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Uber Alurniniumoxydchlorid. IIl)

Neue Bildungsweisen, chemisches Verhalten und Bildungsenthalpie von AlOCl

Von HARALD SCHAFER, FRANZ EBERHARD WITTIG und WOLFGANG WILBORN

Mit 1 Abbildung

Inhaltsiibersicht Als neue Bildungsweisen fur AlOCl werden die Umsetzungen von Al,Cl,,g mit

Die Hydrolyse von AlOCl bei 300" und hoheren Wasserdampfdrucken liefert Bohmit. Die Bildungsenthalpie des AlOCl wurde durch Losungscalorimetrie zu dH(298) =

-190,O kcal gemessen. Hiermit und rnit einer geschatzten Normalentropie fur AlOCl lassen sich die bisher beobachteten Bildungs- und Reaktionsweisen des AlOCl in uber- einstimmung mit den Experimenten berechnen.

Bi,03, Sb,03, Sb,05, ZnO, y-AlOOH und SO, beschrieben.

Summary In addition to various modes of formation of AlOCl recently described, crystalline

AlOCl has been prepared by reaction of gaseous Al2C1, with Bi,O,, Sb,O,, Sb,05, ZnO, y-AlOOH, or SO,.

Hydrothermal decomposition of AlOCl a t 300" C yields boehmit, y-A100H. The enthalpy of formation of AlOCl has been determined calorimetrically, AH,, =

- 190.0 kcaljmole. This value is in agreement with other reactions of AlOCl.

Aluminiumoxydchlorid AlOCl entsteht in unreiner, amorpher Form bei der dther-Spaltung mit Aluminiumchlorid, wie MENZEL~) zuerst beobachtet hat1). K r i s t a l l i n e s AlOCl wird gewonnen, wenn geeignete Oxydo oder Oxydchloride mit Aluminiumchlorid im uber- schul3 umgesetzt werden1) :

2 y-Al20, + Al,Cl,, g, fl = 6 AlOCl (1)

2 Fe,O, + 3 Al,Cl,, g = 6 AlOCl + 2 Fe,Cl,, g (2)

Erste Mitteilung: H. SCHAFER, C. GOSER u. L. BAYER, Z. anorg. allg. Chem. 263, 87 (1950).

2) W. MENZEL, Ber. dtsch. chem. Ges. 75, 1055 (1942).

SCHAFER u. Mitarb., Bildungsweisen, cheni Verhalten u. Bildungsenthalpie von AlOCl 49

TiO, + Al,CI,, g = 2 AlOCl + TiCI,, g

2 V,O, + 3 AI,CI,, g = 6 AlOCl + 4 VOCI,, g

2 Nb,O, + 5 Al,CI,, g = 10 AlUCl + 4 NbCI,, g

2 Ta,O, + 5 Al,CI,, g = 10 AlOCl + 4 TaCl,, g

x hlo0, + Al,CI,, g = 2 AlOCl + y Mo-Oxydcldorid

WO, + AI,CI,, g = 2 AlOCl + WOCI,, g

2 AlOCl + Fe,CI,, g 2 FeOCl + Al,CI,, g =

2 NbOCI, + Al,CI,, g = 2 AlOCl + 2 NbCI,, g

Die hier vorgelegte Abhandlung berichtet uber wei te re Bi ldungs- weisen des AIOCI, uber sein chemisches V e r h a l t e n und uber die Messung seiner Bi ld ungsen t ha1 pie.

A. Neue Bildungsweisen fur AlOCl 2 Bi& 4- 3 A12C16, g = 6 AlOCl + 4 BiCI3, P I 3 ) (12)

1 Mmol Bi,O,, das auf 650' vorerhitzt worden war, und - 4 Mmol Al,Cl, wurden ini Vakuum in ein Reaktionsrohr eingeschmolzen und 2 Tage auf 300" C erhitzt. Der nach dem Verfluchtigen von Al,Cl, und BiCl, (Temperaturgefalle 350-400°/200 C) ver- bleibende Ruckstand war nach Pulveraufnahme und Analyse AlOCl (A1:Cl = 1,OO :0,97). Das Debyeogramm hatte besonders scharfe Linien.

2 SbaOs + 3 Al&ls, g = 6 AlOCl + 4 SbCls, g (13) 10 Mmol Sb,0,4) + 30 Mmol AI,CI,; Vakuum; Einschlullrohr; 1-2 Tage 230" C.

