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Verfahren zur Bestimmung der Loslichkeit von Gasen in FIUssigkeiten.

Von W. MANCHOT. Mit einer Figur im Text.

Bei meinen zahlreichen Versuchen uber gasbindende Salze war hkufig der Erscheinung Rechnung zu tragen, daB das gasbindende Salz selbst die Konzentration des gelosleo Gases z. B. NO herah- druckt, indem es auf dieses aussalzend wirlit. Die Unvollsttindigkeit des iiber diese Einwirkung von Salzen a.uf die Loslichkeit von Gasen in Flussigkeiten vorliegenden Materials wurde hierbei hAufig storend empfunden. ES lag deshalb fur mich nahe, im Zusammenhang mit den erwahnten Versuchen die Loslichkeit von Gasen in Salz- losungen etwas ausfuhrlicher zu s tudieren, als dies bisher geschehen ist. Hierzu bot eine Apparatur, die sich aus meiner vielfachen Ee- schaftigung mit Gasen entwickelt hat, die unmittelbare Handhabr.

Die meisten Versuche uber die Loslichbeit von Gasen in Flussig- keiten sind, soviel ich sehen kann, mit einer von OSTWALD an- gegebenen Versuchsanordnung ausgef uhr t worden, Diese Appara tur hat aber einige Unbequeiiilichkeiten wo nicht Mangel, die sich bei der Benutzung bemerkbar machen. Sie besteht aus einer mit Dreiweghahn verschlossenen Glasburette, welche mittels eines bieg- samen Xapillarrohres aus Blei mi t dem SChuttelgefaB in Verbindung steht, welches letztere seinerseits oben und unten durch je einen Hahn verschlossen ist. Der Raum zwischen diesen zwei Hahnen wird mit der zu prufenden Flussigkeit vollstandig gefiillt. Um das Gas in das SchiittelgefaB hineinzubekommen, muB man die beideii letztgenannten Kahne offnen und durch Anheben des Niveaurohres etwas von der Plussigkeit herausdriicken , deren RIenge genan br- stimmt werden muB. Schon darin besteht ein nicht zu unter- schatzender Nachteil, insofern die Nullstellung der Burette bei dem Versuch nur ind i r ek t festgestellt wird, also leicht schon init Fehlerri belastet sein kann.

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Ein anderer storender Umstand ist der, claB die D a m p f - s p a n n u n g in den] Gasraum, ehe die Kommunikation mit dem SchuttelgefiiB hergest,ellt ist , etwas unsicher ist. Sie entspricht jedenfalls nicht rnit Sicherheit derjenigen Dampfspannung, welche clie zu untersnchende Losung besitzt. DaB diese Schwierigkeit durch Einbringen eines ‘Cropfchen Wasser in das MeBrohr ganz beseitigt werden kann, diirfte auch nicht ganz sicher sein. Diese Verhaltnisse beclingen nun, daB man recht komplizierte Formeln aufgestellt hat1) um die Berechnung auszufiihren, namentlich urn eben den dureh die Dampt‘spannung entstehenden Differenzen Rechnung zu tragen. Aber es ist schwer, mit volliger Sicherheit zu erkennen, ob diese Verhdtnisse durch den Ansatz in der Formel wirklich ganz zutreffend erfaBt werden konnen, zumal wenn, wie BS praktisch nieistens der Fall ist, Biirette und AbsorptionsgefSiB verschiedene Temperaturen haben. Es kommt namentlich noch in Retracht,. daB man die Danipfspannungen von vielen Salzlosungen iiberhaupt nicht kennt besonders nicht fur jede Konzentration, untl tlaher auch nichb in Pechnung setzen kann.

Die Verwendung eines . Kapillarrohres our Verbindung von Burette und SchuttelgefaB hat auch einige Bedenken ebenso wie die Gegenwart des oberen Hahnes am SchuttelgefaB; clenn nur allzu leicht wird in diese Kapillarraume bei dem absolut not- wendigen sehr starken S~hutt~elii ein wenig Wasser hinauf gelangen t m d ein in einer Kapillme eingeklemrntes Wassertropfchen kann uac,h nnseren Erfahrungen einen nicht unbetdchtlichen Widerstand hrrvorrufen, der in fehlerhafter Niveaneinstellung in der Biirette xum Ausdrucli kommt.

