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Nitroso-acyl-amine und Diazo-ester XI Der ZerfalI der Alkyl-diazoester in organischen Losungsmitteln

Von Kolf Huisgen und Hans Reimlingerl)

In Ergiinzung einer fruheren Untersuchung der Nitroso-lactame wird der Zerfall der aus offenkettigen Nitroso-acyl-alkyl-aminen hervorgehenden Alkyl- diazoester gepriift. In inerten Losungsmitteln entstehen dabei Carbonester; see. Alkyl-diazoester liefern daneben Olefine in einer Eliminierungsreaktion. Zugesetztes Naphthol wird am Sauerstoff alkyliert ; beim Zerfall in Methanol treten die Methyllither neben den Estern auf.

Der Zerfall folgt auch im unpolaren Solvens einem polarcn Chemismus; dabei ermoglioht das orientierte Ionenpaar aus Alkyl-diazonium-ion und Carbon- siiure-anion als Zwischenstufe eine befriedigende Deutung der Reaktionsabliiufe. Die noch nicht geklilrte Stellung der Diazo-alkane im Reaktionsschema wird diskutiert.

Alkyl-diazoester vermogen beim Zerfall ihren Acyl-Rest gegen den zugesetzter Carbonsiiuren auszutauschen. Korrespondierende Systeme von Nitroso-acyl- methylamiden mit Carbonsauren zeigen bei der Esterbildung gleiche Konkurrenz- Konstanten fur die beteiligten Carbonsluren.

A. Problemstel lung Die Nitroso-acyl-alkyl-amine haben fur die Darstellung der Diazo-

alkane ausgiebig Verwendung gefunden. Ihrer spontanen Umlage- rung in Alkyl-diazoester wurde wenig Aufmerksamkeit gewidmet , obwohl die mangelnde Haltbarkeit vieler Nitroso-acyl-methylamide, die bei der Alkalibehandung Diazomethan liefern, hinlanglich be- kannt war. H. v. Pechmann2) beschrieb die Bildung von Benzyl- benzoat bei der Thermolyse des Nitroso-benzoyl-benzylamins. M. F. C hance13) erhielt beim Erw&rmen des Nitroso-propyl- acetamids auf looo Propyl-acetat. W. S. H. Grieve und D. H. H ey4) beobachteten den nbergang des Nitroso-acet-benzylamins in Benzyl-acetat und Stilben in siedender benzolischer Losung, angeblich erst nach Zusatz von Kaliumcarbonat. Eine Untersuchung des Nitroso-caprolactams seitens R. Huisgen und J. Reiner t s - ho f e r 5, machte erstmalig mit den vielfaltigen Reaktionsmoglich- keiten der Nitroso-acyl-alkylamine bekannt . Seit Beginn umerer systematischen Untersuchung uber Nitroso-acylamine erschien eine Reihe von Publikationen, die von dem Interesse zeugen, das dieser

l) Diplomarbeit Tiibingen 1952; Dissertation Munchen 1953. 2, Ber. dtsch. chem. Ges. 31, 2640 (1898). *) Bull. SOC. chim. France [3] 13, 125 (1896). 4, J. chem. Yoc. [London] 1934, 1797. j) Liebigs Ann. Chem. 575, 174 (1951).

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Verbindungsklasse auch von anderer Seite entgegengebracht wird6-10).

Das Studium des Zerfalls der Alkyl-diazoester, der Isomeri- sierungsprodukte der Nitroso-acyl-alkylamine, verdient nicht nur praparatives, sondern auch theoretisches Interesse. In der Abspal- tung des Stickstoffs aus dem Alkyl-diazonium-kation liegt der einzige bekannte exotherme Ionisationsprozep am normalen Alkyl- Kohlenstoff. Die Untersuchung des Alkyl-diazoester-Zerfalls im unpolaren Solvens muB lehren, wie weit auch mit der Einschrankung der Ionensolvatation noch Carbonium-Mechanismen realisiert wer- den konnen. In vorausgehenden Arbeiten5> 11) wurde bereits gezeigt. daS die intramolekulare Acylwanderung der Nitroso-acyl-amine gemaB I der die Geschwindigkeit bestimmende ProzeB ist, dem sich

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der Zerfall des entstandenen Alkyl-diazoesters als unmeBbar rasche Folgereaktion anschlieat. Durch Wahl der geeigneten Reaktions- temperatur hat man es somit in der Hand, den Zerfall der Alkyl- diazoester praktisch , ,in unendlicher Verdiinnung" ablaufen zu lassen ; das Wegfallen von Reaktionen hoherer Ordnung vereinfacht das System.

B. Zerfall i n verschiedenen Losungsmit te ln Nitroso-benzyl-benzamid liefert in Benzol bei 60-80° iiber die

Stufe des Benzyl-diazo-benzoats unter Stickstoffaustritt 86% d. Th. an Benzoesaure-benzylester neben 7 yo Benzoesaure (11). Der hier

I1 CtjH,-CH~-N=hT-O-CO-C&I~ + C,H,-CH,--O-CO--C,H, + N,

vorliegenden Alkylierung des Carbonsaure-anions 1SiBt sich leicht durch Zusatz anderer nucleophiler Agentien Konkurrenz bieten. Nimmt man den Zerfall des Diazoesters in einer benzolischen Losung

6) M. S. Newmen u. A. Kutner, J. Amer. chem. Soc. 73, 4199 (1951); M. S.

') G. Nischk u. E. Miiller, Liebigs Ann. Chem. 576, 232 (1952). ")K. Heyns u. 0. F. Woyrsch, Ber. dtsch. chem. Ges. 86, 76 (1953); K.

9, K. Heyns u. W. v. Bebenburg, Liebigs Ann. Chem. 595, 66, 69 (19.55).

Newman u. W. M. Edwards, ib. 76, 1840 (1954).

Heyns u. W. v. Bebenburg, ib. 86,278 (1953).

la) E. H. White, J. Amer. chem. SOC. 77, 6008, 6011, 6014 (1955). 11) R. Huisgen u. H. Reimlinger, Liebigs Ann. Chem. 599, 161 (1956).

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von p-Naphthol vor, dann 1aSt sich neben dem erwahnten Ester das 2-Benzyloxy-naphthalin isolieren, entstanden nach 111, R = p-Naph- thyl. Beim Zerfall des Diazoesters in siedendem Methanol kommt es

III C~H5--CH~-N=N-O-CO--C6H5 + ROH - neben der Esterbildung zur Alkylierung des Losungsmittels (111, R = CH,) : Aus 83 mMol Nitroso-benzyl-benzamid wurden 60 mMol BenzoesSiure und 41 mMol Benzyl-methyl-iither neben 21 mMol Benzyl-benzoat isoliert .

Bei der Isomerisierung des Nitroso-methyl-benzamids in Toluol bei 80-looo und Zerfall des Methyl-diazo-benzoats entstanden 91 yo Benzoestlure-methylester, ohne daB eine Methylierung des Toluols Feobachtet wurde. Der SchluS, daB der Alkyl-diazo-ester ein nur sckwaches Alkylierungsmittel sei, ist nicht berechtigt ; das stark ba- sische Benzoat-anion unterliegt leichter der Methylierung als der schwach basische aromatische Kohlenwasserstoff.

Eine weitere Reaktionsmoglichkeit tritt vornehmlich bei Alkyl- diazoestern mit see. Alkyl-Rest in den Vordergrund, die Olefin- Bildung. Beim Zerfall des Cyclohexyl-diazo-acetats, aus Nitroso- cyclohexyl-acetamid in Benzol erhalten, isolierten wir 46 yo Cyclo- hexen neben 36% Cyclohexyl-acetat. Die Eliminierung nach IV ist

HZ N=N-O-CO--CH, HZ

--+ ".@ +CH,COOH + N, ::(p H Z

H, 1V HZ

also mit der Esterbildung geschwindigkeitsmafiig vergleichbar. Das Verhaltnis Olefin : Ester ist beim Zerfall des Isopropyl-diazo-acetats noch grofier, soweit die Versuchsbilanz von K. Heynsg) diesen SchluB zulBBt. Auch beim Zerfall der a-Phenyl-iithyl-diazoester pflegt die Ausbeute an Styrol die des a-Phenyl-iithyl-esters zu ubersteigen .

