38
34 34 Immunsystem Siegfried Ansorge 34.1 Angeborene Immunantwort – 1104 34.2 Molekulare Instrumente der adaptiven Immunantwort – 1105 34.2.1 Chemische Natur von Antigenen – 1106 34.2.2 Das MHC-/HLA-System als Instrument der Antigenpräsentation – 1106 34.2.3 Die Gene des HLA-Komplexes – 1107 34.3 Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems – 1109 34.3.1 CD-Nomenklatur – 1109 34.3.2 Antigen-Erkennung durch Lymphozyten – 1110 34.3.3 T-Lymphozyten – 1110 34.3.4 B-Lymphozyten – 1118 34.3.5 Zirkulation von Lymphozyten – 1129 34.4 Komplementsystem – 1130 34.5 Wechselwirkungen zwischen unspezifischer und spezifischer Immunantwort – 1133 34.6 Immunabwehr von Mikroorganismen – 1134 34.6.1 Bakterienabwehr – 1134 34.6.2 Virusabwehr – 1135 34.7 Pathobiochemie – 1136 34.7.1 Immundefekte – 1136 34.7.2 Allergien – 1137 34.7.3 Autoimmunkrankheiten – 1138 34.7.4 Transplantatabstoßungen – 1138 Literatur – 1139

34 - Immunsystem

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34 Immunsystem Siegfried Ansorge

34.1 Angeborene Immunantwort – 1104

34.2 Molekulare Instrumente der adaptiven Immunantwort – 1105 34.2.1 Chemische Natur von Antigenen – 110634.2.2 Das MHC-/HLA-System als Instrument der Antigenpräsentation – 110634.2.3 Die Gene des HLA-Komplexes – 1107

34.3 Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems – 1109

34.3.1 CD-Nomenklatur – 110934.3.2 Antigen-Erkennung durch Lymphozyten – 111034.3.3 T-Lymphozyten – 111034.3.4 B-Lymphozyten – 111834.3.5 Zirkulation von Lymphozyten – 1129

34.4 Komplementsystem – 1130

34.5 Wechselwirkungen zwischen unspezifischer und spezifischer Immunantwort – 1133

34.6 Immunabwehr von Mikroorganismen – 113434.6.1 Bakterienabwehr – 113434.6.2 Virusabwehr – 1135

34.7 Pathobiochemie – 113634.7.1 Immundefekte – 113634.7.2 Allergien – 113734.7.3 Autoimmunkrankheiten – 113834.7.4 Transplantatabstoßungen – 1138

Literatur – 1139

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1104 Kapitel 34 · Immunsystem

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>> Einleitung

Das Immunsystem ist ein komplexes System von Zellen und Faktoren, das den Organismus in die Lage versetzt, mit Infektions-erregern und anderen Fremdstrukturen, wie Allergenen, fertig zu werden. Die Instrumente dieses Systems sind über den ge-samten Organismus verteilt mit einer Konzentrierung in den primären (Knochenmark, Thymusdrüse) und sekundären lymphat-ischen Organen (Lymphknoten, Schleimhaut, Milz, Haut u.a.). Die Zahl der immunologisch bedeutsamen Zellen wird auf 1012

geschätzt. Das Immunsystem bedient sich zweier unterschiedlich funktionierender Systeme:eines angeborenen, unspezifisch wirkenden Repertoires an Zellen und Stoffen, das die erste, frühe Phase der Abwehr von Krankheitserregern bestimmt undeines selektiv wirkenden Systems, das für die antigenspezifische oder erworbene/adaptive Immunantwort verantwortlich ist und erst einige Tage später zur Wirkung gelangt.Beide Ebenen der Immunantwort sind miteinander vernetzt.An einer Immunantwort sind wesentlich folgende Zelltypen beteiligt: Antigen-präsentierende Zellen (Makrophagen, dendri-tische Zellen), Thymus-geprägte Lymphozyten (T-Zellen) und im Knochenmark geprägte Lymphozyten (B-Zellen), die in Anti-körper-produzierende Plasmazellen umgewandelt werden. Sie kommunizieren miteinander entweder direkt oder über Cytoki-ne. Immunzellen zirkulieren über das Blut- oder Lymphgefäßsystem und wandern zum Ort des Geschehens, z.B. zu einer Verlet-zung oder lokalen Entzündung. Diese Vorgänge werden über gefäßaktive Prostaglandine und Prostacycline, Adhäsionsmole-küle und Chemokine reguliert. Das Immunsystem steht in enger Wechselwirkung mit den Systemen des Komplements, der Kinine, der Gerinnung und Fibrinolyse, die an Entzündungsprozessen mitwirken. Darüber hinaus bestehen enge Beziehun gen zum neuronalen und endokrinen System sowie zum Stoffwechsel und der Ernährung.

34.1 Angeborene Immunantwort

! Makrophagen, polymorphkernige Granulozyten und NK-Zellen vermitteln die unspezifische Immunant-wort.

Angeborene Immunantwort. Die unspezifische natürliche Immunantwort ist angeboren. Grenzflächen wie Haut und Schleimhaut bilden die erste Barriere gegen den Eintritt von

Mikroorganismen. Nach der Passage dieser Barriere kom-men humorale wie zelluläre Elemente ins Spiel (. Tabel-le 34.1). Hierzu gehören das in vielen Sekreten vorkom-mende Enzym Lysozym sowie über die alternative Komple-mentkaskade aktivierte Faktoren. Bei einer Infektion steigt regelmäßig auch die Konzentration von Akutphase-Pro-teinen wie C-reaktivem Protein (CRP) im Blut an. CRP, ein aus 206 Aminosäuren bestehendes Polypeptid, bindet an Phosphorylcholin-Reste auf Bakterienoberflächen, z.B. von

. Tabelle 34.1. Charakteristika der angeborenen und adaptiven Immunität

Angeborene Immunität Adaptive Immunität

Mechanische Barrieren HautSchleimhaut

Keine

Zellen Monozyten/MakrophagenGranulozyten

T-LymphozytenB-Lymphozyten

NK-Zellen Antigen-präsentierende Zellen

Faktoren Toll-like Rezeptoren

Eikosanoide Inflammatorische Cytokine (z.B. IL-2, IFN-γ)

Chemokine Anti-inflammatorische Cytokine (z. B. TGF- , IL-4, IL-10, IL-13)

Sauerstoffspezies Antikörper

NOProteasenKomplementPro-inflammatorische CytokineAkutphase-Proteine (z.B. TNF- , IL-1, IL-6)CRP

Spezifität nein ja

Selbst-/Nicht-Selbst-Diskriminierung nein ja

Gedächtnis nein ja

Page 3: 34 - Immunsystem

34110534.2 · Molekulare Instrumente der adaptiven Immunantwort

Pneumokokken, wirkt als Opsonin und induziert die Komplementaktivierung durch Bindung von C1q. Neben Granulozyten spielen Monozyten und Makrophagen eine wichtige Rolle in der ersten Phase der Immunantwort. Sie sind Produzenten proinflammatorischer Cytokine (7 Kap. 25.2). Die Phagozytose von Mikroorganismen wird von Mannose- und scavenger-Rezeptoren unterstützt, während die Freisetzung von proinflammatorischen Cytokinen hauptsächlich auf der Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren (TLR, benannt nach dem Drosophila-Protein Toll) beruht. Beim Menschen kennt man 10 verschiedene TLR, die un-terschiedliche Mikroorganismen-Strukturen erkennen wie z.B. Lipopolysaccharid von gram-negativen oder Lipo-teichonsäure von gram-positiven Bakterien, bakterielles Flagellin, nicht methylierte CpG-Motive bakterieller DNA oder viraler doppelsträngiger RNA. Darüber hinaus ver-mitteln TLR die Signaltransduktion in die Zelle. Zu den wichtigsten freigesetzten proinflammatorischen Cytokinen gehören Interleukin-1 (IL-1), Tumornekrosefaktor-α, In-

terleukin-6 (IL-6), IL-12 und IL-18, die weitere Zellsysteme wie Endothelzellen und Lymphozyten aktivieren. IL-6, TNF- und IL-1 sind Pyrogene, d.h. für das Fieber ver-antwortliche Cytokine. IL-6 bewirkt auch die Freisetzung von CRP in der Leber. Zum zytotoxisch gegen Mikroorga-nismen gerichteten Arsenal von Makrophagen und Granulo-zyten gehören Toll-like-Rezeptoren, reaktive Sauerstoff-spezies (7 Kap. 15.3), Stickstoffmonoxid (NO, 7 Kap. 25.9.1) und proteolytische Enzyme wie Granulozyten-Elastase, Pro-teinase 3 und Kathepsine, die in der frühen Phase der Im-munantwort zum Teil überschießend freigesetzt werden.

Im Unterschied zur Bakterienabwehr sind an der Virus-abwehr in der ersten Phase der Immunantwort vor allem natürliche Killerzellen (NK-Zellen, natural killer cells ) be-teiligt. NK-Zellen sind große granuläre Lymphozyten, die weder den T- noch den B-Lymphozyten zugeordnet werden können. Sie sind in der Lage, virusinfizierte Zellen oder Tumorzellen zu zerstören und werden durch Interferone, IL-1, IL-12 und IL-18 aktiviert (7 Kap. 25.5.2, 25.5.3).

In Kürze

Die angeborene Immunantwort ist unspezifisch. Die wichtigsten daran beteiligten Zellen sind neutro-phile Granulozyten, Makrophagen und NK-Zellen. Die Kommunikation zwischen den Zellen erfolgt über:4 Toll-like Rezeptoren4 proinflammatorische Cytokine wie IL-1, IL-6, TNF-α,

IL-12 und IL-184 Chemokine, z.B. IL-8

4 Eikosanoide, wie Prostaglandine, Prostazykline, Throm-boxane und Leukotriene

Effektormoleküle der unspezifischen Immunantwort sind:4 reaktive Sauerstoffspezies und NO4 Komplementfaktoren4 Myeloperoxidase4 proteolytische Enzyme, wie Granulozyten-Elastase und

toxische Granulabestandteile

34.2 Molekulare Instrumente der adaptiven Immunantwort

Die adaptive Immunantwort erfolgt in mehreren Schritten. Es sind dies: die Antigenerkennung durch spezifische T- und B-Lymphozyten, die Aktivierung dieser Lymphozyten (Bildung von Effektorzellen), die Eliminierung der Anti-gene, die Bildung von memory- (Gedächtnis-) Zellen und die Terminierung der Immunantwort.

! Die adaptive Immunantwort ist hochspezifisch, unter-scheidet zwischen Selbst und Nicht-Selbst und verfügt über ein Gedächtnis.

Adaptive Immunantwort. An die initiale Phase der Abwehr schließt sich die adaptive Immunantwort an, die spezifisch gegen Krankheitserreger gerichtet ist und durch Anpas-sungsmechanismen eine individualisierte Antwort auf Er-reger oder andere Fremdstrukturen vermittelt. Da Makro-phagen auch in dieser Immunantwort beteiligt sind, stellen sie eine Brücke zwischen beiden Formen der Immunant-wort dar.

Die Fähigkeit der adaptiven Immunantwort, zwischen unterschiedlichen Antigenen zu unterscheiden, wird für den T-Zellbereich auf 1015 und für den B-Zellbereich auf 1011 Antigene geschätzt. Praktisch kann damit das Immun-system auf jedes denkbare Antigen reagieren. Dieses Poten-tial ist im Genom begründet und wird durch das Prinzip der Genumlagerung (rearrangement) und im Fall der Im-munglobuline zusätzlich durch somatische Mutationen erreicht (7 Kap. 34.3.4.5). Neben der Spezifität sind weitere Charakteristika der adaptiven Immunantwort die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen Selbst und Nicht-Selbst sowie das Vermögen einen immunologischen Erfahrungs-schatz gegen im Kindesalter auftretende Erreger aufzu-bauen, der den Organismus in die Lage versetzt später auf die gleichen Erreger effizient und ohne Zeichen von Er-krankungen zu reagieren.

Immunologische Toleranz. Die Fähigkeit zur Unterschei-dung zwischen Selbst und Nicht-Selbst, d.h. körpereigenen und körperfremden Strukturen und die damit verbundene Toleranz des Immunsystems gegenüber körpereigenen Strukturen, wird nach der Geburt erworben. Sie impliziert,

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1106 Kapitel 34 · Immunsystem

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dass körpereigene Lymphozyten nicht durch körpereigene Strukturen aktiviert werden können. Ein Bruch dieser To-leranz führt zu Autoimmunerkrankungen (7 Kap. 34.7.3) wie rheumatoide Arthritis oder multiple Sklerose. Die mo-lekularen Strukturen der Selbst-/Nicht-Selbst-Diskriminie-rung sind im MHC (major histocompatibility complex)- bzw. HLA (Humanes Leukozytenantigen)- System begründet. Das wichtigste Organ zur Vermittlung der Fähigkeit der Toleranz durch T-Zellen ist die Thymus-Drüse. Neben der HLA-vermittelten (zentralen) Toleranz spielen regulato-rische T-Zellen (früher Suppressorzellen) als Instrumente der peripheren Toleranz eine wichtige Rolle.

Die meisten Antigene induzieren eine Immunantwort, in die sowohl T- als auch B-Lymphozyten einbezogen sind.

34.2.1 Chemische Natur von Antigenen

! Antigene sind meist Proteine, gelegentlich auch Sac-charide, Nucleinsäuren oder Lipide.

Antigene. Stoffe, die spezifisch mit Antikörpern oder T-Zellen reagieren, werden Antigene genannt. Der Bereich an der Oberfläche des Antigenmoleküls, der für die Bindung und Bildung eines spezifischen Antikörpermoleküls oder Lymphozyten verantwortlich ist, wird als Epitop oder anti-gene Determinante bezeichnet. Die Aminosäuren derar-tiger Regionen auf Proteinoberflächen stammen meist aus verschiedenen Abschnitten der Proteinsequenz, die nach Ausbildung der Konformation benachbart liegen. Solche Epitope heißen Konformations- oder diskontinuierliche Epitope. Ein Epitop, das aus einem einzigen Segment einer Peptidkette besteht, wird als lineares oder kontinuierliches Epitop bezeichnet.

Für die Immunantwort, d.h. die Bildung von Antikör-pern und Antigen-spezifischen T-Zellen ist allerdings immer ein Vollantigen oder Immunogen nötig, das zu-sammen mit den spezifischen Rezeptoren der T- wie der B-Zellen in Wechselwirkung tritt. Ausnahmen sind T-Zell-unabhängige Antigene wie Kohlenhydrate mit sich wie-derholenden Epitopabschnitten. Antigene, die mit einem Anti körper reagieren, aber selbst keine Immunantwort aus-lösen, werden Haptene genannt. Haptenen fehlt ein Pro-teinepitop (carrier epitop), das T-Helferzellen aktivieren kann. Haptene sind meist niedermolekulare Stoffe. Zu ihnen gehören u.a. Medikamente, Metallionen (Zn2+) oder Amino-säurederivate, die erst nach Bindung an einen Carrier, zu-meist Protein, immunogen werden und eine Immunantwort auslösen. Antigene können jede beliebige Struktur besitzen, besonders gute Immunogene sind Pro teine, die wegen ihrer Größe und der Vielzahl von Epitopen T- und B-Zellen un-terschiedlicher Spezifität stimulieren können.

Antigenerkennung durch B- und T-Lymphozyten. Wäh-rend Antikörper und B-Lymphozyten dazu befähigt sind,

die komplexe Struktur des Antigens (z.B. eines Proteins) in seiner nativen Form zu erkennen und zu binden, sind T-Zellen mit ihren Rezeptoren nur in der Lage, kurze Oligo-peptide (9–30 Aminosäuren) aus einem Antigen zu erken-nen, die an der Oberfläche von Antigen-präsentierenden Zellen (APZ) über membrangebundene MHC/HLA-Mo-leküle dargeboten werden. Zu den Antigen-präsentierenden Zellen gehören dendritische Zellen, Makrophagen und B-Lymphozyten. Auch intrazellulär lokalisierte Antigene, wie solche von Viren und sich intrazellulär vermehrenden Bakterien (Listerien), werden für die T-Zelle erst erkennbar, wenn entsprechende Peptidbruchstücke dieser Antigene über MHC-Moleküle an der Oberfläche der Zelle zugäng-lich sind.

34.2.2 Das MHC-/HLA-System als Instrument der Antigen-präsentation

Haupthistokompatibilitäts-Komplex (MHC, major histo-compatibility complex), humanes Leukozytenantigen-System (HLA). Die Frage, warum zumindest bei Protein-antigenen immer eine größere Zahl von Oberflächenbe-reichen als Epitope dienen und jedes dieser Epitope die Ausbildung eines spezifischen Antikörpermoleküls im Organismus hervorruft, konnte durch die Entdeckung der Antigenpräsentation als einem Grundprinzip bei der Anti-generkennung befriedigend erklärt werden. Nach diesem Konzept wird beim erstmaligen Kontakt eines Antigens mit dem Organismus dieses Antigen von Antigen-präsentie-renden Zellen intrazellulär durch Proteolyse fragmentiert und die dabei entstehenden Fragmente zusammen mit spezifischen Peptidrezeptoren auf der Zelloberfläche prä-sentiert. Diese Peptidrezeptoren wurden ursprünglich bei Transplantationsexperimenten identifiziert und werden infolgedessen auch als Haupthistokompatibilitäts-Kom-plex (MHC-Komplex, major histocompatibility complex) bezeichnet. Der Begriff MHC wird Species-unabhängig genutzt. Die MHC-Systeme der unterschiedlichen Species haben gesonderte Namen. Das menschliche MHC-System wurde zuerst auf Leukozyten nachgewiesen und als Hu-manes Leukozytenantigen-System (HLA) bezeichnet. MHC-Proteine werden besonders stark auf Leukozyten ex-primiert.. Das MHC-System der Maus wird als H-2 (histo-compatibility-2) bezeichnet.

Peptidrezeptoren des MHC-Komplexes treten in 2 Klassen, I und II, auf.

! MHC-I- und -II-Peptidrezeptoren werden auf unter-schiedlichen Zellen exprimiert.

MHC-I-Peptidrezeptoren finden sich auf allen kernhal-tigen Zellen, wobei die Expression in hämatopoietischen Zellen am höchsten ist. MHC-II-Peptidrezeptoren werden im gesunden Organismus konstitutiv auf B-Lymphozyten,

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Makrophagen und dendritischen Zellen, also Zellen des Immunsystems exprimiert. Kernlose Erythrozyten enthal-ten keine MHC-Moleküle.

! MHC-I- und -II-Rezeptoren werden auf unterschied-lichen Wegen mit Antigen-Peptiden beladen.

Prozessierung und Präsentation frei im Cytosol vorkom-mender Antigene (. Abb. 34.1). Peptide, die von MHC-I-Molekülen präsentiert werden, entstehen durch Proteolyse intrazellulär synthetisierter viraler Proteine oder Tumor-Antigene unter Mitwirkung des Proteasoms. Antigen-prä-sentierende Zellen benutzen dafür eine besondere Form des Proteasoms, das Immunproteasom, Tumorzellen die Tri-peptidylpeptidase II. Unter Vermittlung des TAP1/ TAP2-Komplexes werden die dabei entstehenden Fragmente in das endoplasmatische Retikulum transportiert und dort von MHC-I-Rezeptoren gebunden (. Abb. 34.1a). TAP (transporter associated with antigen processing)-Trans porter sind Transmembranproteine mit einer hydrophoben, in das ER-Lumen ragenden Transmembrandomäne und einer hydrophilen ins Cytosol ragenden ATP-bindenden Do-mäne. TAP1 ist über einen Chaperonkomplex (Tapasin, Calretikulin) an das MHC-Molekül gebunden. Diese Bin-dung wird nach Beladung des MHC mit einem Antigen-peptid gelöst und der MHC-Peptidkomplex über das Golgi-System an die Oberfläche transportiert.

Dies führt dazu, dass jede Körperzelle ihrer Umgebung einen Satz von Peptiden präsentiert, durch den sie als »selbst« erkennbar ist. Werden Körperzellen z.B. von Viren befallen, die den zelleigenen Proteinbiosyntheseapparat in ihren Dienst stellen, werden körperfremde, virale Peptid-fragmente präsentiert, die eine Identifikation und Elimi-nierung derartiger Zellen durch das Immunsystem möglich macht (7 Kap. 34.6.2). Auf ähnliche Weise werden transfor-mierte Zellen entfernt.

Prozessierung und Präsentation extrazellulärer Antigene. Ein etwas anderer Mechanismus liegt der Präsentation ex-trazellulärer Antigene wie Bakterien- oder Allergen-Struk-turen zugrunde (. Abb. 34.1b). Diese werden von Antigen-präsentierenden Zellen (dendritische Zellen, Makropha-gen) durch Endozytose aufgenommen und in sauren Endosomen zu Peptiden durch lysosomale Proteasen (Ka-thepsin B, D, L) fragmentiert. Man nimmt an, dass endoso-male saure Vesikel mit Vesikeln aus dem endoplasmatischen Retikulum fusionieren, die membrangebundene MHC-Moleküle enthalten. Diese MHC-Moleküle treten als Trimere auf und sind an der Peptidbindungsstelle durch die invariante Kette (ebenfalls als Trimer) blockiert. Erst nach Teilabbau der invarianten Kette zum CLIP (class II-associ-ated invariant chain peptide) mit Hilfe von Kathepsinen, lysosomalen Zystein-Proteinasen und dem Austausch von CLIP gegen Antigenpeptide wird ein Transport an die Oberfläche der Zelle möglich. Dabei spielen Genprodukte des HLA-DM eine Helferrolle.

34.2.3 Die Gene des HLA-Komplexes

HLA-System. Das HLA-System als für den Menschen spe-zifische MHC-System ist ein polymorpher Genkomplex, der Membranproteine codiert, die die Basis der Diskrimi-nierung von Selbst und Nicht-Selbst durch T-Lymphozyten bilden.

