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M ittelständische Unter-nehmer empfinden esals kompliziert, an För-
dermittel für ForschungundEnt-wicklung zu gelangen. Fast keinBetrieb kommt beim Antrag oh-ne externeHilfe aus. Das zeigt ei-ne Befragung des Prüfungs- undBeratungsunternehmens PwCunter rund 700 Firmen mit biszu 500Millionen Euro Jahresum-satz. Der Ende März veröffent-lichten Studie zufolge benötigen94 Prozent der UnternehmenUnterstützung – etwavonder In-dustrie- und Handelskammeroder von einemUnternehmens-berater. Drei Viertel der Befrag-ten bemängeln zudem, dass dieBewilligung der Fördermittel zulange dauere. Durch die Pla-nungsunsicherheit entstehe denFirmenein zusätzliches Innovati-onshemmnis, schreiben die Stu-dienautoren.
DieWirtschaft sieht lautUntersu-chung die Politik in der Pflicht,die Situation zuverbessern. JederZweite sagt: Eine zentrale Förder-mittelstelle, die für alle Program-me von EU, Bund und Ländernzuständig wäre, müsse geschaf-fen werden. Mit ihr ließen sichdie Betriebe ambesten entlasten.EineVereinfachung könnte auchmehr Unternehmen dazu bewe-gen, an Förderprogrammen teil-zunehmen. Die Hälfte der Fir-men, die bisher keine Mittel inAnspruch nehmen, nennen denhohen Zeitaufwandder Program-me als Grund.Gleichzeitig sinkt die Innovati-
onsbereitschaft im Mittelstandinsgesamt. Laut dem im Februarveröffentlichten Innovationsbe-richt der staatlichen FörderbankKfW ging die Entwicklung neuerProdukteund Prozesse imdrittenJahr in Folge zurück. Nur noch 28Prozent der kleinen und mittle-ren Firmen investierten in Inno-vationen. Die Studienautorenwarnendavor,Geschäftschancenso zuverpassen. Schließlichwür-den dieUmsätzevon innovativenUnternehmen im Schnitt umzwei Fünftel schneller wachsen,als dievon nicht-innovativen Fir-men. Mathias Peer
Förderantragstrapaziertdie Geduld
EINBLICK
Erschließung neuer Kundengruppen
Erschließung neuer Märkte
Höhere Wettbewerbsfähigkeit
Anmeldung neuer Patente
60%
56 %
48 %
35 %
Warum Mittelständler in Forschungund Entwicklung investierenin Prozent der Befragten
Umfrage unter 691 UnternehmenMehrfachnennungen möglich
HandelsblattQuelle: PwC
Expansion im Blick
IMPRESSUMRedaktion: Thomas Mersch,Stefan Merx, Mathias Peer
Malte LaubKöln
Am Endewaren es einfach zuviele E-Mails für Lukas Pfeif-fer: Er bekam sie von Mitar-
beitern, externen Partnern undKunden. „Die Mails haben unserePostfächer regelrechtverstopft“, er-innert sich Pfeiffer andas Jahr 2010und seine Zeit in der Berliner Soft-warebranche. „Irgendwann habenwir uns gedacht, dass es ohneE-Mails besser gehenmüsste.“ Pfeif-fer und seineMitgründer brachtendas soziale Firmennetzwerkswabr.com an den Start. Das ambi-tionierte Ziel: Es soll helfen, zwei
StundenArbeit amTagund 70Pro-zent der Mails einzusparen.Intranet, E-Mail und Newsletter
bekommenmittlerweile ernsthafteKonkurrenz: Soziale Firmennetz-werkeversprechen, die Kommuni-kation effizienter und einfacher zumachen.Cloudspezialist Salesforcemischt mit der Software Chattermit, Microsoft ist mit den Kommu-nikationsplattformenYammer undLync vertreten, Branchenriese Fa-cebook hat kürzlich eine Business-version seiner populären Plattformangekündigt.Swabr.comhat seinen Fokus spe-
ziell auf den Mittelstand gerichtet.„Unserer Erfahrung nach fehlt es
imMittelstand oft an den personel-len und technischen Ressourcen,ein eigenes Netzwerk aufzubauen“,sagt Pfeiffer. Swabr.comwird daherwie Twitter oder Xing über denBrowser, das SmartphoneoderTab-let bedient. Mehr als 5 400 kleineundmittelständischeUnternehmensetzten die in Deutschland betrie-bene Plattform bereits ein. Mit Sta-tusleiste, Daumen-hoch-Buttons,DateispeicherundGruppenfunktio-nen erinnert sie an bekannte sozia-le Netzwerkewie Facebook.Stefan Pieper, Pressesprecher
beim IT-Dienstleister Atos, be-kommt schon seitmehreren Jahrenkaumnoch interneMails. 2011 hatte
KonzernchefThierry Breton ange-kündigt, die Mail innerhalb vondrei Jahren abzuschaffen, seit An-fang 2014 ist das sogenannte Zero-E-Mail-Programm vollständig um-gesetzt. „Ich habe bis heute nichteine Information verpasst, diewichtig gewesen wäre“, sagt Pie-per. „Es steht nicht so viel Wichti-ges in den Mails, wie man denkt.“
Stattdessen ist Pieper Mitglied imfirmeneigenenNetzwerk Bluekiwi.Interessiert er sich für ein Projekt,tritt er der jeweiligen Gruppe desNetzwerks bei. Dort diskutiert erdas Thema mit seinen Kollegen,postet Links und belohnt guteVor-
Konkurrenz für Intranet und E-Mail: Soziale Netzwerke gewinnen in der Bürokommunikation
Meeting? Gefällt mir!