Nach E. Bambergerlz) SOU der Umsatz des Nitroso-methyl-urethans mit P-Naphthol in Ather bei Raumtemperatur zu Nerolin fuhren. Dieser Befund steht im Widerspruch zu der sehr langsamen thermisehen Isomerisierung dieses Nitroso- acyl-amins zum Methyl-diazoesterll). Tatsiichlich lieB sich eine Methylierung des Naphthols mit Nitroso-methyl-urethan in Toluol erst durch zweitiigiges RiickfluB- kochen erzielen; eine 10-proc. Losung des P-Naphthols in Toluol ergab dabei 50%

lZ) Ber. dtsch. chem. Ges. 30, 366 (1897).

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d. Th. an Nerolin13). Der Widerspruch kliirt sich mit der Angabe Bembergers, das Nerolin durch Wasserdampf-Destillation in alkalischem Medium isoliert Z U haben. Erst beim Alkalischmachen lost das entstehende Diazomethan die Methy- lierung des Naphthols aus. Auch mit Diazomethan ,,in situ", d. h. mit Nitroso- methyl-urethan in Methanol unter Zusatz von Kaliumcarbonat1*), gelingt die Ver&therung des P-Naphthols glatt.

Kurzer Erwihnung bedarf die Thermolyse des Nitroso-meth yl- harnstotfs. Der Zerfall bei 80° in einer 10-proc. toluolischen @-Naph- thol-Losung lieferte neben 2-Methoxy-naphthalin in vergleichbarem AnsmaB den N-Methyl-carbaminsaure-P-naphthylester (VI), iden- tisch mit einem aus Chlorameisensaure-@-naphthylester und Methyl- amin erhaltenen Praparat. mensichtlich tritt beim Nitroso-methyl- harnstoff mit der Acylwanderung zum Methyl-diazoester eine Nitrosyl- Verschiebung in Konkurrenz. Dabei wandert die Nitroso- gruppe zur nichtalkylierten Amino-Funktion. Das entstehende Acyl- diazo-hydroxyd V zerfiillt unter Bildung von Methyl-isocyanat, das sich seinerseits rnit @-Naphthol zu dem isolierten Carbaminsiiure- ester (VI) umsetzt:

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N 0 NO I H I

CH3--X-CO--NH2 - CHs-N-CO-NH T CHs-N€I-CO-X = N-OH

CHS--N=C=O + N, + HSO

Einen Beweis fur diesen Mechanismus sehen wir in der Isolierung von mehr als 30% d. Th. IsocyanursBure-trimethylester aus einer toluolischen Zerfallslosung des Nitroso-methyl-harnstoffs ohne Naphthol-Zusatz ; hier trimerisiert sich somit das Methyl-isocyanat in bekannter Weise. Schon E. A. Werner15) aowie F. Arndt16) beobachteten ubrigens die Bildung des kristallinen Trimethyl- isocyanurats beim Auf bewahren fester Praparate des Nitroso- methyl-harnstoffs.

Zur Carbonester-Bildung aus Nitroso-acyl-aminen sind mehrere interessante Analogien bekannt . Die enge Beziehung der N-Nitroso-

Is) Auf die Isolierung des Methyl-iithyl-carbonats wurde bei diesem Versuch kein Wert gelegt. C. D. Gutsche u. H. E. Johnson, J. h e r . chem. SOC. 76, 1776 (1984) beschrieben bereits die Bildung von Aralkyl-athyl-carbonat beim zehn- stundigen Erhitzen eines N-Arslkyl-nitroso-urethans in Cyclohexanon auf 11 5".

14) H. Meerwein, DRP. 579309; Chem. Zbl. 1933,11, 1758. 15) J. chem. SOC. [London] 115, 1093 (1919). 16)E'. Arndt , L. Loewe u. 8. Awan, Ber. dtsch. chem. Ges. 73, 606 (1940).

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sulfonamide zu Diazoverbindungen wurde bereits von C. P a a l und L. Lowitschl') entdeckt. Bei der neuerlichen, erfolgreichen Bearbeitung fand Th. J. de B oerls) diese Nitroso-sulfonamide (VII) thermisch isomerisierbar zu Diazosulfonaten, deren Zerfall im

/NO,

\ R--N R-N

VII 'SO,-R' VI I I co-R'

inerten Solvens zu Sulfonsiiure-estern fiihrt. Auch die N-Nitro-acyl- amide (VIII) teilen nach E. H. Whitelo) diese Fahigkeit zur spon- tanen Isomerisierung ; das dabei entstehende , ,Azoxy"-Analogon des Alkyl-diazoesters zerfallt in Carbonester und Stickoxydul.

C . Chemismus AnlaBlioh der Untersuchung des Nitroso-caprolactams wurde

bereits auf den charakteristischen Unterschied in der Reaktions- weise der Aryl- und der Alkyl-diazoester hingewiesens). WSihrend die Arylverbindungen in AbhZingigkeit vom Solvens einem ionischen oder radikalischen Zerfahschema untediegen, folgt die Ablosung des Stickstoffs aus den Alkyl-diazoestern auch im unpolaren Solvens einem polaren Chemismus. Diese Heterolyse der Alkyl-diazoester wurde jungst mit neuem experimentellem Material belegt'o).

Die Nitroso-acyl-arylamine resp. die daraus hervorgehenden Aryl-diazoester vermogen die Vinyl-Polymerisation zu startenlg). In ErgLnzung der friiheren Versuche mit Nitroso-caprolactam ver- mochten wir auch jetzt mit einer groBeren Zahl offenkettiger Alky1- diazoester, welche den Diazo-Rest an einem primaren Alkyl tragen, nie eine Polymerisation des Styrols oder Acryl-nitrils auszulosen.

Dagegen bestatigen wir die Angabe von K. Heynss), da13 der Zerfall des Nitroso-isopropyl-acetamids in Acryl-nitril bei 60° zu einer Polymerisation recht geringen AusmaBes fuhrt ; auch eine kleine Menge Polystyrol IIBt sich aus einer entsprechenden Zerfalls- losung isolieren. Dieses Polymerisationsvermogen, quantitativ nicht

")Ber. dtsch. chem. Ges. 30, 869 (1897); siehe auch Friedlender 10, 1216 (1910); Th. J. de Boer u. H. J. Backer, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 73, 229, 682, 589 (1954).

Recueil Trav. chim. Paw-Bas 73. 677 11954): D. H. H e v u. Th. J. de Boer. ib. 73, 686 (1954); siehe aucGT. Takizawa, J. Pharm. Soc. japan 70, 490 (1950); C. 4. 46, 464 (1952).

19) A. T. Blomquist, J. R. Johnson u. H. Y. Sykes, J. Amer. chem. SOC. 65, 2446 (1943); D. H. H e y u. G. 8. Misra, Discuss. Faraday 800. 2, 279 (1947); G. 8. Misrau. Shukla, J. Ind. chem. SOC. 29, 895 (1952); siehe such R. Huisgen u. C:. Horeld, Jiebigs Ann. Chem. 562, 137 (1949).

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vergleichbar mit dem der Peroxyde oder Nitroso-acyl-ar yl-amine khnlicher Halbwertszeit, ist temperaturabhangig. Bei 20° bleibt die Zerfallslosung des Nitroso-isopropyl-acetamids in Acryl-nitril vollig klar ; der von Entf arbung der gelben Nitrosamid-Losung begleitete Zerfall nimmt hier mehrere Tage in Anspruch. Das sich um einen Faktor von etwa 20 rascher isomerisierende Nitroso-sec.buty1- benzamidll) zeigt das gleiche Phanomen : Bescheidene Polymeri- sationsziindung des Styrols und Acryl-nitrils bei 60°, keine nach- weisbare Wechselwirkung bei 20° 20).

