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Die Malerei ist omnipräsent in «Elefanten nagen». Der Anblick eines Sonneblumenfeldes führt gedanklich zum grössten Maler, der an der Côte d’Azur gelebt hat, weiter. Bildgewaltig ist auch die Sprache: Eisbären, die Sand- burgen bauen, der Krüppel, der dem Leben zuwinkt, das im Taktfahrplan an ihm vorbeifährt oder die alten Freunde, die mit der Zeit reifen wie ein guter Wein im Keller. Und alle Texte zusammen münden Wassertropfen gleich in der grossen Idee, die Idee der Côte d’Azur, poetisch ver- ewigt in«Riviera». Letztere führt zweifelsohne die Herde dieser textlichen Elefanten an, von denen jeder einzelne schon eine Wand schmücken würde. Zusammen aber füllen sie ein Museum. Jean-Pierre Hugentobler über «Elefanten nagen» VzfB 016.1209.1 Yves Baer Elefanten nagen Songskizzen « » Song der Verdammten Ciao Sepp alte Freunde Elefanten nagen Crossroads St. Patricks Kathedrale Vincents Blume Pablo Picasso Sichtweisen Lippen in dir Nach dem Universum Transformer Song der Neutralen Montgolfière Riviera

Elefanten nagen

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Die Malerei ist omnipräsent in «Elefanten nagen». Der Anblick eines Sonnenblumenfeldes führt gedanklich zum grössten Maler, der an der Côte d’Azur gelebt hat, weiter. Bildgewaltig ist auch die Sprache: Eisbären, die Sandburgen bauen, der Krüppel, der dem Leben zuwinkt, das im Taktfahrplan an ihm vorbeifährt oder die alten Freunde, die mit der Zeit reifen wie ein guter Wein im Keller. Und alle Texte zusammen münden Wassertropfen gleich in der grossen Idee, die Idee der Côte d’Azur, poetisch verewigt in «Riviera». Letztere führt zweifelsohne die Herde dieser textlichen Elefanten an, von denen jeder einzelne schon eine Wand schmücken würde. Zusammen aber füllen sie ein Museum. Jean-Pierre Hugentobler über «Elefanten nagen»

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Page 1: Elefanten nagen

Die Malerei ist omnipräsent in «Elefanten nagen». Der Anblick eines Sonneblumenfeldes führt gedanklich zum grössten Maler, der an der Côte d’Azur gelebt hat, weiter. Bildgewaltig ist auch die Sprache: Eisbären, die Sand-burgen bauen, der Krüppel, der dem Leben zuwinkt, das im Taktfahrplan an ihm vorbeifährt oder die alten Freunde, die mit der Zeit reifen wie ein guter Wein im Keller. Und alle Texte zusammen münden Wassertropfen gleich in der grossen Idee, die Idee der Côte d’Azur, poetisch ver- ewigt in«Riviera». Letztere führt zweifelsohne die Herde dieser textlichen Elefanten an, von denen jeder einzelne schon eine Wand schmücken würde. Zusammen aber füllen sie ein Museum. Jean-Pierre Hugentobler über «Elefanten nagen»

VzfB 016.1209.1

Yves BaerElefanten nagenSongskizzen

«

»

Song der Verdammten

Ciao Sepp

alte Freunde

Elefanten nagen

Crossroads

St. Patricks Kathedrale

Vincents Blume

Pablo Picasso

Sichtweisen

Lippen in dir

Nach dem Universum

Transformer

Song der Neutralen

Montgolfière

Riviera

Page 2: Elefanten nagen

Yves Baer Elefanten nagen

Yo ho! All ihr guten Leute: Unbeteiligte, Heilige fürchtet

euch nicht! | En Bus, das isch no öppis, mit all dem Läbe

din, wo no muess passiere. | Es ist wie ein perfekter

Abend mit alten Freunden. | Im kleinen Finger soll es

mehr Atome als Sterne am Himmel haben. | I’m not

sure if I’ll take the right road but I promise to reach the

next crossroads. | Gott segne sie, wo immer sie auch ist.

| Pablo sagt, dass man die moderne Kunst töten muss. |

Vincent sagt, dass man mit japanischen Augen besser

sieht. | Er sieht. | Meine Lippen sind dort, wo du sie am

wenigsten erwartest. | Es scheint gut zu sein. | Und der

Eisbär baut Sandburgen. | Wer den neutralen Song singt,

hat nichts zu befürchten. | Je m’envole. | Todici cadenze

eterne amare come la vita. | Zikaden intonieren den

blauen Duft des Lavendels | Yo ho! All ihr guten Leute:

Page 3: Elefanten nagen

Die Zeit verwandeelt uns nicht.Sie entfaltet uns nur.

Max Frisch – Tagebuch 1946–1949

«»

Rechtlicher HinweisTitelbild: Riquet in Leipzig © 2006 VzfBAlle Texte © 2008–2009 VzfB, Illustrationen und Fotos: Yves Baer; Hokusai; Harunobu; EishiJegliche Weiterverwendung und Publikation darf nur mit der schriftlichen Genehmigung des Verlages geschehen.Yves Baer’s Verlag zum frœhlichen Baeren VzfBRiedhofstrasse 60, CH-8049 Zürichwww.vzfb.ch © dieses Heftes 2009

Song der Verdammten

Yo ho! All ihr guten Leute:Unbeteiligte, Heilige – fürchtet Euch nicht!Stimmt kräftig mit ein!Wer den verdammten Song singt, stirbt nimmer!

