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REINEI~ HAMM und KLAUS HOFMANN: Schwefelhaltige Verbindungen des Fieisches. ]I 85

Schwefelhaltige Verbindungen des Fleisches I I . Mit tei lung

Bestimmung yon Sulfhydrylgruppen in Muskelgewebe und Myofibrfllen mit N-~thylmaleinimid*

Von

REINER HAMM und KLAus HOFMANN**

Mitteilung aus dem Institut /iir Chemie und Physilc der Bundesanstalt /i~r Fleisch/orschung, Kulm- bach und dem Institut /i~r Ernghrungswissenscha/t der Justus Liebig-Universitdt, Gieflen***

Mit 4 Abbildungen

(Eingegangen am 19. Juli 1965)

Eine Diskussion der verschiedenen Methoden zur Bestimmung yon Sulfhydryl- gruppen in Proteinen hatte ergeben, dab fiir die Ermittlung dieser Gruppen in Muskel- gewebe und Myofibrillen in erster Linie die Reaktionen mit Silbernitrat, mit N-~thyl- mMeinimid (NEM) und mit p-Chlormereuribenzoat in Betracht kommen (1). Wiihrend die Reaktion mit Silbernitrat Gegenstand der n~ehsten Mitteilung (2) sein wird, befM]t sieh die vorliegende Arbeit mit der Bestimmung yon Sulfhydry]gruppen mit NEM. Eine ~bersicht fiber die mit dieser und den fibrigen Methoden in Muskel- gewebe, Myofibrfllen und Aetomyosin gefundenen Gehalte an Sulfhydrylgruppen wird Gegenstand einer sp~teren Mitteilung sein.

NEM reagiert raseh mit einfaehen Sulfhydrylverbindungen (3). Die nach dam Schema

CO--CH CO--CH--S--I~ C2Hs--N~ I] + HS--t~ > C2Hs--1N~ I

CO--CH CO--CH~

verlaufende I~eaktion kann durch Messung der Absorptionsabnahme bei 3 0 0 - 302 nm (Absorptionsmaximum yon NEM; vgl. Abb. 2) quantitativ verfolgt werden (4, 5).

Die Anwendbarkeit yon NEM zur Bestimmung yon SH-Gruppen in Pro~einen wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt (6-10). Das liegt vor allem darin be- grfindet, dal~ proteingebundene SH-Gruppen ffir NEM zum Teil schwer oder nicht zug/~nglich sind. Unsere Bemfihungen richteten sich darauf, Reaktionsbedingungen zu schaffen, die eine reproduzierbare Bestimmung der leichter zug/~nglichen SH- Gruppen der Muskelproteine mit NEM gestatten.

I. Untersuchungen an einfachen SH-Verbindungen

A. Titrationsversuche

Cystein und Glutathion wurden nach dem yon TsAo und BAILEY (11) angegebenen Prinzip durch Titration bestimmt.

* Verwendete Abkfirzungen: GSH : Glutathion; CySH ~ Cystein; NEM : N-J(thylmale- inimid; TCA ~ Trichloressigs/~ure.

** Tell der Dissertation yon K. H o ~ A ~ : Untersuchung des Einflusses der thermischen Be- hand]ung yon Fleisch auf die funktionellen Gruppen der strukturellen Muskelproteine. Justus Liebig-Universit/~t Gie~en 1964.

*** Herrn Professor Dr. H. D. CR]~MER, Direktor des Instituts fiir Erni~hrungswissenschaf~ der Justus Liebig-Universit/~t, GieBen, danken wit ffir die FSrderung dieser Arbeit, die an seinem Institut durchgeffihrt wurde.

Die Arbeit wurde dutch Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstiitzt.

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86 RE~NE~ H~M und KLAUS HOFMANN:

Die in Citratpuffer yon pI-I 9,7 gelOsten SH -Verbindungen warden mit Natrium-cyanonitro- sylferrat versetzt und mit einer 10 -S m-NEl~I-LSsung bis zum Verschwinden der entstandenen Rotviolettf~rbung aus einer Mikrobiirette titriert. Die Titration erfo]gte so rasch, dal3 der End- punkt sp~testens 1 min nach Zugabe der Natrium-cyanonitrosylferratl6sung erreicht war.