Der an der Olpumpe bei 280' nichtfliichtige Riickstand war AlOCl (Debyeogramm. Analyse gef. 34,2% Al; 45,6% C1: AI:C1 = 1,00:1,01; ber. 34,4% -41; 45,2yoC1):).

2 SbeOs + 5 A12Cl8, g = 10 AlOCl + 4 SbClg, g + 4 C1; (141 Die Umsetzung mit Sb,OS6) wurde ahnlich wie die mit Sb,O, ausgefuhrt. Auch hier

bestand der nichtfluchtige Ruckstand aus AlOCl (Debyeogramm; gef. 34,5% Al; 45,3% C1. A1:Cl = I , O O : l , O O ) .

hTeben SbCl, und C1, liegt in der Gasphase auch ShCI, vor:). - -~

Diese Formulierung beriicksichtigt nicht, daB ein Teil des A l Q , in der BiC1,- Schmelze gelost sein wird. Vgl. W. A. ISBEHOW und N. G. TSCHOWNIK, Chem. Zbl. 1936. 11, 2085. Vgl. ferner das System BiBr,-AlBr, (GMELINS Handb. anorg. Chem. 8. Aufl. A1 [B] 352).

4, Sb,O, aus SbCl, p. a. durch Hydrolyse und Sublimation. 6 ) Die gleiche Reaktion hat auch W. HOFMANN durchgefuhrt; Diplomarbeit unter

Leitung von R. FRICXE, etwa 1950. 6 ) Das verwendete Sb,05-Praparat wurde durch Hydrolyse von SbC1, p. a. urid

Abraucheu mit konz. HNO, erhalten. Ob formelreines Sb,05 vorlag, wurde nicht gepriift. 7, H. BRAUNE u. W. TIEDJE, Z. anorg. allg. Cheni. 162, 39 (1926).

2. anorg. sllg. Chemie. Bd. 297. 4a

60 Zeitschrift fur anorganische und allgeineine Chcmie. Band 297. 1958

2 ZnO + A12C16, g = 2 AlOCl + 2 ZnClz, f (15) ? 111 Umsetzung von ZnO mit Al,Cl, im EinschluBrohr bei 230" C wurde der Al,CI,-

OberschuW absublirniert und ZnC1, durch Behandlung mit trockencrri Ather entfernt. Nach der Hbntgenaufnahme bestand der Ruckstand aus AIOCl.

2 y-AI00H + AleCle, g = 4 AlOCl + 2 HCI (16) 2 Rlmol Bohmit8) und 2 Mmol Al,Cl, wurden im Vakuum in ein EinschluSrohr einge-

schniolzen und dann 90 Stunden auf 300" C erhitzt. Der nach dein Absublimieren des Al,Cl,-Ubcrschusses verblvibende weifie Ruckstand gab das Yulverdiagramm des AlOCl und lieferte bei der Andyse das Atomvcrhaltnis A1:Cl = 1 , O O : 1,03.

0 2 + A12Cl6, g = 2 AlOCl + 2 Cl2 (17) Diese Reaktion wurde inzwischen schon von RUDORFF und ZELLER~)

loeohachtct . E i g e n e V e r s u c h e : 1,5 Mniol AI,CI, wurden mit 3-4 Mmol P,O,-trockeneni 0,

von AtniosphLrendruck in ein Glasrohr eingeschmolzen und wahrend 70 Stunden auf 270" (anderer Versiich 370" C) erhitzt. Der nach den1 Absublimieren des Trichlorids ver- bleibende weilje Ruckstand bestand nach Pulverdiagramni und Analyse (Al:CI= 1,00:1,04) aus BlOC1. Bei dcr Reaktion cntstarid Chlor.

2 SO.,, g + Al2C16, g = 2 AlOCl + 2 SOCI.L, g (18) oder wold richtiger

2 (A12Cl6 . SO2), g + AleC16, g = 2 AlOCl + 2 (AlJl6 * SOC12), g (19) Die Formulierung dieser Reaktionsgleichung ist unsicher, da

Bl,Cl, mit SO, und auch mit SOCI, Additionsprodukte gibt, die auch in der Gasphase noch eine gewisse Stabilitat bcsitzen (vgl. Abschnitt D, Anmerk. 23).

