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#assessment #ver*efung #werkzeugmethode Version vom 1. Februar 2011 Jetzt Pate werden! Für dieses Kapitel wird noch ein Pate gesucht, mehr Informa*onen unter: hFp://l3t.eu/patenschaI Prüfen mit Computer und Internet Didaktik, Methodik und Organisation von E-Assessment Susanne GruFmann und Claus A. Usener Quelle: Comedynose, hFp://www.flickr.com/photos/comedynose/3571102858 [20110102] Während im Zuge der zunehmenden Verbreitung digitaler Lernmedien in der Vergangenheit vorwiegend Fragen der computerunterstützten VermiFlung von Wissen disku*ert wurden, rücken zunehmend auch Möglichkeiten einer Computerunterstützung in Prüfungsprozessen in den Fokus. So genannte EAs sessmentSysteme stellen auf vielfäl*ge Weise Funk*onalität für die elektronische Vorbereitung, Durch führung und Nachbereitung von LernfortschriFskontrollen bereit. Sie entlasten dadurch nicht nur Leh rende und Lernende, sondern machen einige Prüfungsformen überhaupt erst realisierbar. Im vorliegenden Beitrag wird der Einsatz von EAssessmentSystemen in Prüfungen in Bezug auf didak*sche, methodische, organisatorische und technische Aspekte thema*siert. Den Lesern wird so ein Eins*eg in die Thema*k elektronisch unterstützter Prüfungen geboten, der zur eigenen Auseinandersetzung mit den Potenzialen und Fallstricken anregen soll.

Prüfen mit Computer und Internet - Didaktik, Methodik und Organisation von E-Assessment

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Kapitel des L3T Lehrbuch (http://l3t.eu)

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#assessment

#ver*efung#werkzeugmethode

Version  vom  1.  Februar  2011

Jetzt Pate werden! Für  dieses  Kapitel  wird  noch  ein  Pate  gesucht,mehr  Informa*onen  unter:  hFp://l3t.eu/patenschaI

Prüfen mit Computer und InternetDidaktik, Methodik und Organisation von E-Assessment

Susanne  GruFmann  und  Claus  A.  Usener

Quelle:  Comedynose,  hFp://www.flickr.com/photos/comedynose/3571102858  [2011-­‐01-­‐02]

Während  im  Zuge  der  zunehmenden  Verbreitung  digitaler  Lernmedien   in  der  Vergangenheit  vorwiegendFragen   der   computerunterstützten   VermiFlung   von  Wissen   disku*ert  wurden,   rücken   zunehmend   auchMöglichkeiten   einer   Computerunterstützung   in   Prüfungsprozessen   in   den   Fokus.   So   genannte   E-­‐As-­‐sessment-­‐Systeme   stellen  auf   vielfäl*ge  Weise   Funk*onalität   für  die  elektronische  Vorbereitung,  Durch-­‐führung   und   Nachbereitung   von   LernfortschriFskontrollen   bereit.   Sie   entlasten   dadurch   nicht   nur   Leh-­‐rende  und  Lernende,  sondern  machen  einige  Prüfungsformen  überhaupt  erst  realisierbar.  Im  vorliegendenBeitrag  wird  der  Einsatz  von  E-­‐Assessment-­‐Systemen  in  Prüfungen  in  Bezug  auf  didak*sche,  methodische,organisatorische   und   technische  Aspekte   thema*siert.   Den   Lesern  wird   so   ein   Eins*eg   in   die   Thema*kelektronisch  unterstützter  Prüfungen  geboten,  der  zur  eigenen  Auseinandersetzung  mit  den  Potenzialenund  Fallstricken  anregen  soll.

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2  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T)

1. Hintergrund  

Eine Prüfung im Sinne einer Lernfortschrittskon-trolle ist die Abfrage, Messung und Bewertung desinternalisierten Wissens und der Methodenbeherr-schung eines Lernenden. Sie soll Informationen überseinen Lernstand liefern.

E-Assessments haben wie traditionelle papierba-sierte Prüfungen besondere Anforderungen in Bezugauf die Dimensionen Didaktik, Methodik und Orga-nisation zu erfüllen (Gruttmann, 2010). Hinzukommt die Dimension der technischen Unter-stützung, die das infrastrukturelle Fundament für dieVorbereitung, Durchführung und Nachbereitung derPrüfungen bildet (siehe Abbildung 1).

Die didaktische Dimension von E-Assessment-Systemen thematisiert, welchen Einfluss unterschied-liche Lehr- und Lernziele auf den Prozess der Wis-sensvermittlung und damit auch auf Formen derWissensüberprüfung in Lernfortschrittskontrollenhaben. Aus methodischer Sicht sind verschiedeneAufgabentypen und Prüfungsarten zu berücksich-tigen, die Gestaltungsanforderungen an den E-As-sessment-Einsatz stellen. Organisatorische Fragestel-lungen betreffen vor allem die Rahmenbedingungen,die für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbe-reitung eines E-Assessments in einer konkreten Ver-anstaltung zu schaffen sind. Diese drei Dimensionensind unabhängig von dem Einsatz bestimmter Tech-nologien. Durch den Einsatz geeigneter technischer

Lösungen können die Potenziale einer Computerun-terstützung von Lernfortschrittskontrollen realisiertwerden.

