Technische Universität München
Institut für Ergonomie
Yasin Akgün
Konzipierung und Umsetzung eines Videoerfassungssystems in einer realen
Fahrzeugumgebung zur Durchführung von Komfortuntersuchungen
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Geheimhaltungsvermerke: Es gelten die allgemeinen Geheimhaltungsbedingungen der Technischen Universität München und der BMW Group Lehrstuhl für Ergonomie Technische Universität München Boltzmannstraße 15 D - 85747 Garching in Zusammenarbeit mit: BMW AG Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) Knorrstraße 147 80937 München Abteilung ED-6 Verfasser: Yasin Akgün
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Erklärung
Ich versichere, dass ich diese Semesterarbeit ohne fremde Hilfe selbstständig
verfasst und nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Wörtlich
oder dem Sinn nach aus anderen Werken entnommene Stellen sind unter Angabe
der Quelle kenntlich gemacht.
München, den 18.1.2008
Ort, Datum Unterschrift
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Danksagung
Diese Semesterarbeit entstand in freundlicher Zusammenarbeit mit der BMW AG, die
mir für die Erarbeitung alle notwendigen Unterlagen und Hilfsmittel zur Verfügung
stellte.
Eine Semesterarbeit lässt sich natürlich nicht ohne Betreuung und Unterstützung
bewältigen. Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir bei
der Realisierung geholfen haben.
Besonders danke ich meiner Betreuerin Frau MSc. Sonja Hermann und meinem
Betreuer Herrn Dipl.-Ing. Thomas Seitz, die über die gesamte Zeit hinweg immer ein
offenes Ohr für meine Probleme hatten.
Für seine Hilfe, insbesondere beim Versuchsaufbau, danke ich ebenso Kfz-Meister
Benjamin Jörke.
Herrn Prof. Dr. rer. nat. Heiner Bubb und Herrn Dr. Ernst Assmann danke ich für ihre
Unterstützung bei meiner Themenwahl und für die Offenheit, die sie meinen Ideen
und Vorschlägen entgegen brachten. Ganz besonders Herrn Prof. Lindemann, der
während des Studiums ein sehr guter Berater war.
Besonderer Dank gilt meiner Familie einschließlich meiner Freundin, die durch ihre
Unterstützung diese Arbeit erst ermöglichten.
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Konstruktive Semesterarbeit
Verfasser: Yasin Akgün
Matrikel-Nr. : 1982081
Studienrichtung: Systematische Produktentwicklung und Informationstechnik
Betreuer: Prof. Dr. rer. nat. Heiner Bubb, Dipl.-Ing. Thomas Seitz
Industrielle
Betreuerin:
MSc. Sonja Hermann
Ausgabe am:
Abgabe am:
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Zusammenfassung
Um die Fahrerplatzgestaltung komfortgerecht zu gestalten ist es wichtig, die direkte
Arbeitsumgebung des Menschen, insbesondere den Sitz, soweit wie möglich nach
ergonomischen Gesichtspunkten zu gestalten. Da der Mensch seiner Konstruktion
nach als stehendes Wesen konzipiert ist, stellt die sitzende Körperhaltung die
problematischste Haltungsform des Menschen dar. Gesundes Sitzen und bequemes
Sitzen stehen, bezogen auf die Wirbelsäule, im Widerspruch zueinander. Es ist
Aufgabe des Fahrzeugsitzes, dafür zu sorgen, dass die Wirbelsäule einerseits ihre
natürliche Form beibehält, andererseits durch genügend große Abstützflächen die
Rückenmuskulatur soweit entlastet wird, dass der Eindruck von Komfort entsteht.
[Greiff]
Die hier vorliegende Arbeit handelt von der Entwicklung und vom Aufbau eines
Versuchs in einem realen Fahrzeug, um Komfortuntersuchungen am Fahrzeugsitz
durchzuführen. Dazu werden drei Chipkameras kleiner Größe im Fahrzeug installiert,
um die relevanten Körperteile für die Komfortuntersuchungen zu erfassen. Diese
Kamerasignale werden durch eine spezielle Videokompressionskarte namens
„Piranha II“ komprimiert und auf die Festplatte eines Computers, der im Kofferraum
des Versuchsfahrzeug installiert ist, geschrieben. Eines der Besonderheiten dieser
PC-Karte ist die dazugehörige Software „iGuard“, welche einen Bewegungsmelder
beinhaltet. Dieser ermöglicht eine Aufzeichnung bei einer zuvor erkannten
Bewegung. Zusätzlich besteht die Option, die Vorgeschichte dieser Bewegung mit
aufzuzeichnen, was unentbehrlich für die Versuchsauswertung ist. Dies geschieht
durch einen Voralarm, eines der herausragenden Merkmale der Software „iGuard“,
Zusätzlich beinhaltet sie andere Werkzeuge, um die Videoaufzeichnungen
auszuwerten.
Zunächst wird ein Überblick über die unterschiedlichen Komforttheorien gegeben.
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In der Erforschung des Stands der Technik im Bereich der Videoaufzeichnung und
der Datenreduktion wird neben den Vorteilen der digitalen Medientechnik detailliert
ein Überblick auf die einzelnen Bilddatenreduktionsverfahren (JPEG, MGEG-
Standards) gegeben.
Folgend wird in der Versuchsplanung der Versuchsaufbau festgelegt.
Hierbei wird der Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel als Problemlösungs-Methode
angewandt. Danach wird das vorliegende Problem zunächst geklärt, unterschiedliche
Lösungen gesucht und die beste Lösung ausgewählt. Nach der Lösungsauswahl
wird auf die Eigenschaften der Videokompressionskarte Piranha II und der
zugehörigen Software iGuard eingegangen.
Abschließend wird der Versuchsaufbau im realen Fahrzeug mit den
unterschiedlichen Komponenten (Chipkameras, Piranha II-Videokompressionskarte)
durch Abbildungen und Erklärungen erläutert.
Inhaltsverzeichnis
Erklärung .................................................................................................................... 3
Danksagung ............................................................................................................... 4
Zusammenfassung ..................................................................................................... 6
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................... 8
Abbildungsverzeichnis.............................................................................................. 11
Tabellenverzeichnis.................................................................................................. 12
1 Einleitung........................................................................................................... 13
2 Aufgabenstellung............................................................................................... 15
3 Handlungsbedarf ............................................................................................... 16
4 Versuchsplanung und Aufbau ........................................................................... 20
4.1 Vorgehensweise bei der Versuchsplanung.......................................................................................... 20 4.1.1 Anforderungsliste............................................................................................................................... 23 4.1.2 Lösungssuche..................................................................................................................................... 24 4.1.3 Lösungsauswahl durch Morphologischen Kasten............................................................................. 27
4.2 Versuchsaufbau..................................................................................................................................... 31
4.3 Aufzeichnung der Videodaten durch Piranha II................................................................................ 32 4.3.1 Piranha II............................................................................................................................................ 32 4.3.2 Eigenschaften der Software iGuard ................................................................................................... 35
4.3.2.1 Voraussetzungen ...................................................................................................................... 37 4.3.2.2 Alarm-Szenario ........................................................................................................................ 37 4.3.2.3 Langzeitaufzeichnung............................................................................................................... 38 4.3.2.4 Ringaufzeichnung..................................................................................................................... 39 4.3.2.5 Bewegungserkennung (Kamera als Videosensor) .................................................................... 39
INHALTSVERZEICHNIS
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4.3.2.6 Logbuch.................................................................................................................................... 43 4.3.2.7 Konfigurationsmodus ............................................................................................................... 44 4.3.2.8 Speicherbedarf (Kompression) ................................................................................................. 46 4.3.2.9 Auswertung von Videoaufzeichnungen.................................................................................... 48
4.4 Sitzdrucksensormatte und Auswertalgorithmus................................................................................ 49
4.5 Installation des Aufzeichnungsrechners ............................................................................................. 52
4.6 Installation und Positionierung der Kamera...................................................................................... 53
5 Versuchsdurchführung ...................................................................................... 57
5.1 Konfiguration von iGuard an die Anforderungen des Versuchs...................................................... 57
6 Ausblick ............................................................................................................. 60
7 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 62
8 Anhang: ............................................................................................................. 66
8.1 Komfort ................................................................................................................................................. 66 8.1.1 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept................................................................................................ 66 8.1.2 Komforttheorien................................................................................................................................. 68
8.2 Multimedia ............................................................................................................................................ 76
8.3 Vorteile der digitalen Medientechnik.................................................................................................. 77
8.4 Bilddatenreduktionsverfahren ............................................................................................................ 81 8.4.1 Differenzcodierung ............................................................................................................................ 83 8.4.2 Transformationscodierung ................................................................................................................. 84
8.4.2.1 Abtastung ................................................................................................................................. 85 8.4.2.2 Redundanzreduktion und Irrelevanzreduktion.......................................................................... 86 8.4.2.3 Psychooptik .............................................................................................................................. 88
8.4.3 Angewandte Kompressionsverfahren ................................................................................................ 89 8.4.3.1 Datenreduktion bei Standbild nach JPEG................................................................................. 89 8.4.3.2 Datenreduktion bei Bewegtbildern ........................................................................................... 93
8.5 Kameratechnik...................................................................................................................................... 98
INHALTSVERZEICHNIS
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8.6 Videoproduktion ................................................................................................................................... 99 8.6.1 Elektronisches Schneiden: Assemble und Insert................................................................................ 99 8.6.2 Videobearbeitungstools.................................................................................................................... 101
8.7 Wichtige Internetadressen von Softwaretools für Bewegungsanalysen......................................... 101
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 3-1: Belastungs-Beanspruchungsmodell nach Laurig (1982) .................. 66
Abbildung 3-2: Kognitionspsychologisches Komfortmodell nach Krist...................... 68
Abbildung 3-3: Bedürfnishierarchie (links) nach Maslow (1978) im Vergleich zur
Komforthierarchie (rechts) nach Bubb (1997).................................................... 71
Abbildung 4-1: Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel, Quelle: [Ehrlenspiel] ................. 20
Abbildung 4-2: Modellbildung des Problems............................................................. 22
Abbildung 4-3: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus............................. 31
Abbildung 4-4: Die Videokompressionskarte Piranha II............................................ 32
Abbildung 4-5: Screenshot über die Einstellung der Bewegungserkennung ............ 40
Abbildung 9 Parametereinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
.......................................................................................................................... 41
Abbildung 10: Maskeneinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
.......................................................................................................................... 41
Abbildung 12: Maskenerstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
.......................................................................................................................... 43
Abbildung 13 Konfigurations-Fenster von iGuard ..................................................... 44
Abbildung 15: Dialogfenster Kamera Konfiguration iGuard Konfigurationsmenu...... 46
Abbildung 16: Konfiguration des Speicherbedarf und der Szenarien ....................... 47
Abbildung 4-14: Sitzdrucksensormatte ..................................................................... 50
Abbildung 4-15: Benützeroberfläche des Auswertealgorithmus ............................... 51
Abbildung 4-16: Versuchsaufbau im Kofferraum des Versuchsfahrzeugs................ 52
Abbildung 4-17: Kameratyp 1 und 2 ......................................................................... 53
Abbildung 4-18: Position der Kamera 1 und seine Installation am
Schiebedachrahmen.......................................................................................... 54
Abbildung 4-19:Position der Kamera 2 ..................................................................... 55
TABELLENVERZEICHNIS
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Abbildung 4-20: Kamera 3........................................................................................ 56
Abbildung 4-21: Position der Kamera 3 .................................................................... 56
Abbildung 9-1: Formen von Signaltransport und Speicher nach Bienert .................. 77
Abbildung 9-2: Prinzip der Transformationscodierung, Quelle: [Ricken]................... 84
Abbildung 9-3: Rebundanz und Irrevelanz, Quelle [Bienert] ..................................... 86
Abbildung 9-4: Kompressionsverfahren nach JPEG, Quelle [Ricken] ...................... 91
Abbildung 9-5: VHS bzw. S-VHS-Standardkassette im Vergleich zur DV- und Mini-
DV-Kassette ...................................................................................................... 98
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3-1: Rangreihenfolge von Sitzeigenschaften und Funktionen nach Krist
(1995) ................................................................................................................ 70
Tabelle 3-2: Rangreihe von Synonyma und beschreibende Adjektiva für den Komfort
nach Krist (1995) ............................................................................................... 70
Tabelle 3: Elementartätigkeiten bei Methoden.......................................................... 21
Tabelle 4-4: Anforderungsliste an den Versuchsaufbau ........................................... 24
Tabelle 4-5: Morphologischer Kasten ....................................................................... 28
Tabelle 4-6: Reduzierter Morphologischer Kasten.................................................... 29
Tabelle 8-1: Abtastverhältnisse der jeweiligen Videoformate ................................... 85
EINLEITUNG
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1 Einleitung
Ein Schlagwort, das in den letzten Jahrzehnten immer mehr in aller Munde kam, ist
„Ergonomie“. Es ist eine oft gebrauchte Vokabel, deren eigentliche Bedeutung nur
wenigen bekannt ist, geschweige denn die Gebiete, in die Ergonomie involviert ist.
