurvengetriebe mit Abtriebs(schwing)hebel und Kurvengetriebe mit Abtriebsschieber. Im Eingriffsglied 3 ist sehr oft eine drehbar gelagerte Rolle (fid = 1) als unmittelbares Abtastorgan des Kurvenprofils gelagert, um die Über-
tragungseigenschaften im Kurvengelenk zu verbessern. Die Rolle erhält dann meistens eine eigene Gliednummer.
2.4 Struktursystematik 45
Kurvenglied
Bild 2.18
Grundform und Standardfälle des dreigliedrigen Kurvengetriebes [8]
Durch Variation der beiden verbleibenden NEP (Dreh- und Schubgelenke) und durch Gestellwechsel erhält man systematisch alle Bauformen dreigliedriger Kurvengetriebe, Tafel 2.12.
Tafel 2.12 Systematik der dreigliedrigen Kurvengetriebe [8]
c 5 & ~ u ;:: ~ =-:..:~
A ~ A r;I ~ c{ """"""""" ","''''',''
u
~ ~ ~ ~ ~ ES ..c .;: Ö
"" c u ;:: = :..:
h n 1> ~ ~ l~ a~ ~
Jedem Punkt K des Kurvenprofils, der momentan das Kurvengelenk mit der Abtastrolle bildet, ist ein Krümmungsmittelpunkt Ko auf der Normalen n zugeordnet, Bild 2.19.
46 2 Getriebesystematik
Verbindet man Ko mit dem Rollenmittelpunkt B durch ein fiktives binäres Glied, so erhält man das für die skizzierte Lage gültige Ersatzgelenkgetriebe. Für das Getriebe mit Rollenhebel ergibt sich ein viergliedriges Drehgelenkgetriebe AoKo(A)BBo, für das Getriebe mit Rollenstößel ein viergliedriges Schubkurbelgetriebe AoKo(A)BBo~. Die Abmessungen des Ersatzgelenkgetriebes ändern sich mit jeder neuen Stellung des Kurvengetriebes, die jeweiligen Kinematik-Gleichungen sind jedoch bis zur Beschleunigungsstufe äquivalent.
Bild 2.19
Kurvengetriebe und zugeordnete Ersatzgelenkgetriebe
Durch eine geeignete Profilgebung des Kurvengliedes kann fast jede gewünschte Getriebefunktion \jI(<p) (Rollenhebel) bzw. s(<p) (Rollenstößel) verwirklicht werden. Eine komplette Auslegung von Kurvengetrieben ist mit Hilfe von [2.6] bis [2.8] möglich.
Der Kontakt im Kurvengelenk zwischen Kurven- und Eingriffsglied (Zwanglaufsicherung) wird entweder kraftschlüssig oder formschlüssig aufrechterhalten. Bild 2.20.
a)
Bild 2.20
Zwanglaufsicherung durch Kraftschluß a) oder Formschluß b) [2.6]
2.4 Struktursystematik 47
2.4.2.3 Räumliche Getriebe
Räumliche Getriebe oder ßaumgetriebe sind dadurch gekennzeichnet, daß sie Drehachsen haben, die sich kreuzen und denen auch eine Schubbewegung überlagert sein kann, s. Kapitel 7. Sonderfälle sind die sphärischen Getriebe, deren Drehachsen sich in einem Punkt schneiden.
Ein wichtiges technisches Anwendungsgebiet der Raumgetriebe und ihrer Sonderfälle tut sich für Wellenkupplungen auf als Übertragungsgetriebe zur Weiterleitung von Drehungen zwischen zwei im Gestell gelagerten Wellen, Bild 2.21. An- und Abtriebswelle dürfen dabei eine beliebige Lage im Raum zueinander einnehmen, d.h. sie dürfen sich .kreuzen. Normalerweise sind räumliche Wellenkupplungen ungleichmäßig übersetzend, sie können jedoch auch mit konstanter Übersetzung ausgelegt werden (Gleichgangkupplungen) [2.9].
a) b)
Bild 2.21
Zwei Wellenkupplungen als viergliedrige Raumgetriebe mit fid = 1 (Glied 3) [11]
Beträgt beispielsweise der Getriebefreiheitsgrad F = 1, so liefert die Zwanglaufgieichung (2.11)
g
I/i =6{g- n)+7. (2.18) i=l
Für Getriebe mit gleicher Glieder- und Gelenkzahl, z.B. g = n = 4, läßt sich die Summe 7 der Gelenkfreiheiten auf verschiedene Weise aufteilen, z.B. entsprechend Bild 2.22:
48 2 Getriebesystematik
a)
Bild 2.22
Drei Raumgetriebe mit vier Gliedern und vier Gelenken [10]
a) Fall 1: Lf = 1 + 2 + 2 + 2 = 7
b) Fall 2: Lf=I+3+2(+I)+I=7mitfid=I
c) Fall 3: Lf = 1 + 3 + 1 + 2 = 7
Während Fall 2 der Wellenkupplung des Bildes 2.2Ia entspricht, zeigt Bild 2.23 das konstruktiv ausgeführte Getriebe im Fall 3 mit einer Dreh-Schub-Abtriebsbewegung.
Bild 2.23
Viergliedriges Raumkurbelgetriebe [11]: Kurbel 2, Koppel 3, Drehschieber 4, Gestell 1, Bewegungsachsen kij
Ein Beispiel eines sphärischen Getriebes als Sonderfall stellt das Kreuzgelenk oder Kardangelenk mit f = 2 dar (Bild 2.24).
2.4 Struktursystematik 49
Bild 2.24
Kreuz- oder Kardangelenk [10]
Die Übertragungsfunktion der Drehung von Welle 2 auf Welle 4 lautet
tan<p tanw:--·
COSA (2.19)
Dies bedeutet also eine ungleichmäßige Übersetzung. Hierbei ist A der Kreuzungswinkel zwischen An- und Abtriebswelle.
Die Ungleichmäßigkeit der Drehung kann durch eine passende Hintereinanderschaltung zweier Kreuzgelenke eliminiert werden [10].
50 2 Getriebesystematik
2.5 Übungsaufgaben
Aufgabe 2.1:
Ermitteln Sie den Freiheitsgrad der unten skizzierten Gelenke! Überlegen Sie, welche Bewegungen gesperrt und welche erlaubt sind! Dabei ist darauf zu achten, daß die Elementenpaare nie den Kontakt zueinander verlieren.
2.5 Übungsaufgaben
Aufgabe 2.2:
Ermitteln Sie den Freiheitsgrad der folgenden räumlichen Getriebe:
b){~ : "" ' ,,;
",1 I" I
c)
~ I
3
",1_ 1" I
51
Für die nachfolgend dargestellten Wellenkupplungen ist der Freiheitsgrad zu ermitteln.
Aufgabe 2.3:
3 Drehschiebehülse 4 Abtriebsdrehschieber
Aufgabe 2.4:
52 2 Getriebesystematik
Aufgabe 2.5:
Aufgabe 2.6:
Zu dem in Vorder- und Seitenansicht dargestellten Surnmen- bzw. Differentialgetriebe sind folgende Aufgabenstellungen zu lösen:
a) Sämtliche Glieder und Gelenke sind zu bezeichnen.
b) Die Elementenpaare sind nach ihrem Freiheitsgrad einzuordnen.
c) Der Freiheitsgrad des Getriebes ist zu ermitteln.
d) Die kinematische Kette mit entsprechender Bezeichnung der Glieder und Gelenke ist abzuleiten.
e) Ausgehend von d) ist die kinematische Kette mit reinen Drehgelenken zu skizzieren.
2.5 Übungsaufgaben 53
Aufgabe 2.7:
Parallel versetzte Wellen mit konstantem oder in gewissen Grenzen variablem Achsabstand lassen sich mit der sog. OLDHAM-Kupplung verbinden, wobei die Übertragung einer winkeltreuen Drehung gewährleistet ist. Die beiden Glieder 2 und 4 sind gleichartig als Scheiben mit je einem Hohlprisma ausgebildet, jeweils fest mit einer Welle verbunden und im Gestell 1 gelagert. Die Mittelscheibe 3 hat zwei den Hohlprismen der anderen Scheibe entsprechende Vollprismen, die um 900 gegeneinander versetzt sind. Sie stellt die Verbindung der Scheiben 2 und 4 her. Folgende Aufgaben sind zu bearbeiten:
2 1-
~ I
I ~ I 1 I
3
4
a) Es ist die Kupplung als viergliedriges Getriebe zu skizzieren.
b) Im Getriebe sind in der für ein Viergelenk üblichen Art die Gelenkpunkte Ao, A, Bo, B einzuzeichnen.
c) Gegenüber Getriebe a) ist die gestaltliche Umkehrung an den Schleifengelenken (Schiebepaaren) durchzuführen.
d) Es sind diejenigen Getriebe darzustellen, die nach einer kinematischen Umkehrung der Elemente an den Schleifengelenken der Bauform a) und c) entstehen.
54 2 Getriebesystematik
Aufgabe 2.8:
Für den abgebildeten 2-Zylinder-V-Kompressor sind anzugeben bzw. zu ermitteln:
a) eine Getriebedarstellung, wobei die Zapfenerweiterung Glied 2 in Glied 3 rückgängig zu machen ist,
b) die zugrundeliegende kinematische Kette,
c) der Freiheitsgrad des Getriebes und der kinematischen Kette,
d) alle weiteren kinematischen Ketten mit gleicher Gliederzahl.
3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
In diesem Kapitel sind die wichtigsten Grundlagen für die kinematische Analyse ebener Getriebe zusammengefaßt, sowohl in graphisch-differential geometrischer als auch in vektorieller Hinsicht.
Die "einfache Kinematik" des Punktes und der Ebene als Abstraktionsform eines eben bewegten Getriebegliedes mit der EULER-Formel
VB = VA + V BA = VA + Öl x r BA
und unter Berücksichtigung der Starrheitsbedingung(en) führt zum Projektionssatz und zu den Ähnlichkeitssätzen von MEHMKE und BURMESTER für die Geschwindigkeitsund Beschleunigungsermittlung. Mit diesen Sätzen läßt sich ebenfalls die Existenz eines Geschwindigkeits- und Beschleunigungspols beweisen, so daß jede ebene Bewegung jeweils als eine momentane relative Drehung um diese beiden Punkte aufgefaßt werden kann.
Den Abschluß bilden die Vektorgleichungen der Relativkinematik bei der Bewegung dreier beliebiger miteinander gekoppelter oder nicht gekoppelter Getriebeglieder i, j, k.
Bei der geometrisch-kinematischen Analyse eines Getriebes wird der Bewegungszustand einzelner Getriebeglieder gegenüber dem Gestell, d.h. gegenüber einem absoluten (inertialen) Koordinatensystem untersucht. Der Bewegungszustand eines Getriebegliedes ist nur dann eindeutig bestimmt, wenn bei gegebenen Abmessungen des Getriebes und der Antriebsfunktion(en)
die Lage,
die Geschwindigkeit und
die Beschleunigung
für jeden Punkt auf dem Getriebeglied ermittelbar sind.
56 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
x
Bild 3.1
Zur Kinematik der Koppel eines Viergelenkgetriebes
Mit Bezug auf Bild 3.1 heißt das beispielsweise: Gesucht sind die zeitabhängigen Koordinaten xc(t), yc(t) des Koppelpunktes C und die Winkelgeschwindigkeit (Ob (t) der
Koppel bei gegebener Lage <p = <pet) der Antriebskurbel AoA und zugeordneter Antriebswinkelgeschwindigkeit q, == (0 a. Die Abmessungen a, b, c, d des Getriebes sind
bekannt.
Für die Getriebeanalyse werden zeichnerische und rechnerische Verfahren angewendet. Die zeichnerischen Verfahren haben den Vorteil der Anschaulichkeit und schnellen Anwendbarkeit. Mittels der rechnerischen Analyse können wesentlich genauere Ergebnisse erreicht werden. Sie ist jedoch schon bei einfachen Getrieben meist derart umfangreich, daß der Einsatz von Rechnern unerläßlich ist.
3.1 Grundlagen der Kinematik
3.1.1 Bewegung eines Punktes
Vorgegeben sei die Bahnkurve eines Punktes A auf einem eben bewegten Getriebeglied, Bild 3.2.
3.1 Grundlagen der Kinematik
y
0=°1 x
Dann sind folgende Bezeichnungen üblich:
Orts vektor fA (t)
Krümmungskreis kA
Krümmungsradius PA = KAA
Krümmungsmittelpunkt KA
Normalbeschleunigungsvektor ä~
57
Bild 3.2
Bahnkurve eines Punktes A in der x-y-Ebene
Bahntangente t
Bahnnormale n
Geschwindigkeitsvektor VA
Beschleunigungsvektor äA
Tangentialbeschleunigungsvektor ä ~
Der Geschwindigkeitsvektor VA ist stets tangential zur Bahnkurve ausgerichtet und
hängt mit der ersten zeitlichen Ableitung des Weges SA folgendermaßen zusammen: i _ _ .:.. -t
, VA = drA/dt = rA =SA e . (3.1)
Hierbei ist et der Tangenteneinheitsvektor auf t. Der Beschleunigungsvektor äA
setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
(3.2)
Der Tangentialbeschleunigungsvektor ä~ liegt auf t, der Normalbeschleunigungs
vektor ä~ auf n und zeigt stets zum Krümmungsmittelpunkt KA hin. Der Punkt KA liegt
wiederum stets auf der Innenseite (konkaven Seite) der Bahnkurve von A. Ferner gilt:
58 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
(3.3)
Hinweis: Der Krümmungskreis kA durchsetzt im allgemeinen als Grenzfall dreier auf der Bahnkurve zusammenfallender Punkte die Bahnkurve im Punkt A.
Die bekanntesten kinematischen Diagramme für Punktbewegungen sind
a) Skalarkurven: SA(t), SA(t), SA(t)
SA(SA)' SA(SA)' SA(SA)
b) Vektorkurven: Betrachtet werden die Vektorspitzen der nachfolgend aufgelisteten Vektoren, die - ausgehend von jeweils einem gemeinsamen Ursprung - zu zeichnen sind:
- Babnkurve TA (t)
- Hodografenkurve vA (t)
- Tachografenkurve ä A (t)
3.1.2 Bewegung einer Ebene
Die Bewegung eines Getriebegliedes, d.h. einer Ebene Ek> gegenüber dem Gestell, d.h. der festen Ebene Ej, wird durch die Bewegung zweier auf Ek liegender Punkte, z.B. A und B, eindeutig beschrieben; in Kurzform EklE!. Sie setzt sich im allgemeinen aus einer Schiebung (Translation), z.B. des Bezugspunkts oder Aufpunkts A in x- und y-Richtung der Ebene Ej, und aus einer Drehung (Rotation), z.B. um den Aufpunkt A, zusammen.
3.1 Grundlagen der Kinematik
3.1.2.1 Geschwindigkeitszustand
x
Dem Bild 3.3 entnimmt man
59
Bild 3.3
Orts vektoren zweier Punkte A und B einer bewegten Ebene Ek
(3.4)
Wegen des unveränderlichen Abstands der Punkte A und B ist folgende Starrheitsbedingung erfüllt:
IrBAI=lrB-rAI=rBA =konst., (3.5)
d.h.
-2 2 (- _)2 (k )2 rBA = rBA = rB - rA = onst. .
Leitet man vorstehende Gleichung einmal nach der Zeit ab, folgt daraus
driA /dt = 2(rB - rA )cfB - fA) = 0 bzw.
(3.6)
(3.7a)
(3.7b)
VB . rBA ist ein Skalarprodukt, d.h. die Projektion von vB auf den Differenzvektor rBA .
Projektionssatz:
Die Projektionen der Geschwindigkeitsvektoren vA und VB zweier Punkte A und B
eines starren Getriebeglieds (Ebene Ek) auf die Verbindungsgerade AB sind gleich groß, Bild 3.4.
60 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
»---A
Die Ableitung der GI. (3.4) nach der Zeit ergibt
Bild 3.4
Zur Veranschaulichung des Projektionssatzes
(3.8)
Da die Projektionen von VA und VB auf AB gleich lang und gleichgerichtet sind, kann
VBA = VB - VA nur senkrecht auf AB stehen, vgl. GI. (3.7b). Daher läßt sich formal aus
der GI. (3.8) ein Winkelgeschwindigkeitsvektor ffi für die Ebene Ek herleiten (EULER-Formel):
(3.9)
Hinweis: Der Winkelgeschwindigkeitsvektor ffi gilt nicht für einen einzelnen Punkt, sondern für die gesamte Ebene Ek.
Die Ebene Ek führt eine Schiebung in Richtung VA aus, gleichzeitig rotieren alle Ebe
nenpunkte mit der Winkelgeschwindigkeit ffi um A.
GI. (3.9) lautet in Komponentenscoceibweise mit W = ffiz (die z-Achse steht senkrecht auf der Zeichenebene und bildet mit der x-y-Ebene ein rechtshändig orientiertes Dreibein)
(3.10)
Statt des Vektors ffi kann auch die schiefsymmetrische Matrix Ö eingeführt werden:
- W z
o o
(3.11 )
3.1 Grundlagen der Kinematik 61
so daß gilt:
VBA =roXfBA =Ö fBA' (3.12)
3.1.2.2 Momentan- oder Geschwindigkeitspol
Es gibt einen speziellen Punkt P der bewegten Ebene, der momentan ruht, für den also
vp = Ö gilt.
Falls der Punkt P als Aufpunkt gewählt wird, geht GI. (3.9) über in
(3.13)
Damit gilt die gleiche Formel wie bei der alleinigen Drehung des Punktes B um den Punkt P. Dieser Punkt P heißt Momentanpol oder Geschwindigkeitspol der Ebene Ek bei der Bewegung gegenüber dem Gestell EI (genauer: P = Pik). Die Kenntnis der Lage dieses Punktes kann bei der GeschwindigkeitsermittIung von Nutzen sein.
Der Momentanpol eines eben bewegten Getriebegliedes läßt sich sowohl zeichnerisch -anschaulich als auch rechnerisch bestimmen.
a) Zeichnerische Lösung
Die GI. (3.13) gilt für jeden Punkt der Ebene Ek, d.h. die hier über ein Kreuzprodukt gekoppelten Vektoren stehen (rechtshändig orientiert) senkrecht aufeinander bzw. die Geschwindigkeitsvektoren zweier zu Ek gehörigen Punkte A und B stehen stets senkrecht auf den zugehörigen Polstrahlen AP bzw. BP, Bild 3.5.
Zeichnet man die um 90° im gleichen Sinn gedrehten Geschwindigkeitsvektoren r v , erhält man als Schnittpunkt dieser Vektoren den Momentanpol Pik- Die Beträge der Geschwindigkeiten lassen sich unmittelbar ablesen:
(3.14)
Bild 3.5
Geschwindigkeitszustand einer Ebene Ek
62 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Hinweis: Der Geschwindigkeitszustand einer Ebene ist eindeutig festgelegt, wenn die Geschwindigkeit eines Punktes A dieser Ebene bekannt ist sowie von einem Punkt B dieser Ebene die Richtung der Geschwindigkeit oder wenn der Momentanpol P und die dazugehörige Winkelgeschwindigkeit bekannt sind.
b) Rechnerische Lösung
Aus GI. (3.9) folgt für B = P
Vp =Ö=vA +OOXfpA ;
multipliziert man die vorstehende Gleichung von rechts vektoriell mit 00 , so ergibt sich
VA XOO+(OOXfPA)XOO=Ö.
Nach dem Entwicklungssatz wird daraus
VA xOO+(OO·OO)· fpA -(00' fpA)'OO= Ö.
Der letzte Tenn verschwindet, da 00 und fpA senkrecht zueinander stehen (00' [PA = 0),
d.h.
(3.15)
Satz: Jede beliebige Elementarbewegung eines eben bewegten Getriebeglieds (einer Ebene Ek) ist eine Drehung um einen eindeutig bestimmten Punkt, den momentanen Drehpol (Momentanpol oder Geschwindigkeitspol). Der Momentanpol gilt folglich für die gesamte Ebene, d.h. für jeden Punkt des Getriebeglieds.
Bei einer Translationsbewegung gilt 00 = Ö, d.h. vA = VB und r vA = r VB' Daraus folgt:
Der Momentanpol liegt bei einer Translation als Schnittpunkt der um 90° gedrehten
Geschwindigkeitsvektoren r VA und r VB im Unendlichen.
3.1.2.3 Beschleunigungszustand
Um auf die Beschleunigungsstufe zu gelangen, leiten wir GI. (3.9) nach der Zeit ab und erhalten
3.1 Grundlagen der Kinematik 63
(3.16)
Es gilt
00 X"fBA = & x (& XfBA ) = (w· f BA ) .&_002 . f BA
mit & . fBA = 0 - beide Vektoren stehen senkrecht zueinander. Folglich wird aus
Gl. (3.16) mit VA == äA
(3.17a)
(3.17b)
(3.17c)
(3.17d)
Der Beschleunigungsanteil aBA kann in eine Tangentialkomponente ä~A und in eine
Normalkomponente ä~A bzgl. der Bahnkurve des Punktes B gegenüber dem Punkt A
mit
(3.18)
aufgeteilt werden; dabei stellt der Punkt A den Krümmungsmittelpunkt bei der Bewe
gung B gegenüber A dar, auf den die Normalkomponente ä~A gerichtet ist, Bild 3.6.
Bild 3.6
Zur Orientierung des Beschleunigungsanteils aBA einer Ebene Ek mit zwei
Punkten A und B
64 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Für den Punkt A gilt selbstverständlich GI. (3.2). Falls auch die Bahnkurve des Punktes B bekannt bzw. der zugeordnete Krümmungsmittelpunkt KB bekannt ist, gibt es noch eine weitere Schreibweise der GI. (3.17), nämlich
Die Normalbeschleunigung ä~ weist auf KB hin, es ist analog zu GI. (3.3)
lä~1 = a~ = v~ / KBB = v~ / PB·
Genau so erhält man für einen beliebigen dritten Punkt C der Ebene Ek
äc = ä A + äCA = ä B + äCB •
3.1.2.4 Beschleunigungspol
(3.l7e)
(3.19)
(3.20)
Es gibt einen speziellen Punkt G der bewegten Ebene, der momentan unbeschleunigt ist,
für den mithin äG = Ö gilt.
Dieser Punkt G heißt Beschleunigungspol der Ebene ~ bei der Bewegung gegenüber dem Gestell EI (genauer: G = G lk).
Hinweis: Im allgemeinen gilt für den Beschleunigungspol G vG:;t: Ö und auch die
Beschleunigung des Momentanpols P (Polbeschleunigung) verschwindet
nicht automatisch, d.h. äp :;t: Ö .
Wenn der Beschleunigungspol G = Glk bekannt ist, läßt sich die Bewegung EklEl hinsichtlich der Beschleunigung momentan als Drehung von Ek um G mit Tangential- und Normalbeschleunigung auffassen, Bild 3.7.
Die Beziehung zwischen den Beschleunigungen der Punkte A und G lautet
(3.21)
Da äG = Ö ist, läßt sich die Beschleunigung äA in die Komponenten von äAG zerlegen,
nämlich in die Normalbeschleunigung ä~G und die Tangentialbeschleunigung ä~G. Die
Tangentialbeschleunigung von A ergibt sich über die Winkelbeschleunigung ö>, multipliziert mit dem Abstand vom Beschleunigungspol:
(3.22)
3.1 Grundlagen der Kinematik
B
G
Die Normalbeschleunigung folgt aus n - 2
aAG =AG·O) .
Der Betrag von äA hat die Größe
65
Bild 3.7
Zur Lage des Beschleunigungspols G einer bewegten Ebene Ek=ABC
(3.23)
aA =~(a;'G)2 +(a~G)2 =AG·~oo2 +0)4 . (3.24)
Es gilt die Beziehung t • a AG 0)
tanß=-=-· an r.,2 AG UJ
(3.25)
In GI. (3.25) ist ß der Winkel zwischen der resultierenden Beschleunigung und der Verbindungslinie von dem betrachteten Punkt zum Beschleunigungspol, er ist für alle
Punkte der Ebene Ek gleich groß, da er nur von 00 und 0)2 abhängt und diese Größen von der Lage des Punktes auf der Ebene unabhängig sind.
Hinweis: Sind von einer Ebene die Beschleunigungen zweier Punkte bekannt, so ist der Beschleunigungspol der Schnittpunkt der Verlängerungen der um
den Winkel ß = arctan( 00/ 0)2) in Richtung 00 gedrehten Beschleuni-
gungen.
66 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
3.1.3 Graphische Getriebeanalyse
3.1.3.1 Maßstäbe
Zur zeichnerischen Darstellung und Auswertung von Bewegungsabläufen sind Maßstäbe erforderlich. Der Maßstab läßt sich definieren als Quotient:
aß b wirkliche Größe M sm = .
darstellende Größe
Es werden folgende Maßstäbe unterschieden:
• Längenmaßstab:
wirkliche Größe s in m, darstellende Größe (s) in mm
[ m ] s[m] M z mm = (s)[mm]-7S=M z '(S)
• Zeitmaßstab:
wirkliche Größe t in s, darstellende Größe (t) in mm
• Geschwindigkeitsmaßstab:
wirkliche Größe v in mls, darstellende Größe (v) in mril
• Beschleunigungsmaßstab:
wirkliche Größe a in mls2,
darstellende Größe (a) in mm
(3.26)
(3.27)
(3.28)
(3.29)
Nicht alle Maßstäbe sind unabhängig voneinander wählbar. Der Beschleunigungsmaßstab Ma ist abhängig von Mv und Mz; es gilt
3.1 Grundlagen der Kinematik 67
(3.30)
Für die anschauliche graphische Getriebeanalyse haben sich einige Verfahren bewährt, die die zuvor beschriebenen vektoriellen Beziehungen in entsprechende geometrische
Konstruktionen umsetzen. Beispielsweise läßt sich die Beziehung a ~ = vi / PA nach
Gi. (3.3) mit Hilfe des Kathetensatzes graphisch auswerten, Bild 3.8.
Bild 3.8
Geometrischer Zusammenhang zwischen Normalbeschleunigung und Geschwindigkeit des Punktes A
Mit Hilfe der zu Beginn dieses Abschnitts eingeführten Zeichenmaßstäbe wird aus obiger Beziehung
2 2 My< VA> M a < a~ > = --'--_,!,!,--
M z <PA> (3.31)
Hierin sind die in eckige Klammern gesetzten Größen die zu (zeichnenden) darstellenden Größen.
Werden die darstellenden Größen entsprechend Bild 3.8 über den Kathetensatz b2 = c q verknüpft, ergibt sich
(AAl =AKA ·AAn -4 <VA >2 = <PA > <a~ >.
Wenn a~ = M a < a~ > gültig sein soll, ist die Gi. (3.30) einzuhalten.
68 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Hinweis: Für den Fall, daß wegen AA n =< a~ > > PA der Kathetensatz zunächst
versagt, ist der Geschwindigkeitsmaßstab neu zu wählen:
Mv=Mz·(vA/PA)·
3.1.3.2 Geschwindigkeitsermittlung
Es gibt zwei grundlegende Verfahren, um z.B. die Gleichungen
VB =VA +VBA =VA +WXfBA und
V C = vA + V CA = VA + W x fCA oder
Vc =VB +VCB =VB +00 X fcB
graphisch auszuwerten, nämlich mit Hilfe des
a) Geschwindigkeitsplans oder des
b) Plans der (um 90°) gedrehten Geschwindigkeiten.
Von großer Bedeutung sind dabei die Ähnlichkeitssätze von BURMESTER und MEHMKE, Bild 3.9.
Satz von BURMESTER:
Die Endpunkte der Geschwindigkeiten bzw. Beschleunigungen eines starren Systems bilden eine dem starren System gleichsinnig ähnliche Figur.
Satz von MEHMKE:
Der Geschwindigkeits- bzw. Beschleunigungsplan ist eine dem gegebenen starren System gleichsinnig ähnliche Figur.
a) Geschwindigkeitsplan (v-Plan)
Der v-Plan beruht im wesentlichen auf dem Satz von MEHMKE. Im frei wählbaren Ursprung (Pol) 0 wird die bekannte Geschwindigkeit eines Punktes der Ebene Ek> z.B. A, angetragen und das Dreieck abc konstruiert. Dabei gilt (Reihenfolge der Punkte beachten!):
Ll abc im Geschwindigkeitsplan - Ll ABC im Lageplan.
3.1 Grundlagen der Kinematik 69
a) b)
p
c
Bild 3.9
Ähnlichkeitssätze nach BURMESTER (a) im Lageplan und MEHMKE (b) im Gesch windigkeitsplan
Die Strecken ab, ac, bc entsprechen den Differenzgeschwindigkeiten VBA ' VCA und
v CB . Weiterhin gilt: Die Geschwindigkeiten vBA' v CA und v CB stehen senkrecht zu - - - -
den jeweiligen Differenzvektoren fBA , fCA und fCB' d.h. ab 1. AB, ac 1. AC und
bc 1. BC.
Im PolO des v-Plans werden alle Momentanpole der gegenüber dem Gestell bewegten Getriebeglieder abgebildet; deswegen läßt sich der v-Plan auch dazu verwenden, den Momentanpol P eines Getriebeglieds im Lageplan zu konstruieren:
~ acO- ~ ACP.
b) Plan der (um 90°) gedrehten Geschwindigkeiten (r v-Plan)
Wegen
r- r- r- d VB = vA + V BA un
r- r- r- d VC= vA+ VCA 0 er
70 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
folgt:
Satz 1:
Die Endpunkte der um 90° gedrehten Geschwindigkeiten zweier Punkte der Ebene Ek
liegen auf einer Parallelen zur Verbindungs geraden der beiden Punkte, Bild 3.10.
Satz 2:
Die Sätze von BURMESTER und MEHMKE gelten sinngemäß, Bild 3.11 .
B
c
Bild 3.10
Zu Satz 1 des r v-Plans
Bild 3.11
Zu Satz 2 des r v-Plans: Satz von BURMESTER
3.1 Grundlagen der Kinematik 71
3.1.3.3 Beschleunigungsermittlung
Die Ermittlung der Beschleunigungen entsprechend GI. (3.20) kann graphisch im sog.
Beschleunigungsplan (a-Plan) mit frei wählbarem Ursprung (Pol) 1t erfolgen, Bild 3.12.
rv -Plan
Bild 3.12
~ ", ~/'/ , ' ~ - ,,/
8 G
,
c
B
n
B
a-Plan
BeschleunigungsermittIung im Viergelenkgetriebe
c
b
Von dem in Bild 3.12 dargestellten Viergelenkgetriebe mit Koppelpunkt C ist die Antriebsbeschleunigung äA bekannt. Die Beschleunigung des Punktes C soll bestimmt
werden.