Die polymorphen Gene des HLA-Komplexes liegen auf Chromosom 6, die des β2-Mikroglobulins auf Chromo-som 15. Es gibt 3 Hauptgene der Klasse I, die als HLA-A, -C und -B bezeichnet werden (. Abb. 34.2a) und 6 Paare von α- und β-Ketten-Genen für die Klasse II (2 HLA-DR,

. Abb. 34.1a,b. Antigenpräsentation durch MHC-Peptidrezep-toren. a Ein Teil der intrazellulär synthetisierten Proteine wird im Proteasom fragmentiert. Die dabei entstehenden Peptide werden durch einen Transporterkomplex (TAP1/TAP2) in das endoplasma-tische Retikulum transportiert, wo sie von MHC-I-Rezeptoren gebun-den und mit ihnen an die Zelloberfläche befördert werden. b Extra-zelluläre Antigene werden vom Rezeptor Antigen-präsentierender Zellen durch Endozytose aufgenommen und lysosomal zu Peptiden fragmentiert. Die derartige Peptide enthaltenden Lysosomen fusio-nieren mit aus dem Golgi-Apparat stammenden Vesikeln, welche MHC-II-Moleküle gebunden haben. Die Bindungsstelle der MHC-II-Moleküle ist durch die invariante Kette (Li) blockiert. Diese wird durch Kathepsine gespalten. Das resultierende CLIP (class II-associated invariant-chain peptide) wird durch Antigenpeptide ausgetauscht und der MHC-II-Peptidkomplex an die Zelloberfläche transportiert

34.2 · Molekulare Instrumente der adaptiven Immunantwort

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1108 Kapitel 34 · Immunsystem

34 2 -DP, 1 -DQ und 1 -DM). Insgesamt sind danach bei einem Individuum 6 Allele der HLA-I-Klasse (2A, 2B, 2C) und 12 Allele der HLA-II-Klasse (4DR, 4DQ, 2DM, 2DP) exprimiert. Die Gene sind bis auf HLA-DRα und HLA-DPα polymorph. Für den HLA-B-Lokus sind z.B. bisher 75 Allele bekannt. Die Zahl der verschiedenen HLA-Allele ist in den unterschiedlichen ethnischen Gruppen bzw. Rassen ver-schieden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine volle Identität der Allele zwischen 2 Personen auftritt, ist mit Ausnahme eineiiger Zwillinge extrem gering.

HLA-Membranstrukturen. Die . Abbildung 34.2b zeigt schematisch den Aufbau und den Membraneinbau der HLA-Peptidrezeptoren. Das MHC-I-Protein ist ein mono-meres integrales Membranprotein, dessen 3 extrazelluläre Domänen als α1–α3 bezeichnet werden. Das präsentierte Peptid befindet sich in einer Spalte zwischen den Domänen α1 und α2. Für die Funktion des MHC-I-Proteins ist seine

Assoziation an das β2-Mikroglobulin notwendig. Anders als das MHC-I-Protein ist das MHC-II-Protein ein sym-metrisches Heterodimer aus einer α- und einer β-Kette. Die Peptidbindungsstelle wird durch die N-terminalen Domänen α1 und β1 gebildet.

Die Länge der Peptide, die von MHC-I-Molekülen prä-sentiert werden, variiert zwischen 9 und 11 Aminosäuren, die der MHC-II-Moleküle zwischen 10 und 30 Amino-säuren.

Neben HLA-I- und HLA-II-Strukturen befinden sich auf dem Chromosom 6 die Gene für verschiedene Kom-plementfaktoren, TNF-α, Substrukturen des Proteasoms sowie TAP1 und TAP2. Dieser Bereich wird als HLA-III bezeichnet.

Individuelle HLA-Haplotypen zeigen Assoziationen zu bestimmten Erkrankungen, insbesondere Autoimmuner-krankungen wie Typ-I-Diabetes, bzw. zur Fähigkeit, auf bestimmte Antigene zu reagieren.

. Abb. 34.2a,b. Aufbau des humanen MHC-Komplexes (HLA) und der entsprechenden HLA-Proteine. a Der HLA-Komplex liegt mit 7 Genloci auf dem kurzen Arm von Chromosom 6. Der HLA-D-Locus unterteilt sich in 4 Loci, die jeweils eine α- und eine β-Kette codieren. Bei HLA-DR kommt ein weiterer β-Locus hinzu. Unter Berücksichti-gung der gemeinsamen Nutzung der α- bzw. β-Ketten vom mütter-lichen bzw. väterlichen Chromosom verfügt jedes Individuum über 18 verschiedene HLA-Allele. b Das HLA-I-Protein ist ein integrales

Typ-I-Membranprotein. Das präsentierte Antigenpeptid (rot) findet sich in einer Vertiefung zwischen den Domänen α1 und α2. Assoziiert ist β2-Mikroglobulin, das auf Chromosom 15 codiert wird. Das HLA-II-Protein ist ein symmetrisches Heterodimer aus je einer α- und einer β-Kette. Die Antigenpeptidbindungsstelle wird durch die beiden N-terminalen Domänen gebildet (in Klammern sind die Molekular-gewichte der Ketten angegeben)

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Präsentation von Kohlenhydrat- und Lipidantigenen. Weder Klasse I- noch Klasse II-HLA-Moleküle haben die Fähigkeit, Kohlenhydrat- oder Lipidantigene, wie AB0-Blutgruppen-Antigene, zu präsentieren. Dies erfolgt über eine Familie von nicht polymorphen CD1-Molekülen. Sie

sind aus β2-Mikroglobulin und Glycoproteinen zusam-mengesetzt und werden von Antigen-präsentierenden Zel-len exprimiert. Die Zellen, die diese Antigene erkennen, sind T-Zellen mit γ/δ-Rezeptor (CD4-, CD8- negative Zel-len, 7 Kap. 34.3.3).

In Kürze

Antigene sind Stoffe, die Lymphozyten spezifisch aktivieren:4 Eine Immunantwort lösen nur Vollantigene oder

Immunogene aus. Haptene benötigen dazu zusätz-lich Protein-Carrier, die mit T-Helferzellen in Wechsel-wirkung treten

4 Die molekularen Bereiche, die mit Antikörpern, B- und T-Zell-Rezeptoren spezifisch in Wechselwirkung treten, werden Epitope oder Determinanten genannt

4 B-Zellen erkennen Antigene in der nativen Form, T-Zellen nur nach Prozessierung und Präsentation der Peptide durch membrangebundene MHC- bzw. HLA-Moleküle

Das MHC- bzw. humane HLA-System ist ein polymorpher Genkomplex auf dem Chromosom 6, der Membranpro-teine codiert, die die Antigenerkennung von T-Zellen er-möglicht. Es wird in 2 Hauptklassen eingeteilt.HLA-Klasse I:4 besteht aus den Hauptgenen A, C und B, von denen

ein heterozygotes Individuum jeweils 6 Allele besitzt4 kommt als Genprodukt in der Plasmamembran aller

kernhaltigen Zellen, kombiniert mit β2-Mikroglobulin, vor

4 präsentiert Antigenpeptide (9–11 Aminosäuren) den T-Zell-Rezeptoren auf CD8-T-Zellen

4 wird im ER mit Peptiden beladen, die aus intrazellulär synthetisierten Proteinen durch Proteasom-katalysierte Hydrolyse entstanden sind

HLA-Klasse II:4 besteht aus den Hauptgenen DR, DQ, DM und DP, von

denen ein heterozygotes Individuum jeweils insgesamt 12 Allele besitzt

4 kommt als Genprodukt auf Antigen-präsentieren den Zellen, wie dendritischen Zellen, Makrophagen und B-Zellen, vor

4 codiert jeweils eine α- und eine β-Kette4 präsentiert Antigenpeptide (10–30 Aminosäuren) den

T-Zell-Rezeptoren auf CD4-T-Zellen4 wird in endolysosomalen Vesikeln mit Peptiden be-

laden, die als Proteine aus dem extrazellulären Milieu aufgenommen und durch Kathepsin-katalysierte Hydro-lyse entstanden sind

4 HLA-DM-Genprodukte helfen beim Austausch der invarianten Kette gegen Peptide

34.3 Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

34.3.1 CD-Nomenklatur

! Die zellulären Komponenten des Immunsystems wer-den durch Zelloberflächenmarker klassifiziert, die auch als CD-Antigene bezeichnet werden.

CD-Nomenklatur. Die Charakterisierung und Unterschei-dung von Leukozyten und ihren Subpopulationen erfolgt durch phenotypische Marker, die an der Oberfläche der Zelle exprimiert werden. Diese Antigene wurden durch ein internationales Standardisierungskomitee unter Nutzung von Antikörpern durch eine CD (cluster of differentiation)- Nummer definiert. Bisher sind mehr als 300 CD-Antigene erfasst, die jeweils durch eine Gruppe monoklonaler Anti-körper mit sehr ähnlicher Spezifität charakterisiert sind. Dabei benutzt man z.B. Fluorochrom-markierte Antikör-per und das Verfahren der Durchflusszytometrie. Einige wichtige CD-Antigene sind in der . Tabelle 34.2 zusam-

mengefasst. Mit Hilfe derartiger Antigene ist es heute mög-lich, objektiv zwischen unterschiedlichen Differenzierungs-stufen und Aktivierungszuständen von Zellen des Immun-systems und anderer Organe zu unterscheiden. Dabei werden überwiegend monoklonale Antikörper eingesetzt. Eine besondere Rolle spielen diese Antigene bei der Diffe-rentialdiagnose von Neoplasien des Immunsystems, den Leukämien und Lymphomen. Jedes Differenzierungssta-

. Tabelle 34.2. Diagnostisch wichtige Oberflächenantigene von Leukozyten (CD-Antigene)

CD-Antigen Zelltyp

CD 3 T-Lymphozyt

CD 4 TH, T-Helfer-Zelle

CD 8 TC, Zytotoxische T-Zelle

CD 19 B-Lymphozyt

CD 56 NK-Zelle

CD 14 Monozyt

CD 34 Stammzelle

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 8: 34 - Immunsystem

1110 Kapitel 34 · Immunsystem

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dium von Immunzellen (Lymphozyten, myelomonozytäre Zellen) kann ein neoplastisches Äquivalent ausprägen, was unterschiedliche therapeutische Maßnahmen notwendig macht.

Für die Funktion des adaptiven Immunsystems sind die B-Lymphozyten und die T-Lymphozyten von besonderer Bedeutung.

34.3.2 Antigen-Erkennung durch Lymphozyten

T- und B-Lymphozyten verfügen über Membranrezep-toren, welche die Erkennung von präsentierten Antigenen ermöglichen.

MHC-Restriktion der Antigenerkennung von T-Zellen. Die entscheidende Rolle bei der adaptiven Immunantwort spielen neben den Antigen-präsentierenden Zellen (Makro-phagen, dendritische Zellen, B-Lymphozyten) die Lympho-zyten. Diese wichtigsten zellulären Bestandteile des Immun-systems kommen in 2 Subtypen, den T- und B-Lympho-zyten vor. Nach Konvention werden diese Zellen auch als B-Zellen bzw. T-Zellen bezeichnet. Beide Typen von Lym-phozyten exprimieren auf ihrer Oberfläche Rezeptoren, die Antigene hochspezifisch erkennen:

B-Lymphozyten erkennen Antigene in ihrer nativen Form über den B-Zell-Rezeptor-Komplex, der ein mem-brangebundenes Immunglobulin enthält.

T-Lymphozyten sind nicht in der Lage, gelöste native Antigene zu erkennen. Sie erkennen über den T-Zell-Re-zeptor-Komplex nur Peptidfragmente (prozessierte Anti-gene), die auf MHC-Molekülen Antigen-präsentierender Zellen präsentiert werden sowie fremde (allogene, xeno-gene) MHC-Moleküle auf fremden Zellen.

Danach besteht die biologische Funktion des MHC-Systems in erster Linie in der Restriktion (Einschränkung) der Antigenerkennung von T-Lymphozyten und der Unter-scheidung von Selbst und Nicht-Selbst durch das Immun-system. Helfer-T-Zellen (TH) sowie zytotoxische T-Zellen (TC) erkennen Antigene nur zusammen mit HLA-Mole-külen. Helfer-T-Zellen benötigen dazu MHC-Klasse-II-Moleküle, zytotoxische T-Zellen benötigen MHC-Klasse-I-Moleküle. Im Falle der Abstoßungsreaktionen nach Trans-plantation werden fremde MHC-Moleküle des Spenders durch das Immunsystem des Empfängers direkt ohne Anti-genprozessierung oder indirekt nach Antigenprozessierung und Präsentation durch Empfänger-MHC-Moleküle er-kannt. Da es sich hierbei um eine allogene Situation, d.h. eine Beziehung von Molekülen von genetisch unterschied-lichen Individuen einer Spezies handelt, spricht man von Allo-Erkennung und Allo-Reaktivität.

Nach Erkennung des Antigens in T-Zellen wie in B-Zellen werden unterschiedliche Signalkaskaden ausgelöst, die zur Aktivierung, verstärkter DNA-Synthese und klona-

ler Proliferation der Lymphozyten führen (. Abb. 34.3). Damit wird ein Potential antigenspezifischer Lymphozyten geschaffen, das notwendig ist, um eine effiziente Immunant-wort zu erreichen. Gleichzeitig wird ein Potential antigen-spezifischer Gedächtnis-Lymphozyten erzeugt, das bei nachfolgenden Antigenkontakten schneller und noch effi-zienter zu reagieren vermag. Man spricht von Primär- und Sekundär-Immunantwort.

34.3.3 T-Lymphozyten

! T-Lymphozyten stehen im Zentrum der Immunantwort und können zu T-Helferzellen bzw. zu zytotoxischen oder regulatorischen T-Zellen differenzieren.

T-Zell-Entwicklung im ThymusThymus-Funktion. Das Schlüsselereignis im Aufbau eines individuellen kompetenten protektiven Repertoires an T-Zellen ist der Prozess der Positiv- und Negativ-Selektion von T-Zellen in der Thymusdrüse während der Ontogenese (. Abb. 34.4). Aus dem Knochenmark in die Thymusdrüse einwandernde Lymphozyten besitzen weder charakteris-tische T-Lymphozytenantigene noch Antigen-spezifische T-Zell-Rezeptoren (TZR). Nach Expression entsprechender Strukturen erfolgt in der corticalen Zone eine positive Se-lektion, d.h. eine Auswahl solcher T-Lymphozyten, die in der Lage sind, über ihre T-Zell-Rezeptoren Selbst-MHC-Strukturen zu binden. T-Zellen, die dazu nicht in der Lage sind, unterliegen der Apoptose.

In der Medulla erfolgt eine Negativ-Selektion solcher T-Lymphozyten, die mit hoher Affinität an Selbst-MHC-

. Abb. 34.3. Die klonale Expansion in der adaptiven Immunant-wort. Die klonale auf das spezielle Antigen ausgerichtete Zellvermeh-rung von antigenspezifischen T- und B-Zellen bildet die Grundlage für die Schaffung eines ausreichenden Potentials an zellulären Immun-produkten der adaptiven Immunantwort

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Moleküle des Stromas (Epithelzellen, dendritische Zellen, Makrophagen) binden, die mit körpereigenen Antigenen (Autoantigenen) beladen sind. Sie werden ebenfalls der Apoptose zugeführt. Bei diesen Vorgängen überleben we-niger als 5% der Thymozyten. Die damit erreichte immuno-logische Toleranz wird als zentrale Toleranz von T-Lym-phozyten bezeichnet.

Die überwiegende Zahl der im Thymus entstehenden T-Lymphozyten, die in sekundäre lymphatische Organe auswandern, sind CD4- oder CD8-positive TZR-α/β-expri-mierende Zellen. 5–10% sind CD4- und CD8-negativ und exprimieren anstelle von α/β-Ketten, γ- und δ-Ketten. Diese T-Zellen werden γδ-T-Zellen (TZR γ/δ) genannt. Neben der spezifischen Erkennung von Antigenen sind diese Zel-len auch befähigt als Antigen-präsentierende Zellen zu wir-ken. Die Liganden dieser T-Zellen sind bisher nicht genau bekannt. Neben so genannten nichtklassischen HLA-Gen-produkten werden CD1-Moleküle zusammen mit β2-Mi-kroglobulin als Antigen-präsentierende Strukturen für γ/δ-TZR-exprimierende T-Zellen diskutiert. Diese T-Zel-len treten besonders häufig in epidermalen Zellen der Schleimhaut und Haut auf. Funktionell werden CD4-T-

Zellen in T-Helferzellen und regulatorische T-Zellen unterteilt. CD8-T-Zellen werden als zytotoxische Zellen definiert.

Helfer-T-Zellen und regulatorische T-Zellen

! CD4+-T-Zellen differenzieren zu TH-Zellen und regula-torischen T-Zellen mit unterschiedlichen Cytokinmus-tern.

TH1- und TH2-Zellen. Naive CD4-T-Zellen bilden nach An-tigenkontakt Interleukin-2 (IL-2), das zur Proliferation und Ausprägung des Zelltyps TH0 führt. Aus dieser Vorläufer-zelle entstehen 2 Subpopulationen, die unterschiedliche Cytokine produzieren und an unterschiedlichen Formen der Immunantwort beteiligt sind (. Abb. 34.5). T-Zellen, die vorwiegend IL-2, Interferon-γ (IFN-γ) und Tumor ne-krosefaktor-β (TNF-β) bilden, werden TH1-Zellen genannt. T-Zellen, die vorwiegend IL-3, IL-4, IL-5, IL-9, IL-10 und IL-13 produzieren, bezeichnet man als TH2-Zellen. Neuer-dings sind weitere Populationen, so genannte immunregu-latorische T-Zellen, mit immunsupprimierender Wirkung beschrieben worden. Die bekannteste Form exprimiert

. Abb. 34.4. Reifung von T-Lymphozyten im Thymus. T-Lympho-zyten erlernen im Thymus die Unterscheidung zwischen Selbst und Nicht-Selbst. Im Cortex werden solche T-Zellen selektioniert, deren T-Zell-Rezeptor (TZR) in der Lage ist, eigene MHC-Moleküle zu erkennen (positive Selektion). Allerdings erfolgt während der Medulla-Passage auch eine Eliminierung solcher T-Zellen, die MHC-präsentierte Autoantigene mit hoher Affinität binden. Fehlende Wechselwirkung mit MHC-Molekülen, wie hohe Affinität zu Autoantigenen sind Signale

für den apoptotischen Zelluntergang. Etwa 95% der Lymphozyten werden während der Thymuspassage eliminiert. Der überwiegende Teil der in die sekundären lymphatischen Organe einwandernden T-Lymphozyten exprimiert αβ-T-Zell-Rezeptoren. Sie sind entweder CD4- oder CD8-positiv. Etwa 10% der Thymozyten differenzieren zu γ/δ-T-Zell-Rezeptor exprimierenden T-Zellen. Diese besitzen weder CD4- noch CD8-Antigene

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

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1112 Kapitel 34 · Immunsystem

34

CD4 und CD25 sowie den Transkriptionsfaktor Foxp3. Sie wirkt über direkten Zellkontakt und ist zur Produktion der immunsuppressiven Cytokine Transforming Growth Factor-β1 (TGF-β1) und IL-10 befähigt.

Die Differenzierung von TH0-Zellen zu TH1-Zellen wird durch IL-12 und IL-18 (aus Makrophagen) sowie IFN-γ, zu TH2-Zellen dagegen durch IL-4 und IL-10 ver-mittelt. Gleichzeitig bewirken IFN-γ und IL-4 jeweils die Hemmung der Differenzierung von TH0-Zellen zu TH2- bzw. TH1-Zellen. Ähnliche TH1- bzw. TH2-Cytokinmus-ter wurden auch an CD8-Zellen beobachtet.

Funktionell induzieren TH1-Zellen und die dort ge-bildeten Cytokine überwiegend eine zelluläre Immun-antwort, TH2-Zellen eher eine Antikörper-abhängige humorale sowie IgE-vermittelte allergische Immunant-wort. So sind bei der Lepra im Falle der tuberkulösen Form primär TH1-Zellen und bei der lepromatösen Form vor allem TH2-Zellen für den Krankheitsverlauf verant-wortlich.

In Kürze

T-Lymphozyten stehen im Zentrum der Immunantwort:4 Sie erkennen Antigene nur im Kontext mit HLA-Mole-

külen. CD4-Zellen benötigen MHC-II-Moleküle, CD8-Zellen MHC-I-Moleküle

4 Sie reifen im Thymus, wo sie durch positive und nega-tive Selektion die Fähigkeit zur Unterscheidung von Selbst und Nicht-Selbst erlernen (zen trale Toleranz)

Den Thymus verlassende Zellen sind:4 α/β-T-Zell-Rezeptoren tragende CD4-T-Zellen, die

Helferzellen genannt werden (TH)4 α/β-T-Zell-Rezeptoren tragende CD8-T-Zellen, die

auch zytotoxische T-Zellen genannt werden4 γ/δ-T-Zell-Rezeptoren tragende CD8/CD4-T-Zellen

4 CD4-T-Zellen differenzieren während der Immunant-wort in TH1- und TH2-Zellen mit unterschiedlichen Cytokinmustern:

4 TH1-Zellen entstehen unter Mitwirkung von IL-12 und IL-18 und bilden die inflammatorischen, die zelluläre Immunantwort befördernden Cytokine IL-2, IFN-γ und TNF-β

4 TH2-Zellen entstehen unter Mitwirkung von IL-4 und IL-10 und bilden die Cytokine IL-4, IL-5, IL-9, IL-10 und IL-13, die wesentlich an der humoralen Immun-antwort beteiligt sind

4 Immunregulatorische T-Zellen (Suppressorzellen) ha-ben eine immunsupprimierende Wirkung und bilden TGF-β1 und IL-10

Molekulare Mechanismen der T-Zell-Aktivierung

! Der T-Zell-Antigen-Rezeptor ist mit CD3 assoziiert.

T-Zell-Antigen-Rezeptor-Komplex. Die von MHC-Mole-külen präsentierten Antigenpeptide werden von der T- Zelle durch den T-Zell-Rezeptor-Komplex spezifisch erkannt. Der Plasmamembran-ständige T-Zell-Rezeptor ist ein He-

terodimer, das über eine Disulfidbrücke verbunden und mit verschiedenen signaltransduzierenden Membranmole-külen, die zusammen als CD3-Komplex bezeichnet werden, assoziiert ist (. Abb. 34.6).

Von den T-Zellen benutzen 90–95% eine α- und eine β-Kette im TZR. Der Rest trägt eine γ- und eine δ-Kette. Beide TZR-Formen sind Produkte von Genumlagerungen

. Abb. 34.5. Bildung von TH1- und TH2-Lymphozyten. TH1-Zellen bilden sich aus naiven Vorläuferzellen unter Mitwirkung von IL-12, IL-18 und IFN-γ. Letzteres supprimiert die Differenzierung zu TH2-Zellen. Die wichtigsten von TH1-Zellen gebildeten inflammatorischen Cytokine sind IL-2, IFN-γ und TNF-β (Lymphotoxin). TH2-Zellen bilden sich in Gegenwart von IL-4 und IL-10. IL-4 hemmt auch die Differen-zierung zu TH1-Zellen. Die wichtigsten von TH2-Zellen gebildeten Cytokine sind IL-3, IL-4, IL-5, IL-9, IL-10 und IL-13. Sie induzieren die humoral mediierte (IgE, IgG1) allergische Entzündung. Nicht darge-stellt ist die Differenzierung zu regulatorischen T-Zellen vom CD4-Typ

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(gene rearrangement). Diese Genumlagerungen erfolgen in ähnlicher Weise wie die der Immunglobulingene (7 Kap. 34.3.4.5). Sie erklären die Vielzahl der möglichen antigen-spezifischen T-Zell-Rezeptoren, die für α/β-T-Zell-Rezep-toren auf 1015 geschätzt wird. Dabei werden im Falle der β- und δ-Kette diskontinuierliche Gensegmente der variab-len (V), diversifizierenden (D), verbindenden (J) und kon-stanten (C) Regionen rearrangiert. Bei der α- und γ-Kette fehlen die Diversitätsregionen. Die aminoterminale, variab le Domäne (VDJ oder VJ) ist hochpolymorph und definiert die Antigenspezifität. Die konstante Domäne (C) ist mono-

morph. Der TZR α/β oder γ/δ bildet mit dem CD3-Kom-plex in der Plasmamembran einen signaltransduzierenden Komplex, dessen unterschiedlichen Bestandteilen verschie-dene Funktionen zukommen. Die CD3-Komponenten sind für die Signalweiterleitung verantwortlich.