Der König und seine Männerraubten die Königin aus ihrem Bettund verbrannten sie lebendigen Leibes.Der Prinz aus dem falschen Landzog mit seinem mächtigen Heergegen den König und seine Männer.

Yo ho! All ihr verdammten Seelen:Verstossene aller Länder – Diebe, Bettler –sammelt eure gebrochenen Herzenund vereinigt euch am Fuss des Galgenhügels.

Der König und seine Männerzogen mit ihren prunkenden Rüstungenin den Kampf auf den elysischen Feldern.Der Prinz aus dem falschen Landrächte seine unschuldig getötete Liebeund fiel einem Verrat zum Opfer.

Yo ho! Kinder des Mars:Wer stirbt, wird im Paradies von Jungfrauen erwartet. Yo ho! Und wer morgen noch lebt,kriegt ein Fass Rum zur Wundpflege.

Der König und seine Männerregierten das Volk mit eiserner Faust.Der erste der sprach, war der erste der log.Der General der Sturmtruppenfühlte sich in Freiheit gefangenund stürzte den König mit seinen Männern.

Yo ho! All ihr verdammten Seelen:Verstossene aller Länder – Diebe, Bettler –sammelt eure gebrochenen Herzenund vereinigt euch am Fuss des Galgenhügels.

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Ciao Sepp

S Läbe fahrt im Taktfahrplan verbi.All die Mäntsche im 46er,en jede hät sini Gschicht.Er chunt vo irgendwo hèrund will no nöimed ane.Numen èr zündet sich e witeri Zigaretten a.Genau wied Büss gaht au sie Zug um Zug verbi.D Lüt wo verbilaufed gsehnd en nöd,sie sind gfange in ihrne Gedanke.Genau wied Buspassagierwo sicher umgäh vor blauwisse Carosserie anem verbi fahred,unterwägs an Ort wos angehöred.

Numen èr isch unterwägs verlore gange.Irgendwänn isch èr am Tüfel ab em Charre gheit.Öb èr det sini Bei verlore hät weiss èr nüme.Er sitzt jetzt da und wartet uf de nächschti Busund zündet sich e witeri Zigi a.Er söll nöd eso vill Rauche hät d Rosie gseit.Öbs geschter gsi isch oder ersch vor drü 46er weiss èr nüme.D Zigis won èr im Takt vo de Büs raucht sind em als einzigs no blibe.Sini Lunge sind sicher efäng so teered wied Nordstrasswos Läbe im Taktfahrplan anem verbifahrt.Wenigschtens chan èr sitze und em debi zueluege.

Er lupft amigs d Hand und winkt em, wänns anem verbirösslet.Die einte Chauffeure winket, anderi hupet, eine rüeft em übers Mik «Ciao Sepp!» zue.En Bus, das isch no öppis, mit all dem Läbe drin, wo no muess passiere.Aber èr, èr ghört da ane, das isch sin Platz.Er zündet sich e witeri Zigi a. Dä nächscht 46er chunnt i zwei Minute.Am Namittag chömeds all 8 Minute, gäge de Abig sogar im 5 Minutetakt.Aber dänn staht Milchris uf em Spisplan.Und nach eme Bad isch èr versorget im Bett.Er weiss, dass d Büss dänn all 12 Minute fahred.Und am Morge, wänns wieder im 8er-Takt fahred,sitzt èr wieder a sim Platz und rauchtund winkt am Läbe zue, wänns anem verbifahrt.

# für Kuno Lauener6 7

Page 5: Elefanten nagen

alte Freunde

Im Fernsehen läuft ein alter Film.Ich habe ihn schon zig Mal gesehen.Bin längst an allen Schauplätzen gewesen,die Handlung ist ein Teil meiner Erinnerung.Auf dem Couchtisch steht noch ein Glas Rotwein.Vielleicht ist es auch eine Tasse Kaffee.Im Aschenbecher raucht noch etwas.Es ist wie ein perfekter Abend mit alten Freunden.

Im Radio läuft die neue CD dieser Band.Sie begleitet mich schon mehr als das halbe Leben.Ich kenne sie wie mich selbst.Manche Songs kenne ich auswendig,weil sie wie für mich geschrieben worden sind.Jedes neue Album ist wie ein Treffen mit alten Freunden.Obschon nichts Neues, befruchtet es einem aufs Neue.Und fügt einen weiteren Mosaikstein zum Soundtrack meines Lebens bei.

Ich fühle mich als ob ich meine Eltern besuchte.Jeder Ort und die Dialoge sind bekannt.Manche Szene kenn’ ich auswendig.Einige möchte ich gerne nochmals erleben, andere lieber nicht.Am Ende stelle ich die Disk ins Regal zurück.Dort wartet sie bis ich sie wieder hervorhole.Vielleicht entsorge ich sie dann –oder ich lege sie mit grösstem Vergnügen wieder auf.

Genau so ist es mit alten Freunden.Wissen nicht, wie wir zusammengekommen sind, und wissen auch nicht, weshalb.Verstaut wie die alten Fotos in einem Schuhkarton,reaktiviert man sie, wenn man Lust dazu verspürt. Manche verlegt man mit der Zeit, die anderen behält man für immer. Geht es bei Freundschaft nicht genau darum?Wird sie mit der Zeit nicht auch besser, so wie ein guter Wein, wenn man ihn reifen lässt?

