Transcript

H.-I. Huppertz Kinder- und Jugendrheumatologie

Z Rheumatol 64:293–294 (2005)DOI 10.1007/s00393-005-0747-z

ZfR

h747

EDITORIAL

Prof. Dr. med. Hans-Iko Huppertz ())Zentrum für Kinderheilkundeund JugendmedizinProf.-Hess-KinderklinikSankt-Jürgen-Straße28205 BremenE-Mail: [email protected]

Die Kinder- und Jugendrheuma-tologie ist ein noch junges Gebiet,das sich wissenschaftlich erst inden letzten 20 Jahren internatio-nal und auch in Deutschlandetabliert hat. Systematisch be-trachtet ist das Gebiet Teil derKinder- und Jugendmedizin, aberdie wissenschaftliche Entwicklungwird ganz wesentlich durch dieRheumatologie bestimmt. Inso-fern hat die Kinder- und Jugend-rheumatologie eine pädiatrischeSeele, aber das Rüstzeug kommtvon der Rheumatologie. DieFachvertreter haben sich in derArbeitsgemeinschaft Kinder- undJugendrheumatologie organisiert,die eine von über 20 Subgesell-schaften der Deutschen Gesell-schaft für Kinder- und Jugend-medizin ist. Sowohl die Arbeits-gemeinschaft als auch ihre Vertre-

ter haben von Anfang an denKontakt und die Zusammenarbeitmit den „Erwachsenen-Rheuma-tologen“ und der Deutschen Ge-sellschaft für Rheumatologie ge-sucht. Dieses Verhältnis hat sichin Deutschland sehr günstig zumVorteil der Patienten und beiderKooperationspartner entwickelt.

Die Kinderrheumatologen sindder Aufforderung des Geschäfts-führenden Herausgebers W. L.Gross, einzelne Themen ihresFachs allen rheumatologisch Inte-ressierten darzustellen, sehr gernenachgekommen.

Ein klassisches rheumatologi-sches Krankheitsbild mit demPrädilektionsalter von 5–15 Jah-ren, das akute rheumatische Fie-ber, wird von R. Keitzer als selte-nes, aber weiterhin gefährlichesKrankheitsbild dargestellt. Ob-wohl die aktuell gültigen Jones-Kriterien dies nicht beschreiben,sollte bei entsprechendem Ver-dacht immer rasch die Echokar-diographie durchgeführt werden.

Die Behandlung der juvenilenidiopathischen Arthritis (JIA) äh-nelt in vielem der Therapie derrheumatoiden Arthritis. Im Arti-kel von F. Weller und H.-I. Hup-pertz werden aber auch die viel-fältigen Besonderheiten der Be-handlung von Kindern und Ju-gendlichen deutlich. Die Erkran-kung betrifft ein wachsendes Ske-lettsystem mit einem noch unrei-

fen Immunsystem und einer nochunfertigen Persönlichkeit. Somuss die Krankengymnastin sichzunächst spielerisch das Vertrau-en des Kindes erwerben und darfnicht seine Aufmerksamkeits-spanne überfordern. Die für dieJIA mit 6 Modulen etabliertenSchulungen wenden sich erst abetwa 8 Jahren an den Patientenselbst; zuvor werden die Elterngeschult.

Auch in der Kinder- und Ju-gendrheumatologie ist es durchdie Einführung von Biologicals zueiner spektakulären Verbesserungder therapeutischen Möglichkei-ten gekommen, wie G. Horneffberichtet. Darüber darf aber dieunter diesen Medikamenten unge-klärte Langzeitprognose von Kin-dern nicht vergessen werden, dieim Vergleich zum Erwachseneneine viel höhere Lebenserwartungund damit eine deutlich verlän-gerte Realisationszeit besitzen.Spät sich zeigende Nebenwirkun-gen wie zum Beispiel ein Lym-phom nach Jahren oder seltene,aber schwerwiegende Nebenwir-kungen, die eventuell nur eineUntergruppe von Patienten betref-fen, könnten zu einer Neubewer-tung einzelner dieser Substanzenführen.

Bei vielen Patienten mit JIAheilt die Erkrankung nach jahre-langem Verlauf aus. Wenn sieaber im Erwachsenenalter fort-

besteht, wird der erwachsen ge-wordene Patient nun vom Rheu-matologen weiterbetreut. K. Min-den et al. berichten über die häu-fig noch unzureichende Überlei-tung, „Transition“ genannt, undbeschreiben, wie Kinder- und Ju-gendrheumatologen und ihrePartner aus der Rheumatologiedieses Problem gemeinsam ange-hen sollten.

In der Behandlung der JIA hates in den letzten Jahren enormeFortschritte gegeben (Tab. 1).Während man noch vor 20 Jahrendas „Coping“, also das „Fertig-werden“ mit drohender oder be-reits eingetretener Behinderung,betonen musste, steht heute diePrävention aller bleibenden Schä-den durch frühzeitige Beherr-

schung der Entzündung im Vor-dergrund. Ziel ist es, den Patien-ten ohne jede Einschränkung alsvollwertiges Mitglied der Gesell-

schaft bis ins Erwachsenenalterzu begleiten, in kompletter Re-mission oder unter die Obhut ei-nes Rheumatologen.

294 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 64, Heft 5 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Tab. 1 Fortschritte in der Behandlung der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA)

Therapiemodalität Beispiele

Aufklärung n Patient/Eltern als Partner im Team der Therapeutenn Strukturiertes Programm zur Patienten- und Elternschulung

mit 6 Modulen

Physiotherapie n Erkenntnis, dass Krankengymnastik den Entwicklungsstanddes Patienten berücksichtigen muss und krankheitsbedingtversäumte Entwicklungsschritte nachzuholen sind

n Positive Einstellung gegenüber Bewegung und Belastung

Pharmakotherapie n Intelligenter Einsatz der Steroide (intraartikulär, als „Puls“)n Einführung der Biologicalsn Einsatz von Methotrexat in niedriger Dosis oral

und in mittlerer Dosis s.c.n Einsatz von Bisphosphonaten


Recommended