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uber die Konstitution des Vitamins D,. 11; von A. Windaus und K Grundmann.

Mit 1 Figur im Text.

[Aus dem Allgem. Chemischen Universitiits-Laboratorium (Xiittingen]. (Eingelaufen am 12. August 1936.)

Vor einiger Zeit haben Windaus und Thielel) Abbau- versuche an den Vitamin D,-rnaIeinsanren beschrieben. Bei Dehydrierungsversuchen erhielten sie Naphtalin, 2,3-I)imethyl- naphtalin und ,d-Naphtoesaure; bei der Ozonisierung der 22-Dihydro-vitamin D,-maleinsauren gelang es ihnen, ein Keton C,,H,,O von der Konst'itution I zu isolieren. Sus ihren Versuchen leiteten sie fur das Vitamin D, die FormelII ab.

CH, I

/ \ CH-CH,

CH, CH, UH CH3 1 /\A/\ 1

H,C CHS CH-CH, I I I CH-CH, CH-CH,

I H,C

I CHS

\/

CH, I

CH-CH

60

CH,CH, Cd \H /\I/\ I

I I I I cH*

CH9 C CH, CH-CH,

I1 CH, CH, AH, CH--CH2 CH-CH, /\I1 \/ i

H& C c I1

/\/\/ UH C H

HO UH, C E Gegen eine solche oder eine ahnliche Formulierung des

Vitamins D, haben B e r n a l und Crowfootz) den Einwand erhoben, daS sie mit den rontgenoskopischen Messungen nicht

I ) A. 621, 160 (1935). ,) Jonm. SOC. Chem. Ind. 64, 701 (1035).

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294% Win da u s und G r u n dm a nn , vereinbar sei. Da die Konstitution des Vitamin D2-ma1ein- siiureanhydrids uns sichergestellt erschien, muaten wir die Moglichkeit in Betracht ziehen, daS bei der Bildung des Maleinsaureanhydrid -addukts eine Umlagerung im Skelett des Vitamins D, stattgefunden habe, itnd wir beschlossen darum Abbauversnche am Vitamin D, selbst vorzunehmen. Uber ahnlicbe Versuche hatten schon H e i l b r o n und Mit- a r b e i terl) ganz kurb berichtet nnd angegeben, dab hierbei ein Aldehyd C2,H,,0 entstehe.

Wir haben uns zunichst bemuht, die nach unserer Formulierung im Vitamin D, vorhandene Methen-gruppe nach- zaweisen. Tatsachlich erhielten wir mit Kalinmpermanganrt aus dem Vitamin D, etwa 20 Proc. der fiir I Mol berech- neten Menge Ameisensaiure und mit Ozon etwta 30 Proc, der berechneten Menge an Formaldehyd. Aber auch aus Ergo- sterin, in dem keine Metherrgruppe vorhanden sein sol], ent- standen mit Kaliumpermanganat einige Proc. der berechneten Menge an Ameisenslare, und auch mit Ozon konnte aug Ergosterin eine allerdings sehr geringe Menge Formaldehyd abgespalten und a1s Dimedonderivat charakterisiert werden.

Diese Versuche besitzen also wenig Beweiskraft; doch entstehen neben Formaldehyd und Ameisensaure andere Ab- bauprodukte, die fur die Konstitutionsermittlung von Wichtig- keit sind. So erhalt man bei vorsichtiger Oxydation mit Kalium- permanganat ein Keton C,,H,,O, das bei der katalytischen Hydrierung in das von W i n d a u s und Th ie l e beschriebene Keton C,,H,,O iibergeht. Das Keton C,,H,,O besitzt also die Strakturformel 111. Bei der Ozonisierung des Vitamins I),

CH, I CH-COOH /

C K I

CH-CH

C & C B , d >H CH, CH, CH /\I/\ C CH, CH-CH, I H, /\-/\. (4

\ed I11 &€I8 ‘id IV

HsC I a& I I I I I

C3&---dB2 CE-CH, H,C CH-CH,

l) Nature 1986, 1072; Jonm. Soe. Chem. Jnd. 64, 795 (1935).

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gelang es, eine SIlnre C13H,,03 zu fassen; sie entsteht ohne Zweifel durch Aufspaltung des Ketons Cl,H3,0 an der Doppel- bindung und besitzt daher die Formel IV.

Die von uns erhaltenen Abbauprodukte des Vitamins I), ebenso wie dasjenige He i lb r on6 sprechen fiir die Richtig- keit der von ans aufgestellten Konstitutionsformel. Wie sich der Widersprnch zwischen B e r n a l s und unseren Ergebnissen aufklaren wird, vermBgen wir nicht mit Sicherheit anzugeben.

Oxydat ion des VitaminsD, m i t Kal inmpermanganat : Ke ton C,,H,,O.

Eine Mischung von 1 g VitaminD, in 300 ccm Benzol, 5 g Kaliumpermanganat, 50 ccrn Wasser, 2 g konz. Schwefel- sLnre und reichlich Eis wnrde 3 Stunden in einer geranmigen Flasche geschiittelt; dann wurden die wlBrige nnd die benxolische 8chicht v6neinander getrennt; die wabrige Losung wurde nochmals mit Ather extrahiert; sie enthalt danach noch die Bauptmenge der entstandenen Ameisensaure; der benzolische und der atherische Auszug wurden ver- einigt und i. V. eingedampft; es hinter- blieb ein 01, das in der ublichen Weiss in einen sauren und einen neutralen Teil zerlegt wurde. Der neutrale An- teil wurde verwendet, um ein Semi- carbazon nnd ein Oxim zu bereiten. Das Semicarbazon, das kein charakte- ris tis ches Absorp tionsspek trum zeig t (vgl. Figur), wurde a w &fethylalkohol Semiearbazin C2,H,,0N,.’