uber 4 hlrnol Al,Cl, wurdc irn Rcaktionsrohr (Vol. - 80 cni3) troclcenes SO, geschickt. Dahei entstand einc gelbliche, viskose Flussigkeit. Das rnit SO, (1 at) gefullte Rohr

wurde abgeschmolzen und einen Tag auf 460' erhitzt. Danach cnthielt das Rohr eine gelbliche Flussigkeit, die beim Abkuhlen auf Raumtemperatur erstarrte, und ferner an den Rohrwandungen einen weiBen

Abb. 1. Debyeogramm des Aluminiumoxydchlorids; Stoff, der sich nicht subli- CuK,-Straldung inieren lie8 und nach dem

8 ) Nach R. FRICKE u. K. JOCKMRS, X. Naturforsch. 2b, 244 (1947), wurde anialga- miertes Aluminium mit kochendcrn Wasser umgesetzt. Das bei 300" an der Luft getrock- nete Praparat enthielt 16,2% H,O (fur AlOOH berechnet 15,0%) und lieferte das Debyeo- granirn des Bohmits.

9) W. RIIDORBF u. R. ZELLER, Z. anorg. allg. Cliem. 279, 182, 184 (1955).

SCHAFER u. Mitarb , Bildungsweisen, chem. Verhalten u. Bildungsenthalpie von AlOCl 51

Debyeogramm aus AlOCl bcstand lo). Erhitztc man unigekehrt AlOCl niit eincr- iyber- schuS von SOCI, im Einschluorohr (300" C ) , so wurde AlOCl vollstandig chloric

Aluminiumoxydchlorid liefert ein linienreiches Debyeogramm (Abb. 1). Seine Indizierung und die Herstellung von Einkristallen steht noch aus.

B. Das chpmiseho und thermische Verhalten des AlOCl

Die hier zu crorternden Versuche wurden vorwiegend angestellt, urn die Angaben iiber die freie Bildungsenthalpic des Aliiminiumoxyd- chlorids weitcr einzugrenzen (vgl. Abschnitt D).

1. Chemisehe Reaktionrn mit AlQC1

Wurde AlOCl im EinschluBrohr mit einem CCl,-ifberschuB auf -300" C erhitzt, so wurde es vollstandig zu Al,Cl, umgesetzt.

2 AlOCX + 2 CCl, = Al,CI,, g + 2 COCl,,

2 AlOCl + CCI, = AI,Cl,, g + CO,. (20)

(21 1

Diese Reaktionen verliefen wohl nebeneinander. AGO ist fur beide nur wenig ver-

Dureh einen TiCl,-UberschuB wurde AlOCl (EinschluBrohr) weder bei 300" noch bei 400" C im merklichen Umfange in Al,Cl, verwandelt; die Reaktion (4) liegt offenbar weitgehend auf der rechten Seite.

E i n w i r k u n g von Wasserdampf auf AlOC1. Blieb AlOCl neben einem Wasserdampfdruek von -6,5 rnm bei Raumtemperatur stehen, so nahm sein Gewicht auf etwa das 1,Mfache zu (Grenzwert, der nach 2 Wochen erreieht wurde). Gleichzeiti4 wurde etwas HC1 abgegeben. Das Endprodukt der Reaktion lieferte ein diffuses Rontgendiagrarnm l l) .

Eine bei hoherer Temperatur durchgefdhrte Hydrolyse vrrlief folgcndermanen : 144 rng AlOCl wurden bei einem Wasserdampfdruck von -20 mm wahrend 93 Stunden auf 2906 300" erhitzt. AuBerhalb des Ofens befand sich ein temperierter Wasser- vorrat, von dein auch der freiwerdende Chlorwasserstoff gebunden wurde. Das Reak- tionsprodukt gab ein diffuses Rontgenbild (Flussigkeitsinterferenzen). Seine Analyse (Al- und C1-Bestimmung) lien sich aufgliedern in einen Gehalt von l0,5% AlOCl und 88% A1,0,, Rest H,O. Dieses Ergebnis ist verstandlich, da die als primare Reaktions- produkte diskutablen A10OH-Modifikationen Bohmit und Diaspor unter d m gewahlten Bedingungen bereits zerfallen l2 )I3) .

schieden.

10) Diesen Versuch verdanken wir Herrn H.-J. HEITLAND. 11) Im Gegensatz hierzu gibt FeOCl unter ahnlichen Bedingungen ein drfiniertc-s

basisches Salz als hydrolytischc Abbaustufe. Vgl. H. SCHAFER, Z. anorg. allg. Cheni. 264, 249 (1951).

12) GMELINS Handb. anorg. Cheni. [8], Aluminium B, S. 127. 13) R. FRICKE u. H. SEVERIN, Z. anorg. allg. Chcm. 205, 287, 293, 294 (1932).