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Page 6: Elefanten nagen

Elefanten nagen

Ein Abend im Februar, sitze mit einem Glas Rotweinan meinem Küchentisch und starre meine Hand an.Im kleinen Finger soll es mehr Atome als Sterne am Himmel haben.Langsam zoomt mein Blick auf den Zeigefinger.Die Papillarleisten werden unscharf,sie entwickeln sich zu Gebirgenund ich verschwinde in deren Tal.Meine weisse Haut wird rotes Fleischund danach wird es langsam dunkel.

Noch immer zoomt der Kameramann.Wie bizarre Stalaktitformationen erscheinen die Knochenbälckchen.Die Protonen aus denen unsere Atome bestehen,sollen drei Minuten nach dem Urknall entstanden sein.Auch wenn ich manchmal alt aussehe,fühle ich mich keine 13,7 Milliarden Jahre alt.Wie Planetensysteme sehen die Atome aus.Weiss nicht ob Mikro- oder Makro-,befinde mich in meinem eigenen Kosmos.

Ein Abend im Februar, sitze mit einem Glas Rotweinan meinem Küchentisch und betrachte meine Finger.Ich falle zwischen Stühle und Bänke,langsam treibe ich im endlosen Raum in die Ewigkeit.Die schweren Elemente wie beispielsweise Eisensollen aus Sternkollisionen entstanden sein.Auch wir als wandelnde Haufen von Kohlenstoffatomen,sollen am Ende nur Sternenstaub sein.

Und so nagen wir an Elefanten.Wir nagen und nagenund nagen und nagenund sammeln unsere Trophäen.

(Solo 1)

Ein Abend im Februar, sitze mit einem Glas Rotweinan meinem Küchentisch und starre meine Hand an.Im kleinen Finger soll es mehr Atome als Sterne am Himmel haben.Langsam zoomt mein Blick auf den Zeigefinger.Die Papillarleisten werden unscharf.Meine weisse Haut wird rotes Fleischund danach wird es langsam dunkel.Schwebe durch den endlosen Raum.Weiss nicht wohin und sehe doch klar.

(Solo 2)

Wir nagen an Elefanten.Wir nagen und nagenund nagen und nagenund sammeln unsere Trophäen.

Sag mir nichtswir haben erst Februardas Jahr ist noch jung.Hörst du nicht, wie sie trompeten?

Komm, wir nagen weiter an Elefanten.Wir nagen und nagenund nagen und nagenanstatt unsere Probleme zu lösen.

(Solo 3, repeat ad libidum to the end)

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Page 7: Elefanten nagen

*) frei nach Robert Johnson,

gesungen und gespielt nach

seinem «Crossroads Blues»,

nachfolgend notiert in der

Version von Eric Clapton.

Crossroads

I went down to the crossroadsfell down on my knees.I went down to the crossroadsfell down on my knees.Asked the lord above for mercy, take me if you please. *)

Standing here at the crossroadswhere you have left me.Standing here at the crossroadswhere you have left me.Exposed like a dog by his famliy before going to the sea.

Good Lord, please show me the wayI have to take to get away.Good Lord, please show me the way.I’m not sure if I’ll find the right roadbut I promise to reach the next crossroads.

(Solo)

You can run, you can hide,You won’t belive me if you don’t listen to me.You can run, you can hide you went your way back home.But you can’t escape from yourself.

Sooner than expected you’ll find yourself at this crossroadsdesperate like a snowman at sun.But sooner than expected you’ll find yourself at this crossroads desperate like a snowman at sun.I hope you’ll think at me and you’ll find the right words to pray.

Akkorde:A7 | A7 | D7 | D7 | A7 | A7 | D7 | D7 |A7 | A7 | E7 | D7 A7|

A7 I went down to the crossroads, D7fell down on my kneesA7I went down to the crossroads, D7fell down on my kneesA7 E7 Ask the lord up above for mercy,D7 A7take me if you please.

etc.

8 Eric Clapton:

• Derek & The Dominoes

«Live At The Fillmore East»

• Cream

«Live At The Royal Albert

Hall 2005»

kursiv = Zitat von Robert Johnson

St. Patricks Kathedrale

Ich ging den Weg zur St. Patricks Kathedrale hinab.Man sagte mir, meine Liebe läge dort.Tatsächlich liegt sie dort in einem feuchten Grab.All die Schönheit ist für immer fort.

Sie war ein strahlendes Licht.Was hat sie bloss dazu bewogen?Einen besseren Mann als mich findet sie nicht.Ihre ew’gen Lügen bauschten die Wogen.

Ich gebe alles, um nicht zu weinen.Es ist ein regnerischer und windiger Tag.Mein Herz ist nicht mehr zu einen,es liegt dort in einem hölzernen Sarkophag.

Sie ist fort, sie ist gegangen.Gott segne sie, wo auch immer sie ist.Sie war mein ganzes Leben.Als sie abdrückte, war ich es, der gestorben ist.