Zuerst ist der Geschwindigkeitszustand der Koppelebene zu ermitteln. Punkt A be
schreibt eine Kreisbahn um Ao. Aus der Normalbeschleunigung ä~ (Projektion von
72 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
aA auf die Gerade AoA) läßt sich der Betrag von vA oder der gedrehten Geschwindig
keit r vA bestimmen.
Es gilt
und r- r- r-vB= VA + VBA'
wobei von r VB und r vBA jeweils nur die Richtungen bekannt sind.
Jetzt wird r VA im Punkt r 0 angetragen und dann durch ra (Endpunkt von r vA) eine
Gerade mit Richtung von r v BA und durch r 0 eine Gerade mit Richtung von r v B ge
zeichnet. Die zwei Geraden schneiden sich in rb. Über den Satz von MEHMKE kann im r v-Plan nun der Punkt r c eingezeichnet werden:
L1 ra rb r c - L1 ABC.
Aus v B und v BA können nun ebenso die Normalbeschleunigungen mit Hilfe der
GIn. (3.19) und (3.18) bestimmt werden. Anschließend wird die Beschleunigungsgleichung
im a-Plan ausgewertet.
Der Ablauf ist analog zu dem Vorgehen im Geschwindigkeitsplan. Erst werden alle Vektoren in den Plan eingetragen, die von Betrag und Richtung her bekannt sind, anschließend die Vektoren, von denen nur die Richtung bekannt ist. Der entstehende Schnittpunkt ist dann b. Über den Satz von MEHMKE (Ähnlichkeit der Dreiecke) wird ac ermittelt.
Der Punkt 1t im a-Plan ist Abbild aller Beschleunigungspole der gegenüber dem Gestell bewegten Getriebeglieder; deswegen läßt sich der a-Plan auch dazu verwenden, den Beschleunigungspol G eines Getriebeglieds im Lageplan zu konstruieren:
L1 ab1t - L1 ABG.
3.1.3.4 Rastpolbahn und Gangpolbahn
Wir betrachten zunächst zwei endlich benachbarte Lagen EI (AIBICI) und E2 (A2B2C2)
einer Ebene E, die aus einer Drehung um den endlichen Drehpol PI2 hervorgegangen sind, Bild 3.13.
3.1 Grundlagen der Kinematik 73
a ) b )
2
b
p
Bild 3.13
Zwei benachbarte Lagen einer Ebene: a) endlich, b) unendlich benachbart
P12 ist der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten zu den Strecken AIA2 und BIB2 bzw. CIC2. Der zugehörige Drehwinkel <j)12 ist für jeden Punkt auf E gleich:
<j)12 = LA1P12A2 = LB1Pl2 B2 = ...
Beim Grenzübergang <j)12 ~ 0 wird aus dem Drehpol P12 der Momentanpol P, der zwei unendlich benachbarte Lagen der Ebene charakterisiert. Die Strecken AIA2 und BIB2
gehen in die Tangenten ta und tb über, der Schnittpunkt der zugeordneten Normalen na
und nb führt auf den Momentanpol P.
Für jede Stellung i der Ebene, repräsentiert durch die Punkte A und B, läßt sich ein Momentanpol Pi angeben. Die Punktfolge Pi liefert in der Gestellebene EI die Rastpolbahn p und in der bewegten Ebene eine Bahnkurve q - die Gangpolbahn - als Punktfolge Qi.
Satz: Eine allgemeine ebene Bewegung kann als das Abrollen zweier Polbahnen p und q aufgefaßt werden.
Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen. Beim Abrollen zweier Kreise beschreibt der Punkt A eine Epizykloide mit der Spitze in P, die Kreise stellen selbst die Polbahrien p und q dar, Bild 3.14. Die Polbahnen des rechtwinkligen Doppelschiebers sind in Bild 3.15 eingezeichnet; sie sind aus der Geometrie des Getriebes leicht angebbar.
74 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Bild 3.14
Gangpolbahn q R astpo lbahn p
Abrollen zweier Kreise als Gang- und Rastpolbahn
Bild 3.15
Polbahnen des rechtwinkligen Doppelschiebers
Polbahnen werden beispielsweise bei der Herstellung von Verzahnungen genutzt; die Evolventenverzahnung fußt auf dem Abrollen einer Geraden auf einem Kreis, die Zykloidenverzahnung auf dem Abrollen eines Kreises auf einer Geraden.
3.2 Relativkinematik
Während die "einfache Kinematik" für eine sukzessive Betrachtung der Bewegung benachbarter Getriebeglieder, die über Drehgelenke miteinander verbunden sind, sehr oft ausreicht, ist dies bei der Kopplung über Schleifen- und Kurvengelenke schon nicht mehr der Fall. Auch der Übergang von einem Getriebeglied mit der Nummer k auf ein nicht benachbartes mit der Nummer k+n (k, n: ganze Zahlen) ist nur mit den Regeln der Relativkinematik zu bewältigen.
Dazu werden die Bewegungen dreier Ebenen Eh Ej , Ek (dreier eben bewegter Getriebeglieder) betrachtet, die nicht miteinander gelenkig gekoppelt sein müssen. Jede Ebene hat ein eigenes (körperfestes) Koordinatensystem x., y., z. mit Ursprung 0* (* = i, j,
k). Im speziellen Fall i, j, k = 1, 2, 3 ist EI gewöhnlich die feste Bezugsebene (Gestell) mit dem Inertialkoordinatensystem XI == X, YI == y, Zl == z und Ursprung °1 == 0,
Bild 3.16.
3.2 Relativkinematik 75
Bild 3.16
Drei bewegte Ebenen mit momentan gemeinsamem Punkt A
Der Punkt A kann momentan allen drei Ebenen zugeordnet werden; eine im Punkt A angesetzte Nadel hinterläßt drei Löcher in den Ebenen EJ, E2 und E3: A = AI = A2 = A3 ! Der Punkt A3 als Punkt der Ebene E3 bewegt sich gegenüber der Ebene E2, die sich wiederum gegenüber der Ebene EI bewegt. Diese Bewegungen werden
- Relativbewegung EJiE2,
- Führungsbewegung E21EJ,
- Absolutbewegung E31E1
genannt.
3.2.1 Geschwindigkeitszustand
Für die Geschwindigkeit des Punktes A erhält man
(3.32)
oder
V A31 = V A21 + V A32 . (3.33)
Bild 3.17 veranschaulicht diese Gleichung.
76 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Man nennt
V A3l die Absolutgeschwindigkeit,
V A2l die Führungsgeschwindigkeit,
V A32 die Relativgeschwindigkeit
des Punktes A.
3
I I
1'y~ 1I 1
I
Al: ,(////
H r-A2.:
2 A3: ~
3
Bild 3.17
Geschwindigkeitsverhältnisse bei der Bewegung der drei Ebenen EJ, E2 und E3
Allgemein gilt bei der Bewegung dreier Ebenen Ej, Ej , Ek für einen beliebigen Punkt:
Dabei ist die Indexreihenfolge wichtig, es gilt z.B.
Analog gilt für die Winkelgeschwindigkeiten dreier Ebenen Ej, Ej , Ek:
roij +rojk + roki = Ö
(3.34)
(3.35)
(3.36)
3.2 Relativkinematik
mit z.B.
00 .. =-00·· 1J J1
und im speziellen Fall i, j, k = 1,2,3
00 31 = ro21 + ro32 .
77
(3.37)
(3.38)
Der Momentanpol Pik = Pki der Relativbewegung EklEi bzw EilEk hat keine Geschwindigkeit:
(V ) - Ö Pik ki - .
Dazu liefert GI. (3.34) die Identität
(V ) = (v ) bzw (v ) = (v ) Pik ij Pik kj . Pik ji Pik jk'
die mit Hilfe des Kreuzproduktes auch in der Form
ro·· x p··p·k = ook X Pk P k 1J 1J 1 J J 1
geschrieben werden kann I.
Daraus folgt der
Satz von KENNEDY/ARONHOLD:
(3.39)
(3.40a)
(3.40b)
Die drei Momentanpole Pij' Pik und Pjk dreier bewegter Ebenen (Getriebeglieder) Ei, Ej und Ek liegen stets auf einer Geraden.
Dieser Satz heißt einfach auch Dreipolsatz.
Im Rückblick auf Bild 3.17 liefert GI. (3.40)
Die skalare Auswertung der GI. (3.40b) führt auf allgemeine MomentanÜbersetzungsverhältnisse zwischen den bewegten Ebenen:
oder
78 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
(3.42) ü) kj Pij Pik ü) jk
Die Indizes i, j, k sind beliebig kombinierbar. Besonders wichtig sind die Übersetzungsverhältnisse gegenüber dem Gestell i = 1:
. _ 1 _ ü) jl _ Pik Pjk Ijk --.-----=.
lkj ü)kl P1ljk
3.2.2 Beschleunigungszustand
Durch Ableiten von GI. (3.34) nach der Zeit erhält man formal
äij + ä jk + ä ki = Ö
bzw.
(3.43)
(3.44a)
(3.44b)
Die Beschleunigungen äki und ä ji können - sofern die Bahnkurven des betrachteten
Punktes A bei den relativen Ebenenbewegungen EklEi und EjlEi bekannt sind - in ihre Normal- und Tangentialanteile zerlegt werden. Das gleiche gilt für EklEj , allerdings
kommt in diesem Fall die sog. Coriolisbeschleunigung ä~j hinzu:
(3.45)
mit
(3.46)
bzw.
(3.47)
Die drei Vektoren ä~j' Wji und Vkj bilden entsprechend GI. (3.46) ein rechtshändiges
Dreibein, Bild 3.18.
3.2 Relativkinematik 79
Bild 3.18
Orientierung der Coriolisbeschleunigung
Für den speziellen Fall i, j, k = 1, 2, 3 nennt man
aA3! die Absolutbeschleunigung,
aA2! die Führungsbeschleunigung,
a A32 die Relativbeschleunigung
des Punktes A.
Die Coriolisbeschleunigung tritt stets dann auf, wenn
1. beide Bewegungen EklEj und EjlEi existieren,
2. die Bewegung EjlEi keine alleinige Translation darstellt (& ji -:I- Ö!),
3. der Punkt A nicht mit dem Momentanpol Pjk zusammenfallt (Vkj -:I- Ö!).
Lehrbeispiel Nr. 3.1: Kinematik der zentrischen Kurbelschleife
Bild 3.19
Bezeichnungen an der zentrischen Kurbelschleife
80 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
AufgabensteIlung:
Die in Bild 3.19 skizzierte zentrische Kurbelschleife wird mit der Winkelgeschwindig
keit wan = W21 und der Winkelbeschleunigung ä an = ä 21 == 0>21 angetrieben. Für gege
bene Abmessungen sind in der gezeichneten Lage die Abtriebswinkelgeschwindigkeit
wab = W41 sowie die Beschleunigung äA41 des Punktes A als Punkt des Abtriebsglieds 4
. cm cm/s M 2 zu bestImmen (Maßstäbe: M z = 1 --, Mv = 1 -- M a = __ V).
cmz cm z M z
Lösung:
a)
b)
c)
Bild 3.20
Graphische Geschwindigkeits- und Beschleunigungsermittlung für die zentrische Kurbelschleife: a) Lageplan (vgl. Bild 3.19), b) v-Plan, c) a-Plan
3.2 Relativkinematik 81
Mit Hilfe von GI. (3.34) erhält man für i, j, k = 1, 3,4
V A41 = V A31 + V A43 '
~
wobei stets v A31 == V A21 = 00 21 X AoA gilt, da der Punkt A das verbindende Drehgelenk
23 zwischen den Gliedern 2 und 3 darstellt. Da die Richtung der Relativgeschwindigkeit
v A43 mit der Richtung des Schleifenhebels BoA übereinstimmt und v A41 senkrecht
darauf steht, läßt sich das Geschwindigkeitsdreieck vektoriell-analytisch oder graphisch auswerten, Bild 3.20b. Danach errechnet sich die Winkelgeschwindigkeit 0)41 aus der
GI. (3.14) zu
0)41 = V A41 I BoA.
Der Richtungssinn (Vorzeichen) stimmt mit demjenigen von V A41 überein.
Satz:
Die Gleichungen der "einfachen Kinematik" gelten für einen Summanden in der Vektorgleichung (3.34) für die Geschwindigkeit oder (3.44) für die Beschleunigung nur dann, wenn einer seiner Doppelindizes mit der Zahl 1 das Gestell kennzeichnet.
Auf der Beschleunigungsstufe ergibt sich nach GI. (3.45)
- _ - -t -n - ~ 2 ~ wobei aA31 = a A21 = aA21 + aA21 = (X21 x AoA - 0)21 AoA gültig und gegeben ist
(GI. (3.17a) für A ~ Ao und B ~ A).
Im folgenden werden die Vektoren links und rechts vom letzten Gleichheitszeichen der vorstehenden Gleichung zum Schnitt gebracht, Bild 3.20c.
Vom Vektor ä~41 ist die Richtung bekannt, nämlich senkrecht zum Schleifenhebel BoA
(Drehung um Bo), vom Vektor ä~41 sowohl die Richtung (von A auf Bo weisend) als
auch der Betrag a~41 = (v A41)2 I BoA (GI. (3.3)).
Auf der Geraden des Schleifenhebels verschwindet die relative Normalbeschleunigung
ä~43 und somit auch ro 34 ' so daß der relative Beschleunigungsvektor aA43 übergeht in (GI. (3.46))
82 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Der Beschleunigungsanteil ä~43 hat die gleiche Richtung wie die schon ermittelte Re
lativgeschwindigkeit v A43 ' nämlich die des Schleifenhebels BoA. Der Term ganz rechts
in der vorstehenden Gleichung repräsentiert die Coriolisbeschleunigung, die sich aus der
GI. (3.36) hinsichtlich 0)31 == 0)41 (0)34 = Öl) und aus der bereits ermittelten Ge-
schwindigkeit v A43 zusammengesetzt.
3.3 Übungsaufgaben
Aufgabe 3.1:
Ein Viergelenkgetriebe habe die Abmessungen
AoA = 32mm, AB = 48mm, BoB = 56mm, AoBo = 50mm.
1 1
Aufgabe 3.2:
B Die Antriebswinkelgeschwindigkeit (0 == <p sei konstant.
a) Ermitteln Sie das Übersetzungsverhältnis von Antrieb zu Abtrieb und den Momentanpol der Koppel AB, wenn der Antriebswinkel in der gezeichneten Stellung <p = 60° be-
trägt.
b) Das Übersetzungsverhältnis sowie der Momentanpol der Koppel sind zu ermitteln, wenn sich das Getriebe in der äußeren Totlage befindet (Ao, A, B liegen auf einer Geraden, A liegt zwischen Ao und B).
Ein Planetengetriebe besteht aus Sonnenrad (2), Hohlrad (3), drei Planetenrädern (4) und dem die Planetenräder verbindenden Radträger (5), alle drehbar um die Achse 12 gelagert. Unter anderem sind folgende Fälle möglich:
3.3 Übungsaufgaben 83
I) Antrieb am Sonnenrad 2, Hohlrad 3 steht still, Abtrieb am Glied 5
11) Antrieb am Hohlrad 3, Sonnenrad 2 steht still, Abtrieb am Glied 5
Aufgabe 3.3:
1
Gegeben sind die Radien r2, r3, r4, rs.
Ermitteln Sie für beide Fälle:
a) den Momentanpol P14 der Plane
tenräder 4,
b) die Winkelgeschwindigkeit 0)41 der
Planetenräder 4,
c) die Geschwindigkeit VM des Mittelpunktes der Planetenräder 4,
d) das Übersetzungsverhältnis i zwischen dem antreibenden Rad und dem Abtriebsglied 5.
/"' 1
Das abgebildete Schubkurbelgetriebe dient zur Umwandlung einer Drehung- in eine Schiebung und wird z.B in Verbrennungsmotoren eingesetzt. Die Kurbel AoA drehe
sich mit cP21 == 0)21 = 1 rad I sund ro 2l == a 2l = 0,5 rad I S2 .
Ermitteln Sie zeichnerisch für die skizzierte Lage:
a) die Geschwindigkeiten aller Systempunkte im v-Plan,
b) die Geschwindigkeiten aller Systempunkte im r v-Plan,
e) die Beschleunigungen aller Systempunkte im a-Plan.
84 3 Geometrisch-kinematische Analyse ebener Getriebe
Aufgabe 3.4:
c
~ o
1 1t.
1
Das abgebildete sechsgliedrige Getriebe dient als Antrieb einer HorizontalStoßmaschine. Das Antriebsglied 2 dreht mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit
0)21·
Für die gezeichnete Stellung (CP2 = 45°) und das über 0)21 gegebene v A21 sind zu er
mitteln:
a) die Geschwindigkeiten aller Systempunkte,
b) die Beschleunigungen aller Systempunkte.
cm crnjs (Maßstäbe: M z = 1--, Mv = 1--)
cmz cmz
4 Numerische Getriebeanalyse
Mit den bisher angesprochenen Berechnungsmethoden lassen sich die jeweils interessierenden kinematischen Größen wie Lage, Geschwindigkeit und Beschleunigung der Getriebe glieder nur für eine einzelne Stellung des Getriebes berechnen. Die Analyse eines Getriebes für eine Bewegungsperiode ist somit sehr zeitaufwendig, zumal die zeichnerisch-anschaulichen Verfahren komplizierter zu programmieren sind. Für die Berechnung mit dem Computer sind daher andere Ansätze notwendig.
In diesem Kapitel werden zwei Methoden vorgestellt, die sich besonders für die numerische Getriebeanalyse eignen, da sie einfach zu programmierende Algorithmen benutzen:
• Analvtisch-vektorielle Methode
• Modulmethode
Die erste Methode setzt die Formulierung der vektoriellen Geschlossenheitsbedingung(en) für ein Getriebe voraus, aus denen sich die für ein Getriebe typische Funktionalmatrix aufbauen läßt, nämlich die JACOBI-Matrix oder Matrix der partiellen Übertragungsfunktionen 1. Ordnung. Da die meisten ebenen (und auch räumlichen) Getriebe eine oder mehrere geschlossene kinematischen Ketten zur Grundlage haben, ergeben sich die Geschlossenheitsbedingungen fast automatisch. Die Gleichungen für die Lage eines Getriebes sind wegen der auftretenden trigonometrischen Funktionen in den x- und y-Komponenten der vektoriellen Geschlossenheitsbedingungen allerdings fast immer nur iterativ zu lösen. Die Erweiterung der analytisch-vektoriellen Methode auf die Berechnung von Koppelkurven (Bahnen einzelner Getriebepunkte) ist wiederum sehr einfach, ebenso wie die Ermittlung von Geschwindigkeiten und Beschleunigungen.
Die zweite Methode zerlegt ein Getriebe in einfachere Bauformen (Elementargruppen), die für sich kinematisch (und kinetostatisch) bestimmt sind, d.h. deren kinematische Ausgangsgrößen sich bei bekannten kinematischen Eingangsgrößen eindeutig berechnen lassen. Diese Modulmethode bleibt für exakte, geschlossen-analytische Lösungen allerdings auf Zweischläge als Elementargruppen beschränkt und ist in der Richtlinie VDI 2729 umfassend beschrieben.
Beide Methoden werden im Programm MGA (Modulare Getriebeanalyse) zur kinematischen Analyse von ebenen Getrieben mit Dreh- und Schubgelenken benutzt, auf das im Vorwort bereits hingewiesen wurde.
86 4 Numerische Getriebeanalyse
4.1 Analytisch-vektorielle Methode
Von einem Getriebe seien alle geometrischen Abmessungen sowie die Antriebsgrößen, d.h. deren Lage, Geschwindigkeit und Beschleunigung, bekannt. Gesucht sind die kinematischen Größen (Winkel und Wege sowie deren zeitliche Ableitungen) aller bewegten Getriebeglieder .
Bei der analytisch-vektoriellen Methode werden Gleichungen erstellt, die das Getriebe vollständig geometrisch beschreiben und alle bekannten und unbekannten Größen (<Pi' CPi ,<Pi' si' Si' Si) enthalten. Die Nullstellen dieser Gleichungen und damit die unbe
kannten kinematischen Größen werden dann numerisch ermittelt.
Die entsprechenden Gleichungen erhält man durch die Formulierung von Geschlossenheitsbedingungen bzw. Zwangsbedingungen. Als Beispiel sei eine einfache Schubkurbel betrachtet (Bild 4.1).
y
A
o-~"'--------IV f-L--P--X
Bild 4.1
Bezeichnungen an einer zentrischen Schubkurbel für die analytisch-vektorielle Methode. Mit e sind die Einheitsvektoren auf den Verbindungsgeraden der Gelenke bezeichnet.
Von dieser Schubkurbel seien die folgenden Abmessungen gegeben:
AoA = a = r2
AB = b = r3
Gesucht sind zunächst die unbekannten Größen <P3 und SI.
Die Geschlossenheitsbedingung fordert anschaulich, daß das Getriebe nicht auseinanderfällt, da die Getriebeglieder gelenkig miteinander verbunden sind. Ordnet man den Getriebegliedern Vektoren in der x-y-Ebene zu, so bedeutet die Geschlossenheitsbedingung, daß diese Vektoren sich zum Nullvektor ergänzen müssen:
4.1 Analytisch-vektorielle Methode
AoA· e2 - AB· e3 - SI . e x = Ö
oder
87
(4.1)
Die letzten Terme der Gi. (4.1) sind negativ, weil Glied 3 und die Gestellgerade AoB
entgegen der positiven Richtung der Einheitsvektoren e3 und e x durchlaufen werden.
Drückt man die Einheitsvektoren mit Hilfe der Winkel aus, erhält man die Vektorform
4> = r2 . [:~:::] - r3 -[ :~:::] - [ ~ ] = [~] . (4.2)
Gi. (4.2) kann aufgespalten werden in zwei Gleichungen; dies entspricht der Projektion der Vektoren auf die x- bzw. y-Achse:
<1>1 = r2 . COSCj>2 - r3 . cosCj>3 - SI = 0
<1>2 = r2 . sin Cj>2 - r3 . sin Cj>3 = 0
(4.3)
In diesen beiden Gleichungen sind alle bekannten und unbekannten Winkel und Wege enthalten. Alle Kombinationen von Sb Cj>2 und Cj>3, die Gi. (4.3) zu null werden lassen, sind mögliche Lagen des Getriebes. Da Cj>2 als Antriebswinkel bekannt ist, reichen zwei Gleichungen zur Berechnung der Unbekannten SI und Cj>3 aus. Jede Zwangsbedingung in der Form der Gi. (4.1) liefert zwei Gleichungen zur Bestimmung der Unbekannten. Für die Berechnung von jeweils zwei Unbekannten des Getriebes benötigt man also eine Zwangsbedingung bzw. Schleifengleichung. Bei ebenen Getrieben mit n Gliedern und g Gelenken vom Freiheitsgrad f = 1 beträgt die Anzahl p der notwendigen Zwangsbedin-gungen
p = g- (n -1). (4.4)
Höhere Elementenpaare mit f = 2 (Kurvengelenke ) müssen jeweils durch binäre Glieder mit zwei Gelenken mit f = 1 ersetzt werden, um die Gi. (4.4) anwenden zu können.
Die Zwangsbedingungen liefern also ein System von 2 p nichtlinearen Gleichungen mit
2 p Unbekannten, das in allgemeiner Form lautet:
4>(q) = Ö. (4.5)
<I> ist der Vektor der 2 p Zwangsbedingungen, q der Vektor der 2 p Unbekannten.
Dieses Gleichungssystem kann fast immer nur iterativ gelöst werden. Im Fall der Schubkurbel ist eine geschlossen-analytische Lösung der Gi. (4.3) angebbar, die somit zum Vergleich mit der iterativen Lösung herangezogen werden kann.
88 4 Numerische Getriebeanalyse
4.1.1 Iterative Lösung der Lagegleichungen
Die Nullstellen nichtlinearer Gleichungssysteme lassen sich in der Regel nicht direkt ermitteln. Eine Möglichkeit zur numerischen Lösung solcher Gleichungssysteme ist die Iterationsmethode nach NEWTON-RAPHSON, die anhand eines einfachen, zweidimensionalen Beispiels erläutert werden soll [4.1].
In Bild 4.2 ist eine Funktion f(x) dargestellt, deren Nullstelle gesucht ist. Ausgehend
vom Startwert Xi' für den also der Funktionswert f(xi) und die Ableitung f'(xi) be
kannt sind, ist eine Näherung für die Nullstelle gegeben durch
f(Xi)+f'(Xi)·ilx=O. (4.6)
Daraus erhält man
ilx=_f(Xi) . f'(xi)
x
(4.7)
Bild 4.2
~x I
'.. ." I I
Nullstellensuche bei einer V ariabIen
Formal kommt man auf dasselbe Ergebnis, wenn man die Funktion f um den Startwert Xi in eine TAYLOR-Reihe entwickelt, d.h.
f( A) f( ) f'( f"(Xi) 2 Xi +L1X = Xi + xi)·ilx----·ilx + ... =0, 2!
(4.8)
und nach dem linearen Glied abbricht. Aufgelöst nach ilx erhält man
4.1 Analytisch-vektorielle Methode 89
(4.9)
Einen verbesserten Wert für die Nullstelle x erhält man durch die Iterationsvorschrift
(4.10)
Mit diesem Xj+1 berechnet man erneut Ax und verbessert so die Näherung der Null
stelle schrittweise. Die Iteration wird abgebrochen, wenn Ax betragsmäßig eine bestimmte vorgegebene Grenze f. unterschreitet-
- oder wenn f(x) betragsmäßig gegen null konvergiert
If(xj+I)I< f.
- oder eine bestimmte Anzahl von Iterationen erreicht ist.
4.1.2 Erweiterung auf den mehrdimensionalen Fall
(4.11)
(4.12)
Ebenso wie die Funktion f mit einer Variablen kann die n-dimensionale Vektorfunktion
cl> = (<1>1' <1>2'"'' <I> n) T in eine TA YLOR-Reihe entwickelt werden, die nach den linea
ren Gliedern abgebrochen wird:
rl.(- A - rl. - acl>«L) A - rl. - J(-) A - -0 -vqj+uq)=-v(qj)+ ... _ uq- ... =-v(qj)+ qj uq+ ... = . uqj
(4.13)
acl>(q.) . . Der Term 1 Wird JACOBI-Matrlx J genannt. Für das Beispielgetriebe aus
aqj
Bild 4.1 lautet die JACOBI-Matrix
(4.14)
Den Vektor Aq = (Aq I ,Aq 2 , .•• ,Aq n ) T errechnet man aus
(4.15)
und den neuen Vektor qj+1 aus
90 4 Numerische Getriebeanalyse
(4.16)
Die Iteration wird abgebrochen, wenn eine der Bedingungen (4.11) oder (4.12) für alle n Komponenten erfüllt ist, d.h.:
ILlql < e oder
1<I>(qi+l)1 < e .
In Bild 4.3 ist der gesamte Ablauf zusammengefaßt.
(4.17)
(4.18)
Kennzeichnend für das NEWTON-RAPHSON-Verfahren ist eine schnelle Konvergenz in der Nähe der Nullstellen. Da aber gleichsam mit Hilfe des Gradienten auf die Nullstelle "gezielt" wird, ist ein guter Startwert, d.h. ein qo in der Nähe der Lösung, not-
wendig. Diesen kann man z.B. einer maßstäblichen Zeichnung des Getriebes entnehmen. Ist der Startwert dagegen zu weit von der Lösung entfernt, besteht die Gefahr, daß das Iterationsverfahren versagt.
4.1.3 Berechnung der Geschwindigkeiten
Durch Differentiation der GI. (4.5) nach der Zeit erhält man allgemein die Bestimmungsgleichung für die Geschwindigkeiten. Für das Beispielgetriebe aus Bild 4.1 gilt für die Ableitung der GI. (4.3):
eil l == - r2 . <P2 . sin <1>2 + r3 . <P3 . sin <1>3 - s, = 0
<1>2 == r2' <P2 . COS<l>2 - r3 . <P3 . COS<l>3 = 0 (4.19)
Ordnet man die Gleichung nach BekanntenlUnbekannten, ergibt sich (<P2 ist ebenso wie
<1>2 gegeben)
- I] [<P3] [r2 ' <P2 . sin <1>2 ] o . s, = - r2 . <P2 . COSCP2 . (4.20)
4.1 Analytisch-vektorielle Methode
nein
ja i > imax ? >----,
91
Bild 4.3
Ablaufplan der NEWTON-RAPHSONIteration
Offensichtlich liegt hier ein lineares Gleichungssystem für die Geschwindigkeiten <P3
und sJ vor, das sich z.B. mit Hilfe des GAUSS-Verfahrens lösen läßt [4.1]. Die Koeffi
zientenmatrix in GI. (4.20) stimmt mit der JACOBI-Matrix aus GI. (4.14) überein, so daß diese nur einmal berechnet werden muß. Einzig die rechte Seite des Gleichungssystems ist neu zu berechnen. Sind die unbekannten Lagevariablen bekannt (durch die Iteration der Lagegleichungen), ist auf der Geschwindigkeitsstufe keine Iteration mehr notwendig.
92 4 Numerische Getriebeanalyse
4.1.4 Berechnung der Beschleunigungen
Nochmaliges Differenzieren von Gl. (4.19) nach der Zeit führt zu den Gleichungen der Beschleunigungsstufe:
<D 1 ;: -r2<P2 sin<j>2 - r2<i>/ COS<j>2 + r3<P3 sin<j>3 + r3<i>/ COS<j>3 - SI = 0
<1>2 ;: r2<P2 COS<j>2 - r2CP2 2 sin<j>2 - r3<P3 COS<j>3 + r3CP3 2 sin<j>3 = 0 (4.21)
Bei bekannten Antriebsgrößen <j>2' CP2' <P2 kommt durch Ordnen das Gleichungssystem
(4.22)
zustande. Gl. (4.22) unterscheidet sich nur in der rechten Seite von Gl. (4.20). Analog zu Gl. (4.20) können durch Inversion der JACOBI-Matrix die unbekannten Beschleunigungen errechnet werden.
