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Gesundheitsinformationen erstellen eine Roadmap Dr. Sylvia Sänger trekandphoto - Fotolia.com Sänger, 2015

Gesundheitsinformationen erstellen - eine Roadmap

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Gesundheitsinformationen erstellen eine Roadmap

Dr. Sylvia Sänger

trekandphoto - Fotolia.com Sänger, 2015

Was haben die Route 66 und das Erstellen von Gesundheitsinformationen gemeinsam? Beide sind: - ein klassisches Abenteuer - ein Zeichen von Freiheit - ein langer Weg, der durch teils unbekanntes Land führt - ohne Organisation nicht durchzuführen - ohne gutes „Werkzeug“ gefährlich - besser in ausgesuchter Gesellschaft zu bewältigen - nicht ganz billig

Was wollen die Bürgerinnen und Bürger?

Um welche Art von Gesundheitsinformation geht es?

Wie ist das methodische Vorgehen bei der Erstellung am Beispiel der Patientenleitlinien?

Patienten wollen:

verstehen, was nicht in Ordnung ist

eine realistische Vorstellung der Prognose erhalten

das Arztgespräch bestmöglich nutzen

die Abläufe von Untersuchungen und Behandlung verstehen

die wahrscheinlichen Ergebnisse von Untersuchungen und Behandlungen verstehen

Unterstützung erhalten und Hilfe bei der Bewältigung

darin unterstützt werden, selber etwas zu tun

ihr Hilfsbedürfnis und ihre Besorgnis rechtfertigen

andere darin unterstützen, sie zu verstehen

lernen, weitere Krankheit zu verhindern

wissen, wer die besten Ärzte sind

Coulter A, Entwistle V, Gilbert D. Sharing decisions with patients: is the information good enough? BMJ 1999;318(7179):318-22

• selbst so viel wie möglich beitragen zu meiner Gesunderhaltung

• meine Unsicherheit im Umgang mit Ärzten abbauen

• mehr Sicherheit in Bezug auf Krankheiten bekommen

• mein Wissen über Gesundheit erweitern

• den Umgang mit Medizinern verbessern

• gesicherte Informationen

• mit meinen Ärzte auf Augenhöhe kommunizieren

• mich in Zukunft bei den Ärzten nicht mehr ausgeliefert fühlen

• mitreden bei der Notwendigkeit der Therapie oder Weiterbehandlung

Sänger S, Evaluation des Kurses „Kompetent als Patient“ an der Gesundheitsuni Jena 2010

Ich will:

Was wollen die Bürgerinnen und Bürger?

Um welche Art von Gesundheitsinformation geht es?

Wie ist das methodische Vorgehen bei der Erstellung am Beispiel von Patientenleitlinien?

Entscheidungshilfe

Patientenleitlinien

Aus dem Programm für Nationale Versorgungsleitlinien von BÄK, KBV und AWMF www.versorgungsleitlinien.de

Aus dem Leitlinienprogramm Onkologie von Deutscher Krebshilfe, DKG und AWMF www-leitlinienprogramm-onkologie.de

Patientenleitlinien

Patientenleitlinien

Verantwortet von Fachgesellschaften selbst http://www.awmf.org/leitlinien/patienteninformation.html

Entscheidungshilfen

http://www.patient-als-partner.de/index.php/deutsch/material-methoden/entscheidungshilfen.html

www.psychenet.de

Entscheidungshilfen

Beantwortung einer (wissenschaftlichen) Frage

Beantwortung einer (wissenschaftlichen) Frage

Plain language summary Vitamin C for asthma and exercise-induced breathlessness Review question: This review considered the question of whether vitamin C may be helpful for people with asthma or exercise-induced breathlessness.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD010391.pub2/abstract

http://thieme-compliance.de/fileadmin/ThiemeCompliance/Flyer/2014-12-16_SD-Musterbogen.pdf

Aufklärungsbögen vor medizinischen Eingriffen „informed consent“

https://www.youtube.com/watch?v=n83gd1piUu4

Pat.-LL DA‘s Wiss. Frage

Informed consent

Evidenzbasierte Empfehlungen aus Leitlinien

+ - - -

Hintergrundinformationen und Darstellung der Optionen + + (+) + Unterstützung der Präferenzklärung Abwägung Nutzen/Risiken (+) + - - Anleitung zur Entscheidung + + - - Tools zur Unterstützung der Arzt-Patienten-Kommunikation + + - - Anleitung zum Selbstmanagement der Erkrankung + + - - Weiterführende Informationen, Anlaufstellen und Hilfsangebote + + (+) - Laienverständliche Sprache + + + -

