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Untersuchungen iiber die Konstitution des Colchicins; von A. Windaus.

[Atis dem Allgem. Chem. Univeraitatslaboretorium in Gottingen.]

(Eingelaufen am 10. Juni 1924.)

Nach densorgfa1tigenUntersuchungenS.Zeis e l s l)konimtdem Colchicirz, dem Alkaloid der Herbstzeitlose, die Formel CZ,HzTO,N zu. Z e i s e l hat als erster nicht nnr das Colchicin in reinem Zastande dargestellt, sondern auch das Verhalten des Alkaloids gegeniiber verseifenden Mitteln studiert nnd dadurch einen Ein- blick in seine Konstitution gewonnen.

Erwarmt man Colchicin kurze Zeit rnit sehr verdiinnter Salzsaure, spaltet es ein Molekiil Methylalkohol ab und geht in eine Verbindung CZIH,,O,N, das Colchicein iiber:

C,,H,,O,N(OCH,) + H,O = C,,H,pO,N(OH) f CH,OH . Wahrend Colchicin eine fast neutrale Substanz ist, besitzt

clas Colchicein die Eigenschaften einer schwachen SLure. Sehr wesentlich unterscheidet es sich vom Colchicin ferner dadurch, daS es rnit Eisenchlorid eine charakteristische Farbenreaktion liefert. Das Colchicin ist also der Methylester einer Saure, das Colchicein die freie Saure selbst.

Wird Colchicein rnit starker Salzsaure erhitzt, zerfiillt es in ein Molekul Essigsaure und eine Verbindung C,,H,,05N, die Tr'Timetiiyl-colchicinsa~L~e, die dadurch ausgezeichnet ist, daD sie nicht nur rnit Basen, sondern anch rnit Sauren Salze zu bilden vermag. Z e i s e l schlieBt daraus, daB ein an einer Amino-gruppe haftender Bcetyl-rest bei der Verseifung abgespalten worden ist :

I)aS die Amino-gruppe primar ist, ergibt sich aus dem Verhalten der Trimethyl-colchicinsaure bei der erschbpfenden Methylierung. Die Ruckverwandlung der Trimethylcolchicin- saure in Colchicein und Colchicin ist gegluckt. Beim Kochen rnit starker Jodwasserstoffsaure spaltet die Trimethyl-colchicin-

Cl,H180,(OH)(NH. COCH,) -I- HzO = CH,COOH + Cl9HI8O,(OH)(NH~).

I) M. 4, 162 (1553), 7, 557 (1586), 9, 1 11. 865 (lSS8), 34, 1151, 1327, 1339 (1913).

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saure drei Molekule Methyljodid ab und enthalt daher drei Meth- oxyl-gruppen.

Durch diese Versuche ist die Funktion von fiinf der Sauer- stoffatome nnd des Stickstoffatoms aufgeklart; die Formel des Colc,hicins 1aBt sich also in folgender Weise auflosen:

(CHaO),(C,,13,0)(OCH,)(NH. COCH,) = CP,H,,06N.

Nachwei s e i n e r Oxy-methylen-methylather-Gruppe. Z e i s e l selbst hat die Ansicht geaulert, daS das sechste

Sanerstoffatom rnit dem funfteu einer Carboxy-methyl-grnppe COOCH, angehore und da8 die Formel des Colchicins (CH,O), (C,,H,)(COOCH,)(NH. COCH,) sei. Die seit dem Erscheinen der Z e i s e l schen Srbeiten gesammelten Erfahrungen machen indessen diese Snnahme nnwahrscheinlich und weisen darauf hin, daJ3 das erste Verseifungsprodukt des Colchicins, das Colchicein, keine Carbonsaure, sondern ein Blilo- oder Keto-enol sei. In erster Linie ist die Farbenreaktion rnit Eisenchlorid hervor- zuheben, die sich bei Phenolen und Enolen, nicht aber bei Car- bonsanren findet. Eine weitere Stutze fur die Richtigkeit dieser Auffassung liefert das Verhalten der Trimethyl-colchicinsaure gegeniiber Acylierungsmitteln’).

Schuttelt man Trimethyl-colchicinsaure mit Natronlauge und Benzoylchlorid, entsteht ein Dibenzoylderivat (CH,O),C,,H,O (OCO . C,H,)(NH . COC,H,), das keine Eisenchloridreaktion mehr gibt. E s enthalt also augenscheinlich den einen Benzoylrest am Stickstoff, den anderen am Sauerstoff der Enol-gruppe ge- bunden. Bei vorsichtiger Verseifung 1aOt sich der am Suuer- stof haftende Benzoylrest abspalten, wahrend der N-Benzoyl- Rest erhalten bleibt. Nan kommt auf diese Weise zur N-Benzoyl- trimethyl-colchicinsaure (CH,0),C,,H90(OH) (NH . COC,H,), die wieder saure Eigenschaften hat und rnit Eisenchlorid eine dunkelgrune Farbreaktion liefert.

Auch rnit Benzolsnlfochlorid lassen sich analoge Derivate herstellen. l)as aus Trimethyl-colchicinsaure rnit Pyridin und Benzolsulfochlorid entstehende Di-benzolsulfo-derivat (CH,O), C1,H,0(OS0,C,H5)(NH. SO,C,HS) existiert in zwei stereoisomeren

’) Sitzungsberichte d. Heidelberger Akademie d. Wissenschaften Jahr- gang 1911, 2. Abhandlung, S. 5.

