Überraschende Effekte der Wechselwirkung zwischen Elektronen
in Materie
Überraschende Effekte der Wechselwirkung zwischen Elektronen
in Materie
Dieter Vollhardt
Bayerische Akademie der Wissenschaften, München; 9. Dezember, 2011
Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus
Universität Augsburg
• Besonderheiten von Systemen mit vielen Teilchen
• Korrelationen
• Elektronische Korrelationen in Materie
• Dynamische Mean-Field Theorie:
Modelle vs. Materialien
• Perspektiven
Übersicht:
Orbitale: Klassisches Bild
Orbitale: QuantenmechanischeAufenthaltswahrscheinlichkeit
Elektronen im AtomGitter der Ionen
Festkörper = Kondensat von Atomen/Molekülen
Elektronen
Masse me = 9.11 · 10-31 kgLadung e = 1.60 · 10-19 CEigendrehimpuls („Spin“) S =
Planck‘sches Wirkungsquantum h = 6.626 ·10-34 (J sec)
12 2
hπ
±
2 Elektronen pro Orbital
Elektronen sind quantenmechanische Teilchen („Fermionen“)� Paulis Ausschließungsprinzip
1 1
2 2 -+
Elektronen im Ionengitter
≈1023 wechselwirkende Elektronen + Ionen:
„Quantenmechanisches Vielteilchenproblem“
≈1023 wechselwirkende Elektronen + Ionen:
„Quantenmechanisches Vielteilchenproblem“
Gitter der Ionen +
Festkörper = Kondensat von Atomen/Molekülen
Avogadro-Zahl: 6.02 x 1023 Teilchen/Mol
NaCl
Besonderheiten von Systemen mit vielen wechselwirkenden Teilchen
Besonderheiten von Systemen mit vielen wechselwirkenden Teilchen
Q
e
r Q
r
Coulomb-Potential
Vakuum
Coulomb-Wechselwirkung: Ion – IonElektron – IonElektron – Elektron
Vielteilchensysteme
r/rQ
er
ξ−
Effektiv kurzreichweitiges Potential
Elektronengas: gegenseitige AbschirmungEinfachste Näherung:
Q
e
Coulomb-Wechselwirkung: Ion – IonElektron – IonElektron – Elektron
Vielteilchensysteme
r
3cos(2 )F
Qk r
r
Oszillierendes Potential
Elektronengas: gegenseitige AbschirmungBessere Näherung:
Q
e
Coulomb-Wechselwirkung: Ion – IonElektron – IonElektron – Elektron
Vielteilchensysteme
Elektronen in realen Festkörpern
Held (2004)
Q
e
r
Coulomb-Wechselwirkung: Ion – IonElektron – IonElektron – Elektron
Vielteilchensysteme
Kompliziertes effektives Potential
Fundamentale Wechselwirkungen zwischen Teilchen
Neue, effektive Wechselwirkungen
Fundamentale Wechselwirkungen zwischen Teilchen
Neue, effektive Wechselwirkungen
↓ N → ∞# Teilchen
Coulomb-Wechselwirkung: Ion – IonElektron – IonElektron – Elektron
Vielteilchensysteme
Neue Phänomene, z.B. Phasenübergänge
↓Unvorhergesagtes „emergentes” Verhalten
We used to think that if we knew one, we knew two, because one and one are two. We are finding out that we must learn a great deal more about 'and'.
Arthur Eddington (1882-1944)
We used to think that if we knew one, we knew two, because one and one are two. We are finding out that we must learn a great deal more about 'and'.
Arthur Eddington (1882-1944)
“More is different” Anderson (1972)
↓ N → ∞# Teilchen
Vielteilchensysteme
Neue Phänomene, z.B. Phasenübergänge
↓Unvorhergesagtes „emergentes” Verhalten
↓ N → ∞# Teilchen
Vielteilchensysteme
Beispiele:
MagnetismusGalaxiebildung
VerkehrAktienmarkt
menschlicher KörperBewusstsein
Metall-Isolator-Übergang
Wid
ers
tand
Erklärung?Erklärung?
Emergente Phänomene in Magnetit (Fe3O4)z.B.: Magnetismus
Metall-Isolator-Übergang
• Ionen: Komplexe Gitterstruktur • Elektronen: quantenmechanisch
+ starke lokale Abstoßung
� Elektronen sind „korreliert“
Emergente Phänomene in Magnetit (Fe3O4)z.B.: Magnetismus
Metall-Isolator-Übergang
Korrelation [lat.]: con + relatio
Korrelationen in Mathematik & Naturwissenschaften:
Grammatik: entweder ... oder
AB A B≠
( ) ( ') ( ) ( ')ρ ρ ρ ρ≠r r r r
z.B. Dichten:
Teilweise gefüllte d-Orbitale
Teilweise gefüllte f-Orbitale
Enge d,f-Orbitale � starke elektronische Korrelationen
Periodensystem der Elemente
• große Widerstandsänderungen• riesige Volumenänderungen• Hochtemperatur-Supraleiter
• kolossaler Magnetwiderstand
Elektronisch korrelierte Materialien
Faszinierendes Thema der Grundlagenforschung
Mit wichtigen technologischen Anwendungen
• Sensoren, Schalter• supraleitende Kabel• Materialien mit „Funktionalitäten“
Materie Realistisches Modell⇒
Maximale Reduktion: Hubbard Modell⇒
„Quantenmechanisches Vielteilchenproblem“
(1963)
U
Modellierung
• Rein analytische Zugänge (Dimension=2,3): nicht möglich
• Rein numerische Zugänge (Dimension=2,3): nicht möglichBeisp.: Rechenzeit für ein N2-Molekül ca. 1 Jahr auf 50.000 Rechenknoten
Quantenmechanische Vielteilchenprobleme
Konstruktionzuverlässiger, nicht-störungstheoretischer
Näherungsmethoden
Konstruktionzuverlässiger, nicht-störungstheoretischer
Näherungsmethoden
Theoretische Herausforderung:
Dynamische Mean-Field-Theoriekorrelierter Elektronen
Dynamische Mean-Field-Theoriekorrelierter Elektronen
mean field = mittleres Feld = „Molekularfeld“
Was ist eine Mean-Field-Theorie?