Zu den Schwerpunkten der unterschiedlichen Informationen

Alle Arten von Informationen müssen:

• die derzeit best verfügbare Evidenz wiedergeben, die durch eine systematische Suche ermittelt wurde

• patientenrelevante Ziele haben

• laienverständlich aufbereitet sein

• frei von Interessenkonflikten sein

• Laien für Entscheidungen fit machen und Entscheidungen unterstützen (Arzt-Patienten-Kommunikation)

• verfügbar sein dort wo sie benötigt werden und von jedermann, der sie benötigt

Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen

ermöglichen es, das Wissen über Gesundheit und

Krankheit zu verbessern und eigenständig oder

gemeinsam mit anderen, Entscheidungen zu

Gesundheitsfragen zu treffen. Diese

Entscheidungen sollen den Präferenzen,

Wertvorstellungen und Lebenssituationen der

jeweiligen Person so weit wie möglich

entsprechen.

Gute Praxis Gesundheitsinformation

2. Auflage 2015, Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.

Was wollen die Bürgerinnen und Bürger?

Um welche Art von Gesundheitsinformation geht es?

Wie ist das methodische Vorgehen bei der Erstellung am Beispiel der Patientenleitlinien?

Patientenbeteiligung als Kernelement der PL Entwicklung

http://www.leitlinien.de/mdb/edocs/pdf/schriftenreihe/schriftenreihe33.pdf

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf

Abstimmung Patientenvertreter

Abstimmung Expertenteam

Fokusgruppe / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

S3 Leitlinie zum Thema Recherche von vorhandenen Patienteninformationen

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf

Abstimmung Patientenvertreter

Abstimmung Expertenteam

Fokusgruppe / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Anfrage über Selbsthilfeverbände/ Selbsthilfegruppen dem Thema entsprechend Anforderungen Patientenvertreter: • Erfahrung mit der Erkrankung • über das eigene Schicksal „hinausdenken“ • „Organisationswissen“ einbringen • Interessenneutralität (Erklärung)

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf

Abstimmung Patientenvertreter

Abstimmung Expertenteam

Fokusgruppe / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Welche Erfahrungen mit der Erkrankung, dem Gesundheitssystem, dem Selbstmanagement wurden entlang der Erkrankung und Behandlung gemacht? Decken die Schlüsselfragen der Leitlinie alle Patientenbedürfnisse ab?

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf

Abstimmung Patientenvertreter (iterativ)

Abstimmung Expertenteam (iterativ)

Fokusgruppe / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Patient

Intervention

Comparison

Outcome

Datenbanken, Faktenboxen, etc.

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf durch Redaktionsteam

Abstimmung Patientenvertreter

Abstimmung Expertenteam

Fokusgruppe / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Nach:

Manual Patienteninformation http://www.aezq.de/edocs/pdf/schriftenreihe/schriftenreihe25.pdf

und Gute Praxis Gesundheitsinformation des DNEbM e.V. http://www.ebm-netzwerk.de/pdf/publikationen/gpgi.pdf

Evidenzbasierte Patienteninformationen

berücksichtigen die zum Zeitpunkt der Erstellung vorhandenen besten und

aussagekräftigsten Daten (qualitativ beste Studien) zu den untersuchten

Themen durch die systematische Suche, Auswahl, kritische Durchsicht und

Bewertung von Literatur.

stellen das Fehlen von Evidenz klar dar

enthalten als „Erfolgsfaktoren“ der Behandlung solche, die für Patienten

bedeutsam sind. Dies sind insbesondere die Lebenserwartung und die

Lebensqualität.

stellen wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeiten in einer für Laien

relevanten und verständlichen Form dar (Risikokommunikation).

leisten einen Beitrag zu realistischen Erwartungen der Bürger und Patienten

ermöglichen eine partizipative Entscheidungsfindung (shared decision making)

berücksichtigen die Erfahrungen und Bedürfnisse betroffener Patienten

vermeiden Interessenkonflikte

erfüllen formale Anforderungen

Orientierung an Qualitätsanforderungen für evidenzbasierte Gesundheitsinformationen

http://ipdas.ohri.ca/IPDAS_checklist.pdf

Orientierung an Qualitätsanforderungen für Entscheidungshilfen

• Detaillierte Informationen über alle Optionen, die für eine Entscheidungsfindung notwendig ist

• Unverzerrte und verständliche Präsentation der Wahrscheinlichkeiten

• Methoden zur Werte- und Präferenzklärung

• Anleitung zur Kommunikation

• Systematischer Entwicklungsprozess

• Interessenkonflikte vermeiden

• Klare verständliche Sprache

Beispiel für Entscheidungsunterstützung Ambulante Behandlung

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf

Abstimmung Patientenvertreter

Abstimmung Expertenteam

Fokusgruppe / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Strukturiertes Vorgehen in der Fokusgruppe Interviewleitfaden, Fragebögen Qualitative Auswertung

Woodapple - Fotolia.com

Fragen zur Evaluation der Patientenleitlinie Essstörungen (schriftlich, n=6)

Geben Sie eine kurze Zusammenfassung Ihres Eindrucks an.

