Klonale Selektion und Evolution
im Immunsystem
Modul 34X1
Prof. Dr. Markus Müschen
Molekulare Stammzellbiologie
http://www.lymphocytes.de/
Funktionen des Immunsystems:
Abwehr von Infektionen
Unterscheidung von Fremd und Selbst
Selbst-Ignoranz und Fremd-Erkennung
Erkennen
Lernen
Gedächtnis
Erworbene Immunität (Bsp. Kinderkrankheiten,
Impfungen) durch
von Antigen
Werkzeuge des Immunsystems:
Antigenrezeptoren, „Seitenketten“
Werkzeuge der Erkennung im Immunsystem sind Rezeptoren,
„Seitenketten“ (1897)
Seitenketten-Theorie, Paul Ehrlich
Spezifische Erkennung führt zur Stimulation und zur
Produktion löslicher „Antikörper“
Die Anzahl möglicher Fremdantigene ist theoretisch
unbegrenzt, die Anzahl der erkennenden Rezeptoren nicht
Max Gruber, 1902
Problem der Seitenketten-Theorie
Instruktion
Lamarck
Zellen des Immunsystems können ihre Antigenrezeptoren
(„Seitenketten“) so anpassen, daß sie Antigen binden.
Instruktion vs Selektion
Lamarck Darwin
Zellen des Immunsystems können ihre Antigenrezeptoren
(„Seitenketten“) so anpassen, daß sie Antigen binden.
Zellen des Immunsystems werden positiv oder negativ
selektioniert, je nach dem ob ihr Antigenrezeptor an Antigen
bindet.
Rezeptoren, Antikörper werden vom Antigen geformt, „instruiert“
Kontrollierte Denaturierung und Renaturierung von Serum
Globulinen in der Anwesenheit oder Abwesenheit von Antigen
Linus Pauling, 1940
Rezeptoren, Antikörper werden vom Antigen selektioniert
Anwendung der Evolutionstheorie auf die Entwicklung des
Immunsystems
Macfarlane Burnet & David Talmage, 1957
Instruktion vs Selektion
Lamarck Darwin
By this art you may contemplate the
variation of twenty letters1
1Joshua Lederberg: Instructive selection and immunological theory.
Immunol Rev 1993, 185: 50-53
Lösung des Seitenketten-Problems:
Genetische Variabilität
Variable Regionen von Antigenrezeptoren
lösen das Problem der Seitenkettentheorie
Entstehung von Variabilität
1. durch Rekombination
2. und Mutation
Generierung eines theoretisch
unbegrenzten Rezeptor-Repertoires
durch somatische Rekombination
Rekombinatorische Vielfalt durch zufällige Kombination von
V, D und J Gensegmenten, die gemeinsam für eine Variable
Region kodieren
Variable Regionen definieren die Spezifität und die Affinität
gegenüber Antigen
Entstehung Variabler Regionen in B Lymphozyten
7 VH Genfamilien 7 DH Genfamilien 6 JH Gene 9 CH Gene
V, variable
D, diversity
J, joining
Segmente im IGH Lokus, auf Chromosom 14q32
DH DH
Entstehung Variabler Regionen in B Lymphozyten
DNA Doppelstrangbrüche initiieren
Rekombinationsereignisse
DH JH
DH JH
DNA Doppelstrangbrüche initiieren
Rekombinationsereignisse
DH JH
5‘P
DNA Doppelstrangbrüche initiieren
Rekombinationsereignisse
Keimbahnkonfiguration
Sacred geometry of chance1
1Sting, Ten Summoner's Tale, 1993
DH-JH Genumlagerung
Entstehung Variabler Regionen, IGH
VH-DH-JH Genumlagerung
Entstehung Variabler Regionen, IGH
VH-DH-JH Genumlagerung
Entstehung Variabler Regionen, IGH
VH DH JH
Complementarity determining region III:
durchschnittlich 10 Aminosäuren
Entstehung Variabler Regionen in B Zellen
Rekombinatorische Vielfalt in
Variablen Regionen?
123 VH Segmente, davon nur 46 funktionell
27 DH Segmente
6 JH Segmente
19.926 Rekombinationsmöglichkeiten
davon nur 7.452 potentiell funktionell
Rekombinatorische Vielfalt in
Variablen Regionen?