Lehrbeispiel Nr. 4.1: Sechsgliedriges Getriebe mit Abtriebsschieber
Bild 4.4 X Bezeichnungen 1
16 sechsgliedrigen triebe
Das Getriebe besteht aus 6 Gliedern und 7 Gelenken mit f = 1. Folglich sind
p = g - (n -1) = 7 - (6 -1) = 2
am Ge-
4.1 Analytisch-vektorielle Methode 93
Zwangs bedingungen (= Schleifengleichungen) notwendig. Der Freiheitsgrad des Getriebes ist aber
F = b· (n -1) - I Uj = 3· (6 -1) - (7·2) = 15 -14 = 1
Hinweis: Man kann nicht vom Freiheitsgrad auf die Anzahl der für die Iteration notwendigen Gleichungen schließen.
Die beiden Schleifen ergeben sich durch zwei unterschiedliche Durchläufe durch das Getriebe:
Schleife 1: r2 e2 + r3e3 - rses - r, ey - r6ex = Ö
Schleife 2: r7 e7 + rses - r4 e4 - r, ey - r6ex = Ö (4.23)
Projiziert man diese Schleifengleichungen auf die x- und y-Achse, erhält man die vier Lagegleichungen:
<1>, ;: r2 COS<l'2 + r3 cos<l'3 - rs cos<l's - f6 = 0,
<1>2 ;: r2 sin <1'2 + r3 sin <1'3 - rs sin <l's - r, = 0,
<1>3 ;: r7 COS<l'7 + rs cos<l's - r4 COS<l'4 - r6 = 0,
<I> 4 ;: r7 sin <1'7 + rs sin <1'5 - r4 sin <1'4 - r, = O.
(4.24)
Mit <1'2 als (bekanntem) Antriebswinkel enthält GI. (4.24) insgesamt sechs Unbekannte
(<I'3,<I'4,<I's,<I'7,<I's,r6). Weil die Getriebeglieder 2 und 4 starr sind, gelten zwischen
den Winkeln <1'2 und <1'7 sowie <1'4 und <l's folgende Beziehungen:
<1'7 = <1'2 + ß2
<l's = <1'4 + ß4
mit ß2 und ß4 als konstanten Winkeln.
(4.25)
Durch Einsetzen von GI. (4.25) in GI. (4.24) lauten die Geschlossenheitsbedingungen des Getriebes:
(4.26)
94 4 Numerische Getriebeanalyse
Die Anzahl der Unbekannten beträgt nun vier ( <P3' <P4' <Ps, r6 ), so daß GI. (4.26) mit Hil
fe des NEWTON-RAPHSON-Verfahrens iterativ lösbar ist.
Die für die Iteration notwendige JACOBI-Matrix lautet
[
-r3sin<P3 r8sin(<P4+ß4)
J = a~((D = r3 COS<P3 - r8 COS(<P4 + ß4)
aq 0 r4 sin<P4
o - r4 cos<P4
Die Gleichungen der Geschwindigkeitsstufe sind jetzt:
o o
- r5 sin <Ps
rs cos<ps
-r2<P2 sin <P2 - r3<P3 sin <P3 + r8<P4 sin( <P4 + ß4) - [6 = 0
r2<P2 COS<P2 + r3<P3 COS<P3 - r8<P4 COS(<P4 + ß4) = 0
- r7<P2 sin( <P2 + ß2) - r5<PS sin <Ps + r4<P4 sin <P4 - [6 = 0
r7 <P2 cos( <P2 + ß2) + r5<P5 cos<P5 - r4<P4 cos<P4 = 0
-1] ~1 (4.27)
(4.28)
Alle Terme in GI. (4.28), die nur bekannte Größen enthalten, werden auf die rechte Seite der Gleichung gebracht:
(4.29)
Differenziert man GI. (4.28) ein weiteres Mal nach der Zeit, erhält man die Gleichungen der Beschleunigungsstufe:
4.1 Analytisch-vektorielle Methode
... . 2 ... . 2 - r2«>2 sm «>2 - r2«>2 cos«>2 - r3«>3 sm «>3 - r3«>3 cos«>3 +
+rg(P4 sin( «>4 + ß4) + rg<p/ COS(<(>4 + ß4) - (6 = 0
.. . 2 . .. . 2 . r2«>2 COS«>2 - r2«>2 sm«>2 + r3«>3 CO~«>3 - r3«>3 sm«>3-
- rg(p4 cos( «>4 + ß4) + rg<p/ sin( «>4 + ß4) = 0
- r7(P2 sin( «>2 + ß2) - r7<P2 2 cos( «>2 + ß2) - rs(ps sin «>5 -
- rs<ps 2 cos«>s + r4(P4 sin«>4 + r4<p4 2 COS«>4 - (6 = 0
r7 (P2 COS(<(>2 + ß2) - r7<P2 2 sin(<(>2 +ß2) +rs(ps cos«>s
- rs<p/ sin «>5 - r4(P4 COS«>4 + r4<p/ sin «>4 = 0
Durch Ordnen nach bekannten und unbekannten Größen ergibt sich
Jr~} r2(P2 sin«>2 + r2<P2 2 COS«>2 + r3<P3 2 COS«>3 - rg<p/ COS(<(>4 + ß4)
- r2(P2 COS«>2 + r2<P2 2 sin «>2 + r3<P/ sin «>3 - rg<p/ sin( «>4 + ß4)
r7 (P2 sin( «>2 + ß2) + r7 <p/ cos( «>2 + ß2) + rs<p/ cos«>s - r4<p4 2 COS«>4
- r7 (P2 cos( «>2 + ß2) + r7<p/ sin( «>2 +ß2) + rs<p/ sin «>5 - r4<p/ sin «>4
95
(4.30)
(4.31)
Durch iteratives Lösen der GI.(4.24) errechnet man im ersten Schritt alle unbekannten Winkel, um danach durch Inversion von GI. (4.29) die unbekannten Geschwindigkeiten, durch Inversion von GI. (4.31) die unbekannten Beschleunigungen zu errechnen.
4.1.5 Berechnung von Koppel- und Vektorkurven
Die Iterationsmethode liefert nicht direkt die kinematischen Größen einzelner Getriebepunkte. Diese können aber leicht in einer Nachlaufrechnung ermittelt werden. Für das Lehrbeispiel Nr. 4.1 soll die Bahn, Geschwindigkeit und Beschleunigung des Gelenkpunktes B" berechnet werden.
96
Für die Koordinaten x B'" Y B" in Bild 4.4 gilt
XB" = r7 COS(<I>2 + ß2) + r5 COS<l>5'
YB" = r7 sin(<I>2 + ß2) + r5 sin<l>5
oder
XB" = r6 + r4 COS<l>4 ,
YB" = rl + r4 sin<l>4'
4 Numerische Getriebeanalyse
(4.32)
(4.33)
Die Geschwindigkeit und Beschleunigung des Punktes B" erhält man durch Differenzieren von z.B. GI. (4.33):
XB" = f6 -r4<;>4 sin<l>4
YB" = r4<;>4 COS<l>4
.. .. ". . 2 XB" =r6-r4<1>4sm<l>4-r4<1>4 COS<l>4 .... . 2 . YB" = r4<1>4 COS<l>4 - r4<1>4 sm<l>4
4.1.6 Die Bedeutung der JACOBI-Matrix
(4.34)
Für die kinematische Beschreibung von Getrieben hat die JACOBI-Matrix eine zentrale Bedeutung.
Mathematisch gesehen beschreibt die JACOBI-Matrix die partiellen Steigungen der Getriebegliedlagen, d.h. partielle Übertragungsfunktionen 1. Ordnung. Die Schleifengleichungen sind für jede Kombination von Unbekannten (Winkel und Wege) erfüllt, die zu einer zulässigen Lage des den Gleichungen zugrunde liegenden Getriebes gehören. Bei einem Getriebe mit einem Freiheitsgrad F = 1 entspricht dies einer Kurve, bei F = 2 einer Fläche im Raum. Jede Lage des Getriebes liegt auf dieser Kurve. Die JACOBIMatrix gibt nun in jedem Punkt der Kurve die Steigung an. Parameter dieser Kurve ist die Antriebskoordinate, d.h. sinngemäß, die Antriebskoordinate bestimmt, auf welchem Punkt der Kurve man sich befindet. Bei umlauffähigen Getrieben sind die Kurven geschlossen. Bei dem in Bild 4.5 skizzierten sog. Phasendiagramm handelt es sich um die Darstellung "Schubweg SI über Koppelwinkel <1>3" der zentrischen Schubkurbel, vgI.
Bild 4.1.
4.1 Analytisch-vektorielle Methode 97
o ,3 S
<1>2 o ,3 0
t o ,2 S
S '"""::. 0,2 0
'"
o ,I S
o ,I 0
1 SO 1 60 1 7 0 1 8 0 1 90 200 2 1 0
Bild 4.5
"Phasendiagramm" einer Schubkurbel (Antrieb durch Kurbel)
Die JACOBI-Matrix enthält somit alle notwendigen Informationen über das Bewegungsverhalten des Getriebes. Sie stellt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Antriebs- und Abtriebskoordinaten her.
Immer dann, wenn dieser eindeutige Zusammenhang verlorengeht, z.B. wenn das Getriebe sperrt oder zusätzliche Bewegungsfreiheiten gewinnt, ist die Determinante der JACOBI-Matrix null. Man nennt dies eine singuläre Stellung des Getriebes. Das soll am Beispiel der Schubkurbel gezeigt werden.
Die Schleifengleichungen der Schubkurbel werden hier nochmals angegeben:
<1>1 == r2 . COS(j>2 - r3 . cos(j> 3 - SI = 0,
<1>2 == r2 . sin (j>2 - r3 . sin (j>3 = O.
Wenn der Antrieb am Schieber erfolgt, lautet die JACOBI-Matrix:
[- r2 . sin (j>2
J s = r2 . COS(j>2
Für die Determinante gilt
det(J s) = r2r3 sin (j>2 cos(j>3 - r2 r3 cos(j>2 sin (j>3'
(4.35)
(4.36)
(4.37)
In den Totlagen (VB = 0) der zentrischen Schubkurbel ist (j>2 = (j>3 = 0 bzw. 1t, und
damit wird die Determinante in diesen Stellungen
98 4 Numerische Getriebeanalyse
(4.38)
Anschaulich bedeutet dies, daß vom Schieber aus die Kurbel nicht bewegt werden kann; das Getriebe sperrt! Andererseits kann man die Antriebskurbel (differentiell) verdrehen, ohne daß sich der Schieber bewegt. Dieser Effekt wird in Kniehebelgetrieben ausgenutzt.
Bildet man die JACOBI-Matrix für den Fall, daß der Antrieb an der Kurbel erfolgt, so erhält man für die Determinante (vgl. GI. (4.14»
(4.39)
Die Determinante wird für <1>3 = rr/2 null. Dieser Fall kann nur dann eintreten, wenn r2 = r3 ist. Für den Normalfall r2 < r3 erreicht die Schubkurbel niemals eine singuläre Stellung, wenn an der Kurbel angetrieben wird.
4.2 Modulmethode
Bild 4.6
Ps
P6 ~6 ls
P4 EG Zweischlag
EG Drehantrieb
Zerlegung eines ebenen Getriebes in Elementargruppen (EG)
Ply\ Pg
EG Zweischlag
EG Abtriebsschieber
Ebene Getriebe bestehen gewöhnlich aus einer Reihe von einfachen Baugruppen, die kinematische Elementargruppen [4.2] genannt werden. Die Elementargruppen sind ki-
4.2 Modulmethode 99
nematisch bestimmt, d.h. es existiert ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den kinematischen Eingangs- und Ausgangsgrößen. In Bild 4.6 sind die Elementargruppen eines achtgliedrigen Getriebes dargestellt.
Die Eingangs- und Ausgangsgrößen jeder Elementargruppe, z.B. die x-y-Koordinaten eines Punktes P sowie deren Ableitungen nach der Zeit oder ein Winkel w oder ein
Weg s mit zeitlichen Ableitungen werden im Vektor P bzw. W oder S zusammengefaßt. Die Ausgangsgrößen einer EG sind die Eingangsgrößen einer anderen EG. Dadurch kann das Getriebe durch sukzessives Abarbeiten der EG vollständig berechnet werden, ohne daß weitere Zwischenrechnungen notwendig sind. Die Rechenreihenfolge für das Getriebe in Bild 4.6 ist beispielsweise:
Elementargruppe Eingangsgrößen Ausgangsgrößen
Drehantrieb DAN 11 'p1,Wan P2
Abtriebsschieber DDS 12'p2,P7 'p8 P3
Zweischlag DDD 13,14'p3,P8 P4
Zwei schlag DDD Is,16,P4'p6 Ps
Diese Vorgehensweise wird Modulare Getriebeanalyse oder kurz Modulmethode nach Richtlinie VDI 2729 genannt. Die Methode ist immer dann anwendbar, wenn
- sich das gesamte Getriebe auf Zweischläge zurückführen läßt,
- die Anzahl der Freiheiten gleich der Anzahl der Antriebe ist,
- bei der betrachteten Getriebestellung alle Antriebsgrößen (Lage, Geschwindigkeit, Beschleunigung) bekannt sind,
- alle Getriebeglieder als starr und alle Gelenke als spielfrei betrachtet werden können.
Diese Voraussetzungen sind bei dem Beispielgetriebe in Bild 4.6 gegeben. Für die computergestützte Getriebeanalyse können die Gleichungen für jede Elementargruppe zu einem Unterprogramm zusammengefaßt werden. Das Hauptprogramm enthält dann nur noch die Deklaration der Variablen und die Aufrufe der Unterprogramme (Module). Die Unterprogramme können leicht innerhalb einer Schleife für die Antriebsgröße(n) aufgerufen werden, so daß jede Stellung des Getriebes berechnet wird.
Im Gegensatz zur Iterationsmethode, bei der zunächst nur Winkel und Wege berechnet werden, erhält man bei der Modulmethode alle kinematischen Größen der Gelenkpunkte, d.h. ihre Koordinaten, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. Winkel und Wege sowie deren zeitliche Ableitungen können mit Hilfsmodulen berechnet werden. Ein
100 4 Numerische Getriebeanalyse
wichtiger Unterschied zur Iterationsmethode ist weiterhin, daß die Modulmethode die exakte und nicht nur eine Näherungslösung liefert. Ein Nachteil der Modulmethode ist die Beschränkung auf Zweischläge. Getriebe wie in Bild 4.7 lassen sich nicht mit der Modulmethode berechnen, weil - entweder die Lage eines Bezugsgliedes nicht unabhängig ist von dem Antrieb, der
relativ zu diesem Bezugsglied eingeleitet wird, oder
- das vom Antrieb befreite ,,Restgetriebe" sich nicht in Zweischläge zerlegen läßt, sondern selbst eine Elementargruppe höherer Baufonn darstellt (Kontrollgleichung: 3n - 2g = 0, s. Abschnitt 5.2.1).
Eine Übersicht über alle in der Richtlinie VDI 2729 vorhandenen Module gibt TafeI4.1. In der Richtlinie sind sämtliche Berechnungsgleichungen in besonders effizienter Fonn aufgeführt.
Anlrieb wirkt auf zwei bewegte Glieder
Bild 4.7
Viergliedrige A nsch luB gruppen
Mit der Modulmethode nicht berechenbare Getriebe (nach VDI 2729)
DDD Zweischlag mit drei Drehgelenken
y
~----------------~x
11,12, K Bild 4.8
Elementargruppe ,,zweischlag" (DDD)
4.2 Modulmethode
Tafel 4.1 Module nach Richtlinie VDI 2729 (Anschlußgelenke: ® )
DAN Drebantrieb SAN Schubantrieb
y
A: y
~ I W +S
Q P, V P P, P, S '
x x
PI P2 VI DDD
Zwei schlag mit drei Zwei schlag mit Schub -Drehgelenken gelenk als Kopplung
y y
L-------------~~x
1l , I2,K
~--~--------~~ x L-______ --= ____ ~~ X
vl , v2, Vi
RPO
y . .• 2J ....... P,
® '\ k "
P .
'--------------~~ x '--------------~~ x
I--:P:-I -:P:-2-:P,------1 S,W PI
FGP Führung eines Glicdpunlctes
y tt-P, _
~ x
P
L-------------~~ x
p
y V @
~® u ~
P, L-____________ ~~ X
~~--~---------4\J~,vp
Skizze
Konstante Eingang.größen
Variable Eingangsgrößen
101
102 4 Numerische Getriebeanalyse
Für einige Elementargruppen ist neben der Eingabe von Punktkoordinaten und Längen auch die Eingabe von Lageparametern notwendig, mit denen die Lage der Getriebeglieder zu einer Bezugsachse angegeben wird. Ein Beispiel dafür ist das Modul "DDD", bei dem der Parameter K angibt, ob der Punkt P ober- oder unterhalb der Bezugsgeraden P\P2 liegt. Das ist notwendig, weil die entsprechenden Abstände des Punktes P von
dieser Bezugsgeraden sich mathematisch nur durch das Vorzeichen einer Quadratwurzel unterscheiden, Bild 4.8.
DAN Drehantrieb
y
~-----,~--------~ X Bild 4.9
~ ~ -PI , P2 , W
~
P Elementargruppe "Drehantrieb" (DAN) mit Zusatzgrößen a und I'
Für die Elementargruppe "Drehantrieb" (DAN) seien nun beispielhaft die Gleichungen hergeleitet, Bild 4.9.
Eingangsgrößen sind alle kinematischen Größen der Punkte PI und P2 , d.h
xpl,yPl, XPI'YPI,X pI 'YPI,X p2 ,YP2,XP2'YP2,XP2'YP2' des Winkels W (w,w,w) und
die Länge I der Kurbel. Ausgangsgrößen sind alle kinematischen Größen des Punktes P (xp,yp,xP'YP,xP,Yp) ·
Der Abstand zwischen PI und P2 ist
(4.40)
Für den Winkel a, den die Gerade PI P2 mit der x-Achse einschließt, gilt
sina = YP2 - YPI oder cos a = xp2 - Xpl . I' I'
(4.41)
4.2 Modulmethode
Die Koordinaten des Punktes P lauten:
x P = X PI + I . cos (<X + W )
= X PI + I . ( cos <X cos W - sin<x sin w)
= x + I . ( X P2 - X PI cos W _ Y P2 - Y PI sin w) PI I' I"
Y P = Y PI + I . sin( <X + w)
= Y + I . (Y P2 - Y PI cos W + X P2 - X PI sin w). PI I' I'
Ausgehend von GI. (4.42) und (4.43) gilt für die Geschwindigkeiten:
x P = X PI -I· (ä + w) . sin( <X + w),
YP = YPI + I· (ä+ w)·cos(<x+ w).
Die Größen xPI' YPI' w sind bekannt, ä erhält man aus GI. (4.41):
d(. ). (YP2-YPI)·I'-(YP2-Ypd· i ' - sm<X = <X . cos <X = 2 ' dt I'
i'= (XP2 -x PI )(XP2 -xpd+(YP2 -YPd(YP2 -YPI).
~(XP2 - XPI)2 + (YP2 - ypd2
Löst man GI. (4.45) nach ä auf, ergibt sich:
. (YP2 -}'pd (YP2 - YPI) i' <X = - .-(XP2 - xPI ) (xP2 - XPI) I'
103
(4.43)
(4.44)
(4.45)
(4.46)
(4.47)
Einsetzen von GI. (4.47) in GI. (4.44) und Anwenden der Additionstheoreme liefert die gewünschten Gleichungen für die Geschwindigkeiten. Zur Ermittlung der Beschleu~ nigungen leitet man GI. (4.44) ein zweites Mal nach der Zeit ab. Als neue Unbekannte erscheint ä:, die durch Ableiten von GI. (4.47) bestimmt wird.
104 4 Numerische Getriebeanalyse
Lehrbeispiel Nr. 4.2: Achtgliedriges Getriebe mit zwei Abtriebsschiebern
y
Bild 4.10
Bezeichnungen am achtgliedrigen Getriebe (nicht maßstäblich gezeichnet)
AufgabensteIlung:
Vorgelegt ist das in Bild 4.10 dargestellte achtgliedrige Getriebe. Gegeben sind die Koordinaten (x,y) einiger Festpunkte sowie folgende Längen (die Schreibweise entspricht derjenigen im Analyseprogramrn MGA):
11 = PIP4 = 10mm, 15 = P4P6 = 65mrn,
12 = PIP3 = 20mm, 16 = P7P8 = 35mm,
13 = P3P5 = 50mm, 17 = P8P9 = 40mm,
14 = P6P7 = 20mm, ßl = 30° , ß2 = 90° ,
el=5mm,
PI (0,0),
P2 (30,0),
P7 (70,-3).
e2 =5mm,
PlO (0,10),
PlI (200/10),
Gesucht sind die kinematischen Größen aller Systempunkte, die z.B. mit Hilfe der Modulmethode im Programm MGA zu errechnen sind.
Lösung:
Zunächst werden alle Variablen definiert und den Konstanten feste Werte zugewiesen, z.B.:
4.2 Modulmethode
Plx = 0, Ply =0 , W2 = ßl.
P2x = 30, P2y = 0, W3 = ß2.
105
Dann werden durch sukzessives Aufrufen einzelner Module die kinematischen Größen der Systempunkte berechnet. Da der Antrieb am Glied 2 erfolgt, wird als erstes das Modul DAN aufgerufen:
DAN (11, PI'p2,WI, P4),
wobei dem Winkel WI die entsprechenden Antriebsgrößen (Winkel, Winkelgeschwindigkeit, Winkelbeschleunigung) zugeordnet sein müssen. Dieses Modul berechnet alle interessierenden Größen des Punktes P4. Die Gerade PIP3 ist gegenüber PIP4 stets um den festen Winkel ßI gegen den Uhrzeigersinn weitergedreht und kann daher mit dem
Modul FGP berechnet werden:
FGP (W2, 12, PI, PI, P4, P3).
Dem Winkel W2 wurde vor Aufruf des Moduls der Wert ßI zugewiesen. Anschaulich
bedeutet der Aufruf, daß der Punkt P3 um den Winkel W2 um den Punkt PI gedreht wird. Bezugsgerade für den Winkel ist die Gerade PIP4 Der Abstand zwischen PI und P3 ist 12.
Danach kann mit dem Modul DDD der Punkt P6 berechnet werden, da nun die Punkte P4 und P7 (als Auflager) bekannt sind:
DDD (15, 14, - 1, P4, P7, P6) .
Der Parameter -1 bedeutet, daß der Punkt P6 rechts der Bezugsgeraden liegt, die durch P4 und P7 gebildet wird. Der Punkt P8 kann durch nochmaliges Anwenden des Moduls FGP berechnet werden:
FGP (W3, 16, P7, P7, P6, P8).
Die Schieber 8 und 4 werden durch das Modul DDS abgebildet:
DDS (17, - 5, - 1, P8, PIO, PlI, P9) ,
DDS(13,5,+ I,P3,PlO,PII,P5).
Dabei sind P8 bzw. P3 die Anlenkpunkte, während PIO und PlI die Schubgerade definieren. Das Vorzeichen von K ist jeweils unterschiedlich, weil der Anlenkpunkt einmal nach links, zum anderen nach rechts geklappt ist. Als letztes sind noch die Schub größen sI und s2 als eigentliche Abtriebswege gesucht. Das Modul RPO ist hier nicht anwendbar, weil kein zentrischer Schieber vorliegt. Man benutzt daher das Modul RKA, das Koordinaten in ein anderes Koordinatensystem umrechnet. Das neue Koordinatensystem wird jeweils durch die Schubgerade festgelegt:
106 4 Numerische Getriebeanalyse
RKA(PlO,Pll,P5,PI2) .
Der NuIIpunkt dieses neuen Koordinatensystems liegt in PlO. Der Punkt P5 wird vom inertialen Koordinatensystem mit NuIIpunkt in PI umgerechnet in den Punkt PI2, der auf das neue Koordinatensystem bezogen ist. Die Koordinatensysteme dürfen auch gegeneinander verdreht sein. Da dies hier nicht der FaII ist, ist PI2y stets gleich der Ex-
zentrizität eI, während PI2x dem Schubweg sI entspricht (PI2x, PI2x enthalten die
Geschwindigkeit s I und Beschleunigung sI). Analog wird der Schubweg s2 errechnet:
RKA(PII,PlO,P9,PI3).
4.3 Übungsaufgaben
Aufgabe 4.1:
Das dargesteIIte gleichschenklige Viergelenkgetriebe dient zur Umsetzung einer umlaufenden Dreh- in eine Schwingbewegung. Mit Hilfe der Iterationsmethode soII das Getriebe analysiert werden. Der Antrieb erfolgt an Glied 2, Abtrieb ist Glied 4.
B AoA = 50 mm a=IOOmm
BoB = 100 mm b= 10mm
AB = 100 mm
I<
a) Welche Variablen benötigen Sie? Weisen Sie den Variablen Startwerte zu!
b) Wieviele Schleifengleichungen werden benötigt?
c) Geben Sie einen Satz Schleifengleichungen an!
d) Ermitteln Sie mit Hilfe des Programms MGA den Totlagenwinkel 'V 0 zwischen den
beiden Grenzlagen der Schwinge 4 sowie den Maximalwert (unabhängig vom Vorzeichen) der Abtriebswinkelgeschwindigkeit für ffi2 = I radis = konst.!
4.3 Übungsaufgaben 107
Aufgabe 4.2:
Das dargestellte Schubkurbelgetriebe dient zur Geradführung z.B. von Werkstücken auf dem Koppelpunkt C. Das Getriebe soll mit Hilfe der Modulmethode analysiert werden ..
Bö I~
AoA = 100 mm
AB = 100 mm
AC=\OOmm
b) Der Antrieb erfolgt am Glied 4 (Schubglied).
1) Definieren Sie alle Variablen!
2) Bestimmen Sie die Modulaufrufreihenfolge!
a) Der Antrieb erfolgt am Glied 2 mit konstanter Winkelgeschwindig-
keit (02 = 2 rad (Hinweis: Rech-s
nung nur für Oo~ <1>2 ~ 900 ).
1 ) Welche Variablen werden benötigt?
2) Stellen Sie die Modulaufrufreihenfolge zur Berechnung der Koppelkurve des Punktes C auf!
3) Berechnen Sie mit Hilfe des Programms MGA die Koppelkurve sowie die Maximalwerte von Geschwindigkeit und Beschleunigung des Punktes C! Handelt es sich um eine exakte Geradführung?
3) Der Schieber startet bei s = 1 mm, bei v = 0 ~ und beschleunigt mit s
a = 50 m~ ; die Bremsbeschleunigung beträgt ebenfalls 50 m~ . Wann tritt dann die s s
größte Geschwindigkeit und Beschleunigung des Punktes C auf? Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem aus Teil a)!
108 4 Numerische Getriebeanalyse
Aufgabe 4.3:
Das skizzierte Getriebe (Konchoidenlenker) dient zur angenäherten Geradführung des Punktes C, vgl. Bild 2.14. Es soll mit Hilfe der Modulmethode analysiert werden.
A
J- .. , \
I \ I I
-'-'-'-'-'-1-'-' I'
AoA = 23,3341 mm
AC = 161,9516 mm
AoBo = 38,6378 mm
a) Welcher Getriebetyp liegt vor?
I I
Cl ,I -'
b) Der Antrieb erfolgt am Glied 2 mit 0)2 = I ra d = konst. Definieren Sie alle notwen-s
digen Variablen und die Modulaufrufreihenfolge zur Ermittlung der Koppelkurve des Punktes C! Stellen Sie diese Koppelkurve mit dem Programm MGA dar! Wie groß ist die "Dicke" h der brotähnlichen Koppelkurve? In welchem Bereich des Antriebswinkels gewährleistet der Konchoidenlenker eine angenäherte Geradführung?
c) Zusätzlich soll nun auch die maximale Schubgeschwindigkeit und -beschleunigung des Schleifenglieds 3 ermittelt werden. Welche zusätzlichen Variablen und Module benötigt man? Wie groß sind diese Maximalwerte für die in b) gegebene Antriebswinkelgesch windigkeit?
4.3 Übungsaufgaben 109
Aufgabe 4.4:
Das dargestellte sechsgliedrige Getriebe setzt eine Dreh- in eine Schleifen bewegung um und könnte z.B. als Antrieb einer Kolbenpumpe dienen.
AvA= 49,5mm
BoB = 71 mm
AB= 71 mm
Be= 7lmm
EF =400mm
a= 64mm
b=200mm
c= 90mm
v= IOmm
a) Der Antrieb erfolgt am Glied 2, 0) 2 = 1 rad = konst. Berechnen Sie die Koppelkurve s
des Punktes C, den Schleifenweg s sowie den Abtriebswinkel <l'6 numerisch! Welche
Methode wählen Sie?
b) Der Antrieb erfolgt nun am Glied 5 (Schleifenglied), Abtrieb ist Glied 2. Errechnen Sie die Funktion <l'2(S) numerisch! Welche Methode wählen Sie (100 mm ~ s~
200 rnrn, S =10 mm )? s
5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die gebräuchlichsten Verfahren für die Ermittlung von Kräften in Getrieben und stellt die dafür notwendigen grundlegenden Gleichungen zur Verfügung, die allesamt auf Prinzipien der (technischen) Mechanik aufbauen.
Man unterscheidet zwischen der statischen Analyse und der kinetostatischen Analyse von Getrieben, je nachdem, ob die Trägheitswirkungen nach dem d ALEMBERTschen Prinzip ausgeklammert oder als eine besondere Gruppe von Kräften berücksichtigt werden. Um den Rahmen des Buches nicht zu sprengen, werden keine Bewegungsdifferentialgleichungen gelöst, sondern der Beschleunigungszustand eines Getriebes als determiniert und bekannt vorausgesetzt (2. WITTENBAUERsche Grundaufgabe).
Nach einer Definition der in einem Getriebe wirkenden Kräfte werden das Gelenkkraftverfahren, die synthetische Methode und das Prinzip der virtuellen Leistungen vorgestellt und eingehend anhand von Lehrbeispielen erläutert. Das Gelenkkraftverfahren ist dabei besonders anschaulich und leicht nachvollziehbar.
5.1 Einteilung der Kräfte
Die Kräftebestimmung in Getrieben setzt die Kenntnis aller am Getriebe als mechanischem System wirksamen Kräfte und Momente (= Kräftepaare) voraus. Dabei ist zwischen inneren, äußeren und Trägheitskräften zu unterscheiden.
Bild 5.1a zeigt ein viergliedriges Getriebe, bestehend aus einem Verband starrer Scheiben, die mittels Federn und von außen angreifenden Kräften und Momenten gegeneinander verspannt sind. Wird der Scheibenverband an den Verbindungsstellen (z.B. Drehgelenke) aufgetrennt und werden die Federn durch ihre wirksamen Federkräfte ersetzt, ist das Getriebe in einzelne Glieder zerlegt (Bild 5.1b), die für sich jeweils im Kräfteund Momentengleichgewicht sein müssen.