Malte LaubKöln
Triumphierend klang Nor-bert Blüm, als er seinenSpruchwiederholte. „DieRente ist sicher“, rief erins ZDF-Studio –mehr als
20 Jahre, nachdem er das Zitat imWahlkampf geprägt hatte. Das Pu-blikum johlte. BlümwarGast in derKabarettsendung „Die Anstalt“. Inder Showwurde die Rentenpolitikder vergangenen zwei Jahrzehnteauseinandergenommen. Bei demThema wäre Fernsehdeutschlandwohl noch vor Jahren in Tiefschlafverfallen. Doch die Rente polari-siertwieder – und verunsichert zu-nehmend auch Arbeitgeber.
Grund sind Verpflichtungen ausderbetrieblichenAltersvorsorge,dieaufgrunddereuropäischenNiedrig-zinspolitik zur Belastung für Unter-nehmenwerden.Um372MilliardenEuroerhöhten sichdieVerpflichtun-gender 30Dax-Unternehmen alleinimvergangenen Jahr. DochwährendKonzernewie SiemensundDaimlerihre Rücklagen mit Milliardenzu-schüssenverstärken können, stehenkleinere Unternehmen vor existen-ziellen Problemen.
Experten warnen vor möglichenPleiten: „Es gibt durchaus Mittel-ständler, die Insolvenzen befürch-ten, weil der niedrige Zins die Ge-winn- und Verlustrechnung beein-flusst und damit ertragswirksam
wird“, sagt Mark Walddörfer, Ge-schäftsführer der aus der Ergo-Gruppe hervorgegangenen Pensi-onsberatung Longial. Die niedrigenZinsenwirken sich dabeimitVerzö-gerung aus. Die meisten Mittel-ständler bilanzierten nach demHandelsgesetzbuch, erläutertWald-dörfer. Dort werde ein Durch-schnittszinsverwendet, der sich ausden Werten der vergangenen sie-ben Jahre berechnet. Die Zinspoli-tik kam also bislang nur abge-schwächt an. Doch mittlerweiledauert die Niedrigzinsphase so lan-ge an, dass dieser Puffer nichtmehrwirkt. Auch eine Erholung der Zin-sen, die derzeit nicht abzusehen ist,würde sich so erst mitVerzögerungauswirken.
Die niedrigen Zinsen belasten das System der Betriebsrenten. Im Mittelstand drohen
Teure Pflichten
Mitarbeiter in einem Maschinenbaubetrieb: Rentenzusagen können zu Bilanzproblemen führen.
Iimago/And
reas
Prost
Nutzung von Altersvorsorgeprodukten2014 in Prozent
Anteil
Betriebliche Altersversorgung
Riester-Rente
Private Lebensversicherung
Sparbuch
Bausparvertrag
Tagesgeld-/Festgeldkonten
Immobilien
Aktien/Fonds/Anleihen
%
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43
34
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Quelle: PwC
Umfrage unter 1000 sozialversicherungspflichtigBeschäftigten; Mehrfachnennungen möglichHandelsblatt
Der Chef spart mit
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DIENSTAG, 14. APRIL 2015, NR. 7146 SPEZIAL
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schläge mit Gefällt-mir-Angaben.E-Mails mit „Re: Re: Aw: Re:“-Be-treffzeilen entfallen, zudem sei diePlattform besser durchsuchbar.Wissen gehe so nicht in einzelnenPostfächern verloren.
In einem nächsten Schritt möch-te Atoswichtige Kunden ins Systemeinbinden, damit auch der externeE-Mailverkehr zum Erliegenkommt. Swabr.com ermöglicht dasbereits. In abgetrennten Bereichenkönnen so dritteUnternehmen aufdas Netzwerk zugreifen und mit ih-rem Dienstleister kommunizieren.„Langfristig“, da ist sich Pieper si-cher, „wird die E-Mail ein Nischen-dasein führen –wie das Fax heute.“
rasch an Beliebtheit.
