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Page 1: Mafsanalytische Bestimmung der Ferricyanwasserstoffsäure bei Gegenwart von Ferri- und Cyanion

416 Mtiller und Seidel: Mafianaly~ische Best. der Ferrieyanwasserstoffs~iure

~IaFsanalytische Bestimmung der Ferricyanwasserstoffs~iure bei Gegenwart yon Ferri- und Cyanion.

~'on

~,rich Mfiller und ~'riedrich Seidel.

Ausser nach de H a h n 1) durch Titration mit Permanganat nach voraufgehender Reduktion mit Ferrohydroxyd in alkalischer LSsung kann man die Ferricyanwasserstoffs~ure, wie friiher gezeigt wurde2), sehr bequem und genau in der Weise mafianalytisch bestimmen, dass

man ihre nur schwach saure LOsung mit Jodkalium und Zinksulfat vcr- setzt und das dabei ausgeschiedene Jod mit Thiosulfat und Sti~rke als Indikator titriert.

Dies ist natiirlich nicht mehr ohne weiteres mSglich, wenn die L6sung Ferriion enth~lt - - zum Beispiel in den braunen l,Ssungen, welche durch Yermischen yon Ferricyan- und FerrisulfatlSsungen ent- s t e h e n - well auch dieses aus Jodkaliuml5sung Jod in Freiheit setzt. Nun konnte friiher gezeigt werden~), dass letzteres bei Gegenwart yon Fluorkalium nicht mehr der Fall ist, und wir versuchten daher, durch dieses Salz den stSrenden Einfiuss yon Fe"" bei der jodometrischen Be- stimmung der Ferricyanide auszuschalten. Die folgenden Resultate zeigen, dass das sehr gut gelingt.

Zur Verwendung kamen: 1) Eine zirka 1/lo-molare LSsung yon Ferricyankalium, yon welcher

25 c c m nach Versetzen mit Jodkalium und Zinksulfat 26,24 c c m "/lo-Thio- sulfat gebrauchten.

2) Eine zirka 1/lo-molare L6sung yon Ferrisulfat, iiquivalent "/lo-Schwefelsaure, yon welcher 25 c c m nach Neutralisation und Ver- setzen mit Jodkalium 25,55 c c m Thiosulfat gebrauchten.

3) Eine L0sung yon Fluorkalium, die pro Kubikzentimeter 0,386 g KF enthielt. Das Fluorkalium war aus dem sauren Salz durch Gltihen im Platintiegel erhalten worden.

25 c c m der FerricyankaliumlSsung 1) wurden mit y c c m der Ferri- snlfatlSsung 2) und x c c m der FluorkaliumlSsung 3) versetzt, darauf

1) Annalen d. Chemie 90, 160; diese Zeitschrift 50, 382 (1911). 2) )/[ohr, Annalen der Chemie u. Pharmazie 105, 60 (1858). E r i ch

)/Iiiller und Ot to D i e f e n t h a l e r , Zeitschrift f. anorg. Chem. 67, 418; diese Zeigschrift 50, 383 (1911).

.3) E r i c h Miil ler , Zeitschrift f. Elektrochemie 14~, 81.

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bei Gegenwart yon Ferri- und Cyanion. 417

nach Durchsehiitteln 3 j Jodkalium and 5 g Zinksulfat, ZnSO 4 . 7 aq.,

zugegeben und das ausgeschiedene Jod mit ']/lo-Thiosulfat t i triert .

l J b e r s i e h t .

V 1 I Fe2(S04).~ KF :d i Mole KFIZur Titrationl Sollten fiir

' c c m c c ~ i Fe'" zirka Thiosulfat ] verbrauchen

-" . . . . . . . . . . . . . . . . I I 1 25 2 25 3 25 4 25 5 10 6 50 7 100

2,14 3 6,8

13 5,5

26 48

6 8,4

18 36 36 36 36

26,60 26,30 26,24 26,23 26,24 26,24 26,24

26,24 26,2~ 26,24 26,24 26,24 26,24 26,24

Wie yon verschiedenen Seiten 1) gezeigt wurde, bildet das Eisen

mit den Fluora]kalien ein komplexes, schwer 15sliches Salz yon der

Zusammensetzung Me3 Fe F~. Es scheint auch das Verhiiltnis F : Fe ~ 6 : 1

zu gentigen, um die Wirkung des Fe"" auf Jodion zu unterbinden.

Denn der etwas zu hohe Verbrauch an Thiosulfat bei Versuch 1 ist

haupts~chlich darauf zurtickzuftihren, dass eine geringftigige Bildung

yon Berlinerblau das Erkennen des Yerschwindens der blauen Jodst~rke-

fiirbung bei der Titration mit Thio.sulfat sehr erschwert. Dies ist nicht

mehr der Fal l bei einem gr0sseren Verh~ltnis yon F : F e , weshalb die

Anwendung eines solchen nStig wird.

