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Technische Universität München Institut für Ergonomie Yasin Akgün Konzipierung und Umsetzung eines Videoerfassungssystems in einer realen Fahrzeugumgebung zur Durchführung von Komfortuntersuchungen

Konzipierung und Umsetzung eines Videoerfassungssystems in ... 1 Yasin Akgün-Ergonomie B… · Hierbei wird der Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel als Problemlösungs-Methode angewandt

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  • Technische Universität München

    Institut für Ergonomie

    Yasin Akgün

    Konzipierung und Umsetzung eines Videoerfassungssystems in einer realen

    Fahrzeugumgebung zur Durchführung von Komfortuntersuchungen

  • Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    2

    Geheimhaltungsvermerke: Es gelten die allgemeinen Geheimhaltungsbedingungen der Technischen Universität München und der BMW Group Lehrstuhl für Ergonomie Technische Universität München Boltzmannstraße 15 D - 85747 Garching in Zusammenarbeit mit: BMW AG Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) Knorrstraße 147 80937 München Abteilung ED-6 Verfasser: Yasin Akgün

  • Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    3

    Erklärung

    Ich versichere, dass ich diese Semesterarbeit ohne fremde Hilfe selbstständig

    verfasst und nur die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Wörtlich

    oder dem Sinn nach aus anderen Werken entnommene Stellen sind unter Angabe

    der Quelle kenntlich gemacht.

    München, den 18.1.2008

    Ort, Datum Unterschrift

  • Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    4

    Danksagung

    Diese Semesterarbeit entstand in freundlicher Zusammenarbeit mit der BMW AG, die

    mir für die Erarbeitung alle notwendigen Unterlagen und Hilfsmittel zur Verfügung

    stellte.

    Eine Semesterarbeit lässt sich natürlich nicht ohne Betreuung und Unterstützung

    bewältigen. Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mir bei

    der Realisierung geholfen haben.

    Besonders danke ich meiner Betreuerin Frau MSc. Sonja Hermann und meinem

    Betreuer Herrn Dipl.-Ing. Thomas Seitz, die über die gesamte Zeit hinweg immer ein

    offenes Ohr für meine Probleme hatten.

    Für seine Hilfe, insbesondere beim Versuchsaufbau, danke ich ebenso Kfz-Meister

    Benjamin Jörke.

    Herrn Prof. Dr. rer. nat. Heiner Bubb und Herrn Dr. Ernst Assmann danke ich für ihre

    Unterstützung bei meiner Themenwahl und für die Offenheit, die sie meinen Ideen

    und Vorschlägen entgegen brachten. Ganz besonders Herrn Prof. Lindemann, der

    während des Studiums ein sehr guter Berater war.

    Besonderer Dank gilt meiner Familie einschließlich meiner Freundin, die durch ihre

    Unterstützung diese Arbeit erst ermöglichten.

  • Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

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    Konstruktive Semesterarbeit

    Verfasser: Yasin Akgün

    Matrikel-Nr. : 1982081

    Studienrichtung: Systematische Produktentwicklung und Informationstechnik

    Betreuer: Prof. Dr. rer. nat. Heiner Bubb, Dipl.-Ing. Thomas Seitz

    Industrielle

    Betreuerin:

    MSc. Sonja Hermann

    Ausgabe am:

    Abgabe am:

  • Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    6

    Zusammenfassung

    Um die Fahrerplatzgestaltung komfortgerecht zu gestalten ist es wichtig, die direkte

    Arbeitsumgebung des Menschen, insbesondere den Sitz, soweit wie möglich nach

    ergonomischen Gesichtspunkten zu gestalten. Da der Mensch seiner Konstruktion

    nach als stehendes Wesen konzipiert ist, stellt die sitzende Körperhaltung die

    problematischste Haltungsform des Menschen dar. Gesundes Sitzen und bequemes

    Sitzen stehen, bezogen auf die Wirbelsäule, im Widerspruch zueinander. Es ist

    Aufgabe des Fahrzeugsitzes, dafür zu sorgen, dass die Wirbelsäule einerseits ihre

    natürliche Form beibehält, andererseits durch genügend große Abstützflächen die

    Rückenmuskulatur soweit entlastet wird, dass der Eindruck von Komfort entsteht.

    [Greiff]

    Die hier vorliegende Arbeit handelt von der Entwicklung und vom Aufbau eines

    Versuchs in einem realen Fahrzeug, um Komfortuntersuchungen am Fahrzeugsitz

    durchzuführen. Dazu werden drei Chipkameras kleiner Größe im Fahrzeug installiert,

    um die relevanten Körperteile für die Komfortuntersuchungen zu erfassen. Diese

    Kamerasignale werden durch eine spezielle Videokompressionskarte namens

    „Piranha II“ komprimiert und auf die Festplatte eines Computers, der im Kofferraum

    des Versuchsfahrzeug installiert ist, geschrieben. Eines der Besonderheiten dieser

    PC-Karte ist die dazugehörige Software „iGuard“, welche einen Bewegungsmelder

    beinhaltet. Dieser ermöglicht eine Aufzeichnung bei einer zuvor erkannten

    Bewegung. Zusätzlich besteht die Option, die Vorgeschichte dieser Bewegung mit

    aufzuzeichnen, was unentbehrlich für die Versuchsauswertung ist. Dies geschieht

    durch einen Voralarm, eines der herausragenden Merkmale der Software „iGuard“,

    Zusätzlich beinhaltet sie andere Werkzeuge, um die Videoaufzeichnungen

    auszuwerten.

    Zunächst wird ein Überblick über die unterschiedlichen Komforttheorien gegeben.

  • Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    7

    In der Erforschung des Stands der Technik im Bereich der Videoaufzeichnung und

    der Datenreduktion wird neben den Vorteilen der digitalen Medientechnik detailliert

    ein Überblick auf die einzelnen Bilddatenreduktionsverfahren (JPEG, MGEG-

    Standards) gegeben.

    Folgend wird in der Versuchsplanung der Versuchsaufbau festgelegt.

    Hierbei wird der Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel als Problemlösungs-Methode

    angewandt. Danach wird das vorliegende Problem zunächst geklärt, unterschiedliche

    Lösungen gesucht und die beste Lösung ausgewählt. Nach der Lösungsauswahl

    wird auf die Eigenschaften der Videokompressionskarte Piranha II und der

    zugehörigen Software iGuard eingegangen.

    Abschließend wird der Versuchsaufbau im realen Fahrzeug mit den

    unterschiedlichen Komponenten (Chipkameras, Piranha II-Videokompressionskarte)

    durch Abbildungen und Erklärungen erläutert.

  • Inhaltsverzeichnis

    Erklärung .................................................................................................................... 3

    Danksagung ............................................................................................................... 4

    Zusammenfassung ..................................................................................................... 6

    Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................... 8

    Abbildungsverzeichnis.............................................................................................. 11

    Tabellenverzeichnis.................................................................................................. 12

    1 Einleitung........................................................................................................... 13

    2 Aufgabenstellung............................................................................................... 15

    3 Handlungsbedarf ............................................................................................... 16

    4 Versuchsplanung und Aufbau ........................................................................... 20

    4.1 Vorgehensweise bei der Versuchsplanung.......................................................................................... 20 4.1.1 Anforderungsliste............................................................................................................................... 23 4.1.2 Lösungssuche..................................................................................................................................... 24 4.1.3 Lösungsauswahl durch Morphologischen Kasten............................................................................. 27

    4.2 Versuchsaufbau..................................................................................................................................... 31

    4.3 Aufzeichnung der Videodaten durch Piranha II................................................................................ 32 4.3.1 Piranha II............................................................................................................................................ 32 4.3.2 Eigenschaften der Software iGuard ................................................................................................... 35

    4.3.2.1 Voraussetzungen ...................................................................................................................... 37 4.3.2.2 Alarm-Szenario ........................................................................................................................ 37 4.3.2.3 Langzeitaufzeichnung............................................................................................................... 38 4.3.2.4 Ringaufzeichnung..................................................................................................................... 39 4.3.2.5 Bewegungserkennung (Kamera als Videosensor) .................................................................... 39

  • INHALTSVERZEICHNIS

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    9

    4.3.2.6 Logbuch.................................................................................................................................... 43 4.3.2.7 Konfigurationsmodus ............................................................................................................... 44 4.3.2.8 Speicherbedarf (Kompression) ................................................................................................. 46 4.3.2.9 Auswertung von Videoaufzeichnungen.................................................................................... 48

    4.4 Sitzdrucksensormatte und Auswertalgorithmus................................................................................ 49

    4.5 Installation des Aufzeichnungsrechners ............................................................................................. 52

    4.6 Installation und Positionierung der Kamera...................................................................................... 53

    5 Versuchsdurchführung ...................................................................................... 57

    5.1 Konfiguration von iGuard an die Anforderungen des Versuchs...................................................... 57

    6 Ausblick ............................................................................................................. 60

    7 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 62

    8 Anhang: ............................................................................................................. 66

    8.1 Komfort ................................................................................................................................................. 66 8.1.1 Belastungs-Beanspruchungs-Konzept................................................................................................ 66 8.1.2 Komforttheorien................................................................................................................................. 68

    8.2 Multimedia ............................................................................................................................................ 76

    8.3 Vorteile der digitalen Medientechnik.................................................................................................. 77

    8.4 Bilddatenreduktionsverfahren ............................................................................................................ 81 8.4.1 Differenzcodierung ............................................................................................................................ 83 8.4.2 Transformationscodierung ................................................................................................................. 84

    8.4.2.1 Abtastung ................................................................................................................................. 85 8.4.2.2 Redundanzreduktion und Irrelevanzreduktion.......................................................................... 86 8.4.2.3 Psychooptik .............................................................................................................................. 88

    8.4.3 Angewandte Kompressionsverfahren ................................................................................................ 89 8.4.3.1 Datenreduktion bei Standbild nach JPEG................................................................................. 89 8.4.3.2 Datenreduktion bei Bewegtbildern ........................................................................................... 93

    8.5 Kameratechnik...................................................................................................................................... 98

  • INHALTSVERZEICHNIS

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    10

    8.6 Videoproduktion ................................................................................................................................... 99 8.6.1 Elektronisches Schneiden: Assemble und Insert................................................................................ 99 8.6.2 Videobearbeitungstools.................................................................................................................... 101

    8.7 Wichtige Internetadressen von Softwaretools für Bewegungsanalysen......................................... 101

  • ABBILDUNGSVERZEICHNIS

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    11

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 3-1: Belastungs-Beanspruchungsmodell nach Laurig (1982) .................. 66

    Abbildung 3-2: Kognitionspsychologisches Komfortmodell nach Krist...................... 68

    Abbildung 3-3: Bedürfnishierarchie (links) nach Maslow (1978) im Vergleich zur

    Komforthierarchie (rechts) nach Bubb (1997).................................................... 71