i j i jS S S S→z.B.: durch Entkopplung magnetischer Momente
� Weiss‘sche Molekularfeldtheorie (1907)
..
mittleres Feld
.
..
. .. �
Was ist eine Mean-Field-Theorie?
..
mittleres Feld
.
..
. .. �
Koordinationszahl des Ionengitters Z�∞
oder
räumliche Dimension d �∞
bzw. im mathematischen Grenzfall
� Weiss‘sche Molekularfeldtheorie (1907)
Z=4
. ..
..
.
..
.
. ..
. ..
..
... ...
.Dimension d=2
Wechselwirkende Teilchen auf einem Gitter
Quadratgitter
Theorie korrelierter Elektronen
Metzner, Vollhardt (1989)
,d Z→∞→
Z=12
dynamisches mittleres Feld
Janiš (1991); Georges, Kotliar (1992)
Dynamische Mean-Field-Theorie (DMFT)
„Selbst-konsistenz-problem“
Starke Vereinfachungen
Flächenzentriertes, kubisches Gitter
Dimension d=3
Theorie korrelierter Elektronen
Metzner, Vollhardt (1989)
,d Z→∞→
Z=12
dynamisches mittleres Feld
Dynamische Mean-Field-Theorie (DMFT)
„Selbst-konsistenz-problem“
Starke Vereinfachungen
Flächenzentriertes, kubisches Gitter
Dimension d=3
Exakte zeitaufgelöste Behandlung der lokalen Wechselwirkung
Kotliar, Vollhardt (2004)
Überraschende Effekte der Coulomb-Abstoßung der Elektronen
Spek
tral
funk
tion
Energie
→→→→Mott-HubbardMetall-Isolator-Übergang
Metall
Isolator
messbar ?messbar ?
Verknüpfung?Verknüpfung?
Held (2004)
Held (2004)
Dichtefunktionaltheorie
materialspezifisch: „ab initio“versagt bei starken Korrelationen
schnelle numerische Programme
Quantenmechanische Modelle
Eingabe-Parameter unbekanntSystematische Vielteilchen-Theorie
numerisch sehr aufwendig
zeitgemittelteElektronendichte
Gitterpotential
LDA+DMFT
Anisimov, Poteryaev, Korotin, Anokhin, Kotliar (1997)Lichtenstein, Katsnelson (1998)
Nekrasov, Held, Blümer, Poteryaev, Anisimov, Vollhardt (2000)
Materialspezifische, elektronische Struktur (Dichtefunktionaltheorie: LDA)
Theoretisch-numerische Methode zur Berechnung elektronisch korrelierter Materialien
+Lokale elektronische Korrelationen
(Vielteilchentheorie: DMFT)
TheoryElektronische Struktur
180V VO∠ − − = °
162V VO∠ − − ≈ °
Kristallstruktur
orthorhombische Verzerrung
Keine Korrelationseffekte
Spektralfunktion in LDA
Energie (eV)
LDA+DMFT Ergebnis
Spek
tral
funk
tion
Berechnete Wechsel-wirkungsparameter:U=5.55 eV, J=1.0 eV
CaVO3
Osaka – Augsburg – Ekaterinburg Kollaboration (2004)
/
Energie (eV)
3-Maximums-Struktur gemessen
Osaka – Augsburg –Ekaterinburg Kollaboration, (2004, 2005)
Photoemissions-Spektroskopie
Vergleich mit dem Experiment
Spek
tral
funk
tion
Energie (eV)
Röntgenabsorptions-Spektroskopie
Energie (eV)
Phasendiagramm der Aktinide
Tem
per
atur
(0 C
)
Element
Perspektive des LDA+DMFT Zugangs
Erklärung und Vorhersage der Eigenschaftenkomplexer, korrelierter Materialien
1, 2, … Multielektronen-Transfer in Metallprotein-Komplexen� Photosynthese
Cu
Phasendiagramm von La1-xSrxMnO3
Hemberger et al. (2002)
Perspektive des LDA+DMFT Zugangs
Erklärung und Vorhersage der Eigenschaftenkomplexer, korrelierter Materialien
Konzentration x
Ziel: Dynamischer Mean-Field-Zugangmit Vorhersagekraft für stark korrelierte Materie
FOR 1346 Forschergruppe
Seit Juli 2010