Ich ging den Weg zur St. Patricks Kathedrale hinab.Man sagte mir, meine Liebe läge dort.Tatsächlich liegt sie dort in einem feuchten Grab.Mein Leben war mit einem Schlag hinfort.

eine dazu passende Melodie ist «St. James Infirmary»>

# deutsche Version:

www.vzfb.ch/lyrics/

einzeltexte/kreuzung.html12 13

Page 8: Elefanten nagen

Vincents Blume

Vincents Blume steht in der Vase,sie leuchtet vergnügt auf dem Stubentisch.Ihr Strahlen erinnert mich an dein Lachen.Die Kraft der Sonne weitergebend, erhellt sie die dunkeln Stunden.Herausfordernd schaut sie mich an,so als ob sie mir etwas sagen wolle.Ich freue mich über ihr pausbäckiges Lachenund verstehe, weshalb es Vincent malen musste.

Wie ein Halbgott sieht Vincents Blume aus:ihr fleischiger, haariger Stängel schützt das zarte Innere,worin zähflüssig und klebrig ihr Lebenssaft fliesst.In warmes Wasser gestellt, soll sie länger leben.Ihre Kerne nähren die Vögel,ihr Öl verfeinert die Speisen.In der Vase strahlend posiert sie wie ein Supermodel.Kein Wunder, musste Vincent ihr Abbild nehmen.

Pablo sagt, dass man die moderne Kunst töten muss.Das heisse auch, dass man sich selber töten müsse,wenn man weiterhin etwas erreichen wolle*).Sterben macht Angst, sterben tut weh.Ausser man ist bereits tot.Mein Herzblut bildet eine Lache auf dem Boden. Stecke meiner Wurzeln beraubt in einer Vaseund leuchte wie Vincents Blume meinem Ende entgegen.

Manchmal ist einem gar Sterben zu viel.In meiner Nachbarschaft, gleich um die Ecke,stehen sie in Reih und Glied auf ihrem Feld, Vincent hätte seine Freude daran gehabt!Davor steht in ihrer ganzen Pracht Vincents Blume und schaut sie an.Einsam als letzte ihrer Art noch nicht geschnitten.Für mich sieht es wie ein Dirigent vor einem Orchester aus,der das Rauschen des Windes im Sonnenblumenfeld dirigiert.Verständnisvoll Vincent zublinzelnd, denke ich an...

... Pablo Picasso.

*) Zitat von Pablo Picasso14 15

Page 9: Elefanten nagen

Pablo Picasso

Ich erwachte heute Morgenund wünschte der Sonne einen guten Tag.Sie versank blutrot hinter dem Horizont.Ich kann es nicht richtig beschreiben,mir fehlen die Worte hierfür.Dafür sprechen die Bilder im Kopf ihre eigene Sprache.Zwischen den Synapsen fehlen die Schnittstellen,stehe neben mir und bin doch mitten drin.

Ich ziele ins Zentrumund treffe nur den Brettrand.Ich mische rot mit weissum durch die rosa Brille zu blicken,doch alles was ich sehe, ist blau gemalt.Wenn ich schlafe, bin ich hellwachoder befinde mich in den wildesten Traumlandschaften.Kubistisch porträtiert von Pablo Picasso.

Im Profil sehe ich mein Portrait,im Portrait mein gesamtes Ich.In der Totalen fesselt mich das Detail.Im Farbtupfer erkenne ich das Ganze.Ich gehe soweit zurück, bis ich vor mir bin.*)

Du hast mich dekonstruiert,mein ganzes Ich ausgebreitet abgebildet.Pablo, was ist dein nächster Pinselstrich?

Vincent sagt, dass man mit japanischen Augen mehr sieht,man fühle die Farben anders**).Wenigstens hast du mich im blauen Zimmer gemaltund nicht bei den Frolleins von Avignon.Glaubst du wirklich, Dora Mar war glücklich über ihr Portrait?Oder hast du sie gerade deswegen von allen Seiten gleichzeitig gemalt,Um den Stier rosa, blau und kubistisch bei den Hörner packen zu können?

Im Profil sehe ich mein Portrait,im Portrait mein gesamtes Ich.In der Totalen fesselt mich das Detail.Im Farbtupfer erkenne ich das Ganze.Ich gehe soweit zurück, bis ich vor mir bin.Du hast mich dekonstruiert,mein ganzes Ich ausgebreitet abgebildet.Pablo, was ist dein nächster Pinselstrich?

*) Paul McCartney, «I go back

so far/I’m in front of me» aus

«The World Tonight», 1997**) Vincent Van Gogh, 1888

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Page 10: Elefanten nagen

Sichtweisen

er siehter sieht sieer sieht sie sitzener siehter siezter siezt sieer siezt sichsie siezt ihnsie sieztsie seufztsie sitzt und seufztsie sitzt und seufzt und siehtsie sitzt und seufzt und sieht ihnsie sitzt und sieht und siezt ihnsie siezt ihner siezt sieer sieht sieer sieht er sieht

er sietzter seufzter säufter ersäufter ersäuft siesie ersäuft ihnsie ersäuftsie säuftsie seufztsie sietztsie sieht

er siehter ziehter erzieht er erzieht siesie erzieht ihnsie erziehtsie ziehtsie sieht er sieht er ziehter verziehter verzeihter verzeiht ihrsie verzeiht ihmsie verzeihtsie verziehtsie ziehtsie sieht er sieht

er ziehtes ziehtes zieht ihnes zieht ihn zu ihrsie siehtsie ziehtes zieht siees zieht sie zu ihmes zieht sie zueinandersie sitzen aufeinandersie seufzen miteinander

er siehtsie siehtsie sehensie sehen auser siehter ziehter zieht siesie zieht ihnsie ziehen zusammensie ziehen umsie ziehen aussie ziehen sich aussie zieht sich aussie zieht auser zieht aussie ziehtsie siehter sieht er sieht

er ziehtes ziehtes zieht ihnes zieht ihn zu ihres zieht sie zu ihmes zieht siees ziehtes zieht?es zieht...Tür zu,es zieht!18 19