    Abbildung 4-1: Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel, Quelle: [Ehrlenspiel] ................. 20

    Abbildung 4-2: Modellbildung des Problems............................................................. 22

    Abbildung 4-3: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus............................. 31

    Abbildung 4-4: Die Videokompressionskarte Piranha II............................................ 32

    Abbildung 4-5: Screenshot über die Einstellung der Bewegungserkennung ............ 40

    Abbildung 9 Parametereinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

    .......................................................................................................................... 41

    Abbildung 10: Maskeneinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

    .......................................................................................................................... 41

    Abbildung 12: Maskenerstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

    .......................................................................................................................... 43

    Abbildung 13 Konfigurations-Fenster von iGuard ..................................................... 44

    Abbildung 15: Dialogfenster Kamera Konfiguration iGuard Konfigurationsmenu...... 46

    Abbildung 16: Konfiguration des Speicherbedarf und der Szenarien ....................... 47

    Abbildung 4-14: Sitzdrucksensormatte ..................................................................... 50

    Abbildung 4-15: Benützeroberfläche des Auswertealgorithmus ............................... 51

    Abbildung 4-16: Versuchsaufbau im Kofferraum des Versuchsfahrzeugs................ 52

    Abbildung 4-17: Kameratyp 1 und 2 ......................................................................... 53

    Abbildung 4-18: Position der Kamera 1 und seine Installation am

    Schiebedachrahmen.......................................................................................... 54

    Abbildung 4-19:Position der Kamera 2 ..................................................................... 55

  • TABELLENVERZEICHNIS

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    12

    Abbildung 4-20: Kamera 3........................................................................................ 56

    Abbildung 4-21: Position der Kamera 3 .................................................................... 56

    Abbildung 9-1: Formen von Signaltransport und Speicher nach Bienert .................. 77

    Abbildung 9-2: Prinzip der Transformationscodierung, Quelle: [Ricken]................... 84

    Abbildung 9-3: Rebundanz und Irrevelanz, Quelle [Bienert] ..................................... 86

    Abbildung 9-4: Kompressionsverfahren nach JPEG, Quelle [Ricken] ...................... 91

    Abbildung 9-5: VHS bzw. S-VHS-Standardkassette im Vergleich zur DV- und Mini-

    DV-Kassette ...................................................................................................... 98

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 3-1: Rangreihenfolge von Sitzeigenschaften und Funktionen nach Krist

    (1995) ................................................................................................................ 70

    Tabelle 3-2: Rangreihe von Synonyma und beschreibende Adjektiva für den Komfort

    nach Krist (1995) ............................................................................................... 70

    Tabelle 3: Elementartätigkeiten bei Methoden.......................................................... 21

    Tabelle 4-4: Anforderungsliste an den Versuchsaufbau ........................................... 24

    Tabelle 4-5: Morphologischer Kasten ....................................................................... 28

    Tabelle 4-6: Reduzierter Morphologischer Kasten.................................................... 29

    Tabelle 8-1: Abtastverhältnisse der jeweiligen Videoformate ................................... 85

  • EINLEITUNG

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    13

    1 Einleitung

    Ein Schlagwort, das in den letzten Jahrzehnten immer mehr in aller Munde kam, ist

    „Ergonomie“. Es ist eine oft gebrauchte Vokabel, deren eigentliche Bedeutung nur

    wenigen bekannt ist, geschweige denn die Gebiete, in die Ergonomie involviert ist.

    Ergonomie ist eine Wortschöpfung des Engländers Murrel aus dem Altgriechischen

    „ergon = Arbeit“ und „nomos = Regel“. Sie entstand, als er 1949 die englische

    „Ergonomics Research Society“ mitbegründete. Sie setzte sich zum Ziel, die

    Wechselwirkungen zwischen Mensch und Maschine, Mensch und Arbeit und Mensch

    und Umwelt wissenschaftlich zu beschreiben.

    Die Idee selbst, die Effizienz von Mensch und Maschine zu steigern, ist nicht neu.

    Schon im Altertum beschäftigte man sich mit der maximalen Leistungsfähigkeit des

    Menschen, freilich ohne dabei auf etwaige Langzeitfolgen, auf seine Gesundheit oder

    gar sein Wohlbefinden zu achten. Der Mensch war ersetzbar. Erbrachte er nicht

    mehr die gewünschte Leistung, wurde er einfach ausgetauscht. Dieser Grundsatz

    galt weit bis ins industrielle Zeitalter hinein, eine Verbesserung der Maschinen war

    bei weitem wichtiger als eine gute Arbeitsplatzgestaltung. Erst als die Maschinen den

    Menschen zu überfordern, sie so kompliziert wurden, dass der Mensch der

    ausschlaggebende Faktor für die Leistung des Systems war, begann man, den

    Stellenwert des Menschen zu überdenken. Man kam zu dem Schluss, dass er nur

    dann auf Dauer maximale Leistung erbringen kann, wenn auch auf seine Bedürfnisse

    geachtet wird, sprich die Maschinen und die Umgebung so gestaltet sind, dass sie

    sein Wohlbefinden fördern und ihm so seine optimale Leistungsfähigkeit

    ermöglichen. Das grundlegend Neue an der Ergonomie ist also, dass sie den

    Menschen ins Zentrum der Betrachtung rückt.

    Auf dem Sektor „Konstruktion und Entwicklung“ liefert die Ergonomie Empfehlungen

    und Gestaltungstipps für die bestmögliche Anpassung der Maschine an den

    Menschen. Sie optimiert die Schnittstelle zwischen beiden und schafft so die

    Voraussetzung für die maximale Leistung des Mensch-Maschine-Systems. Ehemals

  • EINLEITUNG

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    14

    wurden im Automobilbau Anzeigen und Bedienelemente einfach dort angeordnet, wo

    man den meisten Platz zur Verfügung hatte, oder es technisch am einfachsten zu

    lösen war. Man schuf gerade noch die Möglichkeit zum Sitzen, oft nur eine dünn

    aufgepolsterte Holzbank, ohne Berücksichtigung anatomischer Aspekte des

    Menschen. Entsprechend gering fiel der Fahrkomfort aus. Heute wäre eine

    ergonomische Gestaltung des Fahrzeuginnenraums nicht mehr wegzudenken. Ob

    Anzeigen, Bedienelemente oder Fahrzeugsitze, alles nimmt Bezug auf den

    Menschen. [Rohmert]

  • AUFGABENSTELLUNG

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    15

    2 Aufgabenstellung

    Ziel dieser Arbeit ist es, einen Versuch aufzubauen, wodurch das Sitzverhalten von

    Versuchspersonen durch Kameras erfasst wird, um Einflussfaktoren auf den

    Sitzkomfort in statischer und dynamischer Hinsicht zu identifizieren. Es ist von

    besonderem Interesse, die Versuchspersonen so wenig wie nur irgend möglich zu

    beeinflussen und sie in einer realen Umgebung zu untersuchen. Aus diesem Grund

    finden die Versuche in einem realen Fahrzeug statt, in dem die Versuchspersonen

    über einen längeren Zeitraum während der Fahrt visuell erfasst werden. Ferner wird

    untersucht, ob eine Korrelation des Sitzverhaltens mit den Druckverteilungen auf

    dem Fahrzeugsitz besteht.

  • HANDLUNGSBEDARF

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    16

    3 Handlungsbedarf

    Da der Trend zu immer kleineren und flacheren Automobilen hingeht, ist das

    Platzangebot im Kraftfahrzeug in zunehmendem Maße beschränkt. Der Fahrer ist

    gezwungen, eine flachere Sitzhaltung einzunehmen. Genau dies entspricht aber

    nicht dem Gesundheitsoptimum der Bandscheiben, denn eine gleichmäßige

    Belastung der Bandscheiben entsteht nur bei einer hohen und aufrechten Sitz-

    position. Es wurden bereits Komfortuntersuchungen bei Bürostühlen durchgeführt.

    Hier ist genug Platz vorhanden, um z.B. die Beine oder den Oberkörper

    auszustrecken. Im Fahrzeug jedoch ist der Fahrer in seinen Bewegungen sehr

    eingeschränkt und kann keine ausgleichenden Bewegungen durchführen. 1969

    beobachtete Branton, dass Versuchspersonen während des Sitzens ihre Haltung

    kontinuierlich verändern. Wenn sich die VP bewegen, muss mehr als nur eine

    komfortable Haltung existieren. Nach der Stiftung Warentest (1996) muss man seine

    Sitzhaltung so oft wie nur möglich verändern, um sich eine gesunde und komfortable

    Sitzgewohnheit anzueignen. Dynamisches Sitzen beugt einseitigen Belastungen der

    Wirbelsäule vor. Die Durchblutung der Muskulatur und der Bandscheiben wird

    hierdurch verbessert.

    Nach einer Recaro Firmenschrift halten Mediziner das Sitzen im Auto für die

    schlimmste Form des Sitzens überhaupt, da gerade im Auto die Wirbelsäule und ihre

    Muskulatur besonders stark beansprucht werden. Es fehlen ausgleichende Bewe-

    gungsmöglichkeiten, es werden falsche Sitzhaltungen eingenommen und der Mangel

    an Anpassungsmöglichkeiten von Autositzen ermöglicht in den seltensten Fällen eine

    medizinisch wünschenswerte Sitzhaltung. Deshalb sollte der Fahrzeugsitz so gut wie

    möglich an die individuellen Bedürfnisse des Fahrers angepasst werden. Die

    Sitzverstellungen werden immer komplexer. Sie beinhalten eine Vielzahl von

    Funktionen, beziehen sich jedoch ausschließlich auf statische Komfortparameter, wie

    z.B. die Lehnenneigung. Da aber der Fahrzeugsitz nicht nur im Stand, also statisch,

    sondern auch der Fahraufgabe gerecht im dynamischen Zustand komfortabel sein

    muss, wirken eine Vielzahl von sich über die Zeit hinweg verändernden

    Umweltparametern auf den Fahrer ein, die alle den Komfort beeinflussen. Diese sind

  • HANDLUNGSBEDARF

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    17

    z.B. die Straßenbeschaffenheit, Verkehrssituation oder die physische und psychische

    Befindlichkeit des Fahrers.

    Das übergeordnete Ziel von Komfortuntersuchungen am Fahrzeugsitz ist, eine

    möglichst entspannte und zugleich gesunde Sitzposition zu ermöglichen, damit der

    menschliche Haltungs- und Bewegungsapparat minimal belastet wird. Nach Krist

    (1993) liegt eine entspannte Haltung dann vor, wenn das Aktivitätsniveau aller

    Muskelgruppen auf ein Minimum beschränkt ist.1 Jedoch ist dieses Ziel durch den

    eng begrenzten Fahrzeuginnenraum und durch die Natur des Menschen, der nicht

    für das Sitzen geschaffen ist, sehr schwer zu erreichen. [Diebschlag]

    Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, ist es zunächst von ausschlaggebender

    Bedeutung, den Begriff Komfort vollständig zu klären, um diesen überhaupt messen

    zu können.

