Elementare Geometrie Vorlesung 19
Markus Rost
17.6.2019
Satz des Pythagoras I
a2 + b2 = c2
Quelle Graphik: Wikimedia
Satz des Pythagoras II
Satz (Satz des Pythagoras)
In einem rechtwinklingen Dreieck mit den Katheten a, b und derHypotenuse c gilt
a2 + b2 = c2
oderc =√a2 + b2
Der Satz des Pythagoras ist ein klassischer Bestandteil derGeometrie, vielleicht sogar der prominenteste.
Eine bekannte Anwendung ist die Abstandsmessung zweier Punktein der euklidischen Ebene:
P = (x, y)Q = (u, v)
∣PQ∣ =√(u − x)2 + (v − y)2
Satz des Pythagoras III
e =√(u − x)2 + (v − y)2
Satz des Pythagoras - Exkurs I
Die Formel verallgemeinert sich auf Abstande in hoherenDimensionen:
Fur einen Quader mit den Kantenlangen a, b, c gilt fur die Lange dder Raumdiagonalen:
d2 = a2 + b2 + c2
oderd =√a2 + b2 + c2
Vgl. externen Link “Quader”.
Satz des Pythagoras - Exkurs II
Eine klassische Frage ist nach rechtwinkligen Dreiecken mitganzzahligen Seitenlangen a, b, c.
Dies ist ein rein algebraisches Problem. Gesucht sind naturlicheZahlen a, b, c mit
a2 + b2 = c2
Ein solches Tripel (a, b, c) heißt pythagoreisches Tripel.
Beispiele:
32 + 42 = 52 9 + 16 = 2552 + 122 = 132 25 + 144 = 169
Satz des Pythagoras - Exkurs IIa
Eine allgemeine Formel zur Erzeugung pythagoreischer Tripel ist
a = u2 − v2b = 2uvc = u2 + v2
Tatsachlich gilt
(u2 − v2)2 + (2uv)2 = (u4 − 2u2v2 + v4) + (4u2v2)= u4 + 2u2v2 + v4= (u2 + v2)2
Satz des Pythagoras IV
Es gibt sehr viele Beweise des Satzes des Pythagoras. Im externenLink findet man z.B. den “Beweis durch Erganzung” (meinFavorit) und auch einen Beweis mit Scherungen.
Den folgenden Beweis habe ich dem Buch [Coxeter, Introductionto geometry] entnommen.
Er beruht darauf, daß die Hohe im rechtwinkligen Dreieck dreiahnliche Dreiecke erzeugt.
(Im rechtwinkligen Dreieck sind die Katheten auch Hohen, gemeintist naturlich immer die dritte Hohe auf die Hypotenuse.)
Satz des Pythagoras V
Die Dreiecke ABC, CBF , ACF haben alle die Winkel α,β und90○ = α + β, sind also ahnlich.
Fur die Flachen gilt: ∣ABC ∣ = ∣CBF ∣ + ∣ACF ∣
Satz des Pythagoras VI
Die Flachensumme ∣ABC ∣ = ∣CBF ∣+ ∣ACF ∣ ist schon der Satz desPythagoras, wenn es richtig liest. Man benuzt hier:
“Flachen gehen mit dem Quadrat der Langen.”
Lemma
Sind zwei Dreiecke ABC, A′B′C ′ ahnlich, mit gleichen Winkelnjeweils in A, A′, in B, B′ und in C, C ′, so gilt fur das Verhaltnisder Flachen ∣ABC ∣, ∣A′B′C ′∣:
∣ABC ∣∣A′B′C ′∣ =
∣AB∣2∣A′B′∣2 =
∣BC ∣2∣B′C ′∣2 =
∣CA∣2∣C ′A′∣2
oder, in anderer Notation,
F (ABC)F (A′B′C ′) =
c2
c′2= a
2
a′2= b
2
b′2
Satz des Pythagoras VII
Beweis mit 2. Strahlensatz: a ∶ a′ = ha ∶ ha′
Satz des Pythagoras VIII
Nach dem 2. Strahlensatz (vgl. Skizze) gilt
haha′= aa′
Fur die Flachen
F = aha2, F ′ = a
′ha′
2
folgtF
F ′= ahaa′ha′
= aa′⋅ haha′= aa′⋅ aa′= a
2
a′2
Q.E.D.