4*

52 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 297. 1958

Andere Verhaltnisse liegen bei hoheren Wasserdampfdrucken vor : Auf AlOCl wirkte ein Wasserdampfdruck von 6-7 a t bei 300°C wah- rend 42 Stunden ein. Dann offnete man das Rohr bei der Versuchs- temperatur und pumpte die Gasphase aus dem noch heiBen Rohr ah. um die Kondensation von II,O + HC1 zu verhindernl4). Das Reaktions- produkt bestand aus praktisch chloridfreiem Bohmit, der, wie das Pulverdiagramrn zeigte, gut kristallisiert war. Analyse: gef. 14.5% H,O; her. fur AlOOH l5,0yO.

Die Gleichung AlOCl + H,O, g = y-AlOOH + HCI, g (22)

gibt Anfangs- und Endzustand wieder. Ob die Reaktion durch einfachen C1-/OH--Austausch vor sich geht, bleibt offen. Aus strukturellen Grunden ware dies von Interesse.

2. Das thermische Verhalten von AlOCl AlOCl wurde in Ampullen neben beliannt~en Al,CI,-Drucken wahrend

800 Stunden auf 500" C erhitzt. Die am Ende der Temperung herr- schenden AI,Cl,-Drucke betrugen 0,9; 1 , 4 ; 2 , 2 ; 3,9; 4,3 at. Die analy- tische und rontgenographische Pruf ung des nichtfliichtigen Riickstands ergab, daB bei P,,z,,a 2 2 , 2 a t AlOCl unverandert vorlag, daB jedoch bei den kleineren Drucken Abbau stattgefunden hatte : Der Boden- korper enthielt 0,5 bzw. 0,6 Cl/Al und gab das Rontgendiagramm eines stark gestorten. Gitters neben ganz schwachen AlOC1-Reflexen. Als Abbauprodukt entstand eine wenig geordnete Oxydphase, die wahr- scheinlich noch Chlorid gelost enthielt.

Bei 720-750" war friiher') %-A1203 als Zersetzungsprodukt des AlOC1 beobachtet worden.

C. Messung dcr Bildungsenthalpie des Aluminiumoxydchlorids durch Losungscalorimetrie Ausgangssu bstanzen

AlOC1-Prapar a t I, dargestellt aus As,O, und einem AlCI,-UberschuB. Analyse, gef. 345% Al; 45,0% C1. Fur AlOCl ber.: 34,4% Al; 45,2% C1.

AlOC1-Prap a r a t 11, gewonnen durch Umsetzung von Sb,O, init AICl,-f'berschuB. Analyse, gef. 34,5y0 A1; 45,3y0 C1. Die Praparate I und I1 lieferten das Debyeogramm des AlOCl (Abb. 1).

AlCI,. Kaufliches, wasserfreies Aluminiumchlorid wurde zur Reduktion von Ver- unreinigungen (FeC1,) mit Aluminiumspanen einige Stunden in1 EinschluBrohr auf 220" prhitzt und anschlieknd sublimiert.

Zum Auflosen dcs AlOCl dientc Salzsaure init der Verdunnung N = 299,5 Mole H,O/Mol HCI.

14) Auch zu Versuchsbeginn wurde der Kontakt; der Substanz mit f l i iss igem Wasser vermiedcn.

SCHAFER u. Illitarb., Bildnngsweisen, chem. Verhalten u. Bildungsenthalpie von AlOCl 53

Calorimetrische Arboitsweise Das Unterwassercalorimeter betand aus einem Silberbecher rnit besonders tem-

periertem Luftmantel. Es enthielt ein geeichtes BECKMANN-Thermometer, den Ruhrer, den Heizer und das AbkuhlgefaB. Die Substanz befand sich in einer Glaskirsche, die zu Reginn der Hauptperiode zertriimmert wurde. Der Wasserwert wurde elektrischls) er- mittelt. Einzelheiten hierzu und zur Konstruktion des Calorimeters wurden bereits ver- offentlichtle). 1 cal = 4,1840 Joule. Die Korrektur fur den Warmeaustausch mit der Umgebung geschah mit der REQNAULT-PFAuNDLERsChen Formel.

Aluminiumoxydchlorid lost sich bei 25" C in verdunnter Salzsaure etwas langsam. Bei 35" dauerte die calorimetrische Hauptperiode jedoch nur 9 Minuten. Daher wurde bai dieser Temperatur gearbeitet. Die Losung war nach allen Messungen klar.