! Die Aktivierung von T-Lymphozyten benötigt mehrere Signale.

Das erste Signal der T-Zell-Aktivierung. Die Aktivierung von T-Lymphozyten ist ein mehrstufiger Prozess. Dies gilt für die Aktivierung von naiven T-Zellen über Antigen-prä-sentierende Zellen (APZ) ebenso wie für die von T-Effek-torzellen durch Zielzellen (Tumor-, Virus-infizierte Zellen). Im Falle der primären Aktivierung von T-Zellen, z.B. in der paracorticalen Zone des Lymphknotens, kommt es zu-nächst zu einer unspezifischen Wechselwirkung zwischen APZ und T-Zellen über Adhäsionsmoleküle. Professionel-le APZ wie dendritische Zellen, Makrophagen oder B-Zel-len exprimieren z.B. Adhäsionsmoleküle der Ig-Super-familie wie LFA-3 (lymphocyte function-associated antigen), ICAM-1 und -2 (intracellular adhesion molecule) sowie Integrine wie LFA-1, die mit entsprechenden Strukturen auf der Oberfläche von T-Zellen, wie CD2, LFA-1 sowie ICAM-3 interagieren.

Damit ist die Voraussetzung für die spezifische Ag gre-gation von Antigen-beladenen MHC-Molekülen und T-Zell-Rezeptoren (TZR) auf den entsprechenden Zellen gegeben. Durch diesen Kontakt kommt es zur Stabilisie-rung der Wechselwirkung der Zellen. Essentiell für die Ak-tivierung sind die Oberflächenstrukturen CD4 und CD8

. Abb. 34.6. Schematische Darstellung des T-Zell-Rezeptor-Komplexes. Der Antigen-bindende T-Zell-Rezeptor (TZR) kann aus α- und β-Ketten oder aus γ- und δ-Ketten zusammengesetzt sein. Für die Signalweiterleitung nach Antigenbindung sind Strukturen des CD3-Komplexes, bestehend aus den Heterodimeren εγ und δε sowie das ξξ-Homodimer verantwortlich. Diese Strukturen weisen in ihrem cytoplasmatischen Teil ITAM (immunoreceptor tyrosine-based activa-tion motif )-Peptidsequenzen auf

. Abb. 34.7a–c. Schematische Darstellung der Schritte der T-Zell-Aktivierung und Terminierung der T-Zell-Immunantwort. a Der erste Schritt ist die Ausbildung eines dreidimensionalen Komplexes zwischen MHC, Antigenpeptid und T-Zell-Rezeptor (TZR) unter Mithil-fe von CD4 (oder CD8) und Adhäsionsmolekülen (in der Abb. nicht dargestellt). Diese Wechselwirkung ist notwendig, aber nicht hinrei-chend. Ohne weitere Signale erfolgt keine Immunantwort (Anergie, periphere Toleranz). b Professionelle Antigen-präsentierende Zellen exprimieren B7-Moleküle (CD80/CD86), die als Liganden von CD28 auf T-Zellen das 2. Aktivierungssignal liefern. Durch inflammatorische

Cytokine wie IL-2 oder IFN-γ wird der Restriktionspunkt G1/S im Zell-zyklus überwunden und die T-Zelle in die Mitosephase überführt. Ein weiteres Aktivierungssignal wird durch die Wechselwirkung von ICOS (inducible costimulator) auf T-Zellen und B7RP-1 auf Antigen-präsen tierenden Zellen (APZ) bereitgestellt (nicht dargestellt). c Mit der Aktivierung wird auf T-Zellen CTLA-4 induziert, das mit CD80/86 um die Bindung zu CD28 konkurriert. CTLA-4-Wechselwirkung mit CD80/86 führt zur Suppression der Proliferation und damit zur Termi-nierung der T-Zell-Aktivierung

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

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1114 Kapitel 34 · Immunsystem

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der T-Zellen, die mit MHC-II- bzw. MHC-I-Molekülen direkt in Wechselwirkung treten (. Abb. 34.7a).

CD4 ist ein einkettiges, aus 4 Ig-ähnlichen Domänen aufgebautes Membranmolekül, CD8 ist ein aus einer α- und einer β-Kette bestehendes und über eine Disulfid-brücke verbundenes Heterodimer mit jeweils einer Ig-ähnlichen Domäne. Beide MHC-Liganden besitzen cyto-plasmatische Domänen, an die sich die Tyrosinkinase Lck anlagern kann (. Abb. 34.8). Sie ist für einen der ersten Schritte der Signalweiterleitung bei der T-Zellaktivierung verantwortlich.

Mit der Ausbildung des dreidimensionalen Komplexes zwischen MHC, Antigenpeptid, TZR und CD4 oder CD8 ist das 1. Signal für die Aktivierung von T-Zellen generiert. Allerdings genügt dieses Signal nicht, um eine Zellver-mehrung auszulösen. Ohne weitere Signale verbleibt die T-Zelle trotz Antigenkontakt im Zustand der Anergie. Die-ser Zustand wird als periphere Immuntoleranz bezeichnet und schützt neben der zentralen Immuntoleranz gesundes Gewebe vor einer autoimmunologischen Zerstörung.

Das 2. und 3. Signal der T-Zell-Aktivierung. Das 2. Signal (costimulatorisches Signal) wird durch profes-sionelle APZ über ein B7-Molekül vermittelt, das zu einer Gruppe verwandter Glycoproteine gehört. Die bekanntesten sind B7.1 (CD80) und B7.2 (CD86). Ihr Ligand auf der T-Zelle ist CD28, ein konstitutiv exprimiertes, zur Gruppe der Ig-Superfamilie gehörendes Membranprotein.

Durch das 2. Signal werden T-Zellen in die G1-Phase des Zellzyklus überführt. Die Überwindung des Restrik-tionspunkts G1/S des Zellzyklus erfolgt unter Mithilfe in-flammatorischer Cytokine wie IL-2, die über spezifische Rezeptoren auf die T-Zelle wirken (7 Kap. 25.8.5). Aktivier-te T-Zellen sind in der Lage, sowohl IL-2 als auch dessen Rezeptorstruktur vermehrt zu bilden. Mit diesem 3. Signal wird die klonale Proliferation eingeleitet (. Abb. 34.7b).

! CTLA-4-Wechselwirkung mit CD80/86 liefert ein negati-ves Signal.

Terminierung der T-Zellaktivierung. Mit der Aktivierung der T-Lymphozyten wird auf diesen eine weitere Oberflächen-struktur, CTLA-4 (cytotoxic T lymphocyte antigen), expri-miert. CTLA-4 hat eine ähnliche Struktur wie CD28, bindet allerdings Mitglieder der B7-Familie mit wesentlich hö-herer Affinität. Im Gegensatz zu CD28 liefert CTLA-4 ein negatives Signal an die T-Zellen. Damit werden weniger inflammatorische Cytokine und deren Rezeptoren gebildet und die Immunantwort supprimiert (. Abb. 34.7c). Die Be-deutung von CTLA-4 für die Terminierung der T-Zellakti-vierung wird auch dadurch deutlich, dass Mäuse, in denen das CTLA-4-Gen ausgeschaltet ist, eine massive Lympho-zytenproliferation aufweisen. Inzwischen wird CTLA-4 auch als Immunsuppressivum in der Behandlung von Auto-immunkrankheiten und Transplantatabstoßungen erprobt.

Signalübertragung in T-LymphozytenMolekulare Mechanismen der Signalübertragung in T-Zel-len. Die ersten Schritte der T-Zellaktivierung (. Abb. 34.9) nach Antigenbindung sind verbunden mit einer Aggrega-tion von Substrukturen des TZR-CD3-Komplexes, CD4 (oder CD8) und CD45, einer Tyrosinphosphatase, in der Plasmamembran. Durch die räumliche Annäherung kön-nen die an der cytoplasmatischen Domäne der Corezep-toren CD4 und CD8 angelagerte Tyrosinkinase Lck und die am CD3ξ-Komplex angelagerte cytoplasmatische Tyrosin-kinase Fyn durch CD45, eine Phosphatase, dephosphory-liert und dadurch aktiviert werden. Lck und Fyn katalysie-ren die Phosphorylierung der cytoplasmatischen Domänen von CD3ε und das ξ-Protein. Die so veränderten Struktur-bereiche sind Bindungsstellen (Motive) für ZAP-70 (ξ-as-soziiertes Protein 70). Derartige Tyrosin-phosphorylierte Sequenzen werden ITAMs genannt (Immunorezeptor-Tyrosin-abhängige Aktivierungs-Motive). An ITAMs ge-bundenes ZAP-70 wird mit Hilfe von Fyn und Lck durch Phosphorylierung aktiviert. Die Aktivierung von ZAP-70 ist die Initialreaktion zur Auslösung folgender Signalkas-kaden, dem Ras/Fos-Weg und der Aktivierung der Phos-pholipase Cγ die im Inositol-Trisphosphat-Weg und im Diacylglycerin/PKC-Weg münden (7 Kap. 25). Ras akti-viert über MAP-Kinasen Fos, eine Komponente des Trans-kriptionsfaktors AP-1.

Inositol-Trisphosphat bewirkt eine Ca2+-Mobilisierung aus intra- und extrazellulären Ressourcen, was zu einer Aktivierung der Proteinphosphatase Calcineurin (7 Kap. 25.4.5, 9.2.1) führt. Die Dephosphorylierung von NFAT-1 (nuclear factor of activated T cells) durch Calcineurin führt zu einer Translokation von NFAT-1 in den Zellkern. Im Zellkern bindet NFAT-1 an AP-1 und bildet so einen akti-ven Transkrip tionsfaktor.

Diacylglycerin aktiviert die Proteinkinase C, die eine zentrale Rolle in der Induktion des Transkriptionsfaktors NF spielt.

Alle drei genannten Transkriptionsfaktoren sind für die Anschaltung der Produktion von Cytokinen und/oder

. Abb. 34.8. Schematische Darstellungen der Strukturen der Corezeptoren CD4 und CD8. Die beiden N-terminalen Domänen von CD4 binden an MHC-II-Moleküle. CD8 besteht aus einem über eine Disulfidbrücke verbundenen Heterodimer. Die Ig-Domäne tritt in Wechselwirkung mit MHC-I-Strukturen auf Antigen-präsentierenden Zellen. Der cytoplasmatische Teil beider Corezeptoren ist konstitutiv mit der Tyrosinkinase Lck assoziiert. CD4 wie CD8 sind auch Rezep-toren für HI-Viren

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die Aktivierung von Effektorzellen (CD8-Zellen) wichtig. Über wachstumsstimulierende Cytokine, wie IL-2, werden T-Zellen in die S-Phase des Zellzyklus überführt und die klonale Proliferation eingeleitet. Manche Hemmstoffe der Immunantwort wie Cyclosporin A oder FK506 wirken über

die Hemmung von Calcineurin im Sinne einer spezifischen Suppression der IL-2-Produktion.

Superantigene

! Superantigene werden ohne Prozessierung den T-Zel len präsentiert.

Superantigene. Normale Antigene werden nach Prozessie-rung als Peptide in der Grube des variablen Teils der HLA-Moleküle präsentiert. Superantigene sind bakterielle, retro-virale, aber auch endogene Produkte, die in ihrer nativen Form ohne Prozessierung direkt an weniger variable Be-reiche der β-Kette des TZR und des MHC-II-Moleküls, außer halb der klassischen Antigen-Bindungsstelle, binden (. Abb. 34.10). Sie stimulieren sowohl naive wie Gedächt-nis-T-Zellen. Im Gegensatz zur normalen Immunantwort, in die 0,01–0,0001% der T-Zellen einbezogen werden, sind es bei den Superantigenen 5–30%. Die bekanntesten Superantigene stammen aus Streptokokken und Staphylo-kokken. Die mit der polyklonalen Aktivierung des Im-munsystems verbundene, extrem erhöhte Cytokinproduk-tion ist für die mit Superantigeninfektionen verbundenen Schockzustände verantwortlich.

Zytotoxische T-Zellen in der adaptiven Immunantwort

! Zytotoxische T-Zellen greifen Zellen mit extrazellulären und intrazellulären Fremdstrukturen an.

Zytotoxische T-Zellen in der adaptiven Immunantwort. Während CD4-positive TH-Zellen (T-Helfer-Zellen) ihre Hauptfunktion in der Helferfunktion und der Produktion spezieller Cytokine haben, wirken CD8-positive T-Zellen in der adaptiven Immunantwort vorwiegend als zytotoxi-

. Abb. 34.9. Molekulare Mechanismen der Signalübertragung im T-Lymphozyten. Die Bindung des MHC-Antigenpeptids an den TZR-CD3-Komplex bewirkt eine Aggregation von Adhäsionsstrukturen und Corezeptoren (CD4 bzw. CD8), einschließlich CD45. Dies führt zur Dephosphorylierung und Aktivierung der CD4-(CD28-)assoziierten Tyrosinkinase Lck und der ξ-assoziierten Tyrosinkinase Fyn. Lck und Fyn phosphorylieren Tyrosin-Reste im cytoplasmatischen Teil von CD3ε sowie ξ. Die so veränderten Strukturen (ITAMs) sind Bindungs-motive für ZAP70. ZAP70 wird durch Lck und Fyn mittels Phosphory-lierung aktiviert. Diese Aktivierung ist die Initialreaktion zur Einleitung von 3 Signalkaskaden. Durch Aktivierung der Phospholi paseC-γ ent-stehen aus Phosphatidylinositol Diacylglycerin (DAG) und Inositol-triphosphat (InsP3), die Ausgangsstrukturen für 2 unterschiedliche Signalwege sind. Parallel dazu wird Ras, ein GTP-bindendes Protein aktiviert, das die Aktivierung von Fos bewirkt, welches mit Jun zusam-men den Transkriptionsfaktor AP-1 bildet. Die drei Transkriptionsfak-toren Fos, NFAT und NFκB aktivieren die Expression von Genen, die die Voraussetzung für die Vermehrung und Differenzierung von T-Zellen sind. IL-2 als T-Zell-Wachstumsfaktor spielt hier eine Schlüsselrolle. Allerdings ist für die Produktion von IL-2 die Co stimulation über CD28 essentiell. AP-1 = activator protein-1; MAPK = mitogen activated protein kinase; NFκB = nuclear factor κB; NFAT = nuclear factor of acti-vated T cells

. Abb. 34.10. Aktivierung von T-Zellen durch Superantigene. Superantigene werden nicht zur Antigenpräsentation durch Proteasen prozessiert. Sie binden als intaktes Antigen einerseits an die β-Kette des TZR-CD3-Komplexes und andererseits an die β-Kette der MHC-Klasse-II-Moleküle Antigen-präsentierender Zellen (APZ). Mit dieser Verbrückung leiten sie die T-Zell-Aktivierung ein

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

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1116 Kapitel 34 · Immunsystem

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sche T-Zellen (TC-Zellen, cytotoxic T cells). Die Wirkung von zytotoxischen Effektor-T-Zellen besteht:4 in der direkten Antigen-spezifischen Zytolyse von virus-

infizierten Zellen, Tumorzellen oder anderen veränder-ten körpereigenen Zellen

4 in der antigenspezifischen Zytolyse von Makrophagen, in denen sich Bakterien vermehren sowie

4 in der direkten oder indirekten Abtötung von intra-zellulären Bakterien, ohne dass die Wirtszelle zerstört wird

Hinsichtlich der Zytolyse können 2 Mechanismen unter-schieden werden. In beiden Fällen wird die Zielzelle durch TC-Zellen über den Vorgang der Apoptose zerstört. Im ers-ten Fall erfolgt dies durch die Freisetzung von Inhaltsstoffen zytolytischer Granula der TC-Zellen. Dabei wirkt zunächst Perforin als porenbildendes Protein in der Plasmamem-bran, gefolgt von Kathepsin C, das zur Aktivierung von Granzymen führt. Die Apoptose selbst wird durch die Aktivierung von Caspasen (7 Kap. 7.1.5) durch aktivierte Granzyme eingeleitet.

Im zweiten Fall wird die Induktion der Apoptose durch die nichtkonstitutive Expression von Fas (CD95, Apo-1) auf aktivierten Zellen des Organismus und dessen Wechsel-wirkung mit Fas-Ligand bewirkt (7 Kap. 7.1.5).

Der Apoptose-Rezeptor Fas (CD95, Apo-1) ist ein 45-kDa-Protein, das konstitutiv auf Immunzellen, auf Zel-len der Leber, Lunge und Nieren exprimiert wird. Auf an-deren Zellen, z.B. den β-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas erfolgt dies unter den Bedingungen einer Entzün-dung (Insulitis) oder einer Autoimmunerkrankung (Diabe-tes mellitus Typ I) und führt zum Absterben der β-Zellen durch Apoptose.

Der Fas-Ligand (Fas-L) ist ein 40-kDa-Typ-II-Mem-bran-Protein, das zur TNF-α-Familie gehört. Es wird auf aktivierten T-Lymphozyten exprimiert und spielt zusam-men mit Fas eine zentrale Rolle bei der Homöostase des Immunsystems. Die nicht konstitutive Expression von Fas auf Zellen verschiedener Organe ist ein wichtiger patho-genetischer Mechanismus von organspezifischen Autoim-munerkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ I oder multi-p ler Sklerose.

. Abb. 34.11a–e. Mechanismen der zellulären Zytotoxizität von TC-Zellen. Die Wirkung von TC-Zellen besteht in der direkten antigen-spezifischen Zytolyse von virusinfizierten Zellen oder transformierten Zellen, z.B. Tumorzellen durch Perforin und Granzyme (a) oder über die Wechselwirkung zwischen Fas und Fas-Ligand (b). In beiden Fällen kommt es zur Aktivierung von Caspasen und damit zur Apoptose der

Zielzellen. Auch Zellen, die intrazelluläre Antigene aufweisen, werden von TC-Zellen angegriffen. Intrazelluläre Bakterien können durch IFN-γ induziertes NO abgetötet werden, ohne dass die Zelle zerstört wird (c). Daneben können Bakterien enthaltende Makrophagen in die Apop-tose überführt und die frei werdenden Bakterien durch Granulysin (d) und/oder durch aktivierte Makrophagen (e) abgetötet werden

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Neben der zytolytischen Wirkung von zytotoxischen T-Zellen (TC-Zellen) auf Virus-, Tumor- oder Autoanti-gen- bzw. Fas-exprimierende Zellen sind TC-Zellen auch an der spezifischen antibakteriellen Abwehr beteiligt (. Abb. 34.11a–e). Bakterien können indirekt durch IFN-γ-induzierte intrazelluläre Abwehrmechanismen (z.B. NO) abgetötet werden (. Abb. 34.11c), ohne dass die Wirtszelle zerstört wird. Alternativ besteht die Möglichkeit der Perfo-rin-eingeleiteten Zytolyse, bei der das in den zytotoxischen Granula vorkommende antimikrobiell wirkende Granuly-sin die Abtötung der Bakterien übernimmt (. Abb. 34.11d). Granulysin gehört zur Gruppe der Saponin-ähnlichen Proteine. Es ähnelt den in NK-Zellen vorkommenden NK-Lysinen. Granulysin bindet an Lipidbestandteile von Bak-terienmembranen und aktiviert die Glucosylceramidase sowie die Sphingomyelinase. Das dabei gebildete Ceramid wirkt apoptotisch.

Schließlich können intrazellulär vorkommende Bak-terien durch Zytolyse freigesetzt und durch aktivierte Makrophagen aufgenommen und abgetötet werden (. Abb. 34.11e).

Antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC, anti-body dependent cellular cytotoxicity). Auch Antikörper wirken an adaptiven Zytolysemechanismen mit, ohne dass T-Zell-Rezeptoren benötigt werden. Über Fc-Rezeptoren werden Antikörper an T- oder B-Zellen sowie Makropha-gen gebunden. Die Wechselwirkung von mit Antikörpern bewaffneten Immunzellen mit Zielzellen führt zu einem zytolytischen Signal in der Zielzelle. Man spricht von einer antikörperabhängigen zellulären Zytotoxizität (ADCC). Dabei erfolgt über Antikörper eine Kopplung der unspezi-fischen und spezifischen Immunreaktion.