Ergonomie ist eine Wortschöpfung des Engländers Murrel aus dem Altgriechischen
„ergon = Arbeit“ und „nomos = Regel“. Sie entstand, als er 1949 die englische
„Ergonomics Research Society“ mitbegründete. Sie setzte sich zum Ziel, die
Wechselwirkungen zwischen Mensch und Maschine, Mensch und Arbeit und Mensch
und Umwelt wissenschaftlich zu beschreiben.
Die Idee selbst, die Effizienz von Mensch und Maschine zu steigern, ist nicht neu.
Schon im Altertum beschäftigte man sich mit der maximalen Leistungsfähigkeit des
Menschen, freilich ohne dabei auf etwaige Langzeitfolgen, auf seine Gesundheit oder
gar sein Wohlbefinden zu achten. Der Mensch war ersetzbar. Erbrachte er nicht
mehr die gewünschte Leistung, wurde er einfach ausgetauscht. Dieser Grundsatz
galt weit bis ins industrielle Zeitalter hinein, eine Verbesserung der Maschinen war
bei weitem wichtiger als eine gute Arbeitsplatzgestaltung. Erst als die Maschinen den
Menschen zu überfordern, sie so kompliziert wurden, dass der Mensch der
ausschlaggebende Faktor für die Leistung des Systems war, begann man, den
Stellenwert des Menschen zu überdenken. Man kam zu dem Schluss, dass er nur
dann auf Dauer maximale Leistung erbringen kann, wenn auch auf seine Bedürfnisse
geachtet wird, sprich die Maschinen und die Umgebung so gestaltet sind, dass sie
sein Wohlbefinden fördern und ihm so seine optimale Leistungsfähigkeit
ermöglichen. Das grundlegend Neue an der Ergonomie ist also, dass sie den
Menschen ins Zentrum der Betrachtung rückt.
Auf dem Sektor „Konstruktion und Entwicklung“ liefert die Ergonomie Empfehlungen
und Gestaltungstipps für die bestmögliche Anpassung der Maschine an den
Menschen. Sie optimiert die Schnittstelle zwischen beiden und schafft so die
Voraussetzung für die maximale Leistung des Mensch-Maschine-Systems. Ehemals
EINLEITUNG
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14
wurden im Automobilbau Anzeigen und Bedienelemente einfach dort angeordnet, wo
man den meisten Platz zur Verfügung hatte, oder es technisch am einfachsten zu
lösen war. Man schuf gerade noch die Möglichkeit zum Sitzen, oft nur eine dünn
aufgepolsterte Holzbank, ohne Berücksichtigung anatomischer Aspekte des
Menschen. Entsprechend gering fiel der Fahrkomfort aus. Heute wäre eine
ergonomische Gestaltung des Fahrzeuginnenraums nicht mehr wegzudenken. Ob
Anzeigen, Bedienelemente oder Fahrzeugsitze, alles nimmt Bezug auf den
Menschen. [Rohmert]
AUFGABENSTELLUNG
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15
2 Aufgabenstellung
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Versuch aufzubauen, wodurch das Sitzverhalten von
Versuchspersonen durch Kameras erfasst wird, um Einflussfaktoren auf den
Sitzkomfort in statischer und dynamischer Hinsicht zu identifizieren. Es ist von
besonderem Interesse, die Versuchspersonen so wenig wie nur irgend möglich zu
beeinflussen und sie in einer realen Umgebung zu untersuchen. Aus diesem Grund
finden die Versuche in einem realen Fahrzeug statt, in dem die Versuchspersonen
über einen längeren Zeitraum während der Fahrt visuell erfasst werden. Ferner wird
untersucht, ob eine Korrelation des Sitzverhaltens mit den Druckverteilungen auf
dem Fahrzeugsitz besteht.
HANDLUNGSBEDARF
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16
3 Handlungsbedarf
Da der Trend zu immer kleineren und flacheren Automobilen hingeht, ist das
Platzangebot im Kraftfahrzeug in zunehmendem Maße beschränkt. Der Fahrer ist
gezwungen, eine flachere Sitzhaltung einzunehmen. Genau dies entspricht aber
nicht dem Gesundheitsoptimum der Bandscheiben, denn eine gleichmäßige
Belastung der Bandscheiben entsteht nur bei einer hohen und aufrechten Sitz-
position. Es wurden bereits Komfortuntersuchungen bei Bürostühlen durchgeführt.
Hier ist genug Platz vorhanden, um z.B. die Beine oder den Oberkörper
auszustrecken. Im Fahrzeug jedoch ist der Fahrer in seinen Bewegungen sehr
eingeschränkt und kann keine ausgleichenden Bewegungen durchführen. 1969
beobachtete Branton, dass Versuchspersonen während des Sitzens ihre Haltung
kontinuierlich verändern. Wenn sich die VP bewegen, muss mehr als nur eine
komfortable Haltung existieren. Nach der Stiftung Warentest (1996) muss man seine
Sitzhaltung so oft wie nur möglich verändern, um sich eine gesunde und komfortable
Sitzgewohnheit anzueignen. Dynamisches Sitzen beugt einseitigen Belastungen der
Wirbelsäule vor. Die Durchblutung der Muskulatur und der Bandscheiben wird
hierdurch verbessert.
Nach einer Recaro Firmenschrift halten Mediziner das Sitzen im Auto für die
schlimmste Form des Sitzens überhaupt, da gerade im Auto die Wirbelsäule und ihre
Muskulatur besonders stark beansprucht werden. Es fehlen ausgleichende Bewe-
gungsmöglichkeiten, es werden falsche Sitzhaltungen eingenommen und der Mangel
an Anpassungsmöglichkeiten von Autositzen ermöglicht in den seltensten Fällen eine
medizinisch wünschenswerte Sitzhaltung. Deshalb sollte der Fahrzeugsitz so gut wie
möglich an die individuellen Bedürfnisse des Fahrers angepasst werden. Die
Sitzverstellungen werden immer komplexer. Sie beinhalten eine Vielzahl von
Funktionen, beziehen sich jedoch ausschließlich auf statische Komfortparameter, wie
z.B. die Lehnenneigung. Da aber der Fahrzeugsitz nicht nur im Stand, also statisch,
sondern auch der Fahraufgabe gerecht im dynamischen Zustand komfortabel sein
muss, wirken eine Vielzahl von sich über die Zeit hinweg verändernden
Umweltparametern auf den Fahrer ein, die alle den Komfort beeinflussen. Diese sind
HANDLUNGSBEDARF
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17
z.B. die Straßenbeschaffenheit, Verkehrssituation oder die physische und psychische
Befindlichkeit des Fahrers.
Das übergeordnete Ziel von Komfortuntersuchungen am Fahrzeugsitz ist, eine
möglichst entspannte und zugleich gesunde Sitzposition zu ermöglichen, damit der
menschliche Haltungs- und Bewegungsapparat minimal belastet wird. Nach Krist
(1993) liegt eine entspannte Haltung dann vor, wenn das Aktivitätsniveau aller
Muskelgruppen auf ein Minimum beschränkt ist.1 Jedoch ist dieses Ziel durch den
eng begrenzten Fahrzeuginnenraum und durch die Natur des Menschen, der nicht
für das Sitzen geschaffen ist, sehr schwer zu erreichen. [Diebschlag]
Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, ist es zunächst von ausschlaggebender
Bedeutung, den Begriff Komfort vollständig zu klären, um diesen überhaupt messen
zu können.