Die Reaktionsenthalpie bei der -4uflosung von AlOCl in Salzstiure

RegelmaBig wurde die AlOC1-Einwaage bei 35°C in 300g HCl; 299,5 H,O gelost. Der Wasserwert lag bei 320 cal/" und war mit einem Fehler des Mittels von O , l % behaftet, wenn er, was nach jeder Lo- sungsreaktion geschah, 4mal bestimmt wurde.

Fur die Reaktionsenthalpie des AlOCl mit Salzsaure ergaben sich folgende Werte :

1 AlOCl- ~ AlOCLMenge~ - AH

I , kcal Prapar a t g pro Mol AlOCl

______ 1 l--l

I ' 0,3695 1 47,96

1 I1 1 0,4672 ' 47,61 I 11 0,6781 i 47,36

I1 ~ 0.8121 47.52

I I 1 0,3850 1 47,44

Man erkennt, daIJ kein Unterschied zwischen den beiden AlOC1-Pra- paraten besteht und ferner, daB AH keinen Gang mit der AlOC1-Menge zeig t .

Die Messung sollte der Gleichung AIOCl + 2 (HCI; 299,5 H,O) = AlCI,; 600 H,O (23)

entsprechen. Auf 300 g = 0,0552 Mole HC1; 299,5 H,O hatte man also 0,0276 Mole = 2,16 g AlOCl auflosen miissen. Andererseits benotigt man zum schnellen Losen einen genugenden SaureuberschuB. Da AH keine deutliche Abhangigkeit von der AlOC1-Menge zeigt, diirfen wir

lb) Die Spannung wurde in Kompensationsschaltung mit einer Genauigkeit von & O , O l % gemessen. Das Strom-Zeitintegral wurde mit dem Silberfluoborat-Coulometer nach H. v. WARTENBERQ u. H. SCHUTZA, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 66, 254 (1930) auf O , l % genau bestimint.

Is) F. E. WITTIG, Z. Metallkde. 44, 427 (1953); Calorimeter I.

54 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 297. 1958

deli ,,gewogenen" Mittelwert = - 4 7 3 & 0 , l kcal der obenstehenden Gleichung zuordnen. Das entspricht der Aussage, daB die Mischungs- warme von AlC1,; 600 H,O mit HC1; 299,5 H,O zu vernachlassigen istl'). Die Uinrechnungl*) auf die Normaltemperatur ergibt schlieBlich

AH (298) = - 46,9 f 0,2 kcal.

Zur weitercn Auswertung ist die Enthalpie fur die Auflosung von Alurniniiimchlorid in Wasser erforderlich. ROTH und BORGER 19) fanden fur die Verdunnung N = 4000 bis 9500 konstant AH (298) = -79,5, f 0, l kcd/Mol AIC1,. Eigene Messungen ergaben fur N = 2400 den Wert AH (298) = --79,3 & 0,3 Bcal. Im Tabellenwcrk von ROSSINI und WAGMAN~O) wird die Losungsenthalpie fur N = 600 mit AH (298) =

-79,3 lical :ingegeben. Dieser Wert ist also gut gesichert.

Dcr Wert fur AH (AlOCl) hangt vor allem davon ab, mit welchem Zahlenwert d H( AlC1,) eingesetzt wird. Diesen Zusammenhang heriick- sichtigt das folgende Schema, wobti alle Werte fur 298" K gelten:

iilO('1 + 2 (HCI; 299,5 H,O) = AICI,; 600 H,O;

AlCI,: GOO H,O = AlC1, + 600 H,O;

A, + C1, + 599 H,O - 2 (HCI; 299,5 H,O);AH = -79,67 kca1.O)

H,O fl = H, + 0,; AH = +68,32 kcalaO)

AH = -46,9 kcal

.1H = +79,3 kcal

AlOCl + C1, = AlCl, + 0,; AH = +21,0, kcal.

Fiir die GrOWe AH(AlCI,, 298) findet man bei ROSSINI und WAG MAN*^) --166,2kcal, wahrend neueMessungen von SIEMOP;SEK~~) -~ 167,5&0,4kcal

[J. Amer. chem. Sor. 32, 1176, 1184 (1910)] fanden, daB beim Vermischen von AlC1,; 600 H,O mit HCl; 200 H,O Lein meljbarer Warmeeffekt auftritt.