    Nach Branton (1969) müssen folgende Bedingungen erfüllt sein, um Komfort

    überhaupt bewerten zu können:

    • Komfortgefühle können wahrgenommen werden

    • Komfortgefühle können verbalisiert werden

    • Attribute der physikalischen Umgebung, die für die Entstehung von Diskomfort

    verantwortlich sind, können identifiziert werden

    • Komfortgefühle können im Gedächtnis gespeichert werden, womit ein

    Vergleich möglich wird

    Bei der Durchführung von Versuchen wird vorausgesetzt, dass Komfortgefühle

    wahrgenommen und im Gedächtnis gespeichert werden. Für die Verbalisierung der

    Komfortgefühle stehen Fragebögen zur Verfügung, in denen gezielt nach Begriffen

    gefragt wird, die den Komfort beschreiben. Doch das Problem hierbei ist, dass die

    1 Siehe dazu unter Komforttheorien ab Seite 68

  • HANDLUNGSBEDARF

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    18

    Wortbedeutung variiert. Jeder Mensch versteht z.B. unter „entspannt“, „bequem“

    oder „angespannt“ etwas anderes und die einheitliche Quantifizierung ist schwer zu

    realisieren. Nach dem Belastungs-Beanspruchungsmodell nach Laurig (1982) auf S.

    68 ist es schwierig, den Menschen über die sich vorrangig im Unterbewussten

    vollzogene Komfortbeurteilung zu befragen. Außerdem sind Gefühle schwierig zu

    definieren, das Erlebnis dominiert. Wenn nicht einmal geklärt ist, wie genau Komfort

    zu verstehen ist, ist die Befragung der Versuchspersonen nur in äußerst begrenztem

    Maße möglich. Zusätzlich macht die Vielzahl von Einflussfaktoren, wie z.B. die

    Verkehrssituation oder die persönliche physische und psychische Befindlichkeit der

    VP es schwierig, Komfort eindeutig festzulegen.

    Aus diesem Grund hat Hertzberg versucht, den Komfort durch negative Sachverhalte

    zu messen. Somit könnte man nach Hertzberg einen Sitz als komfortabel bezeich-

    nen, wenn dieser dem Fahrer keine Schmerzen im Rückenbereich zufügt. Doch wird

    bei diesem Ansatz nur der Diskomfort berücksichtigt, was die Untersuchung nur

    beschränkt aussagefähig macht. Im Widerspruch zu Hertzberg fanden Helander und

    Zhang in ihren Untersuchungen heraus, dass man den Komfort durch andere

    Faktoren wie nur durch den Diskomfort beschreiben kann.2

    Aus all diesen Erkenntnissen wird ein neuer Ansatz gefasst. Die Versuchspersonen

    werden nicht nach ihrem Gemütszustand gefragt, sondern ihre Körpersprache in

    Bezug auf das Sitzverhalten genauer betrachtet. Die Körpersprache umfasst

    bewusste und unbewusste Bewegungen eines Körperteils oder des ganzen Körpers

    und vermittelt der Außenwelt Botschaften. Der Körper tut dies immer. Man kann

    aufhören zu sprechen, aber nur bedingt aufhören Körpersignale auszusenden. In der

    Körpersprache kann man sich zudem um einiges schwieriger verstellen als in der

    verbalen Sprache. Das wichtigste Element hierbei ist neben der Gestik und Mimik die

    Körperhaltung. Sie bezieht sich auf die Anordnung der einzelnen Körperteile und ist

    ein Zeichen von Abneigung bzw. Zuneigung und Interesse bzw. Desinteresse.

    2 Siehe dazu die verschiedenen Komforttheorien ab Seite 68

  • HANDLUNGSBEDARF

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    19

    Erwachsene haben gelernt, ihre Mimik zu beherrschen, dem Körper wird jedoch

    weniger Aufmerksamkeit geschenkt, so dass das Individuum seine Befindlichkeit

    durch den Körper unbewusst verrät. [Heidemann]

    Gelingt es, bezogen auf den Fahrerarbeitsplatz die Körpersprache und das

    Sitzverhalten des Fahrers zu klassifizieren, können subjektive und objektive

    Parameter definiert werden, welche den Sitzkomfort beeinflussen. Werden diese

    Parameter gezielt variiert, können durch die Beobachtung des Sitzverhaltens

    Aussagen darüber getroffen werden, inwiefern und wie stark diese Faktoren einen

    Einfluss auf den Gemütszustand der VP und somit auf den Sitzkomfort haben. Durch

    diesen Ansatz wird die VP nicht durch langwierigen Befragungen belastet. Dies

    minimiert die Beeinflussung der VP.

  • VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    20

    4 Versuchsplanung und Aufbau

    4.1 Vorgehensweise bei der Versuchsplanung

    Grundlage der Vorgehensweise für die Versuchsplanung ist der Vorgehenszyklus

    nach Ehrlenspiel. Diese einfache und grundlegende Problemlösungsmethode kann

    durchgängig in unterschiedlicher Bearbeitungstiefe eingesetzt und leicht angepasst

    werden. Er besteht aus den Schritten „Problem klären“, „Lösung suchen“ und

    „Lösung auswählen“, wobei diese Schritte sich weiter untergliedern lassen. Der

    Vorgehenszyklus ist einer der zentralen Bestandteile der Produktentwicklung, dessen

    Zweck es ist, wenn dies auf abstrakter Ebene betrachtet wird, das Lösen einer

    Aufgabe, bzw. ein Problem zu lösen. Doch was ist ein Problem?

    „Ein Problem liegt dann vor, wenn man einen unerwünschten Anfangszustand in

    einen erwünschten Zielstand überführen will, dieses jedoch von einer Barriere

    verhindert wird. Diese Barriere können unbekannte oder nicht verfügbare Mittel

    (Personen, Sachmittel, Zeit etc.) der Zielerreichung, oder nicht gegebene oder

    nicht bekannte Ziele oder Restriktionen sein. Fehlt diese Barriere, handelt es sich

    um eine Aufgabe.“ [Ehrlenspiel]

    Problem klären

    Problem analysierenProblem strukturierenProblem formulieren

    Lösungen suchen

    vorhandene Lösungen suchenund neue Lösungen generierenLösungen systematisierenund ergänzen

    Lösung auswählen

    Lösungen analysierenLösungen bewertenLösung festlegen

    ProblemProblem

    LösungLösung

    Zunahme derInformation zur

    Erzeugung einerLösungsvielfalt

    Einschränkungder Lösungsvielfalt

    Abbildung 4-1: Vorgehenszyklus nach Ehrlenspiel, Quelle: [Ehrlenspiel]

  • VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    21

    Es sei noch erwähnt, das die im Vorgehenszyklus benutzte Methodik nur ein Teil,

    bzw. nur ein Aspekt der Problemlösung ist. Daneben gibt es zu Problemlösung noch

    die Aspekte Erfahrung, Fachwissen, Situationserkenntnis, Psychologie, konstruktives

    Arbeitshandling und Handlungsethik.

    Bei diesem Vorgehen werden verschiedene Methoden als unterstützende Aufgaben

    verwendet um die Entwicklung des Zielsystems auf eine systematische Art und

    Weise durchzuführen. Methoden sind als Verknüpfung bestimmter

    Elementartätigkeiten zu verstehen. Wesentliche Elementartätigkeiten sind dabei:

    • kombinieren • sammeln, suchen, vervollständigen

    • vergleichen • zerlegen

    • festlegen, auswählen • gewichten, priorisieren

    • ordnen, klassifizieren, sortieren • Analogie suchen

    • abstrahieren, detaillieren • Gegensätze finden

    • darstellen, dokumentieren • Eigenschaften erkennen, ermitteln

    • kreieren • variieren

    Tabelle 1: Elementartätigkeiten bei Methoden

    Wichtig ist, dass der Methodenanwender sich dieser Elementartätigkeiten bewusst

    ist. Damit bieten sich ihm die Möglichkeiten der situationsbedingten, sinnvollen und

    häufig notwendigen Anpassung der Methode.

    Durch diese Vorgehensweise kann das vorliegende Problem effektiv behandelt

    werden und auf eine effiziente Weise optimale Lösungen gefunden werden.

  • VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU

    Lehrstuhl für ErgonomieTechnische Universität München

    22

    Visuelle Information Highlightvideo

    Allgemein betrachtet kann man das Problem auch folgend modellieren:

    Abbildung 4-2: Modellbildung des Problems

    Da die Problemstellung nicht lösungsneutral gestellt ist, sondern von vorn herein es

    das Ziel war, ein Bilderfassungssystem in einem realen Fahrzeug aufzubauen, wurde

    nicht nach eventuell anderen Möglichkeiten gesucht werden, um das Problem anders

    anzugehen.

    Es soll als Output ein Highlightvideo entstehen, in dem die Versuchsperson (VP)

    beim Führen des Fahrzeugs aufgezeichnet ist. Dieses Highlightvideo soll nur die

    relevanten Körperbewegungen in Bezug auf die Sitzkomfortuntersuchungen

    beinhalten. Von großem Vorteil ist der Aufbau eines Systems, das dieses

    Highlightvideo soweit wie möglich selbstständig erstellt.

    Zunächst wird durch die eindeutige Klärung des Problems die Grundlage für die

    Zielformulierung erarbeitet. Sie ist damit auch die Grundlage für die Lösungssuche

    sowie für die Bewertung der Lösungsideen. Dazu wird als Methode das

    Brainstorming in einem interdisziplinärem Team mit allen notwendigen Beteiligten

    angewandt, um möglichst viele Anforderungen an den Versuchsaufbau zu ermitteln.

    Dabei werden vier Grundregeln für das Brainstorming eingehalten:

    • Es darf keine Kritik geäußert werden, sondern nur konstruktive Verbesserungs-

    vorschläge.

    • Den Ideen muss freien Lauf gewährt werden, in dem der Phantasie und der

    Assoziation keine Grenzen gesetzt werden.

    Black Box OutputInput

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    23

    • Es zählen die Masse und Klasse der Ideen, wobei die Wiederbenützung und

    Umänderung von schon gefallenen Ideen erlaubt und sogar unterstützt werden

    sollte. [Ehrlenspiel]

    • Es sollen andere Ideen aufgenommen werden und diese weit variiert werden.

    Durch die Ergebnisse des Brainstormings und aus zusätzlich gewonnenen

    Informationen wird eine vollständige Anforderungsliste erstellt.

    Zentrale Fragen hierbei waren:

    • Welchen Zweck muss die Lösung erfüllen?

    • Welche Eigenschaften darf sie nicht haben?

    • Welche Eigenschaften muss sie aufweisen?