Bei einer Vorlage yon 0,50 ml 4 × 10 -3 m-Cys~einlSsung (2 t~mol CySH) ergaben 12 Titrationen einen mittleren Verbrauch yon 0,95 ( :~ 0,008)* ml 2 × 10 -8 m-NEM- LSsung (theoret. Verbrauch 1,00 ml). Die Werte lagen demnach um rund 5% zu niedrig.

Bessere Ergebnisse erhielten wit durch Kiihlen der Vorlageflfissigkeit mit Eis- wasser. Je 10 Titrationen yon 1,00 ml 10 -3 m-CySH bzw. 1,00 ml GStt ergaben dann einen mittleren Verbrauch von ],01 ( ~- 0,011) bzw. 1,00 ( ± 0,008) ml l0 -a m-NEM- LSsung.

Die unter Eiskiihlung durchgeffihrte Titration eignet sich demnach sehr gut ffir die Bestimmung der SH-Gruppen y o n CyStt und GSH. Dagegen lieferte die um- gekehrte Titration (Zugabe yon CySIt oder GSH zu NEM und Natrium-cyanonitro- sylferrat bis zum Auftreten der F£rbung), die im Hinblick auf die Bestimmung yon iiberschiissigem NEM nach t~eaktion mit Muskelgewebe yon Interesse w£re, keine brauchbaren Ergebnisse.

B . Spe/c tralphotometr ische M e s s u n g e n

Je 5 ml einer 10 -8 m NEM-LSsung (5 ~mol) wurden mit steigenden Mengen einer 10 a m- CySH- bzw. GStt-LSsung (bis 4,0 ~zmol) in Phosphatpuffer yon pH 6,8 versetzt. Die verbleibende

Reagensmenge wurde durch spektra]photometrische A 8

Fmoq~ /

O~I I [ I F r 0 7 2 3 + 5,u.moL 0 7 z 3 ~ 5~mol,

Verbmoch ~zn AlL-It

Messung bei 300 nm ermittelt (mol. Extinktions- koeffizient yon 1NEM: 620).

Die in Abb. 1 wiedergegebenen Resultate zeigen, dab den vorgelegten SH-Mengen ein isomolarer Verbrauch an NEM entspricht.

Abb. 1. t~eal~tion yon NEM mit CySH (A) und GSIt (B) be~ pH 6,8

II. Untersuehungen an Muskelgewebe

Untersuchungsma~erial: Es wurde stets der 5--6 Tage nach dem Schlachten dem TierkSrper entnommene Musculus longissimus dorsi 3--5j/~hriger Kfihe der Handels- klasse B als AusgangsmateriM verwendet.

Zerkleinertes Gewebe : Der weitgehend yon Fett und Bindegewebe befreite Muskel wurde zweimal dutch den Fleischwolf (4 mm Scheibe) gegeben und 30 sec im Star- mix zerkleinert.

Myofibrillen: 10 g des im Fleischwolf zerkleinerten Gewebes wurden nochmMs im Starmix I rain in 80 ml eiskalter 0,1 m KC1-L6sung zerkleinert und in einem Homo- genisator (Ger/~t der Fa. Bfihler, Tfibingen) 15 sec homogenisiert. Das am F16gel- messer hMtende Bindegewebe wurde verworfen. /)as Homogenat wurde 30 rain ge- riihrt und bei ca. 250 × g zentrifugiert. Den Rfickstand rfih~e man nochmals 30 rain mit 80 ml 0,1 m KC1-LSsung und wusch nach dem Zentrifugieren viermal mit je- wefts 80 ml eiskaltem Wasser, wobei 3real bei ca. 6000 × g, zum Schlul~ bei 13000 × g zentrffugiert wurde. Alle Opera~ionen wurden in der K/~lte ausgeffihrt.