5.1 Einteilung der Kräfte 111
a)
b)
Bild 5.1 a) Viergliedriges Getriebe als Verband starrer Scheiben, b) mit freigeschnittenen Gliedern
Wie schon erwähnt, lassen sich die nicht zu den Trägheitskräften zählenden Kräfte in innere und äußere Kräfte unterteilen:
• Innere Kräfte treten stets paarweise auf, ergänzen sich zum Nullvektor und erhalten einen Doppelindex, z.B.
- Gelenkkräfte 0 ij = -0 ji
- Federkräfte Fk1 = - F1k
Dabei gibt der erste Index an, von welchem Getriebeglied die Kraft kommt, und der zweite Index, an welchem Getriebeglied die Kraft wirkt.
• Äußere Kräfte sind meist physikalischen Ursprungs, d.h. vorgegebene, sog. eingeprägte Kräfte. Sie erhalten einen Einfachindex, der angibt, an welchem Getriebeglied die Kraft wirkt, z.B.
112 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
- Antriebskräfte Fi ,
- Abtriebsmomente (= Abtriebskräftepaare ) M j ,
- Gewichtskräfte Gk .
Die Unterteilung in "innere" Kräfte und "äußere" Kräfte hängt ab vom Systembegriff, d.h. von den betrachteten Systemgrenzen. Wir unterscheiden zwischen
• einem einzelnen Getriebeglied mit F = 3 in der Ebene,
• einer Gruppe von Getriebegliedern, die für sich (kineto-)statisch bestimmt ist, d.h für die F = 0 gilt und
• dem Gesamtgetriebe mit F ;?: 1.
5.1.1 Trägheitskräfte
Trägheitskräfte sind als kinetische Reaktion oder Rückwirkung auf eine erzwungene Bewegung eines Getriebegliedes zu verstehen. Sie lassen sich aus den kinetischen Grundgleichungen (lmpuls- und Drallsatz) ermitteln. Trägheitskräfte sind abhängig von
• der Masse,
• der Massenverteilung und
• dem Beschleunigungszustand
eines Getriebegliedes. Sie belasten zusätzlich jedes massebehaftete Glied und somit auch die Verbindungsgelenke zwischen den Gliedern. In Bild 5.2 sind die Trägheitswirkungen einer in der x-y-Ebene beschleunigten Scheibe mit dem polaren Massen-
trägheitsmoment (Drehmasse) J s = f r 2dm um die z-Achse senkrecht zur x-y-Ebene
durch den Schwerpunkt S mit der Masse m dargestellt.
5.1 Einteilung der Kräfte
m,Js
y
Bild 5.2 In der x-y-Ebene bewegte starre Scheibe
Bei einer Winkel beschleunigung der Scheibe
. dro .. d2 <p a == 0) == dt = <p == dt 2
\ -. -. ) 0), a
x
113
und einer Linearbeschleunigung äs = [xs' y sr des Schwerpunkts lassen sich die Träg
heitswirkungen nach dem d' ALEMBERTschen Prinzip als äußere Kräfte/Momente darstellen; nämlich als
- Trägheitskraft: T = -m· äs und als
- Drehmoment infolge der Trägheitswirkung (Massendrehmoment):
MT =-Js·ä.
5.1.2 Gelenk- und Reibungskräfte
Die Gelenkkräfte zwischen den Getriebegliedern werden an den Berührstellen der Gelenkelemente übertragen. In Bild 5.3 sind drei verschiedene Bauformen von Gelenken dargestellt: Kurvengelenk, Drehgelenk, und Schubgelenk. Die am j-ten Element auftre-
tende Gelenkkraft Ö ij , aufgebracht vom i-ten Element, läßt sich zerlegen in eine Nor-
malkraft N ij und in eine Reibungskraft Rij. Die Normalkraft weist in Richtung der
Berührungsnormalen n der beiden zugeordneten Glieder. Die Richtung der Reibungskraft ist durch die zugehörige Tangente t an der Berührstelle vorgegeben. Eine Verformung der Berührstelle soll vernachlässigt werden. Damit kann eine relative Bewegung
114 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
des Gliedes j gegenüber dem Glied i mit der Geschwindigkeit v ji nur in Richtung dieser
Tangente t stattfinden. Es gilt
G ij = N ij +R ij und IGijl = INil +lRl (5.1)
Mit Einführung einer Reibungszahl IlR kann die Reibungskraft wie folgt formuliert werden:
(5.2)
Die Reibungskraft Rij ist stets der Relativgeschwindigkeit v ji = V jl - Vii entgegenge
richtet. Aus Bild 5.3 läßt sich ablesen:
(5.3)
mit PR als Reibungswinkel.
Für IlR = 0 (Vernachlässigung der Reibung) ist Gij = N ij . Bei Berührungen von zwei
Körpern gibt es nicht nur die Reibungskraft, sondern auch eine Haftkraft. Dieser Haftkraft ist - wie IlR bei der Reibungskraft - eine HaftzahlllH zugeordnet. Es gilt
IlR < IlH· (5.4)
Erst nach Überwinden der Haftkraft kann eine Relativbewegung (Gleiten) eintreten. Dies bedeutet einen Sprung in den Kräfteverhältnissen (stick-slip-Effekte).
Es werden verschiedene Arten von Reibungskräften unterschieden, die alle immer der Bewegung entgegenwirken.
Allgemein läßt sich schreiben
dabei liegt mit
• p=O
• p=1
• p=2
COULOMBsche Reibung,
NEWTONsche Reibung und
Strömungsreibung
(5.5)
vor. Der Proportionalitätsfaktor für GI. (5.5) hängt von den physikalischen Bedingungen an der Berührstelle der Gelenkelemente ab. Bei einem Drehgelenk (Bild 5.3b) mit dem Zapfenradius r kommt im Fall der COULOMBschen Reibung ein weiterer Begriff hinzu,
5.1 Einteihing der Kräfte 115
der Reibungskreis mit dem Radius rR' Dieser Kreis wird von der Gelenkkraft ä ji tan
giert.
a)
b)
c)
Bild 5.3 Gelenkkräfte mit Reibungsanteil: a) Kurvengelenk, b) Drehgelenk, c) Schubgelenk
116 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Es gilt:
. r· J..lR rR=r'smPR= I ,,1 + J..lR 2
Das am Drehgelenk auftretende Reibmoment hat die Größe
M Rji = r . R ji = r R . G ji .
(5.6)
(5.7)
Das Reibmoment MRji ist stets der Relativwinkelgeschwindigkeit roij = roil - ro jl
entgegengerichtet.
5.2 Grundlagen der Kinetostatik
Es gibt zwei Hauptaufgaben der Kinetostatik:
1. Ermittlung der Beanspruchung von Gliedern und Gelenken infolge der äußeren Kräfte, einschließlich der Trägheitskräfte,
2. Ermittlung der Leistungsbilanz eines Getriebes als Gesamtsystem durch Gleichge-wicht der äußeren Kräfte, einschließlich der Trägheitskräfte.
Nach dem d' ALEMBERTschen Prinzip sind die Trägheitswirkungen erst zu ermitteln, wenn die kinematischen Größen bekannt sind; die kinematische Analyse stellt also die Vorstufe der kinetostatischen Analyse dar.
Zur Lösung der beiden Hauptaufgaben gibt es verschiedene Methoden:
1. Gelenkkraftverfahren: ein überwiegend graphisches Verfahren mit großer Anschaulichkeit; hierzu gehören auch das Kraft- und Seileckverfahren.
2. Synthetische Methode: ein rechnerisches Verfahren nach dem Schnittprinzip (Freischneiden der Getriebeglieder); hierzu gehört der Aufbau eines linearen Gleichungssystems mit unbekannten Kraftkomponenten und Momenten.
3. Prinzip der virtuellen Leistungen: ein sowohl rechnerisches als auch graphisches Verfahren für das Getriebe als Gesamtsystem, bei dem Reibungseinflüsse global betrachtet werden können, um zu Abschätzungen hinsichtlich der Auswirkungen zu gelangen [19]. Das entsprechende graphische Verfahren ist auch unter dem Begriff "JOUKOWSKY:Hebel" bekannt.
5.2 Grundlagen der Kinetostatik 117
5.2.1 Gelenkkraftverfahren
Das Gelenkkraftverfahren läßt sich auf die Lösung der Elementar-Gleichgewichtsaufgabe für drei Kräfte im Dreieck zurückführen, Bild 5.4.
Satz: Drei an einem starren Getriebegl ied angreifende Kräfte sind dann und nur dann im Gleichgewicht, wenn
a)
Bild 5.4
a) sich ihre Wirkungslinien im Lageplan (Bild 5.4a) in einem Punkt schneiden (Schnittpunkt SPj ) und
b) ihre Vektorsumme im Kräfteplan (Bild 5Ab) einem Nullvektor entspricht,
d.h. Gi +G j i +G i- I .i =Ö.
~
G· I
b)
Drei Kräfte an einem Getriebeglied i: a) Lageplan, b) Kräfteplan (Gewichtskraft Gi im
Schwerpunkt Si)
Eine Ausnahme bildet der masse lose Stab mit G i = Ö; in diesem Fall ist 0 ji = -Oi-I,i'
d.h. der Stab überträgt nur Zug- oder Druckkräfte,
Um ein Kräftedreieck im Kräfteplan zeichnen zu können, müssen Richtung (Wirkungslinie), Richtungssinn und Betrag einer Kraft bekannt sein, von einer zweiten Kraft nur die Richtung,
Glieder und Gliedergruppen, die sich durch ein- oder mehrmalige Lösung der Elementar-Gleichgewichtsaufgabe hinsichtlich der Kräfte analysieren lassen, sind (kineto)-
118 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
statisch bestimmt. Sie lassen sich nach ASSUR in Klassen einteilen [6] . Bild 5.5 zeigt einige Beispiele. Wenn die Anschlußgelenke dieser Gruppen als gestellfest aufgefaßt werden, haben sie den Getriebefreiheitsgrad F = 0, d.h. sie sind Fachwerke oder (kineto)statische Blementargruppen (BG). Für eine BG der Klasse 11 und höher mit nur Dreh- und Schubgelenken gilt 3n - 2g = 0 (n: Anzahl der Glieder, g: Anzahl der Gelenke). Die Klasse I umfaßt vornehmlich einfache Antriebsglieder und verlangt außer der durch einen Pfeil gekennzeichneten gegebenen Binzelkraft noch die weitere Vorgabe der Richtung einer Gelenkkraft, symbolisch dargestellt durch eine gestrichelte Linie. Damit sind Glieder dieser Gruppe mit belasteten Balken vergleichbar.
f '" Vv Schema..... L ~ Klasse II III IV
Bild 5.5 Elementargruppen der Klassen I - IV mit angreifenden äußeren Kräften
Die in Bild 5.5 gezeichneten Drehgelenke sind mit Schubgelenken austauschbar, wobei bei fehlender Reibung die entsprechende Gelenkkraft senkrecht auf der Schub- oder Schleifenrichtung steht, Bild 5.6.
a)
LL
Bild 5.6
b)
LL
Zwei Blementargruppen 11. und III. Klasse - a) bzw. b) - mit Dreh- und Schubgelenken
Die BG sind mit den bereits in Abschnitt 4.2 eingeführten Modulen (kinematische BG) direkt vergleichbar.
5.2 Grundlagen der Kinetostatik 119
Satz: Vor der Kraftanalyse eines Getriebes auf der Grundlage des Gelenkkraftverfahrens ist das Getriebe in die entsprechenden Elementargruppen zu zerlegen.
Es ist zweckmäßig, an jedem einzelnen Glied des Getriebes alle (eingeprägten) äußeren Kräfte - wie Gewichtskräfte, Feder-, Abtriebs- und Antriebskräfte - und die Trägheitskräfte zu einer resultierenden Kraft zusammenzufassen. Momente sind durch Kräftepaare zu ersetzen.
5.2.1.1 Kraft- und Seileckverfahren
Das Kraft- und Seileckverfahren mit Lage- und Kräfteplan leistet bei der Zusammenfassung von Kräften gute Dienste, insbesondere wenn es um die Ermittlung der Wirkungslinie der resultierenden Kraft geht, Bild 5.7.
a)
Bild 5.7
, ,
b)
Kraft- und Seileckverfahren mit drei gegebenen Kräften
p
Die im Lageplan (Bild 5.7a) skizzierten Kräfte FI , F2 und F3 greifen z.B. alle an einem
Glied an. Die resultierende Kräftesumme FR ist im Kräfteplan (Bild 5.7b) sofort zu
ermitteln. Nach Wahl eines beliebigen Punktes P als "Kraftpol" werden vier "Seilkräfte"
Obis 3 so gezeichnet, daß jede Kraft Fi mit zwei Seilkräften ein Dreieck bildet. Jedem
Dreieck im Kräfteplan entspricht ein Schnittpunkt von sich entsprechenden parallelen "Seilstrahlen" im Lageplan; der erste und letzte Seilstrahl schneiden sich auf der Wir-
kungslinie von FR.
120
Satz 1:
Satz 2:
5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Eine Kräftegruppe ist im Gleichgewicht, wenn Krafteck (I F; = ö) und
Seileck (I Mj = Ö) geschlossen sind, d.h. die Gleichgewichts
kraft Po =-i\ liegt auf derselben Wirkungslinie wie i\ im Lageplan.
Das Kraft- und Seileckverfahren ist sinngemäß auch auf Elementargruppen mit F = 0 anwendbar.
5.2.1.2 CULMANN-Verfahren
Greifen an einem Getriebeglied oder an einer Elementargruppe mit F = 0 vier betragsmäßig bekannte oder unbekannte Kräfte an, so können die Kräfte paarweise zu zwei resultierenden CULMANN-Kräften zusammengefaßt werden, die entgegengesetzt gerichtet und gleich groß auf einer gemeinsamen Wirkungslinie liegen, der CULMANN-Geraden, Bild 5.8 .
a)
Bild 5.8
CULM A K fäfte
CULMANN-Verfahren für vier Kräfte an einem Glied: a) Lageplan, b) Kräfteplan
Das paarweise Zusammenfassen der Kräfte ist willkürlich:
PI + P2 + P3 + P4 = Ö ~~ -Fc +Fc
Die Richtung der CULMANN-Geraden kann aus dem Lageplan ermittelt werden; sie ist durch die Schnittpunkte SP und TP der paarweise zusammengefaßten Kräfte bestimmt. Das CULMANN-Verfahren führt das Gleichgewichtsproblem mit vier Kräften
5.2 Grundlagen der Kinetostatik 121
auf die zweimalige Lösung der Elementar-Gleichgewichtsaufgabe mit drei Kräften (zwei Kraftdreiecke) zurück:
FI + F2 + Fe = Ö und
- Fe + F3 + F4 = Ö .
5.2.1.3 Kräftegleichgewicht an der Elementargruppe 11. Klasse
Die Ermittlung der Gelenkreaktionen am belasteten Dreigelenkbogen (Zweischlag) (Bild 5.9) kann entweder mit Hilfe des Kraft- und Seileckverfahrens oder nach dem Superpositionsprinzip vorgenommen werden.
A
\ 2 \
Bild 5.9 Dreigelenkbogen mit zwei äußeren Einzelkräften
Zunächst denkt man sich F4 = Ö, d.h. der Stab 4 überträgt nur Zug- oder Druckkräfte
in Richtung seiner Achse BC (Bild 5.10). Entsprechend Bild 5.4 erhält man 0'23 als
Gelenkkraft im Punkt A und 0'43 = 0'53 als Gelenkkraft im Punkt C infolge der Kraft
F3 . In einem zweiten Schritt denkt man sich F3 = Ö und erhält analog 0"54 als Ge
lenkkraft im Punkt Bund 0"34 = 0"23 als Gelenkkraft im Punkt C infolge der Kraft
F4 . Die Gesamt-Gelenkreaktionen ergeben sich aus der Vektoraddition der Teilkräfte,
d.h.
in A: 0 23 = 0'23+0"23'
in B: 0 54 = 0'54 +0"54'
. C G- G-' G-" G-' G-" m: 34 = 34 + 34 = - 43 + 23 •
122 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Bild 5.10 Kräfteennittlung am Dreigelenkbogen nach dem Superpositionsprinzip
5.2.1.4 Kräftegleichgewicht an der Elementargruppe III. Klasse
Hier sind zwei verschiedene Fälle zu diskutieren.
1. Fall: Eine Kraft greift am Dreigelenkglied an (Bild 5.11), d.h.
Bild 5.11 Kraftangriff am Dreigelenkglied
5.2 Grundlagen der Kinetostatik 123
am Glied 5 greifen vier Kräfte an, von denen eine vollständig bekannt ist (P5)' von
den anderen sind nur die Richtungen bekannt. Die unbekannten Gelenkreaktionen können mit Hilfe des CULMANN-Verfahrens bestimmt werden; die Glieder 2,3 und 4 gelten als Zug- oder Druckstäbe.
2. Fall: Eine Kraft greift an einern Zweigelenkglied an (Bild 5.12).
Bild 5.12 Kraftangriff am Zweigelenkglied
Jetzt greift z.B. am Glied 2 die äußere Kraft P2 an, die vollständig bekannt ist. Damit
gelten nur noch die Glieder 3 und 4 als Zug- oder Druckstäbe. Die Gelenkkraft G 25 = - G 52 bestimmt die CULMANN-Gerade durch das Gelenk 25, beide Kräfte
sorgen einzeln für das Gleichgewicht an den Gliedern 2 und 5 und zusammen für das Gleichgewicht an der EG 2-3-4-5.
124 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Lehrbeispiel Nr. 5.1: Kreuzschubkurbel als VersteUgetriebe
11 - --
D C , ,
~ 4 ~
, 1 '
Bild 5.13 Bezeichnungen an der Kreuzschubkurbel
AufgabensteIlung:
An einem viergliedrigen Verstell getriebe (Kreuzschubkurbel) greifen die beiden äußeren
Kräfte F2 (Handkraft) und F4 (Preßkraft) an (Bild 5.13). Zwischen den Gliedern 3 und
4 tritt COULOMBsehe Gleitreibung mit der ReibungszahlllR auf. Die Abmessungen des Gleitsteins 3 sind bei der Kräfteermittlung zu berücksichtigen.
Für die gegebenen Werte F4 = 60 N, IlR = 0,306 und die Maßstäbe Mz = 1crn/cmz,
MF = 10 N/cmz sollen in der gezeichneten Lage bestimmt werden:
1. die am Glied 4 (Schieber) angreifenden Lagerkräfte in C und D;
2. die zwischen den Gliedern 3 und 4 auftretenden Kantenkräfte G'34 (obere Kante)
und G" 34 (untere Kante);
3. die am Glied 2 (Winkelhebel) erforderliche Handkraft F2 bei vorgeschriebener Wir-kungslinie und die Auflagerkraft in 0 (Gelenk 12);
4. die Normalkraft N34 und Reibungskraft R34 zwischen den Gliedern 3 und 4;
5. das Antriebsmoment M2 am Winkelhebel;
6. der momentan gültige Wirkungsgrad 11 als Quotient "Abtriebsleistung Pab / An
triebsleistung Pan" des Verstellgetriebes.
5.2 Grundlagen der Kinetostatik 125
Lösung:
Die Glieder 3 und 4 stellen eine EG dar, zwei der drei Drehgelenke des Dreigelenkbogens (Elementargruppe 11. Klasse) sind durch Schub- bzw. Schleifengelenke ersetzt; die Lagerstellen C und D zählen für die Systematik als ein Gelenk 14.
1. Gleichgewicht am Glied 4:
F4 + 6 DI4 + 6 C14 + 6'34 +6"34 = Ö -- -- '----.r----'
634
Zwei Unterstriche bedeuten "Betrag und Richtung bekannt",
ein Unterstrich bedeutet "nur Richtung bekannt".
Es ist PR = arctan (R34 / N34) = arctan (IlR) = 17°. Die Reibungskraft R34 wirkt der Rela
tivgeschwindigkeit v A43 = V A41 - V A31 = V A41 - V A21 = vE - VA entgegen bzw. in
gleicher Richtung wie v A34 = -v A43 = vA - vE' Wegen gleicher Reibverhältnisse an
der oberen und unteren Kante des Gleitsteins sind die beiden Kantenkräfte 6'34 und
6"34 parallel und können zur Resultierenden 6 34 zusammengefaßt werden, die durch
den Punkt A gehen muß. Jetzt greifen 4 Kräfte am Glied 4 an; d.h. das CULMANNVerfahren liefert (Bild 5.14a)
F4 + 6 D14 + 6 C14 + 6 34 = Ö mit '-----v-------' '----.r-----'
Fc -Fc
FC +6C14 +634 =Ö ~ TP4 und -- --
Satz 1: Eine unbekannte Wirkungslinie (Richtung) läßt sich ermitteln, wenn im Gleichgewichtssystem dreier Kräfte (Vektorsumme) zwei Wirkungslinien (zwei Unterstriche) bekannt sind (Schnittpunkt im Lageplan).
Satz 2: Zwei unbekannte Kräfte lassen sich vollständig ermitteln, wenn im Gleichgewichtssystem dreier Kräfte Betrag und Richtungssinn einer Kraft bekannt sind (doppelter Unterstrich) und bei den restlichen zwei Kräften in der Summe drei Unterstriche fehlen (Dreieck im Kräfteplan).
126 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
2. Die Aufteilung der Gelenkkraftresultierenden G34 = G34 +G34 in die beiden paral
lelen Kantenkräfte G34 und G34 erfolgt mit Hilfe des Kraft- und Seileckverfahrens
(Bild 5.14a/b). Der erste und letzte Seilstrahll bzw. 3, ausgehend von einem beliebig zu
wählenden Kraftpol P, schneiden sich auf der Wirkungslinie der Gelenkkraft G34 durch
A (vgl. Abschnitt 5.2.1.1).
3. Gleichgewicht am Glied 2 (Bild 5.14b):
F2 +G 12 +G 32 = Ö ~ SP2; G12 ,F2
Die Gelenkkraft G23 ist vollständig bekannt (zwei Unterstriche), weil folgende Glei
chungen gültig sind:
G'43+G"43+G23 =Ö bzw. G23 =G'34+G"34=G34 (aus Teilaufgabe2)
4. G34 =N 34 +R34 =G23
5. M2 = F2 ·OB = 230 Ncm
6. 11 = Pab / Pan = (F4 / F2)(vE / VB) = 0,65
5.2 Grundlagen der Kinetostatik
a)
Sp,.
b)
Bild 5.14
-+ --- \
~ ~ \ ~2 ~~~~ "I" \ 3 ~ ~~ \~ ~ ~ tt I Sfl ~ ~ ~ "3"
_ " I 2_ -_ - \ ~.: ~ ~ "2"
..,,~:::::~------:pf,~"3" ..l1li p\
"1" \
"2"
B
127
Graphische Lösungen zum Lehrbeispiel "Verstellgetriebe": a) Lageplan, b) Kräftepläne
5.2.2 Synthetische Methode (Schnittprinzip)
Die synthetische Methode gliedert sich in folgende Lösungsschritte:
• Jedes bewegte Getriebeglied wird durch Gelenkschnitte von seinen Bindungen zu Nachbargliedern befreit.
128 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
• Gelenk- und Auflagerreaktionen werden unter Berücksichtigung des Prinzips
"Aktion = Reaktion" (G ij = - G ji und :M: ij = - :M: ji) zwischen benachbarten Glie
dern eingeführt.
• Eingeprägte Kräfte und Momente sowie Trägheitskräfte und -drehmomente nach dem d' ALEMBERTschen Prinzip vervollständigen die Kräftebilanz für jedes bewegte Getriebeglied.
• Für jedes bewegte Getriebeglied sind drei Gleichgewichtsbedingungen aufzustellen:
die Kräftesumme in x- und y-Richtung
(5.8)
und die Momentensumme
(5.9)
Die Bezugspunkte Bi für die Momente sind für jedes Glied frei wählbar.
Die Anzahl k l der Gleichungen für ein Getriebe mit n-l bewegten Getriebegliedern ist somit
k, = 3(n -1) ;
die Anzahl k2 der Gelenkkräfte ergibt sich aus
k 2 =2g, +g2.
hierbei ist
g, die Anzahl der Gelenke mit f = 1 und
g2 die Anzahl der Gelenke mit f = 2.
(5.10)
(5.11)
Wird nun für jedes Teilsystem Gleichgewicht gefordert, und somit auch für das Gesamtsystem, so können alle unbekannten Kräfte aus dem sich ergebenden linearen Gleichungssystem ermittelt werden. Deshalb muß gelten k l = k2; dies bedeutet, die F freien Bewegungen werden durch Zwangsbewegungen (Antriebszeitfunktionen) vorgegeben, vgl. GI. (2.12).
Lehrbeispiel Nr. 5.2: Massebehaftete Kurbelschwinge im Schwerkraftfeld
AufgabensteIlung:
An einer Kurbelschwinge mit den Gliedern 1 bis 4 im Schwerkraftfeld (Fallbe
schleunigung g = 9,81 rnJs2) greifen das Antriebsmoment :M: 2 und das Abtriebsmoment
5.2 Grundlagen der Kinetostatik 129
M4 an, Bild 5.15. Die Kurbel AoA rotiert mit konstanter Winkelgeschwindigkeit
0)21 = <l> = .n . Für jede Stellung <P2 = <p der Antriebskurbel sind die Gelenkkräfte in
A = 23 und B = 34, die Auflagerkräfte in Ä{) = 12 und Bo = 14 sowie das Moment M2
bei gegebenem Moment ~ zu berechnen.
y
B
B o x
b)
Bild 5.15 Massebehaftete Kurbelschwinge mit freigeschnittenen bewegten Getriebegliedern (a) sowie Gelenkreaktionen (b)
130 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Mit Si sind die Schwerpunkte, mit ISi die Schwerpunktabstände und mit ßi (i = 2,3,4)
die Schwerpunktwinkel der bewegten Getriebeglieder bezeichnet; m2 bis ll4 sind die Massen der Glieder 2 bis 4, JS3 und JS4 die polaren Massenträgheitsmomente der Glieder 3 und 4 bezüglich ihrer Schwerpunkte, li die Gliedlängen. Da Glied 2 mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotiert, ist die Größe von JS2 ohne Belang.
Lösung:
Gleichgewicht am Glied 2:
G~2 -G~2 +m2 IS2 0.2 cOS(<P+ß2)=0
Gi2 -G~2 -m2 g+ m21s2 0.2 sin(<p+ß2)=0
12(G~2 sin<p - G~2 cos<p)- m2 g IS2 cos(<p + ß2)+ M 2 = L,.M i (A o) = 0
Gleichgewicht am Glied 3:
G~3 -G~3 - ffi3 xS3 = 0
G~3 - G~3 - m3 (g + YS3) = 0
m3 IS3 [X S3 sin( <P3 + ß3) - (YS3 + g)COS(<P3 + ß3)]
- J S3 4'3 + 13 (G;3 sin<P3 - G~3 COS<P3) = L,.M i (A) = 0
Gleichgewicht am Glied 4:
G ~4 + G ~4 + m4 IS4 [<p~ cos (<P4 + ß4) + 4'4 sin (<P4 + ß4)] = 0
Gi4 + G~4 - m4 g+ m4 1s4 [<p~ sin(<p4 + ß4)- 4'4 COS(<P4 + ß4)]=0
14 (- G~4 sin <P4 + G~4 COS<P4) - m4 g IS4 cos( <P4 + ß4) - (J S4 + m4 1~4 )4'4
-M4 = L,.Mi(Bo)=O
Das entgegengesetzte Vorzeichen der Gelenkkräfte an benachbarten Gliedern ist sowohl in Bild 5.15b als auch in den vorstehenden Gleichungen bereits berücksichtigt worden,
so daß z.B. Gij und Gj; nur eine Unbekannte darstellen. Die Auflösung der linearen
Gleichungen nach den neun Unbekannten liefert:
5.2 Grundlagen der Kinetostatik
(1) G~4 =G~ =
[m4 g IS4 COS(<{>4 + ß4) + (J S4 + m4 1§4 ) Ci> 4 + M4] / [1 4 (tan<{>3 - tan<{>4 )COS<{>4]
+ {J S3 Ci>3 - m3 Is3 [ XS3 sin( <(>3 + ß3) - (g + Y S3 ) cos(<{> 3 + ß3)]}
/ [13 (tan <{>3 - tan <{>4 )COS<{>3]
(2) G~4=G~=
G~ tan<{>4 + [m4 g IS4 cos( <(>4 + ß4) + (J S4 + m4 1§4 )Ci>4 + M4 ]/(14 COS<{>4)
(3) G~4 = G~o = -G~ - m4 1s4 [<p~ cos( <(>4 + ß4) + Ci>4 sin( <(>4 + ß4)]
(4) Gi4 = G~o = -G~ + m4 g - m4 1s4 [<p~ sin(<{>4 + ß4) - Ci>4 COS(<{>4 + ß4)]
(8) Gi2 =GÄo =GÄ. +m2g-m2Is2n2sin(<{>+ß2)
(9) M 2 = 12 (GÄ. cos<{> - G~ sin «»+ m2 gls2 cos( <(> + ß2)
131
Die Umrechnung von kartesischen in Polarkoordinaten mit Hilfe der Gleichungen
G -- = (G,,)2 + (G Y. )2 und cr- = AT AN2 (G" Gy.) liefert Betrag, Richtung und IJ IJ IJ IJ IJ ' IJ
Richtungssinn der Gelenkkräfte.
5.2.3 Prinzip der virtuellen Leistungen (Leistungssatz)
Die Ermittlung einzelner Kräfte nach dem Leistungsprinzip ist mit relativ geringem Aufwand verbunden.
Satz: Ein System (ein freigeschnittenes Teilsystem) befindet sich im Gleichgewicht, wenn die Summe aller Leistungen der angreifenden Kräfte / Momente gleich null ist.
132 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
(5.12)
Die ersten beiden Summanden in GI. (5.12) stellen Skalarprodukte dar, es ist also z.B.
(5.13)
Da Mi und ü)i bei ebenen Getrieben stets senkrecht auf der x-y-Ebene (Zeichenebene)
stehen, kann auf eine Vektorschreibweise verzichtet werden.
Es bedeuten
am Glied 1 angreifende äußere Kraft, einschließlich Trägheitskraft (Massenkraft)
Vi: Geschwindigkeit des Angriffspunktes von Fi
(Xi : von Fi und vi eingeschlossener Winkel
ü)i: Winkelgeschwindigkeit des Gliedes i, an dem Mi angreift
Mi: am Glied i angreifendes äußeres Moment, einschließlich Massendrehmoment
PRi : Verlustleistungen durch Reibung
Die GI. (5.12) kann sowohl rechnerisch als auch zeichnerisch ausgewertet werden. Die auftretenden Geschwindigkeiten können real oder auch nur mit dem System verträglich, also virtuell sein.