Der SchluB, dal3 die genannten Alkyl-diazoester bei hoherer Tempe- ratur neben dem polaren Zerfall in geringem MaB einen Radikal- zerfall erleiden, ist moglich, aber nicht bindend. Die genannten N-see. Alkyl-nitroso-amide sind schwer zu reinigende Ole ; die Gefahr einer Polymerisationsanregung durch Begleitstoffe lal3t sich nicht ausschlieBen. Bemerkenswert ist, dal3 mit reinem, kristallisiertem Nitroso-cr-phenylathyl-benzamid, dessen Halbwertszeit in gleicher GroBenordnung liegt, nicht die geringste Polymerisation des Acryl- nitrils oder Styrols zu erzielen war. Hier sollte aber die Benzyl-Meso- merie das Auftreten des cr-Phenylathyl-Radikals sogar erleichtern21),

Eine dritte Moglichkeit, die geringe Polymerisationszundung mittels obiger see. Alkyl-nitrosamide zu deuten, liegt in einer Redox- reaktion der Nitrosoverbindung mit dem Vinyl-Monomeren. Auch das Verhalten gegenuber dem a- Pikryl-P,P-diphenyl-hydrazyl, dem Radikal von St. Goldschmidt und K. Renn22), spricht fur Unter- schiede im Oxydationsvermogen der Nitroso-acylamine. Bekannt- lich wird dieses permanganatfarbene, stabile Hydrazyl nicht nur durch Radikale, sondern auch durch Oxydationsmittel, also durch Elektronenubergang, entfiirbt. So reagiert das Radikal z. B. mit Salpetrigsiiure-estern rasch in der WBrme. Unter den Nitroso-amiden reagieren das Nitroso-a-phenyliithyl-benzamid, das Nitroso-capro- lactam u. a. nicht mit dem Hydrazyl-Radikal ; mit Nitroso-athyl- acetamid 1aBt sich bei 60° in Benzol innerhalb weniger Min. eine Entf arbung auslosen, obwohl das prim. Alkyl-nitrosamid sich in diesem Temperaturbereich praktisch noch nicht zum Diazoester isomerisiert . Die Entf arbung mit den oligen sec , Alkyl-nitrosamiden erfolgt wesentlich rascher.

Die Bildung der CarbonsSlure-ester beim Zerfall der Alkyl-diazo- ester kommt somit durch die Vereinigung des kationischen Alkyl-

z o ) Fur die Ausfuhrung einiger erghzender Versuche und einiger Nacharbei- tungen sei Herrn Dip1.-Chem. C. Ruchardt bestens gedankt.

p l ) Wir waren ebensowenig wie andere Autorens) in der Lage, definierte Nitroso- Derivate von tert. Alkyl-acylamiden oder solche von Alkenyl-acylamiden zu er- halten. Diese FaUe vermogen daher u. E. noch keinen Reitrag zur Diskussion zu liefern.

2 z ) Ber. dtsch. chem. Ges. 55, 628 (1922).

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restes mit dem Carboxylat-anion zustande. Die oben erwahnte Alkylierung des Losungsmittels oder zugesetzter nucleophiler Agen- tien geht auf entsprechende Carbonium-Chemismen zuruck. Natiir- lich wird man beim Zerfall des Alkyl-diazoesters, so grol3 die Ioni- sationsneigung des Systems auch ist, im unpolaren Losungsmittel nicht mit dem Auftreten f r eier Carbonium-ionen zu rechnen haben ; der Mangel an Ionensolvatation wird eine Dissoziation der Ionen vereiteln.

Eine ahnliche Situation t r s t man beim Zerfall der Alkylchloro- sulfite im organischen Solvens zu Alkyl-chlorid und Schwefeldioxyd an. Wie weiter unten naher ausgefuhrt, unterstreicht die erhebliche Konfigurationserhaztung beim Zerfall von Alkyl-diazoestern mit asymmetrischem Alkylrest diese Analogie. Der Konfigurationserhal- tung beim Chlorosulfit-Zerfall trugen nun E. D. Hughes, C. K. Ingold et al.23) mit dem sog. SNi-Mechanismus Rechnung, der in einem cyclischen Obergangszustand das Auftreten freier Ionen vermeidet. Die naheliegende ubertragung auf den Alkyl-diazoester fuhrt zu folgendem Bild 9,10924):

Formel X symbolisiert dabei den mesomeren Ubergangszustand, durch Uberlagerung mehrerer covalenter und ionischer Grenz- formeln zustande gekommen.

Abgesehen vom Mangel an Definiertheit im raumlichen Ablauf am zentralen Kohlenstoffatom haften dieser Formulierung als SNi einige Schwlchen an. Neben den experimentellen Daten zweier spaterer Mitt. ist anzufuhren, da13 dieser cyclische Ablauf den bezuglich der NN-Doppelbindung cis-konfigurierten Diazoester IX erfordert. Wie schon friiher gezeigt, fuhrt aber die Isomerisierung der Nitroso-acyl-amine zu den trans-DiazoesternZ5). Da stets cis- Diazoverbindungen energiereicher sind als die trans-Verbindungen,

23)E. D. Hughes, C. K. Ingold, S. Masterman u. A. D. Scot t , J. churn. SOC. [London] 1937, 1262.

2 p ) Naturlich kann man auch, wie E. Whitelo) es tut, den ProzeB unter Zuhilfc- nahme des zweibindigen Sauerstoffs uber einen 4-gliedrigen Ring ,,abrollen" lassen. Dagegen kommt der von Heynsg) gewahlten Formulierung uber einen primhren, 7-gliedrigen Wasserstoffbrucken-Ring u. E. wenig Wahrscheinlichkeit zu.

26) R. Huisgen u. L. Krause, Liebigs Ann. Chem. 574,157 (1951); R. Huisgen u. J. Reinertshofer, ib. 575, 197 (1952); R. Huisgen u. H. Nakaten , ib. 586, 84 (1954).

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liegt in einer dem Zerfall vorausgehenden Stereoisomerisierung der trans-Diazoester zu IX eine etwas belastende Zusatzannahme26).

In neueren, schonen Arbeiten zur Spaltung der Alkylchlorosulfite wahlten D. J. Cram2') sowie E. S. Lewis und C. E. Boozer28) eine abweichende Beschreibungsform des SNi-Prozesses, namlich die iiber das orientierte 10nenpaar~~). Eine entsprechende Formulierung uber das Diazonium-Ionenpaar XI steht nun mit den Eigenheiten des Alkyl-diazoester-Zerfalls befriedigend in Einklang . Die konfi- gurativen Unterschiede zwischen cis- und trans-Diazoester wird man in XI geloscht annehmen diirfen. Die Alkylierung des Losungsmit-

5) R-N-N R + N-N

1 R N

\ k \ N O 0 0 I + O\@;;/O -----). \ 7 C (; I I

R' C

oA \ R XI R

tels beim Zerfall des Alkyl-diazoesters in Methanol findet dabei in einer Di.ssoziation des Ionenpaars, einem im Zuge der Solvatisierung erfolgenden Auseinanderdrangen der Ionen, ihre Erkliirung ; das solvatisierte Diazonium-ion unterliegt alsdanii einem S N ~ -Zedall. Zur Alkylierung des Naphthols kommt es beim Austausch des Carboxylat-ions in X I durch Naphthol als Base ; moglicherweise hat man auch mit einem Wasserstoffbrucken-Addukt des Naphthols mit dem Carbonsaure-anion zu rechnen (S . 196).

Kurzer Diskussion bedarf die eventuelle Rolle der D ia z o a 1 k a n e im Zerfallsschema der Alkyl-diazoester. Aufgrund nicht ganz uber- zeugender Experimente postulierten K. Heyns und W. v. Beben- burgs) Diazo-alkan + Carbonsaure als Zwischenprodukte, deren Vereinigung dann zum Carbonester fiihren soll3O). Wie an anderer Stelle naher erlautert31), bieten nun das Alkyl-diazonium-ion bzw

26) Xur photochemische Umwancllungen tram - cis sind bei Azobenzol und Diazo-cyaniden bekannt. Die thermischeIsomerisierurig erfolgt stets in der Richturig cis + trans und hat Aktiviernngsschwellen in der GroDenordnung von 23 kcal zu ubenvinden: G. H a r t l e y , J. chem. Soc. [London] 1938, 623; R. J. W. L e F e v r e mit H. Vine , ib. 1938, 431; mit J. N o r t h c o t t , ib. 1949, 944; 1953, 867.

27) D. J. Cram, J. Amer. chem. Soc. 75, 332 (1953). 28) E. S. Lewis u. C. E. Boozer , J . Amer. chem. Soc. 74, 308 (1952); 75, 3182

(1953); 76, 794 (1954). 29) Das Ionenpaer ist nicht einer ,,Momentaufnahme" des cyclischen uber-

gangszustandes, z. B. X, gleichzusetzen. Wahrend X ein Bild des Aktioierungs- komplezes ist, sieht die modene, recht fruchtbare Vorstellung in den Ionenpamen Zwischenprodukte; die Reaktionskoordinate weist also einen ,,Energietopf " an der Stelle des Ionenpaars auf.

Bezuglich der Kritik der experim. Belege schliel3en wir uns den Ausfuhrungen von Th. J. d e Boer , Dissertation Groningen 1953, S. 62, an.