Dabei ist jedoch zwingend zu beachten, dass derEinsatz digitaler Medien nicht zum Selbstzweck er-folgt und die Qualität der Prüfungen erhalten (oderbesser noch gesteigert) werden kann. Eine unreflek-tierte Übertragung traditioneller Verfahren zu Lern-fortschrittskontrollen auf digitale Medien ist nichtzielführend. Vielmehr sind die bestehenden Ansätzehinsichtlich ihrer didaktischen, methodischen und or-ganisatorischen Aspekte an die neuen technischenRahmenbedingungen anzupassen. Die klassischenqualitativen Gütekriterien für Prüfungsverfahren, alsodie Validität, Objektivität und Reliabilität, sollten injedem Fall erhalten bleiben (Gruttmann 2010; Wan-nemacher, 2007). In den folgenden Anschnittenwerden für die vier Dimensionen jeweils einzelne fürPrüfungsprozesse relevante Aspekte angeführt unddiskutiert. Den Lesern soll so eine erste Orientierungzum Thema E-Assessment gegeben werden undgleichzeitig ein Prozess der kritische Reflexion ange-stoßen werden. Denn nur wenn Prüfungen sorgfältigden Ansprüchen des Lehr-Lerngebiets angepasstwerden und sich ein tatsächlicher Mehrwert für Prüf-linge und Lehrende ergibt, kann ein E-Assessment-Prozess langfristig Akzeptanz finden.

2. Didak1k:  Formen  und  Funk1onen  von  Prüfungen  

Gemeinhin existieren verschiedene Formen von Prü-fungen, die Unterschiede in Bezug auf ihre didak-tische Ausrichtung und Zielstellung aufweisen. Aufihre Art stellen sie jeweils eine Strategie dar, zu evalu-ieren, inwiefern die Ziele eines Lehr-Lernprozesseserreicht wurden und übernehmen dabei unterschied-liche Aufgaben: Förderung und Selektion.

Für Lernfortschrittskontrollen (LFK) mit selek-tivem Charakter hat sich im englischsprachigen Raumdie Bezeichnung Assessment of Learning einge-bürgert. Im Deutschen verwendet man eher die Be-zeichnung summatives Assessment, da es sich oftum Prüfungen handelt, die eine Lernphase ab-schließen und das Erreichen des Lernziels über-prüfen (siehe Abbildung 2). Summative Assessmentsfokussieren somit auf den Output des Lernens undbelegt das Erreichen eines bestimmten Kompetenzni-veaus (Reinmann, 2007; Winther, 2006). Nur wenneine bestimmte Leistung abgeliefert wird, gilt dasLernziel als erreicht und die erbrachte Leistung wirdbescheinigt. Dabei kann die Abfrage des vermitteltenWissens und des Verständnisses mündlich oderschriftlich erfolgen.

Abbildung  1:  Dimensionen  des  E-­‐Assessments

E-­‐Assessment   bezeichnet   eine   LernfortschriFskon-­‐trolle,  die  mit  Hilfe  elektronischer  Medien  vorbereitet,durchgeführt   und   nachbereitet  wird.   Eine   besondereRolle   spielt   dabei   die   (teil-­‐)   automa*sche   Durch-­‐führung   von   Korrekturen   im   Rahmen   des   technischMöglichen  (Eilers  et  al.,  2008).

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Für Lernfortschrittskontrollen mit förderndemCharakter werden analog die Bezeichnungen As-sessment for Learning bzw. formatives Assessmentverwendet. Die Lernfortschrittskontrollen sind beimformativen Assessment in Form mehrerer kleinerPrüfungen in den Lernprozess integriert und könnendie Konstruktion und Verstetigung von vermitteltemWissen unterstützen. Das regelmäßige, selbständigeund oftmals freiwillige Bearbeiten von Arbeitsauf-trägen und das damit einhergehende Feedbackkönnen dem Lernenden helfen, eigene Fehler zu er-kennen und in Zusammenhang mit seinem Lernver-halten zu bringen. Sie dienen ferner dem Lehrendendazu, Lehr- und Lernprozesse zu überwachen und in-struktionale Maßnahmen zur besseren Kompetenz-entwicklung einzuleiten (Winther, 2006). Beim for-mativen Assessment gibt es demzufolge mehrere Ge-

legenheiten zur Evaluation unter realistischeren Be-dingungen, wodurch ein kontinuierlicher Überblicküber Lernfortschritte gewonnen werden kann.

Neben summativen und formativen Assessmentsfindet das diagnostische Assessment zunehmend Ver-breitung. Unter dem Begriff des diagnostischen As-sessments werden zwei unterschiedliche Formen zu-sammengefasst. Während bei der ersten Form desdiagnostischen Assessments durch lernbegleitende,freiwillige Lernfortschrittskontrollen auf eine För-derung der Lernenden abgezielt wird, besitzt diezweite Form einen eignungsdiagnostischen und damitggf. einen selektiven Charakter. Zum einen sprichtman also von diagnostischen Assessments, wennLernfortschrittskontrollen nicht zur (Fremd-) Beur-teilung des Erreichens von Lernzielen dienen. DieserForm des diagnostischen Assessments sind zum Bei-spiel die so genannten Self-Assessments zuzuordnen.Die Teilnahme an Self-Assessments erfolgt in derRegel freiwillig und sind im Allgemeinen nicht aneine Bewertung oder Begutachtung durch eine Lehr-person geknüpft. Zum anderen fallen eignungsdia-gnostische Tests in diese Kategorie des diagnosti-schen Assessments. Hier wird durch das Durch-führen von initialen, also dem Lehr-Lernprozess vor-angestellten Prüfungen beabsichtigt, ausgewogeneLerngruppen zu formen oder die Lehr-Lernprozessean die Kenntnisse und Fähigkeiten der Lernenden an-zupassen (Chalmers & McAusland, 2002). Die ver-schiedenen Formen von Lernfortschrittskontrollenwerden in Tabelle 1 zusammengefasst. Es wirdjedoch darauf verwiesen, dass Mischformen zwi-schen den genannten Kriterien auftreten können.