5.2.3.1 JOUKOWSKY -Hebel
Die zeichnerische Auswertung ist unter dem Namen "JOUKOWSKY-Hebel" bekannt und eignet sich besonders dann, wenn an einem Getriebe nur Kräfte angreifen.
5.2 Grundlagen der Kinetostatik
a)
b)
-+ WLvonFan
\
a -+ ~ ' .
WLvonFan ./ 0 :/
". /" ,.. han I
I I
I
I I
Bild 5.16 Beispiel zum JOUKOWSKY-Hebel: a) Lageplan, b) ["v-Plan
133
D
c
134 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Die Skalarprodukte Ili vi können mit Hilfe eines auf der x-y-Ebene (Zeichenebene)
senkrecht stehenden Einheitsvektors e (in Richtung der z-Achse) auf Spatprodukte
umgeformt werden. Es ist dann mit den zu Vi um 90° gedrehten Geschwindigkeitsvekto
ren r vi - - r - d Vi = e x Vi un (5.14)
Ili vi = I/i (e x r Vi)= Le (r Vi XFi)=O, i i i
(5.15)
d.h.
(5.16)
Satz: In einem Plan der um 90° gedrehten Geschwindigkeiten ( r V -Plan) mit einem willkürlich gewählten Ursprung rObedeutet der Leistungssatz das
"Drehgleichgewicht" der Kräfte F; um r O.
Lehrbeispiel Nr. 5.3: Sechsgliedriges Dreistandgetriebe
AufgabensteIlung:
An dem in Bild 5.16 skizzierten sechsgliedrigen Dreistandgetriebe greifen an den Punkten A2 bis A6 auf den entsprechenden Gliedern mit gleicher Nummer die äußeren
Kräfte F2 bis F6 an. Gesucht ist der Betrag und der Richtungssinn der Antriebskraft
Fan auf vorgegebener Wirkungslinie (WL) im Punkt A des Glieds 2.
Lösung:
Nach der Wahl von r 0 und einer beliebigen Geschwindigkeit VA des Punktes A, die
der Strecke r 0 a entspricht, kann der r v -Plan gezeichnet werden (meistens denkt man
sich die Spitzen der Geschwindigkeitsvektoren r Vi im Punkt r 0). Danach werden die
Kräfte F; angetragen, ihre im r v -Plan abgebildeten Angriffspunkte teilen die entspre
chenden Geschwindigkeitsstrecken im gleichen Maß wie im Lageplan. GI. (5.16) liefert unter Berücksichtigung der Vorzeichen für Links- und Rechtsdrehung um r 0
5.3 Übungsaufgaben 135
L h j Fj = Fan h an - F2 h2 + F3 h 3 - F4 h4 + Fs hs + F6 h6 = 0 j
mit han = .r 0 a. Ist das Ergebnis Fan > 0, so dreht Fan um r 0 in mathematisch positiver
Richtung (Gegenuhrzeigersinn).
5.3 Übungsaufgaben
Aufgabe 5.1:
Das abgebildete Schubkurbelgetriebe ist Teil eines Kompressors. Im Zylinder herrscht der Druck p =106 Pa. Welches Antriebsmoment ist erforderlich, um den Kolben in der angegebenen Stellung zu halten? Es ist das Gelenkkraftverfahren anzuwenden.
Kolbenfläche A =10 cm2; r = 10 cm, 1= 20 cm
<p = 1200
N (Maßstab MF = 333,33 -)
cmz
136 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Aufgabe 5.2:
Für den im Bild dargestellten Wagenheber soll das Antriebsmoment in der Stellung <p = 45° berechnet werden. Die Gewichtskraft beträgt Fab = 5000 N, die Länge der Glieder ist einheitlich 20 cm.
1. Berechnen Sie die Spindelkraft
a) nach dem Gelenkkraftverfahren,
b) graphisch mit dem JOUKOWSKYHebel,
c) rechnerisch mit dem Leistungssatz, indem Sie die Geschwindigkeiten mit der Modulmethode bestimmen!
2. Berechnen Sie das Antriebsmoment an der Handkurbel, wenn die Spindelsteigung 15° und der Spindeldurchmesser 10 mm betragen.
Aufgabe 5.3:
Bei der Entwicklung von Greifern für Industrieroboter sind die wirksamen Greif- und Antriebskräfte von besonderer Bedeutung.
An dem skizzierten symmetrisch aufgebauten zwangläufigen Zangengreifer wirken die
beiden Greifkräfte Fb und die Antriebskraft FA .
1) Gesucht sind für die gezeichnete Stellung
a) das Kraftverhältnis FdFA mit Hilfe des JOUKOWSKY-Hebels (die um 90°
gedrehte Antriebsgeschwindigkeit r v A ist im entsprechenden Geschwindig
keitsplan (r v-Plan) vorgegeben, gedachte Pfeilspitze im Punkt a),
b) sämtliche Lager- und Gelenkkräfte für FG = 100 N bei einem Kraftrnaßstab Mp = 50 N/cmz mit Hilfe des Gelenkkraftverfahrens; dabei sind die Gleichgewichtsbedingungen aufzustellen und die Kräfte vereinbarungsgemäß zu unterstreichen.
2) Vergleichen Sie das Ergebnis für FA aus a) mit dem aus b) !
Hinweis: Wegen der Symmetrie genügt die Betrachtung einer Greiferhälfte.
5.3 Übungsaufgaben 137
Greifobjekt ~ - - - \- - - - - -.
-+ -+
Fa ~G
C' c
1 1
10 ... ---------... a
Aufgabe 5.4:
Die skizzierte Kniehebelpresse dient zur Erzeugung großer Kräfte, z.B. beim Tiefziehen von Blechen. Das Antriebsglied AoA rotiert mit konstanter Winkelgeschwindigkeit. In
der gezeichneten Lage greifen an der Presse die Pressenkraft Fab sowie die Gewichtskraft Fa = mK g im Schwerpunkt S des Kolbens an.
138 5 Kinetostatische Analyse ebener Getriebe
Berechnen Sie für die gegebenen Werte unter Berücksichtigung der vorgewählten
Maßstäbe für Abmessungen, Geschwindigkeiten und Kräfte
a) das Antriebsmoment Man mit Hilfe des JOUKOWSKY-Hebels,
b) die Lagerbelastung im Drehgelenk Ba und im Schubgelenk (Kolben/Zylinderwand, ohne
Reibung) nach dem Gelenkkraftverfahren,
c) die Kantenkräfte an der linken (1) und rechten (r) Kolbenseite mit Hilfe des Kraft- und
Seileckverfahrens !
Gegebene Werte: FG = 2,4 kN, Fab = 6,4 kN
Maßstäbe: Mz = 8,4 ern/ern" MF = 1,28 kNlemz
6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Zur Getriebesynthese gehört im wesentlichen
• die Festlegung der Getriebestruktur (Typensynthese)
• die Bestimmung kinematischer Abmessungen (Maßsynthese) und die
• konstruktive Gestaltung der Getriebeglieder und Gelenke unter Berücksichtigung der Belastung und des Materials.
Dieses Kapitel stellt einige leicht nachvollziehbare Verfahren der Maßsynthese vor, um die Abmessungen von Getrieben zu ermitteln, so daß sie anfangs gestellte Forderungen beim Übertragen von Bewegungen oder Führen von Gliedern erfüllen können. Mit Hilfe der Wertigkeitsbilanz lassen sich die Ansprüche an ein Getriebe mit den erreichbaren Möglichkeiten abgleichen.
Entsprechend den Zielvorgaben des vorliegenden Buches werden die Problematik für die viergliedrigen Getriebe aufbereitet und Lösungen aufgezeigt: Die ALTsche Totlagenkonstruktion für viergliedrige umlauffähige Übertragungsgetriebe steht am Anfang und die nachfolgende Darstellung der exakten Zwei- und Drei- Lagen-Synthese für Führungs- und Übertragungsgetriebe dient als Einstieg in die klassische Mehrlagensynthese nach BURMESTER [6.1].
Schließlich ist jede gefundene Lösung hinsichtlich ihrer Bewegungs- und Kraftübertragungsgüte zu beurteilen; dazu dienen die Kriterien Übertragungswinkel und Beschleunigungsgrad.
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT
Die Totlagen eines viergliedrigen umlauffähigen Getriebes zählen zu den Sonderlagen des Getriebes. Die Tot- oder Umkehrlage ist gekennzeichnet durch den Nullwert der Geschwindigkeit des Abtriebglieds bei kontinuierlich rotierendem Antriebsglied, Bild 6.1.
140 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Sie tritt innerhalb einer Bewegungsperiode des Getriebes zweimal auf und wird mit innere (Index i) und äußere (Index a) Totlage bezeichnet.
Die wichtigsten viergliedrigen Getriebe, die eine umlaufende Antriebsdrehung in eine schwingende Abtriebsdrehung oder -schiebung umwandeln, sind
a) Kurbelschwinge,
b) Kurbelschleife,
c) Schubkurbelund
d) Kreuzschubkurbel
[6.2]. Im Hinblick auf die beiden TotlagensteIlungen läßt sich sowohl am Antriebsglied (Kurbel) als auch am Abtriebsglied ein Totlagenwinkel definieren:
• Abtriebstotlagenwinkel (Winkelhub) '1'0'
• Antriebstotlagenwinkel (j)o.
Die Zuordnung von (j)o zu '1'0 erfolgt im Bereich der Gleichlaufphase, d.h. positiver
Übertragungsfunktion 1. Ordnung ( '1" > 0). Zur Gegenlaufphase gehört dann der Win
kel 3600 - (j)o. In den Fällen der Schubkurbel und Kreuzschubkurbel tritt an die Stelle
des Abtriebstotlagenwinkels der Hub so. Die Zeiten für Hin- und Rückgang (Index H
bzw. R) stehen im Verhältnis
t H (j)o
t R 3600 - (j)o (6.1)
für <p == (j) = n = konst.
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT
(flo
c)
Kurbelschwinge
Ai'"- -_.-..Scbubkurbel
Bild 6.1
a b) i// i ;
-.-
j ,_._._._._. _._.- _._ . ;
, \ .'.
-.-
Kurbelschleife
d)
Kreuzschubkurbel
141
Innere und äußere Totlagen einiger viergliedriger Getriebe (nach Richtlinie VDI 2130)
Eingehende Untersuchungen haben zu Grenzen geführt, in denen alle Kombinationen von Totlagenwinkeln liegen müssen, wenn diese durch viergliedrige umlauffähige Getriebe realisierbar sein sollen:
(900+ ~o ) < <Po< (2700+ ~o ), (6.2a)
0°:::; '1'0< 180° . (6.2b)
Bild 6.2 gibt einen Überblick mit den zulässigen (schraffierten) Bereichen. Auf den Linien B, D, F, G und im Punkt H liegen die Sonderfälle der allgemeinen Kurbelschwinge. Für Schubkurbeln und Kreuzschubkurbeln gilt hier und für alle folgenden
142 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Diagramme generell 'V 0 = 0° . Außerhalb der schraffierten Bereiche ist der Übertra
gungswinkel !! = 0° , s. Abschnitt 6.1 .3.1.
<Po
Bereich A:
Linie B:
Bereich C:
Linie D:
% + 90 ° < <Po < 180° 2
<Po = 180°
180 ° < % < 'Va + 180°
<Po - 'Va = 180°
K urbelschw ingen
zen trisc he K urbelsc h w in g en
K urbelschw ingen
Kurbelschwingen und Kurbelschleifen
Bereich E: 'Va + 180 ° < <Po < ~ + 270 ° Kurbelschwingen
Linie F: 90 ° < <Po < 180 °, 'Vo = 0° Schubkurbeln
Linie G: 180° < <Po < 270 °, 'Vo = 0° Schubkurbeln
PunktH : <Po = 180° , 'Va =0 ° Zentrisch e Schubkurbeln und Kreuzschubkurbeln
Bild 6.2 Zulässige Bereiche für Totlagenwinkel viergliedriger Getriebe (nach Richtlinie VDI 2130)
6.1.1 Kurbelschwinge
Gegeben sind die kinematischen Größen
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT 143
gesucht sind
a == r = AoA, b = AB, c = BoB.
Die vorbezeichneten Gliedlängen müssen die GRASHOFsche Umlaufbedingung (Abschnitt 2.4.2.1) erfüllen, d.h.
a + lmax < l' + I" ,
außerdem sind die Ungleichungen (6.2a, b) einzuhalten.
In der äußeren Totlage AOAaBaBO befinden sich Kurbel und Koppel in Strecklage, in
der inneren Totlage AoAjBjBo in Decklage, vgl. Bild 6.1 . Die nachfolgend beschriebene Totlagenkonstruktion nach ALT [6.3] liefert die gesuchten Gliedabmessungen einer Kurbelschwinge in der Strecklage, Bild 6.3.
Die freien Schenkel der in Ao und Bo im Uhrzeigersinn von AoBo aus angetragenen
Winkel ~r/2 bzw. 'l'r/2 schneiden sich in R. Die Mittelsenkrechte auf A.oR (Fußpunkt
MkA) schneidet BoR in MkB • Die Kreise kA und kB durch Rund Ao mit den Mittelpunkten MkA und MkB sind die geometrischen Orte für die Gelenkpunktlagen Aa und Ba. Der Winkel ß ist nach anderen Kriterien, s. Abschnitt 6.1.3.1, innerhalb der Grenzwinkel ßI (Punkt E auf kB) und ßn (Punkt Lauf kB) frei wählbar. Die Punkte E und L findet man mit Hilfe des in Bo angetragenen Winkels 'l'o.
e ---...,
Bild 6.3 Totlagenkonstruktion der Kurbelschwinge (nach Richtlinie VDI 2130)
144 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Die aus der Totlagenkonstruktion ableitbaren geometrischen Beziehungen lassen sich in einem Ablaufplan zusammenfassen und für ein Programm vorbereiten, Bild 6.4,
~ N
~ "" lu ~ ~~
'. "- '"
;#'j", ~ ~e ~ ~ ~
. ~ '" ~ " 0 Os <=>
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u
Bild 6.4 Ablaufplan zur Berechnung von Kurbelschwingen (nach Richtlinie VDI 2130)
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT 145
6.1.2 Schubkurbel
Gegeben sind die kinematischen Größen
gesucht sind
a == r = AoA, b = AB, e .
Die Schubkurbel geht aus der Kurbelschwinge durch den Grenzübergang Bo ~ 00 hervor, d.h. c ~ 00, d ~ 00. Die verbleibenden endlichen Abmessungen müssen die
GRASHOFsche Umlaufbedingung erfüllen, d.h.
a+e< b,
außerdem gilt '1'0 = 0° und die Ungleichung (6.2a).
Da '1'0/2 und '1'0 nicht existieren, werden stattdessen Parallelen zur Gestellgeraden
AoBü mit den Abständen s0/2 und So gezogen, Bild 6.5.
Bild 6.5 Totlagenkonstruktion der Schubkurbel (nach Richtlinie VDI 2130)
Ba kann auf dem Kreis kB zwischen den Punkten E und L gewählt werden (Auswahlwinkel ß). Die Schubrichtung mit der vorzeichenbehafteten Versetzung e steht senk-
recht auf der Gestellgeraden. Für R = H (<Po = 180°) entartet der Kreis kB zu einer Gera-
146 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
den, und es entstehen zentrische Schubkurbeln (e = 0). Der zugeordnete Ablaufplan für die geometrischen Beziehungen ist Bild 6.6 zu entnehmen.
nein
Bild 6.6
<Po = So =
ja
Ablaufplan zur Berechnung von Schubkurbeln (nach Richtlinie VDI 2130)
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT 147
6.1.3 Auswahlkriterien
Zur Auswahl eines Getriebes aus der unendlichen Vielfalt möglicher Getriebe wird man den Winkel ß variieren. Bewährt haben sich die Kriterien
• Größtwert des minimalen Übertragungswinkels Ilmin (übertragungsgünstigstes Getriebe) für langsam laufende Getriebe oder Getriebe mit geringen bewegten Massen und
• minimaler Beschleunigungsgrad Omin (beschleunigungsgünstigstes Getriebe) für schnell laufende Getriebe oder Getriebe mit großen bewegten Massen, um eine gute Kraft- und Bewegungsübertragung zu gewährleisten, s. auch [6.4].
6.1.3.1 Übertragungswinkel
Der Übertragungswinkel Il ist beim viergliedrigen Drehgelenkgetriebe der Winkel zwischen der Koppel AB und dem Abtriebsglied BoB, Bild 6.7.
Bild 6.7 Übertragungswinkel beim viergliedrigen Drehgelenkgetriebe
Wenn außer dem Abtriebsmoment keine weiteren Belastungen hinzukommen, gilt mit der Stab kraft F
I M = F. la = M ab · a
an BoB.sinll
(6.3a)
(6.3b)
148 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Im Fallll = 0° ist keine Kraftübertragung vom Abtriebs- auf das Antriebsglied möglich. Der Bestwert ist Il = 90° .
Allgemein ist derjenige Winkel zwischen Koppel und Abtriebsglied als Übertragungswinkel zu wählen, der ~ 90° ist. Wird der Winkel > 90°, gilt der Supplementwinkel (Ergänzung zu 180°). Bei der Auslegung von Getrieben ist der minimale Übertragungswinkeillmin zu beachten und die Ungleichung
einzuhalten (Erfahrungswert Ilert).
(6.4)
Bild 6.8 Zur Definition des Übertragungswinkels nach ALT
ALT [6.3] hat den Übertragungswinkel aus geometrisch-kinematischen Betrachtungen heraus festgelegt:
Satz: Der Übertragungswinkelll kennzeichnet den Richtungsunterschied der Absolutgeschwindigkeit in B (Tangente t. senkrecht auf c) und der relativen Geschwindigkeit gegenüber dem Antriebsglied a (Tangente tr senkrecht auf b), Bild 6.8.
Die Extremwerte von Il treten in den Gestellagen oder Steglagen der viergliedrigen Getriebe auf, Bild 6.9. Der kleinere der beiden Extremwerte ist Ilmin. Als Steglage eines Getriebes wird die Lage bezeichnet, bei der der Gelenkpunkt A auf die Gestellgerade AoBo fällt. Man unterscheidet zwischen innerer und äußerer Steglage, je nachdem, ob A innerhalb AoBo oder außerhalb AoBo zu liegen kommt. Die Steglagen gehören neben den Totlagen zur zweiten Gruppe von Sonderlagen der viergliedrigen Getriebe. Für die Kurbelschwinge gilt
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT
Ib2 +c2 -(d-a)2
111 = arccos , 2bc
b2 +c2 -(d+a)21 Iln = arccos ,
2bc
und für die Schubkurbel
a)
An '
Bild 6.9
( a+e) 111 = arccos -b- = Ilmin'
( a-e) Iln = arccos -b- .
.. . - .
b
r
'" ./
d
c
BQ ,
Steglagen der Kurbelschwinge a) und Schubkurbel b)
149
(6.5a)
(6.5b)
(6.5c)
(6.6a)
(6.6b}
All
Der optimale Auswahlwinkel ß ist ebenso wie der erreichbare Größtwert des Übertragungswinkels maX(llmin) im Auswahldiagramm 1 (Bild 6.10) für alle Typen viergliedriger Getriebe und für alle möglichen Kombinationen von <Po und '1'0 (so) zu entnehmen. Der Aufbau des Diagramms entspricht dem Bild 6.2. Mit Hilfe von ß ist das Getriebe gemäß den Ablaufplänen (Bild 6.4 und 6.6) zu zeichnen oder zu berechnen.
150 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
360 '
330'
300 '
max ).l.
270' ".:)y "'\
.... G \
.,/
'\
....-~ 1'1: 90' 240 ' 00 ' ..-
-r-29' =?r;
1,4 0' 210'
110 .'
/! v/
80 180 '
60'11. , f7ß)c /"
~fn ~~ 90 ' .....
R ~ ~ I
40.\ 30':"
-;, 150'
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...-
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rr 7 1.' 1/ l/1 / ~, '.' -..... / / r--:-- .... ~ ~ :::::a.o ..... ...... ~
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b~'
'" /' '" V
0' 30'
Bild 6.10
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160 1. 70 ' (5(
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/'
V /'
90 ' 120'
"'0 150 ' 180'
Auswahldiagramm 1 für übertragungsgünstigste Getriebe (nach Richtlinie VDI 2130)
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT 151
6.1.3.2 Beschleunigungsgrad
Die sich maximal einstellende Winkelbeschleunigung \jI max = "'~ax . 0 2 bzw. Linearbe
schleunigung smax = s~ .02 während des durchlaufenen Totlagenwmkels "'0 bzw.
Hubs So wird mit der kleinstmöglichen (konstanten) Beschleunigung (Verzögerung) \jI v
bzw. Sv verglichen, die während der Gleichlaufphase (",' > 0 bzw. s' > 0, Index H)
und der Gegenlaufphase ('l" < 0 bzw. s' < 0, Index R) durch das Bewegungsgesetz
"Quadratische Parabel" (v gl. Richtlinie VDI 2143, Blatt 1) erreichbar ist.
Der Quotient
\Ir S o =..:!:J!!M.. bzw. 0 = ~ a - a-
'l' v Sv (6.7)
heißt Beschleunigungsgrad; der Bestwert ist Oa, Oa = 1.
- =4. 'l'o[rad] .02 =720°. "'0.02 == " .02 'l'vH 2[ d2] . 2 "'vH
<Po ra 1t <Po Mit (6.8a)
und - _720°. 'l'o .02=" .02 'l' vR - 1t (3600-<PO)2 - '" vR
(6.8b)
erhält man den Beschleunigungsgrad für den Gleich- und Gegenlauf:
" 2 o - 'l'maxH -~.~. "
aH - \Ir" - 7200 \Ir 'l' max H , 'Y vH 'Y 0
(6.9a)
(6.9b)
Bei schiebendem Abtrieb erhält man stattdessen (keine Umrechnung von 'l'o von Bogenmaß auf Grad notwendig):
o - SmaxH - ~ . <Po .s" " ( )2 2 aH - S~H - 360° So maxH'
(6.l0a)
(6.1 Ob)
In den Auswahldiagrammen 2 und 3 (Bilder 6.11 und 6.12) sind die Beschleunigungsgrade oa, oa für die Gleich- und Gegenlaufphase neben dem Winkel ß als Auswahlkriterien angegeben. Die Arbeitsweise mit diesen Diagrammen entspricht derjenigen mit Auswahldiagramm 1.
152 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Hinweis: Stehen quasistatische Belastungen im Vordergrund, wird man Diagramm 1 wählen, bei überwiegend dynamischen Gesichtspunkten (Trägheitswirkungen) die Diagramme 2 und/oder 3,
360'
t %
,,/ l1 G leich lauf ,,/V lc:. t--r--
V I' 20~/ r--
--ß ./ t--r--~ ~ --15(1
L lV 0 30' .- .. -
330'
~ ~ ~ 40 _ ~1} f -
~ ~r'-rY0~
1\ //, \ ~ ............
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300'
~ ~ ............ ..... ~ ~ r-
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1"-...... I----~ 80· 1 L4 '/ .1 10.0 270'
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240
180
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Bild 6.11 Auswahldiagramm 2 für beschleunigungsgünstigste Getriebe in der Gleichlaufphase (nach Richtlinie VDI 2130)
6.1 Totlagenkonstruktion nach ALT 153
360·
t %
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Bild 6.12 Auswahldiagramm 3 für beschleunigungsgünstigste Getriebe in der Gegenlaufphase (nach Richtlinie VDI 2130)
154 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
6.2 Lagensynthese
Unter dem Begriff der Lagensynthese versteht man die Bestimmung von Gliedabmessungen eines Getriebes bekannter Struktur, das während des Bewegungsablaufs vorgegebene Lagen einnimmt.
Bei den vorgegebenen Lagen kann es sich um
a) Punktlagen (Lagen von Koppelpunkten mit jeweils zwei Koordinaten x, y),
b) Gliedlagen (Lagen von Koppelgliedern, beschrieben durch jeweils zwei Punkte),
c) Relativlagen (Zuordnungen von Winkeln und Wegen) zwischen An- und Abtriebs-glied
handeln. Die Fälle a) und b) charakterisieren Führungsgetriebe, der Fall c) ist typisch für die Synthese eines Übertragungsgetriebes. Alle drei Fälle lassen sich auf Punktlagen und somit auf die durch drei Sätze charakterisierte Grundaufgabe der Getriebesynthese ebener viergliedriger Getriebe zurückführen [1: Bd. 2, 14].
Grundaufgabe:
• Gegeben sind verschiedene Lagen einer bewegten Ebene E, etwa EI. E2, E3, ••• ,
gegenüber der (ruhenden) Bezugsebene Eo; die Lagen können endlich oder unendlich benachbart sein.
• Gesucht sind diejenigen Punkte von E, die bei der Bewegung von E gegenüber Eo (ElEo) auf einem Kreis liegen.
• Diese Punkte beschreiben eine homologe Punktreihenfolge bzw. man nennt EI. E2, EJ , ... homologe Lagen der Ebene E gegenüber Eo.
Die mit Hilfe der Lagensynthese in den nachfolgenden Abschnitten gefundenen Lösungsgetriebe sind allesamt noch den Auswahlkriterien des Abschnitts 6.1.3 zu unterwerfen und - falls erforderlich - auf Umlauffähigkeit mit Hilfe des Satzes von GRASHOF zu prüfen.
6.2.1 Wertigkeitsbilanz
Die Beschreibung von Lagen erfolgt mit Hilfe geometrischer Größen wie Koordinaten, Längen (Strecken), Winkel, usw., die eine unterschiedliche Wertigkeit aufweisen; beispielsweise ist die Angabe der ersten Lage eines Koppelpunktes C mit den Koordinaten
6.2 Lagensynthese 155
Xc, Yc zweiwertig, die Angabe jeder weiteren Lage von C nur noch jeweils einwertig, da die Gleichung fex, y) = 0 der Koppelkurve erfüllt werden muß. Wenn im Fall a) neun Punktlagen vorgeschrieben werden, muß die erforderliche Wertigkeit Werf = 10 mit der durch das Getriebe zur Verfügung gestellten vorhandenen Wertigkeit W vorb zumindest übereinstimmen. Bei der Auswertung der Gleichung
(6.11)
gibt es für Wfrei < 0 keine, für Wfrei = 0 eine eindeutige und für Wfrei > 0 mehrere Lösungen, wobei Wfrei geometrische Größen noch frei gewählt werden können.
Wenn das Getriebe g = 4 einfache Gelenke (Dreh- und Schub gelenke ) besitzt und stets p Punkte zu führen sind, errechnet sich W vorh im allgemeinen aus der Gleichung
Wvorh =2(g+p)=8+2p.
Demnach ist bei
a) Punktlagen:
b) Gliedlagen:
W vorh = 10
Wvorh = 12
c) Relativ-Winkellagen: Wvorh = 8
(6.12)
Andererseits kann sich die vorhandene Wertigkeit W vorh eines Getriebes durch typ- oder maßbedingte Sonderformen verringern. Jedes Schub- oder Schleifengelenk beispielsweise läßt einen der Gelenkpunkte ins Unendliche wandern, und es resultiert eine (kinematische) Versetzung oder Exzentrizität e mit der Folge, daß sich W vorh jeweils um die abhängige Wertigkeit Wabh = 1 verringert; W vorh verringert sich nochmals um die unwirksame Wertigkeit W unw = 1, falls e = 0 gewählt wird, folglich ergibt sich die effektiv vorhandene Wertigkeit zu
Weff = W vorb - Wabb - Wunw . (6.13)
Wabh = 1 entsteht ebenfalls bei Längengleichheit zweier Glieder. In Tafel 6.1 sind einige oft wiederkehrende Wertigkeiten zusammengestellt, die sowohl W vorh als auch Wabh als auch Wunw betreffen.
Der Abgleich zwischen der erforderlichen und der vorhandenen Wertigkeit des Getriebes entsprechend GI. (6.11) wird Wertigkeitsbilanz genannt.
Satz: Die Wertigkeitsbilanz entscheidet darüber, wieviel Lagen von einem Getriebe erfüllt werden können.
156 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Hinweis: Die Überlegungen dieses Abschnitts gelten im wesentlichen auch für Getriebe mit mehr als vier Gliedern.
TafeI6.1: Annahmen und zugeordnete Wertigkeiten
Annahme
Wahl eines Koppelpunktes
Bahnpunkt zum Koppelpunkt
Länge (Strecke, Abstand, Radius)
Winkel (einer Geraden)
Winkelschenkel (geometrischer Ort für ein Gelenk)
Wertigkeit
2
1
1
Winkelzuordnung 1
Tangente oder Normale im Bahnpunkt 1
Wahl eines Drehgelenks 2
Wahl eines Schub- oder Schleifengelenks mit e::l- 0
Wahl eines Schub- oder Schleifengelenks mit e = 0 2
6.2.2 Zwei-Lagen-Synthese
6.2.2.1 Beispiel eines Führungsgetriebes
In Bild 6.13a sind zwei Lagen EI und E2 einer Ebene E durch die Punktpaare Ch DI und C2, D2 in der Gestellebene Eo mit dem x-y-Koordinatensystem gegeben. Gesucht sind die Gestelldrehpunkte Ao und Bo eines Drehgelenkgetriebes, das die Koppelpunkte C und D und damit die Ebene E durch beide Lagen führt.
Lösung:
Annahme
2
Die Wertigkeitsbilanz ergibt entsprechend den GIn. (6.11), (6.12) und Tafel 6.1
Wfrei =Wvorh -Werf =12-(2+2+1+1)=6,
6.2 Lagensynthese 157
d.h es gibt letztendlich 006 Möglichkeiten, ein passendes Getriebe zu finden.
