Mergers & Acquisitions
Fall Sika und Fall Schindler
18.12.2015 Annina Lippuner
Übersicht
Fall Sika 1. Beteiligte Akteure 2. Ablauf der Transaktion
3. Gesellschaftsrechtliche Aspekte
Fall Schindler 1. Beteiligte Akteure 2. Ablauf der Transaktion
3. Gesellschaftsrechtliche Aspekte Fragen und Diskussion
18.12.2015
Seite 2 Fall Sika und Fall Schindler
1. Beteiligte Akteure im Fall Sika Sika AG („Sika“)
Ø Rechtsform: Aktiengesellschaft
Ø Sitz: Zug
Ø Branche: Spezialitätenchemie
Ø Gründung: 1911
Ø Aktienkapital:
• Nicht kotierte, vinkulierte Namenaktien (Stimmrechtsaktien)
• An der SIX kotierte Inhaberaktien
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1. Beteiligte Akteure im Fall Sika Schenker-Winkler-Holding AG („Schenker-Winkler-Holding“)
Ø Rechtsform: Aktiengesellschaft
Ø Sitz: Zug
Ø Zu 100% durch die Familie Burkard gehalten
Ø Die Schenker-Winkler-Holding hält 99% der nicht kotierten Namenaktien
sowie 42‘701 Inhaberaktien der Sika, dies entsprich 52.92 % der
Stimmrechte und 16.43 % des Aktienkapitals
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1. Beteiligte Akteure im Fall Sika Companie de Saint-Gobain („Saint Gobain“)
Ø Rechtsform: börsenkotierte Aktiengesellschaft nach französischem Recht
Ø Sitz: Frankreich
Ø Branche: Baustoffhandel
Ø Gründung: 1665
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Familie Burkard
100%
Schenker- Winkler- Holding AG
Sika AG
Publikum
16.97 % Kapital 52.92% Stimmen
83.03% Kapital 47.08% Stimmen
2. Ablauf der Transaktion Ausgangslage vor der Transaktion
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2. Ablauf der Transaktion
Ø 05.12.2014: Aktienkaufvertrag Familie Burkard - Saint-Gobain
Ø 08.12.2014: Medienmitteilung durch Saint-Gobain bzw. Sika
Ø 09.12.2014: Antrag Schenker-Winkler-Holding auf Einberufung a.o GV
Ø 30.12. 2014: Gesuch der Schenker-Winkler-Holding an Gericht um
Einberufung a.o. GV
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2. Ablauf der Transaktion
Ø 26.01.2015: Mitteilung von Sika über Stimmrechtsbeschränkung der Schenker-
Winkler-Holding
Ø 09.02.2015: Gesuch der Schenker-Winkler-Holding an Gericht um Erlass von
vorsorglichen Massnahmen zur Erlangung des vollen Stimmrechts
Ø 05.03.2015: UEK Verfügung betr. Gültigkeit der Opting out-Klausel
Ø 20.03.2015: Gericht wies Gesuch betr. vorsorgliche Massnahmen ab,
Schenker-Winkler-Holding legte dagegen Berufung ein
Ø 14.04.2015: Ordentliche GV der Sika mit beschränktem Stimmrecht der
Schenker-Winkler-Holding bei gewissen Traktanden
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2. Ablauf der Transaktion
Ø 04.05.2015: Finma wies Beschwerde von Sika gegen UEK Verfügung ab, Sika
legte Berufung ein
Ø 10.06.2015: Gericht wies Berufung der Schenker-Winkler-Holding betr.
