Pressegespräch im Rahmen der Veranstaltung „Ausgegrenzt und chancenlos? Perspektiven für die Arbeitsmarktintegration schwer vermittelbarer
Langzeitarbeitsloser in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz“
Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin, 23. April 2007
Geförderte Beschäftigung für
leistungsgeminderte Langzeitarbeitslose
– Thesen zum Gutachten
Dr. Susanne KochDr. Peter Kupka
2
These 1: Durch die breite Definition von Erwerbsfähigkeit im SGB II sind viele Personen im System, deren Beschäftigungs-fähigkeit stark eingeschränkt ist
2
Kategorie Anzahl
Alle Arbeitslosen 4.539.874
Alle Arbeitslosen über 25 Jahre 4.035.396
Darunter: 2 Jahre und länger arbeitslos 966.486
Darunter: mit gesundheitlichen Einschränkungen 311.446
Darunter: ohne Berufsausbildung, ohne gesundheitliche Einschränkungen
243.902
Potenzielle Zielgruppe, weite Definition 555.348
Potenzielle Zielgruppe, enge Definition 129.591
Quelle: Data Warehouse der BA, eigene Berechnungen
Zielgruppe im Arbeitslosenbestand, Dezember 2005
3
Monatlich Übertritte von rd. 20.000 Langzeitarbeitslosen mit Vermittlungs-hemmnissen in reguläre Beschäftigung
Übertritte auch aus Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik:
§19 BSHG: Bruttointegrationsquoten von Teilnehmern im Durchschnitt bei 38,5 %
ABM: Positive Effekte auf die Beschäftigungschancen gerade bei besonders schwierigen Personengruppen
Wichtig: Vorhandene Durchlässigkeit darf durch geförderte Beschäftigung nicht beeinträchtigt werden
3
These 2: Diese Personen lassen sich nicht auf der Basis statistischer Kennziffern identifizieren; auch bei schwieriger Klientel gibt es Durchlässigkeit zum ersten Arbeitsmarkt
4
These 3: Zuweisung in ein solches Programm sollte aufgrund des individuellen Arbeitsvermögens nach sorgfältigem Profiling durch die Fallmanager erfolgen
Arbeitsmarktprogramme brauchen klare Zielgruppendefinition
Aber: keine starre administrative Regelung, sondern „Leitplanken“
Zugehörigkeit zur Zielgruppe sollte sich an individuellen Kriterien fest-machen (z.B. Vermittlungshemmnisse)
Allgemeine Kriterien wie „keine Chance auf Arbeitsplatz in den nächsten24 Monaten“ können je nach regionaler Arbeitsmarktlage zu massiver Ausweitung der Zielgruppe führen
4
5
These 4: Nicht alle Tätigkeitsfelder eigenen sich für die Klientel
Der Einsatz häufig gering qualifizierter, schlecht bezahlter Mitarbeiterim Sozialbereich, insbesondere von Langzeitarbeitslosen im Rahmenvon Maßnahmen ist umstritten
Vor Amateurismus wird gewarnt:„A substantial proportion of jobs in those areas involve working with vulnerable groups, such as young children or the elderly, and requireskilled care and stable, confident staff” (Perotin 2001, S. 349)
5
6
These 5: Die Heterogenität der Zielgruppe bedingt unter-schiedliche Ausgestaltung
Sozial Deklassierte (Haftentlassene, Obdachlose, Alkohol- oder Drogen-abhängige)
Gesundheitlich oder psychisch beeinträchtigte Menschen
Menschen mit Vermittlungshemmnissen, ansonsten unauffällig
Auswirkungen auf: Arbeitsorganisation, Arbeitszeit, Betreuungssituation, Entlohnung, Betätigungsfeld
6
7
These 6: Beschäftigungsfähigkeit ist keine statische Eigen-schaft, sondern kann sich verändern
Dreistufiges Betreuungsmodell Stiftung für Arbeit St. Gallen:Förderstufe, Integrationsstufe, Leistungsstufe
Offenheit der Maßnahme kann gefördert werden durch
Nebeneinander von geschützten und regulären Arbeitsplätzenin einem Betrieb
Degressive Bezuschussung
Regelmäßige Überprüfung der Fortschritte und weiterhin intensive Betreuung durch den Fallmanager
„Quasi“-Eingliederungsvereinbarung
7
88
These 7: Beschäftigungsmöglichkeiten, die die Kriterien der Zusätzlichkeit und des öffentlichen Interesses erfüllen, sind begrenzt
§261 (2) SGB III: „Arbeiten sind zusätzlich, wenn sie ohne Förderungnicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden“
Arbeitshilfe AGH: Reguläre Beschäftigung darf nicht verdrängt oderbeeinträchtigt werden, die Schaffung neuer Arbeitsplätze darf nicht gefährdet oder verhindert werden
Erfahrungen mit Arbeitsgelegenheiten zeigen, dass dies in der Praxis schwer umzusetzen ist
9
These 8: Stärkere Rolle marktbezogener Aktivitäten wäre sinnvoll
Beschränkung auf Segmente, die den Kriterien der Zusätzlichkeit unddes öffentlichen Interesses entsprechen, ist nicht zwingend
Arbeit in Unternehmen, die am Markt operieren, ist möglich(z.B. Integrationsprojekte)
Subventionierung der Beschäftigung als Nachteilsausgleich
Geringere Produktivität und der höhere Betreuungsaufwand werden abgegolten
9
10
These 9: Komplexität des Problems und fehlende politische Akzeptanz sprechen gegen sofortige flächendeckende Einführung
Pilotierung mit sorgfältiger Evaluation
Vorhandene lokale Strukturen aufgreifen (soziale Stadt)
Beteiligungsstrukturen schaffen
Identifizierung und Ausweitung von Beschäftigungsfeldern durch sozialräumliche Orientierung
Stärkung marktbezogener Aktivitäten
10