Wir wählen für die Lage 1 (EI) zwei beliebige weitere Punkte AI und BI (und vergeben damit vier Wertigkeiten). Die Punkte AI und BI dürfen auch mit den gegebenen Punkten CI und DI zusammenfallen. Danach wird die Lage 2 (E2) um die Punkte A2 und B2 ergänzt (kongruentes Trapez zu EI). Die Mittelsenkrechten mA und mB der Strecken -- --A IA 2 bzw. BIB2 schneiden sich im Drehpol P12 (s. auch Abschnitt 3.1.3.4). Um den
Drehpol P12 rotiert jeder Punkt der Koppel mit dem Winkel <P12 bei der Bewegung von Lage 1 in Lage 2. Der Winkel <P12 ist entweder mathematisch positiv (Gegenuhrzeigersinn) oder mathematisch negativ (Uhrzeigersinn) orientiert und stets gilt <P21 = 3600 - <P12. Der Drehpol fällt nur für den Fall mit dem Momentanpol der Koppel CD bzw. AB zusammen, daß die Lagen EI und E2 unendlich benachbart sind, d.h. ebenfalls zusammenfallen. Mit der Wahl von Ao auf mA und von Bo auf mB werden die restlichen beiden Wertigkeiten vergeben und das Drehgelenkgetriebe AoABBo läßt sich in der Lage 1 oder 2 zeichnen, Bild 6.13b.
o Eo
x o EO
x
Bild 6.13
Viergliedriges Drehgelenkgetriebe AoABBo als Führungsgetriebe: a) AufgabensteIlung, b) Lösung in Lage 1
6.2.2.2 Beispiel eines Übertragungsgetriebes
In Bild 6.l4a sind zwei Winkellagen 1 und 2 des Antriebsglieds einerseits und relativ dazu zwei Winkellagen I' und 2' des Abtriebsglieds andererseits eines Drehgelenkgetriebes um die noch endgültig festzulegenden Gestelldrehpunkte Ao und Bo gegeben. Gesucht sind die Punkte A und B als Gelenke der Koppel des Getriebes in einer der beiden Lagen und damit die restlichen Getriebeabmessungen.
158 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Lösung:
Für die Wertigkeitsbilanz ist mit der Zuordnung <P12hV12 sofort Werf = 1 anzugeben. Den GIn. (6.11) und (6.12) zufolge ist
Wfrei = Wvorh - Werf =8 - 1=7,
d.h. es gibt 007 Möglichkeiten, ein passendes Getriebe zu finden.
Wir legen Ao und Bo in der Ebene Eo fest und vergeben damit lt. Tafel 6.1 vier Wertigkeiten; die verbleibenden drei Wertigkeiten nutzen wir, um die Anfangswinkel a und ß sowie die Länge BoB=BoBI =BoB2 zu wählen. B bewegt sich für einen Beobachter im
Punkt A auf dem Antriebsglied AoA auf einem Kreis um A; bei der Rückdrehung mit -<P12 um Ao in die Bezugslage 1 wandert der Punkt B2 in die Lage B21. Da alle in der
Lage 1 bekannten Punkte B auf einem Kreis um AI liegen, liefert folglich der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten mB 1 mit dem Antriebsglied in der Lage 1 den Punkt AI. Mit -- --AIBI =AB liegt auch die Länge der Koppel fest, Bild 6.14b.
a) Y
o Bild 6.14
I'
~,
b) Y
x 0 x
Viergliedriges Drehgelenkgetriebe AoABBo als Übertragungsgetriebe: a) AufgabensteIlung b) Lösung in Lage I
6.2.3 Drei-Lagen-Synthese
Die Vorgehensweise des letzten Abschnitts kann mühelos um eine zusätzliche Relativlagenzuordnung für viergliedrige Übertragungsgetriebe erweitert werden. Die Drei-Lagen-
6.2 Lagensynthese 159
Synthese für Führungsgetriebe würde den gesetzten Rahmen des Buches überschreiten; hier wird auf die Literatur [1, 6, 14, 15] verwiesen.
6.2.3.1 Beispiel eines Drehgelenkgetriebes als Übertragungsgetriebe
Zu zwei gegebenen Relativ-Winkelzuordnungen <P1:zI"'12 und <j)z~"'23 für drei Lagen des Antriebsglieds M und drei Lagen 1', 2', 3' des Abtriebsglieds BoB eines Drehgelenkgetriebes sind die Abmessungen zu finden.
Lösung:
Die mit Hilfe von GI. (6.12) ermittelte vorhandene Wertigkeit Wvorh = 8 teilt sich für die erforderliche Wertigkeit Werf hinsichtlich der getroffenen Annahmen folgendermaßen auf:
Annahme Ao Bo ß 2 2 1 1
Mit der Wahl von ß und mit den Winkeln "'12 und "'23 liegen die Punkte B}, B2, B3 in den drei Lagen des Abtriebsgliedes als Punkte eines Kreises um Bo mit dem Radius
BoB fest. Bei der Rückdrehung dieser Punkte mit den Winkeln -<P12. -<P13 = -( <P12 + <j)z3)
um Ao wandern die Punkte B2 und B3 für einen Beobachter in A in der Bezugslage 1 an die Stellen B2l bzw. B31. Da alle Punkte B in der Lage 1 auf Kreisen um A liegen müssen, liefert der Schnittpunkt der beiden Mittelsenkrechten mBl l und mB21 den Punkt A in -- --der Lage 1 und damit die Koppellänge AlBl =AB, Bild 6.15.
6.2.3.2 Beispiel eines Schubkurbelgetriebes als Übertragungsgetriebe
Zu zwei gegebenen Relativlagenzuordnungen <P12/S12 und <P13/S13 für drei Lagen des Antriebsgliedes (Kurbel) AoA und drei Lagen des Abtriebsgliedes (Schiebers) eines zentrischen Schubkurbelgetriebes sind die Abmessungen zu finden.
Lösung:
Wegen der Versetzung e = 0 verringert sich W vorh = 8 um zwei Wertigkeiten auf Weff = 6, vgl. GI. (6.13).
Die Wertigkeitsbilanz sieht dann folgendermaßen aus:
160 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Annahme Ao
2 2
---- -------~-- --~-
Bild 6.15
, , , , I , ,. \ ,.'
. I \ ./-mBJ I '
, , , , , :r , , , , , , ,
Drei-Lagen-Synthese für ein Drehgelenkgetriebe AoABBo als Übertragungsgetriebe
Die Konstruktion des Punkts A in der Lage 1 erfolgt analog zu derjenigen im Abschnitt zuvor, Bild 6.16.
Bild 6.16
.----- f\ ---"--F '\
/B1 \.!ll
Drei-Lagen-Synthese für ein Schubkurbelgetriebe AoABBö als Übertragungs getriebe
6.3 Übungsaufgaben 161
6.3 Übungsaufgaben
Aufgabe 6.1:
Es soll eine Maschine zum Verschließen von Dosen entwickelt werden. Dazu müssen die Dosen linear um 100 mm angehoben werden. Da die Dosen mit einer Flüssigkeit befüllt sind, soll der Aufwärtshub möglichst stoßfrei erfolgen, der Abwärtshub darf wesentlich schneller sein, weil die Dosen dann bereits verschlossen sind.
Es sind folgende Aufgaben zu lösen:
a) Welcher Getriebetyp sollte gewählt werden? Sollte ein übertragungs- oder beschleunigungsgünstigstes Getriebe entworfen werden?
b) Ermitteln Sie die Getriebeabmessungen nach Richtlinie VDI 2130, wenn der Abwärtshub 2,6 mal schneller erfolgen darf als der Aufwärtshub.
c) Wie viele Dosen können pro Minute geschlossen werden, wenn die maximal zulässige Beschleunigung der offenen Dosen 1 g = 9,81 mJs2 beträgt?
Aufgabe 6.2:
Ein Scheibenwischer wird gewöhnlich durch einen mit konstanter Drehzahl laufenden Elektromotor angetrieben. Durch ein Getriebe soll die rotatorische Bewegung in eine schwingende Bewegung umgesetzt werden. Dieses Getriebe soll die folgenden Eigenschaften aufweisen:
• Antrieb durch einen Elektromotor geringstrnöglicher Größe und mit konstanter Drehzahl.
• Rückhub erfolgt doppelt so schnell wie der Wischhub.
• Der Wischer soll einen Winkelbereich von 80' überstreichen.
Der Entwurf soll nach Richtlinie VDI 2130 vorgenommen werden. Dazu sind folgende Teilaufgaben zu lösen:
a) Welcher Getriebetyp ist geeignet?
b) Ist das Getriebe übertragungs- oder beschleunigungsgünstigst auszulegen?
c) Der Gestellabstand soll aus konstruktiven Gründen 200 mm betragen. Ermitteln Sie die restlichen Abmessungen!
d) Fertigen Sie eine Skizze des Getriebes in den Totlagen an!
162 6 Grundlagen der Synthese ebener viergliedriger Gelenkgetriebe
Aufgabe 6.3:
Mit Hilfe eines versetzten Schubkurbelgetriebes AoABBö soll eine Koppelstrecke
CD durch zwei vorgeschriebene Lagen CIDI und C2D2 geführt werden. Zur Ermittlung der Getriebeabmessungen werden gruppenweise weitere kinematische Größen vorgegeben, die jeweils in einer Wertigkeitsbilanz auf Vollständigkeit bzw. Überbestimmtheit zu untersuchen sind. Diejenigen Getriebe sind in der Lage 1 zu konstruieren, deren Abmessungen sich aufgrund der gemachten Angaben eindeutig bestimmen lassen.
Gegebene x-y-Koordinaten (in mm):
CI (35/75); C2 (0/0); DI (85/75); D2 (32/38)
C Al Cl
Y D2
V I X
2 c
Alternative weitere Größen:
a) AI (20/75); B2 (85/24);
b) AI (20/75); B2 (85/24); Ao auf der Geraden durch AI und A2
c) Ao in der Mitte zwischen CI und C2; Schubrichtung parallel zu CID}. e = 0 mm;
Kurbellänge AoA minimal
d) Ao = CI; AI (20/75); B2 (85/24); e = 10 mm
DI
e) B2 (85/24); Schubrichtung parallel zu CID}. e = 0 mm; Ao in der Mitte zwischen CI undC2
7 Räumliche Getriebe
Die Beschäftigung mit räumlichen Getrieben erfordert ein beträchtliches Maß an Abstraktionsvermögen, denn wer kann sich schon Bewegungen von Getriebegliedern um und längs windschiefer Achsen vorstellen. Während die Analyse räumlicher Getriebe schon recht weit fortgeschritten ist, steht die Synthese räumlicher Getriebe - mit Ausnahme der Kurvengetriebe - noch in den Anfängen. Vom Standpunkt des Ingenieurs lohnt sich die Beschäftigung mit räumlichen Getrieben allemal: Sie sind in der Regel kompakter und benötigen deshalb weniger Bauraum als ebene Getriebe.
Wir lernen in diesem Kapitel die Grundbewegungen eines räumlichen Getriebes kennen, erfahren etwas über momentane Schraubachsen als dem Pendant der Momentanpole und über die Erweiterung der NEWTON-RAPHSON-Iterationsmethode auf räumliche Getriebe. Den Abschluß bilden Kinematik-Transformationsmatrizen, die sich bei Industrierobotern - den bekanntesten Anwendungen räumlicher Getriebe mit sehr einfach aufgebauten Gelenken - bereits durchgesetzt haben.
Räumliche Getriebe (Raumgetriebe ) sind u.a. dadurch gekennzeichnet, daß sie sehr oft Drehachsen haben, die sich kreuzen, vgl. Abschnitt 2.1.3. Zwei sich kreuzende Achsen (Geraden) haben i.a. einen sich zeitlich ändernden Kreuzungsabstand (Lot) d = d(t) und einen sich zeitlich ändernden Kreuzungswinkel A = A( t) , Bild 7.1.
Punkte von Gliedern räumlicher Getriebe beschreiben i.a. Raumkurven, d.h. Kurven mit doppelter Krümmung.
Räumlichen Getrieben ist eine Raumkinematik zugeordnet, d.h. für die kinematische Analyse solcher Getriebe haben sich spezielle mathematische Verfahren der Vektor- und Matrizenrechnung bewährt, die mit Rechnerunterstützung durchgeführt werden. Am anschaulichsten dabei ist die Vektorrechnung, die sowohl geschlossen-analytische als auch nur iterativ zu erlangende Lösungen liefert.
164 7 Räumliche Getriebe
Bild 7.1
Zwei im Raum liegende sich kreuzende (windschiefe) Geraden g, und g2
7.1 Der räumliche Geschwindigkeitszustand eines starren Körpers
Drei Punkte (p, G, H) eines starren Körpers, die nicht alle auf einer geraden Linie liegen, bestimmen dessen Lage (und Kinematik) im Raum, Bild 7.2 [7.1].
Bild 7.2
x y Starrer Körper im Raum
7.1 Der räumliche Geschwindigkeitszustand eines starren Körpers 165
Die drei Ortsvektoren rF' ra und rH müssen die Starrheitsbedingungen erfüllen, d.h.
(ra - rF)2 = konst. und (rH - rF)2 = konst.
Analog zu Abschnitt 3.1.2.1 läßt sich daraus nach einmaliger zeitlicher Ableitung ein räumlicher Winkelgeschwindigkeitsvektor Cl) herleiten, so daß mit F als Bezugspunkt, Translationspunkt oder Aufpunkt gilt:
V 0 = V F + 00 x raF' rOF = ra - rF ,
vH = VF +ooxrHF ' rHF =rH -rF·
(7.1a)
(7.1b)
VF und 00 bilden zusammen die sog. Kinemate des starren Körpers bezüglich F. Der
vom Punkt Funabhängige Winkelgeschwindigkeitsvektor 00 bestimmt sich folgendermaßen aus GI. (7.1a):
va -VF = 00 x (ra -rF);
Linksmultiplikation mit v H - V F ergibt
(VH -VF)X(Va -VF)::::(VH -vF)xoox(ra -rF)= =(VH -vF)(ra -rF)oo-(vH -vF)oo(rO -rF)'
Der letzte Term verschwindet, weil nach GI. (7.1b) der Differenzvektor VH - VF auf 00 senkrecht steht; somit verbleibt
_ (VH-VF)X(Va-vF) Cl) :::: ~:':""'--':"":"""'+-=---::-:-
(vH -vF)(ro -rF) (7.2)
Multipliziert man GI. (7.1a) oder GI. (7.1b) skalar mit 00, verschwindet stets der zweite Summand, daraus folgt:
Satz 1: 00 und v F . 00 = V 0 . 00 :::: V H . 00 sind zwei von drei Invarianten des
räumlichen Geschwindigkeitsfeldes eines starren Körpers.
Für alle parallel zueinander verschobenen 00 -Achsen gilt dann immer noch VF' 00 :::: 0;
Punkte auf einer 00 -Achse hätten auf jeden Fall noch die Geschwindigkeit v F ' d.h.
Satz 2: Bei der allgemeinen räumlichen Bewegung eines starren Körpers gibt es La. keinen momentan ruhenden Punkt, also auch keine einfache Drehachse.
166 7 Räumliche Getriebe
Satz 3: Die allgemeine räumliche Bewegung eines starren Körpers setzt sich aus aufeinanderfolgenden Elementarschraubungen zusammen, die jeweils parallel zu Öl ausgerichtet sind.
Jeder Punkt der momentanen Schraubachse (MSA) hat die Geschwindigkeit v CI) = p Öl, dabei ist p die momentane Steigung der Elementarschraubung, Bild 7.3
(s. auch Richtlinie VDI 2723).
Bild 7.3
F-Kinemate und momentane Schraubachse (MSA)
Bei gegebener F-Kinemate gilt für einen beliebigen Punkt S der MSA
Vs == vCI) = PÖl = vF +Ölxp (7.3)
Die vorstehende Gleichung wird zunächst skalar mit Öl multipliziert, wobei der Term
Öl' (Öl x p) verschwindet; übrig bleibt eine Gleichung für p:
Satz 4:
Öl' YF P=--2-'
ro (7.4)
Y CI) = p Öl ist die dritte Invariante des räumlichen Geschwindigkeitsfeldes
eines starren Körpers.
Wegen Öl'YF =Öl'YG =Öl'vH = ... hängt die dritte Invariante nicht vom gewählten
Translationspunkt F ab.
7.2 Der relative Geschwindigkeitszustand dreier starrer Körper 167
Um den Vektor Pn zu ermitteln, der senkrecht auf der MSA und & steht, schreibt man
in einem zweiten Schritt in GI. (7.3) P = Pn + u& (u: beliebige reelle Zahl) und bildet
das Kreuzprodukt durch Linksmultiplikation mit &:
&x p& = &x vp +&x&xPn, d.h.
0= & X vp + (&Pn)& - 0)2 Pn .
Hier verschwindet der vorletzte Term, so daß sich
(7.5)
ergibt.
Die gemeinsame Normale Pn des Winkelgeschwindigkeitsvektors & in F und der MSA
steht also auch senkrecht zu vp .
7.2 Der relative Geschwindigkeitszustand dreier starrer Körper
Zu drei relativ zueinander beweglichen Körpern (Getriebegliedern) 1, 2, 3 (allgemein i, j, k) gehören drei MSA k12, k13 und k23 mit den jeweiligen Invarianten &21' &31 und
&32 sowie v 0)21' V 0)31 und v 0)32. Alle drei MSA besitzen eine gemeinsame Normale
n123' so daß z.B. die Lage der MSA k13 sowie die zugeordneten Invarianten &31 und
v 0)31 aus den gegebenen Größen für k12 und k23 eindeutig zu ermitteln sind, Bild 7.4.
168
z
7 Räumliche Getriebe
Bild 7.4
Momentane Schraubachsen bei der Relativbewegung dreier Körper 1, 2, 3
Die folgenden Bestimmungsgleichungen sind ohne Beweis angegeben [7.2]:
V ro13 = [v ro21 0)21 + V ro32 0)32 + (v ro21 0)32 + V ro32 0)21 )coSA 23 + 0)21 0)32 d 23 sin 1.,23 ]
1&311
~ [ 0) 21 + 0) 32 COS I., 23 ) 1\,13 = arccos 1_ I .
0)31
Lehrbeispiel Nr. 7.1: Räumliches Schubkurbelgetriebe
AufgabensteIlung:
(7.6)
(7.7)
(7.8)
(7.9)
Das in Bild 7.5 skizzierte viergliedrige Schubkurbelgetriebe ABCD besitzt in A ein Drehschubgelenk (f = 2), in Bein Drehgelenk (f = 1), in C ein Kugelgelenk (f = 3) und
7.2 Der relative Geschwindigkeitszustand dreier starrer Körper 169
in D wiederum ein Drehschubgelenk (f = 2). Abgesehen von fid = 1 des Glieds 4 hat das Getriebe den Freiheitsgrad F = 1.
x
Bild 7.5
z Räumliches Schubkurbelgetriebe
Für die skizzierte Lage des Getriebes, bei der der Einheitsvektor ii senkrecht auf der Flächendiagonalen BH die relative Drehachse von Glied 3 gegenüber Glied 2 und die Koppel BC die Raumdiagonale eines Würfels der Kantenlänge a darstellen, sollen die MSA mit den zugeordneten Winkelgeschwindigkeiten sowie die Geschwindigkeit des Punktes C bzw. D auf Glied 4 ermittelt werden. Außer den Abmessungen ist die Geschwindigkeit v des Punktes B in negativer y-Richtung gegeben.
Lösung:
Es ist
Die MSA k12 ist mit AB, d.h. mit der y-Achse gegeben, der Einheitsvektor ii gibt zugleich die MSA k23 an, die Flächendiagonale BH stellt die gemeinsame Normale dieser beiden MSA dar, folglich muß k\3 mit 0)13 auch senkrecht auf BH stehen.
170 7 Räumliche Getriebe
Die Starrheitsbedingung für die Koppel 3 liefert
Nach dem Additionsgesetz für die drei Winkelgeschwindigkeiten gilt
<0 31 = <0 32 + <0 21 , d.h.
Ferner ist
Vc = VB +<031 XfCB = VB +<0 31 xii, d.h.
Dies ist ein lineares Gleichungssystem für 0)21 und 0)32 ; folglich wird
und auch
Die Lage der MSA k\3 ist z.B. über
- - -n _ <0 31 X Vc - 2a [ °1 1 Pn - PC\3 - 2 -0)31 3
-1
genau zu bestimmen, P~\3 ist der Lotvektor von C auf k\3; der Steigungsparameter dazu
beträgt momentan
<0 31 Vc 2a P13 = 2 =
0)31 3
7.3 Vektorielle Iterationsmethode 171
7.3 Vektorielle Iterationsmethode
Die im Abschnitt 4.1 für ebene Getriebe vorgestellte analytisch-vektorielle Methode läßt sich problemlos auf räumliche Getriebe übertragen [7.3].
Die Geschlossenheits- und weitere Zwangsbedingungen werden sinngemäß mit Kugelkoordinaten formuliert, Bild 7.6:
[cosa . . COS ß.]
fj = rj ej = rj cosa:. sin ß: sin aj
x
Bild 7.6
Kugelkoordinaten eines Getriebegliedvektors fj
(7.10)
Als Beispiel soll die federgeführte Vorderradaufhängung eines Pkw betrachtet werden, Bild 7.7a. Das zugrundeliegende Getriebe ist mit einem Drehgelenk 15, einem Schubgelenk 12, einem Drehschubgelenk 46 und vier Kugelgelenken ausgestattet, Bild 7.7b.
Aus der Anzahl g = 7 der Gelenke, der Anzahl n = 6 der Glieder läßt sich entsprechend GI. (4.4) die Anzahl der aufzustellenden unabhängigen Polygonzüge (Schleifengleichungen oder Geschlossenheitsbedingungen) ermitteln:
p=g-(n-l)=2.
Höhere Elementenpaare wären in der vorstehenden Gleichung nicht so einfach zu berücksichtigen, kommen bei räumlichen Getrieben allerdings auch nur selten vor.
Die Anwendung der Freiheitsgradgleichung (2.11) liefert
172 7 Räumliche Getriebe
g
F=6{n-l)-6g+ I/i i=\
= 6{6-1)-6·7 +2 ·1+ 1·2+4 ·3
zunächst F = 4 und nach Abzug der beiden identischen Freiheitsgrade der Glieder 3 und 6 F = 2: Der Antrieb des Getriebes erfolgt durch die beiden Zug-lDruckfedern in den Gelenken 12 und 46.
Mit Hilfe der Vektoren fi wird das vektorielle Ersatzsystem aufgebaut; da hier auch
sehr oft noch systembedingte feste Vektorzuordnungen zu berücksichtigen sind, kann die Numerierung der Vektoren von den Gliednummern abweichen, Bild 7.7c.
a) b)
M I Y
E
G
c)
__ -+-=-~M
Bild 7.7
Beispiel einer Pkw-Vorderradaufhängung als räumliches Führungsgetriebe mit F = 2
Darüber hinaus ist es vorteilhaft, das vektorielle Ersatzsystem zu wählen, bevor das räumliche x-y-z-Koordinatensystem festgelegt wird, weil man so die Zahl der variablen Bewegungsgrößen nachträglich verringern kann.
7.3 Vektorielle Iterations methode 173
Als Bezugspunkt für die Lenkbewegung des Gleitsteins 2 gegenüber dem Gestell 1 (z.B. mit Hilfe einer Zahnstange) wurde der Punkt M auf 1 willkürlich gewählt. Die Vektoren f7, f8 und flO legen den Gestellrahmen fest, mit f8 ist zudem die Lage der Drehach-
se 15 fixiert.
Die heiden Geschlossenheitsbedingungen für die 10 Vektoren lauten:
I/i =Ö,d.h. (7.11a)
p,i
p = 1: f\ + f2 + f3 + f4 + f5 + f6 + f7 = Ö , (7.llb)
p = 2: f\ + f2 + f3 + f9 + flO = Ö. (7.llc)
Dies führt über GI. (7.10) auf 3p = 6 skalare trigonometrische Gleichungen in der Form
(7. 12a) p,i p,i
(7.12b) p,i p,i
(7.12c) p,i p,i
In der Tabelle 7.1 sind alle Kugelkoordinaten ri' (Xi und ßi zusammengestellt worden,
konstante Koordinaten (stellungsunabhängige Baugrößen) sind mit c, variable (stellungsabhängige) Bewegungsgrößen und damit auch alle unbekannten Koordinaten mit v gekennzeichnet.
i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
r' \ v c c c c c c c v C
<Xi c v v v v v c c v c
ßi c v v v v v c c v c
Tab. 7.1
Übersicht über alle Koordinaten des vektoriellen Ersatzsystems für die Vorderradaufhängung in Bild 7.7
174 7 Räumliche Getriebe
Den 14 v-Größen stehen zunächst einmal nur die 6 Gleichungen (7.11b) und (7.11c) gegenüber. Weitere Zwangsbedingungen lassen sich aus dauernd einzuhaltenden Vektorzuordnungen zwischen den Einheitsvektoren ci ableiten. Mit Hilfe solcher Vektor-
zuordnungen werden meistens die durch die Art der Gelenke auferlegten Zwangsbedingungen berücksichtigt (relative Lage der Gelenkachsen). Im wesentlichen betrifft dies das Skalarprodukt
zweier oder das Vektorprodukt
Ci x Ck = Cj sinAik
dreier Vektoren, Bild 7.8 (Kreuzungswinkel 4).
Bild 7.8
Vektorzuordnungen
(7.13)
(7.14)
Da beide Bedingungen bezüglich des Winkels Aik zweideutig sind, kann die gemeinsame Verwendung, die diese Zweideutigkeit ausschließt, vorteilhaft sein.
Hinweis: Falls einer von zwei Einheitsvektoren eine konstante Richtung besitzt oder falls zwei Einheitsvektoren ci und Ck demselben Getriebeglied zugeord
net sind, reicht i.a. das Skalarprodukt.
Jedes Skalarprodukt in der Form
COSUi COSßi cosu k COSßk +cosui sinßi cosu k sinßk +
+ sinui sinu k - COSA ik == CCi .CCk +CS i .CS k +
+SAi ·SA k -COSAik =0
liefert eine, jedes Vektorprodukt in der Form
(7.15)
7.3 Vektorielle Iterations methode
cos<X.j sinßj sin<X.k - sin<x'j COS<x'k sinßk -cos<x'j cosßj sinA.jk ==
==CS j ·SA k -CSk ·SAj -CCjSinA.jk =0,
sin<X.j cos<x'k COSßk -cos<X.j cosßj sin<X.k -cos<X.j sinßj SinA.jk ==
==CC K ·SA j -CCj ·SAk -CSjSinA.jk =0,
cos<X.j COS ßj cos<x'k sin ßk - cos<X. j sin ßj cos<x'k COSßk -
- sin<X. j SinA.jk == CCj . CS k - CSj . CCk - SA j SinA.jk = °
175
(7. 16a)
(7.16b)
(7.16c)
liefert drei Zwangsbedingungen. Im Fall unseres Beispiels stehen die Vektoren [6 und
[8 einerseits und die Vektoren [3' [4 und [5 andererseits stets senkrecht zueinander;
außerdem sind [4 und [9 entgegengesetzt gerichtet:
(7.17a)
(7.17b)
(7.17c)
In der Tab. 7.1 sind neben den Baugrößen C noch die Antriebsfunktionen (Federwege) rl und r9 vorzugeben; die übrigen 12 v-Werte werden endgültig im Vektor
(7.18)
der Unbekannten zusammengefaßt. Andererseits bilden die Kugelkoordinaten rj, <X.j
und ßj der GIn. (7. llb), (7.11c), (7.17a) bis (7.17c) die Komponenten <l>j (j = 1, ... ,12)
des Vektors <i> der Zwangsbedingungen in der Form der GIn. (7.12a) bis (7.12c) (für p = 2 !), (7.15), (7.16a) bis (7.16c) und (7.17c).
Daraus läßt sich analog zum Abschnitt 4.1.2 eine Iterationsrechnung
mit der JACOBI-Matrix J = a<i>(Ci)/aCi aufbauen.
Dieselbe JACOBI-Matrix dient als Koeffizientenmatrix zum Aufbau zweier linearer Gleichungssysteme
(7.19)
auf der Geschwindigkeits- bzw. Beschleunigungsstufe für die unbekannten Geschwindigkeiten <L und unbekannten Beschleunigungen qj .
176 7 Räumliche Getriebe
7.4 Koordinatentransformationen
Bisher wurden hauptsächlich Getriebe aus geschlossenen kinematischen Ketten betrachtet. Bei der kinematischen Beschreibung von Getrieben aus offenen kinematischen Ketten werden oft Koordinatentransformationen benutzt. Diese erlauben, gleiche Vektoren in gegeneinander verschobenen und gedrehten Koordinatensystemen darzustellen. Während diese Aufgabe bei ebenen Problemen durch "Hinsehen" erledigt werden kann, benötigt man bei räumlichen Getrieben (beispielsweise Industrieroboter) Transformationsmatrizen.
Komplexe Transformationen, die eine Drehung um mehrere Achsen darstellen, werden aus Elementardrehungen um eine Achse durch Multiplikation zusammengesetzt. Im folgenden werden zuerst die Elementardrehungen beschrieben.
7.4.1 Elementardrehungen
Gesucht ist eine Transformation, mit der ein Vektor in einem um die z-Achse gedrehten Koordinatensystem dargestellt werden kann.
j~ y
Bild 7.9
j~e - i~e z - z
Drehung um die z-Achse
7.4 Koordinatentransformationen 177
Das Koordinatensystem i wird gebildet aus den Einheitsvektoren
(7.20)
Das Koordinatensystem j ist um den Winkel <p um i ez gedreht, so daß i ez =iez gilt. Für
die Basisvektoren i ex und i ey läßt sich dann schreiben
(7.21)
Betrachtet man nun den Vektor fp , so lauten seine Koordinaten im Koordinatensystem i
(7.22)
Die Koordinaten sind nichts anderes als die Projektionen des Vektors auf die Einheits
vektoren, die das Koordinatensystem aufspannen (Man gehe i rpx Schritte in Richtung
i ex ' i rpy Schritte in Richtung i ey, usw.).
Durch Projektion lassen sich auch die Koordinaten des Vektors fp im Koordinatensy
stem j errechnen. Die Projektion erhält man durch Bildung des Skalarprodukts. Für die
i rpx -Koordinate gilt daher
(7.23)
Die i rpy - und i rpz -Koordinaten erhält man analog durch Projektion auf die i ey - und
i ez -Achse:
(7.24)
178 7 Räumliche Getriebe
i r __ i e- i- ° i i [0] [irpx] pz z· rp = 1 . i ::: = rpz ·
(7.25)
Wie zu erwarten ist, bleibt die z-Koordinate unverändert. Die drei Skalarprodukte lassen sich auch durch Multiplikation einer Matrix, deren Zeilenvektoren gleich den Einheits-
vektoren des gedrehten Koordinatensystems sind, mit dem Vektor i Cp darstellen:
li i· 1 r px coscp + .rpy sm cp 1 • 1 = - rpx sm cp + rpy coscp
i rpz
(7.26)
Diese Transformationsmatrix nennt man die Drehmatrix für die Drehung (Rotation) um die z-Achse. Offensichtlich ist es die Transformationsmatrix, mit der ein Vektor vom Koordinatensystem i auf das Koordinatensystem j transformiert wird:
i- iR ( ) i-rp = i Z, cp . rp (7.27)
Die Transformationsmatrix, die umgekehrt einen Vektor vom Koordinatensystem j ins
Koordinatensystem i transformiert, muß die Inverse von iR i sein, wie man durch Mul-
tiplikation mit der Inversen iRil leicht zeigt (E = Einheitsmatrix):
iR-I. i- - iR-1 iR i- - E i-i rp - i· i· rp - . rp ,
i R j- ij. rp = rp .