    4.1.1 Anforderungsliste

    visuelles Erfassen des Fahrers von mehreren Perspektiven

    Aufzeichnen der visuellen Informationen als Video

    Aufzeichnung nur bei Bewegung

    Aufzeichnung der Informationen 2 sec vor dem Eintritt der Bewegung (Voralarm)

    Aufzeichnung in einem mobilen System (reales Automobil, E-65, 7er Serie )

    Unauffälliger Versuchsaufbau (um Versuchsperson nicht beeinzuflussen)

    Übertragung der Videodaten in einen Rechner innerhalb von maximal fünf Stunden

    Qualität des Videobildes soll nicht hoch sein, da nur Körperbewegungen erkannt

    werden müssen, und keine Detailinformationen

    Videodaten in digitaler Form (für die Auswertung)

    Keine Aufzeichnung des Tons

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    24

    Aufzeichnungsdauer von mindestens 180 Minuten

    Synchrones Aufzeichnen von Drucksensordaten ( gleiches Zeitformat wie das Video)

    Zuverlässige Aufzeichnung, Ausfallwahrscheinlichkeit < 1%

    Versuchsaufbau bis 01. September 2002 fertiggestellt

    Kapazität, mindestens 40 Versuche durchzuführen

    Tabelle 4-2: Anforderungsliste an den Versuchsaufbau

    Durch die Anforderungsliste werden alle relevanten Daten zu Beginn der Arbeit

    erfasst. Die gesammelten Daten werden systematisch aufgearbeitet, um sie auf eine

    umfassende und geordnete Art und Weise schriftlich zu formulieren. Hierdurch wird

    ein gemeinsames Zielverständnis aller Beteiligten erreicht. Es entsteht zusätzlich

    eine solide Grundlage, um später die ermittelten Lösungsvorschläge beurteilen zu

    können. Die Fülle der hier angefallenen Informationen sind in strukturierter Form

    abgelegt, wodurch die Komplexität der Anforderungsmenge beherrschbar geworden

    ist.

    Um erfolgreich und schnell zum Ergebnis zu kommen, müssen außerdem

    Zielkonflikte frühzeitig erkannt und aufgezeigt werden. Durch die Anforderungsliste

    fällt es leicht, diese zu erkennen. Es liegen jedoch keine Zielkonflikte vor, was den

    nächsten Schritt im Vorgehenszyklus „Lösung suchen“ somit problemlos einleitet.

    4.1.2 Lösungssuche

    Die Lösungssuche beschreibt die Ermittlung von Lösungsvarianten für die

    Problemstellung sowie deren Überprüfung hinsichtlich ihrer prinzipiellen Tauglichkeit.

    Hierbei kann die Lösungssuche als Zusammenspiel von Synthese und Analyse

    verstanden werden. Die Synthese bezeichnet kreatives und methodisches

    Vergleichen zur Generierung mehrerer und verschiedenartiger Lösungen. Die

    systematische Analyse dient zur Überprüfung von Funktionstüchtigkeit,

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    25

    Bedienfreundlichkeit und Integrationsfähigkeit in das Umfeld Fahrzeug. Methoden zur

    Untersuchung der Synthese sind u.a. das Brainstorming die systematische Variation

    und die Morphologie.

    Die Bedienfreundlichkeit muss in soweit realisiert sein, dass das System die VP nicht

    beeinflusst, in dem es so wenig wie möglich auffällt. Es sollte auch nur wenige

    Bedienschritte geben, die die Versuchsperson durchführen soll, um die Aufzeichnung

    zu starten.

    Für das Erarbeiten der Lösungen für das definierte Problem wurden neben der

    Informationsbeschaffung durch das Internet zahlreiche Expertenbefragungen

    durchgeführt, sei es durch persönliche Gespräche, hauptsächlich am Telefon oder

    über bestimmte Newsgroup-Foren im Internet3.

    Gezielt wurde nach Marktsegmenten gesucht, in denen ähnliche Anforderungen

    bestehen. Die hier vorhandenen Lösungen wurden mit einbezogen.

    Zusätzlich wurden Experten aus der Überwachungs- und Sicherheitstechnik in

    persönlichen Gesprächen nach Möglichkeiten befragt, in einem mobilen

    Versuchsaufbau die Bewegungen der Fahrzeuginsassen zu beobachten und

    festzuhalten. Auch wurden interne Kontakte bei BMW in entsprechenden Abteilungen

    die schon ähnliche Problemstellungen hatten, geknüpft. Experten aus der Fakultät für

    Informatik der Technischen Universität München und aus dem Heinrich-Hertz-Institut

    in Berlin boten eine Menge von Informationen an. Hilfsbereitschaft unter allen

    Befragten war immer vorhanden.

    Somit entstanden eine Menge von Lösungsvorschlägen zu den Teilproblemen. Diese

    Teillösungen sind folgend, der Übersichtlichkeit wegen, in einem Morphologischen

    Kasten aufgetragen. Diese systematische Methode zur Lösungsfindung durch

    3 z. B. Biomch-L., einer E-mail Diskussionsgruppe für Biomechanik und Bewegungs -Wissenschaften, in der nach einer per E-mail gestellten Frage Antworten von Experten aus aller Welt zugesandt

    werden. Siehe auch Online im WWW unter URL http://isb.ri.ccf.org/biomch-l/ [12.06.03].

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    26

    Kombination setzt sich aus den folgenden Elementartätigkeiten zusammen

    (vereinfacht):

    • Zerlegen einer Gesamtfunktion in Teilfunktionen

    • Suchen, sammeln und vervollständigen von Lösungsalternativen für die

    Teilfunktionen

    • Ordnen, klassifizieren, strukturieren, sortieren der Teillösungen

    • Übersichtliche Darstellung und Dokumentation aller Teillösungen während des

    Entwicklungsprozesses. (Darstellen, dokumentieren)

    • Erweiterung des Lösungsraumes durch Variation bereits ermittelter Lösungen.

    (Variieren)

    • Gewichtung und Priorisierung der Lösungsalternativen gemessen an

    wesentlichen Anforderungen.

    • Finden von Gesamtlösungen durch Kombinationen der Teillösung. (Kombinieren)

    Die Teilfunktionen zur Erfüllung der Gesamtaufgabe sind folgend dargestellt:

    • visuelle Erfassung der Versuchsperson

    • Aufzeichnen der visuellen Informationen

    • Bewegungsdetektor mit Voralarm

    • Synchrone Aufzeichnung von mehreren Videosignalen

    • Überführen des Aufgezeichneten auf einen PC (Digitalisierung)

    Der Zweck dieser Methode ist :

    • Dokumentation und Überblick über das gesamte Lösungsfeld

    • Unterstützung zur Funktionsaufteilung

    • Unterstützung bei der Suche nach mehreren Teillösungen

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    27

    • Erleichterte Nachvollziehbarkeit der Lösungssuche für Außenstehende

    4.1.3 Lösungsauswahl durch Morphologischen Kasten

    Teilfunktionen Teillösungen

    Visuelle

    Erfassung der

    VP durch

    Chipkamera4 Röhrenkamera Infrarotkamera

    Aufzeichnen der

    visuellen

    Informationen

    mit

    PC durch

    Hardware-

    MJPEG5-

    Komprimierung

    mit Piranha I

    oder PiranhaII6

    PC durch

    Hardware-

    MJPEG-

    Komprimierung

    mit Multieye

    Langzeitauf-

    zeichnungs-

    Gerät

    Alcatraz,

    MJPEG

    DV-Rekorder

    im DV-Format7

    Auf PC durch

    Software-

    Komprimierung

    im DivX Format8

    Bewegungs-

    detektor

    Piranha I+II

    beinhaltet

    Bewegungs-

    detektor durch

    mitgelieferte

    Software

    Multieye

    beinhaltet

    Bewegungs-

    detektor durch

    mitgelieferte

    Software

    Alcatraz

    beinhaltet

    Bewegungs-

    detektor

    Lichtschranke,

    sehr schwierig

    auf

    verschiedene

    VP einzustellen

    Sitzdruckdaten

    miteinander

    vergleichen

    Bewegungs-

    detektor mit Voralarm

    Piranha I+II

    Bewegungs-

    detektor mit

    4 Der Stand der Technik von Kameras ist unter Kameratechnik auf S. 98 erläutert

    5 Näheres zu Videokompression von Bewegtbildern im JPEG-Format finden Sie auf S. 93

    6 Näheres dazu finden Sie unter Aufzeichnung der Videodaten durch Piranha II auf S. 32

    7 Auf das „Digital Video“ Format wird näher unter DV-Codec auf der S. 97 eingegangen

    8Die Videokomprimierung im Div-X Format wird unter Die MPEG Standards ab S.94 erläutert

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    28

    Voralarm

    Synchrone

    Aufzeichnung

    von mehreren

    Videosignalen

    Quadranten-

    teiler, macht

    aus 4 Video-

    signalen ein in

    4 aufgeteiltes

    Videobild

    Piranha I+II

    hat Kapazität,

    gleichzeitig

    mehrere

    Videosignale

    aufzuzeichnen

    Multieye hat

    Kapazität,

    gleichzeitig

    mehrere

    Videosignale

    aufzuzeichnen

    Mit mehreren

    Aufzeichnungs-

    medien,

    externer

    Zeitgeber für

    alle Medien

    Überführen des

    Aufgezeichneten

    auf einen PC,

    für Auswertung

    Digitalisierung

    des analogen

    Videosignals

    Videosignale

    liegen schon

    digital vor

    Tabelle 4-3: Morphologischer Kasten

    Um in dem Prozess der Lösungsauswahl zum Erfolg zu kommen, werden zunächst

    die Teillösungen miteinander kombiniert. Hierbei wird darauf geachtet, dass die

    kombinierten Teillösungen miteinander kompatibel sind. Kombinationen, deren

    Verbindung Schwierigkeiten bereiten, sind zu vermeiden. Zusätzlich ist auf eine

    größtmögliche Einfachheit der Gesamtlösung zu achten.

    Jedoch muss der Morphologische Kasten zunächst weiter reduziert werden, um

    aussichtsreiche Konzeptalternativen mit geringem Aufwand zu gewinnen. Eine

    Methode ist hierbei, die Zurückstellung von weniger geeigneten Teillösungen wie z.B.

    die Zeiteinteilung der Röhren- oder Infrarotkameras, aufgrund ihrer ungeeigneten

    Baugröße oder alle Teillösungen ohne Voralarm.