Rente als Lockmittel
T rotzder steigenden finanziel-len Belastungen sehenUnter-nehmen Vorsorgeleistungen
für den Ruhestand zunehmend alsMöglichkeit, Fachkräfte zu gewin-nenund an sich zu binden. „In denvergangenen Jahren häuften sichbei uns die Anfragen, wie sich diebetriebliche Altersvorsorge einset-zen lässt, um als Unternehmen at-traktiver fürdie Mitarbeiter zuwer-den“, sagt Heiko Gradehandt, ver-antwortlich fürMittelstandsthemenbeim BeratungsunternehmenTowersWatson. InderTat seienVor-sorgeprogramme ein vielverspre-chendes Mittel, sowohlumvorhan-dene Mitarbeiter zu motivieren alsauchumneueTalente anzuwerben,sagt Gradehandt. „Unternehmenkönnen sich differenzieren und ih-
ren Angestelltenetwas Besonderesbieten.“
Eine Studie der Generali Versi-cherungen unter 200 Personalver-antwortlichen von Mittelständlernbestätigt die Beobachtung. Zwar ha-be die derzeitige Zinssituation dafürgesorgt, dass klassische Betriebs-renten seltener angebotenwürden
und Alternativen wie Pensions-fonds attraktiv würden. Dass sichder Aufwand aber lohnt, ist in denUnternehmen angekommen: Nurmit der Motivationswirkung vonWeiterbildungen sind die Persona-ler noch zufriedener als mit den Ef-fekten der betrieblichen Altersvor-sorge, an der sich die Arbeitgeberbeteiligen.
Auffällig ist, dass es vor allemDienstleistungsunternehmen sind,die die Rentenleistungen nutzen,um attraktiver zuwerden. Dreivonvier Dienstleistern setzen auf Vor-sorgeprogramme als Bindungsmit-tel, in der Industrie sind es nur 60Prozent. Hier dominiert eine höhe-re und flexiblere Vergütung.
Das Interesse der Mitarbeiter anbetrieblichen Vorsorgeleistungen
steigt derweil, heißt es in der Erhe-bung. Das drückt sich auch in dergestiegenen Anzahl an Rückfragenan die Personalverantwortlichenaus. Neben dem Anteil des Arbeit-gebers an der Rente interessierendie Mitarbeiter vor allem die Bera-tungsangebote der Unternehmen,sowie die Sicherheit der Anlagen.
Eine besondere Rolle kommt derAltersabsicherung mittlerweile imRecruiting zu: „Die Betriebsrenteist für Bewerber einwichtiges Argu-ment geworden, um potenzielle Ar-beitgeber zu beurteilen“, sagt Bera-ter Gradehandt. Im zunehmend in-tensiver werdenden Kampf umTalentewollen es sich deshalbvielemittelständische Unternehmennicht leisten, dabei auf die Rente zuverzichten. Malte Laub
Die betriebliche Altersvorsorge hilft beimWerben umTalente.
MITARBEITERMOTIVATION
gar Insolvenzen.Wie also können Mittelständler
sich für die Zukunft rüsten? „Dienaheliegende Strategie ist, Pensi-onsverpflichtungen auszulagernund damit aus der Bilanz zu neh-men“, sagtWalddörfer. Dafür wür-de sich ein Pensionsfonds eignen.„Allerdings müssten die Unterneh-men dafür viel Geld in die Handnehmen.“Geld, dasvieleUnterneh-men nicht haben. Besonders für Fa-milienunternehmen böte es sich al-lerdings an, dasVerwaltungsvermö-gen, also Grundstückswerte,Forderungen oder bestimmte Fir-menanteile, zu nutzen, um die Pen-sionslasten auszulagern, sagtWald-dörfer. So könne bei der Erbschaft-steuer gespart werden.
EineweitereMöglichkeit seien pau-schaldotierte Unterstützungskas-sen, sagt Manfred Baier, Sozius derauf betriebliche Altersvorsorge spe-zialisierten Kanzlei F.E.L.S. Dabeiwird einTeil desGehaltsvomUnter-nehmen einbehalten und verzinst,der Mitarbeiter vergibt sozusageneinen Kredit an seinen Arbeitgeber.Baierwirbt mit größerer Unabhän-gigkeit von Banken und Versiche-rern, zudem lasse sich so eine enge-re Beziehung zwischen MitarbeiterundUnternehmen aufbauen. Aller-dings bleibe das Risiko dabei imUn-ternehmen, sagt Longial-ChefWald-dörfer. In der aktuellen Situation seidie Methode wenig hilfreich.
Um die Phase zu meistern, rätWalddörfer, sich auch mit den Fein-heiten der eigenen Altersvorsorge-regelungen zu beschäftigen. „Diemeisten Unternehmen planen miteinem Renteneintrittsalter von 63Jahren“, sagt der Experte, „tatsäch-lich gehen die Mitarbeiter aber spä-ter in Rente.“ Diese Differenz könn-ten Arbeitgeber in ihre Rentenfor-meln einfließen lassen. Dadurcherhielten sie etwas mehr Zeit, umdas nötige Geld für ihre Verpflich-tungen anzusparen. Dass die Leis-tungen für die Arbeitnehmer im-merwichtigerwerden, ist fürWald-dörfer klar. Die gesetzlicheRentenversicherungverliere immerweiter an Bedeutung. „Man kannden Lebensstandard damit nichtmehr halten.“
75 %der Dienstleister setzenzur Mitarbeiterbindungauf betrieblicheAltersvorsorge.Quelle: Generali
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DIENSTAG, 14. APRIL 2015, NR. 71
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