Nach Branton (1969) müssen folgende Bedingungen erfüllt sein, um Komfort
überhaupt bewerten zu können:
• Komfortgefühle können wahrgenommen werden
• Komfortgefühle können verbalisiert werden
• Attribute der physikalischen Umgebung, die für die Entstehung von Diskomfort
verantwortlich sind, können identifiziert werden
• Komfortgefühle können im Gedächtnis gespeichert werden, womit ein
Vergleich möglich wird
Bei der Durchführung von Versuchen wird vorausgesetzt, dass Komfortgefühle
wahrgenommen und im Gedächtnis gespeichert werden. Für die Verbalisierung der
Komfortgefühle stehen Fragebögen zur Verfügung, in denen gezielt nach Begriffen
gefragt wird, die den Komfort beschreiben. Doch das Problem hierbei ist, dass die
1 Siehe dazu unter Komforttheorien ab Seite 68
HANDLUNGSBEDARF
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18
Wortbedeutung variiert. Jeder Mensch versteht z.B. unter „entspannt“, „bequem“
oder „angespannt“ etwas anderes und die einheitliche Quantifizierung ist schwer zu
realisieren. Nach dem Belastungs-Beanspruchungsmodell nach Laurig (1982) auf S.
68 ist es schwierig, den Menschen über die sich vorrangig im Unterbewussten
vollzogene Komfortbeurteilung zu befragen. Außerdem sind Gefühle schwierig zu
definieren, das Erlebnis dominiert. Wenn nicht einmal geklärt ist, wie genau Komfort
zu verstehen ist, ist die Befragung der Versuchspersonen nur in äußerst begrenztem
Maße möglich. Zusätzlich macht die Vielzahl von Einflussfaktoren, wie z.B. die
Verkehrssituation oder die persönliche physische und psychische Befindlichkeit der
VP es schwierig, Komfort eindeutig festzulegen.
Aus diesem Grund hat Hertzberg versucht, den Komfort durch negative Sachverhalte
zu messen. Somit könnte man nach Hertzberg einen Sitz als komfortabel bezeich-
nen, wenn dieser dem Fahrer keine Schmerzen im Rückenbereich zufügt. Doch wird
bei diesem Ansatz nur der Diskomfort berücksichtigt, was die Untersuchung nur
beschränkt aussagefähig macht. Im Widerspruch zu Hertzberg fanden Helander und
Zhang in ihren Untersuchungen heraus, dass man den Komfort durch andere
Faktoren wie nur durch den Diskomfort beschreiben kann.2
Aus all diesen Erkenntnissen wird ein neuer Ansatz gefasst. Die Versuchspersonen
werden nicht nach ihrem Gemütszustand gefragt, sondern ihre Körpersprache in
Bezug auf das Sitzverhalten genauer betrachtet. Die Körpersprache umfasst
bewusste und unbewusste Bewegungen eines Körperteils oder des ganzen Körpers
und vermittelt der Außenwelt Botschaften. Der Körper tut dies immer. Man kann
aufhören zu sprechen, aber nur bedingt aufhören Körpersignale auszusenden. In der
Körpersprache kann man sich zudem um einiges schwieriger verstellen als in der
verbalen Sprache. Das wichtigste Element hierbei ist neben der Gestik und Mimik die
Körperhaltung. Sie bezieht sich auf die Anordnung der einzelnen Körperteile und ist
ein Zeichen von Abneigung bzw. Zuneigung und Interesse bzw. Desinteresse.
2 Siehe dazu die verschiedenen Komforttheorien ab Seite 68
HANDLUNGSBEDARF
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Erwachsene haben gelernt, ihre Mimik zu beherrschen, dem Körper wird jedoch
weniger Aufmerksamkeit geschenkt, so dass das Individuum seine Befindlichkeit
durch den Körper unbewusst verrät. [Heidemann]
Gelingt es, bezogen auf den Fahrerarbeitsplatz die Körpersprache und das
Sitzverhalten des Fahrers zu klassifizieren, können subjektive und objektive
Parameter definiert werden, welche den Sitzkomfort beeinflussen. Werden diese
Parameter gezielt variiert, können durch die Beobachtung des Sitzverhaltens
Aussagen darüber getroffen werden, inwiefern und wie stark diese Faktoren einen
Einfluss auf den Gemütszustand der VP und somit auf den Sitzkomfort haben. Durch
diesen Ansatz wird die VP nicht durch langwierigen Befragungen belastet. Dies
minimiert die Beeinflussung der VP.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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20
4 Versuchsplanung und Aufbau
4.1 Vorgehensweise bei der Versuchsplanung
Grundlage der Vorgehensweise für die Versuchsplanung ist der Vorgehenszyklus
nach Ehrlenspiel. Diese einfache und grundlegende Problemlösungsmethode kann
durchgängig in unterschiedlicher Bearbeitungstiefe eingesetzt und leicht angepasst
werden. Er besteht aus den Schritten „Problem klären“, „Lösung suchen“ und
„Lösung auswählen“, wobei diese Schritte sich weiter untergliedern lassen. Der
Vorgehenszyklus ist einer der zentralen Bestandteile der Produktentwicklung, dessen
Zweck es ist, wenn dies auf abstrakter Ebene betrachtet wird, das Lösen einer
Aufgabe, bzw. ein Problem zu lösen. Doch was ist ein Problem?
„Ein Problem liegt dann vor, wenn man einen unerwünschten Anfangszustand in
einen erwünschten Zielstand überführen will, dieses jedoch von einer Barriere
verhindert wird. Diese Barriere können unbekannte oder nicht verfügbare Mittel
(Personen, Sachmittel, Zeit etc.) der Zielerreichung, oder nicht gegebene oder
nicht bekannte Ziele oder Restriktionen sein. Fehlt diese Barriere, handelt es sich
um eine Aufgabe.“ [Ehrlenspiel]
Problem klären
Problem analysierenProblem strukturierenProblem formulieren
Lösungen suchen
vorhandene Lösungen suchenund neue Lösungen generierenLösungen systematisierenund ergänzen
Lösung auswählen
Lösungen analysierenLösungen bewertenLösung festlegen
ProblemProblem
LösungLösung
Zunahme derInformation zur
Erzeugung einerLösungsvielfalt
Einschränkungder Lösungsvielfalt
Abbildung 4-1: Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel, Quelle: [Ehrlenspiel]
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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21
Es sei noch erwähnt, das die im Vorgehenszyklus benutzte Methodik nur ein Teil,
bzw. nur ein Aspekt der Problemlösung ist. Daneben gibt es zu Problemlösung noch
die Aspekte Erfahrung, Fachwissen, Situationserkenntnis, Psychologie, konstruktives
Arbeitshandling und Handlungsethik.
Bei diesem Vorgehen werden verschiedene Methoden als unterstützende Aufgaben
verwendet um die Entwicklung des Zielsystems auf eine systematische Art und
Weise durchzuführen. Methoden sind als Verknüpfung bestimmter
Elementartätigkeiten zu verstehen. Wesentliche Elementartätigkeiten sind dabei:
• kombinieren • sammeln, suchen, vervollständigen
• vergleichen • zerlegen
• festlegen, auswählen • gewichten, priorisieren
• ordnen, klassifizieren, sortieren • Analogie suchen
• abstrahieren, detaillieren • Gegensätze finden
• darstellen, dokumentieren • Eigenschaften erkennen, ermitteln
• kreieren • variieren
Tabelle 1: Elementartätigkeiten bei Methoden
Wichtig ist, dass der Methodenanwender sich dieser Elementartätigkeiten bewusst
ist. Damit bieten sich ihm die Möglichkeiten der situationsbedingten, sinnvollen und
häufig notwendigen Anpassung der Methode.
Durch diese Vorgehensweise kann das vorliegende Problem effektiv behandelt
werden und auf eine effiziente Weise optimale Lösungen gefunden werden.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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Visuelle Information Highlightvideo
Allgemein betrachtet kann man das Problem auch folgend modellieren:
Abbildung 4-2: Modellbildung des Problems
Da die Problemstellung nicht lösungsneutral gestellt ist, sondern von vorn herein es
das Ziel war, ein Bilderfassungssystem in einem realen Fahrzeug aufzubauen, wurde
nicht nach eventuell anderen Möglichkeiten gesucht werden, um das Problem anders
anzugehen.
Es soll als Output ein Highlightvideo entstehen, in dem die Versuchsperson (VP)
beim Führen des Fahrzeugs aufgezeichnet ist. Dieses Highlightvideo soll nur die
relevanten Körperbewegungen in Bezug auf die Sitzkomfortuntersuchungen
beinhalten. Von großem Vorteil ist der Aufbau eines Systems, das dieses
Highlightvideo soweit wie möglich selbstständig erstellt.
Zunächst wird durch die eindeutige Klärung des Problems die Grundlage für die
Zielformulierung erarbeitet. Sie ist damit auch die Grundlage für die Lösungssuche
sowie für die Bewertung der Lösungsideen. Dazu wird als Methode das
Brainstorming in einem interdisziplinärem Team mit allen notwendigen Beteiligten
angewandt, um möglichst viele Anforderungen an den Versuchsaufbau zu ermitteln.
Dabei werden vier Grundregeln für das Brainstorming eingehalten:
• Es darf keine Kritik geäußert werden, sondern nur konstruktive Verbesserungs-
vorschläge.
• Den Ideen muss freien Lauf gewährt werden, in dem der Phantasie und der
Assoziation keine Grenzen gesetzt werden.
Black Box OutputInput
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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• Es zählen die Masse und Klasse der Ideen, wobei die Wiederbenützung und
Umänderung von schon gefallenen Ideen erlaubt und sogar unterstützt werden
sollte. [Ehrlenspiel]
• Es sollen andere Ideen aufgenommen werden und diese weit variiert werden.
Durch die Ergebnisse des Brainstormings und aus zusätzlich gewonnenen
Informationen wird eine vollständige Anforderungsliste erstellt.
Zentrale Fragen hierbei waren:
• Welchen Zweck muss die Lösung erfüllen?
• Welche Eigenschaften darf sie nicht haben?
• Welche Eigenschaften muss sie aufweisen?