19.926 Rekombinationsmöglichkeiten
davon nur 7.452 potentiell funktionell
Zum Vergleich:
Von jedem beliebigen Antigen werden kurze Peptide auf MHC-Komplexen präsentiert.
Durchschnittliche Länge der Peptide: 9 Aminosäuren
Anzahl der Aminosäuren: 20
Benötigte Variabilität: mindestens 209, etwa 5.1 x 1011
VH DH JH
Complementarity determining region III:
durchschnittlich 10 Aminosäuren
Zusätzliche Variabilität in den Fugen
zwischen VH, DH und JH Gensegmenten
VH DH JH
C A R N F N W G S D Y D A F D I W
tgt gcg agg aac ttt aac tgg gga tcg gac tat gat gct ttt gat atc tgg
N-Nukleotide N-Nukleotide
VH DH JH
Zusätzliche Variabilität in den Fugen
zwischen VH, DH und JH Gensegmenten
Somatische Rekombinationsereignisse
im Knochenmark
Rekombinase Aktivität: RAG1, RAG2
N-Nukleotid Diversität: TdT
Lymphoide Vorläuferzellen: prä-B Zellen
im Knochenmark
HSC
Pro-B
Pre-B
Mat. B
Etappen der frühen B Zell-Entwicklung
Keimbahn
DH-JH rearrangement
7 DH families7 VH families 6 JH Segments
DH-JH
7 VH families
Keimbahn
DH-JH rearrangement
VH-DHJH rearrangement
7 DH families7 VH families 6 JH Segments
DH-JH
7 VH families
VH-DHJH
HSC
Pro-B
Pre-B
Mat. BErfolgreiche Umlagerung von V, D und J Segmenten ist notwendig für die Expression eines Antikörpers
Nur Zellen, die einen funktionellen Antikörper exprimieren, können überleben
Etappen der frühen B Zell Entwicklung
Klonale Selektionstheorie (Burnet, 1957)
i. Die Fähigkeit, Antikörper zu produzieren, ist
genetisch kodiert
ii. Antikörper-bildende Zellen haben nur wenige
Spezifitäten
iii. Zellen werden durch Bindung an Fremd-Antigen
selektioniert und bilden große Klone gleichartiger
Tochterzellen
iv. Zellen, die Selbst-Antigen erkennen, werden
deletiert
Vorhersagbarkeit des Ungewissen
i. Durch zufällige Rekombination von Gensegmenten
wird eine theoretisch unbegrenzte Anzahl von
Antigen-Spezifitäten generiert
ii. Die meisten dieser Spezifitäten sind nutzlos oder
Selbst-reaktiv
iii. Durch Selektion können theoretisch für jedes
denkbare Antigen in ausreichender Menge
passende Antikörper produziert werden
iv. Die Produktion von Selbst-reaktiven Antikörpern
wird verhindert
Erkennen, Lernen und Gedächtnis:
ein bloßes Selektionsproblem?
Plausibilität der klonalen
Selektionstheorie?
i. Antikörper sind relativ spezifisch
wenige Selbst-Antigene werden erkannt, möglicherweise deckt
das Repertoire auch nicht alle Fremdantigene ab
ii. Antikörper sind relativ unspezifisch
viele Antikörper erkennen Selbstantigen und werden deletiert.
Die verbleibenden Antikörper reichen möglicherweise nicht für
eine effektive Immunantwort aus
Primäres und sekundäres
Antikörper-Repertoire
Weitere Diversifizierung des primären Antikörper-Repertoires durch
i. Rezeptor-Revision (Rekombination)
ii. Somatische Hypermutation (Mutation)
Rezeptor-Revision durch
sekundäre VH Genumlagerung
Donor VH Rezipient VH JH
DNA Doppelstrangbrüche entstehen an kryptischen RSS Motiven im 3‘ Bereich rearrangierter VH Gensegmente
Affinitätsreifung durch somatische
Hypermutation und klonale Selektion
I. II. III. IV.
Affinitätsreifung durch somatische
Hypermutation und klonale Selektion
I. II. III. IV.
Primär, IgD
Sekundär,CD38
Primärfollikel, IgD
Primäres und sekundäres
Antikörper-Repertoire
Weiterführende Literatur:
ab 7. November unter
http://www.lymphocytes.de/
Fragen zur Vorlesung an: