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Page 1: Web Site: Interaktive Quantenmechanik

Interaktive Quantenmechanik

Quantenmechanik auf Anf‰ngerniveauist manchmal wenig erquicklich ± f¸rLehrende als auch Lernende. Das Problemdabei ist h‰ufig das mathematische Funda-ment, ohne dessen Verst‰ndnis ± so die oftvertretene Meinung ± sich das Geb‰ude derQuantenmechanik nur schwerlich erschlie-˚en l‰sst. Eine Schlossbesichtigung mussjedoch nicht zwingend mit den von Spin-nenweben durchzogenen Katakomben be-ginnen. Gleichwohl kˆnnen die repr‰sen-tativen Prunks‰le als Ausgangpunkt ge-w‰hlt werden, um sich von dort aus einenEindruck vom Gesamtkunstwerk zu ver-schaffen. Mit den vorgestellten Sites wirddaher versucht, einen mehr visuellen Zu-gang zur Quantenmechanik zu erˆffnen.

πQuantum Physics Online™, das an derEcole Polytechnique (Paris) entwickeltwurde, besteht aus interaktiven Program-men mit kurzen Beschreibungen, die vieleder typischerweise im Rahmen einer Quan-tenmechanik-Lehrveranstaltung behandel-ten Themenbereiche abdecken. Das ersteKapitel der Site setzt sich mit dem Welle-Teilchen-Dualismus und mit Wellenpake-ten auseinander. Die Benutzer kˆnnen dasYoungsche Doppelspaltexperiment nach-empfinden, sie kˆnnen eindimensionaleWellenpakete erzeugen und zerflie˚en las-sen oder Gau˚sche Wellenpakete an Po-tentialstufen oder -barrieren simulieren. Im

dritten Kapitel kann der Besucher derWebsite die zeitliche Entwicklung vonbeliebigen Zust‰nden eines Zwei- undsp‰ter eines Mehrniveausystems verfolgen(Abbildung 1). Im Weiteren werden dieUntersuchungen dann auf zwei und dreiDimensionen ausgeweitet ± zum Beispielauf die qualitative Beschreibung des �-Systems eines C60-Molek¸ls mit Hilfe einesH¸ckel-MO-Ansatzes. Das abschlie˚endeKapitel zur NMR befindet sich wohl nochin der Entwicklung.

Die Navigation zwischen den Seitenerfolgt zum Teil unerfindlicherweise mitJavascript-basierten Vor- und Zur¸ck-Knˆpfen. Die nur teilweise interaktivenAnimationen werden durch kleine Java-Applets realisiert, die auch bei langsamerVerbindung noch schnell geladen werden.Die erzeugten Graphiken sind meistschlichte, zweidimensionale Strichzeich-nungen, reichen aber f¸r den hier verfolg-ten Zweck vˆllig aus. Leider werden Far-ben nicht immer konsistent eingesetzt. Hierund da w¸nscht man sich die Mˆglichkeit,Werte vorgeben oder anzeigen zu kˆnnen ±insbesondere um Ergebnisse numerischerBeispiele zu visualisieren.

Insgesamt kann πQuantum Physics On-line™ gut im Rahmen eines Quantenme-chanikkurses verwendet werden, jedochnur eingeschr‰nkt f¸r ein Selbststudium,da die schriftlichen Erl‰uterungen undBeschriftungen von Diagrammen sehrknapp ausfallen und einige der weiterf¸h-rende Informationen versprechenden Hy-perlinks im Nirwana enden.

Das Projekt πVisual Quantum Mecha-nics™ der Kansas State University stellt‹bungen zur Verf¸gung, die einfache Ex-perimente mit interaktiven Programmenund schriftlichem Informationsmaterialverkn¸pfen. Die erkl‰rte Zielgruppe dieserWebsite sind Gymnasiasten und Studieren-de, die ¸ber keine tieferen Kenntnisse dermodernen Physik und der hˆheren Mathe-matik verf¸gen. Quantenmechanische Ef-fekte sollen visualisiert werden statt diemathematischen Gleichungen abzuleiten,die diese beschreiben.

Die Themengebiete reichen vom Welle-Teilchen-Dualismus ¸ber LEDs, Fluores-zenzlampen, phosphoreszierenden Mate-rialien und Infrarotdetektoren bis hin zunumerischen Lˆsungen eindimensionalerProbleme. Die Spektroskopie an Wasser-stoffatomen wird beispielsweise mit einerMotivation und einer Skizze des Ablaufesder ‹bung eingeleitet. Der sichtbare Teildes Wasserstoffemissionsspektrums sollmit Hilfe eines interaktiven Programmesinterpretiert werden, das den Versuchsauf-bau und das experimentelle Spektrum

skizziert, sowie ein leeres Energiedia-gramm bereitstellt, in das die BenutzerEnergieniveaus und Emissions¸berg‰ngeeinzeichnen kˆnnen. Diese Eingaben f¸h-ren zu einem simulierten Spektrum, das mitdem experimentellen zur Deckung ge-bracht werden soll (Abbildung 2). Durchwohldosierte Hinweise werden die Lernen-den schrittweise in die Lage versetzt, einplausibles Energieniveauschema auszu-w‰hlen und einen Zusammenhang zwi-schen den Hauptquantenzahlen der Ni-veaus und deren Energie herzustellen.

In den anderen ‹bungen kˆnnen Lumi-neszenz, LEDs und verschiedene Laser-systeme untersucht werden. Weitere Pro-gramme dienen zur Erzeugung von Ener-gieb‰ndern, zur Simulation von Beu-gungsph‰nomenen am Doppelspalt undzur Animation von Tunnelvorg‰ngen, umnur einige aufzuf¸hren. Abgesehen vonJava-Applets wird h‰ufig das leider nur f¸rWindows und MacOS erh‰ltliche Shock-wave-Plugin benˆtigt, sodass Unix- undLinux-Benutzer ausgeschlossen bleiben.Mit einem der erstgenannten Systeme kannman sich jedoch an klar strukturierten,relativ intuitiv zu bedienenden Graphikan-wendungen mit zahlreichen Optionen undschˆnen Animationen erfreuen. Lediglichder etwas zu gro˚z¸gige Einsatz von Farbeim πLaserabenteuer™, einige falsche Titelund fehlplazierte Inhaltsverzeichnisse tr¸-ben das Bild geringf¸gig. Insgesamt kannVisual Quantum Mechanics mit mehrerenexzellenten Lehreinheiten aufwarten, dieeinen interaktiven Zugang zur Quanten-mechanik sehr verlockend erscheinen las-sen.

Robert BergerTechnische Universit‰t Berlin

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Angew. Chem. 2002, 114, Nr. 11 ¹ WILEY-VCH Verlag GmbH, 69451 Weinheim, Germany, 2002 0044-8249/02/11411-2067 $ 20.00+.50/0 2067

F¸r weitere Informationen besuchen Sie:

http://www.quantum-physics.polytechnique.fr

http://phys.educ.ksu.edu/Abbildung 1. Illustration des Superpositions-prinzip bei Quantum Physics Online.

Abbildung 2. Virtuelles Spektroskopielabor vonVisual Quantum Mechanics.

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