0,02-proc. Lasung umkrystallisiert und schmolz dann in Chloroform. bei 222O. Ausbeute 30 Proc. d. Th.

2,070 mg Subst.: 5,430 tug CO,, 1,950 mg H20. - 3,068 rng Subst.: 0,343 ccm NP (24,5O, 755 mm).

C,,H,,ON, Ber. G 72,Ol H 10,59 N 12,60 G6f. ,, 71,54 ,, 10,54 ,, 12,74.

Bas Oxim, in einer Ansbeute von 25 Proc. d. Tb. erhdten, schmolz bei 1079

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5,051 mg Subst.: 14,460 mg CO,, 5,060 mg -0. - 3,179 mg Subst.: 0,137 ccm Ng (25O, 757 mm).

C,,&,ON Ber. C 78,28 H 11,42 N 4,81

Hydrierung des Ketons Cl,H320: In einem andern Oxydations- versuch wurde der neutrale Anteil des Reaktionsprodukts in k h e r gelost und die Losung rnit Palladiummohr und Wasserstoff bis zur Sattigung geschiittelt; die Ltherische Losung wurde darauf i. V. eingedampft und das zuriick- kleibende 01 mit wenig Methanol aufgenommen. Nach Zusatz von iiberschussiger Semicarbazid-acetat -Losung krystalli- sierte nach kurzer Zeit ein Semicarbazon am, das den Schmelzp. 226O besaJ3 und gegeniiber dem von Windaus rind T h i e l e beschriebenen Semicarbazon keine Unterschiede anfwies.

0,354 ccm N, (25O, 747 mm).

Gef. ,, 78,08 ,, 11,21 ,, 4,91.

4,602 mg Subst.: 12,045 mg CO,, 4,500 mg HpO. - 3,212 mg Subst.:

C2,H,,0N, Ber. C 71,58 H 11,13 N 12,53 Gef. ,, 71,38 ,, 10,94 ,, 12,41.

Oxydation des Vitamins D, rnit ChromsLureanhydridl), Eine Losung von 800 mg Vitamin D, in 20 ccm reinem

Eisessig wurde mit einer Losung von 1 g Chromsaure- anhydrid in 20 ccm Eisessig und 2 ccm Wasser versetzt nnd 4 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Da- nach wurde die iiberschussige Chromsaure reduziert und die Losung i. V. auf ein kleines Volum eingedampft; der Riick- stand wurde in der iiblichen Weise in einen neutralen und aauren Anteil getrennt; aus dem neutralen lieD sich auf Zusatz von Semicarbazid ein Semicarbazon abscheiden, das keine charakteristische Absorption zeigte und nach dem Umkrystallisieren aus Methanol bei 221O schmolz. Ausbeute 20 Proc. d. Th.

Das Semicarbazon war von dem mit Kaliumpermanganat erhaltenen nicht zu unterscheiden.

1) Die Versuche sind von Herm cand. chem. Wetter durchgefiibi-t worden. Bei sehr vorsichtiger Oxydation rnit Chromsiiureanhydrid ge- lang es Herrn Wetter auch den von Hei lbron und Mitarbeitern isolierten Aldehyd C,,H,,O zu gewinnen.

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2,802 mg Subst.: 7,430 mg CO,, 2,61 mg H,O. - 2,976 mg Subst.: 0,331 ccm N, (220, 740 mm).

C,,H8,,0rU, Ber. C 72,O H 10,59 N 12,60 Gef. ,, 72,32 ,, 10,42 ,, 12,54.

Ozonisiernng des Vi t amins D,: S a u r e C,,H,,O,.

Eine Lasung von 1 g Vitamin in 40 ccm Eisessig wurde bei Zimmertemperatur ozonisiert. Das erhaltene Ozonid wnrde in der essigsauren Losung durch Einleiten von Wasser- dampf von looo anfgespalten. Der mi t Wasserdampfen fliichtige Anteil enthielt die Hauptmenge des Formaldehyds, der mit Wasserdampfen nicht fluchtige Anteil wurde in Ather aufgenommen und in einen neutralen und einen sauren Anteil zerlegt. Der same Anteil wurde i. Hochv. destilliert und ging bei einer Badtemperatur von 140° als schwach gelblich gefiirbtes 01 iiber, das in der Vorlage erstarrte.

Die Ketosuure ist leicht lbslich in Aceton, schwer laslich in hoch siedendem Petroliither und laat sich aus einem Gemisch dieser beiden Lasungsmittel umkrystallisieren. Dabei bilden sich feine, zu Rosetten zusammengelagerte Nadeln, die bei 124 O schmelzen.

4,902 mg Subst.: 12,460 mg CO,, 3,900 mg H,O. C,,H,,O, Ber. C 69,59 H 8,99 Gef. C 69,32 H 8,92.

Nach der Niederschrift dieser Arbeit ist eine Unter- suchiing von Beynon, Hei lbron und Spring') erschienen, in welcher die englischen Forscher zu einer Bestiitignng der Formel (11) des Vitamins D, kommen.

Der Deutsohen Forsoh~~gsgenze~mseh~ft, der I. G. FarbemkdustriS A. GL., Werk Elberfeld und der Chemisehem Fabrik E. Merck spreche ich fur die Fijrderung unserer Arbeiten meinen besten Dank aus.

W indaus.

I) SOC. 1936, 905.

(Abgeschloesen am 27. August 1936.)

Bnnalen der fhmie . 684.Band. 20


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