31) R. H u i s g e n , Angew. Chem. 67, 439 (1958).

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das Diazonium-Ionenpaar gemaB XI als Zwischenstufe den Schliissel zum Verstandnis der Reaktionen der Diazo-alkane mit B r 6 ns t e d - und Lewis- Siiuren. Man wird daher zweckmaI3iger das System Diazo-alkan + Carbonsiiure, entgegen den genannten Autoren, nicht im , ,HauptschluB", sondern im , ,NebenschluB" unterbringen, wie folgendes Schema zeigt :

Nitroso-acyl-alkylamin -+ Alkyl-diazoester

Diazo-alkan + Carbonsaure t = T)iazonium-Ionenpaar XI ? I

1 Carbonester + IT,

Ob die Basizitat des Carbonsaure-anions in XI ausreicht, um dem Alkyl-diazonium-ion ein Proton zu entziehen, also das Diazoalkan freizusetzen, lafit sich schwer voraussagen. Vielleicht wird man nicht einmal verallgemeinern diirfen, da die Zerfallsgeschwindigkeit eines Diazonium-ions von der Qualitat des entstehenden Carbonium-ions abhangen wird. J. D. Rober t s et al.32) vermochten durch Versuche mit deuterierten SBuren zu zeigen, da13 der Umsatz des Diphenyl- diazomethans mit Carbonsiiure irreoersibe2 ablauft, wiihrend im Falle des Diazo-essigesters Kinetik und Einbau von mehr als einem Atom Deuterium ein dem Zerfall des Diazonium-ions vorgelagertes Gleichgewicht der Protoneniibortragung beweisen. Beim Umsatz des unsubstituierten Diazomethans mit CH,-COOD wurde im gebildeten Ester nur 1 D gefunden, was wiederum fur irreversible Bildung des Methyl-diazonium-ions spricht33). Beim Nitroso-acylamin-Zerfall arbeitet man allerdings bei hoheren Temperaturen, so da13 sich ein teilweiser ffbergang von XI in Diazo-alkan im Rahmen eines Gleich- gewichtes nicht a priori ablehnen lafit.

In einer jiingst erschienenen Arbeit zogen Hey n s und v. Be b en - bur g9) die Annahme einer intermedihen Diazo-alkan-Bildung zuriick, wobei sie sich auf ein etwas fragwiirdiges Experiment stutzen. Die Autoren unterwarfen Nitroso-methyl-acetamid und Nitroso-n-butyl-butyramid gemeinsam der Isomerisierung und dem Zerfall, wobei als Reaktionsergebnis nur Methyl-acetat und Butyl- butyrat, aber keine ,,Kreuzprodukte(', isoliert wurden. Aus der fehlenden Vertauschung der Reste wurde geachlossen, daI3 es im Zuge des Diazoester-Zerfalls nicht zur Trennung von Alkyl- und

$*) J. D. Roberts, C. hf. Regan u. I. Allen, J . Amer. chem. SOC. 74, 3679

sa) J. D. Rober ts , Privatmitteilung. (1952).

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Acyl-Rest kommt, wie es ein Ubergang in Diazo-alkan + Carbon- skure voraussieht. Die kinetischen Daten (S. 166) erlauben nun die Schatzung, da13 sich die Isomerisierungs-Geschwindigkeiten der beiden genannten Nitroso-acyl-amine etwa wie 1 : 25 verhalten. Unter diesen Bedingungen aber oersugt der Kreuzversuch, da die Aufarbeitung durch Destillation die nur in sehr kleiner Menge zu erwartenden , ,gemischten" Ester nicht zu erfassen gestattet. Einen Versuch mit einem zweiten Paar konnen wir nicht kommentieren, da wir Nitroso-acyl-isobut yl-amine nicht in unsere kinetische Unter- suchungll) einbezogen haben.

Wir waren nicht in der Lage, aus einer Zerfallslosung von Nitroso- methyI-benzamid in Toluol bei 80° nachweisbare Mengen Diazo- rrr.ethan auszutreiben. Die hohe RG des Diazomethans mit Carbon- siluren nimmt diesem Argument die Beweiskraft. Mit Sicherheit kann man lediglich angeben, dal3 nicht stets beim Alkyl-diazoester- Zerfall die Einstellung des ,,NebenschluB"-Gleichgewichtes mit dem Diazo-alkan rasch ist im Vergleich zur Esterbildung. Beim Zerfall des optisch-aktioen Nitroso-1,m-phenylathyl-acetamids (XII) in warmem Benzol isolierten wir ntimlich reinen EssigsSiure-cc-phenyl- athyl-ester (XIII), der mit 74% 1- + 26% d-Form weitgehende Konfigurationserhaltung aufweist. Ein vollstandiger Ablauf uber a-Phenyl-diazoathan als optisch-inaktives NebenschluSprodukt miil3te aber zu einem inaktiven Ester fiihren. Gegen ein teilweises Passieren der Diazo-alkan-Stufe laljt sich jedoch kein Widerspruch herleiten.

Die Frage nach dem Auftreten der Diazo-alkane beim Alkyl- diazoester-Zerfall ist somit noch ~ f f e n ~ ~ ) . Die 1952 durchgefuhrten Experimente des folgenden Abschnitts bieten einen wichtigen Beitrag.

34) J. D. Roberts, W. Watanabe u. R. E. McMahon, J. h e r . chem. Soc. 73, 760, 2521 (1951) beobachteten bei der Reaktion dos Diphenyl-diazomethrs rnit Carbonsiiure in Alkohol rieben Ather stets Carbonester als Reaktionsprodukt. Fur die Esterbildung nahmen sie einen ,,Dreizentren-Prozel" an, wobei das Diazo- alkan gleichzeitig mit Proton und Siiure-anion zusammentritt. Schon damals diskutierten die Autoren als Alternativmiiglichkeit einen RG-bestimmenden Protonenubergang und Reaktion des Ionenpaars im ,,Losungsmittelklifig". Neuere Arbeiten, vor allem von S. Winstein, haben die iiberragende Bedeutung dcs oriontierten Ionenpaars fur Substitution und Umlagerung aufgezeigt.

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Nitroso-acyl-amine und Diazo-ester XI 193

D. Versuche zum Acyl-Austausch beim Zerfall de r Alkyl-diazoester

Es schien uns von Interesse, festzustellen, ob auf der Stufe des Alkyl-diazonium-Ionenpaars XI oder, allgemeiner, auf irgendeiner Zwischenstufe des Nitroso-acylamin-Zerfalls ein Austausch des Acyl- restes moglich ist. Die Antwort war eindeutig positiv. Beim Zerfall des Nitroso-methyl-benzamids in einer p-Nitro-benzoesaure enthaltenden Losung entstand ein Gemisch der Methyl-ester der Benzoesaure und ihres p-Nitro-Abkommlings. Beim Zusatz von 3,B-Dinitro-benzoe- sure wurde der Anteildes ,,Fremdesters"sogar nochgrol3ergefunden.

Die weitergehendeFragestellung bezieht sich auf dieVoZZst6ndigleeit des Acyl-Austauschs. Wenn man annimmt, daB es beim Zerfall des Alkyl-diazonium-ions auf einer Zwischenstufe x zur freien Kon- kurrenz der ,,eigenen" mit einer ,,fremden", der Losung zugesetzten Carbonsaure kommt, dann sollte sich aus dem gefundenen Ester- Verhiiltnis die Konkurrenz-Konstante k,/k, der Reaktion von x mit den beiden Carbonsauren ermitteln lassen.

' ,NO

i- R ' 4 O O H \ (A) CO-R

C H ~ N '

CHZ-0-CO-R (C) + R-COOH

CHs-4-CO-R' (F) + R-COOH (El

Es sollen k, und k, die RG-Konstanten der fur Acyl-Fixierung und Ester- bildung maBgebenden Stufen sein. Mit den Buchstaben seien die Konzentrationen der im vorstehenden Schema definierten Reaktionsteilnehmer bezeichnet. Dann gilt: + dC/dt = k, . x - B und + dF/dt = k, * x . E;

Zur experimentellen Ausfiihrung ist zu sagen, &I3 es sich aus Loslichkeitsgriinden verbot, einen groSen UberschuB der SLuren R-COOH und R-COOH um das Nitroso-acyl-amin konkurrieren zu lassen. Der Acylrest des eingesetzten Nitroso- acyl-amins mu13 mitberiicksichtigt werden. Wenn A beim Zerfall mit der zuge- setzten Saure R'-COOH (E) zu F zusammentritt, dann wird dabei eine Molekel R-COOH (B) freigesetzt, die erneut in das Konkurrenz-System eintritt. Es gilt somit :

R = B o + F und E =Eo-F;

Einsetzen fuhrt zu - _ dC - k , (B ,+F) . dF k, (E,-F) '

Annalen der Chrmie. 699.Rand 13

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194 H u i s g e n und R e i m l i n g e r

Das Ergebnis der Integrationa5) ist :

k2 = [(E, + Bo)ln (-]-F] E" k, c E,-F

Dic Ietzte Gleichung enthalt neben der Konkurrenz-Konstante nur nocli die Anfangskonzentrationen der beiden Sauren iind dic Endkonzentrationen der beiden Ester.