Die auf Ferr icyanid zu untersuchende Fe '"-hal t ige LSsung muss

zuerst mit Fluorkalium und danach mit Jodkalium und Zinksulfat ver-

setzt werden, da die Tatsache besteht, dass eine mit iiberschtissigem

Fluorkalium versetzte FerrisalzlSsung aus Jodkalium kein Jod in Freihei t

setzt, wiihrend in eine~' mit Jodkalium versetzten FerrisalzlSsung dureh

tiberschiissiges Fluorkalium das ausgeschiedene Jod nicht vollst~ndig

verschwindet. Aueh ist es zweekm/ifiig, das Jodkalium vor dem Zink-

sulfat zuzugeben, da sonst zuniichst Zinkferricyanid gebildet wird, welches sich mit dem Jodkalium langsamer umsetzt.

1) O. C h r i s t e n s e n , Journ. f. prakt. Chemie (2) 84, 41; 35, 161. - - W a g n e r , Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. zu Berlin 1886, S. 896. - - P e t e r s , Zeitschrift f. phys. Chemie 26, 206 (1898). - - A l f r e d G r e e f , Ber. d. deutsch, chem. Gese]lsch. zu Berlin 1913, S. 2511.

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418 Mtil]er und Seidel: Mafianalytische Best. der Ferricyanwasserstoffs.~ture

Die Bestimmung der Ferricyanwasserstoffs~ture gibt in jedem Falle fehlerhafte Resultate, wenn gleichzeitig Blaus~ture gegenw~trtig ist, (wie das beispielsweise zutrifft, wenn saure Ferrisalz und Ferricyankalium

enthaltende L(isungen litngere Zeit stehen). Reduziert man niimlich dann mit Ferrosulfat und Alkali, so reagiert das Cyanion mit Ferro-

hydroxyd unter Bildang yon Ferrocyanid, und man finder bei der Titration der anges~inerten Liisung mit Permanganat zu viel. Titriert man andererseits das nach Zusatz yon Jodkalinm und Zinksulfat aus- geschiedene Jod mit Thiosulfat --- natiirlich bei Gegenwart von Fe""

nach F~llung desselben mittels Fluorkaliums - - so findet man je nach dem S~uregehalt zu wenig, da das Jod mit der Blausiiure nach der nmkehrbaren Gleichnng:

HCN-J-, J~ ~ - ~ " H ' ~ - J ' + C N J reagiert. 1)

Es bleibt daun uichts anderes tibrig, als die Ferricyanidl0sung mit einigen Tropfen Schwefels~ure anzus~uern und die Blaus~ure bei etwa 50 o durch einen K o h l e n s ~ u r e s t r o m - den man, um ihn yon reduzierenden Gasen zu befreien, durch PermanganatlSsung l e i t e t -

auszutreiben. ~) Wenn man die Blaus~ture in SilbernitratlSsung auffftngt, kann man sie hier quantitativ bestimmen. Arts einer cyanidfreien,

schwach sauren Ferricyanidliisung wird durch Kohlensiiure unter diesen Umst~inden keine B!ausiiure ausgetrieben.

Hat man sieh davon iibcrzeugt, dass alle Blaus~ure entfernt ist,

so kann man die FerricyanidlSsung jodometrisch bestimmen.

Liegt eine Ferrisalz Cyanid enthaltende FerricyanidlSsung vor, so treibt man die Blausiiure zweckmiil.~ig nach v o r h e r i g e m Zusatz tiber-

schtissigen Fluorkaliums aus, da ohne einen solchen Berlinergriin ent- stehen kann.

Der Einfluss des Cyanides auf die jodometrische Bestimmung der Ferricyanwasserstoffs~ture erheilt aus den Resultaten der l~bersicht 2. Be! jedem Versuch wurden gemischt 25 ccm der FerricyankaliumlOsung 1 mit 25 c c m der FerrisulfatlSsung 2 und 10 c c ~ der FluorkaliumlOsung 3.

1) E. v. M e y e r , Journ. f'. prak~. Chemic 36, 292; diese Zeitschrift 27, 227. ~ F o r d o s und Gdl is , Journ. de Chim. et de Pharm. 23, S. 48; Journ. f. prak~. Chemie 59, 255; diese Zeitschrift 33, 35.

'2) In analoger Weise bestimmt~ W. T r e a d w e l ] Ferrocyanid ~mben Cyanid. Zeitschrift f. anorgan. Chemie 71, 219 (1911).

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bei Gegenwart vi)n Ferri- und Cyanion.

l ~ b e r s i c h t 2.

419

Z u s a t z

1 -! 8 'kein . . . . . . . . . . . . . . . . . ! 9 10 c c m m]lo-KCN-L~sung . . . . . . . . . .