4.1.1 Anforderungsliste
visuelles Erfassen des Fahrers von mehreren Perspektiven
Aufzeichnen der visuellen Informationen als Video
Aufzeichnung nur bei Bewegung
Aufzeichnung der Informationen 2 sec vor dem Eintritt der Bewegung (Voralarm)
Aufzeichnung in einem mobilen System (reales Automobil, E-65, 7er Serie )
Unauffälliger Versuchsaufbau (um Versuchsperson nicht beeinzuflussen)
Übertragung der Videodaten in einen Rechner innerhalb von maximal fünf Stunden
Qualität des Videobildes soll nicht hoch sein, da nur Körperbewegungen erkannt
werden müssen, und keine Detailinformationen
Videodaten in digitaler Form (für die Auswertung)
Keine Aufzeichnung des Tons
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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Aufzeichnungsdauer von mindestens 180 Minuten
Synchrones Aufzeichnen von Drucksensordaten ( gleiches Zeitformat wie das Video)
Zuverlässige Aufzeichnung, Ausfallwahrscheinlichkeit < 1%
Versuchsaufbau bis 01. September 2002 fertiggestellt
Kapazität, mindestens 40 Versuche durchzuführen
Tabelle 4-2: Anforderungsliste an den Versuchsaufbau
Durch die Anforderungsliste werden alle relevanten Daten zu Beginn der Arbeit
erfasst. Die gesammelten Daten werden systematisch aufgearbeitet, um sie auf eine
umfassende und geordnete Art und Weise schriftlich zu formulieren. Hierdurch wird
ein gemeinsames Zielverständnis aller Beteiligten erreicht. Es entsteht zusätzlich
eine solide Grundlage, um später die ermittelten Lösungsvorschläge beurteilen zu
können. Die Fülle der hier angefallenen Informationen sind in strukturierter Form
abgelegt, wodurch die Komplexität der Anforderungsmenge beherrschbar geworden
ist.
Um erfolgreich und schnell zum Ergebnis zu kommen, müssen außerdem
Zielkonflikte frühzeitig erkannt und aufgezeigt werden. Durch die Anforderungsliste
fällt es leicht, diese zu erkennen. Es liegen jedoch keine Zielkonflikte vor, was den
nächsten Schritt im Vorgehenszyklus „Lösung suchen“ somit problemlos einleitet.
4.1.2 Lösungssuche
Die Lösungssuche beschreibt die Ermittlung von Lösungsvarianten für die
Problemstellung sowie deren Überprüfung hinsichtlich ihrer prinzipiellen Tauglichkeit.
Hierbei kann die Lösungssuche als Zusammenspiel von Synthese und Analyse
verstanden werden. Die Synthese bezeichnet kreatives und methodisches
Vergleichen zur Generierung mehrerer und verschiedenartiger Lösungen. Die
systematische Analyse dient zur Überprüfung von Funktionstüchtigkeit,
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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25
Bedienfreundlichkeit und Integrationsfähigkeit in das Umfeld Fahrzeug. Methoden zur
Untersuchung der Synthese sind u.a. das Brainstorming die systematische Variation
und die Morphologie.
Die Bedienfreundlichkeit muss in soweit realisiert sein, dass das System die VP nicht
beeinflusst, in dem es so wenig wie möglich auffällt. Es sollte auch nur wenige
Bedienschritte geben, die die Versuchsperson durchführen soll, um die Aufzeichnung
zu starten.
Für das Erarbeiten der Lösungen für das definierte Problem wurden neben der
Informationsbeschaffung durch das Internet zahlreiche Expertenbefragungen
durchgeführt, sei es durch persönliche Gespräche, hauptsächlich am Telefon oder
über bestimmte Newsgroup-Foren im Internet3.
Gezielt wurde nach Marktsegmenten gesucht, in denen ähnliche Anforderungen
bestehen. Die hier vorhandenen Lösungen wurden mit einbezogen.
Zusätzlich wurden Experten aus der Überwachungs- und Sicherheitstechnik in
persönlichen Gesprächen nach Möglichkeiten befragt, in einem mobilen
Versuchsaufbau die Bewegungen der Fahrzeuginsassen zu beobachten und
festzuhalten. Auch wurden interne Kontakte bei BMW in entsprechenden Abteilungen
die schon ähnliche Problemstellungen hatten, geknüpft. Experten aus der Fakultät für
Informatik der Technischen Universität München und aus dem Heinrich-Hertz-Institut
in Berlin boten eine Menge von Informationen an. Hilfsbereitschaft unter allen
Befragten war immer vorhanden.
Somit entstanden eine Menge von Lösungsvorschlägen zu den Teilproblemen. Diese
Teillösungen sind folgend, der Übersichtlichkeit wegen, in einem Morphologischen
Kasten aufgetragen. Diese systematische Methode zur Lösungsfindung durch
3 z. B. Biomch-L., einer E-mail Diskussionsgruppe für Biomechanik und Bewegungs -Wissenschaften, in der nach einer per E-mail gestellten Frage Antworten von Experten aus aller Welt zugesandt
werden. Siehe auch Online im WWW unter URL http://isb.ri.ccf.org/biomch-l/ [12.06.03].
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Kombination setzt sich aus den folgenden Elementartätigkeiten zusammen
(vereinfacht):
• Zerlegen einer Gesamtfunktion in Teilfunktionen
• Suchen, sammeln und vervollständigen von Lösungsalternativen für die
Teilfunktionen
• Ordnen, klassifizieren, strukturieren, sortieren der Teillösungen
• Übersichtliche Darstellung und Dokumentation aller Teillösungen während des
Entwicklungsprozesses. (Darstellen, dokumentieren)
• Erweiterung des Lösungsraumes durch Variation bereits ermittelter Lösungen.
(Variieren)
• Gewichtung und Priorisierung der Lösungsalternativen gemessen an
wesentlichen Anforderungen.
• Finden von Gesamtlösungen durch Kombinationen der Teillösung. (Kombinieren)
Die Teilfunktionen zur Erfüllung der Gesamtaufgabe sind folgend dargestellt:
• visuelle Erfassung der Versuchsperson
• Aufzeichnen der visuellen Informationen
• Bewegungsdetektor mit Voralarm
• Synchrone Aufzeichnung von mehreren Videosignalen
• Überführen des Aufgezeichneten auf einen PC (Digitalisierung)
Der Zweck dieser Methode ist :
• Dokumentation und Überblick über das gesamte Lösungsfeld
• Unterstützung zur Funktionsaufteilung
• Unterstützung bei der Suche nach mehreren Teillösungen
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• Erleichterte Nachvollziehbarkeit der Lösungssuche für Außenstehende
4.1.3 Lösungsauswahl durch Morphologischen Kasten
Teilfunktionen Teillösungen
Visuelle
Erfassung der
VP durch
Chipkamera4 Röhrenkamera Infrarotkamera
Aufzeichnen der
visuellen
Informationen
mit
PC durch
Hardware-
MJPEG5-
Komprimierung
mit Piranha I
oder PiranhaII6
PC durch
Hardware-
MJPEG-
Komprimierung
mit Multieye
Langzeitauf-
zeichnungs-
Gerät
Alcatraz,
MJPEG
DV-Rekorder
im DV-Format7
Auf PC durch
Software-
Komprimierung
im DivX Format8
Bewegungs-
detektor
Piranha I+II
beinhaltet
Bewegungs-
detektor durch
mitgelieferte
Software
Multieye
beinhaltet
Bewegungs-
detektor durch
mitgelieferte
Software
Alcatraz
beinhaltet
Bewegungs-
detektor
Lichtschranke,
sehr schwierig
auf
verschiedene
VP einzustellen
Sitzdruckdaten
miteinander
vergleichen
Bewegungs-
detektor mit Voralarm
Piranha I+II
Bewegungs-
detektor mit
4 Der Stand der Technik von Kameras ist unter Kameratechnik auf S. 98 erläutert
5 Näheres zu Videokompression von Bewegtbildern im JPEG-Format finden Sie auf S. 93
6 Näheres dazu finden Sie unter Aufzeichnung der Videodaten durch Piranha II auf S. 32
7 Auf das „Digital Video“ Format wird näher unter DV-Codec auf der S. 97 eingegangen
8Die Videokomprimierung im Div-X Format wird unter Die MPEG Standards ab S.94 erläutert
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Voralarm
Synchrone
Aufzeichnung
von mehreren
Videosignalen
Quadranten-
teiler, macht
aus 4 Video-
signalen ein in
4 aufgeteiltes
Videobild
Piranha I+II
hat Kapazität,
gleichzeitig
mehrere
Videosignale
aufzuzeichnen
Multieye hat
Kapazität,
gleichzeitig
mehrere
Videosignale
aufzuzeichnen
Mit mehreren
Aufzeichnungs-
medien,
externer
Zeitgeber für
alle Medien
Überführen des
Aufgezeichneten
auf einen PC,
für Auswertung
Digitalisierung
des analogen
Videosignals
Videosignale
liegen schon
digital vor
Tabelle 4-3: Morphologischer Kasten
Um in dem Prozess der Lösungsauswahl zum Erfolg zu kommen, werden zunächst
die Teillösungen miteinander kombiniert. Hierbei wird darauf geachtet, dass die
kombinierten Teillösungen miteinander kompatibel sind. Kombinationen, deren
Verbindung Schwierigkeiten bereiten, sind zu vermeiden. Zusätzlich ist auf eine
größtmögliche Einfachheit der Gesamtlösung zu achten.
Jedoch muss der Morphologische Kasten zunächst weiter reduziert werden, um
aussichtsreiche Konzeptalternativen mit geringem Aufwand zu gewinnen. Eine
Methode ist hierbei, die Zurückstellung von weniger geeigneten Teillösungen wie z.B.
die Zeiteinteilung der Röhren- oder Infrarotkameras, aufgrund ihrer ungeeigneten
Baugröße oder alle Teillösungen ohne Voralarm.
Folgend ist der reduzierte Morphologische Kasten dargestellt:
Teilfunktionen Teillösungen
visuelle Erfassung der VP durch Chipkamera mit sehr kleiner Baugröße
Aufzeichnen der visuellen
Informationen
Hardware-MJPEG-Komprimierung durch Piranha I oder Piranha II
Bewegungsdetektor mit Voralarm
Piranha I oder Piranha II
Synchrone Aufzeichnung von
mehreren Videosignalen
Piranha I oder Piranha II
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Überführen des Aufgezeichneten
auf einen PC, für Auswertung
Videosignale liegen schon auf digitaler Weise vor
Tabelle 4-4: Reduzierter Morphologischer Kasten
Sobald eine Lösung ein Kriterium nicht erfüllt, werden die nachfolgenden Kriterien für
diese Lösung nicht mehr betrachtet. Aufgrund des Ausschlusskriteriums „Voralarm“
fallen eine Menge von Teillösungen weg.