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Formen, die bei der vorsichtigen Verseifung dieselbe 3-Benrol- sulfo-trimethyl-colchicinsaure liefern. Ware Trimethyl-colchicii- saure, wie Z e i s e l annimmt, eine Carbonsaure, so mii8te deren Carboxyl mit der Benzolsulfosaure unter Bildung eines gemischten Saureanhydrids reagiert haben; das Auftreten von Isomerie hier- bei ware unverstandlich; dasselbe gilt fur das Benzolsulfoderivat eines Phenols. . 1st Trimethyl-colchicinsaure dagegen eine Oxy- methylen-verbindung, so steht die Bildung von cis-trans isomeren Saureestern durchaus mit bekannten Tatsachen in Uberein- stimmung ').

Es erscheint daher wahrscheinlich, da13 Colchicein eine Oxp- methylen-verbindung und Colchicin d w entsprechende Methyl- ather ist. Gegen Reagenzien wie Hydroxylamin und Semicar- bazid sind Colchicin und Colchicein allerdings indifferent, da- gegen deuten andere Umsetzungen auf das Vorhandensein einer Aldehyd- bzw. Oxymethylen-gruppe. So wird Colchicein durch Erhitzen mit Bromwasser in eine bromierte Carbonsaure mit der gleichen Zahl KohlenstoRatome ubergefuhrt ".

C,,H,,O,h:(CHO) f 4 Br, f H,O = C,,H,,Br,,O,(COOH) i- 5 HBr. Noch eindrucksvoller spricht aber das Verhalten des Col-

chiceins gegen Jod und Kalilauge 3, fiir das Vorhandensein einer Oxy-methylen- bzw. Aldehyd-gruppe.

Wird Colchicein in schwach alkalischer Losung mit einer Jodjodkalium-losung versetzt, entsteht in glatter Reaktion ein Stoff C,,H2,0,NJ, das N-Bcetyljodcolchinol,, aas sich vom Colchi- cein C,,H,,O,N dadurch unterscheidet, daQ eine CHO-Gruppe durch Jod ersetzt ist.

Zur Deutung dieser iiberraschenden Reaktion laBt sich eine Arbeit Cla i sens4) heranziehen, in der gezeigt wird, da8 Oxy- methylen-campher mit Brom und Kalilange in Nonobrom-campher iibergeht. Ferner hat B r u h l 5, aus Oxymethylen-campher mit Jod und Kalilauge ac,a-I)ijod-campher erhalten. Bemerkenswert ist es, da5 sich auch aromatische 0- und p-Oxyaldehyde ebenso

1) 5. B. W i s l i c e n u s und Bindemann, A. 316, 26 (1901). 9) Sitzungsber. d. Heidelberg. Akadem. d. Wiss. 1919, 16. Abhand-

8) Siteungsber. d, Heidelberg. Akadem. d. Wiss. 1914, 18. Abhmd-

3 A. 281, 345 (1894).

lung, S. 4.

lung, s. 7. 5, B. 37, 2156 (1904)

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wie Colchicein verhalten; so liefert der /I-Naphthol-a-aldehyd unter diesen Bedingungen aJod-/I-naphthol l). Die m-Oxyaldehyde zeigen dagegen die Abspaltung der Aldehydgruppe und ihren Ersatz durch Jod nicht.

Oxymethylen-derivate wie Oxymethylen-campher liefern bei diesem Sbbau a-Halogenketone; Oxyaldehyde der aromatischen Reihe liefern dagegen oJod-phenole. Das N-Acetyl-jodcolchinol, das ails dem Colchicein entsteht, ist nun sicher kein Keton, es verhalt sich vielmehr wie ein Phenol, es ist unloslich in Wasser, aber loslich in verd. Kalilauge und wird aus seinen Alkalisalzen durch Kohlendioxyd wieder frei gemacht ; es rea- giert nicht mit Hydroxylamin, ist dagegen leicht acetylierbar und methylierbar. Wie spater bewiesen wird, ist das N-Acetyl- jodcolchinol tatsachlich ein kompliziertes Phenolderivat.

Die scheinbar nachstliegende dnnahme ist also die, daS das Colchicein ein aromatischer Oxyaldehyd ist und folgender- mailen abgebaut wird;

\AJ I \ /NCHO

/\/ C,,HIBO,N} /I 10H --t C,,H,,O,PI} AiOH Uagegen aber spricht der wichtige Unterschied im Ver-

halten zwischen Colchicein und aromatischen o-Oxyaldehyden, der darin besteht, da13 das Colchicein bei der Methylierung einen leicht verseif baren Enol-methylather (Colchicin) und keinen Phenol-methylather liefert und da13 es mit Bldehydreagenzien wie Hydroxylamin nicht in Reaktion tritt; am ehesten t ragt diesem Umstand die folgende Formulierung Rechnung :

Jedenfalls besitzt das Colchicein nahe Beziehungen zu aroma- tischen Oxy-aldehyden, und das gibt sich auch dnrch folgende Reaktionen zu erkennen: Die wenig gefarbten alkoholischen oder wailrigen Losungen des Colchicins werden auf Zusatz von konz. Salzsaure und anderen Sauren tiefgelb, die dabei ent- stehenden Additionsprodukte sind in einzelnen FZillen isoliert

l) B. 56, 847 (1923).