In Kürze

Der T-Zell-Antigen-Rezeptor-Komplex besteht aus:4 einem Plasmamembran-ständigen α/β-Ketten-

Heterodimer oder einem γ/δ-Ketten-Heterodimer, das spezifisch Antigene erkennt sowie

4 einem CD3-Komplex, bestehend aus ε/γ- und ε/δ-Heterodimeren und

4 einem ξξ-Homodimer, die die Signalweiterleitung in die Zelle nach Antigenbindung übernehmen

Die antigenspezifische Aktivierung von T-Lymphozyten führt zur klonalen Proliferation. Wesentliche Teilschritte sind die:4 unspezifische Wechselwirkung zwischen Antigen-

präsentierenden Zellen und T-Zellen über Adhäsions-moleküle, einschließlich CD4 und MHC-II sowie CD8 und MHC-I

4 spezifische Wechselwirkung von MHC-I- oder MHC-II-prä sentierten Antigenpeptiden mit dem T-Zell-Rezeptor

4 Wechselwirkung über die costimulatorischen Struk-turen CD28 auf T-Zellen und B7 (CD80/86) auf Anti-gen-präsentierenden Zellen

4 Überwindung des Restriktionspunkts G1/S und Einlei-tung der Proliferation mit Hilfe von Cytokinen, z.B. IL-2

Die Signalübertragung in T-Zellen erfolgt über CD3ε und ξ. Wesentliche Schritte sind die:4 Dephosphorylierung der Tyrosinkinasen Lck und Fyn4 Phosphorylierung von CD3ε und ξ, Bildung von ITAMs

und Anlagerung von ZAP-704 Phosphorylierung und Aktivierung von ZAP-70 durch

Fyn und Lck

Initiierung der Signalkaskaden Ras/Fos-Weg, Inositol-Trisphosphat-Weg und Diacylglycerol/PKC-Weg,4 Anschaltung der Produktion von Cytokinen (IL-2)

Die Aktivierung wird terminiert durch die Wechselwirkung von CD28 und CTLA-4. Superantigene sind mikrobielle oder endogene Pro-dukte, die ohne Prozessierung direkt mit weniger variablen Bereichen der β-Kette des TZR und HLA-II-Molekülen rea-gieren und zur massiven T-Zell-Proliferation und extrem erhöhter Cytokinproduktion führen. Zytotoxische Lymphozyten (TC) greifen Zellen mit extrazellulär und intrazellulär exprimierter Fremdstruktur an. TC-Zellen bewirken:4 eine antigenabhängige, spezifische Lyse von z.B. virus-

infizierten Zellen4 eine antigenspezifische Lyse von Makrophagen, die

intrazellulär Bakterien enthalten4 eine direkte oder indirekte Abtötung von intrazellu-

lären Bakterien und Viren

Der Hauptmechanismus der Zytolyse ist die Apoptose. Sie wird erreicht durch:4 Granula-Inhaltsstoffe von T-Zellen wie Granzymen und

Kathepsin C4 Fas-/Fas-Ligand-Wechselwirkung

Die Abtötung der Mikroorganismen erfolgt durch:4 NO4 Granulysin4 nach zytolytischer Freisetzung durch aktivierte Makro-

phagen

Die antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC, antibody dependent cellular cytotoxicity) ist unabhängig vom TZR und nutzt zur Antigenerkennung Fc-Rezeptor-gebundene Antikörper. Die Zytolysemechanismen sind die gleichen wie oben beschrieben.

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 16: 34 - Immunsystem

1118 Kapitel 34 · Immunsystem

34

34.3.4 B-Lymphozyten

Aufbau und Vorkommen von Antikörpern

! Antikörper sind die Moleküle, die die humorale Immun-antwort durch Erkennung und Bindung von Antigenen einleiten.

Antikörper zirkulieren als Produkte von Plasmazellen im Blut. Auf der Oberfläche von allen B-Lymphozyten, an der sie über eine Transmembransequenz fixiert sind, fungieren sie als Membranrezeptoren für Antigene (7 Kap. 34.2.1).

Lösliche Antikörper des Bluts sind bei der elektropho-retischen Auftrennung der Plasmaproteine in der γ-Globu-linfraktion nachweisbar und werden deshalb auch als Im-munglobuline bezeichnet.

Die in der Elektrophorese einheitliche Fraktion der γ-Globuline lässt sich durch Immunelektrophorese (7 Kap. 29.6.2) in 5 Hauptfraktionen auftrennen, die zwar einen prinzipiell gleichen Aufbau zeigen, sich aber durch die Aminosäuresequenz einzelner Abschnitte (und damit in der Konformation), ihrem Kohlenhydratgehalt, ihren Molekularmassen, ihren Sedimentationskoeffizienten und ihren biochemischen Funktionen unterscheiden (7 Kap. 34.3.4.3). Sie werden als IgG, IgA, IgM, IgD und IgE be-zeichnet (. Tabelle 34.3).

! Die Grundstruktur der Immunglobuline besteht aus 2 leichten und 2 schweren Ketten.

Grundstruktur der Immunglobuline. Das Immunglobulin G, das als Prototyp der Antikörper gilt, ist ein symmetrisch gebautes, vierkettiges Protein, dessen Untereinheiten durch nicht-covalente Bindungen und Disulfidbrücken zu-sammengehalten werden. Nach Lösung dieser Bindungen (durch Mercaptoethanol und Harnstoff) entstehen 2 Ket-tenpaare, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Molekular-massen als schwere (heavy oder H) und leichte (light oder L) Ketten bezeichnet werden (. Abb. 34.12). Wird das Immun-globulin einer proteolytischen Spaltung (z.B. mit Papain, einer pflanzlichen Protease) unterzogen, so entstehen 3 Bruchstücke, von denen sich 2 jeweils aus der L-Kette und dem N-terminalen Ende der H-Kette zusammensetzen: Sie heißen Fab-Fragmente, da an diesem Teil des Moleküls das Antigen gebunden wird (Fab = Fragment, das das Antigen bindet). Das 3. ist das Fc-Fragment (c deshalb, weil es leicht

kristallisierbar ist), ein Glycoprotein, das abhängig vom Isotyp mindestens 2 jeweils verzweigte Ketten aus etwa 9 Hexoseresten enthält. Es bestimmt die Klasse (IgG, IgA etc.), die Halbwertszeit, die Komplementfixierung sowie die Plazentapassage und dient wegen seiner Fähigkeit der Komplementfixierung vorwiegend der zweiten, wichtigen Funktion der Antikörper, nämlich der Aktivierung der Ab-wehrmechanismen. IgG hat an seiner H-Kette nur eine N-gebundene Kohlenhydratkette, alle anderen Isotypen min-destens 5, die sich über alle CH- Domänen verteilen.

Das IgG-Molekül besitzt eine Y-förmige Gestalt, wobei die beiden Schenkel des Ypsilons (die Fab-Fragmente)

. Tabelle 34.3. Die Immunglobuline des Humanserums

IgG IgA IgM IgD IgE

Molekularmasse 150 kDa 160 kDa(+ Aggregate)

900 kDa(+ Aggregate)

184 kDa 190 kDa

Schwere Ketten γ α μ δ ε

Leichte Ketten κ/λ κ/λ κ/λ κ/λ κ/λ

Gesamtkohlenhydrate [%] 2,9 7,5 10,9 10,7

Gehalt im Normalplasma [g/l] 8–18 0,9–4,5 0,6–2,8 0,003–0,4 1–14 10–4

. Abb. 34.12. Aufbau eines Antikörpers der IgG-Klasse. Die Ketten sind über nicht-covalente Bindungen sowie drei Disulfid-brücken miteinander verbunden. Auch innerhalb einer Kette werden jeweils in einer Homologieregion (VL, CL, VH, CH1, CH2, CH3) Disulfid-brücken ausgebildet. Aufspaltung mit Papain führt zu zwei Fab- und einem Fc-Fragment. Blau hervorgehoben ist der Kohlenhydratanteil. Die variablen Bereiche bestimmen die Spezifität der antigenbinden-den Stelle. Da der Antikörper 2 Fab-Fragmente besitzt, ist er bivalent. IgM besitzt 4 CH-Domänen (CH1–CH4, nicht gezeigt)

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durch die L-Ketten und Teile der H-Ketten gebildet wer-den. Die Fab-Fragmente sind frei schwenkbar (!) und tra-gen an den beiden Enden Bindungsstellen für das Antigen (. Abb. 34.13).

! Die Ketten weisen jeweils einen variablen und einen konstanten Anteil auf.

H- und L-Ketten aller Immunglobuline besitzen einen in-variablen (konstanten) carboxylterminalen und einen va-riablen Teil. Bei L-Ketten macht der variable Teil 108 von 211–221 Aminosäureresten aus, bei H-Ketten sind dies 110 von 440 Aminosäuren. Die Ketten zeigen untereinander und in einzelnen Abschnitten derselben Kette Homologien: So sind die konstanten Regionen der leichten und schweren Ketten einander homolog, die konstante Region der H-Ket-te besteht aus drei, bei IgM vier Abschnitten (CH1, CH2, CH3, CH4), die untereinander und zu den konstanten Regionen der leichten Ketten (CL) homolog sind. Jede Homologie-region besitzt eine intrapeptidische Disulfidbrücke und wird als Ig-Domäne bezeichnet.

Funktion von Immunglobulinen

! Die einzelnen Domänen in Immunglobulinen besitzen unterschiedliche Funktionen.

Die Domänen ordnen sich in 2 Ebenen antiparalleler Falt-blattstrukturen an, die einen hydrophoben Kern ab-schirmen und über eine Disulfidbrücke verbunden sind. Die V-Regionen je einer L- und einer H-Kette bilden zusammen einen sich nach oben erweiternden Spalt in den das Antigen-molekül über spezifische Haftstellen eingelagert wird.

Den Domänen können unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden: der V-Region die Antikörperspezifität, der C-Region z.B. die Komplementaktivierung (7 Kap. 34.4) und die Plazentagängigkeit des Immunglobulin G.

Die Übergangsregionen zwischen den Domänen, die sog. Switch- oder Umstellregionen zwischen V- und C-Teil sowie die sog. Hinge- oder Scharnierregionen, die Fab und Fc verbinden (bzw. CH1 und CH2), weisen eine große Flexibi-lität der Konformation auf, welche eine Vielzahl möglicher räumlicher Anordnungen des Gesamtmoleküls erlaubt.

Wechselwirkungen von Antigenen mit den hyperva-riablen Regionen der Antikörper werden durch nichtco-valente Bindungen bestimmt.

Domänenstruktur der Immunglobuline. Antikörper bin-den Antigene, deren Oberflächen komplementär zu denen der Antikörper sind. Bei kleineren Antigenen, wie Hapte nen, erfolgt die Bindung in der Vertiefung zwischen H- und L-Ket-ten. Bei großen Antigenen, wie Proteinen, die eine ähnli che Dimension wie die Antikörper selbst haben können, erfolgt die Bindung über ausgedehnte Kontaktstellen auch planar.

Innerhalb der variablen Teile der Immunglobuline un-terscheidet man so genannte hypervariable Regionen. Die hypervariablen Regionen der schweren und leichten Ketten bilden jeweils gemeinsame hypervariable Domänen, die die Antigenbindungsstellen repräsentieren. Da die Oberflä-chenstrukturen der antigenbindenden Regionen komple-mentär zu denen der Antigene sind, werden diese für die H- und L-Ketten als CDR1-, CDR2- und CDR3-Regionen (Komplementarität determinierende Region) bezeichnet.

Da die Bindung des Antikörpers an das Antigen mög-lichst schnell ablaufen soll, darf die Energie der auszubil-denden Bindung nicht allzu hoch sein. Erst die räumliche Anordnung von Wasserstoffbrückenbindungen und hydro-phoben Wechselwirkungen bringt die erforderliche Spezi-fität der Bindungsstelle des Antikörpers hervor.

Durch den Besitz mehrerer Bindungsstellen kann der Antikörper mit 2 Antigenmolekülen in Wechselwirkung treten. Das ist von großem Vorteil bei der Abwehr von Mi-kroorganismen, die auf ihrer Oberfläche eine Fülle iden-tischer Antigene besitzen. So können in Gegenwart spezi-fischer Antikörper größere Aggregate (Präzipitate, Aggluti-nate) entstehen, die über Antikörperbrücken verbunden sind und von Granulozyten und Makrophagen besser pha-gozytiert werden.

! Antikörper neutralisieren Pathogene und sind ein Ver-bindungsglied zwischen unspezifischer und spezifi-scher Immunität.

. Abb. 34.13. Flexibilität von Antikörpern durch freie Drehbar-keit ihrer Schenkel (Y-Modell). Fab Antigen bindendes Fragment; a Bindungsstelle für Antigen; Fc kristallisierbares Fragment; Disulfid-brücken sind in blau dargestellt

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 18: 34 - Immunsystem

1120 Kapitel 34 · Immunsystem

34

Biologische Funktionen der Immunglobuline. Die von Plasmazellen gebildeten Antikörper tragen auf unterschied-liche Weise zur Immunität bei: zum einen binden sie den Krankheitserreger und verhindern dadurch seinen Eintritt in Gewebe und Zellen (Neutralisierung), zum anderen ver-ändern sie seine Oberfläche durch ihre Bindung an Ober-flächenproteine. Dieser auch als Opsonierung bezeichnete Vorgang macht den Krankheitserreger für phagozytierende Zellen kenntlich, die ihn über Fc-Rezeptoren aufnehmen. Eine Alternative ist die durch Antikörperbindung ausge-löste Aktivierung des Komplementsystems oder der anti-körperabhängigen zellulären Zytotoxizität (ADCC) von T-Lymphozyten und Makrophagen. Welcher Effektorme-chanismus zum Tragen kommt, wird durch die Immun-globulinklasse (oder Isotyp) bestimmt.

! Die einzelnen Immunglobulinklassen besitzen unter-schiedliche Funktionen.

ImmunglobulinklassenImmunglobulinisotypen. Antikörper werden aufgrund ihrer unterschiedlichen Genabschnitte für die konstanten Teile der schweren Kette in insgesamt 5 Isotypen IgM, IgG, IgA, IgD und IgE eingeteilt, die wiederum in verschiedene Subklassen eingeteilt werden (. Abb. 34.14). In jeder der 5 Klassen von Immunglobulinen kommen außerdem noch 2 strukturell unterschiedliche Formen von leichten Ketten ( - bzw. λ-Typ) vor. Die individuellen Strukturen in den variablen Regionen der Immunglobulinketten bedingen unterschiedliche Ideotypen der Immunglobuline. Insge-samt unterscheidet sich damit jedes Individuum vom an-deren durch einen spezifischen Satz von Immunglobulinen. Einige Charakteristika der im Blut auftretenden Immun-globuline sind in . Tabelle 34.3 zusammengefasst.

Immunglobuline vom G-Typ (IgG) neutralisieren vor allem von Bakterien gebildete Toxine und binden Mikro-organismen, sodass diese besser phagozytiert werden kön-nen. Vom IgG gibt es 4 Subklassen, IgG1–IgG4, die unter-schiedliche Funktionen haben und die sich in der Hinge-Region unterscheiden. Phagozyten enthalten spezifische Rezeptoren für den Fc-Teil der IgG. Blutmonozyten binden über den Fc-Rezeptor I IgG1 oder IgG3. Neutrophile Gra-nulozyten exprimieren den Fc-Rezeptor II (CD33) und III (CD16) und binden besonders gut IgG-Komplexe. Die Halbwertszeit von IgG liegt bei etwa 20 Tagen. IgG besitzt von der 2. Hälfte der Schwangerschaft an die Fähigkeit zur Plazentapassage, wodurch das Neugeborene während der ersten Lebensmonate geschützt ist (Leihimmunität). Zu-nächst ist es auch in der Kolostralmilch nachweisbar, die während der Schwangerschaft und während der ersten Tage nach der Entbindung gebildet wird. IgG kann vom Neu-geborenen als vollständiges Molekül im Intestinaltrakt re-sorbiert werden.

Immunglobulin A (IgA) ist das mengenmäßig am häu-figsten produzierte Immunglobulin. Allerdings gelangt nur

ein Teil, das nichtsekretorische IgA, in das Blut. Es kommt in Speichel, Tränen- und Nasalflüssigkeit, im Schweiß, der Kolostralmilch sowie in den Sekreten der Lunge und des Gastrointestinaltrakts vor. Es wird von Plasmazellen synthe-tisiert, die direkt unterhalb des Schleimhautepithels liegen. Die Plasmazellen geben IgA als dimeres Protein ab, wobei die IgA-Moleküle durch ein cysteinreiches Protein verbun-

. Abb. 34.14. Die 5 Immunglobulin-Klassen. Die Abbildung stellt die löslichen, sezernierten Immunglobulinisotypen dar. Zu sehen sind die Domänenstrukturen der Immunglobulin-Klassen, ihre Assoziation zu oligomeren Komplexen sowie ihre Hauptfunktionen. Beim Men-schen treten 4 IgG-Subklassen (IgG1–IgG4) und 2 IgA-Subklassen (IgA1, IgA2) auf. Die blauen Linien repräsentieren Disulfid-Brücken, die grüne Linie beim IgA das J-Protein (joining protein), die rosa Linie beim slgA die sekretorische Komponente (sIgA)

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den werden, das als Joining-Protein (Verbindungsprotein, in . Abb. 34.14 grün) bezeichnet wird. In den Sekreten ist ein weiteres Protein an das IgA assoziiert, die sog. sekreto-rische Komponente (in . Abb. 34.14 rosa). Sie wird wäh-rend der Rezeptor-vermittelten Transzytose von IgA durch die Schleimhautepithelien gebildet (7 Kap. 32.3). Im Darm vermischt sich dieses sekretorische IgA (sIgA) mit dem Mucin und bildet eine schützende Oberflächenschicht. Dies verhindert die Anlagerung von Bakterien oder deren Toxine an die Epitheloberfläche. Ein Teil des IgA-Dimers wird rückresorbiert und gelangt über den enterohepa-tischen Kreislauf in die Gallenflüssigkeit. Die Halbwertszeit des IgA beträgt 5–6 Tage. Es kommt in 2 Subklassen, IgA1 und IgA2 vor.

Immunglobulin E (IgE) wirkt bei der Abwehr von Pa-rasiten, insbesondere Würmern, mit. Es kommt nur in ge-ringen Mengen im Blut vor, hat aber eine besondere patho-biochemische Bedeutung bei Allergien vom Typ I, wie Asthma bronchiale oder Heuschnupfen. Es wird gegen spe-zielle Allergene, wie Pollen oder Hausstaub vermehrt ge-bildet und kann von einem spezifischen IgE-Rezeptor auf Mastzellen gebunden werden. Nach Bindung der entspre-chenden Antigene an Mastzell-gebundene IgE-Moleküle kommt es zur Degranulierung der Mastzelle und damit zur Freisetzung vasoaktiver Amine, Prostaglandine und Leu kotriene (7 Kap. 34.7.2). Eine starke Mastzelldegranu-lierung kann zum anaphylaktischen Schock führen.

Immunglobulin M (IgM) liegt im Plasma als Pentamer vor. Die Assoziation der 5 das Pentamer bildenden IgM-Monomere hängt wie beim IgA von der Gegenwart des Joining-Proteins ab. IgM agglutiniert sehr stark und bindet bevorzugt polymere Antigene. Von allen Immunglobulinen ist IgM der stärkste Aktivator des Komplementsystems (7 Kap. 34.4). Die Halbwertszeit des IgM beträgt etwa 5–6 Tage. IgM ist das erste Immunglobulin, das nach Primär-kontakt mit einem Antigen gebildet wird. Spezifisches IgM ist damit ein diagnostischer Indikator für Erstinfektionen (z.B. Toxoplasmose bei Schwangeren).

Immunglobulin D (IgD) ist im Plasma in nur sehr ge-ringer Konzentration nachweisbar. Über seine Funktion ist noch nichts bekannt.

B-Zell-Antigen-Rezeptor-KomplexDer B-Zell-Antigen-Rezeptor-Komplex (. Abb. 34.15) ent-hält antigenbindende und signaltransduzierende Struk-turen.

Er besteht aus einem membrangebundenen Immun-globulin (IgG, IgM, IgD, IgA, IgE) und 2 Ig-α/Ig-β-hetero-dimeren, Transmembran-Proteinen, die ähnliche funktio-nelle Eigenschaften haben wie die signaltransduzierenden Komponenten des TZR-CD3-Komplexes.

Entsprechend besitzen ihre cytoplasmatischen Domä-nen Tyrosinkinase(Tyk)-bindende ITAM-Sequenzmotive, die wir beim CD3-Komplex bereits kennen gelernt haben (7 Kap. 34.3.3.4).

Entstehung der Antikörpervielfalt

! Die Variabilität der Antikörper und des B-Zellrezeptors entsteht durch Genumlagerungen und somatische Mutationen.

Antikörpervielfalt. Das Immunsystem ist in der Lage, gegen praktisch jedes denkbare Antigen zu reagieren. Das gilt für T-Zellen ebenso wie für B-Zellen und ihre Produkte, die Antikörper. Die Zahl der möglichen Antikörper, die von einem Menschen produziert werden kann, wird auf 1011 geschätzt. Es ergibt sich die Frage, wie diese enorme Anti-körper-Diversität zustande kommt.

Wir wissen heute, dass es 2 unterschiedliche, sich ergän-zende Vorgänge sind:4 die somatische Genumlagerung (rearrangement) wäh-

rend der Reifung der Stammzellen im Knochenmark, die eine Vielzahl von unterschiedlichen Immunglobu-linen generiert und

4 die somatische Mutation der Gene, besonders die der hypervariablen Region der L- und H-Ketten

Die somatische Genumlagerung der H-Ketten erfolgt im Chromosom 14, die der L-Ketten im Chromosom 22 (λ-Ketten) und im Chromosom 2 (κ-Ketten). (. Abb. 34.16). Bei diesem Vorgang werden Genabschnitte, die die V- und C-Regionen codieren, zusammengebracht. Für die L-Ketten sind dies V-Gen-, Joining(J)-Gen- und C-Gen-Segmente, im Falle der H-Ketten V-Gen-, Diversitäts(D)-Gen-, J-Gen- und C-Gen-Segmente (. Abb. 34.17). Die Diversität entsteht vor allem durch die unterschiedlichen Mög-lichkeiten der Kombination von verschiedenen V- und J- (L-Ketten) bzw. V-, J- und D-Segmenten (H-Ketten) mit C-Segmenten und der Kombination unterschiedlicher variabler Regionen von H- und L-Ketten im Immunglo-bulin-Molekül.

. Abb. 34.15. Schematische Darstellung des B-Zell-Rezeptor-komplexes. Der Antigen-bindende Teil des B-Zell-Rezeptors (BZR) besteht aus Plasmamembran-gebundenem Immunglobulin der jeweiligen Klasse (IgG, IgM, IgA, IgD, IgE). Für die Signalweiterleitung sind Igα/Igβ-heterodimere Proteine notwendig, die im cytoplasmati-schen Teil ITAM-Sequenzmotive aufweisen, an die nach Phosphorylie-rung die Tyrosinkinase Syk binden kann. Als weitere Corezeptoren fungieren CD19, CD21 und CD81

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 20: 34 - Immunsystem

1122 Kapitel 34 · Immunsystem

34

Die somatische Hypermutation von Genabschnitten nach Genumlagerung der hypervariablen Regionen der L- und H-Ketten erfolgt durch Punktmutationen. Sie findet nach Antigenkontakt statt. Wenn mutierte B-Zell-Rezep-toren an der Oberfläche von B-Zellen Antigene besser bin-den als die Ausgangsimmunglobuline, führt dies zur Selek-tion dieser Zellen und damit zur Affinitätsreifung.

Umlagerung der Gene für die leichten Ketten. Die Umlage-rung kommt durch die Deletion von DNA und nicht durch das Spleißen von mRNA zustande. Die Umlagerun gen sind erforderlich, da die Information für die variablen (V) und konstanten (C) Regionen sowie der J-(joining-)Regionen der leichten und schweren Ketten auf verschiedenen Genen liegt.

