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Page 1: Über die Bestimmung des Kohlenstoffes im Eisen

Uber die Bestimmung des Kohlenstoffes im Eisen. Von

F. FOERSTEIL (Mitteilung BUS der Physikalisch-Tcchniselien Reichsanstalt.)

Mit 2 Abbildungen im Text.

1. Einleitung.

Chemische Untersuchnngen iiber die Vorgange beim Hiirten des Stahles lielsen es in erster Linie erwiinscht erscheinen, die Zuver- lgssigkeit der zur Restimmung des I<ohlenstoffes iin Eisen dienenden Verfahren einer Beurteilung zu unterziehen. I>a dies nach den be- treffenden in der neuesteii Litteratur vorhandenen Angaben nicht mit genugender Sicherheit geschehen konnte, so erwies sich eine besondere Untersuchung in der genannten Richtung als notwendig. Ihre Ergebnisse sollen im folgenden mitgeteilt werden.

J e mehr sich die Eisentechnik vervollkomninet hat, um so hoher sind die Anspriiche geworden, welche sie in Bezug auf Genauigkeit und Sicherheit der Ergebnisse uncl gleichzeitig auf Schnelligkeit in der Ansfiihrurig an die Verfahren zur Bestimmung des Kohlenstoffes im Eisen machen murste. Im Laufe der Zeit sind sehr viele Ver- fahren , bezw. Vorschriften fiir die Ausfiihrung einzelner Verfahren von den Chemikern angegeben worden, um dem genannten Ziele nioglichst nahe zu kommen.

Da aber durch die groke Anzahl der gemachten Vorschliige die Sicherheit der bald in der eiiien, bald in der anderen Weise er- haltenen Ergebnisse keineswegs erhoht wurde, erliel's vor einiger Zeit der Verein zur Befiirderung des Gewerbefleilses ein Preisaus- schreiben zum Zweck einer kritischen Sichtung der fur die Aus- fuhrung der Kohlenstoffbestiminung im Eisen gemachten Vorschliige. Dieser Ariregung verdanken wir drei sehr wertvolle und eingehende Arbeiten von LEDEBUE, GOTTIG 2 nnd HEMPEL.

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Diese Forscher kommen zu dem iibereinstinimenden Ergebnis, dafs die gebrauchlichsten Verfahren zur Kohlenstoff bestiinmung im Eisen bei richtiger Ausfuhrung gleich genaue und sichere Ergebnisse liefern. Das BERZELIUSSChe, von PEARSE und OHEATH und voii ULLGREEN verbesserte Kupferammoniumchloridverfahren , das BER- zELTUS-W6HLERSChe Chlorverfahren , das WEYLsche Verfahren , bei welchem das Eisen als Anode durch einen schwachen, gslvanischen Strom gelost und der dabei hinterbleibende Ruckstand verbrannt wird , und schliefslich das Chromsaureverfahren erwiesen sich , was die Scharfe der damit zu erlangenden Ergebnisse betrift't , einander gleichwertig. LEDEBUR zeigte aufserdem, dafs auch das Eammzsclie kolorimetrische Verfahren richtige Werte fiir den Kohlenstoffgehalt des Stahles und Flukeisens zu geben verniag, wetiii die hierbei mit einander vcrglichenen Eisensorten auf die gleiche Art gekiihlt waren. Dies Verfahren besitzt daher zwar nicht die allgemeine Anwendbar- keit der ubrigen genannten, es ist aber besonders wegen seiner schnellen Ausfuhrbarkeit fur die Betriebskontrolle in hohem Make geeignet. Unter den ubrigen Verfahreri nimmt in Bezug auf Schnel- ligkeit und Leichtigkeit der Ausfuhrung dasjenige, bei welchem die Eisenprobe niit Chromschwefelsaure verbrannt wird , weitaus die erste Stelle ein , so dafs ihm die genannten Forscher iibereinstim- mend den Vorzug geben.

Dieses im Wesen so einfache Verfahren wird dadurch etwus schwieriger ausfiuhrbar, dafs bei der Einwirkung von Chroinschwefel- saure auf kohlenstoffhaltiges Eism neben Kohlens&ure stets in niclit unerlieblichem Make auch Kohlenwasserstoffe entweichen. Ihre Meiige kann, was besonders CORLEIS eingehend nachgewieseii hat, vermin- clert werden, weiin man der Chromschwefelsaure Kupfersulfat hinzu- fiigt. Die auch dann noch der Kohlensaure beigemischten Kohlen- wasserstoffe verbrenrit man , indem man die im Zersetzungskolben entwickelten Gase, in welchen sich auch reichliche Mengen von Sauerstoff finden , durch ein Rohr mit gliihendem Kupferoxyd oder eine gliihende Platinkapillare hindurchleitet. Derartig wird bei den von LEDEBTJR und GOTTIG empfohleiien Ausfuhrungsweisen des Chrom- skureverfahrens gearbeitet.

HEMYEL geht voii der Beobaclitung aus, dafs, wenn kohlenstoff- haltiges Eisen bei Gegenwart von etwas Quecksilber von vie1 uber- schussiger Chromschwefelsaure angegrift'en w i d , Kohleiiwasserstoffe

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nicht oder in ganz untergeordneter Menge entstehen; er sammelt die sich entwickelnden Gase, Kohlensaure und Sauerstoff, in einer Gasbiirette iiber Quecksilber auf und analysiert sie. Dieser schon von einer Anzahl anderer Forscher betretene Weg, das Chroinsaure- verfahren zu einem gasvolunicitrisclieii zu machen , dessen hoher Wert zumal fur die Analyse der 1iohlensto~~rnisten Eisensorten auf der Halid liegt, lieferte so lange etwas zu niedrige Ergebnisse, als die Zersetzuiig der Eisenproben bei Gegeiiwart von Kupfersulfat geschah. HEMPEL jedoch zeigte, d d s man nach seiriem Verfahren, bei welchem offenbar das in Lijsung gehende Quecksilbersulfat, die Wirkung des Kupfersulfittes iibertreffend, die Hildung von Kohlen- wasserstoffen gaiiz liintenan l i l l t , zu Ergebnissen gelangt, welche mit den nach aiideren bewiilirteii Verfahren geworiiienen aufs beste iihereinstimmen, uiid daCs man dabei diese Ergebnisse auf sehr ein- faclie und schiielle Weise erhllt.

Die Vorziigc des Chromsiiureverfahrens sind neuerdings auch vnn CORLEIS hervorgelioben worden, welcher im Auftrage des Vereins Deutscher Eisenliiittenleute Uiitersuchungen anstellte, uni die geeig- netste Ausfiihrungsart des C1irninsLurererf:ihreiis zu ermitteln. Er arbeitet mit einer besonders 1i:tndlicheii Form des Zersetzungs- kolbeiis, verbrennt hierin die Eisenprobe bei Gegenwart von Kupfer- sulfat,lijsuiig mit eineni selir grofsen ut)ersch11rs von CIiromsiiure und Schwefelsiiure und leitet die entweichenden Cfase diirch ein kurzes, mit Iiupferoxyd oder Platinnsbest beschicktes, gliihendes Rohr , um alsdann die Kohlensaure rnit Nitiroiikalk nufzufangen. Bleibt das Verbrennungsrohr weg, so crleidet man im Durchschnitt einen Ver- lust von 2 O / , des vorharideneri Kohlenstoffes, und fiir die Zwecke der Technik geniigt es dnnn meist, diesem Uinstande (lurch Anbringen einer Korrektion an rlem erlialteiieii Analysenergebnis Rechnung zu tragen.

Neben dem Cl~romsaure~,erfahren kennt man als ein solches, bei welchem der Kohlenstoff des Eiseiis unniittelbar in Kohlenskure iibergefiihrt wird, ohne erst voni Eisen getrennt werden zu miissen,

* Stahl upid Ehsen (1894) 5S1.

Im Ansclilulj: ail die Arbeit von C O R L E I ~ wird i o n GERSTNER (Sfohl mzil Eisew, 1894) ciri zur Zersctaung des Eisens init Clironischmefelsaure be- quemer Apparat bewlirieben ; aiicii eiuc Mitteiluiig VOII H. KOCH (Chew.-Ztg. 16, 4%) bcaieht sicli auf eiiieii sulclic~~i.

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noch dasjenige der Verbrennung des Eisens auf trockenem Wege; 1

dieses hat REGNAULT schon angewandt, indem er das Eisen zum Zweck der Bestimmung seines Kohlenstoffgehaltes mit Bleichromat gemischt erhitzte. So zweckmakig ein solches Verfahren seinem Wesen nach erscheint, so waren doch bis vor kurzem die damit gemachten Erfahrungen hochst ungiinstige. Auch LEDEBUR, GOTTIG und HEMPEL haben diese bestatigt, indem sie fanden, dak beim Verbrennen des Eisens mit Bleichromat oder ahnlichen Oxydations- mitteln nach der hei der gewiihnlichen Elementaranalyse angewandten Arbeitsweise stets erheblich niedrigere Ergebnisse gefunden wurden, als nach allen ubrigen Verfahren.

Etwa zur gleicheri Zeit, zu welcher die Arbeiten dieser Forscher erschienen, veriiffentlichte R. LORENZ Versuchsergcbnisse , welche darthaten, dak die genannten Mikerfolge nur clarauf zuruckzufiihren seien, dak man bei zu niedrigen Temperaturen gearbeitet habe, dals aber bei WeiSsglut die Verbrennung des Eisens mit Bleichromat eine vollstandige sei. Dabei gelangte cr zii dem iiberraschenden Befunde, dak man durch Verhrennung des Eisens auf trockenem Wege etwas hohere Kohlenstoffzahlen findet, als nach den bisher iiblichen Verfahren. Von diesen zog er besonders das Kupferammo- niumchloridverfahren und clas Chlorverfahren zum Vcrgleiche heran, wahrend er mit dem ChroinsBureverfaliren lreine eingehenden Ver- suche anstellte.

Dieser Befund von LORENZ machte die bislier erhaltenen Be- stimmungen des Kohlenstoffes im Eisen und mancherlei darsuf be- griindete Erfabrungen unsicher. Es erschiencn daher weitere Ver- suche in der von LORENZ eingeschlagenen Richtung nicht unwichtig, und deshalb habe ich in einer Anzahl von Eisensorten durch Ver- brennen mit Bleichromat bei hoher Temperatur den Kohlenstoffgehalt bestimmt und die erhaltenen Werte rnit den nach dem Chromsaure- verfahren gewonnenen verglichen.

2. Der zu den Versuchen angewandte Ofen. LORENZ hat seine Versuche in einem besonders eingerichteten

Verbrennungsofen vorgenommen und hat hierin Porzellanrohre auf

Ein Verfaliren ziir Kohlenstoffbestimmung im Eisen auf trockenem Wege ist kurzlich auch von 0. I’ETTERSCJN und A. SMITT (Diese Zeitschr. 4, 305 uud ZeitscAr. f. nizalyt. Chevz. 32, 385) angegeben worden; es wird dabei das Eisen durch gesclirnolzenes Kaliumbisulfat zersctzt. Analysen nach demselben habe ich nicht ausgefuhrt, da es keiuerlei Vorteile bicten diirfte.

Zeitsch-. fi nngezu. Chew. (1893) 313, 395, 411 uiid 63.5. 19*

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Weilkglut erhitzt, indem er das Gas durch Prefsluft von zwei Atmo- spharen Spannung verbrannte. Da mir einerseits keine Prelsluft- anlage zur Verfiigung stand, und ich auch andererseits die Anwen- dung der teueren Porzellaiirohre vermeiden wollte, bin ich etwas anders als LORENZ verfahren und habe die Verhrennung des Eisens init Bleichromat in kleinen Porzellanretorten vorgenommen. Die Erhitzung derselben geschah durch Leuchtgas in einem Ofen,l dessen Einrichtung uiid Abmessungen aus der Abbildung 1 zu ersehen sind. E r ruht auf einer durch einen starken eisernen Dreifufs getragenen

-. .

3;

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- 4

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Asbestplatte, und besteht aus Chamotte. An seinen senkrechten Wanden ist er von Eisenblech umgeben, sein oberer Teil lalst sich an Griffen abheben.

Die Heizgase gehen zunachst durch das Hauptbrennerrohr, welches durch ein mittels der Zahnstange a auf und ab zu bewegen- des Kegelventil verschlossen werden kann. Durch dieses treten die

Derselbe wurde unter Mitwirknng des Vorstehers der mechanischen Werkstatt iler Keiclissnstalt, tlcs Herrn ~ ' R A S I C VON LIIXTENSTEIN, hergestellt.

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Gase in eine Kammer b , welche nach drei Seiten kurze (in der Zeichnung fortgelassene) Ansatzstutzen tragt; in diese sind die halh- kreisfijrmig aufwarts steigenden eigentlichen Brennerrohre ein- ge s chr aub t .

Die Erhitzung des Ofens geschah in einer von P. MUNSCHEII) in der koniglichen Munze eingefuhrten nnd seither auch in der Reichsanstalt haufig benutzten Weise,l indem in eiriem kleinen Ven- tilator das zur Verbrennung gelangende Leuchtgas mit der riotigen Luftmenge gemischt und mit dieser zusammen dann von ihm in die Brenner geblasen wurde. Ein Zuriickschlagen der Flammen in die mit dem explosiven Gasgemisch gefiillten Brenner hat kcine nennenswerte Gefahr im Oefolge und lalst sich im ubrigen bei ge- eigneter Bedienung des Ventilators leicht vermeiden. Diasen trieb ich mittels Schnurlaufs durch einen (von der Firma SIEMENS & HALSKE bezogenen) viertelpferdigen Elektromntor an , auf dessen Axe eine holzerne Triebscheibe von 18 cm Durchmesser befestigt wurde.' Setzte man den Elektromotor in schnellste Umdrehung, so konute bei richtiger Regelung von Gas- und Luftzufuhr der Ofen auf helle Weilsglut erhitzt werden; brachte man einen Tiegel mit mehreren hundert Gramm i-echt reinen Wurfelnickels in den Ofen, so war dieses etwa 20 Minuten nach Entzundung des Gases vollkommen geschmolzen. Ein Schmiedeeisen rnit 0,07*//, C zu schmelzen, ge- lang jedoch auch bei zweistundiger Erhitzung auf die hochste, bei der beschriebenen Versuchsanordnung zu erreichende Temperatur nicht. Diese diirfte in der Nahe von 1500O liegen, da Nickel bei etwa 1490 * schmilzt.

Im ubrigen kann man auch bei einiger Ubung durch geeignete gleichzeitige Regelung TOR Ga,s- und Luftzufuhr sowie der Ge- schwindigkeit des Ventilators im Ofen auf langere Zeit eine be- liebige Temperatur zwischen dunkler Rotglut und heller Gelbglut erzeugen; die feinere Einstellung besorgt man mit dem Kegelventil. Handelt es sich nur darum, hochstens beginriende Weifsglut zu er- zielen, so genugte auch der nruck der Wasserleitung (3,5 Atmo- spharen, Starke des Strahles 2 mm), um mit Hilfe des im Ventilator- gehause vorhandenen Stolsradchens dem Ventilator die nijtige Geschwindigkeit zu erteilen.

Zur Gaszufuhr reicht fur die Erzielung von Temperaturen his zur Schmelzhitze des Kupfers ein gewohnlicher 13-mm-Hahn aus,

Tercinsbl. d. dmtsch. Oes. f. Mechawilc wnd Optik 1, 3.

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und zur Erzeugung von Nickelschmelzhitze im Ofen ist die dreifache Gasmenge n6tig.l

3. Ausfiihrung des Verfahrens bei der Verbrennung des Eiaens mit Bleichromat.

a) V e r b r e n n u ii g f e i 11 v e r t e i 1 t e r E i s e n p r o b en. In dem soeben beschriebenen Ofen wurde nun das Eisen auf

folgende Weise mit chromsaurem Blei verbrannt. Die zu analy- sierende, in Gestalt eines Pulvers oder von Bohr- und Drehspanen vorliegende Eisenprobe, von welcher je nach ihrem Kohlenstoffgehalt 1-3 g angewandt wurden, ward, rnit 30-50 g des vorher sorg- faltig ausgegliihten Bleichromats gemischt, in eine etwa 50 ccm fassende Porzellanretorte eingetragen. Urn zu verhindern, dak das bei der Verbrennung sich bildende Bleioxyd bei der hohen Tem- peratur das Porzellan durchfrifst, murste die Wand und zumal der Boden der Retorte eine hinreichende Starke besitzen. Die von mir angewandten Retorten waren am Boden 5 nim (lick, und die Wande verjiingten sich nach oben xu einer Starkc von 2-3 mrn; der Hals der Retorte, welcher seiner ganzen Lange (21 crn) nach die lichte Weite von 1 cm hatte, war an der Miindung zur leichteren Auf- nahme von Kautschukverbindungen glasiert. Die Retorten wurden von der Berliner Kijniglichen Porzellaninanufaktur hergestellt.

Nach geschehener Beschickung wurde die Retorte, in einem ge- eignet geformten Tiegel aus Graphitthon in feinen Quarzsand ein- gebettet, in den Ofen gebracht. Der Tiegel trug einen ringformigen, mit einem Deckel zu verschliehenden Aufsatz, in dessen Wand ein Einschnitt gefeilt wurde, urn den Hals der Retorte hindurchtreten zu lassen. Dieser wurde durch eine in der Wand des Ofens zwischen seinem obereri und unteren Teil ausgesparte Clffnung ins Freie ge- fuhrt ; einige iiber ihn gestreifte Platten von Asbestpappe hielten die Strahlung des Ofens so vollliommen zuruck, dafs die Miindung des Retortenhalses sich nur unerheblich erwarmte.

Die Verbindung der letzteren mit den weiteren Teilen des Apparates ist aus der Fig. 1 ersichtlich. Durch das thonerne Pfeifenrohr ec konnte trocltene kohlensaurefreie Luft in die Retorte geleitet werden. Das Rohr d fiihrte zu den Absorptionsapparaten.

Bci der Aufstellung des Ofens und hei seiner Bedienung hat Herr

Diese Tiegel und die zugehkigen Aufsatze wurden der Reichsanstalt R. SCHWIRKUS mieh in sehr geschickter und sachkuridiger Weise unterstiitzt.

yon LUDWIG RAUM in Niirnberg geliefert.

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Zwischen diesen uncl der Retorte wurde, entsprechend den An- gaben von LORENZ, ein in einem kleinen Ofen ruhendes kurzes Ver- brennungsrohr eingeschaltet. Dieses habe ich aber nicht, wie LORENZ, mit Kupferoxyd, sondern mit Bleichromat beschickt, da ich im Blei- cliromat des Handels stets kleine Mengen von Bleisulfat fand, welche bei der der Retorte zu gebenden hohen Temperatur schweflige Same entwickeln. Streicht diese dann iiber das nur rotgluhende Blei- chromat im Verbrennungsrohr, so wird sie ganzlich zuriickgehalten, wahrend Kupferoxyd, wie man aus den Erfahrungen bei der Ele- mentaranalyse weirs, diess Wirkung nicht in gleich vollkommener Weise auszuiiben vermag.

Die Absorption der Kohlensaure geschah nach Trocknung durch Chlorcalcium in der bei der Elementaranalyse iiblichen Weise im Kalinpparat. Haufig habo ich auch, doch ohne dafs dies die er- haltenen Ergebnisse beeinflufste, die von LEDEBUR empfohlene An- ordnung benutzt, bei welcher der Kaliapparat sich zwischen zwei mit Schwefelsaure beschickten Absorptionsgefafsen befindet. Von der Anwendung von Natronkalkrohren habe ich Abstand genommen, da sie die mir wunschenswert erscheinende flberwachung des Vorganges nicht hinreichend zuliefsen. An die Absorptionsapparate konnte ein Aspirator angeschlossen werden.

Mit letzterem wurde nun, sobald der Apparat zusammengestellt war, durch diesen etwa 1 1 kohlensaurefreier Luft in mafsig schnellem Strome hindurchgesaugt, wahrend der Kaliapparat gewogen wurde. Nachdem dieser dann eingeschaltet und die Verbindung des Rohres G mit den vorgelegten Kalirohren abgeschlossen war, wurden die Flammen unter dem Verbrennungsrohr und im Schmelzofen angeziindet. Die Hitze in letzterem wurde allmiihlich bis zum Beginn der Kohlen- saureentwickelung gesteigert, welche je nach den Umstanden bei dunkler oder bei hellerer Rotglut eintritt, und dann so geregelt, dafs die Verbrennung einen regelmafsigen, nicht zu schnellen Ver- lauf nimmt. Lafst die Gasentwickelung nach, so steigert man die Hitze im Ofen weiter bis auf helle Gelbglut; dabei tritt infolge der Zersetzung des uberschiissigen Bleichromats ein ziemlich lebhafter Sauerstoffstrom durch den Apparat. Nach etwa 10 Minuten erteilt man, um die Verbrennung des Eisens vollstiindig zu machen, dem Ventilator die grofsstmogliche Geschwindigkeit, indem man gleichzeitig Gas- und Luftzufuhr entsprechend regelt , und halt den Ofen etwa

a. a. 0. S. 289.

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eine Viertelstunde auf hellster Weikiglut. Schliefslich saugt inan wieder mittels des Aspirators 1-2 1 kohlensaurefreier Luft durch den Appamt, wahrend man die Hitze im Ofen bei allmahlich ver- langsanitem Qarige des Ventilators nach und nach vermindert. End- lich w%gt man den Kaliapparat aufs neue. Die ganze Dauer einer derartigen Kohlenstoffbestimmuiig belauft sicli auf hochstens drei Stunden.

I h f s in iler beschriebenen Versuchsanordnung keine nennens- werte Fehlerquelle lag, wnrde durch einen blinden Versuch dargethan.

Mit den kkfahrungen von L ~ I ~ E N Z stimmen die meinen insofern fiberein, als es hellster Weirsglut bedarf, wenn man der vollstandigen Verbrennung einer im Bleichromat fein verteilten Eisenprobe sicher sein will. Es wurde dnher jedesmal in den die Retorte umgebenden Sand zwischen hohlen Thorischerben ein Stuck Nickel gebracht, welches, je nachdem es geschmolzen ist oder nicht, angiebt, oh der Ofen diejenige hohe Temperatur erreicht hat, bei welcher die Ver- brennung des Eisens sicher eine vollstaiidige ist.

Das entstehende Eisenoxyd wird bei Nickelsclimelzhitze noch nicht fliissig; es kann sich aber vollstandig im geschriiolzenen Blei- chromat losen und das Innere der erstarrten Schmelze kann dann ctem blolsen Auge ganz gleichartig erscheinen. Oft aber beobachtet man in ihm auch Hohlraume, deren Wande mit kleineri glitzernden Eisenoxydkrystallen bedeckt sind.

b) V e r b r e n n u n g d e r E i s e n p r o b e n i n ganzeri St i icken. Ein Vorzug dcr soeben beschriebenen Anordnung zur Restim-

mung des Kohlenstoflees im Eisen besteht darin, dafs man dabei ganz unnhhaiigig ist von der aulseren Form der zu aiialysierendeii Eisenprobe. Wahrend die meisten Verfahren zur Kohlenstoff'bestiiii- mung im $<isen eine oft sehr weitgehende Zerkleinerung des Probe- gutes verlangen, wiinscht man gelegentlich ein einzelnes ganzes Stuck einer Kisensorte zu anslysieren, sei es, dal's man die bei der Zer- kleinerung moglichen Verunreinigungen befiirchtct , sei es , dals die Eisensorte selbst, wie z. B. Spiegeleisen oder gewisse ,,naturharte" Stahle, sich nur aufserst schwierig zerteilen IaLt, Von den bisher ublicheii Verfaliren kann nur das WEmsche diesem Zwecke ent- spr e chen.

Oxydiert man nun ganze Stiicke von Eisen mit Bleichromat, so erfolgt die Verbreniiung leichter als bei Anwendung des Eisens in feiner Verteilung. Die durch den Verbrennungsvorgang selbst

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entwickelte und an einer Stelle konzentrierte Warmemenge ist so bedeutend, dafs es bei Verbrennung ganzer Stiicke von Eisen keiner so bedeutenden aufseren Warmezufuhr bedarf, wie sie zur vollstln- digen Oxydation fein verteilten Eisens notig ist. T d g t man in etwa 20 g geschmolzenes Bleichromat ein 2-3 g schweres Stuck Eisen ein, so erstrahlt nach wenigeii Augenblicken das Innere des Tiegels in hell- ster Weifsglut , und eine Funkengarbe spriiht aus seinem Innern hervor.

Man hat, urn durch Verbrennung ganzer Stiicke v011 Eisen- proben deren Kohlenstoffgebalt zu bestimmen, nur notig, durch ge- eignete Regelung der Hitze des Ofens die Heftigkeit der Reaktion in Schranken zu halten. Dies gelingt auch bei kohlens tof f - a r m e r e n E i s e n a r t e n , wie bei Stahl, in zufriedenstellerider Weise, wenn man die Temperatur des Ofens nicht erheblich iiber Silber- schmelzhitze steigen lafst; alsdann kann man, falls eine zu stiir- mische Gasentwickelung beginnen sollte , diese durch Erniedrigung der Temperatur immer leicht auf das riclitige Mars zuriickfuhren.

Weniger gut hat man die Regelung der Gasentwickelung in der Hand, wenn es sich urn die Verbrennung der koh l e n - s tof f re ic henRohe i senso r t en handelt. Urn auch in diesem Falle sicher zu ver- hindern, dafs die Verbrennungsprodukte zu schnell durch die Absorptionsgefafse hindurchstromen , schaltet man an dem die Retorte mit dem Verbrennungsrohr verbindenden Glasrohre in der aus der Abbildung 2 ersichtlichen Weise ein kleines Quecksilber - Gasometer ein.

die Kugel b mit Quecksilber gefullt nnd der Quetschhahn c geschlossen ist , beginnt man die Ver- brennung. Nimmt diese schliefslich einen sturmischen Verlauf, so schlielst man schnell den Hahn a, wahrend man c iiffnet. Man sammelt so die Verbrennungsprodukte in der Kugel b und treibt sie dann, wenn hier der Spiegel des Quecksilbers nicht weiter sinkt, durch Heben der Niveaukugel d nach &hung des Hahnes a lang- Sam durch das Verbrennungsrohr in die Absorptionsgefafse uber. 1st dieser Teil der Operation richtig geleitet, so darf er nur wenige Minuten in Anspruch nehmen.

Wahrend der Glashahn a geoffnet, Abbildung 2.

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Wenn die Verbrennung in der Retorte eine Iebhafte geworden ist, so ist sie damit auch beendigt, und die Fliissigkeiten in den Absorp- tionsapparaten beginnen zuruckzusteigen. Man erhoht nunmehr die Hitze im Ofen auf helle Gelbglut und liifst einige Zeit lang Sauer- stoff durch den Apparat streichen, den man zum Schluls durch einen Strom kohlensaurefreier Luft ersetzt. Da die zur Zersetzung des BIei- chromats erforderliche Temperatur leicht erreicht wurde , wenn ich den Ventilator durch den Druck der Wasserleitung antrieb, so konnte ich bei der Verbrennung ganzer Stiicke von Eisen von der Anwen- dung eines Elektromotors absehen. Im iibrigen gestaltet sich das Verfahren in diesem Falle ganz so wie im ersten, und auch hier betragt die Gesamtzeit, welche zu einer Kohlenstoffbestimmung notig ist, nicht mehr als 2l/,-3 Stunden, wovon etwa eine halbe Stunde auf die eigentliche Verbrennung des Eisenstiickes kommt.