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worden; so gibt Colchicin ein schon krystallisiertes Perchlorat und eine gelbrote Verbindung rnit Zinntetrachlorid, die Tri- methylcolchicinsaure liefert beim Sattigen ihrer alkoholischen Losung rnit Chlorwasserstoff ein schwer losliches, tiefgelbes Dihydrochlorid. Anch mit Kalilauge fiirben sich Colchicin und seine Derivate tiefgelb. Ein ganz analoges Verhalten wird fur Oxyaldehyde der aromatischen Reihe beschrieben. Salicylaldehyd lost sich in salzsaurehaltigem Alkohol oder Eisessig rnit gelber Farbe, auch m i t wiif3riger Kalilauge gibt er eine tiefgelbe Farbung, vom Naphthol-aldehyd ist ein Hydrobromid beschrieben, auch A nisaldehyd und Piperonal geben gelbe Anlagerungs- verbindungen rnit Chlorwasserstoff und Trichloressigsaure.

Nachwei s e i n e r Methy len -g ruppe i m Colchicin. Wie Ze i se l gefunden hat., geht Colchicin C,,H,,O,N bei der

Oxydation rnit Chromsaureanhydrid in 0.zyeolchicin l) C,,H,,O,N iiber. Das Oxy-colchicin enthalt eine rnit Semicarbazid nach- weisbare Carbonyl-gruppe, die augenscheinlich durch Oxydation einer reaktionsfahigen Methylengruppe entstanden ist:

C,IH,,O,PIU(CH,) + 2 0 = Cpl&SO,N(CO) + HSO. Der Vorgang entspricht ganz der Oxydation des Diphenyl-

methans zu Benzophenon oder des' Tetralins zu cr-Tetralon.

Pjachweis d r e i e r v e r s c h i e d e n e r S e c h s r i n g e im C o 1 c h i c in.2)

Werden Colchicin, Colchicein, Trimethylcolchicinsaure oder N-Acetyl-jodcolchinol rnit heider Kaliumpermanganatlosung oxy- diert, entsteht in allen Fallen dasselbe Oxydationsprodukt, die 3,4, 5-l'limethox,y-~,2-phthalsau~e.

ITerden dagegen vor der Oxydation samtliche Methoxyl- gruppen verseift, so wird beim Behandeln mit Kaliumperman- ganat fast das ganze organische Material zerstort, und es hinter- bleiben nur Oxalsaure und Bernsteinsaure. Noch anders verlauft die Oxydation, menn auf3er den Methoxyl-gruppen auch Ammo- niak aus dem Molekul der Trimethyl-colchicinsaure abgespalten

I) M. 34, 1181 (1913). 2, Sit.zungsber. der Heidelberg. Akadem. d. Wise. 1910, 2. Abhandlung,

1911, 2. Abhandlung, 1914, 18. Abhandlung, 3919, 16. Abhandlung.

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wird. Hierbei durfte - vermutlich aus einern Dihydro-amino- benzol-derivat - ein nener Ring aromatisch werden; denn die nun folgende Oxydation liefert verschiedene Carbonsauren des Benzols, vor allem Xerephthalsawe und Trimellithsaure, die aus einem Ausgangsmaterial, das die Amino-gruppe noch enthalt, nicht entstehen.

Durch passende Abanderung der Versuchsbedingungen ge- lingt es noch einen dritten, von den beiden ersten verschiedenen Ring im Molekul des Colchicins nachzuweisen. Fuhrt man das oben erwahnte N-acetyl-jod-colchinol in den Methylather uber und anterwirft diesen der Oxydation mit heiDer Kaliumperman- ganat-iosung, werden Ring 1 nnd 2 zerstort; erhalten bleibt da gegen ein dritter, jodhaltiger Ring, der durch die Methyliernng der Phenol-gruppe gegen Oxydationsmittel wiederstandsfahig ge- worden ist. Er findet sich unter den Reaktionsprodukten in Form einer J o d - m e t h o x y - o - p h ~ ~ a ~ ~ a ~ i ~ e ; in dieser steht die Meth- oxyl-gruppe in der 4-Stellung; denn die Jod-methoxy-phthalsaure laDt sich mit Zinkstaub nnd Essigsaure in die 4-Methoxy- phthalsaure iiberfuhren. Die Stellung aes Jodatoms ist noch nicht endgiiltig ermittelt, vermntlich befindet es sich in der 5-5 t ellung.

Dieser Ring 3 des Colchicins lLBt sich auch noch in der Form eines anderen Derivates fassen: Wird der rV- Acetyljod- colchinol-methylather durch Reduktion mit Zinkstaub in den N-Acetyl-colchinol-methylather verwandelt nnd dieser letztere energisch mit Chromsaureanhydrid und Ychwefelsaure oxydiert, so werden Ring 1 und 2 zerstijrt, und man erhalt als Reaktions-

prodnkt das 4- ~ ~ t h o ~ y - o - p h t ? i a l i m ~ d (CH,O). C H -Co\NH, dessen

Bildung einen SchlnS auf die Stellung des Stickstoffatoms im Colchicin-Molekul gestattet.