Somit ist die Auswahl der Lösung sehr erleichtert. Aufwendige Bewertungsmethoden
wie z.B. die Bewertung nach der Anforderungsliste, Vorteil-/Nachteil-Vergleich,
Chancen-/Risiko-Gegenüberstellung, Paarweiser-Vergleich oder die einfache Punkt-
bewertung müssen nicht mehr durchgeführt werden.
Es bleiben somit zwei Lösungskonzepte übrig:
Die über Chipkameras erfassten visuellen Informationen werden entweder mit dem
System Piranha I oder Piranha II aufgezeichnet. Die Entscheidung für die Auswahl
von Chipkameras ist damit begründet, dass diese eine sehr kompakte Baugröße
haben, und somit den VP kaum auffallen werden. Der Versuchsaufbau wird zudem
durch die Entscheidung für Piranha I oder Piranha II sehr vereinfacht, da somit die
Anzahl der Komponenten auf ein Minimum beschränkt ist:
• Chipkameras
• Aufzeichnungsrechner
• Videokompressionskarte Piranha I oder Piranha II
Durch den Paarweisen Vergleich zwischen Piranha I und Piranha II fiel die
Entscheidung auf Piranha II, da dessen Kapazitäten im Vergleich zu Piranha I um
einiges höher ist. Sie ist in der Lage, bis zu 50 Bilder in der Sekunde in Echtzeit zu
komprimieren und zu speichern. Piranha I ist nur in der Lage, 10 Bilder in der
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Sekunde zu bewältigen. Bei Anschluss von drei Kameras können pro Kamera nur ca.
drei Bilder in der Sekunde komprimiert werden. Sollen noch zusätzlich andere
Kameras angeschlossen werden, ist die Anzahl der Frames pro Sekunde
dementsprechend noch geringer.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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4.2 Versuchsaufbau
Abbildung 4-3: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus
Die von den 3 Kameras erfassten Bildinformationen werden von der Video-
kompressionskarte Piranha II auf der internen Festplatte des Aufzeichnungsrechners
im Kofferraum gespeichert. Gleichzeitig werden über eine anderen Eingang (COM-
Port) des Rechners die Drucksensordaten gespeichert. Die Speicherung mit dem
gleichen Rechner hat den großen Vorteil, dass die Zeitinformationen der Videodaten
und Druckdaten exakt die gleiche ist, da beide den Systemzeitgeber des
Aufzeichnungsrechners verwenden. Deshalb bedarf es keiner zusätzlichen
Videokompressionskarte P II
Aufzeichnungsrechner im
Kofferraum des Fahrzeugs Drucksen-
sormatte COM
Wechselfestplatte
Auswerterechner im Labor
Erfassung der visuellen
Informationen durch 3 Kameras
Aufzeichnung durch Piranha II
Aufzeichnung der Drucksensor-
daten über das COM-Port
Übertragen der Daten auf die
Wechselfestplatte
Übertragen der Daten auf den
Auswerterechner und den
Server
Auswertung
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Synchronisierung der Zeit der Daten. Ist der Versuch beendet, werden die Video-
und Druckdaten auf die Wechselfestplatte übertragen. Diese wird nun in den
Auswerterechner im Labor eingeführt, und alle Daten können direkt auf den Server
oder die Festplatte übertragen werden. Auf dem Auswerterechner im Labor ist die
Software iGuard RemoteView installiert, wodurch alle Werkzeuge von iGuard zur
Auswertung zur Verfügung stehen.
4.3 Aufzeichnung der Videodaten durch Piranha II
Abbildung 4-4: Die Videokompressionskarte Piranha II
4.3.1 Piranha II9
Mit der PC-Einsteckkarte „Piranha II“ (P II) der Firma Imaging Development Systems GmbH (IDS) ist die Aufzeichnung von Videosignalen direkt auf der Festplatte des
PCs ermöglicht. Diese für alle Bereiche der Sicherheitstechnik entwickelte Video-
kompressionskarte eignet sich sehr gut für Komfortuntersuchungen, da sie die
9 Quelle: Broschüre über Piranha/Piranha II der Firma IDS, Imaging Development Systems
GmbH,Obersulm, 2002.
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33
Kapazität hat, bis zu sechzehn S/W- oder Farbkamerasignale gleichzeitig aufzu-
zeichnen. Der Anschluss dieser Kameras geschieht über ein Adapterkabel (Break-
Out-Kabel). Die P II besitz ein speziell für die Überwachungstechnik konzipiertes,
hochwertiges Eingangsteil, dass die Umschaltung der Eingänge mit der maximalen
Geschwindigkeit von 50 Umschaltungen pro Sekunde erlaubt. Das bedeutet, dass
bis zu 50 Bilder in der Sekunde gespeichert werden können. Bei Anschluss von drei
Kameras kann das aktuelle Bild jeder einzelnen Kamera bis zu sechzehn mal pro
Sekunde abwechselnd abgespeichert werden. Somit ist für jedes Kamerasignal
sechzehn Frames pro Sekunde gewährleistet. Diese Anzahl an Bildern pro Sekunde
ist ausreichend, um Bewegungsabläufe als solche zu erkennen.10
Die Bilder werden in einem komprimierten Format, dem Motion-JPEG-Format
gespeichert.11 Die M-JPEG-Kompression und Dekompression wird in Echtzeit
durchgeführt. Die Komprimierung der Videosignale ist hardwareabhängig, das
bedeutet, dass ein MJPEG-Prozessor der Firma Zoran die Komprimierung
durchführt. Die Belastung des Prozessors des Aufzeichnungsrechners liegt somit bei
höchstens 20%. Das spart Systemressourcen und ermöglicht somit die Benutzung
des Rechners für andere Anwendungen, wie z.B. für den Auswertealgorithmus der
Sitzdrucksensormatte (Abbildung 4-15, S. 51).
Es sind Kompressionsfaktoren zwischen 1:4 und 1:100 einstellbar, wobei der Faktor
Kompression mit den Faktoren Bildgröße und Farbtiefe für die Bildqualität und
Dateigröße der abgespeicherten Sequenzen verantwortlich ist. Nach der
Dokumentation der PII ergeben Kompressionsraten bis 1:20 sehr gute Ergebnisse.
Eine für das Auge verlustfreie Kompression wird bei Kompressionsfaktoren kleiner
1:10 erzielt.
10 Näheres zu Eigenschaften des menschlichen „Sehens“ finden Sie unter Psychooptik (S. 88)
11 Näheres zu Videokompression von Bewegtbildern im JPEG-Format finden Sie auf S. 93
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Neben der hohen Anzahl von Videoeingängen besitzt die Videokompressionskarte
zusätzlich zwei analoge Videoausgänge. Diese sind zum Anschluss von
Videomonitoren konzipiert. Dadurch können auch Signale von der Festplatte wieder
zurück auf den Bildschirm geholt werden.
P II hat zwei verschiedene Informations-Overlay Speicherbereiche, um die aufge-
zeichneten Videosignale perfekt zu identifizieren. Zum einen kann ein gemeinsamer
Text für alle Kameras eingeblendet werden, zum anderen ermöglicht sie eine
individuelle Einblendung für jede Kamera. Die Lage und die Größe der
eingeblendeten Texte ist innerhalb des Videobildes frei wählbar. Diese Informationen
sind gemeinsam mit der Zeitinformation, dessen Grundlage die Systemzeit des PCs
ist, fest in die Videodaten integriert.
Für Steueraufgaben mit anderen Geräten wie zum Beispiel Alarmanlagen stehen auf
der Karte jeweils acht digitale Ein- und Ausgänge zur Verfügung. Zum Anschluss von
Alarmmeldern wie zum Beispiel Lichtschranken oder Bewegungsmeldern besitzt die
P II zusätzlich zu den acht digitalen Eingängen noch weitere sechzehn Alarm-
eingänge. Diese Eingänge lösen im PC Interrupts12 aus und melden dadurch
eingegangene Ereignisse.
Durch das mitgelieferte Software Development Kit (SDK) ist die einfache Integration
der Karte mit allen seinen Leistungsmerkmalen in selbst entwickelte Programme
ermöglicht. Die IDS-GmbH stellt hierfür eine Ansammlung von Funktionen zur
Verfügung. Einige Beispiele zur Programmierung und Anwendung dieser Funktionen
sind als ausführbare Programme und im C/C++ Quelltext im Lieferumfang enthalten.
12 Ein Interrupt ist ein Signal, das zum Prozessor gesendet wird und ihm meldet, ein Ereignis zu
behandeln.
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35
Mit der zu der Hardware dazugehörigen Software iGuard steht ein sehr leistungsfähiger digitaler Bildspeicher und Auswertetoll zur Verfügung.
4.3.2 Eigenschaften der Software iGuard13
In diesem Abschnitt wird anlehnend an die Dokumentation ein Überblick über die
Funktionen der Software (SW) iGuard gegeben. Durch die Verknüpfung der SW
iGuard mit der PC-Karte P II entsteht ein digitales Videoaufzeichnungssystem, das
für die Überwachung von Räumen, Gebäuden, Produktionsstätten, sensiblen
öffentlichen Plätzen oder sicherheitsrelevanten Außenanlagen jeglicher Art entwickelt
worden ist. Es können bis zu 16 Kameras gleichzeitig aufgezeichnet werden. Das
System gestattet grundsätzlich zwei unterschiedliche Aufzeichnungsmodi, die auch
miteinander kombiniert werden können.
Die Langzeitaufzeichnung (4.3.2.3, S. 38) ist analog zu dem Betrieb eines herkömmlichen Videorekorders. Es besteht jedoch die Option zur Aufzeichnung „nur
bei Bewegung".
Bei der ereignisgesteuerten Aufzeichnung startet die Aufzeichnung nur bei Eintritt eines vorher definierten Ereignisses (auch Alarm bezeichnet). Bei Bedarf kann die
Vorgeschichte, die zeitlich vor Eintritt des Ereignisses war, mit aufgezeichnet
werden. Dies geschieht durch einen Ringspeicher (4.3.2.4, S. 39)
Das System ist durch die ereignisgesteuerte Aufzeichnung frei konfigurierbar und
erlaubt die Definition unterschiedlichster Alarm-Szenarien in Abhängigkeit von
Datum, Uhrzeit, angeschlossener Peripherie oder Umgebungsbedingungen.
