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Page 1: SAMSTAG SPORT ãDas will doch k einer mehr wissenÒ · SAMSTAG SPORT 23. DEZEMBER 2017 Das Pr ojekt seit vielen J ahren, die beiden spie-len in der selben Promi-Elf . ãIch hat-te

23. DEZEMBER 2017SAMSTAG SPORT

Das Projektseit vielen Jahren, die beiden spie-len in der selben Promi-Elf. „Ich hat-te die Idee und suchte nach einemPartner für die Produktion, Adnanwar die erste Wahl und er sagtespontan zu, auch gleich Drehbuchund Regie zu übernehmen. Für Ippi-Film ist es das erste Projekt in mei-ner Eigenschaft als Produzent“,sagt Ippendorf.

chen Positionen zusammengearbei-tet haben, wie zuletzt bei dem Kino-dokumentarfilm „Letzte Zuflucht“,der 2015 im Wettbewerb der HoferFilmtage Weltpremiere feierte.„Als Ippi mit der Idee zu mir kam,gemeinsam einen Film über die Fuß-balllegende Bernard Dietz zu dre-hen, war ich sofort begeistert“, soKöse. Ippendorf kennt Bernard Dietz

Für die Produktion sind der Regis-seur und Drehbuchautor Adnan G.Köse („Lauf um dein Leben – VomJunkie zum Ironman“) und der Pro-ducer und Produktionsleiter Thors-ten „Ippi“ Ippendorf verantwortlich.Es ist die erste gemeinsame Produk-tion der New Dakota Independentmit Ippi Film, auch wenn beide Pro-duzenten schon oft in unterschiedli-

Bernard „Ennatz“ DietzDietz aber mit der Nationalmann-schaft, für die er von 1974 bis 81aktiv war, mit dem Gewinn der Eu-ropameisterschaft 1980 – als Kapi-tän des Teams. Insgesamt brachte eres in seiner Profi-Laufbahn auf 495Bundesliga- und 34 Zweitligaspiele.Nach seiner Zeit als Spieler war erzudem bei mehreren Stationen alsTrainer tätig.

Spiele. 1975 stand er im DFB-Pokal-finale, 1978/79 erreichte er dasHalbfinale des Uefa-Cups. Für sei-nen MSV, bei dem er zur Kult-Figurreifte, erzielte er 70 seiner 77 Tore –für einen Abwehrspieler noch heuteBundesligarekord. Unvergessenbleiben seine vier Treffer gegen Bay-ern München beim 6:3 in der We-dau. Seinen größten Erfolg feierte

Bernard „Ennatz“ Dietz begann mitzehn Jahren beim SVA Bockum-Hö-vel mit dem Fußball. 1970 wechsel-te der bodenständige Hammer mit22 Jahren zum MSV Duisburg, fürden er bis 1982 in der Bundesligaspielte, ehe er für weitere fünf Jahrezum FC Schalke 04 wechselte. Fürdie „Zebras“ MSV bestritt er 394Bundesliga- und 14 Europacup-

„Das wird etwasBesonderes“

FilmproduzentThorsten Ippendorf

Wie sind Sie darauf gekom-men, das Projekt „Ennatz“ins Leben zu rufenn?

Thorsten Ippendorf: Ich habejahrelang in seiner Trainer-Promi-Elf gespielt, wo Ber-nard unser Coach ist. Da ist esmir in den Sinn gekommen,seine vorbildliche Lebensge-schichte zu verfilmen. Ichwusste, dass er im nächstenJahr 70 wird. Dann hatte iches mir zum Ziel gesetzt, dasProjekt auch zu seinem 70.umzusetzen. Ich habe mirmit meinem Produzenten-Partner, Herrn Köse, der auchvom Fach ist und Regisseur,Hilfe dazu geholt.

Der Zeitplan ist sehr eng ge-strickt. Sind Sie noch im Soll?

Ippendorf: Die fünf Drehtagekönnen wir einhalten. Daaber die Protagonisten sehrviel zu erzählen haben, ha-ben wir manchmal ein paarMinütchen länger gebraucht.Dafür haben wir viel Materi-al. Und Komplikationen gabes gar nicht. Wir haben nureinmal aus zwei Szenen einegeschnitten, als wir die Duis-burger MSV-Veteranen unddie Fußballschule gefilmt ha-ben. Da haben wir sogar nochein schöneres Bild bekom-men, als die Veteranen beider Fußballschule als Zu-schauer sind.

Haben Sie bereits eine Vor-stellung davon, wie der ferti-ge Film aussehen könnte?