Auf diesem Wege sind also drei verschiedene Sechsringe im N-Acetyl-colchinol-methylather nachgewiesen worden. Nach seiner Formel (CH,0),(C,5H,)(OCH,)(NHCOCH3) besitzt dieser Stoff funfzehn direkt miteinander verknupfte Kohlenstoffatome. Die drei Sechsringe mussen also mehrere Kohlenstoff-atome gemeinsam enthalten, d. h. miteinander kondensiert sein. Waren iiur zwei kondensiert, hatte das entstehende Gebilde, ein Phenyl- naphthalin, noch sechzehn direkt miteinander verknuyfte Kohlen-

6 3-c0/

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stoffatome. Es miissen also alle drei Binge miteinander konden- siert sein, d. h., wir haben es mit einem Anthracen- oder Phen- anthren-derivat zu tun. Anthracen und Phenanthren haben die Formel C,,H,,, der N-Scetyl-colchinol-methylather leitet sich von einem Kohlenwasserstoff C,,H14 ab, er ist also das Derivat eines Methyl-anthracens oder Methylphenanthrens, und zwar, wie sich aus der Zahl seiner Wasserstoffatome ergibt, ein Di- hydro-derivat.

Abban des Colchicins zum 9-Methylphenanthren. Der Abbau des Colchicins zu dem ihm zugrunde liegenden

Kohlenwasserstoff C,,H,, ist folgendermafien durchgefuhrt wor- den: Der N-Acetyl-colchinol-methylather wird durch Kochen mit methylalkoholischer Salzsaure zu dem entsprechenden Amin, dem Colchinol-methylilther verseift :

C,,H,,O,N + HgO = CloHz,04N + CH8COOH. Fur den weiteren Abbau wird dieser in das quartare

Ammoniumhydroxyd C,,H,,O,N(CH&OH verwandelt und dieses durch Erhitzen im Vakuum l) in Trimethylamin, Wasser und einen Stoff von der Zusammensetzung C,,H2,0, gespalten:

C,,H,1O,N (CHAOH = (CHJSN + HSO -I- C&toO4 Die Verbindung C,,H,,O, ist unliSslich in Wasser, in ver-

diinnten Sauren und Alkalien, sie krystallisiert aus heiBem Methylalkohol in sechsseitigen Tafeln vom Schmelzp. 111 O. Sie entbalt vier Methoxylgruppen und ist, wie aus den vorher- gehenden Erorternngen folgt, ein Tetra-methoxy-methyl-anthracen oder -phenanthren. I n der Literatur ist sie noch nicht be- schrieben.

Auch der dem Tetra-methoxy-derivat zugrunde liegende Kohlenwasserstoff Cl6H1, hat sich durch weitergehenden Abbau erhalten lassen. Zu diesem Zweck wird das Tetramethoxy- derivat durch Eochen mit konz. Jodwasserstoffsaure verseift, wobei vier MoIekiile Methyljodid abgespalten werden. Das gebildete vierwertige Phenol wird sodann durch Zinkstaub-

l) Die leichte Abspaltbarkeit von Trimethylamin und Wasser beim Erwiirmen des quartiiren Ammoniumhydrosyds auf 100° findet ihre Er- kvarung in der Neigung des Dihydro-ringsystems in ein aromatisches Gebilde ubermgehen.

Annalen der Chemie 459. Band. 5

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destillation energisch reduziert. Als Destillat erhalt man ein hellgelbes, leicht in Petrolather 1Ssliches 61, aus dem sich in geringer Menge der gesuchte Kohlenwasserstoff C,,H,, durch mehrmals wiederholte fraktionierte Sdlimation gewinnen lafit. Er schmilzt bei 8S0, gibt auf die Formel C,,H,, stimmende Analysenwerte und ist vermutlich das gesuchte Methyl-anthracen oder Methyl-phenanthren. Nnch der Theorie miissen drei Methyl- anthracene und funf Methyl-phenanthrene existieren, sechs davon (darunter alle drei Methyl-anthracene) sind bekannt l) und sind von unserem Kohlenwasserstoff, der also kein Anthracen-derivat ist, verschieden. Unbekannt sind das 4- und das 9-Methyl- phenanthren. Da bei der energischen Oxydation des N-Acetyl- colchinol-methylathers und des N-Acetyl-colchinols nur Phthal- sanre, nicht aber Tricarbonsauren des Benzols aus Ring 1 und 3 entstehen, ist die Stellung der N-Methyl-gruppe am Kohlen- stoffatom 4 unwahrscheinlich; es bleibt also nur die Stellung 9 iibrig.

/V'-CH8 I l l

Wir haben darum das 9-Methyl-phenanthren (I) synthetisch bereitet, es schmilzt in ganz reinem Zustand bei 91-92O und gibt mit unserem Kohlenwasserstoff aus Colchicin keine Schmelzpanktserniedrigung, wir halten die beiden Kohlenwasser- stoffe fur identisch.

Ab le i tung de r F o r m e l fur den N-Acetyl-colchinol- me t h y 1 a t her.

Fur die Aufstellung der Konstitutionsformel des N-Acetyl- colchinol-methylathers konnen wir von folgenden Ermittelungen Gebrauch machen.

1. Er ist ein Dihydro-derivat eines 9 (-10)-Methyl- phenanthrens.

l) Literatur in Ri c h t er 8 Lexikon der Kohlenstoff verbindungen und in Stelzners Literatur-Registern der Organischen Chemie, sderdem B. %, 1620 (1923).