Abbildung  2:  Formen  von  Lernfortschrittskontrollen

Summa1ves  Assessment  (Assessment  of  Learning)  

Forma1ves  Assessment  (Assessment  for  Learning)  

Diagnos1sches  Assessment  

Self-­‐Assessment Eignungstest

Selek*ver  Charakter   Fördernder  Charakter   Fördernder  Charakter   Selek*ver  Charakter  

Formale  Qualifika*on  überdas  Erreichen  eines  Kompe-­‐tenzniveaus  

Prak*sche  Anwendung  vonErlerntem;  Evalua*on  vonLernfortschriFen  

Eigendiagnos*sche  Lerneva-­‐lua*on  

Ini*ale  Diagnose  von  Kompe-­‐tenzniveaus  

Prüfung  am  Ende  eines  Lehr-­‐Lernprozesses  

Aufgaben  während  des  Lehr-­‐Lernprozesses  

Prüfungen  fortwährend  (insb.zu  Beginn)  möglich  

Prüfung  zu  Beginn  eines  Lehr-­‐Lernprozesses  

Teilnahme  verpflichtend   Teilnahme  i.  d.  R.  freiwillig   Teilnahme  i.  d.  R.  freiwillig   Teilnahme  i.  d.  R.  verpflich-­‐tend  

Bewertung  und  Benotungdurch  Lehrenden  

Korrektur  und  Bewertungdurch  Lehrenden,  i.  d.  R.keine  Benotung  

i.  d.  R.  keine  Benotung  undKorrektur  

Bewertung  durch  Lehrenden  

Tabelle  1:  Formen  von  Lernfortschrittskontrollen

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Es existieren viele verschiedene Ansätze undSysteme zur Computerunterstützung von Lern-fortschrittskontrollen. Im Regelfall basieren sie aufden traditionellen Formen des Assessments und sindihnen in Bezug auf Didaktik, Methodik und Organi-sation sehr ähnlich. Studien zufolge ist es auchsinnvoll, neue elektronische Lehr- und Lernformenzunächst äquivalent zu gängigen traditionellen Me-thoden zu gestalten (Dyckhoff et al., 2008; Kleimann& Wannemacher, 2005). Exemplarisch werden imnachfolgenden Abschnitt zur Organisation von E-Assessments klassische Prozesse einer computerun-terstützten Klausur beschrieben. Im Rahmen der zu-nehmenden Verwendung neuer Medien in Lernfort-schrittskontrollen wird jedoch vermehrt der Einsatzinnovativer Konzepte und die Implikation einerneuen Lernkultur gefordert (Meder, 2006).

So geht auch mit dem Aufkommen von E-As-sessment eine Diskussion einher, ob die neuenMedien als technologische Impulsgeber die Eta-b l i e r ung alternativer Prüfungsarten bewirkenkönnen (Bisovsky & Schaffert, 2009; Reinmann,2007). Web-Didaktiker entwickeln daher ständig neueFormen für die medial unterstützte Leistungser-bringung und -beurteilung. Exemplarisch kann hierdie Anfertigung von Facharbeiten in Form vononline recherchierten Kollagen weltweit verfügbarenWissens genannt werden oder online bereitgestellte

Arbeitsmappen, die Dateien mit produkt- oder aufga-benorientierten Leistungen des Lernenden auf einerE-Learning-Plattform zusammenfassen (Meder,2006). Das so genannte E-Portfolio, das derzeit vieldiskutiert wird, bezeichnet zum Beispiel netzbasierteSammelmappen, die verschiedene digitale Medienund Services integrieren (Bisovsky & Schaffert,2009). Lernende können ein E-Portfolio als digitalenSpeicher der Artefakte kreieren und pflegen, die sieim Verlauf eines Kurses oder auch während des ge-samten Lernprozesses erarbeiten. So kann die Kom-petenzentwicklung in einer bestimmten Zeitspanneund für bestimmte Zwecke dokumentiert und veran-schaulicht werden (Bisovsky & Schaffert, 2009).

Computerunterstützung in Prüfungsprozessen er-möglicht Lehrenden bzw. Prüfern folglich eine Fülleneuer Varianten zur Ermittlung von Lernfort-schritten. Doch unabhängig von Ausprägung undAusgestaltung des Computereinsatzes ist festzu-halten, dass sich die elektronische Kontrolle und Be-urteilung von Lernfortschritten langfristig nur dannals wirklich effektiv erweist, wenn sie für die spezi-ellen Einsatzzwecke in den jeweiligen Veranstal-tungen optimal konfiguriert ist und sich gut in die be-stehende Bildungspraxis einpassen lässt (Eilers et al.,2008). Lehrende und Prüflinge müssen sich an dieneuen Bedingungen gewöhnen, die Methoden undKonzepte müssen in angemessener Form auf elek-tronische Medien abgebildet werden und die notwen-digen studienorganisatorischen, infrastrukturellenoder prüfungsrechtlichen Rahmenbedingungenmüssen geschaffen werden.

In der Praxis : Assessments in der HochschuleIn   der   universitären   Prüfungspraxis   werden   aktuell   diverseArten   von   LernfortschriFskontrollen   angewendet.   Bei   Prü-­‐fungen  mit  Selek*onsfunk*on  kann  man  von  einer  Art  „uni-­‐versitärem   Dreikampf“   sprechen:   Klausuren,   Referate,Hausarbeiten   (Reinmann,   2007).   Hinzu   kommen   Prüfungs-­‐arten  mit  dem  Ziel  der  Förderung  von  Studierenden  wie  obli-­‐gatorische   oder   freiwillige   Übungen   und   Prak*ka.Zunehmend   finden   die   verschiedenen  Arten   von   Prüfungenauch  computerunterstützt  staF.  Auch  wenn  noch  lange  nichtvon  einem  flächendeckenden  Einsatz  von  E-­‐Assessment-­‐Sys-­‐temen  in  der  Hochschule  gesprochen  werden  kann,  so  ist  zubemerken,  dass  einige  Formen  von  LernfortschriFskontrollenüberhaupt   erst   dank   Computerunterstützung   realisierbarsind.   Die   Kontrolle   forma*ver   oder   diagnos*scher   Assess-­‐ments  zur  Lernförderung  kann  aufgrund  beschränkter  perso-­‐neller   Ressourcen   in   den   Hochschulen   oI   nicht   angebotenwerden.   Die   Studierenden   erhalten   damit   in   vielen   Fällen

erst   in  der  Abschlussprüfung  ein  Feedback  zu  ihrem  persön-­‐lichen   Lernstand.   (Teil-­‐)automa*sche   Korrekturen   entlastenden  Lehrenden  und  eröffnen  so  die  Möglichkeit,  regelmäßigeLernfortschriFskontrollen   wie   zum   Beispiel   wöchentlicheÜbungsaufgaben   anzubieten.   Neben   diesen   organisatori-­‐schen  Vorteilen  eröffnet  auch  die  Einbindung  verschiedenar-­‐*ger   digitaler   Medien   wie   Sound-­‐   und   Filmdateien   oderSimula*onen  Möglichkeiten   für   universitäre   Prüfungen,   diebei  tradi*onellen  Papierverfahren  nicht  realisierbar  wären.  

Sowohl  die  Freie  Universität  Berlin  (hFp://www.e-­‐examina*-­‐ons.fu-­‐berlin.de/)   als   auch   die   Universität   Bremen(hFp://www.eassessment.uni-­‐bremen.de/)   sind   im   deutsch-­‐sprachigem   Raum  Vorreiter   im   Bereich   elektronischer   Klau-­‐suren  und  geben  auf  ihren  Webseiten  einen  guten  Überblicküber  den  aktuellen  Stand  der  Technik  in  diesem  Gebiet.  

Zwar   gilt   es   als   förderlich,   neue   elektronische   Prü-­‐fungsformen  zunächst   in  Anlehnung  an  tradi*onellenMethoden  zu  gestalten.  Mit   zunehmender  Nutzungs-­‐kompetenz  ist  jedoch  zu  prüfen,  inwiefern  auch  inno-­‐va*ve   Prüfungskonzepte   den   Lehr-­‐Lernbetrieb   berei-­‐chern  können.

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Prüfen  mit  Computer  und  Internet.  Didak*k,  Methodik  und  Organisa*on  von  E-­‐Assessment  —  5

3.Methodik:  Aufgabentypen  in  LernfortschriJkon-­‐trollen  

Lernfortschrittskontrollen, ob nun mit traditionellenVerfahren oder mit Computerunterstützung durchge-führt, bestehen im Allgemeinen aus einer oder meh-reren Prüfungsaufgaben. Prüfungsaufgaben werdenin der Literatur oft in konvergente und divergenteAufgabentypen unterteilt (McAlpine, 2002).

Konvergente Aufgaben haben eine genau defi-nierte Lösungsmenge, sind daher in der Regel ein-facher zu bewerten und ermöglichen ein exakteresFeedback. Multiple-Choice-Aufgaben sind vermutlichdie bekanntesten Vertreter konvergenter Aufgaben.Bei diesem Format wird eine Frage zusammen miteiner vordefinierten Menge an Antworten präsentiert,aus der der Prüfling die richtige Antwort bzw. dierichtigen Antworten wählen muss (siehe Ab-bildung 3).

Auch Wahr-Falsch-Aufgaben, Zuordnungsauf-gaben und einfache Lückentextaufgaben können denkonvergenten Aufgabentypen zugeordnet werden.Doch so einfach konvergente Aufgaben auszuwertensind, so schwierig und zeitaufwendig kann es sein,qualitativ hochwertige Aufgaben zu entwickeln. DieKonstruktion von konvergenten Aufgaben erfordertvom Lehrenden ein fundiertes Wissen im betref-fenden Sachgebiet und setzt viel Erfahrung in der an-gemessenen Formulierung von Aufgaben voraus. Dader Prüfling oftmals eine Auswahl aus vordefinierten

Antwortwortalternativen zu treffen hat, ist die Wahr-scheinlichkeit einer Lösung durch Erraten rechthoch. Werden die Antwortalternativen zudem unge-schickt gewählt (zum Beispiel offensichtlich unlo-gische Alternativen), erhöht dieses zusätzlich dieTrefferwahrscheinlichkeit. Obwohl das Ausmaß anAktivität und Kreativität der Prüflinge bei der Bear-beitung von Aufgaben dieses Typs verhältnismäßiggering ist, eignen sich qualitativ hochwertige konver-gente Aufgaben insbesondere für die einfache Ab-frage von Faktenwissen.

Durch divergente Aufgaben können Hinter-grundwissen, Lösungswege und Begründungenbesser erfasst werden. Zur Lösung divergenter Auf-gaben ist ein schöpferisches Einsetzen von Wissennötig. Die Lösung divergenter Aufgaben soll zugrundlegenden methodischen Überlegungen anregen,eine inhaltliche, qualitative Argumentation initiierenund damit die vertiefte Auseinandersetzung mit demLehrstoff bewirken. Divergente Aufgabenformatezielen darauf ab, Eigenständigkeit, Selbstvertrauen,Problembewusstsein, Kreativität und Flexibilität derPrüflinge zu fördern. Ein vorherrschendes diver-gentes Aufgabenformat ist die Freitextaufgabe. DieKorrektur durch den Lehrenden ist sehr aufwendigund erfolgt nur selten nach exakt definierten, objek-tiven Bewertungsschemen (McAlpine, 2002).

Konvergente wie divergente Aufgaben habenihren jeweiligen didaktischen Wert. Sie sind in derAufgabenkultur auf das Profil des Prüfungsgebiets,die Lerngruppe und die methodische Zielsetzung derPrüfung abzustimmen.

Insbesondere für konvergente Aufgabentypenbieten E-Assessment-Systeme heutzutage schonvielfältige Unterstützung. Durch innovative, compu-terunterstützte Aufgabentypen mit neuartigen Ant-wortverfahren kann die Präsentation, Durchführungund Auswertung erleichtert werden. Gleichzeitigkann ihre Gestaltung sehr flexibel erfolgen, wodurchihre Aussagekraft im Vergleich zu papierbasiertenPrüfungen sogar erhöht werden kann (Reepmeyer,

Abbildung  3:  Einfache  Wissensabfrage  mit  Multiple-­‐Choice

Denken  Sie  an  eine  oder  mehrere  typische  offene  Prü-­‐fungsaufgaben   in   Ihrem   Lehr-­‐Lerngebiet.   ÜberlegenSie   sich,   wie   diese   Prüfungsaufgaben   im   Aufgaben-­‐format   Mul*ple-­‐Choice   abgebildet   werden   könnten.Überlegen  Sie  sich  dafür  jeweils  einen  geeigneten  Auf-­‐gabentext   (auch   Stamm   genannt)   sowie   eine   ange-­‐messene   Anzahl   sinnvoller   Antwortalterna*ven.Achten   Sie   dabei   darauf,   dass   die   Distraktoren,   alsodie   falschen   Antworten,   nicht   zu   offensichtlich   sindund  die  rich*gen  Antworten  nicht  zu  leicht  zu  erratensind.

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Man   unterscheidet   im   Allgemeinen   summa*ve,   for-­‐ma*ve   und   diagnos*sche   Assessments.   Sicherlichhaben  Sie  –  ob  klassisch  oder   computerunterstützt  –an  jeder  dieser  Assessment-­‐Formen  schon  einmal  teil-­‐genommen.  Überlegen  Sie  sich  zu  jeder  Form  ein  kon-­‐kretes  Prüfungsszenario,  in  dem  Sie  eine  computerun-­‐terstützte   LernfortschriFskontrolle   für   sinnvoll   er-­‐achten  würden.

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2008; Wannemacher, 2007). So können zum Beispielstatt eines die Aufgabe beschreibenden Textes Gra-fiken, Sound-Dateien oder sogar Filme eingesetztwerden. Bei grafischen Zuordnungsaufgaben löst derPrüfling die Aufgabe zum Beispiel durch geschicktesPlatzieren eines grafischen Objekts in einer grundle-genden Grafik. Befindet sich das Objekt in einer vor-definierten Zielposition, wird die Antwort als korrektgewertet. Im übertragenen Sinn handelt es sichhierbei um eine grafisch aufbereitete Form von Mul-tiple-Choice. Als Vorteile konvergenter Aufgaben-typen in computerunterstützten Lernfortschrittskon-trollen können allgemein die eindeutige Auswert-barkeit, die kurze Bearbeitungszeit, der geringe Ein-gabeaufwand und das Bereitstellen kontextsensitivenFeedbacks gesehen werden (McAlpine, 2002). Ein of-fensichtlicher Nachteil ist, wie auch bei traditionellenFormen dieser Aufgabenkategorie, im Erraten vonAntworten und der damit verbundenen Gefahr vonZufallslösungen zu sehen. Die Validität von konver-genten Aufgabentypen ist insofern nicht immer si-chergestellt.

Computerunterstützte Lernfortschrittskon-trollen mit divergenten Aufgabentypen befindensich derzeit nur selten im praktischen Einsatz. DieseAnsicht wird im Folgenden anhand des konkretenBeispiels der Freitextaufgabe als gängiger Aufga-bentyp in vielen Prüfungen begründet. Sollen Frei-textaufgaben mittels Computerunterstützung be-wertet werden, kommen bei vielen E-Assessment-Systemen nur Stichwortlisten zum Einsatz. Hierzuwird vom Lehrenden eine Liste obligatorischer Stich-worte und ihrer Synonyme vorgegeben, auf derenVorkommen der zu bewertende Text untersuchtwird. Die Wörter und nahe gelegene Negationenwerden optisch hervorgehoben und erlauben demKorrektor und der Korrektorin eine einfachereNachbearbeitung. Ferner unterstützen viele compu-terunterstützte Ansätze eine Überprüfung der Recht-schreibung sowie eine Plagiarismuskontrolle. In-sofern wird zwar eine hilfreiche Vorstrukturierungdes Freitexts vorgenommen, eine umfassende seman-tische Analyse ist jedoch mit derzeit verfügbaren E-Assessment-Methoden nicht möglich. Wie die Frei-textaufgabe sind auch andere divergente Aufgaben,die komplexe ausformulierte Antworten erwarten, inder Regel nicht oder nur schwer durch Computerauszuwerten. Es ist leicht ersichtlich, dass eine Dis-krepanz zwischen didaktischen und methodischenAnsprüchen an Aufgabentypen in Prüfungsverfahrenund den real vorherrschenden Methoden bzw. tech-nisch realisierten Aufgabentypen existiert. So formu-lieren viele Lehrende zwar qualitativ hochwertige

Lernziele und -inhalte, die sie methodisch an-spruchsvoll vermitteln, doch in den Prüfungen liegtder Fokus letztlich oft darauf, was leicht zu über-prüfen ist, statt sich am eigentlichen Lernziel zu ori-entieren (Reeves, 2006).

4. Organisa1on:  Prozesse  computerunterstützter  Prü-­‐fungen  

Welche organisatorischen Maßnahmen zur Vorbe-reitung, Durchführung und Nachbereitung compu-terunterstützter Lernfortschrittskontrollen notwendigsind, wird im Folgenden am Beispiel einer computer-unterstützten Klausur demonstriert. Zentrale Frage-stellung ist hierbei, wie die Organisation von Lern-fortschrittskontrollen durch Computerunterstützungeffektiv, effizient und zuverlässig gestaltet werdenkann. Um E-Assessment im Bereich von Klausurenzu etablieren, ist die Schaffung von geeigneten orga-nisatorischen Strukturen und technologischen Kom-ponenten bzw. Verfahren notwendig, mit denen com-puterunterstützte Klausuren in zuverlässiger und jus-tiziabler Form durchgeführt werden können (Reep-meyer, 2008). So müssen etwa räumliche, zeitlicheund personelle Ressourcen koordiniert werden.Eine Voraussetzung für die Durchführung elektroni-scher Prüfungen mit größeren Teilnehmerzahlenstellen große Rechnerpools mit der entsprechendenHard- und Software dar. Bei mangelnden Rechnerka-pazitäten in Massenprüfungen können Prüfungen si-multan in mehreren Rechnerpools bzw. in mehrerenaufeinanderfolgenden Zeitscheiben durchgeführtwerden (Eilers et al., 2008; Reepmeyer, 2008; Wanne-macher, 2007) oder den Prüflingen wird die Nutzungeigener Laptops in der Prüfung gestattet. Diese Formder etwaigen Ungleichbehandlung sollte allerdingszuvor auf prüfungsrechtliche Zulässigkeit überprüftwerden. In jedem Fall ist eine Variation der Prüfungs-aufgaben für verschiedene Zeitscheiben notwendig.

Sammeln   Sie   Probleme,   die   bei   der   automa*schenKorrektur   von   Freitextaufgaben   wie   etwa   dasSchreiben  eines  Aufsatzes  auIreten  können.

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Die   Entscheidung,   ob   konvergente   oder   divergenteAufgabentypen  zum  Einsatz  kommen,  sollte  auf  Basisdes  Prüfungsgebiets,  der  Lerngruppe  und  der  metho-­‐dischen   Zielsetzung   der   Prüfung   getroffen  werden     -­‐und   nicht   auf   Basis   der   technologischen   Unterstüt-­‐zungsmöglichkeiten.

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Prüfen  mit  Computer  und  Internet.  Didak*k,  Methodik  und  Organisa*on  von  E-­‐Assessment  —  7

Die computerunterstützte Prüfungsorganisationbirgt ferner vielfältige technische Herausforderungen:Die technische Zuverlässigkeit von Prüfungssys-temen zählt zu den zentralen Bedingungen für dieAkzeptanz der neuen Prüfungsformen, weshalb dieEntwicklung spezieller Sicherheitskonzepte erfor-derlich ist (Wannemacher, 2007). Der Ausfall einesPrüfungsrechners oder des Gesamtsystems darf nichtdazu führen, dass ein Prüfungsteilnehmer und einePrüfungsteilnehmerin seine Prüfung nicht zu Endeführen kann (Reepmeyer, 2008). Dem Problem tech-nischer Ausfälle wird bei modernen Prüfungssys-temen durch Maßnahmen wie regelmäßige Backupsbzw. Replikationen der Aktionen eines Prüfungsteil-nehmers oder einer Prüfungsteilnehmerin und dieMöglichkeit zur Prüfungsfortsetzung an einer Ersatz-station entgegengewirkt. Um Manipulationen vorzu-beugen, sind eine Einschränkung der Netzwerkfunk-tionalität und die Abkopplung des Prüfungssystemsvom Internet ratsam. Der Zugriff auf (unerlaubte)Fremdanwendungen sollte gesperrt und ein Daten-austausch zwischen Rechnern verhindert werden(Reepmeyer, 2008; Wannemacher, 2007). Auch kanndurch individuelle Aufgaben bzw. eine variierendeAnordnung der Aufgaben einer Manipulation desPrüfungsergebnisses vorgebeugt werden.