Wir uberliel3en aquimolare Mengen Nitroso-methyl-benzamid, Benzoeshure (B des Schemas S. 193) und p-Nitro-benzoesaure (E im Schema) in Xylol bei 90° der Reaktion. Die Zusammen- setzung des mit Alkali ausgezogenen Carbonskure- Gemisches wurde durch Aquivalenttitration mit, Natronlauge ermittelt. Entsprechend wurde die Mischung der Ester nach Verseifung uber die Titration der Carbonsauren analysiert. Die Ester C und F konnen also sowohl unmittelbar als auch aus dem Verbrauch der Sauren resp. der Konzentrationsanderung des Sauregemisches bestimmt werden, womit man eine Kontrolle zur Hand hat.

In einem zweiten Versuch lieBen wir alsdann das korrespondie- rende Nitroso-acyl-amin, nhmlich das Nitroso-methyl-p-nitro-benz- amid, bei seinem Zerfall mit dem gleichen Carbonsaure-Paar in Wechselwirkung treten ; auch hier wurde analog die Konstante k,/k, bestimmt, die den Erfolg der p-Nitro-benzoesaure und der Renzoesliure bei der Esterbildung angibt. Die aus Tab. 1 zu er- sehende sehr gute fjbereinstimrnung der Konkurrenz-Konstanten beider Versuche 1aBt keinen Zweifel daran, daB der molekuleigene Acylrest des Nitroso-acyl-amins und der ,,fremde" der zugesetzten Saure bei der Esterbildung als gleichberechtigte Korzlrurrenten auf- treten. Der Acyl-Austausch ist somit eine dem Zerfall unter Stick- stoff-Freisetzung vorgelagerte , sehr rasche Reaktion.

Tab. 1 Konkurrenz der Benzoeshure (k,) und der p-Nitro-benzoesaure (k,) bei der Esterbildung aus Nitroso-methyl-acylamin resp. Diazomethan

in Xylol

k,/k, aus k,/k, aus Esterbildung Siiureverbrauch Temp*

Nitroso-methyl-benzrid 2,53 2,45 9 0 0 I 2:: I 2:; I 2:: Nitroso-methyl-p-nitro-benzamid Diazomethan

s5) Fur die Entwicklung der integrierten RG- Gleichungen dieser Arbeit sind wir Herrn Dr. I. Ugi an unserem Institut zu Dank verpflichtet.

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Nitroso-acyl-amine und Diazo-ester XI 195

Der dritte Versuch, dessen Resultat ebenfalls in Tab. 1 aufgenom- men wurde, diente zur Priifung der Hypothese, dal3 beim Zerfall der Alkyl-diazoester und bei der Reaktion der Diazo-alkane mit Carbonsauren ein und dieselbe Zwischenstufe durchlaufen wird. Wir liel3en die beiden aromatischen Sauren urn Diazornethan bei -loo konkurrieren. Die Ubereinstimmung der Konkurrenz-Konstante mit der der beiden vorausgehenden Versuche (Tab. 1) ist befriedigend, vor allem, wenn man die unterschiedlichen Reaktionstemperaturen beriicksichtigt.

Bei diesem Versuoh mit Diazomethan handelt es sich kinetisch urn ein ein- faches Parallel- System. Wenn A die Konzentration des Diazomethans ist und fur Siiuren und Ester die S. 193 eingefiihrten Symbole iibernommen werden, dann gilt :

dC/dt = k,AB und dF/dt = k,AE;

Die Integration36) fiihrt zu:

Die formal einfachste Interpretation des Resultats der Tab. 1 wiirde einen nbergang der beiden aromatischen Nitroso-methyl- amide in Diazomethan im Zuge des Zerfalls postulieren, wie es folgendes Schema wiedergibt :

CHI-N = N-O-CO-CGH5 CHS-0-CO-CGHb

I \,,HA. COOH +&15-COOH Nitroso-methyl-benzamid

Nitroso-methyl-p-nitro-benzamid

Diese Deutung ist aber durchaus nicht zwingend. Auch das Schema S. 191 fordert eine gemeinsame Zwischenstufe fur Alkyl- diazoester-Zerfall und Skurereaktion des Diazo-alkans. Ein rascher

13*

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196 H u i s g e n und R e i m l i n g e r

Acyl-Austausch rnit Gleichgewichtseinstellung der beiden orientierten Diazonium-Ionenpaare liefert das gleiche kinetische System :

Nitroso-methyl-benzamid - A CH,-040-C,H, C6H5-COOo

'+ CH,-0-CO-C,H,NO, m

Nitroso-methyl-p- - nitro -bemamid

Es erscheint dabei lediglich befremdend, daB das Methyl-diazo- nium-Ionenpaar geniigend Zanglebig ist, urn eine Einstellung des Acyl-Austauschgleichgewichts zu gestatten. Diese Schwierigkeit kann man mit der Annahme umgehen, daB die ,,fremde" Carbon- saure unter Bildung eines Wasserstoffbriicken-Addukts in das Diazonium-Ionenpaar eintritt , wobei XIV gebildet wird. Dieses Mono-anion der dimeren Carbonsauren ist nicht nur bekannt in ktall isierten Salzen vom Typ des KH(CH,-COO),, aondern diirfte vor allem im unpolaren Losungsmittel aus Griinden der besseren Verteilung der anionischen Ladung begiinstigt seins6).

I

XIV C,H,NO,

Fur erheblich weniger wahrscheinlich halten wir einen Acyl- Austausch auf der Stufe des covalenten trans-Diazoesters. Die nbereinstimmung der Konkurrenz-Konstante des Diazomethan- Versuchs bleibt dabei unverstanden und miiBte eine zufallige sein. Von weiteren Versuchen, vor allem solchen mit Isotopen-markierten Carbonsauren, versprechen wir uns eine Klarung des Zerfallsschemas der Alkyl-diazoester.

36) Die Reaktion von Aminen rnit zwei Bquivalenten Essigsiiure in Tetrachlor- kohlenstoff fiihrt nach G. M. Barrow und E. A. Yerger, J. Amer. chem. SOC. 76, 5211 (1954); 77, 4474, 6206 (1955) quantitativ zum H-Brucken-Addukt aus Acetat + Essigsilure rnit charakteristischem IR- Spektrum. Die Gleichgewichtskonstante fur die Bildurig dieses verbriickteh Anions aus seiner1 Komponenten ist unme8bar gro8.

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Nitroso-acyl-amine und Diazo-ester X I 197

Die Forderung dieser Arbeit seitens der Deutschen Forschungsgemeinschaft sei dankend vermerkt. H e m Prof. J. D. Rober t s , Pasadena (USA), spricht der eine von uns fiir anmgende Diskussionen und die Mittdung unveroffent- lichter Experimente seinen Dank aus.

Beschreibung der Versuche

Nit roso-benzyl - benearnid a) Zerfall in Benzol

Das aus 8,0 g N-Benzyl-benzamid (38 mMol) mit nitrosen Gasen in Eisessig- Acetanhydrid erhaltene Nitroso-Derivat wurde ohne Reinisolierung in Benzol aufgenommen. Nach nocknen uber Natriumsulfat wurde mit dem leichen Losungsmittel auf ein Vol. von 120 ccm ergiinzt vnd im Wasserbad 6 gtunden auf 60°, 2 Stunden auf 700 und noch 2 Stunden auf SOo erwiirmt. Die Stickstoff- ausbeute weist auf einen 90-proc. Wirkungswert des Nitroso-acyl-amin-Priiparats. Nach Einengen i. V. wurde mehrfach mit Natrium-bicarbonat ausgezogen; das Ansiiuern der Ausziige und Auskthern gab 0,3 g Banzoesaure (7% d. Th.).