Die folgende hpparatur hat sich bei meinen Versuchen und denjenigen meiner Mitsrbeiter bewiihrt. Wir bestimmen, wie das j a auch in der OsTwALDschen Anordnung geschieht, die Gas- liisliehkeit durch A bsorp tionsmessung. Die nachstehende Versuehs- iuiordnung bietet den Vorteil, daB man in1 Gegensatz zu der OSTWALD- schen Anordnung vor Beginn cler Absorption eine direkte Nullstellung der Biirette hat, die man unmittelbar sbliest. Des weiteren laBt sich die Unsicherheit uber die in Rechnung zu stellende Dampf- spannung experinientell daclurch ansschalten, daI3 man auf den Roden des SchiittelgefaBes ein paar (1-2) corn der zu unter- snchenden LGsung ,aibt,, die man vor Ablesung der Nullstellung

1) Vgl. z. B. GEFFCKEN, Z. I. phyuik. C h w ~ . 49, (1904) 263.

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bereits mit dern Gas sattigt, wodurch man erreicht, daB vor untI iiach der .Absorption in dem gsnzen Apparat die gleiohe Dampf- spannung herrscht,. Die E r f a h r u n g h a t gezeigt, daB dies d a s besteverfahrenis t , um die aus derverschiedenheit der Dampf- spxnnungen vor und naoh demversuohe ents tehenden du rch - ails n ich t zu vernachliissigenden Fehler zu vermeiden.

Fig. 1.

Uer Spparat besteht aus einei Gasbiirette mit Queeksilhex Sperrflussigkeit, welche Ton einem Kiihler zur Konstsnthaltung

der Temperatur umgeben ist und oben in einem Dreiweghahn end& Das Niveaurohr hgngt an einem Drahtseil, das uber ein Had um eine Trommel lauft, die mittels Priizisionszahnrad und 8chnecke gedreht wird. Das Getriebe ist so gewahlt, claB eine Um- dyehung der Kurbel nur geringe Hebung und Senkang ‘des Niveau- rohres bewirkt, um eine genaue Einstellung bequem zu ermoglichen. Die Vorriohtung hat zugleich den Vorteil, daB das Xiveaurohr in jeder Stellung von selbst arretiert ist. Von den beiden Bohrwgen des Dreiweghahns an der Spitze der Biirette dient die wagerechte Bur Verbindung mit Gasometer, Hoahvakuumpumpe und Mano- meter mittels Bohrverzweigungen und Hahnen wahrend die vertikal aur Spitze der Burette fuhrende Bohrung die Verbindung mit den1 SohiittelgefiiB herstellt. Bwisohen Biirette und Hochvakuumpump (in der Zeichnung rechts) wird zweckmaBig ein kleines GefBB ein- geschaltet, wlches dam dient , bei gelegentdiohem fehlerhaftem

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Hentieren aus der Burette iibergedriicktes Quecksilber abzufangen. Wichtig ist auoh der an dern Niveaurohr angebrachte Hahn, melcher ein Ubersteigen desselben beim Evakuieren der Burette verhindert.

Das SchiittelgefaD hat die Form einer weithalsigen Pulver- flasche und wird in der GroBe nach Bedarf variiert. Dasselbe ist durch einen Stopfen mit zwei Bohrungen verschlossen. Durch die eine Eohrung ist ein rnit zwei Hahnen verschlossenes kugelformiges GefaB gesteckt, welches oben rnit einer durch die zweite Bohrung des Stopfens gesteckten Gabel in Verbindung ist, deren anderer Zinken die Verbindung mit der Burette vermittelt. Das wesentliche Pinzip, worauf es hier ankommt, ist, daB der Raum uber dem oberen Hahn, der die Flussigkeit enthaltenden Kngel direlit niit dem Gasraum, den SchuttelgefaD und Biirette bilden, in Verbindung steht. Dieses Prinzip lBBt sich mtiirlich auch in anderer Form zur Ausfuhrung briiigen.

Das erwahnte ZweihahngefaD, dessen Inhalt zwischen den zwei Hahnen durch Auswiigen mit Quecksilber genau bestimmt ist, wird init zu der untersuchenden Flussigkeit vollstanclig gefiillt. Beini offnen der beiden Hahne lauft die Flussigkeit in das rnit Gas gefiillte untere GefaB ein, und es wird nun durch intensives Sohutteln unter Nachrucken mit dem Niveaurohr die Sattigung bewirkt und nach erfolgter konstanter Einstellung der Biiretten- stand wiederum abgelesen.

Buf den Boden des SchuttelgefaSes gibt man, wie schon bemerlrt, einige Iiubikzentimeter der gleichen Fliissigkeit, die in dern Zwei- 1iahngefaB genau gemessen zur Anwendung liomrnt, welche vor Ab- lesung der Nullstellung mit dem Gas gesiittigt werden, urn Konstanz cIer Dampfspannung wahrend des Versuches herbeizufuhren. Das AbsorptionsgefaB bcfindet sich in einerii Thermostaten, der auf die gewunschte Absorptionstemperatur gebracht und auf wenigstens 0,lo genau konstant gehalten wird. Die Verbindung zwischen Absorptions- gefBB und Burette wird durch ein Qlasrohr hergestellt , welches durch Einschiebung von einem oder zwri ganz kurzen Schlauchstucken die notige Gelenkigkeit erhalt. Naturlich kann inan statt dessen uuch eine Glasfeder anbringen.

Ebenso lassen sich alle Kominunikationen irn Apparat natiirlich von Glas mittels Schliffen herstellen und statt eines Stopfens ein Schliffaufsatz fur das SchuttelgefaB verwenden. Ich helte dies jedoch nioht fur praktisch, weil der Spparat hierdurch nicht nur xerbrechlioher wird, sondern auch das Fiillen und huseinander-

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nehmen desselben wie iiberhaupt die ganze Handhabung sich weit umstandlicher, unbequemer und zeitraubender gestaltset. Es ist. dies auch nicht notwendig, weil sich vollstiindig dichte und voll- kommen ausreichende Verbindungen sehr wohl niit Kautschuk- teilen, die man auf das Notwendigste beschranken w i d , bewerk- stelligen lassen, beste QualitBt derselben vorausgeset,zt.

Absolut notwendig ist es jedoch, die zu benutzenden Kaut>- schukstuoke vorher zu paraf f in ie ren . Dies geschieht, indem man sie einige Zeit auf dem Wasserbad in geschinolzenem Paraffin digeriert und diese Operation noch einige Male wiederholt eventuell tluch von Zeit zu Zeit erneuert. Derartig behandelte Kautsohukstiicke sind ganz gasdicht, verschlucken kein Gas und sind iiberhaupt sehr widerstandsfahig gegen chemischen Angriff. Ich habe niit so priparierten Kautschukstopfen selbst n i t konz. Schwefelsaure sogar Anhydridhaltiger arbeit'en konnen, ohne da13 auch nur eine FBrbung der Fliissigkeit auftrat, letzteres bei dieser allerdings auBersten Beanspruchung sumal d a m , wenn sie zunachst duroh den Gebrauch etwas angeitzt waren. Die paraffinierten Kautschuk- stiicke zeigen auch die Eigentumlichlieit, daB sie viel weniger rasch briichig werden wie nicht pareffinierte. So behandelte Kautschuli- stucke waren selbst nach 6-10 Jahren noch ebenso meich mie zy Anfang.

Die Verwendung von Metallrohren ans Blei, Silber oder Kupfer, wie sie fiir solche Verbindnngsrohre empfohlen worden sincl, hat denigegenuber verschiedene Nachteile. Die Verbindung mit dem Glas ist viel unbeqnemer herzustellen und wird wegen der durchaus notwendigen energischen Schuttelbewegung des AbsorptionsgefaBes in Bezug auf Festigkeit und Dichte sehr stark beansprucht. AuBerdem haben Metallrohren den Nachteil, daB man nicht sieht, ob etwa, zufallige Verunreinigungen in dieselben eingedrungen sind, welchr die Kommunikation behindern ( ~ g l . oben). Sperrend wirken such Fliissigkeitstropfchen, die man im undurohsichtigen Metdlrohr nicht wahrnehmen kann, dessen Beruhrung mit den verschieden- srtigen Salzlosungen x u Korrosion fiihren kann unter E n b stehung von Salzkrusten, die wieder storend auf den Druckausgleich wirken.