Page 11: Elefanten nagen

Lippen in dir

Meine Lippen sind dortwo du sie am wenigsten erwartest.Lass dich überraschen,lass dich verführen.Schliesse deine Augenund gib dich mir hin.

Spürst du mich in dir,wie ich von dir Besitz genommen habe?Spürst du, wie ich mich in dir ausbreite,wie Wasser, das durch einen Raum fliesst?Spürst du mich in deinem Herzen?Lass mich darin Platz nehmen!

Viele Leute tun es wie vergiftet.Viele Leute sprechen darüber.Viele machen es wie Automaten.Und viele verwechseln es mit Liebe.

Darum sind meine Lippen sind dortwo du sie am wenigsten erwartest.Sie liebkosen deinen Körper,sie erkunden jeden Teil davon.Mit all meinen Sinnennehme ich dich in mir auf.

Nach dem Universum

Nach dem Universumstreifst du als einsamer Fremderdurch Gottes Erde,ständig auf der Hut vor wilden Tieren.

Wer bist du?

Nach dem Universumbist du dankbarfür die Barmherzigkeit von fremden Leuten gegeben,die sich freuendir zu helfen.

Bist du das wirklich?

Nach dem Universum kannst duden Ballast der alten Tagefür immer ablegen.Denn eh du dich versiehst,bist du schon mitten in einer neuen Welt.

Es scheint gut zu sein.

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Page 12: Elefanten nagen

Transformer

Der heisseste Punkt des Sommers ist genau hier unten.Die Luft flimmert tänzelnd auf der Strasse.Ein LKW zieht eine Staubwolke hinter sich herund das Kind spielt in Kisten mit Saharasand.Die Grillen konzertieren um die Wette.Ameisen huschen über den Fenstersims,im Gebüsch raschelt die Katze.Gegen Kälte nützt dicke Kleidung.

Strich um Strich steigt das Quecksilber in der Glasröhre,in dieser endlosen Leerein die Höhe.Tagsüber verdorrt, was in der Nacht erfroren istund zerfällt zu ewigem Staub.

Der kälteste Punkt des Winters ist genau hier unten.In der Luft spiegelt sich tänzelnd die Stadt.Eine Elefanenherde produziert eine Staubwolke auf der Strasseund das Kind spielt am Schatten Polarexpedition.Die Brüllaffen konzertieren um die Wette.Skorpione huschen über den Fenstersims,im Gebüsch raschelt die Python.Gegen Kälte nützt dicke Kleidung.

Strich um Strich steigt das Quecksilber in der Glasröhre,in dieser endlosen Leerein die Höhe.Tagsüber verdorrt,was in der Nacht erfroren istund zerfällt zu ewigem Staub.

(Solo)

Und der Eisbär baut Sandburgen,der Pinguin lernt Windsurfen.Die Moskitos sind im Höhentrainig für den Alpenflug.Und der Flamingo friert in seiner Pfütze fest.Ich brate hier wie ein Hamburger,drehe mich wie ein Spanferkel im Kreis.Rund und rund und rund und rundbis es nicht mehr weiter geht.

— repeat ad libidum —

# Bild: verfremdeter Screenshot aus dem Videoclip von Anton Corbijn zu «Mensch» von Herbert Grönemeyer, 2002. 22 23

Page 13: Elefanten nagen

Yo ho! All ihr guten Leute:Unbeteiligte, Heilige – fürchtet Euch nicht!Stimmt kräftig mit ein!Wer den neutralen Song singt, stirbt nimmer!

Der König und seine Männerraubten die Königin aus ihrem Bettund verbrannten sie lebendigen Leibes.Der Prinz aus dem falschen Landzog mit seinem mächtigen Heergegen den König und seine Männer.

Yo ho! All ihr neutralen Seelen:Verstossene aller Länder – Diebe, Bettler –sammelt eure gebrochenen Herzenund vereinigt euch am Fuss des Galgenhügels.

Der König und seine Männerzogen mit ihren prunkenden Rüstungenin den Kampf auf den elysischen Feldern.Der Prinz aus dem falschen Landrächte seine unschuldig getötete Liebeund fiel einem Verrat zum Opfer.

Yo ho! Kinder des Mars:Wer stirbt, wird im Paradies von Jungfrauen erwartet. Yo ho! Und wer morgen noch lebt,kriegt ein Fass Rum zur Wundpflege.

Der König und seine Männerregierten das Volk mit eiserner Faust.Der erste der sprach, war der erste der log.Der General der Sturmtruppenfühlte sich in Freiheit gefangenund stürzte den König mit seinen Männern.

Yo ho! All ihr neutralen Seelen:Verstossene aller Länder – Diebe, Bettler –sammelt eure gebrochenen Herzenund vereinigt euch am Fuss des Galgenhügels.