    Folgend ist der reduzierte Morphologische Kasten dargestellt:

    Teilfunktionen Teillösungen

    visuelle Erfassung der VP durch Chipkamera mit sehr kleiner Baugröße

    Aufzeichnen der visuellen

    Informationen

    Hardware-MJPEG-Komprimierung durch Piranha I oder Piranha II

    Bewegungsdetektor mit Voralarm

    Piranha I oder Piranha II

    Synchrone Aufzeichnung von

    mehreren Videosignalen

    Piranha I oder Piranha II

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    29

    Überführen des Aufgezeichneten

    auf einen PC, für Auswertung

    Videosignale liegen schon auf digitaler Weise vor

    Tabelle 4-4: Reduzierter Morphologischer Kasten

    Sobald eine Lösung ein Kriterium nicht erfüllt, werden die nachfolgenden Kriterien für

    diese Lösung nicht mehr betrachtet. Aufgrund des Ausschlusskriteriums „Voralarm“

    fallen eine Menge von Teillösungen weg.

    Somit ist die Auswahl der Lösung sehr erleichtert. Aufwendige Bewertungsmethoden

    wie z.B. die Bewertung nach der Anforderungsliste, Vorteil-/Nachteil-Vergleich,

    Chancen-/Risiko-Gegenüberstellung, Paarweiser-Vergleich oder die einfache Punkt-

    bewertung müssen nicht mehr durchgeführt werden.

    Es bleiben somit zwei Lösungskonzepte übrig:

    Die über Chipkameras erfassten visuellen Informationen werden entweder mit dem

    System Piranha I oder Piranha II aufgezeichnet. Die Entscheidung für die Auswahl

    von Chipkameras ist damit begründet, dass diese eine sehr kompakte Baugröße

    haben, und somit den VP kaum auffallen werden. Der Versuchsaufbau wird zudem

    durch die Entscheidung für Piranha I oder Piranha II sehr vereinfacht, da somit die

    Anzahl der Komponenten auf ein Minimum beschränkt ist:

    • Chipkameras

    • Aufzeichnungsrechner

    • Videokompressionskarte Piranha I oder Piranha II

    Durch den Paarweisen Vergleich zwischen Piranha I und Piranha II fiel die

    Entscheidung auf Piranha II, da dessen Kapazitäten im Vergleich zu Piranha I um

    einiges höher ist. Sie ist in der Lage, bis zu 50 Bilder in der Sekunde in Echtzeit zu

    komprimieren und zu speichern. Piranha I ist nur in der Lage, 10 Bilder in der

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    30

    Sekunde zu bewältigen. Bei Anschluss von drei Kameras können pro Kamera nur ca.

    drei Bilder in der Sekunde komprimiert werden. Sollen noch zusätzlich andere

    Kameras angeschlossen werden, ist die Anzahl der Frames pro Sekunde

    dementsprechend noch geringer.

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    31

    4.2 Versuchsaufbau

    Abbildung 4-3: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus

    Die von den 3 Kameras erfassten Bildinformationen werden von der Video-

    kompressionskarte Piranha II auf der internen Festplatte des Aufzeichnungsrechners

    im Kofferraum gespeichert. Gleichzeitig werden über eine anderen Eingang (COM-

    Port) des Rechners die Drucksensordaten gespeichert. Die Speicherung mit dem

    gleichen Rechner hat den großen Vorteil, dass die Zeitinformationen der Videodaten

    und Druckdaten exakt die gleiche ist, da beide den Systemzeitgeber des

    Aufzeichnungsrechners verwenden. Deshalb bedarf es keiner zusätzlichen

    Videokompressionskarte P II

    Aufzeichnungsrechner im

    Kofferraum des Fahrzeugs Drucksen-

    sormatte COM

    Wechselfestplatte

    Auswerterechner im Labor

    Erfassung der visuellen

    Informationen durch 3 Kameras

    Aufzeichnung durch Piranha II

    Aufzeichnung der Drucksensor-

    daten über das COM-Port

    Übertragen der Daten auf die

    Wechselfestplatte

    Übertragen der Daten auf den

    Auswerterechner und den

    Server

    Auswertung

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    32

    Synchronisierung der Zeit der Daten. Ist der Versuch beendet, werden die Video-

    und Druckdaten auf die Wechselfestplatte übertragen. Diese wird nun in den

    Auswerterechner im Labor eingeführt, und alle Daten können direkt auf den Server

    oder die Festplatte übertragen werden. Auf dem Auswerterechner im Labor ist die

    Software iGuard RemoteView installiert, wodurch alle Werkzeuge von iGuard zur

    Auswertung zur Verfügung stehen.

    4.3 Aufzeichnung der Videodaten durch Piranha II

    Abbildung 4-4: Die Videokompressionskarte Piranha II

    4.3.1 Piranha II9

    Mit der PC-Einsteckkarte „Piranha II“ (P II) der Firma Imaging Development Systems GmbH (IDS) ist die Aufzeichnung von Videosignalen direkt auf der Festplatte des

    PCs ermöglicht. Diese für alle Bereiche der Sicherheitstechnik entwickelte Video-

    kompressionskarte eignet sich sehr gut für Komfortuntersuchungen, da sie die

    9 Quelle: Broschüre über Piranha/Piranha II der Firma IDS, Imaging Development Systems

    GmbH,Obersulm, 2002.

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    33

    Kapazität hat, bis zu sechzehn S/W- oder Farbkamerasignale gleichzeitig aufzu-

    zeichnen. Der Anschluss dieser Kameras geschieht über ein Adapterkabel (Break-

    Out-Kabel). Die P II besitz ein speziell für die Überwachungstechnik konzipiertes,

    hochwertiges Eingangsteil, dass die Umschaltung der Eingänge mit der maximalen

    Geschwindigkeit von 50 Umschaltungen pro Sekunde erlaubt. Das bedeutet, dass

    bis zu 50 Bilder in der Sekunde gespeichert werden können. Bei Anschluss von drei

    Kameras kann das aktuelle Bild jeder einzelnen Kamera bis zu sechzehn mal pro

    Sekunde abwechselnd abgespeichert werden. Somit ist für jedes Kamerasignal

    sechzehn Frames pro Sekunde gewährleistet. Diese Anzahl an Bildern pro Sekunde

    ist ausreichend, um Bewegungsabläufe als solche zu erkennen.10

    Die Bilder werden in einem komprimierten Format, dem Motion-JPEG-Format

    gespeichert.11 Die M-JPEG-Kompression und Dekompression wird in Echtzeit

    durchgeführt. Die Komprimierung der Videosignale ist hardwareabhängig, das

    bedeutet, dass ein MJPEG-Prozessor der Firma Zoran die Komprimierung

    durchführt. Die Belastung des Prozessors des Aufzeichnungsrechners liegt somit bei

    höchstens 20%. Das spart Systemressourcen und ermöglicht somit die Benutzung

    des Rechners für andere Anwendungen, wie z.B. für den Auswertealgorithmus der

    Sitzdrucksensormatte (Abbildung 4-15, S. 51).

    Es sind Kompressionsfaktoren zwischen 1:4 und 1:100 einstellbar, wobei der Faktor

    Kompression mit den Faktoren Bildgröße und Farbtiefe für die Bildqualität und

    Dateigröße der abgespeicherten Sequenzen verantwortlich ist. Nach der

    Dokumentation der PII ergeben Kompressionsraten bis 1:20 sehr gute Ergebnisse.

    Eine für das Auge verlustfreie Kompression wird bei Kompressionsfaktoren kleiner

    1:10 erzielt.

    10 Näheres zu Eigenschaften des menschlichen „Sehens“ finden Sie unter Psychooptik (S. 88)

    11 Näheres zu Videokompression von Bewegtbildern im JPEG-Format finden Sie auf S. 93

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    34

    Neben der hohen Anzahl von Videoeingängen besitzt die Videokompressionskarte

    zusätzlich zwei analoge Videoausgänge. Diese sind zum Anschluss von

    Videomonitoren konzipiert. Dadurch können auch Signale von der Festplatte wieder

    zurück auf den Bildschirm geholt werden.

    P II hat zwei verschiedene Informations-Overlay Speicherbereiche, um die aufge-

    zeichneten Videosignale perfekt zu identifizieren. Zum einen kann ein gemeinsamer

    Text für alle Kameras eingeblendet werden, zum anderen ermöglicht sie eine

    individuelle Einblendung für jede Kamera. Die Lage und die Größe der

    eingeblendeten Texte ist innerhalb des Videobildes frei wählbar. Diese Informationen

    sind gemeinsam mit der Zeitinformation, dessen Grundlage die Systemzeit des PCs

    ist, fest in die Videodaten integriert.

    Für Steueraufgaben mit anderen Geräten wie zum Beispiel Alarmanlagen stehen auf

    der Karte jeweils acht digitale Ein- und Ausgänge zur Verfügung. Zum Anschluss von

    Alarmmeldern wie zum Beispiel Lichtschranken oder Bewegungsmeldern besitzt die

    P II zusätzlich zu den acht digitalen Eingängen noch weitere sechzehn Alarm-

    eingänge. Diese Eingänge lösen im PC Interrupts12 aus und melden dadurch

    eingegangene Ereignisse.

    Durch das mitgelieferte Software Development Kit (SDK) ist die einfache Integration

    der Karte mit allen seinen Leistungsmerkmalen in selbst entwickelte Programme

    ermöglicht. Die IDS-GmbH stellt hierfür eine Ansammlung von Funktionen zur

    Verfügung. Einige Beispiele zur Programmierung und Anwendung dieser Funktionen

    sind als ausführbare Programme und im C/C++ Quelltext im Lieferumfang enthalten.

    12 Ein Interrupt ist ein Signal, das zum Prozessor gesendet wird und ihm meldet, ein Ereignis zu

    behandeln.

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    35

    Mit der zu der Hardware dazugehörigen Software iGuard steht ein sehr leistungsfähiger digitaler Bildspeicher und Auswertetoll zur Verfügung.

    4.3.2 Eigenschaften der Software iGuard13

    In diesem Abschnitt wird anlehnend an die Dokumentation ein Überblick über die

    Funktionen der Software (SW) iGuard gegeben. Durch die Verknüpfung der SW

    iGuard mit der PC-Karte P II entsteht ein digitales Videoaufzeichnungssystem, das

    für die Überwachung von Räumen, Gebäuden, Produktionsstätten, sensiblen

    öffentlichen Plätzen oder sicherheitsrelevanten Außenanlagen jeglicher Art entwickelt

    worden ist. Es können bis zu 16 Kameras gleichzeitig aufgezeichnet werden. Das

    System gestattet grundsätzlich zwei unterschiedliche Aufzeichnungsmodi, die auch

    miteinander kombiniert werden können.

    Die Langzeitaufzeichnung (4.3.2.3, S. 38) ist analog zu dem Betrieb eines herkömmlichen Videorekorders. Es besteht jedoch die Option zur Aufzeichnung „nur

    bei Bewegung".