Cp(HC1; 299,s H,O) = 0,988, 5 0,0003 cal/", g t-ntspr. 5368 cal/', Formelgewicht. (Inter- jiolirrt mit MeUwcrten von MAIR u. HALL sowie von GUCKER u. ScHmNrKE; LANDOLT- BOHNSTEIN 5. Aufl. E 11, 1187; E 111, 2282).

Cp(AlC1,; 600 H,O) = 0,977 f 0,001 cal/", g entspr. 10691 & 10 call", Formelgew. Durch Extrapolation aus MeUwerten von K. JAUCH, Z. Physik 4, 441 (1921). (Graphische Extrapolation dr r JAUcxschen Wertc im Zusammenhang mit der Dnrstcllung von cpl", g prgrn Mole H,O/Aquivalent fur zahlreiche Salze.)

Daraus folgt fur die Reaktion (23) dCp = - GO + 10 cal/', Formelumsatz. l9) W. A. ROTH 11. E. BORGER, Z. Elehtrochem. angew. physik. Chem. 44, 540 (1938)

I h Wert wurdc niit den von ROTH i i . BORDER geniachten Angaben von 30" auf 25' um- gerechnet.

F. D. ROSSINI, D. D. WAGMAN u. Mitarb., Selected Values of Chemical Ther- ~norlynarnic Properties, Washington 19.52.

-

1 ) TH. W. RICHARDS, A. W. ROWE u. L. L. BURGESS

18) Cp(AlOC1) = 14 cal/O, Mol; geschatzt.

Z1) H. SIEMONSEN, %. Elektrochem. angew. physih. Chem. 55, 327 (1951).

SCHAFER u. Mitarb., Bildungswciseri, clicni. Verhalten u. Bildungsmthalpie von AlOCl 55

und von COIJGJTLIN~~) -169,O f 0,2 kcal ergaben. Mit dicsem letzten Wert folgt

dH(AlOC1, 298) = - 190 kcaljMo1.

D. Thermochemie des Aluminiumoxydchlorids

Die Normalentropie des Aluminiumoxydchlorids ist zu S(AlOC1, 298) = 13 & 1 cl abschatzbar. Damit und mit der gemessenen Bildungs- cnthalpie dH(AlOC1, 298) = -190 kcal mussen sich die b e o b a c h t e t e n Rildungs- und Reaktionsweisen (Abschnitt A, B) des Aluminium- oxydchlorids wiedergeben lassen. Dies ist in der Tat der Fall, wie Tab. 1 zeigt. Sie enthalt alle Experimente, fur deren Berechnung die vorhan- denen thermochemischen Zahlenwerte a u ~ r e i c h t e n ~ ~ ) .

Fur die Reaktion von Ta,O, niit A12C1, wird das berechnete AGO bei rund 770" K Null und dariiber positiv. Tatsachlich wird a-Al,O,, das mit AlOCl therrnochemisch ver- gleichbar ist (siehe unten), bei 973" K von TaCl,, g stark angegriffenZ4).

L4bschlie13end betrachten wir die Stabilitatsverhaltnisse im System A1,0,-A1OC1-AlC1,. Das Experiment 1) ergab, da13 y-Al,O, durch Al,Cl,, f l , g in AlOCl ubergefuhrt wird. Die Rechnung liefert das gleiche Ergebnis :

2 y-Al,O, + Al,CI,, g = 6 AlOCI; AGO (573, fur 1 AlOCl) = - 4 kcal.

Mit oc-Al,O, als Reaktionspartner berechnet man 2 3;-A1,0, + Al,Cl,, g = 6 AlOCl; AGO (473, fur 1 AlOCI) = - 0,2 kcal

AG" (573, fur 1 AlOC1) = + 1 kcal.

Hiernach ware A10C1 bei seiner ublichen Bildungstemperatur (573" K) und PAlBCla = 1 a t gegenuber a-Al,O, instabil. Wenn bei positiven Werten fur dG" dennoch AlOCl gewonnen wird, so ware das auf die bekannte geringe Bildungsgeschwindigkeit des Korunds zuruckzufuhren. Jedoch reicht die Genauigkeit der fur die Rechnung verwendeten Werte (besonders fur Al,Cl,, g aber aucb fur a-Al,O,) fur eine zuverlassige Aus- sage uber das Vorzeichen von AGO nicht aus. Fruhere Experimentel)

**) Von J. P. COUGHLIN irn KELmYschen Laboratorium gernessen ; nach freund- licher brieflicher Mitteilung yon Herrn K. K. KELLEY.