Die Bildung eines aktiven Gens für eine leichte Kette erfordert eine Rekombination, bei der sich eine der vielen variablen Regionsequenzen mit einer der 4 oder 5 J-Sequen-zen (. Abb. 34.16) verbindet. Es gibt etwa 70 verschiedene V-Regionsequenzen, von denen jede eine sog. Leader-Sequenz besitzt, die von dem Rest der V-Region durch eine nichtinformationstragende Sequenz getrennt ist. Die Leader-Sequenz enthält die Information für die hydro-phoben Aminosäuren, die das Signalpeptid bilden, das später während der Kettenbiosynthese wieder abgespalten wird. Damit wird die variable Region einer leichten Im-munglobulinkette von 3 Segmenten codiert:4 der Leader-Sequenz4 der V-Sequenz und4 der J-Sequenz

Die konstante Region der Kette wird vom C-Segment co-diert, das in der Nähe auf demselben Chromosom lokali-siert ist. Die DNA, die zwischen den V- und C-Regionen liegt (Intron) wird zwar mit in die Prä-mRNA eingebaut, aber anschließend durch Spleißen aus ihr entfernt.

Durch die Existenz von etwa 70 V-Regionen und 5 J-Re-gionen können 350 verschiedene Gene für leichte Ketten entstehen. Diese Zahl wird durch zusätzliche Mechanis-men, insbesondere die somatische Hypermutation in den 3 CDR-Genabschnitten (CDR = complementarity deter-mining region) der variablen Regionen, weiter erhöht.

! Die Gensequenz für den variablen Anteil der schweren Ketten enthält zusätzlich das D-Segment.

Umlagerung der Gene für die schweren Ketten. Obwohl sich die Struktur und die Umlagerung auf Gen-Niveau von leichten ( , λ) und schweren (α, μ, δ, ε und γ) Ketten in vielerlei Hinsicht ähneln, existieren auch Unterschiede, die das Gensystem für die schweren Ketten noch komplexer machen. Die Gensequenz für den variablen Anteil der schweren Ketten besteht nämlich nicht nur aus 2, sondern aus 3 verschiedenen DNA-Segmenten: Neben den V- und J-Gensegmenten existieren zusätzlich noch D-Segmente (Diversity für Vielfalt). Geht man von der Existenz von 50 V-, 30 D- und 6 J-Gensegmenten aus, so könnten damit etwa 9000 verschiedene Kombinationen erzeugt werden. Hinzu kommt die somatische Hypermutation.

Alle Gensequenzen für die konstanten Abschnitte der 8 verschiedenen Typen (μ, δ, die beiden Kopien von α [α1 und α2] sowie γ1–γ4) der schweren Ketten liegen auf Chromo-som 14 in einem zusammenhängenden Bereich von etwa 100000 Basenpaaren (. Abb. 34.17). Die μ- und δ-Segmente der schweren Ketten, die während der initialen Phase der B-Lymphozytendifferenzierung gleichzeitig exprimiert wer-den, liegen etwa 2000 Basenpaare voneinander entfernt. Weitere 2000 Basenpaare stromaufwärts befindet sich ein Bereich von 6 aktiven J-Segmenten. Stromabwärts liegen aufeinander folgend die 4 γ-Segmente, die ε- und die α-Seg-mente. Im ersten Schritt der Expression des Gens für die

. Abb. 34.16. Rearrangement der leichten Ketten der Immun-globuline. Das aktive Gen für eine leichte Kette (z.B. vom -Typ) entsteht durch eine Umlagerung, bei der eine der etwa 70 verschie-denen variablen (V) Regionen, die die Information für die Aminosäu-ren 1–95 enthalten, mit einer der 5 J-(joining-)Regionen (Aminosäuren 96–108) verbunden wird. Die V-Region besteht aus einer L- (leader-) Region, die von dem V-Gensegment durch eine Intronsequenz ge-trennt ist. Der konstante Anteil der κ-Kette wird von einem C-Gen-segment codiert, das etwa 3000–4000 Basenpaare stromabwärts von der J-Region liegt. Ein Teil der DNA zwischen den V- und C-Genseg-menten wird durch Deletion entfernt. Durch Transkription des aktiven Gens entsteht ein primäres Transkript, das durch Spleißen in die reife mRNA überführt wird

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schwere Kette erfolgt eine Umlagerung, bei der sich ein V-Gensegment mit einem J- und einem D-Segment verbindet. Zwischen diesen Segmenten liegende DNA wird deletiert. Bei der Umlagerung finden wahrscheinlich die gleichen Sig-nale Verwendung, die auch bei der besprochenen V-J-Um-lagerung der leichten Ketten von Bedeutung sind. Die Tat-sache, dass μ- und δ-Ketten immer zusammen exprimiert werden, erfordert zusätzliche Mechanismen zur Herstellung entweder der μ- oder der δ-Kette. Im Falle der μ-Kette bricht die Transkription nach Erreichen des 3 -Endes des μ-Gens ab. Im Falle der δ-Kette wird ein μ- und δ-Ketten-Prä-mRNA-Transkript gebildet, aus dem das μ-Kettensegment durch Spleißen entfernt wird, wodurch das V-D-J-Segment direkt mit dem δ-Kettensegment verbunden wird.

! Mit der Anheftung des Genabschnitts für den konstan-ten Teil der schweren Kette wird das Immunglobulin-Gen vervollständigt.

Isotypwechsel. Der durch die Assoziation der V-, D- und J-Segmente entstandene Genabschnitt wird anschließend mit den für die konstanten Teile der schweren Kette verant-wortlichen Genen kombiniert. Diese liegen stromabwärts der VDJ-Segmente (. Abb. 34.17), wobei für IgG-Subtypen 4 verschiedene Isoformen bereitstehen. Bei der Reifung von naiven B-Lymphozyten werden immer die in Nachbar-schaft liegenden Genabschnitte für die schweren Ketten von IgM und IgD (μ und δ) mit den VDJ-Segmenten ver-knüpft und die dazwischen gelegene DNA deletiert. Das primäre RNA-Transkript enthält zunächst noch μ und δ. Erst durch entsprechendes Spleißen der RNA wird dann die mRNA für eine der beiden Antikörperspezies hergestellt.

Bei naiven Lymphozyten (7 u.) liegen beide als membran-assoziierte Antigenrezeptoren vor.

Nach der Aktivierung von B-Lymphozyten werden auch die anderen Isotypen von Antikörpern (IgA, IgG, IgE) exprimiert. Im Prinzip findet hier der gleiche Vorgang statt: Es kommt zur Anlagerung der VDJ-Segmente an die ent-sprechenden für die konstanten Regionen der schweren Ketten codierenden Genabschnitte γ1–4, α1–2 und ε1–2, von denen jedes wiederum in spezifische Abschnitte für die einzelnen Domänen unterteilt werden kann. Stromauf- und stromabwärts gelegene Teile des Immunglobulin-Gen-Clusters werden deletiert. Die Regulation des Klassenwech-sels erfolgt über TH-Zellen. Essentiell ist die Expression des CD40-Liganden CD40L auf TH2-Zellen sowie die Bereit-stellung von Cytokinen. IL-4 fördert die Bildung von IgG1 und IgE, IL-5 die von IgA, IFN-γ die von IgG2 und IgG3 und TGF-β die von IgG2b und IgA.

Lösliches versus membrangebundenes Immunglobulin. Die Entscheidung darüber, ob das Immunglobulin als lös-liches Produkt sezerniert oder in die Plasmamembran ein-gebaut wird, fällt ebenfalls auf der Transkriptionsebene. Beide Formen werden vom gleichen Gen unter Nutzung unterschiedlicher Stopp-Codons am 3 -Ende des C-Seg-ments codiert. Das vom C-Segment entfernter liegende Stopp-Codon führt zur Transkription einer längeren mRNA, die für ein hydrophobes Membranprotein codiert. Die Translation dieses Produktes ergibt das Membran-Immun-globulin. Die Nutzung des dem C-Segment näher liegenden Stopp-Codons führt zu einer mRNA, die ein hydrophiles, lös-liches Immunglobulin codiert, wie wir es im Plasma finden.

. Abb. 34.17. Organisation der einzelnen Gene für die schweren Ketten auf dem Chromosom 14. Die sechs J-Sequenzbereiche liegen etwa 2000 Basenpaare stromaufwärts von der μ-Sequenz entfernt. Im ersten Schritt der Umlagerung wird eines der etwa 50 V-Gensegmente mit einem der etwa 30 D-Segmente und mit einem der 6 J-Segmente unter Bildung des aktiven Gens verknüpft. Die Synthese der μ-Kette erfolgt durch Transkription des Gens bis zum Beginn der δ-Sequenz.

Die Synthese der δ-Ketten wird durch Spleißen reguliert, bei dem der mRNA-Anteil der μ-Sequenz entfernt wird. Zur Bildung der γ-, ε- oder α-Ketten wird die V-D-J-Sequenz jeweils in die Nähe (an eine mit U markierte Region) des Gens für die betreffende Kette verlagert, wobei die dazwischenliegenden DNA-Regionen deletiert werden (ψε1-Pseudogen für ε)

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 22: 34 - Immunsystem

1124 Kapitel 34 · Immunsystem

34

In Kürze

Antikörper:4 Antikörper oder Immunglobuline treten gelöst und

als Bestandteile der Plasmamembran (BZR) von reifen B-Zellen auf

4 Die Grundstruktur aller Immunglobuline besteht aus 2 schweren (H-) und 2 leichten (L-) Ketten ( , λ) die über Disulfidbrücken verbunden sind. Durch Papain-spaltung entstehen N-terminale Fab-Fragmente und ein C-terminales Fc-Fragment. Intrapeptidische Disul-fidbrücken bedingen Domänenstrukturen, 2 in den leichten und 3 bzw. 4 (IgM) in den schweren Ketten

4 Die Immunglobulin-Klassen bzw. Isotypen (IgM, IgD, IgG, IgA, IgE) unterscheiden sich in den schweren Ketten. IgM tritt als Pentamer, IgA als Monomer, Dimer und sekretorisches sIgA auf

4 Die Antigenbindung erfolgt am variablen (V-) N-ter-minalen Bereich der H- und L-Ketten. Innerhalb des V-Bereichs gibt es 3 hypervariable Regionen (CDR1–CDR3), die durch somatische Mutationen bedingt sind

4 Der Fc-Teil der Immunglobuline bedingt die Komple-mentbindung, die Plazentapassage und die Bindung an Fc-Rezeptor-tragende Zellen wie z.B. Makropha-gen, Lymphozyten und Mastzellen

4 Die Immunglobulinklassen besitzen unterschiedliche Funktionen. IgM ist das zuerst gebildete Immun-globulin und aktiviert neben IgG das Komplement-system. sIgA (sekretorisches IgA) ist wesentlich für die Schleimhautimmunität verantwortlich, IgG für die Leihimmunität. IgE wirkt mit bei der Abwehr von Parasiten und spielt bei Allergien vom Typ I eine ent-scheidende Rolle

4 Der B-Zell-Antigen-Rezeptor-Komplex besteht aus einem membrangebundenen Immunglobulin und

2 Igα/Igβ-Heterodimeren, die an der Signalübertragung beteiligt sind

Entstehung der Antikörpervielfalt:4 Die Variabilität der Antikörper und des B-Zell-Rezeptors

entsteht durch Genumlagerungen (Rearrangement) und somatische Mutation

4 Für L-Ketten werden die auf Chromosom 22 (δ-Kette) und Chromosom 2 ( -Kette) lokalisierten polymorphen Genabschnitte V, J und C rearrangiert

4 Für H-Ketten werden die auf Chromosom 14 lokalisierten polymorphen Genabschnitte V, D, J und C rearrangiert

4 Das Rearrangement von H-Ketten erfolgt über die Zu-sammenfügung von DJ- und VDJ- bzw. VDJC-Genseg-menten bei gleichzeitigem Verlust 5 -gelegener V- und der dazwischenliegenden V-, D- und J-Segmente. Nach Transkription und Herausschneiden der überschüssi-gen J- bzw. C-Segmente erfolgen die Translation und die posttranslationalen Veränderungen (Leader-Seg-ment, Kohlenhydrate)

Das Rearrangement von L-Ketten erfolgt über die Zusam-menfügung von VJ- bzw. VJC- Gensegmenten, bei Verlust der 5 -gelegenen V- und der dazwischenliegenden V- und J- Segmente. Nach Transkription und Herausschneiden der überschüssigen J- und C- Segmente schließen sich die Translation und posttranslationalen Veränderungen an. Der Isotypwechsel (class switch ) wird durch Cytokine reguliert. Die Entscheidung, ob lösliches oder Membran-Immun-globulin gebildet wird, geschieht über verschiedene STOPP-Codons. Die somatische Hypermutation erfolgt nach dem Rear-rangement.

Reifung und Aktivierung von B-Lymphozyten

! Die Reifung von B-Lymphozyten erfolgt im Knochenmark.

Differenzierung von Stammzellen zu reifen B-Lympho-zyten. Die wichtigste Funktion von B-Lymphozyten ist die Bereitstellung von Antikörpern. Die B-Zell-Reifung aus der hämatopoietischen Stammzelle erfolgt beim Menschen im Knochenmark. Sie ist in der frühen Phase abhängig von Stromazellen des Knochenmarks, die einen direkten Kon-takt zur B-Zelle haben und Cytokine (z.B. IL-7) für diese bereitstellen (. Abb. 34.18).

Der Kontakt wird durch zelluläre Adhäsionsmoleküle (CAMs, cellular adhesion molecules 7 Kap. 6.2.6), insbeson-dere durch VCAM-1 (vascular cellular adhesion molecule), vermittelt. Die Proliferation in den frühen Reifungsstufen wird durch die Wechselwirkung zwischen dem Stroma-gebundenen Stammzellfaktor (SCF, stem cell factor) und

dem B-Zell-Liganden Kit (Tyrosin-Kinase) sowie durch aus dem Stroma stammendem IL-7 bewirkt.

Die Reifung der Stammzelle bis zur unreifen B-Zelle ist unabhängig von Antigenen. Nach Expression von Mem-bran-IgM und -IgD erfolgt die weitere Differenzierung nur in Gegenwart von Antigenen. Dies geschieht zum Teil im Knochenmark selbst, zum Teil erst nach Auswanderung in sekundären lymphatischen Organen, wie Lymphknoten, Milz, Schleimhäuten oder Haut.

Charakteristisch für die verschiedenen Reifungsstadien sind die unterschiedlichen Stadien der Genumlagerungen, Transkriptionen und Translationen der Ig-Gene (7 Kap. 34.3.4.5). Daneben treten während der Reifung charakte-ristische Oberflächenstrukturen (CD) auf. Sie haben auch eine praktische Bedeutung bei der Differentialdiagnose von lymphozytären Neoplasien (Leukämien, Lymphome), die besonders im B-Zellbereich auftreten.

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Alle B-Zellen sind durch CD19 charakterisiert.Das Endprodukt der Differenzierung von B-Lympho-

zyten ist die Plasmazelle, die jeweils einen Ig-Isotyp (z.B. IgA1) für ein gegebenes Antigen produziert und sezer-niert.

! Die Aktivierung von B-Lymphozyten ist ein mehrstu-figer Vorgang.

B-Zell-Aktivierung. Die Bindung eines nativen Antigens an den B-Zell-Rezeptor(BZR)-Komplex führt zur Aktivierung von B-Lymphozyten, d.h. zur B-Zell-Proliferation und ei-ner nachfolgenden Differenzierung in Antikörper-produ-zierende Plasmazellen. Für die Mehrzahl der Antigene sind dabei TH-Zellen, überwiegend TH2-Zellen, notwen-dig. Diese Antigene werden T-Zell-abhängige Antigene genannt. Bei Nicht-Peptid-Antigenen, wie z.B. bakteriellen Polysacchariden, erfolgt die Aktivierung der B-Zellen un-abhängig von T-Zellen. Dabei kommt es zur Kreuzvernet-zung von B-Zell-Rezeptoren durch wiederkehrende Koh-lenhydratsequenzen.

Antigenprozessierung in B-Zellen. Die auf ein spezifisches Antigen ausgerichtete gemeinsame Wirkung von TH-Zel-len und B-Zellen wird durch die Fähigkeit der B-Zelle ver-mittelt, das vom BZR spezifisch fixierte Antigen zu endo-zytieren, proteolytisch zu prozessieren und als MHC-II-ge-bundenes Antigen-Peptid der TH-Zelle zu präsentieren. Für die Erkennung solcher B-Zellen durch antigenspezi-

fische TH-Zellen ist eine Konzentrierung von entspre-chenden MHC-Peptid-Komplexen an der Oberfläche der B-Zellen notwendig.

Costimulatorische Signale. Wie im Falle der T-Zellaktivie-rung sind auch hier costimulatorische Signale notwendig. Durch die Wechselwirkung zwischen der B- und T-Zelle über das spezifische Antigen (. Abb. 34.19) kommt es zur Induktion der Expression von B7-Molekülen (CD80/86) auf der B-Zelle, die von CD28 auf der T-Zelle gebunden werden. Dies wiederum führt zur Induktion des CD40-Liganden (CD40L, CD154) auf der TH-Zelle und zu einem zweiten costimulatorischen Signal. CD40 gehört zur TNF-Rezeptor-Familie, der auch Fas auf virusinfizierten Zellen zuzuordnen ist. Entsprechend gehört CD40L zur TNF-Familie.

Die Bindung von CD40 durch CD40L ist essentiell für die B-Zell-Aktivierung. Sie ermöglicht den Eintritt r u hender B-Zellen in den Zellzyklus. Der Übergang in die Pro liferation und Differenzierung zu Plasmazellen wird durch Cytokine der TH2-Zellen, wie IL-4, IL-6 und IL-5 vermittelt. Kürzlich wurde ein weiterer Corezeptor auf aktivierten T-Zellen gefunden: ICOS (inducible co-stimulator) der mit dem Liganden B7RP-1, insbesondere exprimiert auf B-Lymphozyten und Makrophagen, inter-agiert. Durch diese Wechselwirkung bilden TH2-Zellen IL-4 und IL-13, was zur vermehrten IgE-Bildung führt. Dies ist für allergische Reaktionen vom Typ I von zentraler Bedeutung.

. Abb. 34.18. B-Zell-Differenzierung im Knochenmark. Die Dif-ferenzierung der Stammzelle (CD34) zur Immunglobulin sezernie-renden Plasmazelle erfolgt in Stufen, bis zur unreifen B-Zelle unab-hängig von Antigenen, später bestimmt durch Antigene. Die Differen-zierungsstadien sind durch unterschiedliche Stadien der Ig-Genum-lagerung und Expression von Oberflächenstrukturen charakterisiert.

Prä-B-Zellen enthalten cytoplasmatische μ-Ketten, unreife B-Zellen membrangebundenes IgM. Die Aktivierung ist mit einem Isotyp-switch verbunden, sodass B-Zellen entstehen, die nur noch einen Ig-Isotyp an der Oberfläche exprimieren und produzieren. Plasma-zellen verlieren membrangebundene Immunglobuline bzw. den B-Zell-Rezeptor

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 24: 34 - Immunsystem

1126 Kapitel 34 · Immunsystem

34

Cytokine, nicht nur die der TH2-Zelle, sind auch an der Klassenumschaltung und der Affinitätsreifung beteiligt (vgl. Rearrangement). Diese Vorgänge erfolgen in sekun-dären lymphatischen Organen, insbesondere Lymphkno-ten und werden durch follikuläre dendritische Zellen ge-fördert.

! Die Signalvermittlung bei der B-Zell-Aktivierung ähnelt der der T-Zellaktivierung.

Das initiale Ereignis der B-Zell-Aktivierung besteht in der Kreuzvernetzung des BZR durch Antigene. Die weiteren Signale ähneln sehr denen der T-Zell-Aktivierung (7 Kap. 34.3.3.4). Die membranständige Phosphatase CD45 akti-viert die Tyrosinkinasen Blk, Fyn und Lyn, die die cyto-plasmatischen Domänen des Igα/Igβ-Komplexes des BZR phosphorylieren. Damit kann eine Bindung der Tyrosin-kinase Syk an phosphorylierte Peptidsequenzen (ITAM) erfolgen und die Aktivierung der bekannten 3 Signalwege vermittelt werden. Es sind dies der Ras-Weg und die PLC-γ-mediierten DAG- bzw. IP3-Wege. Die Modulation dieser Signalwege erfolgt über einen Corezeptorkomplex, der sich aus 3 Membrankomponenten zusammensetzt, näm-lich CD19, dem Komplementrezeptor CR2 (CD21) und TAPA-1 (CD81).

! Aktivierte B-Lymphozyten wandern in Lymphfollikel, wo sie mit der Teilung beginnen.

Differenzierung von B-Lymphozyten zu Plasmazellen oder Gedächtniszellen. Die initiale Antigenerkennung von B-Zellen erfolgt allgemein in lymphatischen Organen, wie Lymphknoten oder submukosalem lymphatischen Gewebe, wo sich die meisten B-Zellen aufhalten. Die Aktivierung

der B-Zellen erfolgt in der T-Zell-reichen Zone, z.B. dem Paracortex des Lymphknotens. Danach wandern sie in einen benachbarten primären Follikel.

In den Lymphfollikeln von Milz oder Lymphknoten machen aktivierte B-Lymphozyten rasche Teilungen durch, bilden ein Keimzentrum und werden dann als Zentro-blasten bezeichnet. Während dieser Teilungen treten Mu-tationen in den Genen für die variablen Ketten der Immun-globuline auf, sodass Nachkommen mit unterschiedlicher Affinität zum Antigen entstehen, die als Zentrozyten be-zeichnet werden. Diese Zentrozyten sterben nur dann nicht innerhalb kurzer Zeit durch Apoptose wieder ab, wenn ihre Immunglobulinrezeptoren ein Antigen binden. Je höher die Affinität, desto höher wird auch die Wahrscheinlichkeit, das bcl-2-Gen zu exprimieren, dessen Produkt den apopto-tischen Zelltod verhindert. Durch diesen Prozess werden also B-Zellen mit Immunglobulinrezeptoren mit hoher Affinität zum Antigen selektioniert.

An dem Vorgang der Affinitätsreifung von Zentrozyten sind maßgeblich follikuläre dendritische Zellen (FDZ) beteiligt. Diese sind keine Antigen-präsentierenden Zellen im klassischen Sinne. Sie tragen an ihrer Oberfläche Komp-lement- und Fc-Rezeptoren, die Antigen-Antikörper- bzw. Antigen-Komplement-Komplexe binden können, über die die Affinitätsreifung der B-Zellen erfolgt.

Zentrozyten differenzieren entweder zu B-Gedächtnis-zellen (Mantelzone) oder zu Plasmazellen, die das Keim-zentrum verlassen und ins Knochenmark (oder auch in Schleimhautepithelien) wandern.