Song der Neutralen Montgolfière

Je m’envolesi hautje voleen hautje suis encore vivantje m’envole

Les problèmes ici bassont que des ombres et trépas vous les dingues, ne me dénichez jamaiscar vous regardez toujours en bas

Je m’envolesi hautje voleen hautpour attraper le cielje m’envole

# deutsche Version:

www.vzfb.ch/lyrics/

einzeltexte/highflyer.html24 25

Page 14: Elefanten nagen

Riviera

Rivieraein Punkt zwischen Cannes und MentonDer unendliche Himmel ist azzurrenwie das tiefe Wasser des Mittelmeers.

Die gebräunten Starlets tragen einen weissen Bikini oder weniger.Unter den funkelden Japsiden des Himmelsspielt die Band einen Blues um das Szenario zu erwärmen.Zwölf ewige Takte zartbitter wie das Leben.Zikaden intonieren den blauen Duft des Lavendelsim blauen Schatten der Palmen.

Ich bin

Mein Blick wandert den orangen Mauern und olivgrünen Fensterläden entlang –ein Bild zeitlos wie ein eisgekühlter Pastis auf dem weissen Tisch.Die grossen Geister der Kunst wellen den roten Vorhangum mit mir in der blauen Stunde anzustossen.Der Cantautore im iPod erklärt mir das Leben.«Geist kannlesen schreibenfahle arabische Lampe.»

Komödie... Heiterkeit...Tragödie... Poesie...Nostalgie... Geschichte... Ewigkeit

Ich bin

Riviera

Rivieraun punto tra Cannes e MentonIl cielo infinito è azzurrocome l’aqua profundo del mediterraneo.

Le veline abbronzate vestanno un bikini bianco o menoSotto le iapside lampeggiante del cielola band suona un blues per scaldare lo scenario.Todici cadenze eterne amare come la vita.Cicale scrivano la musica per l’odora blu della lavandaall’ombra blu delle palme.

io sono

Mio sguardo cammina sopra le mura arranciate ed ante olivastri –un quadro acronico come un pastis freddo sulla tavola bianca.I spiriti grandi dell’arte ondulanno la cortina rossaper bere un bicchiere nell’ora blu con me.Il cantautore nell’iPod mi spiega la vita:«Psiche saleggere scriverepallida lampada araba.»

comedia... allegria...tragedia... poesia...nostalgia... storia... eternità

io sono

# k

ursiv

: Zita

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siche

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Con

te; I

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te, b

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2008

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Page 15: Elefanten nagen

Jean-Pierre Hugentobler liess sich in die Kunst Elefanten zu nagen einführen

Song der Verdammten/Song der Neutralen

Die Songs sind Zwillingsbrüder. Wähnt man sich im Refrain in

einem Kinderlied über Piraten und Ritter, transportiert einem

der Teil mit den Jungfrauen unmittelbar in die historische

Gegenwart. Im 12. Jahrhundert sandte der Alte vom Berg seine

Assassinen zu Selbstmordattentaten auf die Kreuzritter los. Das

Versprechen war, dass die Attentäter im Todesfall im Himmel

von Jungfrauen erwartet würden. Dieselbe Argumentation

benützt achthundert Jahre später die Al Kaida.

Ciao Sepp

Seit Jahr und Tag sitzt dieser Typ vor der Klinik Lindenegg an der

Nordstrasse und winkt den vorbeifahrenden Bussen zu. Einzelne

Chauffeure winken ihm, einer hatte ihm mal gehupt, ein dritter

hatte ihn sogar mit Aussenmikro begrüsst. Ich kam von meiner

Burnout-Behandlung vom Arzt und sah ihn dort sitzen und

dem Bus winken. Irgendwie drängte sich mir eine Frage auf: wie

würde Kuno (Lauener) Sepp beschreiben. Zuhause angekom-

men setzte ich mich hin und begann die Worte in Zürichdeutsch

niederzuschreiben. Gut ein Jahr nachdem ich den Text geschrie-

ben habe, schrieb der Tages-Anzeiger einen Artikel über Sepp, der

im wirklichen Leben Hans Mosimann heisst. Doch dies ist eine

andere Geschichte, die man im Archiv des Tagi nachlesen kann.

alte Freunde

Ich schrieb die ersten beiden und die letzte Strophe ein paar Tage

vor dem Gespräch mit Kuno Lauener über das neue Album «Hau-

bi Songs», als ich mich gedanklich darauf einzustimmen begann.

Auf die Gefahr hin, dass es vollkommen peinlich wirkt, habe ich

Kuno «alte Freunde» während des Gesprächs vorgelesen. Bevor

ich mit der Rezitation begann, meinte ich, dass es wahrscheinlich

die ehrlichste Kritik wäre, die er über das Album erhielte. «Super!

Freut mich! Ich werte es wie ein Kompliment. Das ist auch das,

was ich mir jeweils vorstelle, wenn ein Album von uns heraus-

kommt!», sagte er. «Das Aktuelle hat auch Teile drauf, bei denen

ich denke, dass sie bei uns zu Besuch kommen».

Elefanten nagen

Ende Februar 2008 kündete Stefan Klapproth in der Tagesschau

die Themen der Sendung «10 vor 10» mit folgenden Worten an:

«Und dann haben wir einen Beitrag über afrikanische Elefanten.