Welche Gefühle löst der Text bei Ihnen aus (z.B. Angst, Zuversicht etc.)

Ist der Text verständlich?

Fühlen Sie sich als Patientin angesprochen?

Wie gut werden die Sachverhalte erklärt?

Fühlen Sie sich in Ihrer besonderen Situation verstanden?

Welche Begriffe vermissen Sie im Wörterbuch?

Ist der Aufbau des Textes logisch nachvollziehbar?

Werden nach Ihrer Ansicht die wichtigsten Themen genannt?

Gibt es Textteile, die wir streichen sollten?

Fehlt Ihnen etwas, und wenn ja, was?

Fühlen Sie sich durch die Patientenleitlinie ermutigt, mit Ihren Ärzten und Psychotherapeuten zu reden?

Könnten Sie sich an der Entscheidung zur Behandlung beteiligen?

Bietet die Patientenleitlinie ausreichende Informationen dazu?

Weitere Anregungen und Vorschläge aus Ihrer Sicht:

Öffentliche Konsultationsverfahren

Zusammenstellung der Patientenvertreter

Auswahl der Quelle(n)

Ermitteln von Erfahrungen und Bedarf

Ggf. Nachrecherche

Textentwurf

Abstimmung Patientenvertreter

Abstimmung Expertenteam

Praxistest / öffentliche Konsultation

Publikation / Implementierung / Aktualisierung

http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Publikation Internet • Barrierefrei (auch PDF‘s) • Zertifikate beantragen (HON, AFGIS)

Broschüre (Buchhandel)

• Besondere Anforderungen für Sehbehinderte beachten (Schriftgrößen, Farben)

Prüfung der Anforderungen an bestimmte Bedürfnisse

An Qualitätsdarlegungsverfahren teilnehmen

Barrierefreiheit http://www.bitvtest.de/

Leichte Sprache https://www.languagetool.org/de/leichte-sprache/

8 Kriterien für Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit medizinischer Websites International gebräuchlich http://www.hon.ch/HONcode/

Deutsches Prüfverfahren für medizinische Internetangebote https://www.afgis.de/qualitaetslogo

https://www.stiftung-gesundheit.de/zertifizierung.htm

Deutsches Verfahren zur Zertifizierung von Print- und Internetinformationen

Implementierung • Kurzversion erstellen und mit Verweis auf

Langversion verbreiten

• Beteiligte als Multiplikatoren einbeziehen

• Wissenschaftliche Tagungen und Patientenveranstaltungen nutzen

• Selbsthilfe und Fachgesellschaften einbeziehen

• Soziale Medien nutzen

Aktualisierung • „Verfallsdatum“ der

Information festlegen

• Aktualisierung an Leitlinie koppeln

• Auf neue Erkenntnisse reagieren

• „Dranbleiben“

Literaturauswahl

Handbuch Patientenbeteiligung http://www.aezq.de/mdb/edocs/pdf/schriftenreihe/schriftenreihe33.pdf

G-I-N PUBLIC toolkit: Patient and Public Involvement in Guidelines http://www.g-i-n.net/working-groups/gin-public/toolkit

Patienten- /Konsumentenbezogene Leitlinien-Aktivitäten (Eine Zusammenstellung deutscher und internationaler Quellen) http://www.leitlinien.de/leitlinienmethodik/leitlinien-methodikbibliothek/patienten-konsumenten-bezogene-leitlinien-aktivitaeten

Gute Praxis Gesundheitsinformation des Deutschen Netzwerk evidenzbasierte Medizin http://www.ebm-netzwerk.de/pdf/publikationen/gpgi.pdf

Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformationen http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1865921715000562

Manual für die Erstellung von evidenzbasierten Informationen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Gd78.pdf?__blob=publicationFile&v=8

Selbsthilfe-Vertreter in Leitlinien-Kommissionen – was soll das? http://www.dag-shg.de/data/Fachpublikationen/2015/DAGSHG-Jahrbuch-15-Ollenschlaeger.pdf

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