Satz des Pythagoras IX
Beweis des Satzes des Pythagoras: Nach dem Lemma gilt fur dieFlachenverhaltnisse der kleinen Dreiecke zum großen Dreieck:
∣CBF ∣∣ABC ∣ =
∣CB∣2∣AB∣2 =
a2
c2
∣ACF ∣∣ABC ∣ =
∣AC ∣2∣AB∣2 =
b2
c2
Nun folgt der Satz des Pythagoras aus der Flachensumme
∣ABC ∣ = ∣CBF ∣ + ∣ACF ∣so:
1 = ∣ABC ∣∣ABC ∣ =∣CBF ∣ + ∣ACF ∣∣ABC ∣
= ∣CBF ∣∣ABC ∣ +∣ACF ∣∣ABC ∣ =
a2
c2+ b
2
c2= a
2 + b2c2
Pause I
Kurze (gedankliche) Pause. . .
Gleich werden wir alle Seitenverhaltnisse in den drei Dreieckenbetrachten.
Satz des Pythagoras X
Ankathete ∶ Hypotenuse ∶ Gegenkathete (in den drei Dreiecken)
b ∶ c ∶ a = q ∶ b ∶ h = h ∶ a ∶ p
p + q = c
Satz des Pythagoras XI
Die Verhaltnisse entsprechender Seiten in den drei kongruentenDreiecken sind
b ∶ c ∶ a = q ∶ b ∶ h = h ∶ a ∶ p (1)
Satz (Hohensatz des Euklid)
Es gilth2 = p ⋅ q
Beweis: Spezialfalle der zweiten Gleichung in (1) sind
q
b= ha,
p
a= hb
Multiplikation der beiden Gleichungen und Kurzen von 1/ab ergibtdie Behauptung. Q.E.D.
Satz des Pythagoras XII
Satz (Kathetensatz des Euklid)
Es gelten
a2 = p ⋅ cb2 = q ⋅ c
Beweis: Dies sind c ∶ a = a ∶ p bzw. b ∶ c = q ∶ b von (1). Q.E.D.
Korollar (Satz des Pythagoras)
Es gilta2 + b2 = c2
Beweis:a2 + b2 = p ⋅ c + q ⋅ c = (p + q) ⋅ c = c ⋅ c = c2
Q.E.D.
Satz des Pythagoras XIII
Bemerkung:
Aus b ∶ c = h ∶ a oder aus c ∶ a = b ∶ h (1) ergibt sich noch die Formel
h = abc, oder hc = ab
Diese ist aber weniger uberraschend. Sie ergibt sich aus zweiMoglichkeiten, die Flache des Rechtecks mit den Seiten a, banzugeben.
Wenn man in der Formel fur die Flache
F = Grundseite ⋅Hohe
2
jeweils a, b bzw. c als Grundseite wahlt, so sind entsprechendenHohen sind b, a bzw. h. Es folgt
2 ⋅ F = a ⋅ b = b ⋅ a = c ⋅ h
Satz des Pythagoras XIV
Den Hohensatz des Euklid kann man auch in der Form
h =√pq
schreiben. Die Hohe h ist also das geometrische Mittel derAbschnitte p, q.
Nebenbemerkung: Das geometrische Mittel ist die multiplikativeVersion des arithmetischen Mittel (= Mittelwert):
arithmetisches Mittel = a1 + a2 + . . . + ann
geometrisches Mittel = n√a1 ⋅ a2 ⋅ . . . ⋅ an
Sehnensatz - Erinnerung
Erinnerung - Sehnensatz:
∣AS∣ ⋅ ∣CS∣ = ∣BS∣ ⋅ ∣DS∣
Satz des Pythagoras XV
Der Hohensatz des Euklid ist ein Spezialfall des Sehnensatzes.
Wenn namlich beim Sehnensatz eine Sehne ein Durchmesser ist, soergibt sich gerade der Hohensatz.
In diesem Fall halbiert die Sehne den Kreis.
Der Kreis ist der Thaleskreis uber der Sehne.
Man erhalt zwei (spiegelbildliche) rechtwinklige Dreiecke (mit demKreis als Umkreis).
Satz des Pythagoras XVI
h ⋅ h = p ⋅ q
Quelle Graphik: Wikimedia