23) Werte fehlen eur Berechnung der Umseteungen von Nb,O,, NbOCI,, MOO, und WO, mit Al,Cl,. Dasselbe gilt fur die Reaktion Ton SO, rnit Al,Cl,, g. Hierbei treten gasformige Verbindungen Ton Al,CI, mit SO, (GMELINS Handb. anorg. Chcm. [ 8 ] , A1 (B) S. 210) sowie von Al,Cl, mit SOCl, [H. HECHT, Z. anorg. Chem. 254, 37, 44 (1947)l auf, deren therrnochemische Werte unbekanut sind.

24) H. SCHOLZ, Diplomarbeit Miinster 1957. Das Reaktionsgeschehen ist nicht nahrr untermcht worden.

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2 A

lOC

l +

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2 A

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..

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..

57

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, +

Al,C

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g =

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..

..

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2 A

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TaC

l,, g

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9

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g =

2 A

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4/15

C1,

503

~

..

..

..

..

..

..

..

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I "3

N-F

C,O

, + Al

,Cl,,

g =

2 A

lOC

l +

'1, Fc

,CIG

, g

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..

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..

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..

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1 -

y-A

100H

+ H

CI=

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SCHAFER u. Mitarb., Bildungsweisen, chem. Verhalten 11. Bildungsenthalpie voii AlQCl 57

ergaben, daB AlOCl bei 1000" K in cr-Al,O, und Al,Cl,, g zerfallt. Hier- bei wurde das entstehende AI,Cl, in kalteren Zonen kondensiert 27).

Neue Versuche (Abschnitt B) zeigten, daB AlOCl bei langerer Tem- perung bei 773" K neben PA12C,, < 2 , 2 at unbestandig ist. Jedoch ent- stand dabei nicht a-Al,O,, sondern eine Losungsphase, die offenbar neben solchen Al,Cl,-Drucken stabiler ist als oc-AlZO,1).

Fur die Reaktion der f es t en Partner '1, AlCl, + 11, A1,03 = AlOCl

wird AH (298) = -0,6 kcal, also praktisch Null. Dies trifft fur die Bildung von Oxydchlorid aus Oxyd und Chlorid haufiger zu, wie die Betrachtung der analogen Reaktionen des Eisen( III)-oxydchlorids2s) und des Titan(II1)-oxydchlorids zeigt.

E. Anhang. Herkunft der thermochemischen Zahlenwerte Bei den Rechnungen in Abschnitt D wurde stets ACp = Null gesetzt. Dies war

gestattet, da die Versuchstemperatur noch nahe bei der Normaltemperatur liegt und ferner, weil die verwendeten Werte (z. B. die Angaben fur Al,Cl,, g) zum Teil nicht sehr genau sind. Alle folgenden Zahlen gelten fur 298' K.

AH(Al,Cl,, g) = -309,2 kcal; berechnet mit AH(AlCl,, f) = -169,O kcal22); L(Al,Cl,, subl.) = 28,s kca130).

S(AI,CI,, g) = 119,5 cl; berechnet mit S(AlCl,, f) = 27,5 cl; dS(Al,CI,, subl.) = 64,5 c130). Fur die Normalentropie des festen AICI, findet man Werte von 402u) und 40,5 cl 31), aber auch 27,5,*) und 26,3 & 2,5 cP3). Nun hat sichin den letzten Jahren heraus- gestellt, daR die Normalentropien fur feste Trichloride wie FeCl,, CrCl,, VCI,, TiCI, und LaCI, zwischen 30 und 34 01 liegen. Ein Betrag von 27,5 cl ist fur das leichtere AICI, also plausibel. Den gleichen Wert erhalt man bei Schatzungen, die von der Normalentropie des a-Al,O, oder des kurzlich gemessenen AlF,34) ausgehen.

AH (AsCI,, g) = -63,s kca13z). S(VOCI,, g) = 82 cl (unsichere Sehatzung). L(Fe,CI,, subl.) = 38,2 kcalso); dS(Fe,CI,, subl.) = 68,6 12130).

2;) H. GROTHE u. C. A. PIEL [Z. Elektrochern. angew. physik. Chem. 64, 210, 213 (1950)l beobachteten bei 873' K die Abscheidung von a-Al,O, aus Alkalichlorid-AlC1,- S c hind zen .