4. Ergebnisse bei der Verbrennung verschiedener Eisensorten mit Bleichromat.

Nach den soeben beschriebenen Arbeitsweisen wurde der Kohlen- stoffgehalt in einer Anzahl verschiedener Eisensorten bestimmt. Von diesen wurden das Spiegeleisen , das graue Giefsereiroheisen, das weifse Holzkohlenroheisen und die Stahle No. 3 und 4 von der Firma A. RORSIG der Reichsanstalt iiberlassen. Die Stahlsorten No. 1 und 2 und der Wolframstahl wurden Bus dem Handel bezogen.

Die Ergebnisse der vorgenommenen Analysen sind in der fol- genden Ubersicht zusammengestellt, in welcher der Kohlenstoffgehalt der untersuchten Eisensorten in Hundertteilen angegeben ist. Diese gestattet auch einen Vesgleich der nach dem Verbrennungsverfahren gefundenen Werte mit den bei den gleichen Eisensorten nach dem Chromsaureverfahren ermittelten, welches nach von LEDEBUR und von C ~ I ~ L E I ~ 1 gegebenen gefiihrt wurde.

den von HEMPEL,* Vorschriften aus-

' a. a. 0.

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bei Anwen- dung

Gerkleinerter Eisenproben

6.63 6.49 6.64

Xezeichnung der

Eisensorte

-

Ferromangan mit 0.90 o/io Si

und 48.1 Mn --

Spiegeleisen mit0.65"/,Si

und 10.05 Oi0 Mn

___-

Graues Giekereiroh -

eisen

_____

Weifses Holzkohlen-

roheisen ____

Stahl No. 1

Stahl No. 2

_____

Stahl No. 3

~ _ _

Stahl No. 4

Wolframstah mit 2.14 Ol0 W 0.4oo(,Si und

0.24O/, Ilfn

-

bei Anwen- dung d. Eisen.

proben in ganz. Stucker -

__ - -

- 5.01 -

5.00 4.93 4.95

3.89 - - -

- 1 1.99 - -

- 0*29 ~ "' - 1 1.14 - 1 1.12

3.87 3.89 3.94 3.93 3.89

2.13 2.00 -

Kohlenstoffgehalt, nach dem Chromsaureverfahren gc- funden, wenn dieses ausgefulirt wurde

0.77 - - -

nach HEMPEL

_ _ _ _ _ _ ~-

6.01 6.13 -

0.71 0.74 0.70 0.75

4.42 4.41 4.48 4.21 4.44 4.27 4.38 4.54 4.30 -

3.96 3.72 3.85 - -

2.06 2.03 2.01

1.27 1.26 1.28 1.28 -

0.71 0.7:1 0.69 -

0.47 0.45

0.27 0.28

1.14 1.11

nacli CORLEIS __~_ ___

6.37 6.40 -

3.93 3.94 3.97 - -

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Aus dieser Ubersicht ergiebt sicli, wenn man zunachst von den ersten drei kohlenstoffreichen Eisensorten absieht, dafs man fur Eisen, welches 2 O / , und weniger Kohlenstoff enthalt , stets die gleichen Werte findet, ob man die Analyse nach dem Verbrennungsverfahren oder Each den1 Chromsaureverfahren ausfuhrt, und dals auch beide Arbeitsweisen in Bezug auf die Ubereinstimmung der nach ihnen bei einem und demselben Eisen erlialtenen Werte einander eben- biirtig gegenuberstehen.

Nach den ubereinstimmenden Xrfahrungen von LEDEBUR, GOTTIG und HEMT~EL liefern nun aber das Chlorverfahren, das Kupferammo- niumchloridverfahren und das WEYLsche Verfahren die gleichen Werte fur den Kohlenstoffgehalt der Eisensortm wie das Chrom- saureverfahren. Es kann somit auch das Verbrennungsverfahren fiir die in Rede stehenden kohlenstoffarmeren Eisensorten keine anderen Werte fur den Kohlenstoffgehalt liefern, als sie nach den bisher iiblichen Verfahren zu erhalten sind, voransgesetzt naturlich, dals diese richtig ausgefuhrt werrlen.

Ich gelange hierin also zu einem dern LOEENzschen Befunde gerade entgegengesetzten Ergebnis. Worin der Grund dieser mangeln- den Ubereinstimmung zu suchen ist, vermag ich nicht sicher an- zugeben.

Eine besondere Besprechung verdienen die bei der Kohlenstoff- bestimmung in dem untersuchten grauen Roheisen erhaltenen Er- gebnissc. Auch hier gaben die Verbrennung mit Bleichromat und ilas Chromsaureverfahren stets gut iibereinstimmende Werte, wenig- stens wenn das letztere nach den Angaben von CORLEIS ausgefiihrt wurde. HRMPEL hat nun u. a. gerade ein in seinem Kohlenstoff- gehalt dem in der Ubersicht aufgefiihrten ziemlich nahestehendes, graues Roheisen benutzt, um zu zeigen, dais seine Arbeitsweise die- selben Kohlenstoffzahlen giebt , wie die iibrigen zumeist gebrauch- lichen Verfahren. Die von mir bei der Analyse des grauen Roh- eisens nach HEMPELS Verfahren gefundenen Zahlen zeigen, dals man in der That auch in diesem Falle danacli richtige Werte erhalten kann, daB dabei aber auch unter Umstanden etwas zu niedrige Er- gebnisse gefunden werden konnen.

Noch mehr tritt dies bei der Kohlenstoff bestimmung irn Spiegel- eisen oder im Ferromangan hervor. Hier zeigt, sich, dal's die nach dem Chromsaureverfahren erhitltenen Werte je iiach der angewandten Arbeitsweise von einander sehr erlieblich abweichen und fast durch- weg mehr oder weniger hinter den durch Verbrennung auf trockenem

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Wege erhaltenen Zahlen zuriickbleiben. Beim Chromsaureverfahren kommen zweierlei Fehlerquellen in Betracht , welche beide einen Verlust an Kohlenstoff herbeifiihren konnen. Entweder entgeht Kohlenstoff in Gestalt von Kohlenwasserstoffen der Absorption durch Alkali, oder es hinterbleibt Kohlenstoff unverbrannt im Zersetzungs- kolben.

Die erste dieser Fehlerquellen ist bisher fast allein bei der Durcharbeitung des Chromsaureverfahrens in Be tracht gezogen war- den, und die zu ihrer Vermeidung gemachten, schon in der Ein- leitung erwahnten Vorschlage haben sich gut bewahrt. Dah ein Entweichen von Kohlenwasserstoffen in der That , wie HEMPEL ge- zeigt hat, auch dann nicht eintritt, wenn man die kohlenstoffreichsten Roheisensorten bei Gegenwart von Quecksilber mit Chromschwefel- saure oxydiert, glaubte icb angesichts der besonders niedrigen Koh- lenstoffzahlen, welche ich beim Spiegeleisen nach HEMPELS Verfahreii erhielt, noch duwh einige Versuche erharten zu sollen.

Dazu wurde das sauerstoffreiche, kohlensaurefreie Gas, welches in der Gasburette des HmPELschen Apparates nach Vollendung einer Analyse des Spiegeleisens zuriickblieb , in langsamem Strome durch eine gluhende Platinkapillare und alsdann durch eine gemes- sene Menge eines sehr verdunnten, mit etwas Chlorbaryum versetzten Barytwassers von bekanntem Gehalt geleitet. Nachdem sich der nie ausbleibende , aber stets sehr geringfugige Niederschlag von kohlensaurem Baryt abgesetzt hatte, wurde ein gewisser Teil der iiberstehenden Fliissigkeit mit der Pipette herausgenommen und mit Oxalsaure unter Anwendung von Rosolsaure als Indikator zuruck- titriert. Die auf diese Weise gefundenen Kohleneauremengen waren stets sehr gering: bei einem Versuch, welcher nur 4.21°/, Kohlen- stoff im Spiegeleisen ergab , wurden beispielsweise 0.2 ccm Kohlen- saure gefunden, welche aus Kohlenwasserstoffen stammten.

Derartige kleine Kohlerisauremengen reichen bei weitem nicht aus , um den bei cler Kohlenstoffbestiminung im Spiegeleisen nach dem HEMPELsChen Verfahren sich ergebenclen Fehlbetrag zu decken. Es bleibt somit nur iibrig, dafs die zweite obengenannte Fehler- quelle in Betracht zu ziehen ist, wenn die in der That j a durch Sauren so schwer angreifbaren kohlenstoffreichen Roheisensorten nach dem Chromsaureverfahren analysiert werden. Die Richtigkeit dieser Folgerung ergiebt sich aus dem starken Einflufs, welchen der verschiedene Grad der Feinheit der angewandten Eisenpulver in den in Rede stehenden Fiillen auf das Analysenergebnis ausiibt. Wsh-

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rend die iibrigen Kohlenstoffzahlen beim Ferromangan und Spiegel- eisen mit einem Pulver vorgenommen wurden, welches durch ein etwa 400 Maschen auf 1 qcm enthaltendes Sieb hindurchgegangen waren, wnrden die mit einem Stern bezeichneten Werte rnit einem noch erheblich feiner gepulverten Material erhalten. Man sieht, die so nach dem HEmPmschen Verfahren gewonnene Zahl ist hijher als alle iibrigen auf gleiche Weise erhaltenen, und der nach CORLEIS' Arbeitsweise gefundene Wert stimmt mit den bei der Verbrennung mit Bleichromat erhaltenen iiberein. Es ergiebt sich also, dafs das Chromsiureverfahren bei der Anwendung auf kolileristoffreiche Eisen- sorten zwar leicht infolge unvollstandiger Verbrennung zu niedrige, giinstigenfalls aber auch liier richtige Werte zu geben vermag.

Ehe ich die letztere Erkenntnis gewann, schien mir die Mog- lichkeit zu bestehen, dak im Spiegeleisen oder Ferromangan eine von Chromsaurelijsung nicht angreifbare Kohlenstoffverbindung, viel- leicht ein Kohlenstoffsilicium, enthnlten sei.

In der That konnte auch aus dem von mir uiitersuchten Spiegel- eisen eine kleine Menge eiiies in allen Rauren unloslichen Kiirpers abgeschieden werden, welcl ter fettglanzende, schwarze Schuppen dar- stellte; seine Menge betrug hijchstens 0.1 O i 0 des Spiegeleisens. Der Analyse nach erwics sich diese Substanz als nahezu reiner Graphit, an Silicium enthielt sie nur 1 . 7 O / , . Dalb sie in ihrer aul'seren Erschei- nung von dern aus grauem Roheisen abzuscheidenden Graphit etwas verschieden war, brauclit nicht aufzufallen. WARREN hat vor kurzem darauf hingewiesen, von wie wechselnder aul'serer Beschaffenheit der aus verschiedenen Metallcn oder Metallmischungen auskrystallisie- rende Graphit sein kann.

Die Schwierigkeiten, welche das Chromsaureverfahren bei der Untersucliung von Spiegeleiseri oder Ferromangan hinsichtlich seiner Ausfiihrung bietet, bringen es mit sich, dals in diesen Fallen die verschiedenen Arbeitsweisen von einander so abweichende Kohlen- stoffzahlen ergeben.

Dal's die nach dem HmtPELschen Verfahren erhaltenen Werte die niedrigsten sind , diirfte vielleicht darin begriindet sein , dafs dabei das Eisen im luftverdunnten Raume, also bei niederer Tem- peratur als bei den beiden anderen unter Atmospharendruck arbei- tenden Verfahren, mit der Chromschwefelsaure gekocht wird , und dafs andererseits das sich ausschcidende Quecksilbersalz leicht Eisen- _____.__

&em. AreicelUs 69, 291.

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teilchen umhiillen und dadurch ihre Losung noch besonders er- schweren kann.

Die von LEDEBUR empfohlene Ausfuhrungsweise des Chrom- saureverfahrens lieferte diesem bei der Analyse von grauem Roh- eisen etwas zu niedrige Kohlenstoffzahlen. Es durfen daher die von mir damit bei Ferromangan und bei Spiegeleisen .gefundenen Werte nicht iiberraschen ; stets beobachtete ich nach diesen Bestimmungen auch kleine Reste unangegriffener Substanz im Zersetzungskolben. Die Kohleristoff bestimmung im Ferromangan und Spiegeleisen wird nmn dalier besser mch der Vorschrift voii CORLEIS unter Anwendung eines sehr groken Uberschusses von Chromschwefelsaure vornehmen. Da, wie oben gesagt, die Ergebnisse des Chromsaureverfahrens aber auch hier sehr durch die melir oder weniger feine Verteilung des Probegutes beeinflukt werden konnen, so giebt hier aucli dieses Verfahren keine volle Gewahr fur die Sicherheit der erhalterien Ergebnisse.

Diese besteht aber hinlanglich bei dem von solchen Einwanden freien Verbrennungsverfahren mit Bleichromat. Man wird sich des- selben daher mit Vorteil bei der Analyse kohlenstoffreicher Roh- eisen bedienen, zum mindesten dann, wenn es auf grofse Genauig- keit der Bestimniung ankommt. Im iibrigen wird das Verbrennungs- verfahren dann zweckmiifsig fur die Kohlenstoffbestimmung in allen Eisensorten herangezogen werden , wenn man diese in beliebiger Form, in grober Verteilung oder ganzen Stucken, zur Anwendung bringen will.

Dns wesentlichste Ergebnis der vorbeschriebenen Versuche mSchte ich dahin zusammenfassen, dak man fur den Gehdt der verarbeiteten Eisensorten, des Stahls und Schmiedeeisens, an Kohlen- stoff durch Analyse auf trockeneni wie auf nassem Wege iiberein- stimmende Werte von grofser Scharfe nnd Zuverlassigkeit erhalten kann. Am schnellsten und sichersten gelangt man zu diesen, wenn man sich des Chromsaureverfahrens in der von W. HEMPEL ange- gebenen Ausfuhrungsweise bedient.

Anhang. Unter den Verfahren, welche fur die Kohlenstoffbestimmung

im Eisen zuverlassige Werte geben , kann das Kupferammonium- chloridverfahren mit den einfachsten , in jedem Laboratorium ohne weiteres vorharideneii Mitteln ausgefuhrt werden und stellt auch an die Ubung des andysierenden Chemikers nicht die Anspruche, wie

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z. B. das Chlorverfahren. Seiner Anwendbarkeit steht jedoch ge- legentlich der Umstand ini Wege, dals manche Sorten verarbeiteten Eisens auch in Beriihrung mit ganz neutraler Kupferammonium- chloridlosung heftige Entwickelung von Kohlenwasserstoffen geben. Dies trifft z. B. bei Wolframstahlen zu.

In einem solchen Falle konnte ich mir dadurch helfen, dafs ich statt der Losung des Kupferammoniumchlorids eine solche voii Kupferammoniumoxalttt anwandte. Diese wurde so hergestellt, dafs eine 10°/,ige Kupfersulfatlosung mit soviel einer in der Warme ge- sattigten Ammoniumoxalatliisung versetzt wurde , dafs der anfangs entstaiidene Niederschlag sich wieder liiste. Von dieser Liisung wurden 250 ccm auf 2-3 g der Spahne des zu analysierenden Wolf- ramstaliles gegossen und fiinf Stunden unter haufigem Umriihren ilamit im Wasserbade auf etwa 80, erwkmt. Es scheidet sich Kupfer aus, wiihrend die Fliissigkeit durch das in Losung gehende Eisen eine grune Farbe annimmt. Man giefst sie vom Riickstande ab, lost in der sonst iiblichen Weise das in diesem enthaltene Kupfer mit Kupferammoniumchloridlosung und verbrennt die riunmehr hinter- bleibende kohlige Substanz nach dem Abfiltrieren und Trocknen im Sauerstoffstrome.

Auf diese Weise wurde der Kohlenstoffgehalt dreier Wolfram- stahlsorten bestimmt. von denen No. I schon in der vorstehenden Ubersicht ervahnt ist, und No. 2 2.80°/, W, 0.38"/, Si und 0.34O/, Mn und No. 3 2.70n/, W, 0.22O/, Si uiid 0.310/, Mn enthielt. Die dabei erhaltenen Werte sind in der folgenden Ubersicht mit den nach dem HEMPELschen Verfahren gewonnenen zusammengestellt, und man erkennt, dafs die beschriebene Arbeitsweise in den ge- dachteii Fallen brauehbar war.

Bezeichnung Kohlenstoffgehalt Kohleristoffgehalt

Kupferammoniumoxalat Verfahren

No. 2 1.05 1.10 ))

No. 3 0.55 ), 0.60 ), Chrcrlottetehlburg, dec2 31. Dexewber 189 i.

Bei der Redaktion eiiigegangen am 18. Januar 1895.


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