Die gute Nachricht ist, dass ihr Bestand wieder zugenommen

hat. Die schlechte Nachricht ist, dass die Regierung von Südafri-

ka die Erlaubnis erteilt hat, sie zu nagen. – Äh zu jagen natür-

lich!» Nach dem Lacher über Klapproths Versprecher wusste

ich, dass ich einen guten Titel hatte.

Am 29. Februar besuchte ich eine Vorlesung der AGUZ, der

Astronomischen Gesellschaft Urania Zürich an der Uni Zürich,

deren Thema Archäologie im Weltraum lautete. Vor Augen hatte

ich ein Bild von Astronauten, die mit Zahnbürsten auf irgend-

welchen Planetoiden Ausgrabungen machten, zu hören kriegte

ich einen PR-Text für Quantenphysik im europäischen Kern-

forschungscenter CERN. Während der Vorlesung gab uns die

Dozentin, Prof. Dr. Felicitas Pauss vom Institut für Teilchenphy-

sik der ETH Zürich ein paar Anhaltspunkte zum Mitnehmen mit,

beispielsweise dass im kleinen Finger der Hand mehr Atome sein

sollten als Sterne am Himmel. Und so schrieb ich während der

Vorlesung meine Gedanken über das Nagen an Elefanten fertig.

Crossroads

Der wichtigste Bluesmusiker war Robert Johnson (1911–1938), ob-

wohl er bloss 29 Songs aufgenommen hat. Bei seinem Konzert in

Zürich im August 2008 spielte Eric Clapton eine einzige Zugabe:

«Crossroads», gemeinsam mit Jakob Dylan und Band. Jakob

ist der Sohn von Bob. Die hier vorliegende Version von «Cross-

roads» basiert musikalisch auf derjenigen von Johnson und ist

nach seiner Melodie zu singen. Das Arrangement übernimmt

man von Eric Clapton.

St. Patricks Kathedrale

Als ich «St. Patricks Kathedrale» schrieb, hörte ich «Adorata»

von den Gutter Twins. worauf sich Mark Lanegan und Greg Dulli

in der Neuaufnahme von «St. James Infirmary» gesanglich duel-

lieren. Dies dürfte der Grudn sein, weshalb der Text in Deutsch

und Englisch rhytmisch zur «St. James Infirmary» passt.

Vincents Blume

Bei mir in der Nachbarschaft hat es ein Feld mit Blumen zum sel-

ber schneiden. Als ich eines Samstagmorgen einkaufen ging, sah

ich eine über zwei Meter grosse, einzelne Sonnenblume vor der

nächsten Sonnenblumenreihe stehen, der Wind rauschte leise

in Blättern. Sofort hatte ich das Bild des Dirigenten vor seinem

Orchester vor Augen und ein paar Verse im Kopf.

Pablo Picasso

«Akute Erschöpfung – die erste Stufe einer Burnout-Erkran-

kung», lautete die ärztliche Diagnose. «Wie geht es Ihnen?»,

fragte mein Arzt. «Wie von Picasso gemalt. Obwohl von der

Seite gemalt, sieht man das ganze Gesicht», antwortete ich

jeweils. Erst nach der Genesung konnte ich den Text, den ich vor

der Erkrankung begonnen hatte, vollenden.

Sichtweisen

Ich schlief schlecht, lag seit halb elf im Bett, doch es arbeitete

die ganze Zeit in mir. Also machte ich wieder Licht. Ich schrieb

«Vincents Blumen». Dann war es etwa halb zwei. Von Freude

über den guten Text mit seinen mehrdeutigen Passagen erfüllt,

legte ich mich wieder hin. Aber es arbeitete ununterbrochen

weiter. Satzfetzen, die Züri West Platte, die ich am Abend

gehört hatte, «Vincents Blume», und der unvollendete «Pablo

Picasso»spukten noch immer in meinem Kopf herum. Ich lag

auf dem Bauch und fiel in Lethargie, dann in einen bebilderten

Dämmerschlaf, danach wurde es schwarz. Irgendwann begann

ich zu träumen. Ich befand mich in einem leeren Raum und

hörte eine Frauenstimme ab einem Tonband die Worte «er

sieht/ er sieht sie/ er sieht sie sitzen/ sie sieht/ sie sieht ihn/ sie sieht

ihn sitzen» rezitieren. Immer wieder von vorne, immer wieder in

neuen Variationen, dann kommt das Ganze auf französisch und

englisch, von mir gesprochen, darüber gemischt die weibliche

Originalstimme. Ich erwachte, drei Uhr vorbei. Ich machte Licht,

nahm mein grünes Heft und noierte das Ganze. Aus sitzen wurde

siezen, dann seufzen und saufen. Zufrieden löschte ich das

Licht, es war knapp halb vier und ich hatte noch nicht wirklich

geschlafen.

Lippen in Dir

Meine Lippen sind dort, wo du sie am wenigsten erwartest, ist irgend

ein Filmzitat, von einem Film, der in der Provence handelt. Als

ich den Satz hörte, schrieb es mir gleich. Nachdem ich meine

Gedanken notiert hatte, dachte ich, dass diese bestens zu dem

Textfragment «Spürst du mich in dir?» aus dem Jahre 2001

passen würden.