vorsorgliche Massnahmen ab
Ø 24.07.2015: A.o. GV der Sika mit beschränktem Stimmrecht der Schenker-
Winkler-Holding bei gewissen Traktanden
Ø 27.08.2015: BVGer bestätigte Gültigkeit der Opting out-Klausel
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Familie Burkard
100%
Schenker- Winkler- Holding AG
Sika AG
Publikum
16.97 % Kapital 52.92% Stimmen
83.03% Kapital 47.08% Stimmen
2. Ablauf der Transaktion Ausgangslage
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Companie de Saint Gobain
Aktienkauf- vertrag
18.12.2015
100%
Schenker- Winkler- Holding AG
Sika AG
Publikum
16.97 % Kapital 52.92% Stimmen
83.03% Kapital 47.08% Stimmen
2. Ablauf der Transaktion Zielstruktur
Fall Sika und Fall Schindler Seite 11
Companie de Saint Gobain
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3. Opting out
Ø Hintergrund der Angebotspflicht nach Art. 32 Abs. 1 BEHG Ø Vorteile für die Minderheitsaktionäre durch die Angebotspflicht:
• Austrittsrecht der Aktionäre
• Gleichbehandlung der Aktionäre
Ø Nachteile für den Erwerber und den Mehrheitsaktionär durch die Angebotspflicht:
• Teurer Erwerb des Kontrollpakets • Keine Kontrollprämie für den Mehrheitsaktionär
Ø Einführung einer Angebotspflicht nach Art. 32 BEHG im Jahr 1997 umstritten
è Kompromiss: Abschwächung der Angebotspflicht durch ein Opting out nach Art. 22 Abs. 3 BEHG
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3. Opting out
Ist die Opting out-Klausel in den Sika-Statuten gültig? „Ein Erwerber von Aktien der Gesellschaft ist nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 32 und 52 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel BEHG verpflichtet.“
è UEK: Entsprach dem Gesuch der Schenker-Winkler-Holding und stellte die Gültigkeit der Opting out-Klausel in den Sika-Statuten fest. Sika erhob dagegen Beschwerde bei der Finma.
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3. Opting out
Ist die Opting out-Klausel anwendbar? Ø Sika:
• Nur die Familie Burkard sei von einer Angebotspflicht befreit
Ø Schenker-Winkler-Holding und Saint-Gobain:
• UEK Verfügung sei abschliessend • Klausel sei nicht auslegungsbedürftig und habe keine selektive
Wirkung Ø Finma:
• Keine Anwendungsbeschränkung auf die Familie Burkard • Vinkulierung und Opting out nicht zusammen auszulegen
• Selektives Opting out früher noch nicht erlaubt • Rechtslage war den Aktionären bekannt gewesen
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3. Opting out
Ist die Anrufung der Opting out-Klausel rechtsmissbräuchlich? Ø Sika:
• Vertrauenstatbestand durch Äusserungen der Familie Burkard
• Anrufung der Opting out-Klausel sei daher rechtsmissbräuchlich
Ø Schenker-Winkler-Holding und Saint-Gobain: • Kein Vertrauenstatbestand geschaffen
Ø Finma: • Opting out-Klausel nicht allein deshalb missbräuchlich, weil sie sich
für Minderheitsaktionäre negativ auswirkt • Keine faktische Statutenänderung
è Finma: Abweisung der Beschwerde von Sika. Sika erhob dagegen Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht.
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3. Opting out
Ist die Anrufung der Opting out-Klausel unlauter? Ø Sika:
• Verstoss gegen börsenrechtliches Lauterkeitsgebot
Ø Bundesverwaltungsgericht:
• Anwendungsbereich nicht eröffnet
è Bundesverwaltungsgericht: Abweisung der Beschwerde von Sika è Fazit: Saint-Gobain tritt keine Pflicht zur Unterbreitung eines öffentliches
Kaufangebots an die Publikumsaktionäre von Sika
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4. Vinkulierungsbestimmung
Ist das Vorgehen des VR zulässig? „Der Verwaltungsrat kann einen Erwerber von Namenaktien als Aktionär ablehnen, soweit die Anzahl der von ihm gehaltenen Namenaktien 5 % der Gesamtzahl der im Handelsregister eingetragenen Namenaktien überschreitet.“
Ø Stimmrechtsbeschränkung der Namenaktien der Schenker-Winkler-Holding gestützt auf diese Vinkulierungsbestimmung
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4. Vinkulierungsbestimmung
Ist das Vorgehen des VR zulässig?