10 10 . . . . . . -k 6 Tropfen mol./~o H~SO4 i 11 10 ~ ~ , ,, -[-6 ~ ,, , 12 5 . . . . -~-6 , ., , 13 1 . . . . + 6 , , , 14 10 , ~- 10

1 Stunde bei 500 CO2 his zum Verschwinden der Blausi~ure durchgeleitet . . . . . . . .

k

Nach Zugabe yon KJ + Zn SOa ver- braucht Thiosulfat

26,24 23,81 25,93 25,35 25,55 26,16

2(J,23

Wenn man eine Cyanid enthaltende FerricyanidlOsung nach Zugabe

yon Jodkalium und Zinksulfat mit Thiosulfalt austitriert hat, bis zum

Verschwinden der Jodst/irkefiirbung, so verbraucht sie zum Wicder-

auftreten der letzteren mehrere Tropfen JodlSsung.

Die Bestimmung des nicht als Komplex vorhandenen Eisens iu

einer Ferri-FerricyanidlOsung etwa (lurch F~tllen als Hydroxyd beim

Erhitzen mit Alkalien ist nicht ganz einwandfrei, weil nach G. G r u b e 1)

dabei das Ferricyanid unter Bildung yon Ferrihydroxyd und Ferrocyanid

zerlegt wird. Man kann freilich bei Benutzung yon Ammoniak diesen

Fehler sehr klein machen: Wenn aber Cyanid gegenw'~rtig ist, so ist

diese Bestimmungsmethode schon deshalb nicht ans~tngig, wcil Cyanion

in alkalischer L(isung mit Ferrihydroxyd in Reaktion tritt.

Man kSnnte daran denken~ nach Vertreibung der Blausi~urc alas

gesamte Eisen, komplexes und nicht komplcxes, ohne Fluorkalium und

dann das komplexe allein nach Zusatz yon Fluorkalium, jodometrisch

zu bestimmen. Allein cs bihlet sicb beim Versetzen ciner Fcrri-

FerricyanidlSsung mit Jodkalium und Zinksuliat zuniichst Berliner-

blau, das beim Schfitteln nur langsam in Ferro-Ferrocyanid fibergeht.

Zudem kann man, da letzteres immer bl~iulich bleibt, den Endpunkt

der Titration des ausgeschiedenen Jods mit Thiosulfat nicht scharf or-

a) Zeitschrif~ f. anorgaH. Chemic 84, 190.

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420 Eegriwe: 1Jber die Empfindlichkeit einiger Bleireagenzien.

kennen. Es ist daher am besten, in einer Probe alas Gesamteisen nach dem Abrauchen mit Schwefels~m:e zu bestimmen und yon diesem den in oben gesehilderter Weise ermittelten Ferricyanidgehalt abzuziehen.

D r e s d e n .

Institut ffir Elektrochemie und physikalische Chemie.

~ber die Empfindlichkeit einiger Bleireagenzien. Von

Edwin Eegriwe.

Die Literaturangaben fiber die Empfindlichkeit ein und derselben Bleireagenzien ~) weisen ziemlich bedeutend abweichende Werte auf. Der Grund hierffir liegt in den verschiedenen VerSuchsbedingungen, welche in der Hauptsache zurfickzufflhren sind auf: 1. die Anwendung verschieden grosser Volumina der Bleisa]zlSsung (bei Fiillungsreaktionen), 2. die Anwendung ungleich dicker Flfissigkeitsschichten (bei Farben- reaktionen), 3. die ~Nichtberticksichtigung aller Faktoren, welche ffir die Empfindlichkeit einer Reaktion von Bedeutung sind. Zu den letzteren gehOren, worauf schon C. P f a f f 2) hinweist, ausser der Reinheit und Menge der Reagenzien auch die Zeitdauer der Reaktion und die Temperatur. Aus den veriiffentlichten Werten gewinnt man daher kein deutliches Bild yon der versehiedenen Empfindliehkeit der Bleireagenzien, und infolgedessen mangelt es an einer einheitlich durehgeffihrten Be- stimmung einer solehen, s)

1) C. P f a f f , Handb. d. analy¢. Chemie, Bd. I, S. S. 68, 150, 161 (1821) Bd. II, S. 290 (1822); L a s s a i g n e , 5ourn. de Chim. reed. VIII, S. S. 513, 577; R. W i l d e n s t e i n , diese Zeitsehrift 2, 9 (1863); Wel l s , The Analyst 1887, S. 173; B. N e u m a n n , Chemiker-Zeitung 1896, S. 763, die Grenzen der Empfindlichkeit verschiedener Reaktionen auf 1~Ietalle.

~) Ibid. I, S. S. 41--46. 3) Die Versuche in dieser Richtung yon Wel l s und N e u m a n n (v.ide 1)

ers~reeken sich nur auf eine kleine Anzahl yon Reagenzien.


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