Welche Moleküle bestimmen, ob aus einem Zentro-zyten eine Gedächtnis- oder Plasmazelle wird, ist noch un-klar. Gedächtniszellen sezernieren zwar bei der primären

. Abb. 34.19. Mechanismen der B-Zell-Aktivierung. Das initiale Ereignis der B-Zell-Aktivierung ist die Bindung eines nativen Antigens an den B-Zell-Rezeptor. Das Antigen wird endozytiert, proteolytisch prozessiert und über MHC-II der T-Helferzelle präsen-tiert. Dabei kommt es zur Expression von B7-Molekülen (CD80/86) auf der B-Zelle und zur Wechselwirkung mit CD28. Dies führt zur Expres-sion des CD40-Liganden auf der T-Zelle und seiner Wechselwirkung

mit dem konstitutiv exprimierten CD40 auf der B-Zelle. Ein weiteres Aktivierungssignal wird durch die Wechselwirkung von ICOS (inducible costimulator) auf T-Zellen und B7RP-1 gegeben (nicht dargestellt). Damit wird der Eintritt der ruhenden B-Zelle in den Zellzyklus ermög-licht. Der Übergang in die Proliferation und die Differenzierung zu Plasmazellen wird durch unterschiedliche Cytokine vermittelt

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Immunantwort keine Immunglobuline, können dies aber bei einer erneuten Exposition mit demselben Antigen tun.

Antiseren und monoklonale AntikörperAntiseren. Gelangt ein körperfremder Stoff mit mehreren antigenen Determinanten durch Infektion oder Injektion in ein Wirbeltier, so kommt es zur Aktivierung einer Vielzahl von B-Lymphozyten, die insgesamt ein polyklonales Ge-misch von Antikörpern gegen die einzelnen Epitope des Antigens mit unterschiedlicher Affinität sezernieren.

Da die Immunantwort von Versuchstier zu Versuchs-tier unterschiedlich ist, können sich Antikörper enthaltende Seren, die Antiseren, ganz erheblich voneinander unter-scheiden. Deshalb ist es schwierig, standardisierte Anti-seren für die FACS (fluorescence-activated cell sorting)-Ana-lyse von z.B. Membranantigenen normaler und maligner Zellen oder verschiedener Unterklassen von T-Lympho-zyten (CD4, CD8 etc.) herzustellen.

Monoklonale Antikörper. Das Verfahren zur Herstellung von B-Lymphozytenklonen, die Antikörper mit genau de-finierter Spezifität und Affinität produzieren, wurde von Georges Köhler und Cesar Milstein entwickelt. Die Metho-de beruht auf der Immortalisierung antikörpersezernie-render Plasmazellen durch Hybridisierung mit Myelomzel-len. Das Entscheidende dieser Technik liegt darin, dass man einen der Plasmazelle ähnlichen Zell-Klon in vitro erzeugen und vermehren kann, der einen Antikörper der Wahl pro-duziert.

Normale Plasmazellen, die aus der Milz gewonnen wer-den, sind nach einigen Zellteilungen terminal differenziert und sterben deshalb ab. Durch Fusionierung mit einer malignen Plasmazelle, der Myelomzelle, können sie jedoch immortalisiert werden. Die Mausmyelomzelle, die zur Fusionierung benutzt wird, hat 2 wichtige Eigenschaften: Sie sezerniert selbst keine Antikörper mehr und hat z.B. das Enzym Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT, 7 Kap. 19.2) verloren.

Zur Herstellung eines monoklonalen Antikörpers in der Maus geht man folgendermaßen vor (. Abb. 34.20):

Nach Injektion des Antigens, gegen den der Antikörper erzeugt werden soll, wird nach einigen Wochen die Milz der Maus entfernt, deren Serum den höchsten Antikörper gehalt (Antikörpertiter) aufweist.

Nach Zerkleinerung der Milz werden die Plasmazellen unter Zugabe von Polyethylenglycol oder im elektrischen Feld mit Myelomzellen fusioniert.

Da im Allgemeinen nur eine von etwa 200.000 Plasma-zellen ein lebensfähiges Hybrid mit einer Myelomzelle bildet, müssen die nichtfusionierten Zellen und die Myelom-Mye-lom-Hybride entfernt werden. Dies erfolgt durch die Selek-tion in einem speziellen Medium, dem HAT-Medium, welches Hypoxanthin, Aminopterin und Thymidin enthält. Die Myelomzelle, die das HGPRT-Enzym nicht besitzt, kann exogenes Hypoxanthin nicht zur Purinbiosynthese verwen-

. Abb. 34.20. Produktion monoklonaler Antikörper mit der Hybridom-Technik. HGPRT-Zellen fehlt die Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase; Ig+-Milzzellen sind B-Lymphozyten, die keine Antikörper produzieren. (Einzelheiten 7 Text)

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 26: 34 - Immunsystem

1128 Kapitel 34 · Immunsystem

34

den und stirbt ab, da das ebenfalls zugesetzte Amin opterin die endogene Purinbiosynthese blockiert. Nur Myelomzel-len, die mit Mauszellen (die HGPRT enthalten) fusioniert sind, können Hypoxanthin und Thymidin utilisieren und überleben deshalb. Nichtfusionierte Plasmazellen müssen nicht entfernt werden, da sie in Kultur ab sterben.

Zellhybride erscheinen etwa eine Woche nach der Fusion. Nach 2–6 Wochen im HAT-Medium sind mehrere Hundert Klone vorhanden, die nach entsprechender Ver-dünnung auf Mikrotiterplatten verteilt werden, sodass an-genommen werden darf, dass statistisch nur eine Zelle pro Vertiefung vorliegt. Aus jeder Vertiefung der Gewebekul-turplatten wird nach einigen Wochen eine geringe Menge Medium entnommen und auf die Gegenwart eines Anti-körpers gegen das Antigen untersucht. Ist für die Immuni-sierung ein starkes Immunogen verwendet worden, so können bis zu 50 verschiedene Hybridome, die Antikörper produzieren, identifiziert werden.

Sind die positiven Hybridome identifiziert, so werden sie propagiert. Gute Klone produzieren bis zu 100 μg Anti-körper/ml Kulturflüssigkeit.

Als entscheidender Vorteil der Technik gilt, dass man hochgereinigte, standardisierte Antikörper auch gegen

nicht gereinigte Antigene wie z.B. Antigene auf Immun- oder Tumorzellen erhalten kann.

Monoklonale Antikörper dienen zur Identifikation von Antigenen auf Zellen und Geweben sowie in kom-plexen Stoffgemischen im Rahmen der Diagnostik. Dabei verwendet man mit Fluorochromen, Enzymen oder radio-aktiven Isotopen markierte Antikörper. Monoklonale Antikörper dienen auch zur spezifischen Isolierung von Stoffen aus komplexen Gemischen mit Hilfe der Affinitäts-reinigung. Inzwischen gibt es eine Reihe monoklonaler Antikörper, die zur Therapie von Autoimmunkrankhei-ten (z.B. rheumatoide Arthritis) oder von Transplantat-abstoßungen eingesetzt werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Antikörper gegen Lymphozytenstruk-turen (z.B. CD3, CD4) oder Cytokine bzw. Cytokinre-zeptoren (z.B. TNF-α). Da rüber hinaus werden mono-klonale Antikörper gegen Tumorantigene zur Krebsthe-rapie genutzt. Um die Bildung von Antikörpern gegen therapeutisch eingesetzte monoklonale Maus-Antikörper zu vermeiden, werden zunehmend gentechnisch modi-fizierte («humanisierte«) Maus-Antikörper entwickelt, die im Aufbau den humanen Antikörpern sehr nahe kommen.

In Kürze

Reifung und Aktivierung von B-LymphozytenReifung:4 Die Reifung von B-Zellen erfolgt beim Menschen im

Knochenmark und ist gekennzeichnet durch unter-schiedliche Stadien der Ig-Genumlagerungen

4 Wesentlich beteiligt sind der Stroma-gebundene Stammzellfaktor und sein Ligand Kit sowie IL-7

4 Reife B-Zellen exprimieren den membrangebunde-nen Immunglobulin-Rezeptor des entsprechen den Isotyps und CD19

Aktivierung:4 Die Aktivierung und Differenzierung von B-Zellen bis

hin zu Plasmazellen oder Gedächtnis-B-Zellen ist ein mehrstufiger Prozess

4 B-Zellen binden das Antigen über den BZR, endo-zytieren und prozessieren dieses und präsentie-ren das Antigenpeptid auf MHC-II den T-Helfer-zellen

4 Costimulatorische Signale sind die Wechselwirkun-gen zwischen B7 (CD80/86) und CD28, nachfolgend zwischen CD40 und CD40L sowie zwischen B7RP-1 und ICOS

4 Die Proliferation, Klassenumschaltung und Ig-Pro duk-tion wird über IL-4, IL-6, IL-5 und IL-13 reguliert

4 In der Signalvermittlung bei der B-Zell-Aktivierung sind die Tyrosinkinasen Blk, Fyn, Lyn, Syk sowie die ITAMs beteiligt. Sie initiiert die Ras-, DAG- und IP3-Kaskaden. Die Aktivierung der B-Zellen erfolgt in den T-Zell-rei-chen Zonen der sekundären lymphati schen Organe. An der Affinitätsreifung sind maßgeblich follikuläre dendri-tische Zellen der Keimzentren beteiligt

Antiseren und monoklonale Antikörper:4 Bei normalen Immunisierungen gegen Antigene wird

immer eine größere Zahl von B-Zellen aktiviert, sodass sich im Serum ein Gemisch einzelner monoklonaler Antikörper nachweisen lässt, die gegen unterschied-liche Epitope des Antigens gerichtet sind

4 Im Gegensatz dazu ist der in vitro hergestellte mono-klonale Antikörper nur gegen ein Epitop gerichtet. Er wird von immortalisierten und experimentell ver-einzelten Plasmazell-Hybridomen in Zellkultur produ-ziert

Page 27: 34 - Immunsystem

341129

34.3.5 Zirkulation von Lymphozyten

Die an der Immunantwort beteiligten Zellen sind über den gesamten Organismus verteilt. Voraussetzung für eine ef-fektive Immunüberwachung und Immunantwort ist die Koordination dieser Zellen.

Durch Zirkulation werden Antigenrezeptor-tragende Lymphozyten mit allen Spezifitäten ständig über das Im-munsystem verteilt.

Die adaptive Immunantwort gegen Mikroorganismen erfolgt überwiegend in peripheren lymphatischen Organen, wie Lymphknoten, Milz, dem Mukosa- und Bronchus-assoziierten Immunsystem sowie der Haut. Diese lympha-tischen Gewebe sind so organisiert, dass sie eine optimale Wechselwirkung von Antigenen, Antigen-präsentierenden Zellen und Antigen-spezifischen T- und B-Lymphozyten, einschließlich der T-Helferzellen und regulatorischen T-Zellen, erlauben.

Rezirkulation. Voraussetzung für eine optimale Immunant-wort ist darüber hinaus die besondere Fähigkeit von Lym-phozyten, durch diese lymphatischen Organe über die Blut- und Lymphbahnen zu zirkulieren. Dabei wandern die noch nicht aktivierten, nur einen kleinen Anteil ausmachenden, für ein Antigen spezifischen Lymphozyten (naive Lympho-zyten), in Bereiche, wo das Antigen konzentriert ist. Dies gilt sowohl für T-Lymphozyten aus dem Thymus als auch für B-Lymphozyten aus dem Knochenmark, die über post-kapilläre Venolen mit hohem Endothel (HEV, high endo-thelial venule) z.B. in die Lymphknoten gelangen. Hier er-folgt unter Mithilfe der T-Helferzellen die spezifische Aktivierung, die klonale Expansion und die Ausbildung spezifischer Effektor- und Gedächtnis-Zellen, die dann an den Ort der Infektion wandern oder weiter zirkulieren. Diese Zirkulation ist besonders relevant für T-Zellen, die unmittelbar in die Immunantwort und die Eliminierung des Antigens eingebunden sind. B-Lymphozyten müssen

nicht in diesem Umfang rezirkulieren, da sie nach Aktivie-rung und Ausdifferenzierung zu Plasmazellen Immunglo-buline sezernieren, die als Effektormoleküle über den Blut-weg an den Infektionsherd gelangen.

Steuerung der Zirkulation. In die sekundären lymphati-schen Organe gelangen Lymphozyten durch die Wechsel-wirkung von Zelladhäsionsmolekülen auf den Lympho-zyten, den sog. Homing-Rezeptoren und solchen auf dem hohen Endothel. Naive T-Zellen exprimieren L-Selektine, aktivierte Effektor- und Memory-T-Zellen E- und P-Selek-tin-Liganden sowie die Integrine LFA-1 und VLA-4. Auf der anderen Seite sind Endothelzellen in der Lage, insbe-sondere nach Aktivierung durch die Cytokine IL-1 und TNF-α, für naive T-Zellen L-Selektin-Liganden und für aktivierte Effektor- oder Gedächtnis-T-Zellen E- oder P-Selektine bzw. die Integrin-Liganden ICAM-1 oder VCAM-1 zu exprimieren.

Neben den Homing-Rezeptoren steuern Chemokine die Zirkulation der Immunzellen. Sie werden extravaskulär am Entzündungsherd von Leukozyten gebildet und wirken über spezifische Rezeptoren auf die Chemokinese von Lymphozyten, Monozyten und Granulozyten (7 Kap. 25 und 34.5).

Lymphozyten im Blut. Die im peripheren Blut zirkulie-renden kleinen T- und B-Lymphozyten sind überwiegend nichtaktivierte, naive Zellen und repräsentieren etwa 1–2% aller Lymphozyten des Organismus. T-Lymphozyten ma-chen beim Erwachsenen etwa 73% (CD4-Zellen: 42%) und B-Lymphozyten etwa 13% der Lymphozyten des Bluts aus. Die übrigen 14% besitzen weder T-Zell- noch B-Zell-Rezeptoren und heißen natürliche Killerzellen (NK, CD16, CD56). Der Anteil regulatorischer T-Zellen (Suppressor-zellen) liegt unter 5%. Bei Neugeborenen und Kindern liegt der T-Lymphozyten-Anteil im Blut etwa 10% niedriger, der B-Anteil ist höher.

In Kürze

Die adaptive Immunantwort erfolgt überwiegend in sekundären lymphatischen Geweben und für B-Zellen auch im Knochenmark. In sekundäre lymphatische Gewebe gelangen T- und B-Lymphozyten über postkapilläre Venolen mit hohem Endothel (HEV) unter Mithilfe von Chemokinen und spezi-fischen Adhäsionmolekülen auf Lymphozyten und Endo-thelzellen, sog. Homing-Rezeptoren.

Naive T-Lymphozyten unterliegen im Sinne einer Über-wachung einer kontinuierlichen Zirkulation. Bei B-Lympho-zyten übernehmen diese Funktion die Antikörper. Die Lymphozyten des peripheren Bluts sind überwie-gend naive, nicht aktivierte Zellen und repräsentieren nur 1–2% des gesamten Lymphozyten-Pools. T-Lymphozyten machen etwa 75% aller Lymphozyten des Bluts aus.

34.3 · Die zellulären Komponenten des adaptiven Immunsystems

Page 28: 34 - Immunsystem

1130 Kapitel 34 · Immunsystem

34

34.4 Komplementsystem

! Komplement kann auf 2 Wegen aktiviert werden.

Komplementaktivierung. Durch Antikörper werden lös-liche Antigene oder Bakterien, Viren oder eukaryonte Zel-len, an deren Oberfläche sich die Antigene befinden, zwar neutralisiert, sie sind damit aber noch nicht abgebaut. An die Neutralisierung schließt sich der Abbau durch Phago-zytose und anschließende Zellverdauung oder die direkte Zellzerstörung an. Dabei spielt das Komplementsystem eine wichtige Rolle.

Das Komplementsystem besteht aus über 20 verschie-denen Proteinen, die in Form ihrer Vorstufen im Blutplas-ma zirkulieren. Wird es aktiviert, so kommt eine kaskaden-artige proteolytische Kettenreaktion in Gang, in deren Ver-lauf alle Komponenten in ihre aktive Form überführt werden. Damit weist dieses System eine deutliche Paralle lität zum Gerinnungs-, Fibrinolyse-, Renin-Angiotensin- und Kinin-system auf. Alle diese Systeme erfahren eine sequentielle Aktivierung und dienen als schnelle und verstärkende Reaktion auf einen spezifischen Stimulus. Das Komple-mentsystem kann auf 2 Wegen aktiviert werden:

4 auf einem als klassische Aktivierung bezeichneten Weg, der durch Bindung von Antigenen an Antikörper, d.h. durch die adaptive humorale Immunreaktion aktiviert wird, und

4 einem als alternative Aktivierung bezeichneten Weg. Er stellt einen Teil des angeborenen Systems dar

Beide Wege münden in eine gemeinsame Endstrecke. Molekulare Grundlage der Komplementwirkung ist die As-soziation der einzelnen Komponenten, die durch Komple-ment-eigene Serinproteasen mittels limitierter Proteolyse generiert werden.

Am klassischen Aktivierungsweg des Komplementsys-tems sind 9 Glycoproteine (C1–C9) beteiligt. Diese haben Molekülmassen von 24–410 kDa und werden nach Bildung in der Leber, in kleinem Umfang auch am Ort der Entzün-dung von mononukleären Phagozyten und Epithelzellen in die Blutbahn sezerniert, wo sie etwa 10% der Globulin-fraktion ausmachen.

Wichtigste Funktionen des Komplementsystems (. Abb. 34.21). Die wichtigsten Funktionen des Komplementsys-tems sind folgende:

. Abb. 34.21. Klassischer und alternativer Weg der Aktivierung des Komplementsystems. Gemeinsame Schlüsselreaktionen der beiden Wege der Komplementaktivierung sind die proteolytische Spaltung von C3 und C5 durch die C3- bzw. C5-Konvertase und die Bildung des cytolytischen Komplexes C5-9. Die initiale Reaktion kann im Falle der klassischen Komplementaktivierung (oben) durch IgG- oder IgM-Antigen-Komplexe ausgelöst werden, womit eine Verbindung zwischen der spezifischen Immunantwort und den Anti-gen-unspezifischen Wirkungen der Komplementfaktoren hergestellt

wird. Dagegen ist die alternative Komplementaktivierung (unten) nicht Antigen-spezifisch und kann auf der Oberfläche von fremden Mikroorganismen, nicht aber autologen Zellen, oder in Lösung durch spontan, oder über den klassischen Weg gebildetes C3b ausgelöst werden. Alle proteolytisch wirksamen Faktoren sind durch einen Querbalken gekennzeichnet. Der cytolytische Komplex C5–9 bildet in der Zellmembran eine Pore, durch die insbesondere Wasser und Ionen in die Zelle eindringen und diese zerstören können

Page 29: 34 - Immunsystem

341131

4 Bildung eines zytolytischen Komplexes (C5–9) zur Ab-tötung von fremden Mikroorganismen und allogenen Zellen

4 Markierung (Opsonierung) von fremden Mikroorga-nismen zur Aufnahme und Abtötung in phagozytieren-den Zellen (C3b)

4 Aktivierung und Beeinflussung der Leukotaxis (ziel-gerichtete Bewegung) von Leukozyten (C5a, Ba)

4 Aktivierung von Mastzellen und Granulozyten zur Freisetzung von Mediatoren, die auf die Blutgefäße wir-ken (Anaphylatoxine, C3a, C4a, C5a)

4 Mitwirkung bei der Entsorgung von Antigen-Anti-körper-Immunkomplexen

Das C1q-Molekül löst den klassischen Weg der Komple-mentaktivierung durch Assoziation mit Antikörpermole-külen aus.

Klassische Komplementaktivierung. Eingeleitet wird die Reaktion z.B. durch die Bindung von IgG oder IgM an Membranoberflächen (. Abb. 34.21). Der Kontakt des Fab-Bereichs mit dem Antigen erwirkt über eine Konforma-tionsänderung die Aktivierung eines Oberflächenbereichs im Fc-Anteil, an den die C1-Komponente gebunden wird. Dieser Proteinkomplex besteht aus jeweils einem Molekül C1q, zwei Molekülen C1r und zwei Molekülen C1s. Bei der Bindung von IgG-Antikörpern sind wenigstens zwei Mole-küle erforderlich, beim pentameren IgM reicht ein Molekül; IgA-, IgE- oder IgD-Antikörper bewirken keine Komple-mentaktivierung.

C1q besteht aus drei Polypeptidketten, die über die Bin-dung an ein IgM-Molekül beziehungsweise zwei oder mehr IgG-Moleküle so verändert werden, dass C1r aktiviert und autoproteolytisch in die aktivierte Serinprotease C1r (pro-teolytisch aktive Faktoren werden durch einen horizontalen Balken markiert, vergleiche . Abb. 34.21) umgewandelt wird. Durch sie wird die Serinprotease C1s aktiviert.

! Durch die Komplementaktivierung werden die C3- und die C5-Konvertasen erzeugt.

Die aktive C1s-Serinprotease spaltet das Plasmaprotein C4 in C4a und C4b. Das entstandene C4b bindet an die Ober-fläche des Bakteriums. Dort reagiert es mit einem C2-Mo-lekül, welches in C2a und C2b gespalten wird. C2b ist eben-falls eine Serinprotease. Der Komplex aus C4b und C2b ist die sog. C3-Konvertase des klassischen Aktivierungswegs. Diese Protease konvertiert C3-Moleküle in C3a, das eine lokale Entzündungsantwort in Gang setzt, und C3b, das an die Bakterienoberfläche bindet. Damit die enzymatische Wirkung der C3-Konvertase auf das Bakterium beschränkt bleibt und nicht auf Zellen des Wirtsgewebes übergeht, muss dieser Komplex covalent an die Bakterienoberfläche gebunden sein. Dies wird hauptsächlich über eine Bindung von C4b an Oberflächenproteine erreicht. Da C3b einen ähnlichen strukturellen Aufbau wie C4b aufweist, wird es

ebenfalls covalent auf der Bakterienoberfläche gebunden oder bei Nichtbindung hydrolytisch inaktiviert.

C3 und C4 enthalten eine Thioesterbindung zwischen einem Cysteinylrest und der Carboxylgruppe eines Glu-taminsäurerests. Sie ist zunächst im Inneren des Proteins verborgen, wird jedoch nach Aktivierung zu C3a bzw. C4a nach außen exponiert. Die Thioestergruppierung kann nun entweder durch Wasser gespalten oder aber durch NH2- bzw. OH-Gruppen auf dem Antigen angegriffen werden. Dies führt zu einer covalenten Amidverknüpfung von C3 bzw. C4 mit dem Antigen.