13 Quelle: Broschüre über Piranha/Piranha II der Firma IDS, Imaging Development Systems GmbH,
Obersulm, 2002.
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36
iGuard passt sich somit, sowohl in Bezug auf unterschiedlichen Alarmgeber (wie z.B.
Kameras, Lichtschranken etc.), als auch im Alarmfall zur Steuerung von
verschiedenen externen Geräten (wie z.B. Sirenen, Alarmanlagen, Beleuchtung etc.)
optimal an die vorliegenden Gegebenheiten an. Durch die Definition
unterschiedlicher Alarm-Szenarien besteht zusätzlich die Möglichkeit, die
Videoaufzeichnung konkret auf die jeweiligen Überwachungsaufgaben hin
einzurichten, und dadurch die Leistungsfähigkeit des Systems zu maximieren.
Ferner verfügt iGuard über eine durchdachte Benutzerverwaltung. Durch die
Vergabe von insgesamt 8 unterschiedlichen Benutzerrechten kann jedem Benutzer
individuell nach seinem Aufgabenbereich der Zugang zu bestimmten Funktionen
gewährt, zu anderen wiederum verweigert werden. Dies ermöglicht eine optimale
Anpassung der Rechte zwischen der VP, welche nur das Recht hat, die
Aufzeichnung zu starten oder zu stoppen und der Person, die für die Auswertung
zuständig ist.
Zusätzlich zum Programm iGuard sind im Lieferumfang auch die Programme iGuard
RemoteView und iGuardPlayer enthalten. Mit iGuard RemoteView besteht die
Möglichkeit, per Fernzugriff (über LAN oder ISDN) die Auswertung von
Videoaufzeichnungen vorzunehmen und live aus der Ferne Kamerabilder zu
beobachten. iGuard RemoteView fungiert hierbei als Client, der auf iGuard als Server
zugreift. Beim Betrieb von iGuard mit Wechselfestplatten wird durch iGuard
RemoteView die lokale Revision auf einem externen PC ermöglicht. Hierzu muss
iGuard RemoteView auf dem PC installiert sein. iGuard Player ermöglicht das
Abspielen von Videoaufzeichnungen oder exportierten AVI14-Sequenzen. Die von
iGuard erstellten Bilddateien haben die Endung .IGD und entsprechen dem AVI-
Dateiformat. Die in diesen Dateien gespeicherten Bilder haben die Auflösung
352x288 Pixel bei einer normalen Auflösung und 704x288 Pixel bei hoher Auflösung.
Die Auflösung ist durch den Benutzer zu bestimmen.
14 AVI steht für Audio Video Interleave, es ist ein Audio/Videoformat von WINDOWS.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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37
4.3.2.1 Voraussetzungen
iGuard wurde für den Betrieb unter Microsoft Windows NT 4.0 entwickelt, wobei die
letzte Version 2.2 auch unter Windows XP läuft. Es ist jedoch mindestens ein 1000
MHz-Rechner notwendig. Die Bildschirmauflösung muss bei einer Farbtiefe von
15/16-Bit 1024x768 Pixel oder höher betragen. Die PC-Karte P II ist wie gewohnt in
eines der freien PC-Steckplätze des PCs zu installieren. Die Videodaten werden auf
lokale Festplatten aufgezeichnet, wobei aufgrund der großen Datenmengen
empfohlen wird, mit zwei Festplatten im UDMA-Modus15 zu arbeiten. Eine Festplatte
für das Betriebssystem und eine für die Videodaten, wobei der Einsatz von
Wechselfestplatten unterstützt wird.
4.3.2.2 Alarm-Szenario
Ein Szenario ist nach IDS eine Aufzeichnungsroutine, die durch einen Alarm bzw. ein
Ereignis ausgelöst wird und zusätzlich weitere Sonderfunktionen und Aktionen
enthalten kann. Die Auslösung eines Ereignisses kann durch ein Trigger-Signal an
einem Alarmeingang (Detektor) oder durch eine erkannte Bewegung (Videosensor-
Kamera) innerhalb einer zuvor definierten Maske () eines Kamerabildes erfolgen.
Ein Szenario beschreibt, welche Kameras mit welcher Priorität, Qualität und
Aufnahmerate aufgezeichnet werden. Weiterhin, welche Schaltausgänge und/oder
Sonderfunktionen als Aktion auf eintretende Alarme (wie z.B eine Sirene) aktiviert
werden sollen. Liegt ein Alarm vor, wird nach der zuvor definierten Dauer das
Szenario automatisch beendet und als Alarm im Logbuch (5.5.2.6) registriert. Jeder
Alarm, der die definierte Dauer überschreitet, wird als erneutes Szenario
abgearbeitet und ebenfalls neu registriert. Zur Definition eines Alarm-Szenarios sind
folgende Angaben notwendig:
15 Abkürzung für "Ultra Direct Memory Access", Sie erlaubt hohe Datenübertragungsraten durch
direkte Datenübertragung von Laufwerken oder Peripheriegeräten in den Arbeitsspeicher.
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38
1. Wie heißt das Szenario?
2. Wodurch wurde das Szenario ausgelöst (durch welchen Alarmgeber)?
3. Welche Kameras sollen aufgezeichnet werden?
4. Mit welcher Aufnahmerate soll eine Kamera aufgezeichnet werden
5. Welche Schaltausgänge sollen bei Beginn des Szenarios aktiviert werden?
6. Mit welcher Auflösung sollen die Bilder aufgezeichnet werden?
7. Wie lange soll aufgezeichnet werden bzw. nach welcher Zeit ist das Szenario
beendet (Nachlaufzeit)?
8. Welche Kamera soll am Monitorausgang sichtbar sein?
9. Welche Priorität hat das Szenario?
Nachdem ein Szenario nach einer einstellbaren Nachlaufzeit abgelaufen ist, wird (je
nachdem welcher Aufzeichnungsmodus eingestellt ist) wieder eine neue
Ringaufzeichnung gestartet oder eine Langzeitaufzeichnung fortgesetzt.
4.3.2.3 Langzeitaufzeichnung
Die Langzeitaufzeichnung ist ein Aufzeichnungsmodus, bei dem, wie bei einem
herkömmlichen Videorekorder, so lange Videodaten auf die Festplatte gespeichert
werden, bis diese vollständig beschrieben ist. Danach beginnt das Überschreiben der
jeweils ältesten Bilder. Optional lassen sich Bilder bzw. Videosequenzen auch „nur
bei Bewegung“ aufzeichnen. Dadurch lässt sich viel Platz auf der Festplatte
einsparen, ohne dass wichtige Videodaten bzw. Ereignisse verloren gehen. Durch
Definition von Alarm-Szenarien steht eine ereignisgesteuerte Unterbrechung der
Langzeitaufzeichnung zur Verfügung. Jedoch wird hierbei die Vorgeschichte des
Alarms (Voralarm) nicht aufgezeichnet. Es startet dann das jeweilige Alarm-Szenario,
welches je nach Konfiguration verschiedene Reaktionen auslösen kann. Nach Ablauf
des Alarm-Szenarios wird wieder die Langzeitaufzeichnung an der Stelle fortgeführt,
an der sie unterbrochen wurde.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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39
4.3.2.4 Ringaufzeichnung
Die Ringaufzeichnung ist ein Szenario, das abgearbeitet wird, wenn kein Alarm-
Szenario aktiv ist. Ring bedeutet dabei, dass die Aufzeichnung wie in einer Schleife
erfolgt, d.h. die Videoaufzeichnungen werden im Gegensatz zu einem Alarm-
Szenario ständig von neuem überschrieben (First in/First out Prinzip). Die Größe
eines Ring-Speichers bestimmt bei einer Ringaufzeichnung die Aufnahmedauer.
Nach Ablauf einer definierbaren Dauer werden die ältesten Bilder wieder
überschrieben. Daher sind unabhängig vom Zeitraum, in dem die Ringaufzeichnung
aktiv ist, immer maximal so viele Bilder gespeichert, wie durch die Ring-Größe
festgelegt sind. Soll keine Ringaufzeichnung durchgeführt werden, kann dies durch
Angabe der Dauer 0 bei der Definition der Dauer einer Ringaufzeichnung eingestellt
werden.
Tritt ein Alarm ein, wird die Ringaufzeichnung sofort beendet und das zu dem Alarm
gehörige Alarm-Szenario wird gestartet. Die Bilder der Ringaufzeichnung zeigen
somit immer die Vorgeschichte eines Alarms (Pre-Trigger). Die Ringaufzeichnung
nutzt einen Ringbuffer zur Aufzeichnung der Bilddaten. Für jede Kamera wird dabei
eine Datei angelegt. In jeder Datei werden bei der Ringaufzeichnung maximal 200
Bilder abgelegt. Wird eine Datei mit einem neuen Bild überschrieben, sind die
restlichen 199 alten Bilder nicht mehr lesbar. Bei Langzeitaufzeichnung sind Dateien
mit bis zu 500 Bildern möglich, bei Alarm-Szenarien bis zu 1500 Bilder.
4.3.2.5 Bewegungserkennung (Kamera als Videosensor)
Das letzte Bild einer Kamera wird laufend mit dem aktuellen Bild derselben Kamera
verglichen. Hat sich der Bildinhalt in einer vorher festgelegten Weise verändert,
erkennt iGuard eine Bewegung innerhalb des Bildes. Ob für eine Kamera eine
Bewegungserkennung durchgeführt werden soll, kann hierbei für jede Kamera
einzeln definiert werden. Eine Bewegungserkennung kann dazu verwendet werden,
ein Alarm-Szenario zu aktivieren und/oder nur dann ein Bild der Kamera zu
speichern, wenn sich der Bildinhalt geändert hat. In ersterem Fall wird die Kamera
als Alarmgeber eingesetzt. Letzteres hat zur Folge, dass deutlich weniger
Speicherplatz zur Aufzeichnung der Bilder benötigt wird, da nur solche Bilder
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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40
gespeichert werden, bei denen eine Änderung des Bildinhalts stattgefunden hat.
Parameter zur Bewegungserkennung werden für jede Kamera getrennt festgelegt.
Zudem können Bereiche des Videobildes definiert werden, die bei der
Bewegungserkennung nicht oder ausschließlich beachtet werden sollen. Somit
werden exakt die Bereiche definiert (wie z.B. Arme, Beine und Oberkörper der VP),
die für die Komfortuntersuchungen erhöhte Aufmerksamkeit erfordern.