Um die Lernenden an die neue, digitale Organisa-tionsform der Klausuren zu gewöhnen und Ängsteoder Vorbehalte abzubauen, bieten sich Trainings-

phasen im Vorfeld der eigentlichen Prüfungen an, indenen der Prüfungsablauf am Rechner mit Probemo-dulen bzw. Testklausuren erprobt werden kann (Wan-nemacher, 2007).

Der konkrete organisatorische Ablauf computer-unterstützter Prüfungen kann stark variieren. Ta-belle 2 zeigt mögliche organisatorische Prozessedieser Prüfungsform (Gruttmann, 2010).

Es wird deutlich, dass auch computerunterstützteKlausuren mit einem erheblichen organisatorischenAufwand verbunden sind. Sowohl im Vorfeld einerPrüfung als auch während und nach der Prüfung sinddiverse Arbeiten zu erledigen, um einen reibungs-losen Ablauf der Prüfungen unter rechtssicheren Be-dingungen zu gewährleisten. ComputerunterstützteKlausuren eignen sich aufgrund dieser Aufwände inbesonderem Maß zur Prüfung von Basis- bzw. Fak-

Beispielsysteme  ▸ LPLUS:   kommerzielles   elektronisches   Prüfungs-­‐system   für   summa*ve  Prüfungen   in  Hochschulen,Firmen  und  Handelskammern  (LPLUS  GmbH)▸ Ques*onmark   Percep*on:   ebenfalls   ein   kommer-­‐zielles   elektronisches   Prüfungssystem   für   sum-­‐ma*ve  Prüfungen,  welches  in  Universitäten  und  inder   freien   WirtschaIs   eingesetzt   wird.   (Ques-­‐*onmark  Corpora*on)  ▸ ILIAS:   Lernmanagement-­‐System,   welches   Prü-­‐fungsfunk*onalität  insbesondere  für  diagnos*scheund   forma*ve   Assessments   bereitstellt   (www.ili-­‐as.de)  ▸ Moodle  –  Quiz  module:  Prüfungsmodul  des  Lern-­‐management-­‐System  Moodle  vorwiegend  diagnos-­‐*sche   und   forma*ve   Prüfungen   (www.mood-­‐le.org)  

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Vorbereitung Durchführung Nachbereitung

Fragenkataloge  erstellen  und  auf  Ser-­‐ver  bereitstellen

Teilnehmerlisten  erzeugen

Raum-­‐  und  Zeitressourcen  koordinie-­‐renTeilnehmer-­‐  und  Organisa*onsdaten  inPrüfungssystem  impor*eren

Systembetrieb  sicherstellen

Anwesenheit/Iden*tät  derTeilnehmer/innen  prüfen

Rechner-­‐  und  Prüfungszugang  koordi-­‐nieren

Organisatorische  Fragen  klären

Manipula*on  und  Täuschung  verhin-­‐dern

Automa*sche  bzw.  manuelle  Korrektu-­‐ren  koordinieren  und  durchführen

Rückmeldung  an  Teilnehmer/innen  ge-­‐ben

Notenlisten  generieren  und  an  das  Prü-­‐fungsamt  übermiFeln

Einsichtnahme  koordinieren

Archivierung  sichern

Tabelle  2:  Organisatorische  Prozesse  in  computerunterstützten  Klausuren

Neben   der   Akzeptanz   durch   Prüfer   und   Prüflinge   istdie   Akzeptanz   durch   das   Prüfungsamt   maßgeblicherFaktor   bei   der   Ini*alisierung   eines   E-­‐Assessment-­‐Systems.

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8  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T)

tenwissen großer Prüflingsgruppen. Insbesondere beiregelmäßig wiederkehrenden Prüfungen rentiert sichdie aufwendige Ausarbeitung einer umfassenden Auf-gabendatenbank und die mitunter kostenintensiveEinrichtung einer geeigneten Infrastruktur.

5. Technik:  Klassifizierung  von  E-­‐Assessment-­‐Systemen  

Der Begriff E-Assessment an sich verlangt per Defi-nition zunächst nur, dass eine Lernfortschrittskon-trolle „mit Hilfe elektronischer Medien vorbereitet,durchgeführt und nachbereitet wird“ (Eilers et al.,2008). Das Ausmaß, mit dem Computer im As-sessment-Prozess eingesetzt werden, wird hierdurchnoch nicht determiniert. Hinsichtlich des Einsatzeslassen sich jedoch verschiedene Realisierungsformenunterscheiden. Sie lassen sich grob durch die zweifolgenden Dimensionen beschränken: den Grad derKorrekturunterstützung einerseits, das heißt welcheRolle nimmt der Computer bei der Korrektur ein,und der Grad der Anbindung des Internets ande-rerseits. Einen Überblick über die aus dieser Klassifi-zierung resultierenden E-Assessment-Formen gibtTabelle 3.