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!*~~%rsucl iy igm >& n d z r .TC-~us~?tftttior. EL Colchicitts. 67

2. Der Dihj-drr+ring i3: der mittelstiindige und enthLit eine CH,-Gruppe; fe'erner xirh53 er eine K-Ace tyl-amino-gruppe am Kohlenstoffatom 9.

3. Der eine entsthndige Be~zolring enthalt 3 Metlmxyl- grnppen in vieinales Stellung (Ring 1).

4. Der andere enistihdige Ring (3) enthiill eine Methoxyl- gruppe, and zwm in @-Stelluog zu einer der Verkniipfiings- stellen mit dem mittaist8ndigen Eeuzolring. Das Stickstoftatom ateht in Binge 2 an einen Kohknstoffatom, dad dem Ritig 3 benachbart ist (Bildnng dl3s ~i1thnlimidderivales.)

Auf Grund dieser ErgebnisBe acheint fiir deu 8-Acelyl- colchinol-met~ylBther nu: aoc3 eine der Formein IIa oder l l b jn Betrzcht m kommen.

H,CO I \&

IIa OCH, IIb OCH,

Das Culchicin selbkt mthiilt BII Stelle des Ringes 3 waiir-

in welchem die Stellung dp: Substituenteu noch nicht gaw sicher ist; Colchicein ist d a m das entsprechendc End und die Trimeth~lcolchicinvBure die durch Abspaltung der K- A ce- tylgruppe gebildete primare Base. Die Edtscheiciung zwischrn den Formeln IIa und IIb ist achliefllich auf folgeadein Wege gegliickt: Wkd die N-Benzoyl- trimethyl- colchicinsanre C,,H,,O,P; einey schonenden 3xydation mit Kaliumpermanganat unterworfen, kmn man zwsi Beaktionsprodukte isolieren, die beide j e drei KohlenstoE-atorne aeniger enthalten als das Ails- gangsmaterial. Die beiden StoTe sind N-Benzoyl-colchid niid

N-Benzoyl-colchinsaure-anhy drid genannt morden. Das N-Benzoyl- colchinsaure-anhydrid ist das Anbyarid einer Dicarbonshire, dss K-Benzoyl-colchid das en%yrechende Lacton. Auf Grand unserer bereits gemonnsnen Kecntnisse iiber den l3au der

5*

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68 JVi n da u s,

N-Benzoyl-trimethyl-colchicinsaure (IIL) werden wir den Uber- gang i n das N-Benzoyl-colchinslure-anhydrid (IV) folgender- maBen formulieren:

I11 IV Wir fassen also das N-Benzoyl-colchid und das N-Benzoyl-

eolchinsiureanhydrid als Dihydro-naphthalin-derivate auf. Tat- sachlich geht das N-Benzoyl-cholchid (VII) baim Erhitzen unter Verlust von Benzamid in ein echtes Naphthalinderivat iiber, das Trimethoxy-homo-naphthid (VIII). Reduziert man das gelbe N-Benzoyl-colcliinsaure-anhydrid (IT) mit Zinkstaub und Essig- saure, so werden zwei Atome Wasserstoff und ein Molekul Wasser aufgenommen, und 8s entsteht ein farbloser Stoff von der Formel C23H260,N, die Dicarbarbonslure eines Tetrahydro- naphthalinderivates (V).

COOH 0- CQ

CH, H,CO//\/\ I liJc<NH. CH% COC6H,

vu H s ' 3 0 V /\, VIII H s C O v - ,

I V0 LO H,CQ

H2C- 0 I I

H,CO

€I&-0

Kocht man diese DicarbonsLure mit konz. Jodwasserstoff- slure, so werden 3 Mol. Methyljodid, 1 Mol. Kohlendioxyd nnd 1 Mol. Wasser abgespalten; es entsteht eine krystallisierte Ver- bindung C,,H,,O,N (VI) die gegen Lackmus neutral reagiert und als ein ,,Anbyarid" anfzufassen ist; und zwar kann die Anhydridbildung nur erfolgt sein zwischen dem ubrig gebliebenen Carboxyl und eiuem bei der Verseifung gebildeten Phenol-

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lintersuchungen iiber die Konstitution des Colchicins. 69

hydroxyl. Da Carboxylgruppe und Phenolhydroxyle an ver- schiedenen Ringen sitzen, mul3 bei der Anhydrid-bildung eine Bruckenbindung zwischen zwei Ringen geschlossen sein. Das geschieht aber bei Naphthalin-Derivaten nur dann, wenn die beiden Gruppen in peri-Stellung zueinander stehen-l) Der Stoff C,,Hl,O,N mu6 also die Formel VI besitzen, und daraus ergibt sich fur den N- Acetyl- colchinol -methylather die Unrichtigkeit der Formel I I a bzw. die Richtigkeit der Formel IIb.

Auf Grund dieser Untersuchungen ist die Formel des Col- chicins (IX) so weit geklart, daS nur noch die Stellung einiger Substituenten im Ring 3 etwas unsicher ist. Mir selbst war die Formel lange Zeit darum verdachtig, weil sie mir keine Rechenschaft fur die Entstehung der Beriisteinsaure aus Col- chicin zu geben schien. Seitdem haben Anderzkn und Holm- b e r g2) angegeben, daI3 Vanillin bei der Oxydation Bernstein- saure liefert ; es ist wahrscheinlich, da8 die Malein-aldehyd- saure 3, hierbei als Zwischenprodukt auftritt , und es scheint mir nicht zweifelhaft, daB die bei der Oxydation des Colchicins erhaltene Bernsteinsaure auf demselben Wege entsteht.