(7.28)
(7.29)
Da die Matrix jRi orthogonal ist, ist die Inverse gerade die Transponierte, die sich
durch Zeilen- und Spaltentausch ergibt:
jR:-1 = jRT 1 1 (7.30)
[ co,~ sin cp 0] [CO'~ - sin cp
~]:;Rj jR i = - s~ncp coscp ~ ~ jRil = Si~CP coscp
0 ° (7.31 )
7.4 Koordinatentransformationen 179
Die Transformationsmatrizen für Drehungen des Koordinatensystems um die anderen Achsen erhält man analog zum Vorgehen bei der Drehung um die z-Achse (vgl. Bild 7.10, 7.11).
i"'""'e - i"'""'e y- y i~
Bild 7.10
Drehung um die y-Achse
Bild 7.11
Drehung um die x-Achse
ie;
o cos<p
- sin<p
- s~n<P) cos<p
180 7 Räumliche Getriebe
7.4.2 Verschiebungen
Ist das Koordinatensystem j gegenüber dem Koordinatensystem i verschoben, muß nur
der Verschiebungsvektor i rij' der vom Ursprung des Koordinatensystems i zum Ur
sprung des Koordinatensystemsj zeigt, hinzuaddiert werden, Bild 7.12:
i~
i- . i- jrp = rij + rp
p
je; jo~~ __ ~ __________ -+
.~
I rp
iO~------------------' i~
Bild 7.12
Verschiebung eines Koordinatensystems
7.4.3 Kombination mehrerer Drehungen
(7.32)
Natürlich können Transformationen miteinander kombiniert werden. Man betrachte als Beispiel die offene kinematische Kette in Bild 7.13 als vereinfachtes Strukturmodell eines Industrieroboters. Zwei gelenkig verbundene Getriebeglieder der Länge L sind jeweils um die Winkel q>1 und C{>2 gegenüber dem vorhergehenden Glied verdreht. Ge-
sucht ist der Ortsvektor °rp im ortsfesten Koordinatensystem O.
7.4 Koordinatentransformationen 181
Bild 7.13
Kombination mehrerer Drehungen
°fp besteht aus zwei Teilvektoren If12 und 2 f 2P ' deren Koordinaten in den jeweiligen
körperfesten Koordinatensystemen leicht angegeben werden können:
(7.33)
Um sie addieren zu können, müssen sie erst in eine gemeinsame Basis überführt werden, in diesem Fall das Koordinatensystem O.
Zuerst wird der Vektor 2 f2P in die Basis 1 transformiert, d.h.
(7.34)
dann durch eine weitere Transformation in die Basis 0:
182 7 Räumliche Getriebe
- sin <PI
COS<PI
o
Der Vektor I ih wird ebenfalls in die Basis 0 transformiert:
Allgemein läßt sich schreiben:
- sin <PI
COS<PI
o 0] [L] [LCOS<PI] ~ . ~ = LSi~<PI .
°fp = °RI(z,<PI)' Ifl2 + °RI(z,<pd· IR 2(z,<P2)' 2f2P '
(7.35)
(7.36)
(7.37)
(7.38)
Koordinatentransformationen werden also durch Multiplikation verknüpft; so lassen sich komplexe Drehungen, auch um verschiedene Achsen, darstellen.
Lehrbeispiel Nr. 7.2: Kinematische Analyse des viergliedrigen Drehgelenkgetriebes in Matrizenschreibweise [7.4]
AufgabensteIlung:
Für das vorgelegte ebene Problem werden analog zu Bild 7.13 zunächst geeignete Bezeichnungen entsprechend Bild 7.14 gewählt.
7.4 Koordinatentransformationen
°0 = A ° = 10 0ex
Bild 7.14
c
183
B
°x = X
Bezeichnungen am viergliedrigen Drehgelenkgetriebe mit Einheitsvektoren in den verschiedenen Basen
Für die gegebenen Abmessungen 1, = AoA, 12 = AB, 13 = BoB, 14 = AoBo und die
gegebenen Koordinaten Xc, Yc des Koppelpunkts C im gliedfesten 2 ex _2 ey - Koordi
natensystem sind bei bekannten Antriebsgrößen cp, cj> == 0), Ci> == a die Gleichungen für
CP2, CP3, Xc, Y c und die zugeordneten zeitlichen Ableitungen für Geschwindigkeit und Beschleunigung ansatzweise anzugeben.
Lösung:
Um die Einfachheit zu wahren, wird nur eine Drehmatrix angegeben, die für alle bewegten Glieder gegenüber dem Gestell (Glied 0) gültig ist:
o [cosCPj R·= I . smcpj
-sincp.] I ,i = 1,2,3.
coscpj (7.39)
Für den Punkt B lassen sich dann zwei Gleichungen in der Form der GI. (7.38) aufstellen, nämlich
184 7 Räumliche Getriebe
(7.40)
Die Vektoren °r12 und °r13 weisen vom Ursprung 10 zu den jeweiligen Ursprüngen
20 und 30 . Auch sie lassen sich mit Hilfe einer Drehmatrix darstellen; gleichzeitig kann man beide Vektorgleichungen für den Punkt B zur Geschlossenheitsbedingung zusammenfassen (E = Einheitsmatrix):
(7.41)
Diese Gleichung stellt den Vektor <D der Zwangsbedingungen dar, entsprechend GI. (4.5).
Für den Koppelpunkt C ergibt sich analog
[~~] = °r12+oR 2 '[~:l (7.42)
Bei der Bildung der zeitlichen Ableitungen 1. und 2. Ordnung für die GIn. (7.41) und (7.42) verschwinden diejenigen für die gliedfesten Koordinaten, da die einzelnen Glieder starre Körper sind, es ist also z.B. dl/dt = dxcfdt = dycfdt = O. Für die Ableitungen
der Drehmatrizen °R j entsprechend GI. (7.39) gilt
(7.43)
und
(7.44)
7.4 Koordinatentransformationen 185
7.4.4 Homogene Koordinaten
Die eingeführten Transformationen unterscheiden zwischen Drehungen und Verschiebungen. Eine Verschiebung wird durch Addition eines Verschiebungsvektors dargestellt, d.h.
(7.45)
während eine Drehung des Koordinatensystems durch Multiplikation mit einer Drehmatrix ausgeführt wird:
(7.46)
Der Verschiebungsvektor °rOl zeigt also die Lage und die Drehmatrix °R\ die Orien
tierung des Koordinatensystem 1 gegenüber dem Koordinatensystem 0 an, Bild 7.15.
p
Bild 7.15
Zwei Basen 0 und 1
Beide Transformationen können mit sog. homogenen Koordinaten in einer besonderen Transformationsmatrix zusammengefaßt werden.
186 7 Räumliche Getriebe
Es handelt sich dabei um eine 4x4-Matrix mit folgendem Aufbau:
(7.47)
Die Matrix °T1 enthält sowohl die Drehmatrix °RI und den Verschiebungsvektor 0;01'
jeweils bezogen auf das Koordinatensystem O. Die ersten drei Elemente der 4. Zeile sind Nullen, das 4. Element dieser Zeile enthält den sog. Maßstabsfaktor t 44 , der üblicher
weise auf den Wert ,,1" gesetzt wird.
Wird der Maßstabsfaktor ungleich ,,1" gewählt, so besteht zwischen den kartesischen Koordinaten x, y, z des Ursprungs vom Koordinatensystem 1 und den Elementen des
Vektors 0;01 folgender Zusammenhang:
o rolx x=--, t 44
o r 01y
y=--, t 44
o rOlz z=--. t 44
(7.48)
Satz: Werden mehrere Transformationen hintereinander ausgeführt, so errechnet sich die Gesamttransformation durch Multiplikation der EinzelTransformationsmatrizen. Auch hier muß die Reihenfolge der Drehungen beachtet werden.
Der Vorteil der homogenen Koordinaten besteht in der einheitlichen Darstellung der Drehung und Verschiebung, was sehr "programmierfreundlich" ist. Dafür müssen jeweils einige Koordinaten gespeichert werden, die stets null sind; dies erhöht den Speicherbedarf.
7.4.5 HARTENBERG-DENAVIT-Formalismus (HD-Notation)
Der HD-Formalismus legt eine spezielle Abfolge von Transformationen fest, die besonders für Getriebe auf der Grundlage offener kinematischer Ketten und mit Gelenken vom Freiheitsgrad f = 1 geeignet ist. Bei Industrierobotern ist er weit verbreitet. Der Formalismus nutzt aus, daß die Bewegungsachsen (Gelenkachsen) immer eine gemeinsame Normale haben [7.5].
7.4 Koordinatentransformationen 187
Bei der Festlegung der gliedfesten Koordinatensysteme gelten folgende Konventionen:
• Die j ez -Achse liegt in der Bewegungsachse j.
• Die jex -Achse liegt in Richtung der gemeinsamen Normalen Dj der Bewegungs-
achsen von Gelenk i und j.
• Die jey -Achse wird so gelegt, daß jex ' jey , jez ein Rechtssystem bilden.
Im allgemeinen Fall sind beim Übergang vom Koordinatensystem i zum Koordinatensystemj folgende Teiltransformationen durchzuführen, Bild 7.16:
• Rotation um die i ez -Achse mit dem Winkel Ö ij' so daß j ex schließlich parallel ist
zur Normalen D j ,
• Verschiebung um dij in Richtung der iez -Achse (sind die Bewegungsachsen i und
j parallel, wird das Koordinatensystemj so gelegt, daß dij = 0 ist).
• Verschiebung um lij in Richtung der (gedrehten) jex -Achse.
• Rotation um die (gedrehte) jex -Achse mit dem Winkel Aij , so daß jez in Rich-
tung der Drehachse j zu liegen kommt.
~\ und djj sind der Winkel und Abstand zwischen den Normalen Dj und D j' wäh
rend Aij und lij der (Kreuzungs-)Winkel und (Kreuzungs-)Abstand der Bewegungs
achsen i und j sind.
j\. ,J /
, i
dj i r-----------~------------.
Bild 7.16
Winkel und Strecken bei der HD-Notation
188 7 Räumliche Getriebe
Der Verschiebungsvektor i f ij vom Ursprung i 0 der Basis i zum Ursprung j 0 der Basis
j, bezogen auf das Koordinatensystem i, ist nach einer Drehung um die i ez -Achse mit
oif
- sin Oij
COS Oij
o (7.49)
Die Dreh- oder Orientierungsmatrix lautet nach zwei Drehungen um die jex -Achse mit
"'j und um die i ez -Achse mit Oij:
[ co,15;j - sinoij
nl~ 0
-'i~A+ iRj = sinoij COS Oij COSA ij
0 0 sin Aij COSA ij l co,15;j - COSAij sinoij ,inA;j ,in15;j j = sinoij COSOij COSA ij - COSOij sin Aij
0 sin Aij cos Aij
(7.50)
Somit ergibt sich als Transformationsmatrix von der Basis j zur Basis i in der HDNotation:
r co,15;j - COS Aij sin 0ij sin A ij sin 0 ij l;j co,15;j 1
. sino COSOij COSA ij - COSOij sin Aij lij sinoij IT. = I) (7.51) ) 0 sin Aij COSA ij d ij
0 0 0 1
In Bild 7.16 ist der Winkel Öij variabel (z.B. mit einem Antrieb versehen). Der Winkel
"'ij und die Längen dij und lij sind dagegen konstant. In der Robotertechnik nennt man
die konstanten Größen Maschinenparameter.
Ist ein Winkel Öij variabel, hat man es mit einem Drehgelenk zu tun. Bei einer variablen
Länge dij handelt es sich um ein Schubgelenk.
Lehrbeispiel Nr. 7.3: Vertikalknickarmroboter
Der Industrieroboter in Bild 7.17 ist ein Vertikalknickarrnroboter mit dem Freiheitsgrad F = 6, der ausschließlich Drehgelenke besitzt.
7.4 Koordinatentransformationen 189
Die ersten drei Achsen ab Grundgestell sind für die Positionierung, die anderen drei für die Orientierung des Endeffektors (meist ein Greifer) vorgesehen.
o }
1
Bild 7.17
Industrieroboter "RX90" (Werkbild: Stäubli Unimation Deutschland, Bayreuth)
Im folgenden werden nur die drei Positionierungsachsen 0, 1, 2 des Roboters betrachtet. Die kinematische Struktur mit den notwendigen Koordinatensystemen für den HDFormalismus zeigt Bild 7.18.
190 7 Räumliche Getriebe
Drehachse 2 , - _
"'01 = 2700
Drehachse 1 _.-- .-.-.-
dol
Drehachse 0
Bild 7.18
Kinematisches Schema des Lehrbeispiels "Industrieroboter RX90"
Das Koordinatensystem 0 muß um den Winkel 001 verdreht werden, um die °x-Achse mit der Normalen Öl auszurichten. Danach dreht man mit dem festen Winkel
AOI = 2700 um die lx-Achse. Für die Drehtransformation gilt daher
[ oosB" - sin °01
nr~ o 0] °RI = sin~ol COSOOI cos 2700 - sin 2700 =
0 sin 2700 cos 2700
(7.52)
[ oosB" 0 -'inBOI] = sin~ol 0 cosOO Ol .
-1
7.4 Koordinatentransformationen
Der Verschiebungsvektor °rOl ist
[COSÖOl - sin ÖOI
°rOI = sinöoI COSÖOI
° ° 0][0] [0] 0· ° = ° , 1 d Ol d OI
so daß die Gesamttransformation
[
COSÖOI ° - sinöoI
lautet.
o sinöoI TI =
° ° ° COSÖ OI -1 ° ° °
191
(7.53)
(7.54)
Da die Achsen 2 und 3 parallel sind, ist bei I R 2 kein Maschinenparameter A. zu berück·
sichtigen. Für I R 2 gilt daher
(7.55)
Der Verschiebungsvektor von Basis 1 zu Basis 2 ist
[COSÖ 12 - sinö12 0] [112] [112 COSÖI2]
Ir12 = Sin~\2 COS;\2 ~. ~ = 1\2 s:Ö\2 . (7.56)
Die Transformationsmatrix I T2 lautet daher
[
COSÖI2 -sinö\2 ° 112COSÖ12] I _ sinÖ 12 COSÖ\2 ° 112 sinö I2 T2 - . ° ° 1 d\2 =0
° ° ° 1
(7.57)
Analog gelangt man zur Transformationsmatrix 2T3:
192
- sin <>23
COS<>23
o o
7 Räumliche Getriebe
(7.58)
Die Multiplikation der drei Matrizen ergibt die Gesamttransformationsmatrix °T3:
(7.59)
In der Robotertechnik sind nun zwei Fragen interessant:
1) Zu einem gegebenen Satz Antriebskoordinaten (im Beispiel 801> <>12, ~3) ist die zugehörige Position und Orientierung des Endeffektors (genauer: des Koordinatensystems 3) gesucht. Dies nennt man das Direkte Kinematische Problem (DKP),
das durch Einsetzen der Winkel 801> <>12, ~3 in die Matrix ° T3 gelöst wird.
2) Zu einer gegebenen Position und Orientierung des Endeffektors ist der zugehörige Satz Antriebskoordinaten gesucht. Dies wird als Inverses Kinematisches Problem (IKP) bezeichnet und ist oft schwieriger lösbar als das DKP. Jede Robotersteuerung muß das IKP in Echtzeit lösen, um den Roboter eine programmierte Bahn verfahren
zu lassen. Dazu müssen die Komponenten der Matrix ° T3 nach den Antriebskoordi
naten aufgelöst werden, was nur für wenige Roboterstrukturen analytisch möglich ist. Ist die analytische Lösung nicht möglich, bieten sich numerische Lösungsverfahren an, wie das in Abschnitt 4.1 beschriebene NEWTON-RAPHSON-Verfahren.
Anhang
Lösungen zu den Übungsaufgaben
Der erläuternde Text zu den Lösungen ist mit Ausnahme der Aufgabe 6.3 bewußt knapp gehalten, da in den Lehrbeispielen die entsprechenden Lösungswege bereits ausführlich dargestellt wurden.
Folgende Abkürzungen werden verwendet:
~
AoA
A~B
vA 1.. AoA
ä~ IIAoA
WL (Fan)
Gerade durch die Punkte Ao und A
Abstand zwischen den Punkten Ao und A (Strecke)
Vektor vom Punkt Ao zum Punkt A (Betrag: AoA)
Vektor, gerichtet vom Punkt A zum Punkt B
Der Vektor v A steht senkrecht auf der Geraden AoA .
Der Vektor ä~ ist parallel zur Geraden AoA .
Wirkungslinie des Vektors Fan
Vektor Fan im Zeichnungsmaßstab
194 Anhang
Lösungen zu Kapitel 2
Aufgabe 2.1:
Si = Schubbewegung in Richtung i Di = Drehbewegung um Achse i z z
~---At--.x
SxSyDxDyDz z f= 5
z z
SyDy f= 2 Schrauben f = 1
Lösungen zu Kapitel 2
Aufgabe 2.2:
a)
EP
Ui
12 23
5 4
31
3
EP: Elementenpaar (Gelenk)
b)
EP 12 23 34
Ui 5 4 3
c)
EP 12 23 34
L 12
41
5
41
L 17
L
b= 6, n = 3
F=6(3-1)-12=O
b = 6, n = 4
F= 6(4-1)-17 = 1
b = 6, n = 4, f id = 1
Ui 5 3 3 5 16 F = 6(4-1)-16-1 = 1
(fid = 1, Glied 3 kann gedreht werden, ohne gesamtes Getriebe zu bewegen.)
Aufgabe 2.3:
EP 12 23 34 41 L b = 6, n = 4, s = 1
Ui 5 5 4 4 18 F = 6(4-1)-18 + 1 = I
(s =1, Glieder 2 und 4 müssen parallel sein.)
Aufgabe 2.4:
EP 12 23 34 41 L b = 6, n = 4
Ui 5 5 2 5 17 F = 6(4-1) - 17 = 1
Aufgabe 2.5:
EP 12 23 31 L b = 6, n = 3
Ui 5 1 5 11 F = 6(3-1) - 11 = 1
195
196
Aufgabe 2.6:
a)
b)
EP 12
Ui 2
NEP
13 24
2 1
NEP HEP
45 5
15 34 45 I. 2 2 1 10
NEP NEP HEP
NEP: Niederes Elementenpaar - Flächenberührung
HEP: Höheres Elementenpaar - Linien- oder Punktberührung
c)
F = 3(5-1)-10 = 12-10 =2
d)
ohne Dreifachgelenk Kinematische Kette mit Dreifachgelenk
Anhang
Lösungen zu Kapitel 2 197
e)
Kurvengelenk kann ersetzt werden durch ein binäres Glied mit Drehgelenken, die in den momentanen Krümmungsmittelpunkten der sich berührenden Kurvenglieder liegen.
ohne Dreifachgelenk
Aufgabe 2.7:
a), b)
2
3
A«J
4
1
1 mit Dreifachgelenk
~,Bo: Drehgelenke 12, 14
A "', B"': Schleifengelenke 23,34
Geradenbewegung -+ Drehachse im Unendlichen, senkrecht zur Geraden
198
c)
3
d)
1
1
Anhang
Gestaltliche Umkehrung'" Glied 3 wird zum Hohlelement.
Kinematische Umkehrung: Gleiten in 3 statt in 2, 4
1
1
3 wird Doppel-Schiebehülse;
2,4 werden Stangen
4
2
3 wird Doppel-Schieber;
2, 4 werden Schiebehülsen
1
4
Lösungen zu Kapitel 2 199
Aufgabe 2.8:
a) b)
1
6 Glieder (STEPHENSONsche Kette)
c)
EP 12 23 34 14 35 56 61 L FG = b (n-I) - L Uj
Uj 2 2 2 2 2 2 2 14 FG = 3 (6-1) - 14 = 1 (Getriebe)
Kette: L Uj = 7·2 = 14
FK =b · n- LUj =3 ·6-14=4 (weil kein Gestell vorhanden!)
Ohne Gestell besitzt die kinematische Kette von vornherein drei Freiheiten in der Ebene - wie eine starre Scheibe.
200 Anhang
d)
W A TIsche Kette
4
4
1
1 mit 1 Doppelgelenk mit 2 Doppelgelenken
Lösungen zu Kapitel 3
Lösungen zu Kapitel 3
Aufgabe 3.1:
a)
P13l " , , , , , , ,
Lageplan
V A beliebig wählen !
vA.l AoA, vBA.l AB
vB.l BoB =:} Vektorzug im v-Plan schließen
Pol P 13 als Schnittpunkt von I VA' I VB
201
v-Plan
202
b)
äußere Totlage
Aufgabe 3.2:
Fall I:
!K2
Kl
5
4
Anhang
. VA / AOA =>124 = =00
VB / BoB
=> Getriebe in "Kniehebelstellung"
Pl3 = B
3
Lösungen zu Kapitel 3 203
FaIln:
3 4
2
_._-_ .. --_ .. __ .. _-_._-------- -------_. __ .--=~-15'
204
Aufgabe 3.3:
a)
Iv AI=<021"A oA, vAl-AoA
VB = VA +V~A
VB 11 Schubrichtung
vBAl-AB
r VB l- Schubrichtung
c)
a~ = 0 (geradlinige Bewegung)
äk 11 Schubrichtung
2 n VBA 11 aBA = -=-, ä~A AB, B~A
AB
Anhang
Lösungen zu Kapitel 3 205
Lageplan
Gewählter Längenmaßstab: M z = 1 ~: z
1
v-Plan
Gewählter Geschwindigkeitsmaßstab: Mv = 1 ~~:
a-Plan (Beschleunigungsmaßstab: M a = M ~ IM z)
206
Aufgabe 3.4:
c
1
1
a)
V A31 = V A21 + V A32
V A21 ist gegeben, v A32 = 6 (Drehgelenk)
V A41 = V A31 + V A43
V A41 .lBoA, v A43 11 Schleifenrichtung
_ BoB_ YB41 ==oYA41
BoA
V B61 11 Schubrichtung
mit v B54 = 6 (Drehgelenk)
Anhang
Lösungen zu Kapitel 3
V B65 11 Schubrichtung
b)
M =M v 2 =1 Crn/s2 a M z cmz
I-n 1_ (v A21)2 aA21 - ,
AoA
a~21 = 00 21 . AoA = 0 (00 21 = 0)
ä A31 = ä A21 (Drehgelenk)
2 n (v A41)
a A41 = BoA
ä ~43 = Ö (geradlinige Bewegung)
ä~43 11 Schleifenrichtung
c - . V A31 äA43 = 2· (031 xv A43 mlt (031 = = AoA
ä~43 .1 0031 ,.1 V A43 (rechtwinkliges Dreibein)
äB51 = ä B41 (Drehgelenk)
ä~61 = Ö (geradlinige Bewegung)
207
208
äk61 11 Schubrichtung
ä~65 = Ö (geradlinige Bewegung)
äk65 11 Schubrichtung
Lösungen zu Kapitel 4
Aufgabe 4.1:
a)
Anhang
Variable gemäß Zeichnung, Startwerte in Variablendatei
b)
2 Unbekannte (W2, W3) ::::} 1 Schleife
c)
Dateien und Programm zur Berechnung des Getriebes mit MGA (Schleifengleichungen: s. Gleichungsdatei)
'Steuerungsdatei - aufg1.str
• Antriebsgroesse:
'WI laeuft von 0 bis 360 Grad mit omega2 = 1 radis
DO WI(0,360,1,0,0)
'Variablendatei - aufg 1. var
'Variablendeklaration mit Startwerten:
WI = 0 0 0
W2=4500
Lösungen zu Kapitel 4
*Fortsetzung Steuerungsdatei
* Aufruf des Iterationsmoduls mit Antriebskoordinate WI
IGA(WI)
*Gleichungsdatei - aufgl.glg
*Schleife AoABBoAo
fl = n *cos(WI) + 12*cos(W2) - \3*cos(W3) -14
f2 = n*sin(Wl) + 12*sin(W2) -13*sin(W3) + 15
d)
'1'0 =145,40 -77,40 =680
. =W3'=-102 rad 'I' max ,
Aufgabe 4.2:
a)
S
1) Variable gemäß Zeichnung und Variablendatei
P5
PI
sI
*Fortsetzung Variablendatei
W3 =9000
*Laengen:
n = 50
12 = 100
\3 = 100
14= 100
15 = 10
~4
209
*AoA
* BoB
*AB
*a
*b
210 Anhang
2) Für Antrieb an Kurbel ergibt sich folgendes Programm (Modulaufrufe s. Steuerungsdatei):
*Steuerungsdatei - aufg2.str
*Teilaufgabe a.) - Antrieb an Glied 2
*Defintion des Antriebs:
*Wl laeuft von 0 bis 90 Grad mit omega = 2 radis
DO Wl(0,90,2,0,0)
dt = 0.01
* Antriebskurbel AoA
DAN(ll,Pl,P4,Wl,P2)
* Abtriebsschieber B
DDS(l2,0,+ I ,P2,Pl ,P4,P3)
DAN(13,P2,P3,W2,P5)
*oder
*FGP(W2,L3,P2,P2,P3,P5)
3)
XC=XP5=0
Xc = XP5 = 0
. = 400 mm Y P5max = Y cma, s
*Koppelpunkt C
* Koppelpunkt C
*Variablendatei - aufg2. var
*Punktvariablen:
PI = 0 0 0 0 0 0
P2
P3
*Bezugspunkt fuer DAN
P4 = 500 0 0 0 0 0
PS
*Winkel:
WI
W2= 18000
*Längen
11 = 100
12 = 100
13 = 100
Es liegt eine exakte Geradführung vor, da Xc = 0 und Xc = O!
b)
1) siehe Variablendatei
2) Modulaufrufreihenfolge: s. Steuerungsdatei
*Steuerungsdatei - aufg2.str
*Teilaufgabe b.) - Antrieb am Schieber
*Variablendatei - aufg2. var
*Punktvariablen:
*Definition des Antriebs: PI = 0 00000
*S I laeuft von I bis 199 mm mit Antriebsbeschl. 50 P2
*Ao
*A
*B
*C
*AoA
*AB
*AC
*Ao
*A
Lösungen zu Kapitel 4
*Fortsetzung Steuerungsdatei
*mm/s2 und Bremsbeschl. 50 mm/s2
DO SI(1,199,500,50,-50)
*Zeitschritt
dt=O.OI
* Antriebsschieber B
SAN(0,PI,P4,SI,P3)
*Zweischlag AoAB
*DDD(ll ,12,+ I ,PI,P3,P2)
*Koppelpunkt C
*DAN(l3,P2,P3,WI,P5)
3)
*Fortsetzung Variablendatei
P3
*Bezugspunkt fuer SAN
P4 = 500 0 0 0 0 0
PS
*Winkel:
WI =000
W2 = 18000
*Schubwege:
SI
*Längen:
II = 100
12= 100
13 = 100
Y· - y' = -91,4 mrn (bei SI = 187,8mm) Cmax - P5max S
Y.. - y" = 497,5 m2m (bei SI = 199 mm) Cmax - P5max S
Aufgabe 4.3:
a) Zentrische Kurbelschleife
b)
P2
P4
*B
*C
*AoA
*AB
*AC
211
212 Anhang
Programm zur Ermittlung der Koppelkurve (Variablen gemäß Zeichnung und Variablendatei, Modulaufrufreihenfolge gemäß Steuerungsdatei)
*Steuerungsdatei - aufg3.str
*Definition des Antriebs:
*Variablendatei - aufg3.var
*Punktvariablen:
*Wllaeuft von 0 bis 360 Grad mit omega=1 radis
DO Wl(0,360,1,0,ü)
PI =000000
P2
*Modulaufrufe P3 = 38.6378 000 0 0
* Antriebskurbel AoA *Bezugspunkt fuer Antriebswinkel
P4 = 500 0 0 0 0 0 DAN(Il,Pl,P4,Wl,P2)
*SchieberB P5
FGP(W2,12,P2,P2,P3,P5) *Winkel:
* Antriebswinkel
Wl
*Hilfswinkel fuer FGP-Modul
W2=000
*Längen:
11 = 23.3341
12 = 161.9516
13 = 38.6378
Ausgangsgrößen: P4x,P4y AUFG3.PRJ
90 .000 P,~ '\'" ': -., ':" - ':'" ':'" -':'" ":"- '-r'- ,- ., -': 80.000 ._._~-~--~-.--~_._-"- ,.-"-:-._--:-'---~'--- _ .... -! 70.000 ----f----t-·--~-·_- I----~-----: ----:-----f---- ----! 60.000 ----;o----t-----;-_ .. °l-----:-----;---- :-----;----- ----~
50.000 ,.,+.,-(-.,+., ~"'+"-':""':-' ,+'" "-'l , I I • I I I I I
40.000 ...... -~_ ... -~_ .... -~_.- ~_.- -~--- --:- -- --:---- ,-_ .. -- .... -- ~ I I I I , I I I
30.000 ,.,':""!,.-'!,.- :-"'-:"'-':"'-':-"'-: .", "": 20.000 _._-~_._-!-._-~_.- ~_._-~_._--:-._--:-._--:- --- ----~ 10.000 ____ l ____ l .. ___ L._ L ___ J .. ____ L ... __ L. ___ L __ . ___ ~
: : : : : : :: : 0.000 ,.,'.,.,-.-.,'.-., .,.,'.-.,-,',.,"~.-" •. ,- ---,'
,10.000 ·20.000 ,30.000 ,40.000 ,50.000 ,60.000 ,70.000 ,80.000 ·90.000
I I I I I I I 1 I I I , I I I I I I
----~----!-.-_~-.- ~----_:-_---:~-~-~:~--~~~- __ · ___ t
I I I I • • •• • -·--r-·--.,----,--- ,-----,-·---.-·---... ·---r- -- ----, • • I • I • •• , • • • • • • I I I ----,.---- .. ----~--- ~---- .... -----.-----.----- ._-- ._--, : : : : : :: :
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I • .. • I • •• I ----;-----t-----;--- ~-----;-.---;---- :-._--;_.--- ._--'; - - - _:_ - - - _~, - - - __ : - - - - 1_. ___ : _____ I ___ : _____ :_ _ _ __ • ___ ~
• • I I I I I I
----~----~----~----~- ----!-----:-----!"---- ._--~ • I I I I I I I P4 X
100.000 120.000 140.000 160.000 180.000 200.000
*Ao
*A
*B
*C
*AoA
*AC
*AoB
Lösungen zu Kapitel 4
h=40mm
Geradführung im Bereich 800 < Wl < 2800
c)
Programmänderungen:
*Steuerungsdatei - aufg3.str
*Definition des Antriebs:
*WIlaeuft von 0 bis 360 Grad mit omega=1 radis
DO WI(0,360,1,0,0)
*Modulaufrufe:
* Antriebskurbel AoA
DAN(Il,Pl,P4,Wl,P2)
*SchieberB
FGP(W2,12,P2,P2,P3,P5)
*Schubweg SI
RPO(P2,P5,P3,S 1 ,W3)
Ausgabegrößen: SI' , SI"
-23 mm/s< SI < 23 mmls
-15 mm/s2 < SI < 59 mmls2
Aufgabe 4.4:
a)
Modulmethode, da Koppelkurve gewünscht
*Variablendatei - aufg3.var
*Punktvariablen:
PI =000000 *Ao
n *A
P3 = 38.6378 00000 *B
*Bezugspunkt fuer Antriebswinkel
P4 = 500 0 0 0 0 0
P5 *C
*WinkeJ:
Wl
*Hilfswinkel fuer FGP-Modul
W2=000
*Hilfswinkel fuer RPO (nur Teil c.)