Abbildung 4-5: Screenshot über die Einstellung der Bewegungserkennung
Folgend ist ein Abschnitt aus dem Benutzerhandbuch über die Einstellmöglichkeiten
der Bewegungserkennung zitiert:
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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41
“Parameter
Abbildung 6 Parametereinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
Im Dialog der „Bewegungserkennung“ definieren Sie in der Gruppe „Parameter“ im
Feld „Empfindlichkeit“ den minimal erforderlichen Grauwertunterschied
(Schwellwert) eines Pixels, der bei der Differenzbildung zweier Halbbilder zur
Deklarierung eines „Bewegungspixels“ führen soll. Erlaubt sind Schwellwerte von
1 bis 30 Grauwertstufen.
Des weiteren definieren Sie im Feld „Objekt-Größe“ den prozentual notwendigen
Anteil an Bewegungspixel bezogen auf das Gesamtbild bzw. die festgelegte
Maske (Bildausschnitt), der zu einer Bewegungserkennung und damit Alarmierung
bzw. Aufzeichnung führen soll. Hierfür sind Werte zwischen 1 und 50 Prozent
möglich.
Maske
Abbildung 7: Maskeneinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
Im Feld „Maske“ wählen Sie aus, ob die oben genannte Auswertung zur
Bewegungserkennung nur innerhalb einer definierten Maske durchgeführt werden
soll, so dass Bildbereiche für die Auswertung „ausgeblendet“ werden sollen oder
ob die Bewegungserkennung über das gesamte Bild durchgeführt werden soll
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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42
Nach dem Aktivieren der Maskenverwendung können Sie sowohl manuell als
auch automatisch Masken erstellen. Die automatische Erstellung von Masken
rufen Sie mit der Schaltfläche „Ermitteln“ auf. Automatische Erstellung bedeutet,
dass in dem Bereich des betreffenden Kamerabildes eine Maske gezeichnet wird,
in der Bewegung stattfindet. Dies geschieht für eine bestimmte Dauer, die Sie
rechts neben der Schaltfläche „Ermitteln“ in Sekunden angeben. Wollten Sie für
eine bestimmte Kamera als Maske beispielsweise genau den sichtbaren Abschnitt
einer Verkehrsstrasse festlegen, so wäre die Maske je dichter, je länger Sie die
Vorgangsdauer definiert hätten, da in einem größeren Zeitraum mehr Fahrzeuge,
sprich mehr bewegte Elemente registriert und somit als Maske angelegt würden.
Bewegung
Das Feld „Bewegung“ dient Ihnen zur Unterstützung bei der Einstellung des
Videosensors. Eine detektierte Bewegung wird optisch durch eine rote LED
angezeigt. Optional kann zu dieser Anzeige noch ein akustisches Signal
zugeschaltet werden. Ein kleines Diagramm zeigt zudem an, wie viele Punkte sich
verändert haben (als prozentualer Anteil der Gesamtpunktzahl des Bildes, bzw.
der Gesamtpunktzahl einer Maske). Sie werden über eine Zeitachse aufgetragen.
Eine waagerechte blaue Linie markiert dabei den Schwellwert der eingestellten
Objektgröße. Diese analoge Darstellung erlaubt eine komfortable Beurteilung der
eingestellten Videosensorik in seiner Wirkungsweise (Bewegung, Objektgröße,
Zeit).
Abbildung 8: Feld Bewegung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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Zeichnen
Abbildung 9: Maskenerstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung
Das Feld „Zeichnen“ dient der Auswahl von Tools zur oben genannten manuellen
Maskenerstellung. Nachdem Sie das Kontrollkästchen „Darstellung“ aktiviert
haben, kann eine Maske manuell mit Hilfe eines Stiftes und der Definition von
verschiedenen Werkzeugen (Freihandlinie, Rechteck, Ellipse oder Polygon)
erstellt werden. Mit der Auswahl des Radiergummis können Sie manuell Bereiche
„ausblenden“.” [Benutzerhandbuch]
4.3.2.6 Logbuch
Alle aus dem laufenden Betrieb relevanten Meldungen, wie z.B. Alarmmeldungen,
Start und Stop von Aufnahmen, Benutzer-Login/Logout, Störungen usw. werden in
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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44
einem Logbuch protokolliert. Die Anzeige erfolgt am rechten Bildschirmrand in einem
eingeblendeten Fenster. Bei der Darstellung des Logbuchs werden die neuesten
Meldungen angezeigt, wobei die neueste Meldung immer am Listenanfang steht. Die
Ausgabe aller Meldungen erfolgt mit Datum und Uhrzeit (hh:mm). Kleine Symbole
vor den Meldungen kennzeichnen den Typ der Meldung (z.B. Alarm, Störung, Info).
Es werden alle Alarme protokolliert. Kann ein Alarm nicht in einem Szenario
behandelt werden, weil ein anderer Alarm mit gleicher oder höherer Priorität bereits
aktiv ist, wird dies im Logbuch ebenfalls festgehalten. Meldungen sind wegen der
Übersichtlichkeit durch kleine Icons in Gruppen eingeteilt. Die Gruppen können über
Filter getrennt dargestellt bzw. ausgeblendet werden.
4.3.2.7 Konfigurationsmodus
Im Konfigurationsmodus wird die Darstellung, Funktionalität und Bedienung der
Anwendung festgelegt.
Abbildung 10 Konfigurations-Fenster von iGuard
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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45
Weiterhin erfolgt hier die Hardware- und Szenariendefinition, durch die der komplette
Ablauf für Aufzeichnungen sowie die Reaktion auf eintreffende Alarme definiert wird.
Darüber hinaus werden im Konfigurationsmodus sämtliche Benutzer für das System
eingerichtet und Rechte bzw. Passwörter für diese Benutzer verwaltet.
In dem Dialogfeld Start/Stop der Anwendung kann festgelegt werden, ob zum Starten
des Programms eine Authentifizierung des Benutzers notwendig ist oder nicht.
Weiterhin kann festgelegt werden, ob iGuard sofort nach dem Start mit der
Aufzeichnung beginnt oder ob die Aufzeichnung der Kamerabilder manuell gestartet
werden muss.
Folgend ist das Dialogfenster Konfiguration der Kameras abgebildet. Hier können je
angeschlossener Kamera Bildparameter wie Helligkeit, Kontrast oder Farbsättigung
eingestellt werden. Auch besteht die Möglichkeit einen Test in das Bild einzublenden,
was Datum und Kameraname beinhalten kann. Das aktuelle Bild der Kamera ist in
der unteren Ecke zu beaobachten was die Einstellungen erheblich erleichtert.
Abbildung 11: Dialogfeld Start/Stop der im Konfigurationsmodus
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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46
Abbildung 12: Dialogfenster Kamera Konfiguration iGuard Konfigurationsmenu
4.3.2.8 Speicherbedarf (Kompression)
iGuard besitzt die Möglichkeit, den Speicherbedarf zweier unterschiedlicher
Auflösungen einzustellen, wobei natürlich jede Kamera zu einem Zeitpunkt nur in
einer Auflösung aufgezeichnet werden kann. Im Feld Speicherbedarf (Kompression)
erfolgt die Einstellung des Speicherbedarfs für jede Auflösung in KByte/Bild. Der
Wertebereich liegt zwischen 10 und 40 KByte/Bild für normale Auflösung bzw.
zwischen 20 und 80 KByte/Bild für hohe Auflösung. Die Größe der Datenkom-
pression ist gleichzeitig auch ein Maß für die Bildqualität. Je stärker komprimiert wird
(kleine Zahl), desto geringer wird die Bildqualität.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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47
Abbildung 13: Konfiguration des Speicherbedarf und der Szenarien
Bei normaler Bildauflösung speichert iGuard ein Kamerabild mit einer Auflösung von
352x288 Bildpunkten ab, bei hoher Bildauflösung mit einer Auflösung von 704x288
Bildpunkten. Die Festlegung des Speicherbedarfs pro Bild bedarf einer genauen
Überlegung, da die beiden wichtigsten Kriterien, Auflösung der Bilder und
vorhandene Kapazität der Festplatte, optimiert werden sollten. Wann welche Kamera
mit welcher Auflösung aufgenommen wird, hängt von der Einstellung im jeweiligen
Szenario ab. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit, für jede Kamera getrennt die
Bildparameter, wie Bildhelligkeit, Bildkontrast und Farbsättigung des Bildes
einzustellen.
VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU
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4.3.2.9 Auswertung von Videoaufzeichnungen
Mit der Option Wiedergabe findet die Auswertung von Videoaufzeichnungen statt.
Sie baut auf einer extrem leistungsfähigen Datenbank auf und erlaubt ein schnelles
und komfortables Wiederfinden eingetroffener Alarme bzw. aufgezeichneter
Ereignisse. Eine Wiedergabe ist sowohl in der Applikation iGuard als auch per
Fernzugriff unter Verwendung des Programms iGuard RemoteView möglich.
Optional dazu können mit iGuard RemoteView auch Datenbanken ausgewertet
werden, ohne dass eine direkte Verbindung zum iGuard System vorhanden ist.
Hierfür müssen die beiden Datenbanken, Record- und Message-Datenbank, zur
Verfügung stehen. Dies ermöglicht den Betrieb von iGuard mit Wechselfestplatten,
welche mit iGuard RemoteView dann lokal ausgewertet werden können.
Über die Wiedergabe können Sie auf unterschiedliche Weise aufgezeichnete
Videosequenzen bzw. einzelne Bilder suchen. Die Suche kann entweder über das
Feld Logbuch oder über eine sogenannte Timeline-Darstellung erfolgen.
Die Timeline-Darstellung ist eine grafische Darstellung der aufgezeichneten Bilder
pro Kamera über einer Zeitachse. Für jede Kamera wird eine Zeile (Spur) dargestellt.