Ippendorf: Davon kann ichmir schon ein Bild machen,da ich mit Adnan Köse schonviele Projekte gemeinsam ge-macht habe. Es wird ein ganzbesonderer Film – kein Inter-viewfilm, wie man es viel-leicht bei einer Dokumentati-on erwartet. Wir haben bewe-gende Bilder dabei. Eine Kino-kamera – es wird schon etwasBesonderes.

DREI FRAGEN AN„Das will doch keiner mehr wissen...“Passend zum 70. Geburtstag von Bernard Dietz entsteht gerade eine Dokumentation über die Hammer Fußball-Ikone

Von Günter Thomas

DORTMUND � Thorsten „Ippi“Ippendorf weiß nicht so genau,was eigentlich schwieriger war:Einen Dokumentarfilm über eineFußball-Ikone wie Bernard Dietzzu drehen, oder den Mann da-von zu überzeugen, dass es auchheute noch Menschen gibt, dieso etwas sehen wollen. „Hachne, so ein Quatsch“, lautete dieerste, abwehrende Reaktion desKapitäns der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die 1980 inItalien Europameister wurde, alsIppendorf vor einem Jahr denersten Vorstoß wagte. „Das willdoch keiner mehr wissen.“ DochIppendorf, Filmproduzent undSpieler der Bernard-Dietz-Pro-mi-Mannschaft, war hartnäckig.„Wir haben unsere Bratwurst zu-ende gegessen, und beim nächs-ten Mal habe ich es wieder ver-sucht“, sagt er. Irgendwann hatDietz nachgegeben. Gestern warder letzte von sechs Drehtagenfür „Ennatz – ein Film über eineFußball-Legende.“ Erscheinensoll er am 21. März: einen Tagvor Dietz‘ 70. Geburtstag.

Es ist eng im Bus der Fußball-Nationalmannschaft, der imDeutschen Fußball-Museumin Dortmund parkt. Sehr eng.Und heiß. Für Bernard Dietzund Horst Hrubesch kein Pro-blem. Schließlich haben diebeiden Europameister von1980 in ihrer Fußballerkarrie-re viele heiße Schlachten ge-meinsam geschlagen – undzudem einen komfortablenSitzplatz im hinteren Teil desWM-Gefährts erwischt. Auch,dass eine Filmkamera, einRichtmikrofon, diverse wei-tere technische Geräte sowiedie Blicke des Regisseurs Ad-nan G. Köse und seiner klei-nen Filmcrew auf sie gerich-tet sind, stört die beiden le-benden Legenden, die so vieleKapitel der Fußball-Geschich-te geschrieben haben, wenig.Nur knappe Anweisungenvon Köse zur Gesprächssteue-rung reichen, um denPlausch in Gang zu bringen:„Stichwort EM 1980, schreibtKöse den beiden ins Dreh-buch. „Da wart ihr ja nach

der schwachen WM 78 starkunter Druck. Wie seid ihr mitder Situation umgegangen?Wäre schön, wenn ihr dazuetwas sagen könntet – an-sonsten könnt ihr frei reden.“Und schon geht es los.

„Szene 12, Take eins Punktvier, sagt Produzent Thorsten„Ippi“ Ippendorf, streckt dieRegieklappe in die Kameraund schleicht aus dem Bild.Das Startzeichen für Dietzund Hrubesch, die gleich los-legen. „Langer, schön, dass duda bist“, sagt Dietz fröhlich,

und Hrubesch frotzelt zu-rück: „Was ist los, alterMann.“

Dietz: „EM 80, weißt dunoch?“

Hrubesch: „Für mich ein ab-solutes Highlight. Da hattenwir ein super Team, der jungeBernd Schuster war dabeiund hat ein super Turnier ge-spielt. Und es war etwas Be-sonderes, weil man es uns jaauch nicht zugetraut hat.“

Dietz: „Ja, ich weiß noch,dass vor dem Turnier alleacht Kapitäne der qualifizier-ten Teams eingeladen waren,und alle haben gesagt, sie

wollen ein gutes Turnier spie-len – und ich habe dann alseinziger gesagt: Wir wollenEuropameister werden.“