W3
*Schubwege:
SI
*Längen:
11 = 23.3341
12 = 161.9516
*AoA
*AC
213
214 Anhang
W3
~P9
Programm:
* Steuerungsdatei - aufg4a.str *Variablendatei - aufg4a.var
* Antriebskurbel PI = 0 0 0 0 0 0 *Ao
DAN(ll,Pl,P4,Wl,P2) P2 *A
*Zweischlag A-B-Bo P3 *B
DDD(l2,13,+ 1,P2,P4,P3) P4 = 64 0 0 0 0 0 *Bo
*Koppelpunkt C PS *C
FGP(W2,14,P3,P2,P3,PS) P6 = 264 0 0 90 0 0 *E
*PunktF P7 *F
DSD(lS,IO,+ I,P6,PS,P7) *D in Tel. Koordinaten
*Punkt F in Tel. Koordinaten P8
RKA(P6,P7,PS,P8) *Bezugspunkt fuer RPO
* Abtriebswinkel phi6 P9 = 500 0 0 90 0 0
RPO(P6,P9,P7,Sl,W3) * Antriebswinkel phi 2
WI
*Dummy-Winkel fuer FGP
W2=000
* Abtriebswinkel phi 6
W3=000
*Dummy-Schubweg fuer RPO
SI
11 = 49.5 *AoA
12=71 *AB
Lösungen zu Kapitel 4
b)
*Fortsetzung Variablendatei
13 = 71
14=71
15 =400
*BoB
*BC
*EF
Iterationsmethode, da Antrieb nicht an Gestell und keine Koppelkurve gefragt
Programm:
*Steuerungsdatei - aufg4b.str
*Schieber ist Antrieb
DO SI(100,200,20,0,0)
* Aufruf Iterationsmodul
IGA(sl)
*Gleichungsdatei - aufg4b.glg
*Schleife Ao-A-B-Bo-Ao
fI = 11 *cos(wl)+12*cos(w2)-13*cos(w3)-15
f2 = 11 *sin(wl)+12*sin(w2)-13*sin(w3)
*Schleife Ao-B-C-D-E-Ao
*Variablendatei - aufg4b.var
WI=4500
W2= 1500
W3 = 8000
W4= 19000
SI=IOO00
11 = 49.5
12=71
13=71
14 = 71
15 =64
16 = 200
17=90
18= 10
19 = 142
f3 = 11 *cos(w1)+19*cos(w2)+18*cos(w2+90)-s1 *cos(w4)-16-15
f4 = 11 *sin(w 1)+19*sin(w2)+18*sin(w2+90)-sl *sin(w4)-I7
*phi2
*phi3
*phi4
*phi6
*Schubweg
*AoA
*AB
*BoB
*BC
*AoBo
*b
*c
*v
*AC
215
216
AUFG4B.PRJ Wl
200.000 ----r----r----r----T----T----T---- _._-,_._-,_._-~
, " , , , , , , . .
100.000 ---+----+---- _._-~_._-~_._-~
0.000
, , ,
100.000 120.000 140.000 160.000 180.000 200.000
Lösungen zu KapitelS
Aufgabe 5.1:
Fp =p·A=106 Pa·lOcm2 = 106-;.O,OOlm2 =lOOON m
(F )=~= lOOON = 3cm p M F 333,33 ~ z
cmz
Gelenkkraftverfahren: Gleichgewicht am Glied 4:
0 14 +0 34 +1\ =0
014 J.. Schubrichtung (Lagerkraft)
Fp 11 Schubrichtung
Anhang
Lösungen zu Kapitel 5
Gleichgewicht am Glied 3:
043 = 0 32 (masseloser Stab)
Gleichgewicht am Glied 2:
032 +0\2 + Fan = Ö
0\2 11 AoA (als Stabkraft)
Gewählt: Fan 1. AoA (Antriebskraft)
Abgelesen: (Fan) = 2,2 cmz ~ Fan = M F . (Fan) = 733N
Man = 733N ·lOcm = 7330Ncm
A
"" WL(Fan ) X)( "" I
"" "" 12 I
- I -r'r.-~ WL(CJ32)/ 1
Aufgabe 5.2:
la)
Lageplan
Gleichgewicht am Glied 3:
Fab + 0 43 + 0 23 + Fan = Ö
4 Kräfte an einem Glied ~ CULMANN-Verfahren
Fab + 0 43 + R = Ö (I)
Kräfteplan
217
218 Anhang
(2)
=> Fab , G 43' R und Fan' G 23' - R haben jeweils einen gemeinsamen Schnittpunkt S
bzw. T, ~ CULMANN-Gerade
=> 2 Gleichgewichtsbedingungen: (1), (2)
Abgelesen: Fan = Fab = 5000 N
Ib)
1
Lageplan
Fab
Lageplan
/
CULMANN/ Gerade R
-R
Kräfteplan
Lösungen zu Kapitel 5
r v A beliebig wählen:
Eintragen der JOUKOWSKY-Hebelarme:
Fan·hC+Fan·hA =Fab·h ab
c)
*Steuerungsdatei - aufg2c.str
*Festlegung Antrieb
DO Wl (45,44,-1,0,0)
* Antriebskurbel - Errechnet A
DAN (LI,Pl,P5,Wl,P2)
*Errechnet B
DDS (LI,0,+I,P2,Pl,P5,P3)
*Errechnet C
DDD (LI,LI,+I,P3,Pl,P4)
Ausgabedatei
Zeit P2X'
0.0000 1.4142
0.1000 1.5483
P3 Y'
2.8284
2.5319
*Variablendatei - aufg2c.var
*Punkte
PI = 0 0 0 00 0 0
P2
P3
P4
*Hilfspunkt für DAN
P5 = 0 0 010000
*Winkel
* Antriebswinkwinkel
Wl
*Strecken
*Schubweg des Punktes B
SI
*Längen
*Länge beliebig wählen
LI =2
P4X'
-1.4142
-1.5483
219
*Ao
*A
*B
*C
Wl
45.0000
39.2704
220
2)
d d Man=F ·-=F ·tana·-
u 2 an 2
= 5000N ·O,005m· tan15°= 6,7 Nm
Aufgabe 5.3:
Es reicht, die rechte Greiferhälfte zu betrachten.
la)
f- f- f-vB = vA + vBA
11 BA
f v c über den Satz von MEHMKE: ~oBC -Ll f Obc
f- f- f-VD = Vc + Voc
11 DC
f va über den Satz von MEHMKE: LlDoDG _Ll f Odg
Kräfte und JOUKOWSKY-Hebelarme eintragen lt. r v-Plan
1 Fa 1 ha 1 4cmz -·FA ·ha =Fa ·hg ~-=_._=_. =0,35 2 FA 2 hg 2 5,8cmz
Anhang
Lösungen zu Kapitel 5
Ib)
Gleichgewicht am Glied 6:
FG +0.16 +0.56 = Ö
0. 16 11 DoD, 0.56 11 CD, da gemeinsamer Schnittpunkt in D
Gleichgewicht am Glied 4:
0. 34 + 0. 14 + 0. 54 = Ö (gemeinsamer Schnittpunkt S 4 )
0. 54 = -0. 56 (masseloser Stab)
Gleichgewicht am Glied 2:
0.32 + 0.12 + FA = Ö (gemeinsamer Schnittpunkt A)
0. 32 = -0. 34 (masseloserStab); 0. 12 1. Schubrichtung
2)
Abgelesen: (FA) = 2,8 cmz
N FA = 2·2,8 cmz ·50-- = 280N (Gelenkkraftverfahren) cmz
F = FG = 100 N = 285 7 N A 0,35 0,35 '
(JOUKOWSKY - Hebel)
Abweichung ist durch Zeichenungenauigkeiten bedingt.
221
222 Anhang
Greifobjekt ~ -= - - \- - - - ~ -,
Fa Fa 'G
C' c
Lösungen zu Kapitel 5
Aufgabe 5.4:
1
19
Lageplan , y
223
rv-Plan b
-+ R
224
a)
f V A beliebig wählen (in Lösungsblatt vorgegeben)
f- f- f-vB= vA + VBA
mit f VB 1 t BoB; f VBA 11 BA; f VA 11 AoA
f- f- f-VC= VB+ VCB
mit f v C 11 BoC (Schubrichtung); f v CB 11 BC
Kräfte und JOUKOWSKY-Hebelarme eintragen und ablesen:
Fan' h an = Fab . hab
--- cm Man = Fan' AoA = 3,55 kN ·1,2 cmz ·8,4--- = 35,784 kNcm
cmz
b)
Gleichgewicht am Glied 6:
Fab +FG +0 16 +056 = Ö
Fab ' FG bekannt
0 56 11 BC, 0 16 .lBOC (Schubrichtung)
Angriffspunkt der Kraft 0 16 mit CULMANN-Verfahren:
Fab + FG = R = -016 - 0 56 (WL(R) durch S)
WL(016) geht durch den Schnittpunkt T von Rund 0 56
Gleichgewicht am Glied 4:
0 14 +034 +054 = Ö
0 14 11 BoB; 0 34 11 AB; 0 54 =-056 (masseloserStab)
Abgelesen: G 14 = 5,76 kN
G 16 = 3,97 kN
Anhang
Lösungen zu Kapitel 5 225
c)
Kantenkräfte sind die Lagerkräfte, die am linken und rechten Rand des Kolbens wirken. Es gilt:
Bekannt:
Ol6 ,Or6 .l Schubrichtung, Angriffspunkte linker bzw. rechter Kolbenrand
WL(016) aus Teil b)
Anwendung des Kraft- und Seileckverfahrens:
Wahl eines beliebigen "Kraftpols" P sowie zweier Seilkräfte 8 1 und 8 3 im Kräfteplan.
Es soll gelten 8 1 +8 3 +016 = Ö,
d.h. 8 1, 8 3 und °16 haben gemeinsamen Schnittpunkt auf WL( °16 ); im Lageplan
Einführen einer neuen Seilkraft 8 2, so daß 8 2 und 8 1 mit Ol6 sowie 8 2 und 8 3 mit
Or6 jeweils einen gemeinsamen Schnittpunkt haben.
Dann gilt
- - -I -SI +S2 +G16 =0 und
8 2 +83 +Or6 =Ö,
wenn die Kraftecke im Kräfteplan geschlossen sind. Damit erhält man die Beträge von - -I Gr6 und G 16 .
Abgelesen:
Es ist:
Gr6 = 1,1 cmz . M F = 1,408 kN
Gl6 =2 cmz ·MF =2,65 kN
Gr6 + Gl6 = G I6 = 3,968 kN
226
Lösungen zu Kapitel 6
Aufgabe 6.1:
a)
Schubkurbel, beschleunigungsgünstigst (Trägheitswirkungen!)
b)
<Po = tauf = 2,6 3600 -<po tab
9360
~ <Po = -- = 2600 (für CI) = const.) 3,6
SO= 100mm
Auslegung nach VDI 2130 (Bild 6.6)
So rA = . = 32,635mm
4·smy
rA rB = -- = -50,77 mm
cosy
ß = 950 (Aus Bild 6.11 für <Po = 2600 , 'I' 0 = 00 )
r = 2· rA . cost} = 46,153mm
b = 2·rB ·cos(t}-y)-r =55mm
e = (r + b)· cosß = -8,82mm (siehe Skizze, nicht maßstabsgerecht)
Anhang
Lösungen zu Kapitel 6
c)
" 1
, , , , A "
............ : " ~ .. ~
/ '»"'\ Cl) / /
/
/
:
E 'I" " 2 s gl t: Smax = Smax . (J) (für (J) = konst.)
( )2 2
1t <Po" und OaH = -- '--'smaxH 3600 So '
(für Hingang = Aufwärtshub, GI. (6.1 Oa»)
" oaH ,so (3600 )2 smax,H = 2 . -- =87,41mm <Po 1t
(mit OaH = 4,5 aus Bild 6.11 für <Po = 2600 , \jI 0 = 00 )
9,81m/s2 = 10,59 rad 0,08741 m S
Cl) = =
f =~= 1,685~ 21t S
=> ~ 1,7 Dosen pro Sekunde können geschlossen werden,
227
228
Aufgabe 6.2:
a)
Kurbelschwinge: rotierender Antrieb, schwingender Abtrieb
b)
Übertragungsgünstigst, da kleiner Motor und nur langsame Bewegung
c)
Auslegung nach VDI 2130 (Bild 6.4)
'V 0 = 80" (Wischhub )
<Po = 2 (Rückgang doppelt so schnell wie Hingang) 3600-<po
<Po = 720° = 2400 3
d = 200 nun
Vorgehen nach VDI 2130:
1 Yo ="2(<Po-'Vo) =80°
d·sin('Vo /2) 65 rA = ,27 nun
2·siny
rA rB = -- = 375,877 nun
cosy
(Ablesen aus Bild 6.10)
r = 2·rA ·cos1} = 125,483 nun
b = 2·rB ·cos(1}-y) -r = 204,117 nun
e = (r+ b) ·cosß = 237,094 nun
c=~d2 +(r+b)2 -2·d·e = 231,94 nun
Anhang
Lösungen zu Kapitel 6 229
d)
Skizze des Getriebes (nicht maßstabsgerecht)
Aufgabe 6.3:
Ein versetztes Schubkurbelgetriebe besitzt entsprechend den GIn. (6.12) und (6.13) Weff
= Wvorh - Wabh = 2 (g + p) -1 = 2 (4 + 2) -1 = 11 Wertigkeiten. Über sechs Wertigkeiten ist von vornherein durch die Vorgabe der beiden Koppellagen CIDI (W = 4) und C2D2
(W = 2) verfügt worden. Die restlichen fünfWertigkeiten (Wrest = 5) können dann alternativ vergeben werden, vgl. auch Tafel 6.1.
a)
AI:W=2, B2:W=2, d.h. IWj =4 <Wrest =5
Die Aufgabenstellung ist einfach unterbestimmt und ermöglicht 00 1 Lösungen.
b)
AI: W = 2, B2: W = 2, Ao auf einer durch die Punkte AI und A2 festgelegten Geraden:
W = 1, d.h. I Wj = 5 = W rest
j
Die Aufgabe ist eindeutig lösbar:
230 Anhang
Die beiden Mittelsenkrechten mc zu C1C2 und mD zu D1D2 schneiden sich im
Drehpol P12• Alle Koppelpunkte A, B, C, D drehen sich bei der Bewegung des Getriebes von Lage 1 in Lage 2 um P12 mit dem Winkel <P12, der z.B. als Winkel LC1P12C2
sofort bestimmbar ist. Mit Hilfe von <P12 bzw. -<P12 sind dann die weiteren Punkte A2
bzw. BI anzugeben (Schubrichtung parallel zur x-Achse). Die Wahl des Gestelldreh-
punktes A; auf der Geraden durch Al und A2 legt die Kurbellänge AoA l und die
Exzentrizität e fest.
c)
Ao: W = 2, Schubrichtung: W = 1, e = 0 mm: W = 1, Kurbellänge: W = 1, d.h.
L Wi = 5 = Wrest
Die Aufgabe ist eindeutig lösbar:
Die beiden Mittelsenkrechten mc und mD schneiden sich im Drehpol P12, der Drehwinkel <P12 ist wie bei der Teilaufgabe b) sofort anzugeben. Mit der Wahl von Ao in der
Mitte der Strecke Cl C2 und der Schubrichtung durch diesen Punkt (e = 0) parallel zu
Lösungen zu Kapitel 6 231
CIDI (parallel zur x-Achse) liegen mit Hilfe des Winkels <\>12 auch die Punkte BI und B2 fest, da BI und B2 mit P12 den Winkel <\>12 einschließen müssen. Die minimale Kur-
-- --beHänge AoA ergibt sich als Lotabstand AOA J = AoA 2 auf die Schenkel P12Cj bzw.
P12C2.
Bij
d)
Ao: W = 2, AI: W = 2, B2: W = 2, e = 10 mm: W = 1, d .h . L Wj = 7 > Wrest = 5
Die Aufgabenstellung ist zweifach überbestimmt und damit nicht lösbar.
e)
B2: W = 2, Schubrichtung: W = 1, e = 0 mm: W = 1, Ao: W = 2, d.h.
L Wj = 6 > Wrest = 5
Die AufgabensteHung ist einfach überbestimmt und damit nicht lösbar (e = 0 mm ist unverträglich) .
Literaturverzeichnis
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234 Literaturverzeichnis
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[7.5] Paul, R. P.: Robot Manipulators: Mathematics, Programming and Control. Cambridge (MA), USA: MIT Press 1981
Sachverzeichnis
Absolutbeschleunigung ............................ 79 Differentialgetriebe .................................. 52
Absolutbewegung ..................................... 75 Direktes Kinematisches Problem ........... 192
Absolutgeschwindigkeit ........................... 76 Doppeldrehgelenk .................................... 31
Abtriebsfunktion ...................................... 14 Doppelkurbel ........................................... 36
Abtriebsglied ............................................ 18 Doppelschieber .................................. 42; 73
Antiparallelkurbelgetriebe ........................ 36 Doppelschleife ......................................... 42
Antriebsfunktion ...................................... 14 Doppelschwinge ...................................... 36
Antriebsglied ............................................ 18 Drehachse ................................ 4; 16; 17; 47
Bahnkurve ................................................ 58 Drehgelenk ............................................ 113
Beschleunigungsgrad ............ 139; 147; 151 Drehmatrix ............................. 178; 183; 185
Beschleunigungsmaßstab ......................... 66 Drehpol .................................................. 157
Beschleunigungsplan ............................... 71 endlicher .............................................. 72
Beschleunigungspol .......................... 64; 72 momentaner ......................................... 62
Besch1eunigungsvektor ............................ 57 Drehschieber ............................................ 48
Bewegungsachse .................... .4; 7; 16; 186 Dreigelenkbogen .................................... 121
Bewegungsfunktion .................................. 14 Drei-Lagen-Synthese ............................. 158
Bewegungsgrad ........................................ 21 Dreipolsatz ............................................... 77
Bindung Dreistandgetriebe ................................... 134
passive .......................................... 26; 27 Elementarbewegung ................................ 62
Coriolisbeschleunigung ..................... 78; 82 Elementardrehung .................................. 176
COULOMBsche Reibung ............. 114; 124 Elementargruppe ...... 98; 118; 119; 121; 122
CULMANN-Verfahren .......... 120; 123; 125 Elementarschraubung ............................ 166
d' ALEMBERTsches Prinzip. 113; 116; 128 Elementenpaar ....................... 19; 25; 50; 52
Decklage ................................................. 143 höheres ................................................ 21
Diagramm niederes ............................................... 21
kinematisches ....................................... 58 Epizykloide .............................................. 73
Sachverzeichnis
Ersatzgelenkgetriebe ................................ 46
Ersatzsystem
vektorielles ......................................... 172
EULER-Forme1 ................................. 55; 60
Evolventenverzahnung ............................. 74
Exzentrizität .................................... 37; 155
kinematische ........................................ 37
statische ............................................... 37
Fachwerk ................................................ 118
Formschluß ............................................. .46
Freiheit
identische ............................................. 27
Freiheitsgrad
identischer ............................................ 29
Führungsbesch1eunigung ......................... 79
Führungsbewegung .................................. 75
Führungsgeschwindigkeit. ........................ 76
Führungsgetriebe ...... 14; 16; 139; 154; 156;
172
Führungsglied .......................................... 18
Fünfgelenkgetriebe ................................... 24
Gangpolbahn ............................................ 72
Gegenlaufphase ..................... 140; 151; 153
Gelenk
stoffschlüssiges ..................................... .4
Ge1enke1ement.. ................. 18; 19; 113; 114
Gelenkfreiheitsgrad .................................. 21
Gelenkfünfeck .......................................... 24
Gelenkkette .............................................. 10
Gelenkkraftverfahren ............. 117; 135; 136
Gelenkviereck .......................................... 23
Geradführung .......................... 43; 107; 108
237
Geschlossenheitsbedingung .... 86; 171; 173;
184
Geschwindigkeitsmaßstab ........................ 66
Geschwindigkeitsplan .............................. 68
Geschwindigkeitspol ............................... 61
Geschwindigkeitsvektor. .......................... 57
gedrehter ............................................. 61
GestelL .................................................... 18
Gestellage .............................................. 148
Gestellwechsel ................................... 32; 45
Getriebe
beschleunigungsgünstigstes ..... 147; 152;
153; 161
durchschlagendes ................................ 36
übergeschlossenes ............................... 26
übertragungsgünstigstes ............ 147; 150
Getriebeanalyse ......................................... 2
Getriebedynamik .................................. 2; 11
Getriebefreiheitsgrad ............................... 23
Getriebefunktion ...................................... 14
Getriebekinematik ...................................... 2
Getriebeorgan .......................................... 18
Getriebesynthese ........................ 2; 139; 154
Getriebesystematik. .................................... 2
G-Getriebe ........................................... 1; 14
Gleichgangkupplung ................................ 47
G1eich1aufphase ..................... 140; 151; 152
Gleiten ............................................... 20; 26
Gleitwälzen ........................................ 20; 26
Gliedlage ....................................... 154; 155
Globoid ...................................................... 4
GRASHOFsche Umlaufbedingung 143; 145
238
Greifer ....................................................... .4
Haftkraft ................................................. 114
Haftzahl .................................................. 114
HARTENBERG-DENAVIT-Formalismus
186
Hodografenkurve ...................................... 58
Homogene Koordinaten ......................... 185
Hub ............................................... 140; 151
Industrieroboter ....... 4; 7; 10; 176; 186; 188
Inverses Kinematisches Prob1em ............ 192
Iterationsmethode .................... 88; 106; 171
JACOBI-Matrix .............. 89; 91; 92; 94; 96;
97; 175
JOUKOWSKY-Hebel... 116; 132; 136; 137
Kardangelenk ........................................... 48
Keilgetriebe .............................................. 28
Kette
kinematische ......................... 4; 5; 18; 30
offene kinematische .................. 176; 180
STEPHENSONsche ............................. 32
W A TIsche ........................................... 32
Kinemate ................................................ 165
Kniehebelgetriebe .................................... 98
Kniehebelpresse ............................ 5; 9; 137
Konchoidenlenker.. ......................... 43; 108
Koppelglied .............................................. 18
Koppelkurve .............. 42; 95; 107; 108; 109
Kraft
äußere ....................................... 111; 116
eingeprägte ........................ 111; 119; 128
innere ................................................. 111
Kraft- und Seileckverfahren. 119; 121; 126;
Sachverzeichnis
137
Krafteck ................................................. 120
Kräfteplan ...................... 117; 119; 120; 125
Kraftschluß .............................................. 46
Kreuzgelenk ............................................. 48
Kreuzschubkurbel.. .......... 42; 124; 140; 142
Kreuzungsabstand .................... 17; 163; 187
Kreuzungswinkel...4; 17; 49; 163; 187; 174
Krümmungskreis ..................................... 57
Krümmungsmittelpunkt.. ...... 44; 45; 57; 63;
64;101
Krümmungsradius ............................ .44; 57
Kugelkoordinaten .................................. 171
Kurbelschleife .......................... 79; 140; 142
schwingende .................................. 40; 41
umlaufende .................................... 40; 41
Kurbelschwinge ....... 36; 140; 142; 144; 148
Kurvengelenk ........................................ 113
Kurvengetriebe .......................... 3; 4; 11; 44
Kurvenschrittgetriebe ................................ 8
Lage
homologe ........................................... 154
Lagegleichung ............................. 88; 91; 93
Lagensynthese ....................................... 154
Lageplan ... 68; 80; 117; 119; 120; 125; 133
Längenmaßstab ........................................ 66
Laufgrad .................................................. 23
partieller .............................................. 32
Leistungssatz ......................... 131; 134; 136
Malteserkreuzgetriebe .............................. 43
Massendrehmoment.. ..................... 113; 132
Massenträgheitsmoment ................ 112; 130
Sachverzeichnis
Maßsynthese ...................................... 2; 139
Mechanismus ........................................... 30
Mechatronik ............................................... 3
Mehrachsensystem ................................ 5; 8
Mehrfachgelenk. ....................................... 31
Modulmethode ........ 98; 104; 107; 108; 136
Momentanpol.. ... 61; 69; 73; 77; 79; 82; 83;
157
Nachlaufrechnung .................................... 95
NEWTON-RAPHSON-Verfahren ... 88; 91;
94; 192
NEWTONsche Reibung ......................... 114
Normalbeschleunigungsvektor ................. 57
Normalkraft... ................................ 113; 124
Nutkurve .................................................... 5
OLDHAM-Kupplung ............................... 53
Orientierung ................................ 4; 16; 189
Orientierungs matrix ............................... 188
Ortsvektor ....................................... 57; 165
Parallelgreifer ............................................ .4
Parallelkurbelgetriebe ....................... 28; 36
Parallel roboter .......................................... 10
Phasendiagramm ...................................... 96
Plan der gedrehten Geschwindigkeiten .. 69;
134
Planetengetriebe ....................................... 82
Polbeschleunigung ................................... 64
Positionierung ............................. 4; 16; 189
Prinzip der virtuellen Leistungen ........... 131
Projektionssatz ......................................... 59
Punktlage ...................................... 154; 155
Punktreihenfolge
239
homologe ........................................... 154
Rastgetriebe ., ........................................... 44
Rastpolbahn ............................................. 72
Raumgetriebe ......................................... 163
Reibmoment .......................................... 116
Reibungskraft ........................ 113; 124; 125
Reibungskreis ........................................ 115
Reibungszahl ................................. 114; 124
Relativbeschleunigung ............................. 79
Relativbewegung ..................................... 75
Relativgeschwindigkeit.. .......... 76; 114; 125
Relativlage ............................. 154; 158; 159
Relativwinkelgeschwindigkeit.. ............. 116
Rollen .......................................... 20; 26;28
Rollenhebel... ........................................... 46
Rollenstößel ............................................. 46
Rundtaktautomat.. ...................................... 4
Satz von BURMESTER .......................... 68
Satz von GRASHOF ................................ 36
Satz von KENNEDY/ARONHOLD ........ 77
Satz von MEHMKE .......................... 68; 72
Schleifengelenk ....................... 40; 155; 156
Schleifengleichung .................... 87; 93; 171
Schleifenglied ................................ 108; 109
Schraubachse ........................................... 17
momentane ................................ 166; 168
Schrauben ................................................ 20
Schrittgetriebe ..................................... 4; II
Schroten ................................................... 20
Schubgelenk .......................................... 113
Schubkurbel. ............. 86; 96; 140; 142; 145;
146; 149
240
zentrische .................................... 41; 146
Schubkurbelgetriebe ....... 3; 5; 37; 135; 162;
168
Schubschleife .......................................... .42
Schubschwinge .................................. 40; 41
Schwingschleife ...................................... .41
Seileck .................................................... 120
Starrheitsbedingung ................ 59; 165; 170
Steglage .................................................. 148
Steigung
momentane ......................................... 166
Stellung
singuläre .............................................. 97
Strecklage ............................................... 143
Strömungsreibung .................................. 114
Synthese durch iterative Analyse ............... 3
Synthetische Methode ............................ 127
Tachografenkurve ..................................... 58
Tangenteneinheitsvektor .......................... 57
Tangentialbeschleunigungsvektor ............ 57
Totalschwinge .......................................... 36
Totlage .................... 5; 11; 82; 97; 139; 161
Totlagenkonstruktion ............ 139; 144; 145
Totlagenwinkel... ................... 141; 142; 151
Trägheitskraft ........ 110; 112; 116; 128; 132
Transformationsmatrix .......... 178; 185; 188
Translationspunkt. .................................. 165
Typensynthese ................................... 2; 139
Überbestimmtheit ................................... 162
Übersetzungsverhältnis ..... 4; 14; 77; 82; 83
Übertragungsfunktion .............................. 14
Sachverzeichnis
partielle ............................................... 96
Übertragungsgetriebe ...... 13; 139; 154; 157;
158; 159
Übertragungs glied ................................... 18
Übertragungswinkel... ... 139; 142; 144; 147;
148; 149
U-Getriebe ................................................. 1
Umkehrlage ........................................... 139
Umkehrung
gestaltliche .......................................... 53
kinematische ........................................ 53
Unfreiheit.. ............................................... 21
Verschiebung ......................................... 180
Versetzung ............................. 145; 155; 159
Viergelenkgetriebe ............................. 23; 35
Wälzen ............................................... 20; 28
Wellenkupplung .......................... 47; 48; 51
Wertigkeitsbilanz .. 139; 154; 155; 156; 158;
159; 162
Winkelgeschwindigkeitsvektor ........ 60; 165
Wirkungsgrad ........................................ 124
Zangengreifer ........................................ 136
Zapfenerweiterung ................................... 54
Zeitmaßstab ............................................. 66
Zwanglauf ................................................ 23
Zwanglaufgleichung .......................... 25; 47
Zwangsbedingung ............ 86; 171; 174; 184
Zwei-Lagen-Synthese ............................ 156
Zweischlag ................ .44; 99; 100; 101; 121
Zwillingskurbelgetriebe ........................... 36
Zykloidenverzahnung .............................. 74