Wird mit der rechten Maustaste in die Timeline geklickt, öffnet sich ein Rechteck,
dessen Größe bei gedrückter rechter Maustaste mit der Maus geändert werden
kann. Durch dieses Rechteck lässt sich ein Zeit-Bereich markieren. Bei Loslassen
der rechten Maustaste wird ein Kontext-Menü angezeigt, mit dessen Hilfe der
Anwender bestimmen kann, welche Funktion auf den markierten Bereich
angewendet werden soll. Es stehen für einen bereits markierten Bereich drei
Funktionen zur Auswahl:
1. Ausschnitt vergrößern
2. Ausschnitt als AVI-Sequenz exportieren (bezogen auf die selektierte Kamera)
3. Aufzeichnungen löschen
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Durch den Export von zusammenhängenden Videosequenzen als AVI-File besteht
die Möglichkeit, Filmsequenzen sowohl mit dem im Lieferumfang enthaltenen
Programm iGuard Player als auch mit Standard Multimedia-Playern (z.B. Windows
Media Player) wiederzugeben.
4.4 Sitzdrucksensormatte und Auswertalgorithmus
Ein zentraler Bestandteil der durchzuführenden Komfortuntersuchungen ist die
Sitzdrucksensormatte. Durch sie werden die von der VP auf den Sitz übertragenen
Drücke analog erfasst. Diese Druckdaten können nach einer Auswertung für die
Definition der Sitzposition der jeweiligen VP herangezogen werden. Durch die
zusätzliche Analyse des über das Videoaufzeichnungssystem erfassten Bildmaterials
können für die Definition der Sitzposition relevanten Faktoren ermittelt werden. Von
besonderem Interesse sind Strategien einzelner VP, die sie beim Sitzen zum
Druckausgleich gebildet haben. Die Frage, ob übergeordnete Strategien bei allen VP
sich herauskristallisieren, kann durch die parallele Auswertung der Drucksensor- und
Videodaten beantwortet werden. Doch das wichtigste für die Sitzkomfortunter-
suchungen sind lokale Druckspitzen, die von der VP auf den Sitz ausübt wird. Wie
hoch sind diese und sind sie über die Zeit hinweg immer an der gleichen Stelle oder
verschieben sie sich? Welche Bewegungen führt die VP durch, um diese Druck-
spitzen auszugleichen? All diese Fragen und auch die Frage, ob die lokalen
Druckspitzen aller VP über die Zeit hinweg miteinander korrelieren, können durch
diesen dynamischen Versuchsaufbau beantwortet werden.
Das System, bestehend aus einer Sensormatte und einem Auswertealgorithmus
wurde von der Firma International Electronics & Engineering (IEE) an die BMW
Group geliefert. Mit Ihrer Hilfe wird und wurden bestehende Insassenerkennungs-
Systeme in ihrem Funktionsspektrum erweitert. Die Matte ist direkt auf den
Schaumstoff des Sitzkissens aufgeklebt (Abbildung 4-14, S. 50). Somit verteilen sich
die 96 Drucksensoren auf der Sitzfläche und auf den Sitzwangen, und erlauben eine
vollständige Erfassung der Druckzustände auf dem Sitz.
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Abbildung 4-14: Sitzdrucksensormatte
Die Druckdaten werden mittels eines A/D-Wandlers in eine digitale Form
umgewandelt und über einen Eingang (COM-Port) des Aufzeichnungsrechners auf
die Festplatte weitergeleitet. Die Speicherung und Verwaltung der Druckdaten wird
von dem Auswertealgorithmus erledigt. Dieser Algorithmus wurde speziell für das
Insassenerkennungssystem entwickelt. Es ist in der Lage den Unterschied zwischen
einer 5 Perzentil Frau und einem sechsjährigem in einem Kindersitz zu erkennen.
Zusätzlich ist auf der Benützeroberfläche des Algorithmus eine Grafik von der
Anordnung der Sensoren dargestellt, in der der Abdruck der jeweiligen Belegung im
Sitzkissen mit Angabe des Druckes abgelesen werden kann (Abbildung 4-15,
nächste Seite).
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Abbildung 4-15: Benützeroberfläche des Auswertealgorithmus
Im unteren Bereich befinden sich zwei Fenster, die der Auswertung der gesammelten
Daten dienen. Des weiteren lassen sich Gewicht und Sitzposition der jeweiligen
Datensätze unter „POS“ und „Eccu“ hinzufügen.
Alle Drucksensoren können mit mindestens einem Zeitintervall von 300 ms
abgelesen werden. Somit beschränkt sich die maximale Datenrate auf 320 (96 x 3,3)
in der Sekunde. Dies entspricht einer minimalen Belastung der Rechnerressourcen,
was für die Videokompressionskarte Piranha II von großem Vorteil ist.
Die für die Insassenerkennung entwickelten Eigenschaften des Algorithmus können
bei der Auswertung der Druckdaten im Rahmen der Sitzkomfortuntersuchungen
Gebrauch finden. Somit steht durch dieses Sitzdruckerfassungssystem ein schon
getestetes und stabil laufendes Werkzeug zur Verfügung.
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4.5 Installation des Aufzeichnungsrechners
Abbildung 4-16: Versuchsaufbau im Kofferraum des Versuchsfahrzeugs
Der Computer für die Aufzeichnung der Video- und Sitzdruckdaten befindet sich im
Kofferraum des Versuchsfahrzeugs. Alle Komponenten wurden auf eine
Befestigungsplatte aus Holz angebracht, damit ein schnelles Ab- und Aufbauen des
Versuchsaufbaus erreicht werden kann, soweit es notwendig sein sollte.
Befestigungsplatte
Aufzeichnungsrechner
Wechselfestplatte
Spannungswandler 12V>230 V
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Bei dem Rechner handelt es sich um einen Intel Pentium 4, 1,7 GHz von dem
Hersteller Hewlett Packard mit einem Arbeitsspeicher von 256 MB. Es wird das
Betriebssystem Windows XP benützt. Zusätzlich ist eine Wechselfestplatte
eingebaut, um die entstandenen Daten mit einem geringem Aufwand auf einen
Analyserechner oder auf einen Server zu übertragen.
Der 17" TFT-Monitor ist auf Grund seiner flachen Baugröße ideal für den Einsatz im
Kofferraum geeignet. Der Rechner ist auf einem speziell dafür angefertigtem
Schaumstoff gelagert, damit die Festplatten eventuelle Stöße und Vibrationen ohne
Schaden überstehen. Starke Bänder, welche ihn mit der Holzplatte befestigen,
schützen vor starken Beschleunigungen auf horizontaler Ebene. Die
Funktionstüchtigkeit, auch bei stärkeren Stößen, wurde ausgiebig auf der
Teststrecke von der BMW AG in Aschheim sichergestellt.
Um jedoch die Komponenten im Fahrzeug betreiben zu können, bedarf es einen
Spannungswandler, der die 12-Volt-Spannung des Fahrzeugnetzes auf 220 Volt
wandelt. Dieser wurde zusätzlich konfiguriert, um eventuelle Ausfälle auf Grund von
erhöhten Temperaturen zu vermeiden. Hierfür wurde der Thermoschalter, welcher
bei einer zu hohen Betriebstemperatur des Spannungswandlers diesen automatisch
ausschaltet, ausgebaut. Hierdurch ist der zuverlässige Ablauf der Versuche auf jeden
Fall gewährleistet, solange der Spannungswandler funktionstüchtig bleibt.
4.6 Installation und Positionierung der Kamera
Abbildung 4-17: Kameratyp 1 und 2
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Das Ziel war es, die Chipkameras so unauffällig wie nur möglich zu positionieren. Es
war jedoch keine leichte Aufgabe, da die zahlreichen Airbags in ihrem Wirkfeld nicht
eingeschränkt werden durften. Befände sich eine Kamera auf einem Airbag, würde
beim Auslösen des Airbags die Kameras eine Lebensbedrohung für die Insassen
darstellen.
Um die VP so wenig wie nur möglich zu beeinflussen, wurden zwei der drei
Chipkameras mit dem selben Stoff des Dachhimmel überspannt, um somit noch
weniger aufzufallen. Bei diesen zwei Kameras handelt es sich um Farbkameras mit
einem ¼ Zoll CCD-Aufnahmesensor. Diese haben einen integriertes Festobjektiv der
Grösse 3,6 mm, was einem horizontalen Blickwinkel von 54 Grad entspricht und 2,9
mm, was 70 Grad entspricht.
Kamera 1 befindet sich über dem Beifahrer und ist am Rahmen des Schiebedachs
mit einer Schraubenverbindung befestigt, wie es in der zu sehen ist
Abbildung 4-18: Position der Kamera 1 und seine Installation am Schiebedachrahmen
Kamera 1 erfasst vollständig die rechte Seite des Fahrers.
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Abbildung 4-19:Position der Kamera 2
Kamera 2 befindet sich spiegelverkehrt zur Kamera 1 über dem Kopf des Fahrers.
Sie erfasst vollständig die linke Seite des Beifahrers. Die Versuche werden
gemeinsam mit einer anderen Abteilung, welche das Versuchsfahrzeug und die
Drucksensormatte zur Verfügung stellt, durchgeführt. Diese Abteilung ist im Rahmen
der Entwicklung von einem Sitzerkennungssystem an den Körperbewegungen des
Beifahrers interessiert.
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Abbildung 4-20: Kamera 3
Abbildung 4-21: Position der Kamera 3
Kamera 3 erfasst den Hüft- und Beinbereich des Fahrers. Es handelt sich hierbei
auch um eine Chipkamera mit einem ¼ Zoll Aufnahmesensor. Ihre Abmessungen
sind 31mmx31mmx16,5 mm. Ihre Position ist direkt über dem Rückspiegel. Sie ist
sehr unauffällig in den Himmel des Versuchfahrzeugs eingebaut (Abbildung 4-21, S.
56). Nur ein Loch verrät ihre Position. Insgesamt stehen drei Objektive mit
unterschiedlichen horizontalen Blickwinkeln zur Verfügung. Diese können bei Bedarf
ausgewechselt werden. Es wurde ein anderer Typ von Chipkamera verwendet, da
dessen Form an dieser Position besser geeignet ist.
Kamera 3
VERSUCHSDURCHFÜHRUNG
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5 Versuchsdurchführung
Wie ist der Tatsächliche Versuch durchgeführt worden.
Was kam dabei raus?
Was für Wissen (Vp und allgemein) brauche ich um die Arbeit durchzuführen?
(Was kann man mit dem System anfangen?>hab ich schon unter Piranha 4.3.!!)
Was wurde mit dem System angefangen?
Brauche Screenshots der Auswertung:
-Alarme und Szenarein
-Timeline-Übersichten
Alle Grafiken Be-Rahmen
Welche Einstellungen wurden getroffen bei der Kon