Die direkte Titration yon Musketgewebe-SH-Gruppen mit NEM unter Verwen- dung yon Natrium-cyanoni~rosylferrat als Indicator erwies sich wegen mangelnder

1/ X (/') * Mittlerer Fehler des Mittelwertes: :L [ ~((n~11)

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Schwefelhaltige Verbindungen des Fleisches 87

Sehi~rfe des Farbumschlags als ungeeignet. Der Grund hierfiir liegt vor allem darin, dal~ 5~EM mit den Gewebe-SH-Gruppen zu langsam reagiert. Wie die sp~terenUnter- suehungen ergaben, ist diese Reaktion selbst nach 1 Std noch nieh~ beendet. Aus- sichtsreicher ersehien es daher, einen ReagensfiberschuB liingere Zeit auf die Probe einwirken zu lassen und d~nach die nicht verbrauchte Reagensmenge zu bestimmen.

Zun£chst wurden Versuche unternommen, den Reagensfibersehu~ titrimetriseh zu ermitteln. Gewebe und Myofibrillen wurden in der frfiher angegebenen Weise (2) aus dem M. longissimus dorsi des Rindes 4 - 5 Tage post mortem pr~pariert.

A. Titrimetrische Bestimmung des ReagensiLberschwsses

Da eine Titration yon NEM mit CySH oder GSI-I nieht mSglieh war (vgl. o.), mul~te das fibersehiissige l~eagens auf einem Umwege best immt werden. Die NEM- haltige ReaktionslSsung (Zentrifugat) wurde mit iiberschfissigem CyStt versetzt und das restliche CySH mit einer eingestellten NEM-LSsung zurficktitriert.

Beispieh 0,1 g Muskelgewebe reagierten 1 Std mit 5 ml 10 -a m-NEM in 5 ml Phosphatpuffer yon pH 6,8. Unmittelbar nach dem Zentrifugieren wurden 2 ml der Fliissigkeit mit 1 ml 10 -8 m- C y S H - L S s u n g und nach 1 rain mit 1 ml Citratpuffer yon pI-[ 9,7, 0,1 ml 0,1 m-KCN und 0,5 ml 10% iger Natrium-cyanonitrosylferratlSsung versetzt. Die Mischung wurde mit einer 10 3 m- NEY[-LSsung bei 0 ° C titriert.

Das Ergebnis der naeh dieser Methode (11) durehgeffihrten Bestimmungen ist in Tab. 1 wiedergegeben.

Tabelle 1. Bestimmung yon Gewebe-SH-Gruppen durch Rea]ction mit iiberschigssigem NEM. Ermitg- lung des Reagenstiberschusses durch Titration

./ 00m oo o o l-% Abweichung yore Mittelwert % --4,9

Wegen tier starken Streuung der SH-Werte ist auch die indirekte Bestimmung des NEM-(Jberschusses dureh Titration ftir genaue Untersuchungen nicht anwendbar.

B. Spelctralphotometrische Bestimmung des Reagensi~berschusses

Der Versuch, den UberschuB an NEM nach der Reaktion mit Gewebe spektral- photometrisch im Zentrifugat zu bestim- men, bereitete zun~chst Schwierigkeiten, da die in den zu messenden LSsungen ent- haltenen ]Ssliehen Proteine bei 300 nm - dem Absorpt ionsmaximum des NEM - hohe Eigenabsorption und damit hohe Blindwerte verursachen, die selbst bei ein und demselben Gewebe stark schwanken. Aueh aus Myofibrillen gehen unter den Bedingungen der SIt-Best immung kleine Mengen an nicht zentrifugierbarem Pro- tein in LSsung (0,1 m-Phosphatpuffer yon

7,0--

0,3

0,5

0,2

22O ~0 6O 80 300 20 40 CO m~80

W~/tez/J/mqe

Abb. 2. Absorptionsspslctren yon N E M und Gewebeex- trakt (200 mg zerkleinertes Gewebe wurden in 5 ml 0,1 m ]?hosphatpuffer, p i t 6,8, suspendiert und zentrifugiert)

pH 6,8). Da Myofibrillen keine nennenswerten Mengen an Sarkoplasmaproteinen mehr enthalten, handelt es sich bier offenbar um eine geringffigige AuflSsung fibrfll~rer Proteine.