C3 ist das quantitativ bedeutendste Komplementpro-tein im Plasma. Durch die Komplementaktivierung werden große Mengen von C3b auf der Oberfläche des Bakteriums abgelagert (Opsonierung). Dadurch bildet sich eine Hülle, die das Signal für die endgültige Zerstörung des Bakteriums durch phagozytierende Wirtszellen gibt. Dies erfolgt über eine Aktivierung von Komplementrezeptoren auf phago-zytierenden Zellen.

Nach Anlagerung eines C3b-Moleküls an den C4b2a-Komplex (C3-Konvertase) entsteht der C4b2a3b-Komplex der als C5-Konvertase die Umwandlung von C5 in C5a und C5b katalysiert. Damit wird die Voraussetzung für die Ausbildung des zytolytischen Komplexes geschaffen. In der Bilanz der Komplementaktivierung des klassischen Wegs sind also C3b- und C5b-Moleküle gebildet worden, die an die Oberfläche des Bakteriums binden, und C3a und C5a, die in die Umgebung freigesetzt werden. C3b-Moleküle werden von Komplementrezeptoren auf phagozytierenden Zellen erkannt, C3a und C5a sind starke lokale Entzün-dungsmediatoren (Leukotaxine und Anaphylatoxine).

Die alternative Komplementaktivierung erfolgt über den membrangebundenen C3bBb-Komplex.

Alternative Komplementaktivierung. Beim alternativen Weg der Komplementaktivierung bindet das an die Bakte-rienoberfläche gebundene C3b den Faktor B, der strukturell C2 entspricht. Durch diese Assoziation kann der Faktor B durch die Plasmaprotease Faktor D in Bb und Ba überführt werden. Dabei entsteht der Komplex C3bBb, der der C3-Konvertase des klassischen Wegs entspricht. Durch weitere Anlagerung von C3b entsteht, wie beim klassischen Weg, die alternative C5-Konvertase, die durch Properdin, ein 220 kD Protein, stabilisiert wird. Durch diese enzyma-tischen Ereignisse wird der klassische Weg verstärkt. Ein Teil des alternativen Wegs kann auch in Lösung beschritten werden.

! C3b auf Bakterienoberflächen bindet an Komplement-rezeptoren von Phagozyten.

Komplementrezeptoren. Verschiedene Zellen des Immun-systems (Makrophagen, Monozyten, polymorphkernige Granulozyten, B-Lymphozyten) oder auch Erythrozyten weisen auf ihrer Oberfläche Rezeptoren für Komplement-proteine auf. Für die Ingangsetzung der Phagozytose von

34.4 · Komplementsystem

Page 30: 34 - Immunsystem

1132 Kapitel 34 · Immunsystem

34

Bakterien sind insbesondere die Komplementrezeptoren CR1 (CD35) und CR3 (CD11 b/CD18) von Bedeutung, die sich auf Makrophagen/Monozyten und polymorphker-nigen Leukozyten finden. Der Komplementrezeptor CR2 (CD21) findet sich hauptsächlich auf B-Lymphozyten und dient dort auch als Rezeptor für das Epstein-Barr-Virus. Komplementrezeptoren auf Erythrozyten spielen eine Rolle bei der Entfernung löslicher Antigen-Antikörper-Kom-plexe aus dem Blutkreislauf. CR2 auf B-Lymphozyten hat als Teil des B-Zell-CD19-Corezeptorkomplexes Anteil an der B-Lymphozytenaktivierung durch Antigene. Viele lös-liche Antigene bilden Antigen-Antikörper-Immunkom-plexe. Diese können Komplement direkt aktivieren. Durch die Anlagerung der aktivierten Komponenten C3b und C4b an den Immunkomplex wird eine Bindung an den Komple-mentrezeptor 1 auf der Oberfläche von roten Blutkörper-chen ermöglicht. Diese transportieren die Komplexe in Leber und Milz, wo sie durch Makrophagen von der Erythro-zytenoberfläche entfernt werden. Immunkomplexe, die nicht entfernt werden können, lagern sich an den Basal-membranen von Kapillaren, wie z.B. dem Glomerulum der Niere ab, wodurch eine Schädigung der Nierenfunktion auftritt.

Die löslichen Komplementfragmente C3a, C4a und C5a lösen eine lokale Entzündungsreaktion aus. Sie führen zu Kontraktionen der glatten Muskulatur und erhöhen die Gefäßpermeabilität. C5a rekrutiert wie Chemokine poly-morphkernige Granulozyten und Monozyten (Leukotaxine) an Gefäßwände, was die Voraussetzung für die Einwande-rung in das Entzündungsgebiet darstellt. C3a, C4a und C5a wirken darüber hinaus als Anaphylatoxine.

! Die terminalen Komplementkomponenten bilden den membranangreifenden Komplex.

Komplementabhängige Zytolyse. Neben der komplement-abhängigen Phagozytose können Bakterien auch durch die Bildung des membranangreifenden, zytolytischen Kom-

plexes abgetötet werden. An das in der Bakterienmembran abgelagerte Fragment C5b wird zunächst C6 und nachfol-gend C7 angelagert. Dieser aus 3 Molekülen bestehende Komplex macht eine Konformationsänderung durch, wo-durch das Molekül hydrophober wird und so in die Lipid-doppelschicht des Bakteriums eindringen kann. Die Anla-gerung der C8-Komponente ermöglicht die konsekutive Bindung und Polymerisierung von C9-Molekülen, welche eine Pore in der Membran bilden. Der Komplex C5–9 wird als zytolytischer Komplex bezeichnet, der den Perforin-poren entspricht, die durch zytotoxische T-Lymphozyten und natürliche Killerzellen gebildet werden. Durch den Kanal können Ionen und Wasser in die Zelle eindringen, wodurch es zu einer Zerstörung des Bakteriums kommt.

! Durch Antagonisten wird der Wirtsorganismus vor schädlichen Auswirkungen der Komplementaktivie-rung geschützt.

Regulation der Komplementkaskade. Der Wirtsorganis-mus schützt sich durch ein vielfältiges Kontrollsystem vor potenziell schädigenden Wirkungen des Komplement-systems. So wird z.B. die Aktivierung von C1 durch ein Plasmaprotein, den C1-Inhibitor, kontrolliert, der an den aktiven Enzymteil von C1 (C1r/C1s) bindet und dadurch von C1q abtrennt. Sein Fehlen bewirkt eine Erkrankung, die als Angioödem bezeichnet wird. Ein weiteres Mem bran-protein, der decay-accelerating-factor CD59, verhindert eine Gewebeschädigung infolge einer zufälligen Bindung von aktivierten Komplementkomponenten an Wirtszellen und die spontane Aktivierung von Komplementfaktoren im Plasma. Es ist über den Glycolipid-Phosphoinositol-Anker (GPI-Anker) mit der Zelloberfläche verbunden. Sein Mangel induziert eine komplementvermittelte intravas-kuläre Auflösung von roten Blutkörperchen (paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie). Das Fehlen von C4 oder C2 bewirkt eine dem Lupus erythematodes visceralis ähnliche Autoimmunkrankheit.

In Kürze

Komplementsystem:4 Das Komplementsystem besteht aus Plasmapro-

teinen, die durch eine proteolytische Kaskade in Komponenten umgewandelt werden, die an der Opsonierung von Mikroorganismen, osmotischen Lyse von Zellen, Chemokinese von Phagozyten und als Anaphylatoxine an der Freisetzung von Media-toren aus Mastzellen und Granulozyten beteiligt sind

4 Komplement wird über den klassischen Weg durch Antikörper (IgG, IgM) oder den alternativen Weg (an Bakterien gebundenes C3b) aktiviert

4 Die wichtigsten Reaktionen sind die proteolytische Konvertierung von C3 in C3a und C3b und C5 in

C5a und C5b sowie die Bildung des zytolytischen Komplexes

4 C3a, C4a und C5a wirken als Anaphylatoxine, C5a wirkt darüber hinaus aktivierend und chemotak-tisch auf neutrophile Granulozyten, C3b und C5b sind Opsonine

4 Die Zytolyse von Zellen erfolgt über den porenbil-denden zytolytischen Komplex, C5–C9

4 CR1 (CD35) und CR3 (CD11b/CD18) binden C3b auf Phagozyten

4 Überschießende Komplementaktivierungen wer-den durch Antagonisten wie den C1-Inhibitor kon-trolliert

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341133

34.5 Wechselwirkungen zwischen unspezifischer und spezifischer Immunantwort

Proinflammatorische Vorgänge. Die angeborene, unspezi-fische Immunantwort und die adaptive spezifische Immun-antwort sind eng aufeinander abgestimmt. Die Wechsel-wirkung erfolgt maßgeblich unter Mithilfe humoraler Faktoren, zu denen neben dem Komplementsystem die Cytokine, Chemokine, Akutphase-Proteine, Eikosanoide und Glucocorticoide gehören (. Abb. 34.22). Der initiale Antigenkontakt mit Zellen der unspezifischen Immunant-wort, besonders Makrophagen und neutrophilen Granulo-zyten, führt zu einer schnellen Freisetzung der proinflamm-atorischen Cytokine TNF-α, IL-1, IL-6, IL-12 und IL-18, von Chemokinen, wie IL-8, und Eikosanoiden. Daran sind Toll-like-Rezeptoren und ihre Liganden beteiligt. Im Falle der Virusabwehr werden früh, innerhalb von 2 Tagen, ne-ben TNF-α und IL-12 auch IFN-α und IFN-β gebildet, ge-folgt von einer Aktivierung von NK-Zellen. Neben Makro-

phagen, dendritischen Zellen, Granulozyten und NK-Zel-len spielen NK-T-Zellen in der Basisabwehr eine Rolle. Sie ex primieren einen einzigen überwiegend invarianten T-Zell-Rezeptor (TZRα-Kette), gehören damit zu den T-Zel-len, exprimieren aber auch NK-Zell-Antigene. NK-T-Zellen erkennen Glycolipide, die – anders als Eiweiße bzw. Peptide – über CD1 präsentiert werden. Sie werden durch IFN-α/β, TNF-α, IL-1, IL-12 und IL-18 aktiviert und bilden IFN-γ und IL-4.

Gerichtete Wanderung von Leukozyten. Chemokine, von denen etwa 45 bekannt sind (7 Kap. 25.5.4), wirken auf Leukozyten chemotaktisch. Die verschiedenen Chemokine benutzen z.T. unterschiedliche Rezeptoren, deren Gemein-samkeit eine heptahelicale Struktur ist (7 Kap. 25.3.3). Zu-sammen mit Adhäsionsmolekülen, die über proinflamma-torische Cytokine auf Leukozyten und Endothelzellen in-duziert werden, bewirken sie eine gerichtete Wanderung von Leukozyten zum Ort der Entzündung. Der Vorgang wird in der Regel unterstützt durch Eikosanoide, die vaso-

. Abb. 34.22. Wechselwirkung zwischen unspezifischer und spezifischer Immunantwort. Frühe unspezifische Ereignisse der Immunantwort sind die Freisetzung proinflammatorischer Cytokine (TNF-α, IL-1, IL-6, IL-12 und IL-18) sowie die Bildung von chemotak-tischen Faktoren (Chemokine, Komplementfaktoren C3a, C5a), Pros-taglandinen, Thromboxanen und Prostacyclinen, die auf die Gefäße im Sinne einer Vasodilatation und Permeabilitätszunahme wirken. Diese Vorgänge erfahren am Ort des Geschehens eine Amplifikation und leiten die spezifische Immunantwort u.a. durch Bildung von IL-12

und IL-18 sowie IL-4 und IL-10 ein. Die systemische Regulation der unspezifischen Immunantwort erfolgt über IL-6, aber auch TNF-α und IL-1. Die Leber besitzt Rezeptoren für IL-6 und bildet Akutphase-Proteine wie C-reaktives Protein (CRP). Die notwendige negative Rückkopplung der Immunantwort erfolgt über den Hypothalamus bzw. die Hypophyse u.a. durch Induktion der Glucocorticoid-Produk-tion in der Nebennierenrinde sowie durch die regulatorischen T-Zellen (Treg) und die immunsuppressiv wirkenden Cytokine, TGF-β1, IL-10 und IL-4

34.5 · Wechselwirkungen zwischen unspezifischer und spezifischer Immunantwort

Page 32: 34 - Immunsystem

1134 Kapitel 34 · Immunsystem

34

dilatorisch oder -konstriktorisch und gefäßpermeabilitäts-steigernd sowie auf Makrophagen und Granulozyten akti-vierend wirken. Eikosanoide entstehen aus Membranlipi-den. Unter Mitwirkung der Phospholipase A2 wird die proinflammatorische Arachidonsäure (ω-6-Fettsäure) oder die anti-inflammatorische Eikosapentaensäure (ω-3-Fett-säure) freige setzt, die über die Cyclooxygenase bzw. die Lipoxygenase in die entsprechenden Prostaglandine und Thromboxane bzw. Leukotriene umgewandelt werden (7 Kap. 12.4.2). Eine besondere Rolle spielt das proinflam-matorische Leukotrien B4, das von Granulozyten gebildet wird und das Prosta glandin E2 und Thromboxan A2 aus Makrophagen. Anti-inflammatorisch wirkt z.B. Leukotrien B5, das aus Eikosapentaensäure entsteht.

Mit der Ansammlung von Leukozyten am Entzün-dungsherd sind die Voraussetzungen für eine Verstärkung der unspezifischen und die Einleitung einer spezifischen Immunantwort z.B. über IL-12 gegeben. Die systemische Regulation der Immunantwort erfolgt über IL-6 und aus der Leber freigesetzten Akutphase-Proteinen, wie C-reak-tives Protein, Fibrinogen oder Haptoglobin.

Terminierung der Entzündung. Terminiert werden die Vorgänge durch immunsuppressive Mechanismen. Dabei spielen regulatorische T-Zellen (Suppressorzellen), die über direkten Zellkontakt oder über die immunsuppressiv wir-kenden Cytokine TGF-β1 und IL-10 wirken, eine wichtige Rolle. Im Rahmen der T-Zell-Aktivierung wirkt CTLA-4 (cytotoxic T lymphocyte antigen) direkt terminierend (7 Kap. 34.3.3.3). Darüber hinaus spielen die aus der Nebennieren-rinde freigesetzten Glucocorticoide eine wichtige Rolle. Die über die hypothalamisch/hypophysär-adrenale Achse (HAA) regulierten Glucocorticoide greifen an verschiede-nen Stellen in die Immunantwort ein. Sie hemmen z.B. die Expression des IL-2- und Cyclooxygenase-2-Gens und be-wirken eine veränderte Organverteilung von Leukozyten. Hohe Glucocorticoidspiegel (am Tage) bewirken eine Er-niedrigung der Lymphozytenanteile und eine Erhöhung der Granulozytenanteile im Blut. Damit erklären sich die deutlichen Tag-Nacht-Schwankungen der Leukozytenan-teile im Blut.

In Kürze

Wechselwirkung zwischen unspezifischer und adapti ver Immunantwort:4 Vermittler zwischen der unspezifischen, frühen und

der adaptiven, verzögerten Immunantwort sind humorale Faktoren, die von Makrophagen, dendri-tischen Zellen, Granulozyten und NK-Zellen gebildet werden

4 Wesentliche Faktoren sind Toll-like-Rezeptoren und die proinflammatorischen Cytokine IL-1, TNF-α, Inter-ferone, IL-6, IL-12 und IL-18 sowie Chemokine und Eikosanoide

4 Chemokine und Eikosanoide koordinieren die Wande-rung von Leukozyten zum Ort der Entzündung. IL-12 und IL-18 sowie IL-4 und IL-10 regulieren die TH-Polari-sierung, d.h. die Ausrichtung der adaptiven Immunant-wort

4 Die Terminierung der adaptiven und unspezifischen Immunantwort erfolgt über regulatorische T-Zellen, im-munsuppressive Cytokine (IL-10, IL-4, TGF-β1) sowie durch die über die Cytokinstimulation des Hypothala-mus freigesetzten Glucocorticoide der Nebennieren-rinde

34.6 Immunabwehr von Mikro-organismen

34.6.1 Bakterienabwehr

Die antimikrobielle Abwehr benutzt unabhängig vom Erre-ger immer sowohl angeborene wie erworbene, spezifische Abwehrmechanismen (. Tabelle 34.4). Andererseits verfü-gen Mikroorganismen, Bakterien, Viren und Parasiten über Strategien, sich der Immunantwort zu entziehen. Die Ab-wehrmechanismen gegenüber extrazellulär sich vermeh-renden Bakterien unterscheiden sich prinzipiell von denen gegen Erreger, die sich intrazellulär vermehren (Bakterien und Viren).

! Die Immunabwehr gegen extrazelluläre Bakterien erfolgt durch komplementabhängige Lyse und Abtö-tung nach Endozytose.

. Tabelle 34.4. Zellen und Faktoren der antimikrobiellen Immunabwehr

Mikroorganismen Immunantwort/Immunreaktion

unspezifisch spezifisch

Bakterien,extrazellulär

KomplementneutrophileGranulozytenMakrophagen

Antikörper

Bakterien,intrazellulär

NK-Zellen (IFN-γ)Makrophagen

TH1-ZellenMakrophagenTC-Zellen

Viren InterferoneNK-Zellen

TC-Zellen (IFN-γ)Antikörper

Unspezifische Abwehr extrazellulärer Bakterien. Eiter er-regende Keime wie Staphylokokken und Streptokokken oder auch Gram-negative Kokken und Stäbchenbakterien (E. coli) vermehren sich extrazellulär. Sie lösen Entzün-

Page 33: 34 - Immunsystem

341135

dungsprozesse aus und bilden Endotoxine sowie Exotoxine. Das bekannteste Endotoxin Gram-negativer Bakterien ist Lipopolysaccharid (LPS). Die unspezifische Abwehr extra-zellulärer Keime erfolgt zum einen durch die alternative Komplementaktivierung und die damit verbundene C3b-Opsonierung und Zell-Lyse. Ein wichtiger Mechanismus ist die Phagozytose von Keimen durch neutrophile Granulo-zyten oder Makrophagen und deren intrazelluläre Abtö-tung. Neutrophile Granulozyten binden Bakterien über unterschiedliche Membranrezeptoren (z.B. Mannose-Rezeptor, CD14, Komplementrezeptoren CR1 und CR3 sowie spezielle Toll-like-Rezeptoren) und phagozytieren sie. Durch Fusion des Phagosoms mit lysosomenähnlichen granulahaltigen Strukturen entstehen Phagolysosomen, in denen die Bakterien zerstört werden. Die dabei wirksamen Effektormoleküle der primären, azurophilen Granula neutrophiler Granulozyten sind u.a. Myeloperoxidase, Lyso-zym, Kathepsin G, Proteinase 3, Elastase und Defensine. Die so genannten sekundären Granula enthalten z.B. Kollage-nasen. Parallel zur Wirkung der Phagolysosom-Effektor-mechanismen wird mit der Phagozytose der sog. respiratory burst (7 Kap. 29.3.1) und damit die Bildung von zyto toxisch reaktiven Sauerstoffspezies ausgelöst, die extrazellulär und intrazellulär wirken. Daneben kommt es zur Bildung von toxischem Stickstoffmonoxid (NO).

Makrophagen binden extrazelluläre Keime über Toll-like-Rezeptoren, den Mannose-Rezeptor oder die Komple-mentrezeptoren CR3 (CD11b/CD18) und CR4 (CD11c/CD18). Auch hier wird mit der Endozytose die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies und NO in Gang gesetzt. Dane-ben bilden die so aktivierten Makrophagen proinflamma-torische Cytokine wie IL-1, TNF-α und IL-6, die weitere Makrophagen und andere Zellen aktivieren.

Spezifische Abwehr extrazellulärer Bakterien. Sie erfolgt überwiegend unter Mithilfe von spezifischen Immunglo-bulinen. IgG-Moleküle wirken als Opsonine, IgG und IgM im Rahmen der Komplementaktivierung und Neutralisie-rung von Bakterientoxinen.

Im Falle einer massiven Staphylokokken- und Strepto-kokkeninfektion können Bakterien als Superantigene wir-ken und einen toxischen Schock auslösen (7 Superantigene 7 Kap. 34.3.3.5).

! Die Immunabwehr gegen intrazelluläre Bakterien nutzt NK-Zellen und zytotoxische T-Zellen (TC-Zellen).

Intrazellulär auftretende Bakterien werden eingeteilt in solche, die nur fakultativ in infizierten Makrophagen auf-treten, und solche, die obligat die Wirtszelle für ihre Ver-mehrung benutzen. Zur ersten Gruppe gehören die Myko-bakterien, Salmonellen und Listerien. Zu den obligat intra-zellulär auftretenden Bakterien gehören Rickettsien und Chlamydien, die neben Makrophagen auch Epithel- und Endothelzellen besiedeln können. Beiden Gruppen ist ge-meinsam, dass sie keine oder nur eine geringe Toxizität für

die Wirtszelle aufweisen. Durch sie bedingte Erkrankungen verlaufen oft chronisch. Die Bakterien können auch über eine lange Zeit ohne Krankheitszeichen persistieren.

Unspezifische Eliminierung von intrazellulären Bakterien. Aktivierte NK-Zellen produzieren IFN-γ. Dieses Cytokin aktiviert Makrophagen, die die Abtötung der Keime (z.B. Listerien) vornehmen. Im Gegensatz zu extrazellulären Keimen spielen bei intrazellulären Bakterien Antikörper in der Abwehr keine entscheidende Rolle.

Spezifische Abwehrmechanismen. Sie bauen auf der un-spezifischen Immunantwort auf und sind T-Zell-vermittelt. Im Zentrum stehen hier TH1-Zellen, die über die IFN-γ-Bildung das zytolytische Potential von Makrophagen akti-vieren (NO, Sauerstoffmetabolite) sowie TC-Zellen, die über Granulysin, NO-Induktion oder indirekt durch Frei-setzung der Bakterien die spezifische Eliminierung der Bakterien bewirken (. Abb. 34.11c–e). Bei unzureichender Abtötung der Bakterien kommt über die dauerhafte Anti-genpräsenz eine fortlaufende T-Zell- und Makrophagen-Aktivierung zustande. Dabei bilden sich Granulome. Diese Zellgebilde bestehen aus bakterienhaltigen Makrophagen, fusionierten Makrophagen (Riesenzellen), differenzierten Monozyten (Epitheloidzellen) und Lymphozyten. Sie be-grenzen die Bakterienausbreitung, haben aber eine Gewe-beschädigung zur Folge. Ein Beispiel dafür ist die Granu-lombildung in der Lunge bei chronisch verlaufender Tuber-kulose.

34.6.2 Virusabwehr

! Die Immunabwehr gegen Viren nutzt Interferone, NK-Zellen und TC-Zellen.

Viren vermehren sich obligat in Zellen. Die meisten Virus-infektionen erfolgen über Schleimhäute oder über das Blut. Dabei werden normale Oberflächenstrukturen von Zellen als Rezeptoren benutzt (7 Kap. 10.2).