Da sich das E-Assessment nicht ausschließlich aufdie vollautomatische Auswertung von Aufgaben be-schränkt, wird in der Dimension Korrekturunter-stützung zusätzlich die manuelle Auswertung derAufgaben unterschieden. Unter der Kategorie „ma-nuelle Auswertung“ werden sowohl die teilautomati-sierte Korrekturunterstützung als auch die nicht com-putergestützte Auswertung von Aufgaben subsu-miert, da in beiden Fällen eine Benutzerinteraktionnotwendig ist. Die Differenzierung der Korrekturun-terstützung wird maßgeblich durch die Art der Prü-fungsaufgaben bestimmt. Geschlossene Aufgaben-

formate wie Multiple Choice oder das Abprüfen vonVokabeln erfordern in der Regel keinen manuellenEingriff. Offene Aufgabenformate, etwa Freitextauf-gaben, sind mit dem heutigen Stand der Technikhäufig nur manuell korrigierbar.

Hinsichtlich der Dimension Anbindung des In-ternets wird zwischen den Ausprägungen online undoffline bzw. stand-alone unterschieden. Online be-zeichnet hierbei die Anbindung an Web-Schnittstellenoder Internet-Plattformen, wohingegen Stand-alone-Anwendungen nur im lokalen Netzwerk oder sogarnur auf einzelnen Computern installiert sind undkeinen Internetzugriff benötigen. Bei der Ent-scheidung für oder wider Internetanbindung eineselektronischen Prüfungssystems spielen rechtliche,didaktische, technische und organisatorische Fak-toren eine maßgebliche Rolle. So wird bei summa-tiven elektronischen Lernfortschrittskontrollen häufigbereits aufgrund von Sicherheitsaspekten in Hinblickauf die Ausfallsicherheit des Systems und den Schutzvor Datenmanipulationen auf eine Internetan-bindung verzichtet. Ein großer Vorteil der Weban-bindung ist die Zeit- und Ortsunabhängigkeit. Ausdiesem Grund ist die Internetanbindung häufig beiSystemen für das formative und diagnostische As-sessment zu finden. Die Ortsunabhängigkeit und derZugriff rund um die Uhr ermöglichen Lernendenbeispielsweise die unkomplizierte Teilnahme an dia-gnostischen Tests einer virtuellen Lern- bzw. Studien-beratung.

6. Zusammenfassung  

Potenziale, die E-Learning-Systeme für die Unter-stützung von Prozessen des Lehrens und Lernensbieten, können durch den Einsatz von E-As-sessment-Systemen auch in Prüfungsprozessen reali-siert werden. E-Assessment kann dabei eine Verbes-serung der Effektivität und Effizienz sowie eine Stei-gerung der Qualität der Assessment-Prozesse be-wirken. Eine sinnvolle Realisierung ist allerdings nurdann möglich, wenn diverse didaktische, methodischeund organisatorische Aspekte neben den technischenRahmenbedingungen berücksichtigt werden. Dervorliegende Beitrag greift eine Auswahl relevanterAspekte auf und macht auf die vielfältigen Potenzialeund Fallstricke aufmerksam, die mit der Computer-unterstützung von Lernfortschrittskontrollen ver-

Geben  Sie   jeweils  Beispiele  aus   Ihrem  Umfeld  für  dievier   Kategorien,   in   die   ein   Assessment-­‐System   austechnischer  Sicht  eingeordnet  werden  kann.

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TECHNISCHEKLASSIFI-­‐ZIERUNG

Korrekturunterstützung

manuell automa1sch

Inter-­‐netan-­‐bin-­‐dung

online

Web-­‐Based  Assisted  

Assessment(WAA)

Web-­‐BasedAssessment

(WBA)

stand-­‐alone

Computer-­‐Assisted

Assessment(CAA)

Computer-­‐Based  

Assessment  (CBA)

Tabelle  3:  Technische  Klassifizierung  der  E-­‐Assessment-­‐Systeme

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Prüfen  mit  Computer  und  Internet.  Didak*k,  Methodik  und  Organisa*on  von  E-­‐Assessment  —  9

bunden sind. Obwohl digitale Medien in vielen Be-reichen des Lehrens und Lernens bereits umfangreicheingesetzt werden, hat sich die Computerunter-stützung in Lernfortschrittskontrollen trotz des ver-hältnismäßig großen Leidensdrucks aufgrund vonMassenprüfungen und Kapazitätsproblemen bislangkaum etabliert. Zu groß scheint die Sorge um tech-nische Komplikationen und Betrugsmöglichkeitenmit digitalen Medien zu sein. Möglichkeiten derZeitersparnis und des reduzierten Personaleinsatzesbei der Prüfungsabwicklung, die Aussichten auf Stan-dardisierung und Rationalisierung von Prüfungen, dievereinfachte Auswertung sowie das zunehmende Prü-fungsaufkommen im Zuge einer Leistungsorien-tierung in der Gesellschaft stellen jedoch hinrei-chende Anreize dar, sich zukünftig noch intensivermit dem Thema E-Assessment zu beschäftigen.

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