Der Ruckstand der ewaachenen und getrockneten Benzollosung wurde i. V. destilliert: 6,5 g vom Bdp. 180-186°/15. Es handelt sich urn Benzyl-benzoat, dessen Schmp. noch durch eine Verunreinigung gesenkt ist. Als Reinheitskri- terium resp. zur Cohaltsbestimmung bedienten wir uns der Benzoyl-Bestimmung nach der von T. E. Fr iedemanna7) modifizierten Kuhn-Roth-Methodess).

C,,H,,O, (212,24) Ber. 49,6% Benzoyl Gef. 46,9%; 47,0%

Das Produkt enthiilt somit 95% Benzyl-benzoat, was zu einem Reaktions- ergebnis von 86% d. Th. fiihrt. Der Benzyl-Rest des Esters wurde durch Vber- fiihrung in 3,5-Dinitro-benzoesiiure-benzylester charakterisiert.

Fur die geringfiigige Bildung der Benzoesiiure machen wir den kleinen Wasser- gehalt des Losungsmittels verantwortlich.

b) Zerfall i n Benzol i n Gegenwart von P-Naphthol [5,0 g Benzyl-benzamid wurden wie oben nitrosiert und in 100 ccm Benzol

unter Zusatz von 10,8 g @-Naphthol 15 Stunden auf 60°, dann noch 1 Stunde auf SOo erwiismt. Der benzolischen Losung liesen sich 0,8 g Benzoesiiure (32% d. Th.) entziehen. Ausschutteln mit kalter 2n-Natronlauge gab 6,9 g Naphthol zuriick. Bus den braunen, oligen Neutralanteilen kristallisierte beim Anreiben mit Ligroin, allerdings nur unvollstiindig, der B e n z ~ Z - P - n u ~ ~ t ~ y Z - ~ ~ ~ e ~ BUS. Nach meffichem Umlosen aus Benzol wurden 0,35 g farbloser Bliittchen vom Schmp. 99O erhalten. Mit einem aus @-Naphthol, Benzylchlorid und Kaliumcarbonat in sied. Methanol (98% Ausb.) erhaltenen Priiparat von 2-Benzyloxy-naphthalin in Schmp. und Mischschmp. Ubereinstimmung.

c) Zerfall in Methanol Die tiefgrune Nitrosierungslosung von 20,O g Benzyl-benzamid in Eisessig-

Acetanhydrid wurde vorsichtig mit Eis und Eiswasser versetzt; die sich zuniiohst olig ebscheidende Nitrosoverbindung krishllisierte beim Animpfen. Nach Ab- saugen und griindlichem Waschen mit Eiswasser wurde im Exsiccawr uber Schwefelsiiure und Atzkali bei 5" getrocknet: 20,O g Nitrosoverbindung (88%

37) J. biol. Chemistry 123, 161 (1938). Ber. dtsch. chem. Ges. 66, 1374 (1933).

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198

d. Th.) vom Schmp. 43,545,502)). Nach Losen in 200 ccm Methanol wurde der Zerfall durch 24-stundiges RuckfluBkochen durchgefuhrt.

Das Methanol wurde zuniichst abdestilliert, alsdann noch einmal iiber eine Kolonne getrieben, der Ruckstand wieder mit dem Reaktionsprodukt vereinigt. Dieses wurde in Ather aufgenommen und rnit eiskalter n-Kalilauge ausgexogen. Ansiiuern und Ausiithcrn des alkalischen Extraktes lieferte 7,28 g Benzoesaure (72% d. Th.). Die Destillation des Neutralanteils ergab bei

H u i s g e n und R e i m 1 in g e r

56-57 0 1 1 1 5,96 g Benzyl-methylather 170-171 "11 4,73 g Benzoesaure-benzylester.

Die etwas zu niedrigen CH-Werte des Benzyl-methylathers sind moglicherweise auf bereits einsctzende Autoxydationa9) zuruckzufuhren. Zur Charakterisierung wurde der Ather durch Kochen mit 3,5-Dinitro-benzoyl-chlorid und wasserfreiem Zinkchlorid in das Gemisch der Ester ubergefuhrt. Durch fraktionierte Kristal- lisation aus &her und aus Alkohol, unterstutzt mit der Vakuumdestillation der einzelnen Fraktionen, gelang die Trennung der Ester fur die Identifikation. Der Benzylester schmolz bsi 111-112 O, der Methylester bei 108O; beide zeigten in der Misehung mit authent. Priiparaten keine Depression. Proben des Benzoesaure- benzylesters wurden zur Gehaltsbestimmung mit alkoholischer n-Kalilauge 3 Stunden unter RuckfluB bei GO,-AusschluB gekocht und mit n-Salzsiiure zurucktitriert. Einem 92-proc. Gehalt entspricht eine Ausb. von 4,35g (24% d. Th.).

Zerfall des Ni t roso-methyl -benzamids in Toluol Die priiparative Aufarbeitung wurde an den Versuch, Diazomethan aus der

Zerfallslosung auszutreiben, angeschloseen. 6,O g N-Methyl-benzamid wurden in Eisessig mlt nitrosen Gasen behandelt

und nach EingieBen in Eiswasser mit 50 ccm Toluol ausgezogen. Nach Waschen mit Natrium-bicarbonat-Losung und rnit Wasser wurde die Toluollosung irn Kuhlschrank iiber Natriumsulfat getrocknet. Vorversuche mit Stickstoffmessung beim ZerfaU wiesen auf eine 90-proc. Ausbeute am Nitrosokorper bei dieser Arbeitsweise hin.

Zum Zerfall des Nitrosokorpers wurde die toluolische Liisung in einer Wasch- flasche innerhalb einer Stunde auf 800 erwiirmt und 3 Stunden bei dieser Tempe- ratur gehalten. Mit einer Fritte wurde Stickstoff durchgeleitet ; die Gase passierten anschlieaend eine auf -500 gekiihlte, mit 30 ccm abs. Ather beschickte Wasch- flasche. Diese Athervorlage wurde im AnsqhluS an die Zersetzung mit einer Losung von 2 g 3,5-Dinitro-benzoe&ure in Ather versetzt, wobei keine Gasent- wicklung festzustellen war. Nach Ausziehen der iitherischen Losung mit eiskalter verd. Kalilauge hinterlies sie beim Abdampfen des Losungsmittels keinen Neutralanted.

Die Isomerisierung wurde durch weiteres 1-stundiges Erhitzen der Toluol- losung auf 1000 vervollst&ndigt. Nach Ausziehen mit n-Kalilauge bei 00 und Waschen mit Wasser wurde zur Verseifung des Benzoesiiure-methylesters mit 3,6 g Atzkali in 30 ccm Methanol 15 Stunden unter RuckfluB gekocht. Die ubliche Isolierung gab 4,45 g Benzoesiiure, was einer 91-proc. Ausbeute am Methyl- benzoat entspricht.

Zerfall des Nitroso-cyolohexyl-acetamids i n BenzolZ0) 30 g Kaliumacetat wurden mit 90 ccm Eisessig und 30 ocm Essigsaureanhydrid

aufgekocht und nach Abkiihlen auf 800 rnit wenig Phosphorpentoxyd, dann mit 11,O g Cyclohexyl-acetamid versetzt. Unter Turbinieren kuhlte man rasch auf O o

39) S. A.M. C l o v e r , J. Amer. chem. 9oc. 46, 425 (1924).

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A1itroso-acyl-amine und Diazo-ester XI 199

und tropfte bei dieser Temperatur innerlialb 40 Min. 60 ccm einer 16-proc. Losung von Nitrosyl-chlorid in Acetanhydrid zu. Nach weiteren 20 Min. Ruhreri und 60 Min. Stehen im Kiihlschrank wurde mit Eis und Eiswasscr versetzt und in Benzol aufgenommen. Die Benzolphase wurde zur Entfernung des noch nicht hydrolysierten Saureanhydrids 10 Min. bei O o mit verd. wiihigem Ammoniak geriihrt, dann mit Eiswasser gewaschen und kurz mit Natriumsulfat getrocknet. So bereitete Losungen enthielten nach Vorversuchen etwa 85% d. Th. am Nitrosokorper.