Colchicein (2) und Trimethylcolchicinsaure (XI) leiten sich in ubersichtlicher Weise vom Colchicin ab. Die mehrfach er- wiihnten N-Acylderivate (Benzoyl- nnd Benzolsulfo-) der Tri- methylcolchicinsaure sind Analoge des Colchiceins.

HC!, ,,C=CHOCH, co

HC!,/~CHOH co

HcI!,,IC=CHOH co

'<)C=CHO CH, co

I) Sachs, A. 38, 53 (1909). 3 B. 56, 2047 (1923). y, v. Auwers u. Wissebsch, B. 56, 736 (1923).

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70 Wig d a u o

08[6)CHJ

Dem 0zy-colccht‘cin kommt Foma! XII; zn, dem N-Acetyl- jodcolchinol die Formel XIII.

Die Formel fur den hT--~cetyl~odeolchinol-methylaether macht das Auftseten der Jod-metho~~-phthalsIare beim oxyda- thren.Abban vesst&ndlieh, wie denn anch die Bildung der anderen Oxydationsprodukte (~rnsthoxy~K~hhaEsiiPlan ana Ring 1, hiihere $enzoZcarbonsaurr?n aus 2) sich aus den anfgestellten Formeln er- lltirt. Dies gilt auch fur den Nachmeis der HafttsteLle 1388 Stickstoffs: 4-Methoxy-phtiZdimid bzi der Oxydation des N-Ace- tyl-colehinolmethSlfers (XIV). Der Ho fmann sehe Abban diesar Substalaz zum 9-~ehyl-tetramethe~yy-phenanthr@n (XVI) pr%gt sich in den rmachstehendea Fomeh BUS,

H,CO--.-CE,

H,Cd H @ W l,J, [JOGB,

Zum 8chluB sei noch kurz i i b u die katalytische Bydrie- rung dm Oolchicinp berichtet. Ihre Ergebnisse lieferq eine Stutze . f ir die auf anderem Wege esmjttelte Eonstitntion des Colchicins.

Wird Colciiicin mit Platin, Eisessig nna Wasseratoff ge- schuttelij, nimpt es 8 Atome Wasaerstoff anf. Das entstehende Octo-hydro-colchicin unterscheidet sich vom Ausgangsmaterial dadurch, daD erJ hrblos ist und anch nnf Znsatz VOQ Siiuren nnd Alkalien farblos bleibt; es enth8t keipe !eieht verseifbare

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Untersuchungen uber die Konstitution des Colchicins. 7 1

Methoxylgruppe mehr, alle vier Methoxylgruppen sind schwer verseifbar. Es besitzt die Formel XVII.

Ebenso wie Colchicin verhalt sich Oxy-colchicin (XII) bei der Hydrierung. Auch das Colchicein nimmt leicht 8 Atome Wasserstoff auf; das Octo-hydro-colchicein (XVIIa) ist vermut- lich ein primarer Alkohol und liefert ein schon krystallisiertes 0-Acetylderivat.

CH* CH,

\/ CHOH

XVII [XVIIa]

Beschreibnng der Versnche.

Tetra-methoxy-methyl-phenanthren und 9-Methyl-phenanthre. (Experimentell bearbeitet von H; Schiele.)

In eine Losung des Colchinol-methyl-athers (XV S. 70) in trocknem Ather wurde etwas mehr als 1 Mol. Methyljodid ge- geben und das Qanze bei Zimmertemperatur stehen gelassen; das Hydro-jodid des sekundaren Bmins schied sich langsam in weiSen Warzen ab, die fest an der Glaswand hafteten; die Ltherische Losung wurde von den Krystallen abgegossen und zur weiteren Abscheidung erneut mit Methyljodid versetzt. Die Krystalle selbst wurden aus heiSem Wasser umkrystallisiert und so in weillen glanzenden BlLttchen erhalten, die bei 232O anfingen sich zu verfarben und bei 244-245O unter Zersetzung schmolzen; sie waren loslich in Wasser, Alkohol und Ghloro- form, unloslich in Ather.

13,647 mg Subst.: 25,386 mg CO,, 7,053 mg H,O. - 3,998 mg Subst.: 7,500 mg CO,, 2,080 mg H,O.

C,,H,,O,NJ Ber. C 50,95 H 5,56 Gef. ,, 50,75, 51,18 ,, 5,78, 5,82.

Das aus einer wL5rigen Losung des Eydrojodids mit Pikrin- slure erhaltene Pikrat schmolz nach vorherigem Sintern bei 200O.

3,984 mg Subst.: 8,001 mg CO,, 1,691 mg HsO. - 3,285 mg Subst.: 0,289 ccm (N 2l0, 752 mm).

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7 2 Win da u s,

CJ&,011N4 Ber. C 54,54 H 4,58 N 9,8 Gef. ,, 54,'iS ,, 4,75 :, 10,1.

