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Uber die acidimetrische Bestimmung der Molybdansaure. Von

KARL SEUBEET und WILLIAM POLLARD. ( h i s dem Cliemischen Institat der Universitat Tiibingen.)

Die acidimetrische Methode hat anscheinend bis jetzt zur quan- titativen Bestimmung der Molybdansaure keine Anwendung gefun- den, wenigstens sind in der uns zuganglichen Litteratur Angaben hieriiber niclit aufzufinden gewesen, wenn man von den Vorschlagen zur Bestimmung der Phosphorsaure durch Titrieren des gelben Am- moniumphosphormolybdates mittels Blkalien absieht. Diesbeziig- liche Mitteilungen aus neuerer Zeit sind yon PEMBERTON sowie von HUNDESHAGEN geinacht worden.

Im Sommer 1S90 machten wir anlafslich cler Analyse eines aus Molybdanlosung auskrystallisierten Molybdansaurehydrates den Versuch , durch Ubersiittigen mit Natronlange und Zuriicktitrieren mit Salzsaure den Gehalt des Niederschlages an freier Siiure zu bestimmen, wobei als Indikator Phenolphtaleh diente. Die Er- gebnisse fielen , wie die unten mitgeteilten Zahlen zeigen, befrie- digend aus.

Vor einem Jahre iiahmen wir die damals unterbrochenen Ver- suche wieder auf, zunachst urn die Verwendbarkeit der Methode zu analytischen Zwecken noch an einigeii Beispielen z u priifen, sodann aber namentlich in der Absicht, auf diesem 'Wege eine Neubestim- mung des Atomgewichtes des Molyhdans durchzufiihren. Uber die Ergebnisse letzterer Untersuchung, die schon zum Abschluls gelangt ist, sol1 in einer weiteren Mitteilung berichtet werden.

Die Schwerloslichkeit der MolybdansBure, bezw. des Molybdan- trioxyds niacht die Anwendung einer Restmethode notig, d. h. es muls in einem Uberschuls titrierten Alkalis geliist, und dieser nach erfolgter AuflGsung zuruckgemessen werden.

Dadurch wird bei Anwendung von I'lienolphtale~n als Indi- kator eine Fehlerquelle in die Bestimmung hereingetragen, insofern das als Karbonat in der Lauge vorhandene Alkali nur zur Halfte

Amer. Clzem. Journ. (1893) 15, 382. C'hem. Zeitg. (1894) 18, 505, 547.

Chem Ze'el'tg. Reperfor. (1893) 17 ,318 .

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durch den Indikator angezeigt wird, weil die Rotung verschwindet, sobald die Umsetzung

?r’a,CO,fHCl=NaHCO,+NaCl

erfolgt ist. Der Einfluls dieses Fehlers lalst sich nicht dadurch ausgleichen, dafs man die verwendete Lauge mit einer Normalsaure ebenfalls unter Verwendung von Phenolphtalern vergleicht, denn bei Titrierung von Molybdansaure wird einerseits ein Teil des schon vorhandenen Karbonats durch diese zersetzt, andererseits aber bilden sich durch die langere Beruhrung des Laugeiiberscliusses mit der Luft neue Mengen von Karbonat.

Rei Verwendung van sorgfaltig bereiteter und aufbewahrter Lauge und raschem Arbeiten wird dieser Fehler freilich nicht SO

grols sein, dais er erheblich ins Gewicht fallt, bei genaueren Unter- suchungen kann er dadurch beseitigt werden, dals man den Lauge- uberschufs mit einer Normalsaure ubersattigt, die Kohlensaure weg- kocht und nun die uberschussige Saure wieder mit einem Alkali zurucktitriert. Beispiele fur diese Art der Ausfiihrung finden sich weiter unten und in der demnachst erscheinenden Abhsndlung iiber die acidimetrische Atonigewichtsbestimmung des B-Lolybdtins.

Am einfachsteii ware freilich die Anwendung eines gegen Kohlensaure unempfindlichen Indikators , wie Helianthin. aber Ver- suche mit verschiedenen Indikatoren haben uns ergeben, dah diese meist unbrauchbar sind oder doch dem Phenolphtalern entschieden nachstehen. So murde ein Praparat von gewohnlichem Molybdan- saureanhydrid in uberschussiger titrierter Natronlauge gelost und auf ein bestimmtes Volum verdunnt. Gleiche Mengen dieser Lo- sung gaben beim Zuriicktitrieren mit Salzsaure unter Anwendung verschiedener Indikatoren je in mehreren Versuchen folgendes Re- sultat (berechnet auf Prozente der angewandten rohen Saure):