Die mit weitcrem Benzol auf 400 ccm ergiinzte Losung wurde 3 Stunden auf 400, dann kurz auf 70° erwlirmt. Unter Normaldruck wurde Benzol zusammen rnit dem Cyclohexen abdestilliert. Nach Ausfuhrung entsprechender Test- und Blindversuche wurde das Olefin in aliquoten Teilen des Destillats mit wiiBriger 0,ln-Bromid-Bromat-Losung und SalzsBure mit anschlieBender jodometr. Be- stimmung des nicht gebundenen Broms ermittelt: 2,94 g Cyclohezen. (46% d. Th.).

Der Ruckstand wurde mit Natrium-bicarbonat gewasohen und in einem hoch- angesetzten Claisen-Kolbchen destilliert. Bei 170-180° gingen 3,75 g Cyclohexyl- acetat uber, dessen Gehalt durch Acetylbe~timmung~') kontrolliert wurde.

c,H,,o, (1423) Ber. 30,3% Gef. 27,4%; 27,3%

Aus diesem Gehalt errechnet sich die Ester-Ausbeute zu 3,21 g (36% d. Th.).

R e a k t i o n des Ni t roso -me thy l -u re thans mi t @ - N a p h t h o l I n atherischer Losung bei Raumtemperaturle) war kein Umsatz zu erzielen.

Dagegen erhiilt man aus iiquival. Mengen der Komponenten in Methanol mit einer Spatelspitze Kaliumcarbomt 40% d. Th. an B-Naphthyl-methylather vom Schmp. 70-72O. Eine thermische, neutrale Reaktion lieB sich erst bei der Temperatur des siedendcn Toluols durchfuhren.

10,Og @-Naphthol (70mMol) wurden mit 9,2gNitroso-methyl-urethan (70mMol in 100 ccm Toluol bis zur negativen Liebermann-Reaktion 45 Stunden unter RuckfluS gekocht. Die dunkelrote Losung wurde i. V. vom Toluol befreit, nachdem vorher das nichtumgeaetzte fi-Naphthol mit Natronlauge ausgezogen wurde. Der dunkelrote, schmierige Ruckstand wurde mit tiefsied. Petroliither angerieben, worauf sich ein Rohkristallisat des 2-Methoxy-naphthalins absohied, welches dann aus Alkohol umgelost wurde; Schmp. 69-72". Durch Wieder- holung dieser Operation mit dem oligen Rest lieBen sich insgesamt 5,4 g Nerolin (50% d. Th.) isolieren.

Thermischer Zerfall des Nitroso-methyl-harnstoffs a) I n Toluol

10 g reinen Nitrosokorpers wurden in 100 ccm Toluol 5 Stunden auf 90° erhitzt, worauf die Stickstoffentwicklnng beendet und der Liebermann-Test negativ war. Im RiickfluDkiihler kondensierten sich Wassertropfen; eine Frci- setzung von Ammoniak wurde nicht bcobachtet. Nach Abziehen des Toluols i. V. wurde der Ruckstand in heiBem Alkohol aufgenommen ; beim Erkalten schieden sich 1,Sg filrblose Tafeln vom Schmp. 170-172Oab. Der nach Umlosen ilus&hanol bei 174-176O gefundene Sohmp. weist auf Isocyanzmaure-trimethylester hin.

CBH,0,N3 (171,16) Ber. C 42,lO H $31 Gef. N 42,ll 1) 5,25

b) I n Toluol m i t @ - N a p h t h o l 7,2 g Nitroso-methyl-harnsboff (70 mMol) wurden mit 10g@-Naphthol(70miKol)

in 100 ccm Toluol 12 Stunden auf 800 gehalten. Nach Ausziehen von 5,6 g Naphthol mit Natronlauge wurde das Losungsmittel entfernt. Der feste braune

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200 H u i s g e n und R e i m l i n g e r

Ruckstand (5 g vom Schmp. 30-110O) wurde abwechselnd rnit Ather bei Raum- temperibtur digeriert und aus Athano1 umkristallisiert . Als sohwerloslicher Anteil wurden 1,93 g einer bei 114-1 15O schmelzenden, farblosen Verbindung erhalten; daneben 2,60 g Nerolin vom Sohmp. 69-72O. Die schwerlosliche Verbindung, die bei der alkalischen Verseifung @-Naphthol ergab, erwies sich als N-Meth.?jl-carh- a,m,insiiure-@-naphth yleater .

Cl,HllO,N (201,22) Ber. C 71,62 H 5,51 N 6,96 Gef. )) 71,32 )) 5,46 )) 7,22

Synthese des Vergleichspriiparats : 0,50 g Chlorkohlensaure-P-naphthyl-ester, aus Phosgen, p-Naphthol und Chinolin erhalten'O), wurde i n 10 ccm Ather mit 0,5 ccm 33-proc. w8Briger Methylamin-Losung geschuttelt. Nach 1-stundigem Stehen wurde das kristallisierte Urethan teilweise abgesaugt, teilweise aus dem Ather gewonnen: Ausbeute 92% d. Th. Nach Umlosen aus Ather Schmp. 114 bis 115", ohne Depression rnit obigem Praparat.

Z e r f a 11 d e s Nit ro s o - 1 , tc - p h en y 1 ii t h y 1 - ace t amid s in B e 11 z o 1 Der Versuch sei hier nur kursorisch beschrieben. Alles NBhere iiber optische

Spaltung, Bereitung und Drehwerte der Standards ist der XIII. Mitt. diescr Reihe zu entnehmen.

Das verwendete 1,u-Phenyl-iithylamin zeigte [a]% = -39,2O in Benzol und [a12 = -32,3O in Alkohol. Auf der Grundlage des Wertes von W. Leithe'l) berechnet sich die optische Reinheit zu 94%. Das mit Acetanhydrid bereitete Acetyl-Derivat vom Schmp. 100-102° zeigte [u]g = -159O in 2-proc. benzo- lischer Losung.

8,0 g des aktiven Amids wurden mit 1,s dquivalenten Nitrosyl-chlorid wie S. 198 nitrosiert. Die mit Eiswasser ausgefilllte olige Nitroso-Verbindung wurde in Benzol aufgenommen und mit Natrium-bicarbonat, dann bei 00 mit verd. Ammoniak, sohlieBlich mit Eiswasser gewaschenund durch Schiitteln rnit Natrium- sulfat im Eisbad getrocknet. Innerhalb von 4 Stunden wurde die Temperatur der benzolischen L&ung langsam von 30° auf den Sdp. gesteigert; die Stickstoff- entbindung war dann abgeschlossen. Auf die Erfassung der Eliminierungspro- dukte, Styrol und EssigsBure, wurde verzichtet. Nach Ausziehen rnit Natrium- bicarbonat-Losung wurde das Losungsmittel abdestilliert und der Ruckstand im Claisenkolben fraktioniert. Bei 108-109°/18 gingen 2,lO g Ester uber. Als Ruckstand verblieben 1,3 g nichtnitrosierten Silureamids.

Nach einer weiteren Destillation wurde der in 31% d. Th. Ausb. isolierte Ester analyaiert.

CloH,,O, (164,20) Ber. C 73,15 H 7,37 Gef. )) 73,56 n 7,37

Verseifungs-dquival. Ber. 164,2 Gef. 162,3

In 2-proc. Losung des a-Phenyliit~yl-acetats wurden folgende Drehwerte gemessen :

[a]% = -53,SO (Benzol); -57,8O (hithanol)

figurationserhaltung neben 51 yo Rmemisierung. -4uf der Basis des hochsten Drehwertes der Lit.4,) entspricht das 49% Kon-

40) A. Einhorn u. L. Roth lauf , Liebigs Ann. Chem. 382, 256 (1911). 11) Mh. Chem. 51, 388 (1929). 4e)H. R. Snyder u. J. H. Brcwster, J. Amer. chem. SOC. 71, 293 (1949);

P. A. Levene u. R. E. Marker, J. biol. Chemistry 97, 379 (1932).

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Nitroso-acyl-amine und Dlazo-ester XI 20 1

Acyl-Austauschreaktionen beim Zerfall der Alky l -d iazoes ter

a) Vorversuche und Analysenmethode Um wirklich sicherzustellen, daS die Alkyl-diazoester in die Konkurrenz

eingehen, mudte die Moglichkeit des siiurekatalysierten Zerfalls der Nitroso- acyl-aminell) ausgeschaltet werden. Nitroso-methyl-benzamid hat in Pseudocumol bei 90,Oo eine halbe Lebensdauer von 15,O Miall). Zwei kinetische Messungen mit 0,7 g Nitrosamid und 1,0 g 3,5-Dinitro-benzoesiure in 90 ccm Pseudocumol ergaben Halbwertszeiten von 14,9 und 14,8 E n . Das Fehlen einer Saurekatalyse schlielt eine direkte Reaktion der zugesetzten SBure mit dem Nitroso-acyl- amin aus.