Tertiures Amin: Bus einer wal3rigen Losung des jodwasser- stoffsauren Salzes wurde rnit friscli gefalltem Silberoxyd die sekundare Base frei gemacht nnd in i t h e r aufgenommen. Die atherische Losung wurde rnit entwassertem Natriumsulfat ge- trocknet und mit etwas mehr als l Mol. Methyljodid versetzt. Sllm2hlich schieden sich Krystalle des jodwasserstoffsauren Salzes dcr tertiaren Base ab; sie wnrden aus heiBem Wasser umkrystallisiert und so in schwach gelblichen Bliittchen er- halten, die bei 236' unter Zersetzung schmolzen.

4,810 mg Subst.: 9,154 mg CO,, 2,422 mg H,O. C,,H,,O,NJ Ber. C 51,96 H 5,82

Gef. ,, 51,92 ,7 5964. Der Schmelzpunkt des aus heilem Wasser umkrystalli-

sierten tiefgelben Pikrats liegt bei 195-196 O.

0,292 ccm N (21°, 752 mm). 4,612 mg Subst.: 9,369 mg CO,, 2,271 mg H,O. - 3,389 mg Subst.:

C,,H,,O,,N, Ber. C 55,29 H 5,16 N 9,56 Gef. ,, 55,42 ,, 5,51 ,, 9,913

Quartares Ammoniumjodid: Sus dem jodwasserstoffsauren Salz wurde die tertiare Base mittels Silberoxyd frei gemacht und in atherischer Losung rnit Methyljodid in das quartare Ammoniumjodid ubergefuhrt. Dieses krystallisiert ans heil3em Wasser in drnsenformig angeordneten Erystallen und schmilzt bei 231-232O.

3,418 mg Subst.: 6,610 mg CO,, 1,90 mg 50. C,,H,,O,NJ Ber. C 52,90 H 6,06

Gef. ,, 52,76 ,, 6,22.

Das Pikrat der quartiiren Base schmilzt nach vorherigem Sintern bei 193 '. 0,282 ccm N (21°, 752 mm).

4,404 mg Subst.: 9,050 mg CO,, 2,046 mg H,O. - 3,290 mg Subst.:

C,, H8&N4 Ber. C 56,OO H 5,38 N 9,34 Gef. ,, 56,06 ,, 5,20 ,, 9,85.

Tetra-methozy-methyl-phenanthren (XVI) : Eine wafirige Losnng des quartaren Ammoninmjodids wurde vier Stunden mit Silber- oxyd geschuttelt. Nsch dem Filtrieren wurde die stark alka- lische Liisung eingedampft nnd entwickelte schon hierbei deut-

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E'ntersuclt uizgcri U6er die h'onstilution des Colchzcins. 73

lich Trimethylamin; der erhaltene Riickstand wurde in einer kIeinen Retorte unter Fermindertem Druck (15 mm) im Luftbad erhitzt; bei etwa 100' setzte eine lebhafte Gasentwicklung ein. Als diese voriiber war, wurde die Temperatur allmahlich bis 260' gesteigert; nunmehr ging ein hellgelbes 01 iiber, das im Retortenhals glasig erstarrte; beim Verreiben rnit Methylalkohol begann es zu krystallisieren nnd schmolz nach mehrfachem Umkrystallisieren aus heitem Methylalkohol konstant bei 111 O

Es ist leicht loslich in Chloroform, Essigester, Benzol, loslich in Ather, Sceton, Eisessig und in warmem Athylalkohol, schwer loslich in kaltem Methylalkohol und in Petrolather.

1,0981 g AgJ. 3,926 mg Subst.: 10,515 g CO,, 2,22 mg KO. - 0,3642 g Subst.:

C,,H2,,0, Ber. C 73,05 H 6,46 OCH, 39,76 Gef. ,, 73,03 ,, 6,33 ,, 39,63.

9-Methyl-phenanl'nl.en (I, S. 66) : 0,5 g Tetra-methoxy-methyl- phenanthren wurden in 3 ccm heitem Eisessig gelost and rnit 6 ccm konz. Jodwasserstoffsiiure (1,7) unter RiickfluB gekocht. Dann wurde die Losung im Vakuum bis zur Trockne ein- gedampft, der braune Riickstand, der vermutlich aus Tetraoxy- methyl-phenanthren bestand, rnit Zinkstaub vermengt und das ganze der ,,Zinkstaubdestillation" unterworfen. Am offenen Ende des Destillationsrohres kondensierte sich ein gelbes 61, aas rnit Petrolather herausgelost wurde. Die Losung wurde eingedampft, der Riickstand, rnit Methylalkohol aufgenommen, lieferte allmahlich derbe Krystalle, die durch olige Beimengungen verunreinigt waren. Die Krystalle wurden gesammelt und mit Methylalkohol von 0' abgespiilt und so ron der Hauptmenge des Oles befreit. Die weitere Reinigung geschah durch Subli- mation. -41s Sublimationsapparat diente ein kleiner Kupferblockl) mit Mikrobrenner und Thermometer. Das Sublimationsgut be- fand sich auf einem kleinen Uhrglaschen, das in der flachen Vertiefung des .Kupferblocks ruhte. Sufgefangen wurde das Sublimat auf der konvexen Seite eines dariiber gelegten groBen Uhrglases, das rnit Wasser gekuhlt wnrde. Der Kupferblock wnrde auf llOo erhitzt, das Sublimat setzte sich in feinen, farb- --

*) Nach ,,Die quantitative organische Mikroanalyse" von Fri tz Pregl, s. 71.