Indikator

Phenolphtalefn Rosolsiiure Tlxckmus Lack moYd Helianthin Kongorot Kocheniiie

Maximum

98.59 99.58 98.35 99.38 -

- -

Minimum

98.40 98.68 98.0 97.69 - - -

Bemerkungen

sehr deutlich mafsig dentlich deutlich ziemlich iindeutlich

1 unbrauchbar

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Es liegen also nur die mit Phenolphtalern und Lacknius er- halterien Zahlen geniigend nahe beisninmen, doch verdient ersteres schon wegen der ungemeinen Deutlichkeit ides Farbenumschlages unstreitig den Vorzug.

Die Ausfiihrung der nnchstehend mitgeteilten Analysen geschah in der Regel in folgender Weise: Die abgewogene Menge des zu analysierendeii Korpers wurde in ein gerau miges Becherglas ge- braclit , ein moglichst geringer Uberschufs an l /,normaler Natron- lauge zugegeben und nach Bedecken der G1:tses mit einem Uhrglase his zur Losung erhitzt. Sodann wurde eine sehr verdunnte Losung von Phenolphtale~n zugegeben und init '/,normalei- Salzsaure auf farblos znriiclrtitriert. Zuweilen wurde auch mit einem geringen Uberschuh Salzsiiure versetzt, 10 Minuten lang gekocht und sodann Natronlauge bis zur Rotung zugegeben. Natiirlich gewinnen die Versuche an Oenanigkeit, wenn man durch einen blinden Versuch die Menge der betreffenden Losungeii ermittdt , die zuin Farben- umschlag des Indikators in reiiwm Wasser etforderlich sind , doch durfte dies bei gewohnlicheli Analysen kauni nijtig werden.

Analytische Belege.

DIolybalas':iure-Hyclrat. H,MoO,.H,O. Gelbe Krystallkrusten, aus ,.Molybclanliisnng" auskrystallisiert (1890).

2.101 6 g brauchten zur Neutralisation 23.3 ccin 11-Pu'atronlauge. Aquivalent 143.65 des Moo, '= = 71.825.

1 ccin n-KaOH=O.O71825 g 1100~. 23.3 x 0.071825 = 1.6735 g MOO,.

Iletechnet : G e f u d e n : PllOO, 79.997 " I " 79.63 ')/,,

Wolyf,dlnsaure-Aiihydrid. Moo3. R e i n e s , s u b 1 i m i c r t e s P r ii 1) ar a t.

I. 1.4572 g aiittigten 20.26 ccm n-Natronlaugc. 20.26 x 0.071525 = 1.4552 g oder 99.EIB "/,, 1100,.

11. 1.5807 g brauchten 21.94 ccm n-NaOH. 21.94 xO.O71825= 1.5758 g oder 99.69 Moo,.

111. 1.3855 g braucliten 19.30 ccm n-KaOH. 19.30x0.071825= 1.3862 g oder 100 05

11'. 1.5705 g brauchten 21.96 win n-NaOH. 21.96 x 0.071825= 1.5773 g oder 100 43

&loo,.

Moo,.

Als Atomigewicht des Molybdans ist hier Mo = 95.77 angenornmeii, d ie iibrigp Atoingewichte sind ebenfalls alle auf 0 = 15.96, H= 1 bezogen.

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Es waren also erhalten in I. 99.86 O/,,

) ) 11. 99.69 ,) )) 111. 100.05 ))

,, Iv. 100.43 ,, Mittel: 100.01 Olio

der abgewogenen Substanz.

Kaliumtrimolybdat. K,1).lo30,,.

Die Darstellung dieses Salzes gescha.h nach den Angaben von SVANBERG und STRUVE.

44 g Molybdansaure wurden in Wasser suspendiert und nach Zufugen einer Auflosung von 41 g Kaliumkarbonat durch Erhitzen zum Sieden gelost. Die heirs filtrierte Lasung schied nach kurzer Zeit Krystalle aus, die nach zweimaligem Umkrystallisieren zwischen Filtrierpapier geprefst und bei 105 getrocknet wurden.

Wie die Analysen zeigen, entweicht bei dieser Temperatur das gesamte Krystallwasser (3 Mol.).

Das Salz mufste sich bei der acidimetrischen Bestimmung wie eine vierbasische Saure verhalten, denn

K,Mo,O,, + 4NaOH = K,MoO, f ZNa,MoO, f 2H,O, es w i d also nur die uber das normale Salz hinausgehende Menge an Molybdansaure bestimmt,, im vorliegenden Falle 2Mo0,. Die Methode erscheint daher zur raschen Kontrolle der Polymolybdate sehr geeignet.