    Bei der ereignisgesteuerten Aufzeichnung startet die Aufzeichnung nur bei Eintritt eines vorher definierten Ereignisses (auch Alarm bezeichnet). Bei Bedarf kann die

    Vorgeschichte, die zeitlich vor Eintritt des Ereignisses war, mit aufgezeichnet

    werden. Dies geschieht durch einen Ringspeicher (4.3.2.4, S. 39)

    Das System ist durch die ereignisgesteuerte Aufzeichnung frei konfigurierbar und

    erlaubt die Definition unterschiedlichster Alarm-Szenarien in Abhängigkeit von

    Datum, Uhrzeit, angeschlossener Peripherie oder Umgebungsbedingungen.

    13 Quelle: Broschüre über Piranha/Piranha II der Firma IDS, Imaging Development Systems GmbH,

    Obersulm, 2002.

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    36

    iGuard passt sich somit, sowohl in Bezug auf unterschiedlichen Alarmgeber (wie z.B.

    Kameras, Lichtschranken etc.), als auch im Alarmfall zur Steuerung von

    verschiedenen externen Geräten (wie z.B. Sirenen, Alarmanlagen, Beleuchtung etc.)

    optimal an die vorliegenden Gegebenheiten an. Durch die Definition

    unterschiedlicher Alarm-Szenarien besteht zusätzlich die Möglichkeit, die

    Videoaufzeichnung konkret auf die jeweiligen Überwachungsaufgaben hin

    einzurichten, und dadurch die Leistungsfähigkeit des Systems zu maximieren.

    Ferner verfügt iGuard über eine durchdachte Benutzerverwaltung. Durch die

    Vergabe von insgesamt 8 unterschiedlichen Benutzerrechten kann jedem Benutzer

    individuell nach seinem Aufgabenbereich der Zugang zu bestimmten Funktionen

    gewährt, zu anderen wiederum verweigert werden. Dies ermöglicht eine optimale

    Anpassung der Rechte zwischen der VP, welche nur das Recht hat, die

    Aufzeichnung zu starten oder zu stoppen und der Person, die für die Auswertung

    zuständig ist.

    Zusätzlich zum Programm iGuard sind im Lieferumfang auch die Programme iGuard

    RemoteView und iGuardPlayer enthalten. Mit iGuard RemoteView besteht die

    Möglichkeit, per Fernzugriff (über LAN oder ISDN) die Auswertung von

    Videoaufzeichnungen vorzunehmen und live aus der Ferne Kamerabilder zu

    beobachten. iGuard RemoteView fungiert hierbei als Client, der auf iGuard als Server

    zugreift. Beim Betrieb von iGuard mit Wechselfestplatten wird durch iGuard

    RemoteView die lokale Revision auf einem externen PC ermöglicht. Hierzu muss

    iGuard RemoteView auf dem PC installiert sein. iGuard Player ermöglicht das

    Abspielen von Videoaufzeichnungen oder exportierten AVI14-Sequenzen. Die von

    iGuard erstellten Bilddateien haben die Endung .IGD und entsprechen dem AVI-

    Dateiformat. Die in diesen Dateien gespeicherten Bilder haben die Auflösung

    352x288 Pixel bei einer normalen Auflösung und 704x288 Pixel bei hoher Auflösung.

    Die Auflösung ist durch den Benutzer zu bestimmen.

    14 AVI steht für Audio Video Interleave, es ist ein Audio/Videoformat von WINDOWS.

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    37

    4.3.2.1 Voraussetzungen

    iGuard wurde für den Betrieb unter Microsoft Windows NT 4.0 entwickelt, wobei die

    letzte Version 2.2 auch unter Windows XP läuft. Es ist jedoch mindestens ein 1000

    MHz-Rechner notwendig. Die Bildschirmauflösung muss bei einer Farbtiefe von

    15/16-Bit 1024x768 Pixel oder höher betragen. Die PC-Karte P II ist wie gewohnt in

    eines der freien PC-Steckplätze des PCs zu installieren. Die Videodaten werden auf

    lokale Festplatten aufgezeichnet, wobei aufgrund der großen Datenmengen

    empfohlen wird, mit zwei Festplatten im UDMA-Modus15 zu arbeiten. Eine Festplatte

    für das Betriebssystem und eine für die Videodaten, wobei der Einsatz von

    Wechselfestplatten unterstützt wird.

    4.3.2.2 Alarm-Szenario

    Ein Szenario ist nach IDS eine Aufzeichnungsroutine, die durch einen Alarm bzw. ein

    Ereignis ausgelöst wird und zusätzlich weitere Sonderfunktionen und Aktionen

    enthalten kann. Die Auslösung eines Ereignisses kann durch ein Trigger-Signal an

    einem Alarmeingang (Detektor) oder durch eine erkannte Bewegung (Videosensor-

    Kamera) innerhalb einer zuvor definierten Maske () eines Kamerabildes erfolgen.

    Ein Szenario beschreibt, welche Kameras mit welcher Priorität, Qualität und

    Aufnahmerate aufgezeichnet werden. Weiterhin, welche Schaltausgänge und/oder

    Sonderfunktionen als Aktion auf eintretende Alarme (wie z.B eine Sirene) aktiviert

    werden sollen. Liegt ein Alarm vor, wird nach der zuvor definierten Dauer das

    Szenario automatisch beendet und als Alarm im Logbuch (5.5.2.6) registriert. Jeder

    Alarm, der die definierte Dauer überschreitet, wird als erneutes Szenario

    abgearbeitet und ebenfalls neu registriert. Zur Definition eines Alarm-Szenarios sind

    folgende Angaben notwendig:

    15 Abkürzung für "Ultra Direct Memory Access", Sie erlaubt hohe Datenübertragungsraten durch

    direkte Datenübertragung von Laufwerken oder Peripheriegeräten in den Arbeitsspeicher.

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    38

    1. Wie heißt das Szenario?

    2. Wodurch wurde das Szenario ausgelöst (durch welchen Alarmgeber)?

    3. Welche Kameras sollen aufgezeichnet werden?

    4. Mit welcher Aufnahmerate soll eine Kamera aufgezeichnet werden

    5. Welche Schaltausgänge sollen bei Beginn des Szenarios aktiviert werden?

    6. Mit welcher Auflösung sollen die Bilder aufgezeichnet werden?

    7. Wie lange soll aufgezeichnet werden bzw. nach welcher Zeit ist das Szenario

    beendet (Nachlaufzeit)?

    8. Welche Kamera soll am Monitorausgang sichtbar sein?

    9. Welche Priorität hat das Szenario?

    Nachdem ein Szenario nach einer einstellbaren Nachlaufzeit abgelaufen ist, wird (je

    nachdem welcher Aufzeichnungsmodus eingestellt ist) wieder eine neue

    Ringaufzeichnung gestartet oder eine Langzeitaufzeichnung fortgesetzt.

    4.3.2.3 Langzeitaufzeichnung

    Die Langzeitaufzeichnung ist ein Aufzeichnungsmodus, bei dem, wie bei einem

    herkömmlichen Videorekorder, so lange Videodaten auf die Festplatte gespeichert

    werden, bis diese vollständig beschrieben ist. Danach beginnt das Überschreiben der

    jeweils ältesten Bilder. Optional lassen sich Bilder bzw. Videosequenzen auch „nur

    bei Bewegung“ aufzeichnen. Dadurch lässt sich viel Platz auf der Festplatte

    einsparen, ohne dass wichtige Videodaten bzw. Ereignisse verloren gehen. Durch

    Definition von Alarm-Szenarien steht eine ereignisgesteuerte Unterbrechung der

    Langzeitaufzeichnung zur Verfügung. Jedoch wird hierbei die Vorgeschichte des

    Alarms (Voralarm) nicht aufgezeichnet. Es startet dann das jeweilige Alarm-Szenario,

    welches je nach Konfiguration verschiedene Reaktionen auslösen kann. Nach Ablauf

    des Alarm-Szenarios wird wieder die Langzeitaufzeichnung an der Stelle fortgeführt,

    an der sie unterbrochen wurde.

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    39

    4.3.2.4 Ringaufzeichnung

    Die Ringaufzeichnung ist ein Szenario, das abgearbeitet wird, wenn kein Alarm-

    Szenario aktiv ist. Ring bedeutet dabei, dass die Aufzeichnung wie in einer Schleife

    erfolgt, d.h. die Videoaufzeichnungen werden im Gegensatz zu einem Alarm-

    Szenario ständig von neuem überschrieben (First in/First out Prinzip). Die Größe

    eines Ring-Speichers bestimmt bei einer Ringaufzeichnung die Aufnahmedauer.

    Nach Ablauf einer definierbaren Dauer werden die ältesten Bilder wieder

    überschrieben. Daher sind unabhängig vom Zeitraum, in dem die Ringaufzeichnung

    aktiv ist, immer maximal so viele Bilder gespeichert, wie durch die Ring-Größe

    festgelegt sind. Soll keine Ringaufzeichnung durchgeführt werden, kann dies durch

    Angabe der Dauer 0 bei der Definition der Dauer einer Ringaufzeichnung eingestellt

    werden.

    Tritt ein Alarm ein, wird die Ringaufzeichnung sofort beendet und das zu dem Alarm

    gehörige Alarm-Szenario wird gestartet. Die Bilder der Ringaufzeichnung zeigen

    somit immer die Vorgeschichte eines Alarms (Pre-Trigger). Die Ringaufzeichnung

    nutzt einen Ringbuffer zur Aufzeichnung der Bilddaten. Für jede Kamera wird dabei

    eine Datei angelegt. In jeder Datei werden bei der Ringaufzeichnung maximal 200

    Bilder abgelegt. Wird eine Datei mit einem neuen Bild überschrieben, sind die

    restlichen 199 alten Bilder nicht mehr lesbar. Bei Langzeitaufzeichnung sind Dateien

    mit bis zu 500 Bildern möglich, bei Alarm-Szenarien bis zu 1500 Bilder.

    4.3.2.5 Bewegungserkennung (Kamera als Videosensor)

    Das letzte Bild einer Kamera wird laufend mit dem aktuellen Bild derselben Kamera

    verglichen. Hat sich der Bildinhalt in einer vorher festgelegten Weise verändert,

    erkennt iGuard eine Bewegung innerhalb des Bildes. Ob für eine Kamera eine

    Bewegungserkennung durchgeführt werden soll, kann hierbei für jede Kamera

    einzeln definiert werden. Eine Bewegungserkennung kann dazu verwendet werden,

    ein Alarm-Szenario zu aktivieren und/oder nur dann ein Bild der Kamera zu

    speichern, wenn sich der Bildinhalt geändert hat. In ersterem Fall wird die Kamera

    als Alarmgeber eingesetzt. Letzteres hat zur Folge, dass deutlich weniger

    Speicherplatz zur Aufzeichnung der Bilder benötigt wird, da nur solche Bilder

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    40

    gespeichert werden, bei denen eine Änderung des Bildinhalts stattgefunden hat.

    Parameter zur Bewegungserkennung werden für jede Kamera getrennt festgelegt.