Messungen bei 310 nm (maximale Absorptionsdifferenz, vgl. Abb. 2) ergaben keine gtinstigeren Ergebnisse. Eine ersehSpfende Extrakt ion der in 0,l m-KC1 oder

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88 I~EINEI~ HA~M und KLAVs HOFMANN:

0,1 m-Phosphatpuffer (pH 6,8) 16slichen Proteine erwies sich als zu zeitraubend. Erst die Ausf~llung der im Zentrifugat des l~eaktionsgemisches gelSsten Proteine mit Trichloressigs~ure (TCA) ffihrte zu ausreichend niedrigen Blindwerten. Zur weiteren Prfifung der Anwendbarkeit yon TCA ffir die SH-Gruppenbestimmung mit NEM muBten verschiedene Vorversuche durchgef/ihrt werden, deren Ergebnisse nach- stehend zusammengefaBt sind:

TCA hat keinen Einflu6 auf die Absorption von 5[EM bei 300 nm. Aus den Reaktionsprodukten yon I~EM mit SH-Verbindungen wird NEM nicht

wieder abgespalten. Beim Ausfiillen der gel6sten Proteine aus dem Reaktionsgemisch mit TCA werden

keine deuthch feststellbaren Mengen an NEM mitgerissen. F£llt man das Eiwei$ -- um die Methode abzukfirzen - im gesamten t~eaktions-

gemisch aus (ohne vorhergehendes Zentrifugieren), so finder man eine deutlich er- niedrigte Menge an restlichem NEM. Es ist daher notwendig, vor der F~llung mit TCA das ungel6ste Gewebe abzutrennen.

Die weiteren Untersuchungen wurden unter Anwendung yon TCA nach der unten angegebenen Standardmethode durchgeffihrt. Abweichungen yon den dort beschrie- benen l~eaktionsbedingungen sind bei den jeweiligen Versuchen angegeben.

C. Untersuchung verschiedener Einfliisse au/ die Bestimmung von Gewebe-SH-Gruppen mit N E M

1. Untersuchung des Einflusses yon Luftsauerstoff. Bei Gegenwart yon Luftsauerstoff mu6 man mit der M5glichkeit einer Oxydation

yon SH- zu SS-Gruppen rechnen. Daher wurden Gewebeproben a) unter Luft, b) unter Reinststickstoff mit NEM bei pH 6,8 behandelt. Reaktionszeiten: 5 min und 2 Std.

Tabelle 2. Untersuchu~uj des Einflusses von Lu/tsauer~to]. (Mittelwerte aus je 3 Bestimmungen, sonstige l~eaktionsbedingungen: vgl. ,,Standardmethode")

Behandlung

UnterLuft Unter Stickstoff

SH-Gruppen ie 0,5 g Gewebe nach einer Reakt ionsze i t yon

5 rain ] 2 Std

bei Probe l~r.

I

in ~g

74 (~= 0,8) 75 (~ 0,7)

II

in ~tg

71 (4- 1,4) 70 (± 1,0)

I

in [xg

127 (_u 1,4) 128 (-~- 1,1)

I I in

y.g

103 (4- 0,6) 102 (4- 1,2)

Die Resultate (Tab. 2) lassen keinen EinfluB yon Luftsauerstoff auf die Zahl der mit NEM best immbaren SH-Gruppen erkennen. Das gleiche lieI~ sich unter etwas abge~nderten Bedingungen, n£mhch bei pH 6,0 und l~ngerer l~eaktionszeit, fest- stellen.

2. Einflul~ des Schfittelns. Es ist bekannt, dab Schiitteln von Eiwei615sungen Denaturierung verursachen

kann (12). Wir untersuchten daher die Frage, ob das notwendige Schiittcln des hetero- genen Reaktionsgemisches (sowohl unter Stickstoff als auch unter Luftsauerstoff) die Zahl der irn Muskelgewebe best immbaren SH-Gruppen beeinfiuBt.

Zu diesem Zweck wurden verschiedene Gewebeproben a) 5 min mit NEM behandelt, b) zu- nachst 2, 4 und 8 Std geschiitte]t und anschliel3end 5 rain mit NEM behandelt (sonstige Reaktions- bcdingungen vgl. ,,Standardmethode") (Tab. 3).

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Tabelle 3. Einflufl des Schiittelns au/ die Menge bestimmbarer SH-Gruppen (Mittelwerte aus je 3 Bestimmungen)

SH-Gruppen ie 0,5 g Gewebe nach eider Sehfitteldauer vor der SH-Best. yon

Pr/ iparat Nr.