Die Ergebnisse der drei ausgefuhrten Versuche waren : No. g Substanz n-NaOH ccm = g MOO, o/o gefunden 1 1.8270 13.95 1.0020 54.84 2 2.0024 15.18 1.0903 54.45 3 1.8228 13.80 0.9912 54.38.

Fu r das wasserfreie Salz berechnet sich aus dem Ansatze K,Mo,O,,l: 2Mo0, der Gehalt an Molybdansaureanhydrid zu 54.73 O l i , .

4-Molybdhdioxydichlorid. MoO,Cl,.

Diese Verbindung wurde durch Erhitzen von Molybdandioxyd im Verbrennungsrohre im trockenen Chlorstrom dargestellt und durch Umsublirnieren gereinigt. Bei den hygroskopischen Eigen-

An??. Ghern. 68, 295; Journ. p m k t . Ckem. 95, 139.

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schaften des Korpers mufste das Abwagen im verschlossenen Glaschen geschehen und moglichst beschleunigt werden.

Nach der Gleichung XoO,C1, + 4NaOH = SaJIoO, + 2NaC1f 2H,O

mufste er sich als Anhydrid einer vierbasischen Saure verhalten, was iiuch? wie nachstehende An alysen zeigen, der Fall war.

Bei der Berechnung ist die Halfte der verbrauchten Natron- lauge auf Molybdandioxyd, die andere auf Chlor umgerechnet.

I. 03836 g MoOICI, srittigten 17.92 ccni n-NaOH. 11. 0.7917 g hIoO,(ll, siittigten 15.92 ccm 11-XaOH.

ccin XaOH g &IoO, g 1. 8.96 0.5120 0.3167

IT. 7.96 0.5082 0.2815

O 0 MOO, "I, c1 rnithiri : I. 64.74 35.87

11. 64.1'3 35.36 berechilet 64.35 3 5.G.

Ainmoniummoljbdat. (NH4),Mo,0,,.4H,0.

Das Salz wurcle durch Auflosen von reiner Molybdansaure in Ammoniak , Eindampfen bis zur Krystallisation und Trockneii der erhaltenen Krystalle iiber Chlorcalcium dargestellt.

Betrachtet man dasselbe als eine Doppell erbindung 3(NH4),MoO,.4Mo0,.4II,O,

so ergiebt sich leicht, dafs es im ganzen 14 Aquivnlente Basis sattigen mufs, denii es ist

1. 2 .

3(NH412Mo0, + 6NaOH = 3Na,MoO, + SNH, + 6H,O,

Wie die nachstehend mitgeteilten vier Versuche zeigen, ver- liiuft die Reaktion auch in dieser Weise und es lafst sich, wie in Versuch 3 nnd 4 geschehen, die Ainmoniakbestimmung damit ver- binden, wenn man die Zersetzung in einem bhlben voriiimmt und die Ammoniakdampfe in vorgelegter Normalsaure auffangt. Natiir- lich muk in jedem Falle das Ammoniak durch Kochen vollstandig ausgetrieben werden, ehe der Uberschufs der Lauge zurucktitriert wird. Es ist dann die Anwesenheit von Ammoniak in dem Salze auf das Ergebnis der Molybdansauretitrierung ohne Einflufs und diese verlauft, wie wenn

41100, + aXaOH = 4Na,MoO, + 48,O.

zugegen waren.

1 &piv. oder 71.825 g JI00,=63.845 g MOO,, also 1 ccin n-Alkali = 0.063845 g Mool.

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Substanz ccm n-NaOH fur NO. g Molybdansainre 1 2.0742 23.56 2 1.5894 18.11 3 2.0973 23.84 4 1.8333 20.83

Hieraus berechnet sich:

NO. g Moo, " 0 MOO, g NH, 1 1.6922 81.59 - 2 1.3008 51.84 - 3 1.7123 S1.65 0.1797 4 1.4961 81.61 0.1625

theor. 51.63

ccm n-HCl fur Smmonium (NH,]

- -

9.98 9.02

'-'/'-' NH, - -

8.57 8.86

theor. 5.76.

In dieser Weise kann die acidimetrische Methode bei der Unter- suchung von Molybdanverbindungen noch in zahlreichen Fallen cinen willkommenen Ersatz der Gewichtsanalyse, bezw. eine Er- giinzulig derselben darbieten.

Bei der Redaktion eingegarigen am 24. Jannar 1895.


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