    Zudem können Bereiche des Videobildes definiert werden, die bei der

    Bewegungserkennung nicht oder ausschließlich beachtet werden sollen. Somit

    werden exakt die Bereiche definiert (wie z.B. Arme, Beine und Oberkörper der VP),

    die für die Komfortuntersuchungen erhöhte Aufmerksamkeit erfordern.

    Abbildung 4-5: Screenshot über die Einstellung der Bewegungserkennung

    Folgend ist ein Abschnitt aus dem Benutzerhandbuch über die Einstellmöglichkeiten

    der Bewegungserkennung zitiert:

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    41

    “Parameter

    Abbildung 6 Parametereinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

    Im Dialog der „Bewegungserkennung“ definieren Sie in der Gruppe „Parameter“ im

    Feld „Empfindlichkeit“ den minimal erforderlichen Grauwertunterschied

    (Schwellwert) eines Pixels, der bei der Differenzbildung zweier Halbbilder zur

    Deklarierung eines „Bewegungspixels“ führen soll. Erlaubt sind Schwellwerte von

    1 bis 30 Grauwertstufen.

    Des weiteren definieren Sie im Feld „Objekt-Größe“ den prozentual notwendigen

    Anteil an Bewegungspixel bezogen auf das Gesamtbild bzw. die festgelegte

    Maske (Bildausschnitt), der zu einer Bewegungserkennung und damit Alarmierung

    bzw. Aufzeichnung führen soll. Hierfür sind Werte zwischen 1 und 50 Prozent

    möglich.

    Maske

    Abbildung 7: Maskeneinstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

    Im Feld „Maske“ wählen Sie aus, ob die oben genannte Auswertung zur

    Bewegungserkennung nur innerhalb einer definierten Maske durchgeführt werden

    soll, so dass Bildbereiche für die Auswertung „ausgeblendet“ werden sollen oder

    ob die Bewegungserkennung über das gesamte Bild durchgeführt werden soll

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    42

    Nach dem Aktivieren der Maskenverwendung können Sie sowohl manuell als

    auch automatisch Masken erstellen. Die automatische Erstellung von Masken

    rufen Sie mit der Schaltfläche „Ermitteln“ auf. Automatische Erstellung bedeutet,

    dass in dem Bereich des betreffenden Kamerabildes eine Maske gezeichnet wird,

    in der Bewegung stattfindet. Dies geschieht für eine bestimmte Dauer, die Sie

    rechts neben der Schaltfläche „Ermitteln“ in Sekunden angeben. Wollten Sie für

    eine bestimmte Kamera als Maske beispielsweise genau den sichtbaren Abschnitt

    einer Verkehrsstrasse festlegen, so wäre die Maske je dichter, je länger Sie die

    Vorgangsdauer definiert hätten, da in einem größeren Zeitraum mehr Fahrzeuge,

    sprich mehr bewegte Elemente registriert und somit als Maske angelegt würden.

    Bewegung

    Das Feld „Bewegung“ dient Ihnen zur Unterstützung bei der Einstellung des

    Videosensors. Eine detektierte Bewegung wird optisch durch eine rote LED

    angezeigt. Optional kann zu dieser Anzeige noch ein akustisches Signal

    zugeschaltet werden. Ein kleines Diagramm zeigt zudem an, wie viele Punkte sich

    verändert haben (als prozentualer Anteil der Gesamtpunktzahl des Bildes, bzw.

    der Gesamtpunktzahl einer Maske). Sie werden über eine Zeitachse aufgetragen.

    Eine waagerechte blaue Linie markiert dabei den Schwellwert der eingestellten

    Objektgröße. Diese analoge Darstellung erlaubt eine komfortable Beurteilung der

    eingestellten Videosensorik in seiner Wirkungsweise (Bewegung, Objektgröße,

    Zeit).

    Abbildung 8: Feld Bewegung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

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    43

    Zeichnen

    Abbildung 9: Maskenerstellung im Konfigurationsmenu der Bewegungserkennung

    Das Feld „Zeichnen“ dient der Auswahl von Tools zur oben genannten manuellen

    Maskenerstellung. Nachdem Sie das Kontrollkästchen „Darstellung“ aktiviert

    haben, kann eine Maske manuell mit Hilfe eines Stiftes und der Definition von

    verschiedenen Werkzeugen (Freihandlinie, Rechteck, Ellipse oder Polygon)

    erstellt werden. Mit der Auswahl des Radiergummis können Sie manuell Bereiche

    „ausblenden“.” [Benutzerhandbuch]

    4.3.2.6 Logbuch

    Alle aus dem laufenden Betrieb relevanten Meldungen, wie z.B. Alarmmeldungen,

    Start und Stop von Aufnahmen, Benutzer-Login/Logout, Störungen usw. werden in

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    44

    einem Logbuch protokolliert. Die Anzeige erfolgt am rechten Bildschirmrand in einem

    eingeblendeten Fenster. Bei der Darstellung des Logbuchs werden die neuesten

    Meldungen angezeigt, wobei die neueste Meldung immer am Listenanfang steht. Die

    Ausgabe aller Meldungen erfolgt mit Datum und Uhrzeit (hh:mm). Kleine Symbole

    vor den Meldungen kennzeichnen den Typ der Meldung (z.B. Alarm, Störung, Info).

    Es werden alle Alarme protokolliert. Kann ein Alarm nicht in einem Szenario

    behandelt werden, weil ein anderer Alarm mit gleicher oder höherer Priorität bereits

    aktiv ist, wird dies im Logbuch ebenfalls festgehalten. Meldungen sind wegen der

    Übersichtlichkeit durch kleine Icons in Gruppen eingeteilt. Die Gruppen können über

    Filter getrennt dargestellt bzw. ausgeblendet werden.

    4.3.2.7 Konfigurationsmodus

    Im Konfigurationsmodus wird die Darstellung, Funktionalität und Bedienung der

    Anwendung festgelegt.

    Abbildung 10 Konfigurations-Fenster von iGuard

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    45

    Weiterhin erfolgt hier die Hardware- und Szenariendefinition, durch die der komplette

    Ablauf für Aufzeichnungen sowie die Reaktion auf eintreffende Alarme definiert wird.

    Darüber hinaus werden im Konfigurationsmodus sämtliche Benutzer für das System

    eingerichtet und Rechte bzw. Passwörter für diese Benutzer verwaltet.

    In dem Dialogfeld Start/Stop der Anwendung kann festgelegt werden, ob zum Starten

    des Programms eine Authentifizierung des Benutzers notwendig ist oder nicht.

    Weiterhin kann festgelegt werden, ob iGuard sofort nach dem Start mit der

    Aufzeichnung beginnt oder ob die Aufzeichnung der Kamerabilder manuell gestartet

    werden muss.

    Folgend ist das Dialogfenster Konfiguration der Kameras abgebildet. Hier können je

    angeschlossener Kamera Bildparameter wie Helligkeit, Kontrast oder Farbsättigung

    eingestellt werden. Auch besteht die Möglichkeit einen Test in das Bild einzublenden,

    was Datum und Kameraname beinhalten kann. Das aktuelle Bild der Kamera ist in

    der unteren Ecke zu beaobachten was die Einstellungen erheblich erleichtert.

    Abbildung 11: Dialogfeld Start/Stop der im Konfigurationsmodus

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    46

    Abbildung 12: Dialogfenster Kamera Konfiguration iGuard Konfigurationsmenu

    4.3.2.8 Speicherbedarf (Kompression)

    iGuard besitzt die Möglichkeit, den Speicherbedarf zweier unterschiedlicher

    Auflösungen einzustellen, wobei natürlich jede Kamera zu einem Zeitpunkt nur in

    einer Auflösung aufgezeichnet werden kann. Im Feld Speicherbedarf (Kompression)

    erfolgt die Einstellung des Speicherbedarfs für jede Auflösung in KByte/Bild. Der

    Wertebereich liegt zwischen 10 und 40 KByte/Bild für normale Auflösung bzw.

    zwischen 20 und 80 KByte/Bild für hohe Auflösung. Die Größe der Datenkom-

    pression ist gleichzeitig auch ein Maß für die Bildqualität. Je stärker komprimiert wird

    (kleine Zahl), desto geringer wird die Bildqualität.

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    47

    Abbildung 13: Konfiguration des Speicherbedarf und der Szenarien

    Bei normaler Bildauflösung speichert iGuard ein Kamerabild mit einer Auflösung von

    352x288 Bildpunkten ab, bei hoher Bildauflösung mit einer Auflösung von 704x288

    Bildpunkten. Die Festlegung des Speicherbedarfs pro Bild bedarf einer genauen

    Überlegung, da die beiden wichtigsten Kriterien, Auflösung der Bilder und

    vorhandene Kapazität der Festplatte, optimiert werden sollten. Wann welche Kamera

    mit welcher Auflösung aufgenommen wird, hängt von der Einstellung im jeweiligen

    Szenario ab. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit, für jede Kamera getrennt die

    Bildparameter, wie Bildhelligkeit, Bildkontrast und Farbsättigung des Bildes

    einzustellen.

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    48

    4.3.2.9 Auswertung von Videoaufzeichnungen

    Mit der Option Wiedergabe findet die Auswertung von Videoaufzeichnungen statt.

    Sie baut auf einer extrem leistungsfähigen Datenbank auf und erlaubt ein schnelles

    und komfortables Wiederfinden eingetroffener Alarme bzw. aufgezeichneter

    Ereignisse. Eine Wiedergabe ist sowohl in der Applikation iGuard als auch per

    Fernzugriff unter Verwendung des Programms iGuard RemoteView möglich.

    Optional dazu können mit iGuard RemoteView auch Datenbanken ausgewertet

    werden, ohne dass eine direkte Verbindung zum iGuard System vorhanden ist.

    Hierfür müssen die beiden Datenbanken, Record- und Message-Datenbank, zur

    Verfügung stehen. Dies ermöglicht den Betrieb von iGuard mit Wechselfestplatten,

    welche mit iGuard RemoteView dann lokal ausgewertet werden können.

    Über die Wiedergabe können Sie auf unterschiedliche Weise aufgezeichnete

    Videosequenzen bzw. einzelne Bilder suchen. Die Suche kann entweder über das

    Feld Logbuch oder über eine sogenannte Timeline-Darstellung erfolgen.

    Die Timeline-Darstellung ist eine grafische Darstellung der aufgezeichneten Bilder

    pro Kamera über einer Zeitachse. Für jede Kamera wird eine Zeile (Spur) dargestellt.