I II

III

Geschfittelt unter

I~einstickstoff Luftsauerstoff Luftsauerstoff

0 Std

in gg

80 (± 0,9) 63 (± 1,5) 65 (± 2,5)

2 Std

in ~zg

81 (~ 0,5) 61 (± 1,2) 70 (~ 3,0)

4 Std

in ~g

83 (± 1,8)

65 (± 2,5)

8 Std

in gg

83 (± 22)

70 (± 2,0)

Die Abweiehungen liegen in dem f/Jr 5 min Reaktionsdauer geltenden Fehler- bereieh und lassen bei den einzelnen Pr~paraten keinen EinfluB des Sehiittelns auf die Bestimmung der SH-Gruppen erkennen. (Ein Vergleieh der Pr~parate miteinander ist nieht m6glieh, da die SH-Werte nieht auf den Proteingehalt bezogen sind.)

3. Einflug der Gewebezerkleinerung. Im Starmix und im Homogenisator (unter Eiswasserktihlung) zerkleinertes Ge-

webematerial wurde vergleiehsweise untersueht, geaktionsdauer: 1 Std. Die Be- stimmungen ergaben: 3,1 ± 0,08 bzw. 3,6 ± 0,02 tool SI-I/105g Protein (Mittelwerte aus je 8 Bestimmungen). Die Zerkleinerung im Homogenisator fiihrt demnaeh zu etwas h6heren SH-Werten. Der Grund hierfiir liegt offenbar in der grSl3eren Oberfl/~ehe des homogenisierten Materials, die eine rasehere Reaktion mit dem Reagens er- m6glieht.

4. Untersuehung der Stabilit/~t von NEM-L6sungen. NEM erleidet in w/igrigen L6sungen - besonders bei loH-Werten fiber 7 - langsam

hydrolytisehe Zersetzung (13). Dabei t r i t t eine Spaltung der Imidbindung ein. Das Spaltprodukt weist bei 300 nm keine Absorption mehr auf und reagiert nut noeh sehr langsam mit SH-Gruppen (13). Unterhalb pH 7 verl/~uft die Zersetzung indessen so langsam, dag sie kein IIindernis f/Jr eine genaue Bestimmung yon StI-Gruppen mit NEM darstellt. Bei der Anwendung lgngerer igeaktionszeiten muB diese Zersetzung jedoeh bertieksiehtigt werden. Wir bestimmten daher das Ausmal] der Zersetzung versehieden konzentrierterNEM-L6sungen in Abh/~ngigkeit yon der Zeit und erhielten somit Korrekturwerte ffir die Bereehnung der Stt-Gruppen. In Phosphatpuffer yon pH 6,0 verlief die Zersetzung noeh wesentlieh langsamer als in Phosphatpuffer yon pI-I 6,8. Daher verwendeten wir in allen weiteren Untersuehungen Phosphatpuffer yon loll 6,0. Es ist zweekm/~gig, das Reagens in Wasser zu 16sen, da es darin noeh best/~ndiger ist als in diesem Puffer. NEM besitzt in Wasser etwa die gleiehe Sta- bilit/tt wie in Citratpuffer yon pH 5,0 (13).

5. Zeitliehe Abh/~ngigkeit der Reaktion yon NEM mit Myofibrillen. Die Zahl d e r m i t NEM besthnmbaren SH-Gruppen in Myofibrillen wurde in Ab-

hgngigkeit vonder Reaktionszeit bestimmt. Proben des gleiehen Materials reagierten 5 rain, 20 min, 1, 2, 4 und 8 Std mit NEM.

Die Zahl der mit NEM reagierenden SH-Gruppen steigt zun/~ehst raseh an und nimmt dann weiterhin langsam zu. Aueh naeh 8st/indiger l~eaktionsdauer ist noeh kein Grenzwert der NEM-Bindung elTeieht (Abb. 3). Die Ursaehe hierffir liegt often- bar in einer nur sehr langsamen Reaktion yon NEM mit sehwer zuggngliehen SH- Gruppen des MuskeleiweiBes. Ffir die Existenz soleher Gruppen sprieht vor allem, dab NEM nut einen Teil der mit Silbernitrat naehweisbaren SH-Gruppen erfagt (2).