Munter plaudern die beidenweiter, vergessen dabei dieKamera. Hrubesch erzählt,wie er von BundestrainerJupp Derwall erst am Abendvor dem Endspiel gegen Bel-gien erfahren hat, dass er da-bei sein wird. „Er hat gesagt,er weiß nicht, ob er michspielen lassen soll, weil ichim Turnier ja noch kein Torgemacht habe. Und ich habe

geantwortet,dass er es ent-scheiden muss,ich aber allesgeben würde.Ich habe zweiTore gemacht –und er allesrichtig.“ Natür-lich darf diePapst-Ge-schichte nichtfehlen, findetDietz und gibtdem langjähri-gen Wegge-fährten dasStichwort. „Ja,wir waren vordem Griechen-land-Spiel inRom, und derPapst ging anuns vorbei und hat mich an-gesehen und dabei zwei Fin-ger gehoben“, erinnert sichHrubesch. „Und ein befreun-deter Journalist hat gesagt,der meint, dass ich im nächs-ten Spiel zwei Tore mache.Das ist aber 0:0 gegen Grie-chenland ausgegangen. Alsich dann im Endspiel zweiTore gemacht habe, kam derJournalist nach dem Spiel dieTribüne herunter gestürmtund hat mir zugerufen: Lan-ger, der Alte hat nicht gelo-gen, der meinte das End-spiel.“

„Cut!“ Adnan Köse reißt dasDuo aus der Erinnerung zu-rück in die Gegenwart. In denstickigen Bus. Und wirft dennächsten Themenvorschlagin die Runde. „Stichwort Ju-gendarbeit“, schlägt er vor,und Hrubesch antwortet tro-cken: „Wie lange bist dudenn noch hier?“

Hrubesch und Dietz, zweiWeggefährten, deren Karrie-ren nicht nur untrennbardurch den Titelgewinn 1980miteinander verbunden sind.Sie eint auch die gleiche Hei-matstadt Hamm, in der sieaufgewachsen sind – Dietz imStadtteil Bockum-Hövel (Nor-

den), und Hru-besch in West-tünnen (Sü-den). Wie nahsich beidesind, belegendie ständigenFrotzeleien,mit denen siesich zwischenden Dreh-Ta-kes gegensei-tig auf denArm nehmenund die überhohen Unter-haltungswertverfügen. Sosagt Dietz la-pidar „DerLange ist ausBönen (einemNachbarort

von Hamm) oder so“, undHrubesch kontert: „Bockum-Hövel? Das war der Parkplatzvon Hamm.“

Während sich die beiden imBus die verbalen Bälle zuwer-fen, sitzt Olaf Thon bereitsseit einiger Zeit im Aufent-haltsraum und wartet auf sei-nen Dreh. „Ich bin hier ge-parkt“, sagt der Weltmeistervon 1990 trocken, währender sich die Zeit am Handy ver-treibt. Thon spielte mit Dietzgemeinsam beim FC Schalke04, nachdem der nach zwölfJahren beim MSV Duisburg(1970 bis 82) für weitere fünfJahre zum Revierclub ge-wechselt war. „Bernard isteine Vaterfigur für mich, diemich behutsam herangeführthat“, sagt Thon. „Er hat sichdarum gekümmert, dass ichpünktlich war und nicht soviel Fleisch gegessen habe.Und es hätte keinen gegeben,der nicht an dieser Dokumen-tation mitgewirkt hätte.“

Szene 13, Take eins Punkteins: Thon steht vor einemBildschirm und soll sich daslegendäre Pokal-Halbfinalezwischen Schalke und demFC Bayern München ansehen,das 1984 6:6 nach Verlänge-

rung endete – dreifacher Tor-schütze: Olaf Thon. Kameravon hinten, gleiche Szenenoch einmal mit der Kameravon vorn. „Nur gucken, nichtanfassen“, entfährt es demSchalker Urgestein mit Blickauf die in der Halle ausge-stellten Pokale. Zwischen-durch kommt ein Techniker,fummelt an seinem Sender.„Tonprobleme“, sagt der Tonmit „H“ lächelnd und fügt inRichtung Dietz an. „Habe dasTor zum 5:5 von dir geradenoch einmal gesehen: bru-tal!“ Und Dietz antwortet.„Dann muss ich mir deine

drei ja auch noch angu-cken...“

Muss er nicht. Denn Kösewill nun, dass Thon für dieKamera noch einmal jubelt –33 Jahre später. Doch dasgeht dem 51-Jährigen danndoch zu weit. Er gibt lieberstets freundlich und geduldigAutogramme an die Schüler,die neugierig vorbeikom-men, oder macht Selfies mitDietz, wenn der sich nicht ge-rade als Ordner nützlichmacht, um die Dreharbeitenweiter zu sichern.