Unter den Reaktionsbedingungen diirfen keine Umestemngen stattfinden. Als Modell eines Extremfalls wurden 1,20 g Benzoeslure-methylester mit 2,20 g 3,5-Dinitro-benzoesiiure in 100 ccm Xylol 3 Stunden unter RuckfluB gekocht. Aus dem alkalischen Auszug wurden 2,17 g Dinitrobenzoesaure mit Schmp. 199-204O zuriickerhalten. Aus der neutralen Losung konnte 1,18 g Methyl- benzoat isoliert bzw. iiber die Verseifung bestimmt werden.

Als Anal ysenmethode fur Gemische von Benzoesiiure und p-Nitro-benzoesiiure bewiihrte sich die Bestimmung des Siiureiiquivalents. 0,500 g des Siiuregemischs wurden in siiurefreiem Sprit mit alkoholischer 0,5 n-Kalilauge gegen Phenol- phthalein titriert. Eine Eichkurve gibt die mg p-Nitrobenzoesaure pro 500 mg SLuregemisch unmittelbar in Abhangigkeit von den ccm Kalilauge an. Bei Probebestimmungen konnte eine Genauigkeit von f 1 % erzielt werden.

b) Zerfall des Nitroso-methyl-benzamids i n Gegenwar t von Benzoesiiure und p -Ni t ro -beneoes lu re i n Xylol

7,42 g N-Methyl-benzamid wurden in 20 ccm Eisessig mit nitrosen Gasen bei Oo wie iiblich bis zur Dunkelgriinfiirbung behandelt. Im Scheidetrichter wurde mit Eiswasser versetzt und dreimal mit Chloroform ausgezogen. Nach Neutralisation der Chloroform-Ltisung mit Natrium-bicarbonat wurde uber Chlorcalcium im Kiihlschmnk getrocknet. Nach Abziehen des Losungsmittels i. V. aus dem Eisbad hinterblieben 8,35 g der Nitrosoverbindung als gelbes 01. Das mit 93% d. Th. isolierte Priiparat zeigte in der nachfolgenden Umsetzung einen Wirkungswert von 100 yo.

4,18 g p-Nitro-benzoesiiure (25 mMol) und 3,05 g Benzoeslure (25 mMol) konnten in 600 ccm Xylol erst vollstiindig gelost werden, als noch 20 ccm Aceton zugesetzt wurden. Nach Einbringenvon 4 , l O g Nitroso-methyl-benzamid (25mMol) wurde durch 3-stiindiges Erwiirmen auf 90° der Zerfall zu Ende gebracht. Beim Erkalten kristallisierten 0,50 g p-Nitro-benzoesiiure aus. Die gekiihlte Reaktions- laSung wurde mehrfach mit eiskalter n-Natronlauge (insgesamt 100 ccm) aus- gezogen. Diesem Extrakt wurden die Carbonsauren nach Ansauern mit starker Salzslure durch mehrfaches Ausschutteln mit Ather entzogen. Der iiber CaCl, getrocknete Atherextrakt wurde vom Losungsmittel befreit und im Vakuum- Exsiccator zur Trockene gebracht. Das Siiuregemisch (6,OO g) wurde zur Homo- genisierung gepdvert. Bei zwei Titrationen mit 500,O und 500,2 mg wurden 7,72 bzw. 7,73 ccm 0,5 n-Kalilauge verbraucht, was 108 mg p-Nitro-benzoesaure in 500 mg Gemisch bedeutet. Die Bilanz der unverestcrten Carbonsauren ergibt sich damit zu 10,75 mMol p-Nitro-benzoesaure und 38,56 mMol Benzoeslure.

Die gewaschene und getrocknete Xylol-Losung der Ester wurde i. V. auf ein Volumen von 75 ccm eingeengt. Beim Erkalten kristallisierten 1,75 g reiner p-Nitro-benzoesiiure-methylester aus. Die xylolische Mutterlauge wurde zur Verseifung des restlichen Esters 15 Stunden mit 5 g KOH in 75 ccm Methanol unter RuckfluB gekocht. Nach Zusatz von Wasser und Schichtentrennung wurde

Page 20: Nitroso-acyl-amine und Diazo-ester XI. Der Zerfall der Alkyl-diazoester in organischen Lösungsmitteln

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noch einmal mit etwas Lauge ausgeschiittclt, der vereinigte alkalische Extrakt alsdann wie oben auf das Carbonslure-Gemisch aufgearbeitet (2,07 g). Zwei 500 mg-Proben verbrauchten jeweils 7,40 ccm 0,5 n-KOH, 180 mg p-Nitro-slure in der Probe entsprechend.

Damit sind insgesamt 14,13 mMol p-Nitro-bcnzoesjiureester und 10,86 mMol Methyl-benzoat cntstanden. Aus dem Carbonsaureverbrauch errechnen sich dio gut iibereinstimmenden Werte von 14,25 und 11,44 mMol fur die Estorbildung.

c) Nitroso-methyl-p-nitro-benzamid m i t p-Nitro-benzoesaure und Benzoes iure in Xylol

25 mMol des reinen, kristallisierten IYitroso-acyl-amins") (5,23 g) wurden in einer Losung von je 25 mMol der beiden aromatischen Carbonsauren in 500 ccm Xylol und 35 ccm Aceton durch 3-stiindiges Erwiirmen auf 90° zum Zerfall gebracht. Die Aufarbeitung erfolgte wie oben, so daD Wiedergabe der Zahlcn- werte geniigt.

7,48 g Gemisch der unveresterten Sauren enthielt 5,16 g p-Nitro- und 2,32 g Benzoes5ure.

Aus dem Esteranteil wurden 2,55 g Methyl-p-nitro-benzoat unmittelbar isoliert. Die Verseifung des Restes brachte 1,55 g SLuregemisch, das zu 0,837 g BUS p-Nitro- und zu 0,713 g aus Benzoesaure bestand.

Die Bilanz beliiuft sich damit auf 19,09 mMol p-Nitro-benzoeslure und 5,84 mMol BenzoesLure im Esteranteil. Aus dem SLureverbrauch ergeben sich Werte von 19,lO und 6,OO mMol. Die Esterausbeute, bezogen auf das Nitroso- acyl-amin, kam in den Versuchen b) und c) der theoretischen nahe.

d) Konkurrenz der p -Ni t ro -benzoes lu re und Benzoes lure um Diazomethan

Aus einleuchtenden Griinden kann diese Reaktion nicht unter gleichen Temperaturbsdingungen durchgefuhrt werden. Urn je 25 mMol der beiden CarbonsLuren - die p-Nitro-benzoeslure ist recht schwerloslich - bei -10 O

in 650 ccm Xylol in Losnng zu halten, bedurfte es eines Zusatzes von 30 ccm Methanol. Die Gehaltsbestimmung der aus Nitroso-methyl-harbbff bereiteten xylolischen Diazomethan-Losung erfolgte durch Reaktion mit 0,2 n-Benzoesilure in Benzol unter Rucktitration der nicht verbrauchten Siiure.

In die stark geriihrte Losung der beiden CarbonsLuren lieDen wir bei -10" 25 mMol Diazomethan in 65 ccm Xylol eintropfen. Die Aufarbeitung wurde genau wie oben vorgenommen. 4,72 g Gemisch der unveresterten SBuren enthielt 14,36 mMol p-Nitro- und 19,03 mMol Benzoeslure. Der Esteranteil: 1,51 g p-Nitro-benzoesiiure-methylester direkt und 0,38 g ~ U B der Verseifung nebst 0,59 g Benzoesiiure-methylester.

Das Resultat entspricht somit der Bildung von 10,60 mMol p-Nitro- und 4,85 mMol Benzoeslure-methylester. Die Kontrollwerte aus dem Verbrauch an Carbonsauren Bind 10,64 und 5,97 mMol. Die gesamte Esterausbeute betragt nur 62% d. Th. des eingesetzten Diazomethans. Vermutlich geht der Rest in der Atherbildung mit dem zugesetzten Methanol verloren. Eine Verfiilschung des Konkurrenz-Verhiiltnisses ist davon aber nicht zu erwarten.


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