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90 REII~ER I - I ~ u n d KLAUS HOFMABN:

Auch bedingt Denaturierung mit 8 m-ttarnstoff eine Zunahme der mit NEM rea- gierenden SH-Gruppen. Allerdings werden auch dann wesentlich weniger SH-Gruppen als mit AgNOa (2) erfal~t. So z. B. wurden in nativen Myofibrillen 3,5 =~ 0,09 tool SIt l l05g Protein, nach Denaturierung in 8 m-Harnstoff 4,5 ~= 0,04, dagegen mit AgNOa 9,2 ~= 0,18 tool SH!10 ~ g Protein gefunden. Untersucht man die mit NEM behandelten Proben auf noeh vorhandene SH-Gruppen mit Natrium-eyanonitrosyl- ferrat (Tfipfeltest; ]4), so ergeben die Proben, die nur 5 min mit NEM reagier~ haben, eine deutliche Farbreaktion, w/~hrend die fibrigen Proben diese Reaktion nieht mehr deutlich zeigen. Demnach reagiert auch Natrium-eyanonitrosylferrat nieht mit den schwerer zug~nglichen SI-I-Gruppen; es ist daher unter den angewendeten Versuchs- bedingungen nicht geeignet, das Ausma[3 der Reaktion yon Gewebe- oder Myofibril- ]en-Eiwei$ mit SH-Reagentien zu kontrollieren.

5

~J

6 I 1 I I # ',, '~ 7 Z 3

520min , ,~eakfiozsze//

I I I I I I I [ r 5 6" z S~d<5 ~? g2 o,~ o,6' o,8 7,o 7,z 7,~ 7,sToarnol,/L

/!/EH-EonzelTtrc~//'o~

Abb. 3. Zeitabh~ngiffkeit der Reaktion yon 10 ~ m-2CEM mit Myo/ibriEen (sonstige Reaktionsbedingungen

vgl. ,,Standardmethode")

Abb. 4. Konzentrationsabhgngigkeit der Reaktion yon 2~EM mit MyoIibrillen (sonstige l~eaktionsbedingungen

vgl. ,, Standardmethode")

Die oben beschriebenen Untersuchungen wurden ferner bei pH 6,8 mit 0,1 g- Proben vorgenommen. Aueh hierbei war das Reaktionsgleiehgewicht naeh 8 Std noch nicht erreicht. Die SH-Gruppen yon isoliertem Myosin reagieren ebenfalls - selbst bei groSem Reagensiiberschu$ -- nur unvollst~ndig mit NEM (7). Bei pH 6,8 verlauft die l~eaktion yon ~EM mit Gewebe-SH-Gruppen etwas rascher als beiptt6,0. Xhnliches trifft auch ffir andere Proteine zu.

6. Konzentrationsabh/ingigkeit der Reaktion von 5~EM mit Myofibrillen. Vorversuehe ergaben, da$ die Zahl der ermittelten SIt-Gruppen yon der NEM-

Konzentration abh/ingig ist. Diese Abh/£ngigkeit war n/ther zu untersuehen (Abb. 4). Der Tfipfeltest mit NatI~um-eyanonitrosylferrat ergab bei den mit 0,2 und

0,4 × 10 -8 m-NEM behandelten Proben eine positive, bei den iibrigen keine deuthche Farbreaktion.

D. Schlufi/olgerungen

Auch bei Anwendung eines erheblichen Reagens/iberschusses und einer Reaktions- dauer yon 8 Std reagiert ~EM nut mit einem Tell der insgesamt in MyofibriUen und Muskelgewebe vorhandenen, mit AgNO 3 erfal~baren (2) SH-Gruppen. Das ist auch der Fall, wenn vorher mit t tarnstoff denaturiert wurde. Obwohl somit das NEM- Verfahren zur Ermittlung der Gesamtmenge an SH-Gruppen in Muskeleiweil~ nicht geeignet ist, bietet es bei exakter Einhaltung der Reaktionsbedingungen die MSglich- keit, strukturelle Ver/~nderungen der Proteine - z. B. infolge ttitzedenaturierung - , die gewShnlich mit einer -~nderung der Zahl leicht zug£nglicher Stt-Gruppen ver- bunden sind, zu studieren. Demgegentiber eignet sich die SIt-Bestimmung mit AgN03(2 ) nicht fiir diesen Zweck, da sie sowohl irn nativen wie im denaturierten