In der Pause erzählt Dietzvon einem seiner fünf Enkel,dem achtjährige Linus, den eram Samstag zuvor auf beimFußball spielen zugesehenhat. „Ein talentierter Bur-sche“, sagt der Opa stolz.„Der räumt hinten alles weg.Nach der Pause hat der Trai-ner ihn kurz vom Feld ge-nommen und dann wiedereingewechselt. Und er istgleich nach vorn gestürmtund hat aufs Tor geschossen –dann hat der Trainer gerufenLinus, falsches Tor. Er hatnicht gemerkt, dass sie dieSeiten gewechselt haben...“

Szene 14, Take eins Punkteins: Dietz und Thon im Mu-seums-Kinosaal. Im Hinter-grund läuft ein Film in Dauer-schleife auf der Leinwand,von vorne steigt der Ge-räuschpegel der feixendenSchüler auf dem Fußball-Court eine Etage tiefer um ei-nige Dezibel an. Ippendorfbittet um Ruhe: „Liebe Kin-der, es wäre schön, wenn ihrein bisschen ruhiger seinwürdet. Wir drehen hier ei-nen Film.“ Doch das Team hatsich einen schlechten Tagausgesucht, um im Deut-schen Fußball-Museum zu ar-beiten. 17 Schulklassen ha-ben sich für heute angemel-det. Der Geräuschpegel in dergroßen Halle ist immens. Ent-sprechend schlecht sind dieErfolgsaussichten auf mehrRuhe. Mitten im Gesprächruft Tonmann Thorsten: „Ab-bruch. Bringt nichts. Es ist zulaut.“

„Das ist ein Wahnsinns-stress hier bei der Lautstär-ke“, sagt Köse. „Man kannsich nicht konzentrieren.“Zeit ist rar und vor allem teu-er für die beiden Filmema-cher aus Dinslaken, die mitder eigenen Produktionsge-sellschaft New Dakota Inde-pendent in Vorleistung ge-gangen sind. Nur fünf Drehta-ge, und in der Langversionwird der Film der auf Kinofor-mat entsteht, über 90 Minu-ten dauern. „Wir sind nichtsendergebunden“, sagt Ip-pendorf. „Daher finanzierenwir den kompletten Film

über Sponsorengelder.“ Re-gisseur Köse muss viel impro-visieren während der Drehar-beiten. Jetzt beschließt erkurzerhand, das Gesprächmit Dietz und Thon auch inden Bus zu verlegen. Am Frei-tag folgen ein Dreh bei Dietzzuhause in Walstedde undweitere im Stadion der SGBockum-Hövel und vor sei-nem Elternhaus. Dann fälltdie Klappe. Erstmal. Bis zurPremiere, die am 21. März er-neut im Deutschen Fußball-Museum stattfinden soll.

Klappe: Filmmacher Thorsten Ippendorf leitet die nächste Szene ein, in der sich Bernard Dietz (rechts) und Horst Hrubesch über den Ti-telgewinn bei der EM 1980 unterhalten. � Fotos: Szkudlarek

Überzeugungsarbeit: Regisseur Adnan Köse erklärt Olaf Thon dennächsten „Dreh“.

Am Set: Das Filmteam mit Horst Hrubesch, Bernard Dietz, Olaf Thonund Werner Hansch.

ZITAT

„Für meine Frau Petraist das natürlich

schwer, wenn sie dabeiist. Dann sagt sie,

fängt der schon wiederan. Aber die Leute wol-len es ja wissen. Und

dann erzähle ich denendie Geschichten. Das

macht immer noch vielSpaß.“

Bernard Dietz zur Frage, obseine Frau die alten Ge-

schichten noch hören kann.

FILM FAKTEN� Im Film kommen zahlrei-che Weggefährten von Ber-nard Dietz zu Wort. NebenHorst Hrubesch, Olaf Thonund Werner Hansch auchKarl-Heinz Rummenigge. Umihn vor die Kamera zu be-kommen, ist das Filmteamam Sonntag eigens nach demSpiel des MSV Duisburg, beidem Dietz seit 2010 im Vor-stand ist, nach München ge-fahren.

� Für Werner Hansch war eseine simple Aufgabe. Ganz al-lein saß der langjährige Ra-dio- und Fernsehreporter imleeren Duisburger Stadion inder Sprecherkabine undkommentierte voller Emotio-nen für die Kamera noch ein-mal die Geschehnisse vom 5.November, 1977. Mit 6:3 ge-wann der MSV Duisburg da-mals gegen den FC BayernMünchen – vierfacher Tor-schütze: Ennatz Dietz. „Ichhabe einfach gemacht, wasich immer gemacht habe“,sagte Hansch lachend. „Ichhabe etwas erfunden.“

� Dietz hat nicht nur mitOlaf Thon zusammen ge-spielt, sondern auch mit sei-nem Vater Günter – Ende der60er in der Westfalenaus-wahl.

� Dietz hat noch zahlreicheTrikots in seinem Haus inWalstedde. Die Spielführer-binde vom EM-Sieg 1980 al-lerdings nicht mehr. Die hater an das Deutsche Fußball-museum abgetreten.

Im Gespräch: Bernard Dietz undOlaf Thon.

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