28) H. SCHAFER, F. E. WITTIQ u. M. JORI, Z. anorg. allg. Chem. 287, 61 (1956). 29) H. SCHAFER, E. WEISE u. F. WARTENPFUHL, Z. anorg. allg. Chem. (im Druck). 30) K. K. KELLEY, Contr. Data Theor. Met. 111. The Free Energies of Vaporization.

31) L. BREWER in L. L. QUILL, The Chemistry and Metallurgy of Miscellaneous

R . FICHTE, Die thermodynamischen Eigenschaften der Metallchloride, Berlin

33) 0. KUBASCHEWSKI u. E. LL. EVANS, Metallurgical Thermochemistry, London

34) E. G . KING, J. Amer. chem. Soc. 79, 2056 (1957); S(AIF,) = 15,89 cl.

Bur, Mines, Bull. 383 (1935).

Materials, New York 1950.

1953.

1955. Nach H. VILLA, J. SOC. chem. Ind. Suppl. Nr. 1, 69, 9 (1950).

2. 8UOrg. allg. Chemie. Bd. 297. 4b

58 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 297. 1958

S(FeCl,, f ) = 32,2 ~135). dH(FeOC1) = -99,O kca128); S(FeOC1) = 17,7 cl (geschatzt). dH(Ti0,) = -225,5 k ~ a l ~ ~ ) ; dH(TiCl,, fl) = -191,2 kcal"). L(TiCl,, verd.) = 9,9 kcal38). ilH(TaCI,, g) = -179,8 kca13@); S(TaCI,, g) = 103 cl (geschatzt). dH(Ta,O,) = -489,O kca140). ilH(A10OH) = -235,5 kcalZn). Bei ROSSINI-WAGMAN~~) wird niches uber die

Modifikation gesagt. Jedoch fand neuerdings KUSNETZOW~~) fur B o h m i t AH = -236,6 und -234,9 kcal.

Alle hier nicht genannten Zahlenwerte wurden bei KELLEY~-) und bei ROSSINI, WAGMAN und Mitarbeiternzo) entnommen. Dies gilt auch fur a- und y-Al,O,. Auf die bei der Bestimmung der Bildungsenthalpie des Korunds auftretende Problematik43) und auf die neue Berechnung der Differena dH(n-AI,O,) - dH(y-A1,0,) durch v. WARTEK- BERG44) sei jedoch hingewiesen. Auch bei Benutzung dieser Werte waren unsere Aus- sagen im Abschnitt D im Prinzip die gleichen geblieben.

Ein Teil der vorgelegten Ergebnisse wurde bereits in den Jahren 1950 bis 1952 in Stuttgart gewonnen. Bei diesen Arbeiten wurden wir durch die Damen LISEL BAYER und ELISABETH SCHOBER verstandnisvoll unterstutzt. Die calorimetrischen Messungen sind der wesentliche Teil einer Diplomarbeit (W. WILBORN, Stuttgart 1951).

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind wir fur die uberlassung von Geraten und fur die Gewahrung eines Stipendiums (F. E. W.) zu Dank verpflichtet.

35) S. S. TODD u. J. P. COUGHLIN, J. Amer. chem. Soc. 73, 4184 (1951). 3 9 G. L. HUMPHREY, J. Amer. chem. SOC. 73, 1587 (1951). 37) D. ALTMAN, M. FARBER u. D. M. MASON, J. cliem. Physics 25, 531 (1956). 38) H. S C H ~ F E R u. F. ZEPPERNICK, Z. anorg. allg. Chem. 272, 274 (1953). ,9) H. SGH~FER u. F. KAHLENBERG, Z. anorg. allg. Chem 294, 242 (1958). * O ) Nach Messungen von K. K. KELLEY u. G. L. HUMPHREY; vgl. bei L. BREWER,

ss. J. KUSNETZOW, Chem. Zbl. 1951, 11, 190, 3fiypHan nptlk^JIaaIIOil XHMEIEI

42) K. K. KELLEY, Contr. Data Theor. Met. XI. Entropies. Bur. Mines, Bull. 477

43) A. SCHNEIDER u. G. GATTOW, Z. anorg. allg. Chem. 277, 41 (1954). 44) H. v. WARTENBERG, Z. anorg. allg. Chem. 269, 76 (1952).

Chern. Reviews 52, 1 (1953).

[J. angew. Chem.] 23, 1187 (1950).

(1950).

Miinster, Anorganisch-Chemisches Institut der Universitat und Miinchen, Physilcalisch-Chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 30. November 1957.


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