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Schwefelhaltige Verbindungen des Fleisches 91

Muskele iwei l~ al le v o r h a n d e n e n S H - G r u p p e n e r f a g t . F f i r d ie N E M - S t a n d a r d m e t h o d e (vgl . A b s c h n . I I I ) w u r d e e ine R e a k t i o n s d a u e r y o n 2 S t d u n d e ine N E M - K o n z e n t r a - t i o n y o n 1,0 • l 0 -3 m o l g e w g h l t . B e i l g n g e r e r t ~ e a k t i o n s d a u e r s t e i g t d a s A u s m a g t ier h y d r o l y t i s e h e n Z e r s e t z u n g des N E M u n d d ie G e f a h r d e r u n s p e z i f i s e h e n R e a k t i o n des R e a g e n s m i t a n d e r e n f u n k t i o n e l l e n G r u p p e n .

IIL Standardmethode zur Bestimmung yon SH-Gruppen mit NEM

A. 2 X 10 -3 m-XEM-Liisung 0,0255 g NEM*, das zur Reinigung aus absolutem Alkohol zweimal umkristall isiert wurde

(Schmelzpunkt: 44--45 ° C), ]6st man zungchst in i00 ml Wasser und bes t immt die genaue Kon- zentra t ion der NEM-LSsung durch spektrMphotometrische Messung bei 300 nm. Durch ent- sprechende Verdiinnung mi t Wasser wird die L6sung auf genau 2 X 10 a m eingestellt. Die LSsung wird bei @2 ° C aufbewahrt . Sie ist wegen der Zersctzlichkeit des Reagens jeweils frisch herzustellen.

B. Durch/iihrung der l~estimmung 500 mg Gewebe oder Myofibrillen werden in verschliel3baren Zentrifugenhiilsen aus Poly-

gtllylen yon 12 ml Inha l t mi t 5 ml 0,1 m-Phosphatpuffer yon pI-I6,0 und 5 ml2 × 10 -3 m-NEM-. LSsung versetzt und 2 Std bei 25°C (Thermostat) geschiittelt. AnsehlieBend wird 5 min- bei ca. 15000 X g zentrifugiert. 5 ml der f iberstehenden Maren LSsung werden zu 1 ml einer 20°/oigen TCA-LSsung pipett iert . Das ausgefgllte Protein wird 5 rain bei 15000 X g abzentrifugiert. Die Ext inkt ion der so erha]tenen LSsung wird in Quarzkiivetten (s = 1 cm) bei 300 nm gegen Wasser gemessen. Zur Ermi t t lung der Blindwerte wird s tar t der NEM-LSsung die gleiche Menge Wasser zugesetzt.

C. Auswertung der Messungen Zungchst sei eine Mlgemeingiiltige Formel entwickelt. Der Verbrauch an NEM, dem eine

isomolare Menge an SIt-Grupl0en entspricht, ergibt sich aus der Differenz zwischen dem NE)/L Gehalt der Reaktions]Ssung am Anfang und am Ende der I~eaktion:

NEM-Verbrauch ~ VNt~M • CNEM - - VR " cn. (1)

Dabei bedeuten VNBM das Volumen, CNEM die Konzentra t ion der verwendeten NEM-L6sung, VR das Volumen, eR die Konzentra t ion der Reaktions-L6sung am Ende der Reaktion.

Die Differenz zwischen der Ext ink t ion des mi t TCA versetzten aliquoten Teils der Reaktions- 15sung und der Ext inkt ionswert der ebenso behandel ten Bl indprobd6sung sei ENEM. Multipliziert

man diesen Wert mi t dem reziproken Verdiinnungsfaktor Va -4- VTCA (Va = aliquoter Volumen- Va

teil, VTCA = Volumen zugesetzter TCA), so erhglt man die Extinkt ion, die der NE3/[-Konzen- t ra t ion des Reaktionsgemisches nach der l~eaktion entsprieht. Un te r Anwendung des Lambert- Beerschen Gesetzes gilt dana

Va @ VTCA ENEM" -- e ' e R - .S. (2)