    Wird mit der rechten Maustaste in die Timeline geklickt, öffnet sich ein Rechteck,

    dessen Größe bei gedrückter rechter Maustaste mit der Maus geändert werden

    kann. Durch dieses Rechteck lässt sich ein Zeit-Bereich markieren. Bei Loslassen

    der rechten Maustaste wird ein Kontext-Menü angezeigt, mit dessen Hilfe der

    Anwender bestimmen kann, welche Funktion auf den markierten Bereich

    angewendet werden soll. Es stehen für einen bereits markierten Bereich drei

    Funktionen zur Auswahl:

    1. Ausschnitt vergrößern

    2. Ausschnitt als AVI-Sequenz exportieren (bezogen auf die selektierte Kamera)

    3. Aufzeichnungen löschen

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    49

    Durch den Export von zusammenhängenden Videosequenzen als AVI-File besteht

    die Möglichkeit, Filmsequenzen sowohl mit dem im Lieferumfang enthaltenen

    Programm iGuard Player als auch mit Standard Multimedia-Playern (z.B. Windows

    Media Player) wiederzugeben.

    4.4 Sitzdrucksensormatte und Auswertalgorithmus

    Ein zentraler Bestandteil der durchzuführenden Komfortuntersuchungen ist die

    Sitzdrucksensormatte. Durch sie werden die von der VP auf den Sitz übertragenen

    Drücke analog erfasst. Diese Druckdaten können nach einer Auswertung für die

    Definition der Sitzposition der jeweiligen VP herangezogen werden. Durch die

    zusätzliche Analyse des über das Videoaufzeichnungssystem erfassten Bildmaterials

    können für die Definition der Sitzposition relevanten Faktoren ermittelt werden. Von

    besonderem Interesse sind Strategien einzelner VP, die sie beim Sitzen zum

    Druckausgleich gebildet haben. Die Frage, ob übergeordnete Strategien bei allen VP

    sich herauskristallisieren, kann durch die parallele Auswertung der Drucksensor- und

    Videodaten beantwortet werden. Doch das wichtigste für die Sitzkomfortunter-

    suchungen sind lokale Druckspitzen, die von der VP auf den Sitz ausübt wird. Wie

    hoch sind diese und sind sie über die Zeit hinweg immer an der gleichen Stelle oder

    verschieben sie sich? Welche Bewegungen führt die VP durch, um diese Druck-

    spitzen auszugleichen? All diese Fragen und auch die Frage, ob die lokalen

    Druckspitzen aller VP über die Zeit hinweg miteinander korrelieren, können durch

    diesen dynamischen Versuchsaufbau beantwortet werden.

    Das System, bestehend aus einer Sensormatte und einem Auswertealgorithmus

    wurde von der Firma International Electronics & Engineering (IEE) an die BMW

    Group geliefert. Mit Ihrer Hilfe wird und wurden bestehende Insassenerkennungs-

    Systeme in ihrem Funktionsspektrum erweitert. Die Matte ist direkt auf den

    Schaumstoff des Sitzkissens aufgeklebt (Abbildung 4-14, S. 50). Somit verteilen sich

    die 96 Drucksensoren auf der Sitzfläche und auf den Sitzwangen, und erlauben eine

    vollständige Erfassung der Druckzustände auf dem Sitz.

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    Abbildung 4-14: Sitzdrucksensormatte

    Die Druckdaten werden mittels eines A/D-Wandlers in eine digitale Form

    umgewandelt und über einen Eingang (COM-Port) des Aufzeichnungsrechners auf

    die Festplatte weitergeleitet. Die Speicherung und Verwaltung der Druckdaten wird

    von dem Auswertealgorithmus erledigt. Dieser Algorithmus wurde speziell für das

    Insassenerkennungssystem entwickelt. Es ist in der Lage den Unterschied zwischen

    einer 5 Perzentil Frau und einem sechsjährigem in einem Kindersitz zu erkennen.

    Zusätzlich ist auf der Benützeroberfläche des Algorithmus eine Grafik von der

    Anordnung der Sensoren dargestellt, in der der Abdruck der jeweiligen Belegung im

    Sitzkissen mit Angabe des Druckes abgelesen werden kann (Abbildung 4-15,

    nächste Seite).

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    51

    Abbildung 4-15: Benützeroberfläche des Auswertealgorithmus

    Im unteren Bereich befinden sich zwei Fenster, die der Auswertung der gesammelten

    Daten dienen. Des weiteren lassen sich Gewicht und Sitzposition der jeweiligen

    Datensätze unter „POS“ und „Eccu“ hinzufügen.

    Alle Drucksensoren können mit mindestens einem Zeitintervall von 300 ms

    abgelesen werden. Somit beschränkt sich die maximale Datenrate auf 320 (96 x 3,3)

    in der Sekunde. Dies entspricht einer minimalen Belastung der Rechnerressourcen,

    was für die Videokompressionskarte Piranha II von großem Vorteil ist.

    Die für die Insassenerkennung entwickelten Eigenschaften des Algorithmus können

    bei der Auswertung der Druckdaten im Rahmen der Sitzkomfortuntersuchungen

    Gebrauch finden. Somit steht durch dieses Sitzdruckerfassungssystem ein schon

    getestetes und stabil laufendes Werkzeug zur Verfügung.

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    52

    4.5 Installation des Aufzeichnungsrechners

    Abbildung 4-16: Versuchsaufbau im Kofferraum des Versuchsfahrzeugs

    Der Computer für die Aufzeichnung der Video- und Sitzdruckdaten befindet sich im

    Kofferraum des Versuchsfahrzeugs. Alle Komponenten wurden auf eine

    Befestigungsplatte aus Holz angebracht, damit ein schnelles Ab- und Aufbauen des

    Versuchsaufbaus erreicht werden kann, soweit es notwendig sein sollte.

    Befestigungsplatte

    Aufzeichnungsrechner

    Wechselfestplatte

    Spannungswandler 12V>230 V

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    53

    Bei dem Rechner handelt es sich um einen Intel Pentium 4, 1,7 GHz von dem

    Hersteller Hewlett Packard mit einem Arbeitsspeicher von 256 MB. Es wird das

    Betriebssystem Windows XP benützt. Zusätzlich ist eine Wechselfestplatte

    eingebaut, um die entstandenen Daten mit einem geringem Aufwand auf einen

    Analyserechner oder auf einen Server zu übertragen.

    Der 17" TFT-Monitor ist auf Grund seiner flachen Baugröße ideal für den Einsatz im

    Kofferraum geeignet. Der Rechner ist auf einem speziell dafür angefertigtem

    Schaumstoff gelagert, damit die Festplatten eventuelle Stöße und Vibrationen ohne

    Schaden überstehen. Starke Bänder, welche ihn mit der Holzplatte befestigen,

    schützen vor starken Beschleunigungen auf horizontaler Ebene. Die

    Funktionstüchtigkeit, auch bei stärkeren Stößen, wurde ausgiebig auf der

    Teststrecke von der BMW AG in Aschheim sichergestellt.

    Um jedoch die Komponenten im Fahrzeug betreiben zu können, bedarf es einen

    Spannungswandler, der die 12-Volt-Spannung des Fahrzeugnetzes auf 220 Volt

    wandelt. Dieser wurde zusätzlich konfiguriert, um eventuelle Ausfälle auf Grund von

    erhöhten Temperaturen zu vermeiden. Hierfür wurde der Thermoschalter, welcher

    bei einer zu hohen Betriebstemperatur des Spannungswandlers diesen automatisch

    ausschaltet, ausgebaut. Hierdurch ist der zuverlässige Ablauf der Versuche auf jeden

    Fall gewährleistet, solange der Spannungswandler funktionstüchtig bleibt.

    4.6 Installation und Positionierung der Kamera

    Abbildung 4-17: Kameratyp 1 und 2

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    Das Ziel war es, die Chipkameras so unauffällig wie nur möglich zu positionieren. Es

    war jedoch keine leichte Aufgabe, da die zahlreichen Airbags in ihrem Wirkfeld nicht

    eingeschränkt werden durften. Befände sich eine Kamera auf einem Airbag, würde

    beim Auslösen des Airbags die Kameras eine Lebensbedrohung für die Insassen

    darstellen.

    Um die VP so wenig wie nur möglich zu beeinflussen, wurden zwei der drei

    Chipkameras mit dem selben Stoff des Dachhimmel überspannt, um somit noch

    weniger aufzufallen. Bei diesen zwei Kameras handelt es sich um Farbkameras mit

    einem ¼ Zoll CCD-Aufnahmesensor. Diese haben einen integriertes Festobjektiv der

    Grösse 3,6 mm, was einem horizontalen Blickwinkel von 54 Grad entspricht und 2,9

    mm, was 70 Grad entspricht.

    Kamera 1 befindet sich über dem Beifahrer und ist am Rahmen des Schiebedachs

    mit einer Schraubenverbindung befestigt, wie es in der zu sehen ist

    Abbildung 4-18: Position der Kamera 1 und seine Installation am Schiebedachrahmen

    Kamera 1 erfasst vollständig die rechte Seite des Fahrers.

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    55

    Abbildung 4-19:Position der Kamera 2

    Kamera 2 befindet sich spiegelverkehrt zur Kamera 1 über dem Kopf des Fahrers.

    Sie erfasst vollständig die linke Seite des Beifahrers. Die Versuche werden

    gemeinsam mit einer anderen Abteilung, welche das Versuchsfahrzeug und die

    Drucksensormatte zur Verfügung stellt, durchgeführt. Diese Abteilung ist im Rahmen

    der Entwicklung von einem Sitzerkennungssystem an den Körperbewegungen des

    Beifahrers interessiert.

  • VERSUCHSPLANUNG UND AUFBAU

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    Abbildung 4-20: Kamera 3

    Abbildung 4-21: Position der Kamera 3

    Kamera 3 erfasst den Hüft- und Beinbereich des Fahrers. Es handelt sich hierbei

    auch um eine Chipkamera mit einem ¼ Zoll Aufnahmesensor. Ihre Abmessungen

    sind 31mmx31mmx16,5 mm. Ihre Position ist direkt über dem Rückspiegel. Sie ist

    sehr unauffällig in den Himmel des Versuchfahrzeugs eingebaut (Abbildung 4-21, S.

    56). Nur ein Loch verrät ihre Position. Insgesamt stehen drei Objektive mit

    unterschiedlichen horizontalen Blickwinkeln zur Verfügung. Diese können bei Bedarf

    ausgewechselt werden. Es wurde ein anderer Typ von Chipkamera verwendet, da

    dessen Form an dieser Position besser geeignet ist.

    Kamera 3

  • VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

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    57

    5 Versuchsdurchführung

    Wie ist der Tatsächliche Versuch durchgeführt worden.

    Was kam dabei raus?

    Was für Wissen (Vp und allgemein) brauche ich um die Arbeit durchzuführen?

    (Was kann man mit dem System anfangen?>hab ich schon unter Piranha 4.3.!!)

    Was wurde mit dem System angefangen?

    Brauche Screenshots der Auswertung:

    -Alarme und Szenarein

    -Timeline-Übersichten

    Alle Grafiken Be-Rahmen

    Welche Einstellungen wurden getroffen bei der Kon