Nach dem Universum

Als ich das gleichnamige Textfragmet, das ich während meiner

Burnout-Erkrankung geschrieben hatte, am Ostersamstag zum

ersten Mal las, vollendete es sich von selbst. Die Zwischenrufe

fielen mir gleichentags während der Siesta auf meinem Bal-

kon ein – es blühte nun alles und auf dem gesüdeten Balkon

herrschten bereits Temperaturen von über 25 °C.28 29

Page 16: Elefanten nagen

Transformer

Eine der faszinierendsten Landschaften der Erde ist die Attacama

Wüste in Chile. Von Feuerland her über die Schnee bedeckten

Anden kommend, findet man sich plötzlich in einer Wüste

wieder, mit einer gnadenlosen Hitze tagsüber und einer besti-

alischen Kälte in der Nacht. Mitten in der Wüste gibt es einen

See, der täglich durch Niederschläge gefüllt wird. Dort leben

Flamingos. In der Nacht frieren die Vögel, wie immer einbeinig

schlafend, im Wasser fest, das am Morgen wieder taut und bis

am Mittag verdunstet ist, ehe es gegen Abend wieder regnet.

Montgolfière

Zuerst schrieb ich den Text auf Deutsch. Doch er kam mir so

teutonisch brachial vor. Deshalb habe ich dann auf Franzöisch

übersetzt.

Riviera

Diesen Sommer entdeckte ich die Musik von Paolo Conte neu.

Anfang Dezember besuchte ich eine Vorlesung über die Farbe

Blau oder die moderne Klassik an der Côte d’Azur mit Bildern von

Picasso, Mattisse, Klein, Duffy oder DeStaël. Es ging um die Idee

der «Côte», die im 19. Jahrhundert von den Engländern und

Russen in die Welt getragen und von Malern, Philosphen Ciné-

asten und Schriftstellern aufgenommen wurde. Selber mit dem

Virus der Côte infiziert, begann ich während des Vortrages das

Quartett nostalgia, poesia, tragedia, comedia zu notieren und hatte

dabei Paolo Conte beim Jazzfestival von Juan les Pins vor Augen.

Ich schrieb den Text in Italienisch und gab ihm meinem Coiffeur

Michele ins Lektorat, der den Text als Liebesbrief an eine Frau

interpretierte.

Die Seelenkäfige (2005)Ein Seelenfischer hält Billy in einem Langustenkäfig im Fische-reibezirk der gebrochenen Stadt gefangen. Stings tiefgründige Metapher, die auf einer englischen Sage über den Tod basiert, wird von Yves Baer in der musikalischen Tradition der Variation in düster-bunten Farben nacherzählt. Ein liebevolles Gesamt-kunst-werk, worin Stevensons Long John Silver, Kapitän Hook (Peter Pan) und die Hafenratten auf Stings Piratenbraut und die Hure Roxanne treffen. Es ist fast so, als ob Sting selber am Mischpult eines seiner Hits gesessen hätte.

99/09 Zehn Jahre VzfB (2009)In den vergangenen zehn Jahren schrieb Yves Baer über 300 Texte. Hier finden sich zwei aus jedem Jahr. Aus dem Inhalt:Ich war verschwunden; Jazz; Funkeln des Paradies; Krieg und Frieden; Luna Nueva; Skelletballade; Migros Rap; Stein um Stein; Rêve d’une statue grecque; alte Freunde; Vincents Blume, Lippen in Dir ; u.a.

Nicola Behrens, François G. Baer, Monika Spring, Sandra Tinner, Yves BaerDenken Reden Handeln (2008), Redboox;ISBN 978-3-033-01666-8zu beziehen über:www.sp10.ch oderwww.vzfb.ch

Lyrisches

Belletristisches

Seilbahn zum Himmel (2008)In der ersten Geschichte beantwortet Yves Baer die Frage, was geschieht, wenn man einem Menschen, der nur glaubt, was er sieht, ein Babyfoto seiner Mutter in die Hand drückt. In der zwei-ten ist die Seilbahn aufs Jakobshorn bei Davos eine Parabel für das Leben. Scheinbar verloren im dichtesten Nebel, an einem Seil hängend, von dem man bloss noch die Stummel sieht, gefangen in dieser weisslichgrauen Suppe, hilft einem nur noch der Glau-ben an eine feste Ordnung in der Welt, in der oben von unten und hinten von vorne unterscheidbar ist.

Historisches

François G. BaerYves Baer

1934–2009; Vom Dorf Höngg zum Quartier Zürich Höngg,(2009), Quartierverein HönggISBN 978-3-033-02200-3zu beziehen über:www.zuerich-hoengg.ch oderwww.vzfb.ch

WeiteresYves Baer ist Au-tor und Fotograf beim RockStar Magazine und der Musikzeitung Loop.

Yves Baers Blog findet sich auf www.vzfb.ch

Obacht! En Momänt warte bitte! (2007)Über allem steht die Aufforderung der Berner Polizei: «Obacht! En Momänt warte bitte!» als roter Faden. Und man leistet nach der Lekütre der Aufforderung der Obrigkeit Folge und hält kurz inne. Aus dem Inhalt:Bern Bundesplatz; tiefe blaue See; Sonne im Teller ; Le nouveau paradis; Stein um Stein; Kontrabass; 1968 Revisited; Rêve d‘une statue grecque; dieses gebrochene Schlaflied; u.a.

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