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74 Win da u s,

losen Bllttchen am oberen Uhrglase an. Aus Methyldkohol amkrystallisiert bildet die neue Verbindung derbe Nadeln VOM Schmelzp. 88-89O.

2,166 mg Subst.: 7,467 mg CO,, 1,299 mg H,O. C,,H,, Ber. C 93,70 H 6,30

Gef. ,, 94,05 ,, 6,71.

Katalytische Hydriernng dea Colchicins, Colchiceins und Bxycolchicins.

(Experimentell bearbeitet von H. Schiele und W. Breden6ecR.) Octohydro-colchicin (XVII). 3 g trocknes, amorphes Colchicin

wurden in reinem Eisessig gelost und nach Zusatz von 1 g Platinmohr mit Wasserstoff geschuttelt; 3 Mol. Wasserstoff wurden innerhalb 2 Stunden, ein viertes erst im Laufe eines Tages aufgenommen ; eine weitere Aufnahme von Wasserstoff fand nicht statt. Die ursprunglich gelbe Losung war nunmehr farblos geworden; nach dem Filtrieren wurde sie im Vakuum auf ein kleiues Volum eingedampft; auf Zusatz von Wasser fie1 ein weil3er Stoff aus, der aus Essigester mehrmals urn- krystallisiert den Schmelzp. 125-126 O zeigte. Die Ausbeute an krystallisiertem Rohprodukt betrug 80 Proc.

mcknet): 0,2371 g CO,, 0,0722 g HpO. - 0,1018 g Subst.: 0,2320 g AgJ.

C,,H,,O,N Ber. C 64,83 H 8,16 40CH, 30,47 Gef. ,, 64,75 ,, 8,09 ,, 30,12.

0,0999 g Subst.: (im Vakuum bei looo bis ZUP Gewichtskonatanz ge.

Gegen verd. Salzsaure und gegen verd. Kalilauge ist das Octo-hydro-colchicin weit best2ndiger als das Colchicin; mit Hydroxylamin scheint es nicht zu reagieren, mit Essigsaure- anhydrid laBt sich kein leicht krystallisierendes Derivat er- halten.

Octohydro-Colchicein (XVIIa): Eine Losung von 3 g Col- chicein in Eisessig wurde nach Zusatz von 1 g Platinmohr mit Wasserstoff geschuttelt. Die Eydrierung war nach ungefahr 8 Stunden zu Ende, die Aufnahme betrug 4 Mol. Wasserstoff auf 1 Mol. Colchicein. Nach dem Filtrieren wurde die Losung im Vakuum eingedampft und der Ruckstand zunachst aus Essig- ester und dann aus waDrigem Methylalkohol umkrystallisiert. Hierbei stieg der zunachst sehr nnscharfe Schmelzpunlct auf

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Untersuchungen uber die Konstitution des Colchicins. 76

198--2OOO. Der Stoff ist loslich in Methyl- nnd Athylalkohol schwer loslich in kaltem Essigester und kaltem Wasser.

5,506 mg AgJ. 3,368 mg Subst.: 7,908 mg CO,, 2,426 mg H,O. - 3,060 mg Subst.:

C,,H,,O,N Ber. C 64,09 H 7,94 30CH, 23,66. Cef. ,, 64,06 ,, 8,06 ,, 23,78.

Das Octohydro-colchicein gibt keine Eisenchloridreaktion mehr; gegen Hydroxylamin ist es indifferent.

Das Bcctylderivat wurde mittels Essigsaureanhydrid und Natriumacetat bereitet , es krystallisiert aus Ather-Petrolather in feinen Nadeln und schmilzt nach dem Trocknen im Vakunm bei 160- 161. O.

3,407 mg Subst.: 7,944 mg CO,, 2,337 mg H,O. C,,H,,O,N Ber. C 63,42 H 7,64

Gef. ,, 63,60 ,, 7,67.

Oclohydro-o~~-colch~c~n l): Eine Losung von 2,15 g Oxy- colchicin in Eisessig wurde nach Zusatz von 1,2 g Platinmohr mit Wasserstoff geschuttelt; nach 8 Stunden waren 4 Mol. Wasserstoff aufgenommen. Nach dem Filtrieren und Eindampfen der Losung im Vakuum wurde der Ruckstand aus Essigester mehrmals umkrystallisiert und so in seidenglanzenden Nadeln vom Schmelzp. 267-268 erhalten.

0,2180 g AgJ. 4,239 mg Subst.: 9,789 mg CO,, 2,58 mg H,O. - 0,0978 g Subst

C,,H,,O,N Ber. C 62,68 H 7,42 40CH, 29,46 Gef. ,, 63,OO ,, 6,81 ,, 29,46.

Der Notgemeinschaft der dentschen Wissenschaft und dew JapanansschuD der Notgemeinschaft spreche ich meinen Dank aus fur die Gewahrung der Mittel zur Dnrchfiihrung dieser Arbeit.

*) Das Oxy-colchicin (XII) liefert ein Semicarbazon, daa auB Methyl- alkohol in dunnen, weiBen Blattchen krystallisiert und bei 220-223O schmilzt.

2,976 mg Subst. (im Vakuum bei l l O o getrocknet): 0,297 ccm N (16a, 7.58 mm).

C,,H,,O,N, Ber. N 11,91 Gef. 11,73.


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