Epstein-Barr-Viren nutzen den Komplementrezeptor 2 (CD21), HI-Viren das CD4- und CD8-Molekül sowie Che-mokinrezeptoren, wie CCR5 als Corezeptoren.

Primäre unspezifische Antwort des Immunsystems gegen Viren. Im ersten Schritt bilden infizierte Zellen, wie Epithel-zellen, virostatisch wirkendes Interferon-α (IFN-α) und Interferon-β (IFN-β). Damit erfolgt eine Begrenzung der Replikation und Ausbreitung der Viren innerhalb der ersten 2 Tage. Interferone bewirken eine verstärkte Expres-sion von HLA-Molekülen, zusammen mit IL-12 aus Makro-phagen auch eine Aktivierung von NK-Zellen. NK-Zellen erkennen virusinfizierte Zellen und zerstören diese bzw. tragen durch Sekretion von IFN-γ zur weiteren Einschrän-kung der Virusreplikation bei. Der molekulare Mechanis-

34.6 · Immunabwehr von Mikroorganismen

Page 34: 34 - Immunsystem

1136 Kapitel 34 · Immunsystem

34

mus der Erkennung durch NK-Zellen ist noch nicht voll-ständig bekannt. Eine Voraussetzung für die NK-mediierte Lyse von virusinfizierten Zellen ist eine geringe MHC-I-Expression der Zielzellen. Das Maximum der NK-Wirkung liegt etwa am 3. Tag nach Infektion.

Die spezifische Immunantwort gegen Viren. Sie erfolgt im Lymphknoten. Viruspartikel oder virusbeladene Zellen, z.B. dendritische Zellen, gelangen in die drainierenden Lymphknoten, wo eine klonale Vermehrung von T- und B-Zellen stattfindet. Dies geht mit deutlichen Vergrößerun-gen der Lymphknoten einher. Die Auswanderung der spe-

zifischen Effektor-TC-Zellen in das Gewebe erfolgt zwi-schen dem 7. und 9. Tag nach Infektion. Parallel dazu wer-den virusspezifisches IgM, später IgG und IgA durch Plasmazellen synthetisiert und sezerniert. Die spezifischen Effektoren bei der Virusabwehr sind danach zyotoxisch wirkende CD8-positive TC-Zellen, IFN-γ, das durch TC- oder TH-Zellen gebildet wird und spezifische Antikörper. Mit diesen Instrumentarien werden die Viren innerhalb der folgenden 3 Tage, also um den 10. bis 12. Tag nach Infektion, eliminiert. Den wesentlichen ersten Schutz vor einer erneuten Infektion bieten Antikörper zusammen mit spezifischen TH-Zellen sowie TC-Zellen.

In Kürze

Die Immunabwehr von Mikroorganismen nutzt immer angeborene wie adaptive Abwehrmechanismen:4 Extrazelluläre Bakterien werden durch komplement-

abhängige Lyse oder Opsonierung sowie durch Phagozytose über Makrophagen und Granulozyten eliminiert. Effektormoleküle sind Myeloperoxidase, Lysozym, Kathepsin G, Proteinase 3, Elastase, Defen-sine, Kollagenasen sowie reaktive Sauerstoffspezies und NO

4 Für die spezifische Abwehr von extrazellulären Bak-terien werden Immunglobuline, besonders IgG und IgM genutzt

4 Intrazelluläre Bakterien werden unspezifisch durch IFN-γ aus NK-Zellen abgetötet. Die spezifische Ab-wehr erfolgt über TH1-Zellen durch Aktivierung von

Makrophagen (IFN-γ) oder über TC-Zellen, die infizierte Makrophagen lysieren und toxische Granulysine frei-setzen

4 Unzureichende Abtötung von intrazellulären Bakterien führt zur Bildung von Zellaggregaten, genannt Granu-lome. Diese, bestehen aus Bakterien enthaltenden Makrophagen, fusionierten Makrophagen, Epitheloid-zellen und Lymphozyten

4 Viren vermehren sich obligat in Zellen. Der erste unspe-zifische Schritt der Virusabwehr erfolgt durch IFN-α und IFN-β sowie durch aktivierte NK-Zellen

4 Die spezifische Virusabwehr findet im Lymphknoten statt. Spezifische Effektoren sind TC-Zellen (CD8), IFN-γ aus T-Zellen und spezifische Antikörper (IgM, IgG, IgA)

34.7 Pathobiochemie

34.7.1 Immundefekte

Immundefekt ist ein Sammelbegriff für verschiedene ange-borene oder erworbene Erkrankungen, die durch eine er-höhte Infektanfälligkeit charakterisiert sind. Rezidivierende pyogene (eitererzeugende) Infektionen treten bei Defekten der humoralen Immunität auf, bei Defekten der zellvermit-telten Immunität kommt es häufig zu Virus- oder Pilzinfek-tionen. Oft treten kombinierte Defekte auf, verbunden mit opportunistischen Infektionen, d.h. durch Erreger, die von einem normal funktionierenden Immunsystem beherrscht werden. Dazu gehört z.B. die Infektion durch den Pilz Can-dida albicans oder Pneumonien bedingt durch den Para-siten Pneumocystis carinii.

Primäre oder genetisch bedingte Immundefekte sind selten und treten meist wenige Monate nach der Geburt auf, wenn die Leihimmunität der Mutter zurückgeht. Mit der zunehmenden molekularen Charakterisierung der Defekte wächst deren Zahl. Man kennt heute mehr als 30. Der häufigste erworbene Immundefekt ist der selektive IgA-Mangel (Inzidenz 1:300–1:800), gekennzeichnet durch feh-

lendes oder extrem niedriges IgA (<0,3 g/l) im Blut. Dies ist mit gehäuften Erkrankungen des Respirationstrakts ver-bunden. Etwa die Hälfte der betroffenen Kinder sind aller-dings symptomfrei. Ein kompletter Antikörpermangel bei unbeeinträchtigter T-Zellfunktion liegt bei der Bruton-Agammaglobulinämie vor. Es handelt sich hierbei um einen familiären, X-chromosomal gekoppelten Antikörper-mangel. Die Ursache ist eine Mutation der für die B-Zell-differenzierung spezifischen Tyrosinkinase Blk auf dem Chromosom Xq 21.3-q 22. Vorläufer-B-Zellen können nicht in Prä-B-Zellen überführt werden. Reife B-Zellen fehlen oder sind vermindert. Wegen der wiederkehrenden Infekte der Atemwege und septischer Zustände müssen diese Pa-tienten lebenslang mit intravenösen Immunglobulingaben versorgt werden. Bei anderen angeborenen Immundefekten ist u.U. eine Knochenmarktransplantation oder Genthera-pie notwendig.

Sekundäre Immundefekte sind wesentlich häufiger. Sie treten bei immunsuppressiver oder zytostatischer Be-handlung, im Rahmen von Infektionserkrankungen oder metabolisch bzw. ernährungsbedingt auf. Der bekannteste sekundäre Immundefekt ist AIDS (acquired immunodefi-ciency syndrome).

Page 35: 34 - Immunsystem

341137

34.7.2 Allergien

Allergien sind eine Gruppe häufig auftretender Erkran-kungen, bei der das Immunsystem auf bestimmte Antigene (Allergene) überschießend, verbunden mit Entzündungs-vorgängen und Organdysfunktionen reagiert. Allergene sind Antigene, die eine immunologische Überempfindlich-keitsreaktion (Allergie) auslösen. Entsprechend den zu-grunde liegenden Mechanismen werden nach Gell und Coombs die Allergien in 4 Gruppen unterteilt (. Tabel-le 34.5). Die unterschiedlichen Formen der Allergien sind unabhängig vom Antigen bzw. Allergen. Sie resultieren aus unterschiedlichen Immunantworten und Effektormecha-nismen.

Allergie vom Typ I. Hierbei handelt es sich um die häufigste Allergie, an der mehr als 20% der Menschen in in dus-trialisierten Ländern leiden. Zu den Allergien gehören u.a. Asthma bronchiale, Heuschnupfen, Hausstauballergie, Formen der Nahrungsmittelallergie und die Bienenstich-allergie. Charakteristisch für diese Form der Allergie ist die Allergen-spezifische Bildung von IgE, die Bindung von IgE an IgE-Fc-Rezeptoren der Mastzellen und die nach Aller-gen-IgE-Wechselwirkung induzierte Degranulation der Mastzellen. Die dabei frei werdenden Mediatoren, wie His-tamin, Plättchen aktivierender Faktor (PAF), slow reacting substance-A (SRS-A, 7 Kap. 12.4.2) und Kallikrein führen zu Broncho- und Darmspasmen, Blutdruckabfall, Ödem und Hyper- bzw. Dyskrinie bis hin zum anaphylaktischen Schock. Der immunpathogenetisch entscheidende Vorgang ist die Aktivierung von TH2-Zellen (. Abb. 34.23) über IL-10 aus Antigen-präsentierenden Zellen und die ver-mehrte Bildung der Cytokine IL-4, IL-5, IL-9 und IL-13. Damit erfolgt eine Differenzierung (Klassen-switch) zu IgE- bzw. IgG1-exprimierenden B-Zellen und der Produktion dieser Immunglobuline durch Plasmazellen. Durch Che-mokine, wie Eotaxin, IL-5 und IL-3 werden eosinophile Granulozyten an den Ort der Entzündung gelockt und ak-tiviert. Die damit verbundene IL-4-Bildung verstärkt diesen Circulus. IL-13 wirkt auf den Atemtrakt im Sinne einer erhöhten Reaktivität und IL-3, das auch in TH2-Zellen ge-bildet werden kann, kontrolliert die Entwicklung von Mast-zellen. Eosinophile Granulozyten sezernieren neben abbau-

enden Enzymen (Lysophospholipasen, Proteasen, Peroxi-dasen), Eikosanoiden, Chemokinen und Cytokinen auch toxische Granulaproteine, wie MBP (major basic protein).

Bei der Allergie vom Typ I können danach eine schnelle, frühe, durch die Mastzelldegranulierung bestimmte aller-gische Reaktion und eine verzögerte, durch Chemokine, Eikosanoide und eosinophile Granulozyten bestimmte aller-

. Tabelle 34.5. Einteilung allergischer Reaktionen nach Gell und Coombs

Allergie Immunprodukt Effektormechanismen Krankheit (Beispiel)

Typ I IgE,TH2-Zelle

MastzelldegranulationEosinophilendegranulation

Asthma bronchialeHeuschnupfen

Typ II IgG Antikörper-abhängige Zytolyse (Komplement, ADCC) Arzneimittelallergie

Typ III IgG Antikörper-Antigenkomplexabhängige Phagozytoseund Zytolyse, Komplementaktivierung

Serumkrankheit

Typ IV TH1-Zelle,TC-Zelle

TH1-abhängige Makrophagenaktivierung,TC-abhängige Zytolyse

Kontaktdermatitis

. Abb. 34.23. Pathogenetische Mechanismen der akuten und chronischen allergischen Entzündung. Allergene bewirken an Antigen-präsentierenden Zellen ein Cytokinmilieu (z.B. IL-10), das zur Differenzierung und Expansion von TH2-Zellen führt. IL-4 und IL-9 sind an der Regulation der Allergen-spezifischen IgE-Bildung und damit der Degranulation der Mastzellen beteiligt, die die akute Form der allergischen Reaktion vom Typ I wesentlich bestimmt. IL-5 und IL-3 bewirken die Ansammlung und Aktivierung von eosinophilen Granulozyten und bedingen die chronische Form der allergischen Entzündung

34.7 · Pathobiochemie

Page 36: 34 - Immunsystem

1138 Kapitel 34 · Immunsystem

34

gische Reaktion unterschieden werden. Letztere verläuft weniger dramatisch, ist aber für die Chronifizierung der Er-krankung (z.B. bei Asthma) entscheidend verantwortlich.

Allergie vom Typ II. Sie betrifft Arzneimittelwirkungen, z.B. Penicillin oder Methyldopa, die als Haptene (7 Kap. 34.2.1) an Erythrozyten, Granulozyten oder Thrombozyten bin-den können. Die Anwesenheit von IgG-Antikörpern gegen solche Haptene führt zur komplementabhängigen Lyse oder ADCC an diesen Zellen (7 Kap. 34.3.3.6). Die Allergie äußert sich in einer Anämie, Thrombozytopenie oder Gra-nulozytopenie.

Allergie vom Typ III. Sie ist ebenfalls abhängig von Immun-globulinen. Allergen-Antikörper-Komplexe aktivieren sys-temisch oder am Eintrittsort des Allergens Fc-Rezeptor-tragende Monozyten bzw. Makrophagen sowie das Kom-plementsystem im Blut. Bei Applikation eines Allergens, z.B. in Form eines Fremdeiweißes wie einem tierischen Antiserum, kann es dabei zu fiebrigen Erkrankungen, Ge-lenk-, Gefäß- oder Nierenentzündungen kommen (Serum-krankheit).

Allergie vom Typ IV. Im Unterschied zu den bisher beschrie-benen Allergien ist die Allergie vom Typ IV zellvermittelt. Allergene induzieren am Ort des Eintritts an der Haut oder Schleimhaut eine Entzündung, die im Wesentlichen durch TH1-Zellen und die Cytokine IFN-γ, TNF-α und Lympho-toxin (TNF-β) bestimmt wird. Daneben bewirken TC-Zel-len und Cytokin-aktivierte Makrophagen eine Gewebezer-störung. Die Reaktion tritt verzögert nach 24–72 Stunden auf. Sie entspricht der Tuberkulinreaktion. Sie ist durch Erytheme und andere Hautveränderungen gekennzeichnet. Wichtige Beispiele sind die Kontaktdermatitis nach Kon-takt mit Nickel, Zink oder Haushaltschemikalien.

34.7.3 Autoimmunkrankheiten

Autoimmunität. Autoimmunität ist eine normale Eigen-schaft des Immunsystems und kein pathologischer Zustand per se. Auch im gesunden Organismus können Antikörper, B-Zellen und T-Zellen mit Spezifitäten gegen körpereigene Antigene nachgewiesen werden. In diesem Falle schützen Mechanismen der peripheren Toleranz, d.h. z.B. das Fehlen costimulatorischer Signale, die Gewebe und Zellen vor ei-ner autoimmunologischen Zerstörung. Der Bruch der zen-tralen und peripheren Toleranz (7 Kap. 34.3.3 und 34.3.3.3) führt zu Autoimmunkrankheiten. Darunter versteht man nichtinfektiöse Entzündungszustände, die zur lokalen Or-ganzerstörung (Multiple Sklerose, Insulin-abhängiger Dia-betes) oder zu systemischen entzündlichen Erkrankungen (Perniciöse Anämie, Vaskulitiden, Rheuma) führen. Sero-logisch sind diese Erkrankungen oft verbunden mit dem vermehrten Auftreten von Autoantikörpern. Die Inzidenz

dieser Erkrankungen liegt bei etwa 3–4%. Frauen erkran-ken häufiger als Männer. Oft sind diese Erkrankungen mit speziellen HLA-Allelen assoziiert. Träger der HLA-Allele DR3 und DR4 haben ein etwa 3-fach höheres Risiko an Insulin-abhängigem Diabetes mellitus zu erkranken. Bei Trägern des HLA-DR2-Allels verringert sich dieses Risiko. Offenbar sind die unterschiedlichen HLA-Genprodukte unterschiedlich befähigt, Autoantigene den T-Zellen zu präsentieren.

Die Immunpathologie der Autoimmunerkrankungen ist sehr unterschiedlich. Es gibt primär Antikörper-vermit-telte, Immunkomplex-vermittelte sowie T-Zell-vermittelte Autoimmunkrankheiten. Die dominierende TH-Zelle ist die TH1-Zelle. Die häufigsten Autoimmunerkrankungen sind Schilddrüsenerkrankungen. Die Basedow-Erkran-kung (Graves disease, 7 Kap. 27.2.9) ist charakterisiert durch die TH1- vermittelte Bildung von Autoantikörpern gegen den TSH (Thyreozyten stimulierendes Hormon)-Rezeptor auf Thyreozyten. Dabei können bei den unterschied-lichen Krankheitsformen Autoantikörper gebildet werden, die agonistisch zum TSH auf den TSH-Rezeptor wirken (Thyreozyten-stimulierendes Ig, TSI), antagonistisch agie-ren (TSH-Rezeptor-blockierendes Ig, TBI) oder nur die Pro liferation der Thyreozyten aktivieren (TGI). Entspre-chend ist die Bildung der Schilddrüsenhormone T3/T4 überschießend, verringert oder unverändert, was natur-gemäß unterschiedliche therapeutische Konsequenzen haben muss. Eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung, die eine Unterfunktion der Schilddrüse bedingt, ist die Hashi moto-Thyreoiditis. Hier spielen antigenspezifische TH1-Zellen eine wesentliche Rolle, die über IFN-γ und IL-2 TC-Zellen und andere Zellen aktivieren. Damit kommt es zur Zerstörung von Thyreozyten, z.T. unter Mit-wirkung von Fas und FasL. Freigesetzte zelluläre Auto-antigene können dabei zur Bildung pathogenetisch irre-levanter Autoantikörper führen, die in der Diagnostik ge-nutzt werden.

34.7.4 Transplantatabstoßungen

Allogene Transplantation. Der Ersatz von Organen und Zellen hat sich in den letzten 50 Jahren zu einem Standard-verfahren der Medizin entwickelt. Die am häufigsten trans-plantierten Organe sind neben Cornea und Haut die Niere und das Knochenmark bzw. die hämatopoietischen CD34-positiven Stammzellen. Die genetische Beziehung zwischen genetisch unterschiedlichen Individuen einer Spezies wird als allogen bezeichnet. Entsprechend ist die Transplantation von Zellen eines Spenders auf einen genetisch verschie-denen Empfänger eine allogene Transplantation und be-wirkt naturgemäß eine Immunantwort des Empfängers. Sofern Immunzellen des Spenders im Transplantat mitge-führt werden, kann es zu einer Spender-gegen-Empfän-ger-Reaktion (Graft-versus-Host, GvH) kommen. Die Im-

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munantwort richtet sich immer direkt gegen die HLA-Strukturen und führt zur zytolytischen Zerstörung von fremden, d.h. allogenen Zellen. Bei der Alloreaktivität kommt es überwiegend zur direkten Erkennung nichtpro-zessierter HLA-Moleküle von Antigen-präsentierenden Zellen (APZ) des Spenders. Wichtige Zielzellen bei Nieren-transplantationen sind dendritische Zellen. In geringem Umfang werden prozessierte HLA-Peptide des Spenders auf APZ des Empfängers erkannt. Der Anteil an T-Zellen, die an der Alloreaktivität beteiligt sind, kann 2% der gesam-ten T-Zell-Population betragen. Die immunpathologischen Effektoren bei Transplantatabstoßungen sind entweder Antikörper, proinflammatorische Cytokine, zytotoxische CD8-T-Zellen, z.T. zytotoxische CD4-T-Zellen und IFN-γ-aktivierte Makrophagen. Das Risiko einer Transplantatab-stoßung wird reduziert durch die Verwendung HLA-kom-patibler Organe und Zellen. Dabei spielt die Kompatibilität im HLA-II-Bereich eine besonders große Rolle. Entspre-

chend erfolgt bei einer vorgesehenen allogenen Transplan-tation eine Histokompatibilitätstestung. Dabei werden die wichtigsten HLA-Allele des Spenders und des Empfängers erfasst und eine möglichst weitgehende Übereinstimmung angestrebt. Darüber hinaus wird bei allogenen Transplan-tationen versucht, die Abstoßungsreaktion durch prophy-laktische Gabe von Immunsuppressiva, wie Glucocorti-coiden, Cyclosporin A, FK506 (Takrolimus), Rapamycin (Sirolimus), Azathioprin oder Mykophenolat zu unter-drücken. Die Transplantatabstoßung kann hyperakut, wenige Tage nach der Transplantation erfolgen, wenn Anti-körper gegen das Organ vorhanden sind. Bei akuten Absto-ßungen (3 Tage bis 6 Monate) spielen TC-Zellen eine Rolle. Hier wird versucht, mit hochwirksamen Glucocorticoiden und Anti-T-Zellantikörpern die Immunantwort zu unter-drücken. Unter chronischen Abstoßungen versteht man ein später stattfindendes Rejektionsgeschehen oder den Funk-tionsverlust des Organs.

In Kürze

Zu den Erkrankungen des Immunsystems gehören:4 Immundefekte. Sie werden in primäre und sekun-

däre Defekte unterteilt. Genetisch bedingte, pri märe Immundefekte sind sehr selten und treten wenige Monate nach der Geburt auf. Die meisten primären Immundefekte sind kombinierte, d.h. die T- und B-Zelle betreffende Defekte. Ursachen sekundärer Defekte sind Viren (AIDS), immunsuppressive oder zytostatische Therapie, Fehlernährung, Infektions- und Stoffwechselerkrankungen

4 Allergien. Sie werden in 4 Haupttypen unterteilt. Die häufigste Allergie ist die vom Typ I (z.B. Asthma, Heu-schnupfen). Sie ist charakterisiert durch vermehrtes Auftreten von Allergen-spezifischem IgE, TH2-Cyto-kinen (IL-4, IL-5, IL-10, IL-9, IL-13), Eosinophilen-Akti-vierung und Mastzelldegranulation durch Bindung von IgE über den Fc-Rezeptor. Die Allergie vom Typ IV ist durch die Wirkung von TH1-Zellen charakterisiert. TH1-Cytokine aktivieren Makrophagen, die zur Gewe-beschädigung führen

4 Autoimmunerkrankungen. Autoimmunität ist eine normale Eigenschaft des Immunsystems. Ein Bruch der zentralen und/oder peripheren Toleranz führt zu Auto-immunkrankheiten. Sie bedingen eine lokale Organzer-störung (Multiple Sklerose) oder systemische entzünd-liche Erkrankungen (Rheumatoide Arthritis). Sie sind HLA-assoziiert. Die Ursache können primär Autoantikör-per, Immunkomplexe oder T-Zellen sein. Die dominie-rende T-Zelle ist die TH1-Zelle

4 Transplantatabstoßungen. Sie sind überwiegend die Folge allogener Immunreaktionen. Der Alloreaktivität liegt eine direkte Erkennung von nichtprozessierten HLA-Molekülen auf APZ des Spenders oder prozessier-ten HLA-Molekülen auf APZ des Empfängers zugrunde. Effektorzellen sind TC-Zellen und Makrophagen. Im-munsuppressiva werden prophylaktisch oder therapeu-tisch bei akuten Abstoßungskrisen eingesetzt

4 Neoplasien des Immunsystems, Leukämien und Lymphome

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