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Page 1: Ueber Kynurensäure

Ueber Kynurensaure ; von J. Liebig.

Bei Gelegenheit der Versuche, welclie Herr Prof. B i s c h o f f iiber den Harnstoffgehalt des Hundeharns anstellte, wurde der Harn des Huiides sehr haufig auf einen Gehalt an Harnsaure untersucht,, ohne dafs inan jeinals im Stande, war nur Spuren davon zu entdecken.

In diesen Versuchen setzte sich aus dem Harn yon rnan- chen Tagen, und diefs nur selten, ein Niederschlag ab , der sich schwer seiner Feinheit wegen abfiltriren l ie t , und es hat sich ergeben, d d s dicser Absatz grtifstenthcils aus einer neuen, bis dahin unbekannten Saure bestand, die ich, urn ihren Ur- sprung anzudeuten, Kynurensiiure nennen will.

Wenn nian den unreinen gef'arbten Absatz aus dem Hundeharn in Kalkwasser liist, mit Wasser verdiinnt, erwartnt und dann Salzsiiure zusetzt, so scheidet sich die Kynurensiiure in sehr feinen nngefarbten Nadeln aus , welche im trockenen Zustande sehr locker seidenglinzend sind und blaues Lack- muspapier riithen. Aus concentrirten Liisungen scheidet sich diese Siiure als Pulver ab ; in einer Glasriihre erhitzt schmilzt die Kyiiurensiiure zu einem braunen Liquidum , welches bei fortdauernder Einwirkung der Wiirme unter Zuriicklassung von einer Spur Kohle vollstiindig sublimirt. Das Sublimat ist weirs, scidenartig glinzend , krystallinisch; cs ist in Al- kohol leichl liislich und durch diese Liislichkeit von der ur- sprunglichen Siiure verschieden. Die Kynurensiiure Iafst sich leicht von der Harnsiiure durcli ihre Loslichlieit i n Salzsiiure unterscheidcn; der Niederschlag, der durch Salzsiiure in alka- lisclieii Liisunqen der Siiure entsteht, verscliwintlct bci Zusalz von eiriciii Ucbcrsclitil's derselben. In siedendcr Salzsiiure, verdiinntrr Scliwrfdsjiurc uotl Salpetersiiure lust sich die

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126 L i e b i g , iiber Kynurmsiiure.

Kynurensaure leicht , in letzterer ohne sichtbare Zeichen von Veranderung ; dic h e i t gesiittigten Liisungen erstarren nach dem Erkalten zu eineirr Brei von kurzen, sehr gliinzenden Na- deln. In concentrirter Schwefelsiiure liist sic11 die Kynuren- sPure in der Kiilte ohne Veriinderung auf; beiin ErwPrnien tritt eine leichte BrPunung ein und es bewirkt jetzt Zusatz von M'asser einen schon citrongelben , aniorphen Nieder- schlag, der zuweilen niit Kryslallen von unveranderter Saure geniengt ist. Die Kynurensiiure liist sich leicht in iilzeiideii und in der Warme in kolilcnsauren Alkalien, in lialk- und Baryt- wasser auf ; Bei hinreichmder Meiige verscliwindet alle alka- lische Reaction. Beim Verdampfcn dieser Liisungen erhalt man wohlkrystallisirte Salzc; das Kalksalz Bildet sternfiirmig vereinigte kurze harte Nadeln, das Barytsalz federfahnenfiirmig vereinigte perlmuttergliinzende Bliittchen, Beide Salze sind im Wasser schwerliisliclr. Ehic Liisung dcr SLiure in Ainnroniak giebt mit silpctersaurem Silheroxyd einen dicken weifsen, in der Hitze nicht liislichen Niederschlag. Die Kynurensaure is1 in Alkohol und Aether nicht liislich.

Ich habe die geringe Menge, die mir xu Gebote stand, zur Analyse nicht opfern wollen, iirdenr mir die Bekanntschaft init der Zusammensetzung bei einem Kiirper, der nur selten und nur in geringer Mcnge iiii Harn vorzukommen scheint, weniger wichtig erschien, als das Vorkommen an sich und die Eigenschaften, an denen er wiedcr zu erkennen ist. Nacli den Versuchen , welclie ich auf einen Stickstoffgehalt ange- stellt habe, enthiilt dicse S h e keineii Stickstoff, oder so wenig, dafs die kleinen Mengen, die ich dazu verwenden bonnte, zu einer drutlichen Reaction niclit hinreiclilrn.