Ø Sika:
• Zweck der Klausel sei Bewahrung der wirtschaftlichen
Selbstständigkeit
• Umgehung der Klausel durch Saint-Gobain
• Gemeinsame Ausübung der Kontrolle durch Saint-Gobain und die
Schenker-Winkler-Holding
• Wirtschaftlich betrachtet gleiches Resultat wie ein direkter Verkauf
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4. Vinkulierungsbestimmung
Ist das Vorgehen des VR zulässig?
Ø Schenker-Winkler-Holding/Saint-Gobain:
• Indirekter Erwerb nicht geregelt in den Statuten
• Schenker-Winkler-Holding bliebe weiterhin Aktionärin
• Keine dynamische Anpassung des Aktienbuchs
• Börsenrechtlich besteht keine Gruppe mehr
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4. Vinkulierungsbestimmung
Ist das Vorgehen des VR zulässig?
Ø Fazit: Kombination von Opting out, Vinkulierung und Stimmrechtsaktien
ist zulässig
Ø Komplexe Nachfolgeregelung
Ø Handelt der VR noch im Gesellschaftsinteresse?
è Zulässigkeit der Anwendung der Vinkulierungsbestimmung vor Gericht
hängig
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1. Beteiligte Akteure im Fall Schindler
Schindler Holding AG („Schindler“)
• Rechtsform: börsenkotierte Aktiengesellschaft
• Sitz: Nidwalden
• Branche: Maschinenbau
• Gründung: 1911
• Aktienkapital: An der SIX kotierte Namenaktien
• Partizipationskapital: An der SIX kotierte Inhaber-Partizipationsscheine
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2. Ablauf der Transaktion
Ø 05.12.2014: Fall Sika nimmt seinen Anfang
Ø 03.07.2015: Medienmitteilung durch Schindler über die geplante neue
Statutenbestimmung
Ø 21.07.2015: Verfügung der UEK in Sachen Schindler
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3. Geplante Statutenbestimmung
Ø Erwerber erwirbt mindestens 50% oder mehr des Aktienkapitals
Ø Eintrag ins Aktienbuch, falls er allen Aktionären ein freiwilliges öffentliches
Kaufangebot unterbreitet hat
Ø Der Preis des Angebots muss mindestens dem volumengewichtigen
Durchschnittskurs der börsenrechtlichen Abschlüsse der letzten 30 Börsentage
entsprechen
Ø Der Preis des Angebots darf höchstens 10% unter dem Preis liegen, welchen
der Erwerber in den 12 vorangegangenen Monaten bezahlt hat
(= Kontrollprämie)
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3. Opting in
Ist diese massgeschneiderte Opting in-Klausel zulässig? Ø UEK:
• Grenzwert nach Art. 32 Abs. 2 BEHG nicht eingehalten
• Berechnung Börsenkurs nach Art. 40 Abs. 2 BEHV-FINMA nicht eingehalten
• Widerspruch zu Abschaffung der Kontrollprämie
• Schaffe Rechtsunsicherheit und Intransparenz • Jederzeitige Abänderung einer solchen Klausel wäre möglich
è Fazit der UEK: Statutenbestimmung ist nichtig
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3. Opting in
Ist diese massgeschneiderte Opting in-Klausel zulässig? Ø Argumente für die Zulässigkeit der Opting in-Klausel:
• Nur Teilverzicht auf Kontrollprämie
• Rechtliche Besserstellung der Aktionäre durch eine betragsmässige Beschränkung der Kontrollprämie
è Fazit: Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für Schindler verbleiben
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Diskussionsfragen
1. Wie beurteilen Sie das Vorgehen des VR im Fall Sika? In wessen Interesse muss der VR handeln?
2. Ist die Möglichkeit eines Opting outs notwendig im Schweizer Börsenrecht?
3. Wie hätten Sie anstelle der UEK im Fall Schindler entschieden?
Fall Sika und Fall Schindler Seite 26 18.12.2015