Fur die Ansfi ihrung einer Messung fullt man also zunichst das Zwei- hahngefiiB mit der zu untersuchenden Fliissigkeit , gibt von letzterer noch etwa 1-2 ccm auf den Boden des SchiittelgefiiBes , setzt den Apparat zusammen, evakuiert ihn mit der Hochvakuumpunipe und fiillt, ihn dann aus dem Gasometer

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mit ciein betxeffenden Gas, wiederholt eventuell das Evakuieren und Gaseinlassen, stellt das SchuttelgefbS in den Thermostaten, siittigt die am Boden desselben hefindliche Fliissigkeit durch Schutteln mit dem Gas, liest nach Einstellung des Temperaturgleichgewichts im ganzen System den Ndlstand der Burette bei Niveaugleichheit ab. li iBt sodann den Inhalt des ZweihahngefaBes auslaufen nnd schiittelt mieder bis zur konstanten Einstellung bei Niveaugleichheit der Biiret te.

Die B e r e c h n u n g der Liislichkeit gestaltet sich bei dieser Versnchsanorclnung sehr einfach.

Es sei 2j das ahgelesene Absorptionsvolizmen fiir die angewand ten L ecnr Losung;

?I die Wasserdarripftension ; 11 der korrigierte Barometerstand; f die Temperatur cler Burette ; u0 das auf 00 nncl Trockenheit reduzierte Volumen.

So hatj man

fiir die Reduktion auf 0" kommt nur die Temperatur der Biirette in Retracht.

Renutzt man ein Gas. welches dem DALTosschen Gesetz ge-

horcht, so hrbt sich der Quotient pT heraus und man hat / bO

wenn das Gas 1000/oig ist. Hieraus berechnet sich die Absorption v1 fiir 100 coin Losung z u

li 100 L;

"I = -- 1 + a t -- '

1)ividiert man den Wert wul iioch dnroh 100, so hat inan direkt den NEmsTschen Loslichkeitskoeffizienten.

Fur gewohnlich wircl man den Gebrauch eines Gases, dessen Gehalt sehr merk- lich unter iOOa/, ist, vermeiden, weil dann das beigemengte Fremdgas an der ge- niedsenen Absorption nach MaDgabe seines Partialdruckes aber ilu allgemeinen in unbekannter Weise beteiligt ist, wenn dies auch fiir eine geringe Beimischung eines wenig loslichen Gases (Luft) praktisch meist bedeutungslos sein wird.

1st das Gas N O/,,ig, so hat man statt Forrnel I1 ZLI setzen II (W

(V)

100 .~ t u =-- l + U f z

uiid atstt Forniel I11 t' 100 100

X L c1 = I.+-,t . ___ . __

Formeln, welche fur x = 100 mit I1 bzw. I11 identisch sind.

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h i oberflachlicher Betrachtung konnte GS hiernach scheinen, als ob die Tension der Losung uberhaupt lreine Rolle spielen sollte, wed sie in der Berechnung nieht auftritt, wenn das DALTONsche Gesetz anwendbar ist,. Dies ist jedoch nicht richtig. Denn eine Versehiedenheit der Tension w r und nach der Absorption macht sioh darin geltend, daS der vor der Absorption eingestellte Null- xtand dann nach der. Absorption nicht mehr giiltig ist. Es ware also fehlerhaft, durch die Differenz gegen diesen das absorbierte Gasrolumen zu messen. A16 z. B. Versuche mit 100 ccm Wssser iind Stickoxydul bei 250 angestellt wurden, ergaben sich, wenn des AbsorptionsgefiiB bei der ablesung der Nullstellung der Burette trocken war, 50J8 ccm. Als es jedoch zuvor mit einigen Kubik- sentimeter Wasser a.ngefeuohtet wurde, die dann vor der Ablesung der Nullstellung gesattigt maren, wurden 55,14 ccm Absorption gefunden. Der Unterschied ist also hier sehr groB und auoh fur Wasser gegenuber Losungen bedeutend genug, um eine Vernsch- lassigung der Wasserdampftension als niclit zuliissig ersoheineii ou lassen.

Mit der vorstehenden Versuohsanordnung sind im hiesigen Institut eine grol3e Anzahl von Versuchen ausgefuhrt worden, iiber deren bisherige Esgebnissc in der nachfolgenden Mitteilung be- iich tet wird.

M@nch&a, Altwgankhs Laboratorium der Twhnischelz Hochsdde.

Bei der Radaktion cingegangen am 8. Oktober 1924.


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