Va

Da die Ext ink t ion der NEM-LSsung infolge Iangsamer Hydrolyse des Reagens langsam ab- n immt , mug zu ENE M noch ein experimentell ermit tel ter Korrekturwert ffir diese Extinktions- abnahme (d E) addiert werdem

Ersetz t man CR in G1. (1) gemg6 G1. (2) so ergibt sich

8H = VNE,vi " ONE M - - V R " (Va ~ VTCA) " (ENEM @ A E) tool (3) V a ' c ' 8

Setzt man die ftir die Standardmethode geltenden Werte in diese Formel ein (Volumina in Liter ; A E = 0,003), so erhglt man (unter Beriicksichtigung des Wassers in den Gewebeproben, dessen Volumen etwa 0,4 × 10 -a 1 betrggt) :

S]-I = 10,00--20,12 - (ENema @ 0,003) • 10-" mol. (4)

1?iir eine rasche Auswertung der Megergebnisse stellt man G1. (4) graphisch dar, so da6 ftir jeden Wert von ENeM der entsprechende SH-Wert abgelesen werden kann.

• Bezogen von , ,Nutrit ional Bioehemicals Corporation", Cleveland, Ohio.

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92 Zeitschrfftenreferate. - - Die einzelnen Lebensmittel

D. Fehlergrenze der Methode Bei Bestimmungen an ein und demselben Probematerial betr/~gt die Fehlergrenze 2°/o des

Mittelwertes.

Zusammen]assung

Zur Bes t immung yon S t t -Gruppen in Muskelgewebe oder Myofibrillen 1/£Bt m a n Proben, die etwa 100 mg Pro te in enthal ten, in Phosphatpuffer yon pH 6,0 2 Std un te r st/~ndigem Schfitteln mi t fibersehfissigem NEM bei 25 ° C reagiGren. •aGh dem Abzentr ifugieren ~/illt m a n die gelSsten Protehm mi t TCA aus und ermit te l t dig n icht verbrauehte Menge an NEFf spGktralphotometrisch bei 300 rim. Mit dieser Methode werden nu r dig ]eiGht zugi~nglichen SH-Gruppen der Muskelproteine erfaBt. Das Verfahren Gignet sigh vor allem ffir Untersuchungen, bei denen ProteinvGr~nderungen verfolgt werden sollen, die mi t einer Anderung der Zug/~nglichkeit yon SH-Gruppen ve rbunden sind.

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Zeitschrit enreferate Die einzelnen Lebensmittel (Chemie, Technologie, Analytik)

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dtsch, und engl. Zusammenfass.] (Budapest, Budapesti Mi~szaki Egyetem ~lelmiszerk~mia Tan- sz8k.) ]~lelmiszervizsg£1ati KSzlem6nyek 1O, 90--99 (1964).

Verff. priiften die NachweismSglichkeiten yon Mischungen yon Schweinefett und Sonnenblumen- 61 in verschiedenem Verhi~ltnis. Auf Grund ihrer Untersuchungen schlagen sie solche rasche und verl/~Bliehe Methoden vor, die in qua]itativer wie auch quantitativer Hinsieht in Betriebslabora- torien angewendet werden kSnnen. J. Kottdsz und I. Gdl (Budapest)

B. G. Tarladgis, A. W. Sehoemakers und P. Haverkamp Begemann: 2,2'-Oiphenyl-l-pikryl- hydrazin als Reagens fiir die quantitative Bestimmung von Hydroperoxyden. (2,2'-diphenyl-1- pieryl-hydrazyl as a reagent for the quantitative determination of hydroperoxydes.) (Vlaardingen, Niederlande, Unilever Res. Lab.) J. Dairy Sci. 47, 1011--1012 (1964).

Das AusmaB der Luftranzigkeit in fetthaltigen Lebensmitteln kann durch Bestimmung der entstandenen Hydroperoxyde verfolgt werden. Die biher gebr~uchlichen Naehweismethoden sind aber wenig empfindlich und man benStigt eine grSBere Menge Analysensubstanz. Mit 2,21- Diphenyl-l-pikrylhydrazin lassen sich Hydroxyde und Hydroperoxyde quantitativ bestimmen,

* Einschlieglieh Referate yon Arbeiten in Fortschrittsberichten, Sammelwerken u. dgl.


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