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Optimismustraining Viele junge Ärzte, die ins Berufsleben einsteigen, werden schnell desillusio- niert. Für sie zählen vor allem der Dienst am Patienten, eine am Men- schen ausgerichtete Ethik und eine vom Geld unabhängige Medizin, die gesund macht. In der Praxis bekommen sie es dann aber auch mit DRG-Kenn- zahlen und kurzen Durchlaufzeiten der Patienten zu tun. Und das wiederum löst häufig Stress aus. Dazu kommt die hohe Verantwortung, die das ärztliche Personal für das Leben seiner Patienten trägt. Dieser Druck kann die Work-Life- Balance gefährden. Deshalb hier zehn Tipps für Zufriedenheit und Ausgegli- chenheit am Arbeitsplatz: 1. Die ökonomische Situation im Kran- kenhaus akzeptieren. Denken Sie unternehmerisch: Den Wünschen und dem Wohl des Patienten und den Interessen der Verwaltung oder des Trägers zugleich gerecht zu werden, ist eine Herausforderung – aber es ist möglich! 2. Den Sinn der Arbeit sehen. Führen Sie sich immer wieder vor Augen, warum Sie den Arztberuf gewählt haben. Im Alltag können Sie dann gezielt nach den positiven Aspekten suchen, die Ihrer Arbeit Sinn geben, und diese ausgiebig würdigen und zelebrieren. 3. Kollegen und Vorgesetzte akzeptie- ren – man kann sie sowieso nicht ändern. Auch wenn die Führungs- kultur in vielen Häusern noch nicht ganz dem entspricht, was ein modernes Gesundheitswesen braucht, kann man Menschen nur so nehmen, wie sie sind. Deshalb ist es wichtig, nach den positiven Sei- ten zu suchen – besonders auch bei schwierigen Menschen – und diese zu würdigen. Sonst reiben Sie sich ständig an den Schwächen anderer, und das hilft niemandem. 4. Freundschaften zu Arbeitskollegen pflegen. Wer einen Freund auf der Arbeit hat, ist deutlich zufriedener als jemand, der nur Geld verdienen möchte. Deshalb: Begegnen Sie Ihren Kollegen freundlich und aufmerksam – so tragen Sie zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre bei. 5. Erfolgserlebnisse bewusst suchen und würdigen. Beispielsweise ist es sinnvoll, während des Dienstes oder nach Feierabend zu einem zufriede- T obias Illig ist Führungskräfte- trainer, Lehrbeauftragter an Hochschulen und Autor. Er gibt Stressmanagement-Seminare für Mediziner, in denen er Ärzten erklärt, wie sie trotz anstrengendem Klinikalltag eine ausgewogene Work- Life-Balance bewahren. Von Tobias Illig, Positives Management Institut karriereführer ärzte 1.2013 24 Aufsteigen

Optimismustraining für Ärzte

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Page 1: Optimismustraining für Ärzte

Optimismustraining Viele junge Ärzte, die ins Berufsleben einsteigen, werden schnell desillusio-niert. Für sie zählen vor allem der Dienst am Patienten, eine am Men-schen ausgerichtete Ethik und eine vom Geld unabhängige Medizin, die gesund macht. In der Praxis bekommen sie es dann aber auch mit DRG-Kenn-zahlen und kurzen Durchlaufzeiten der Patienten zu tun. Und das wiederum löst häufig Stress aus. Dazu kommt die hohe Verantwortung, die das ärztliche Personal für das Leben seiner Patienten trägt. Dieser Druck kann die Work-Life-Balance gefährden. Deshalb hier zehn Tipps für Zufriedenheit und Ausgegli-chenheit am Arbeitsplatz:

1. Die ökonomische Situation im Kran-kenhaus akzeptieren. Denken Sie unternehmerisch: Den Wünschen und dem Wohl des Patienten und den Interessen der Verwaltung oder des Trägers zugleich gerecht zu werden, ist eine Herausforderung – aber es ist möglich!

2. Den Sinn der Arbeit sehen. Führen Sie sich immer wieder vor Augen, warum Sie den Arztberuf gewählt haben. Im Alltag können Sie dann gezielt nach den positiven Aspekten

suchen, die Ihrer Arbeit Sinn geben, und diese ausgiebig würdigen und zelebrieren.

3. Kollegen und Vorgesetzte akzeptie-ren – man kann sie sowieso nicht ändern. Auch wenn die Führungs-kultur in vielen Häusern noch nicht ganz dem entspricht, was ein modernes Gesundheitswesen braucht, kann man Menschen nur so nehmen, wie sie sind. Deshalb ist es wichtig, nach den positiven Sei-ten zu suchen – besonders auch bei schwierigen Menschen – und diese zu würdigen. Sonst reiben Sie sich ständig an den Schwächen anderer, und das hilft niemandem.

4. Freundschaften zu Arbeitskollegen pflegen. Wer einen Freund auf der Arbeit hat, ist deutlich zufriedener als jemand, der nur Geld verdienen möchte. Deshalb: Begegnen Sie Ihren Kollegen freundlich und aufmerksam – so tragen Sie zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre bei.

5. Erfolgserlebnisse bewusst suchen und würdigen. Beispielsweise ist es sinnvoll, während des Dienstes oder nach Feierabend zu einem zufriede-

Tobias Illig ist Führungskräfte-

trainer, Lehrbeauftragter an

Hochschulen und Autor. Er gibt

Stressmanagement-Seminare für

Mediziner, in denen er Ärzten erklärt,

wie sie trotz anstrengendem

Klinikalltag eine ausgewogene Work-

Life-Balance bewahren.

Von Tobias Illig,

Positives Management Institut

karriereführer ärzte1.2013

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für Ärztenen Patienten zu gehen, der beson-ders dankbar für die ärztliche Leis-tung ist. Das positive Feedback tut gut, es nährt die Seele. Während des Dienstes sollten Sie sich bewusstmachen, was gut gelaufen ist, was funktioniert hat, was inter-essant war, was sie gelernt haben, was Ihre Neugier geweckt hat, woran Sie gewachsen sind.

6. Partnerschaft und Familie pflegen. Die Strukturen in Krankenhäusern sind häufig leider noch nicht so familienfreundlich, wie Ärzte es sich wünschen. Denken Sie daran: Der Beruf ist nicht alles, auch wenn er viel Status, Sinn und Anerkennung bringt. Ihr soziales Netzwerk ist wichtig, opfern Sie es nicht für den Beruf. Gerade in stressigen Zeiten hilft es, sich mit Freunden zu tref-fen, bei denen man sich verstanden und geborgen fühlt. Und es lohnt sich, in der Freizeit Dinge zu tun, die nichts mit dem Beruf zu tun haben – sich beispielsweise in einem Ver-ein zu engagieren oder ein erfüllen-des Hobby zu pflegen.

7. Für sich selbst Verantwortung tra-gen, auch in Bezug auf die Arbeits-

zeiten und die Aufgabenverteilung im Team. Wenn Sie passiv sind und alles nur über sich ergehen lassen, manövrieren Sie sich selber in den Burnout. Sprechen Sie heikle The-men an – dann haben Sie zumindest die Chance, etwas zu verändern.

8. Wissen, was man kann. Wer seine Stärken am Arbeitsplatz gezielt nutzt, lebt gesünder und ist zufrie-dener. Das setzt natürlich voraus, dass man seine Stärken reflektiert. Viele Anfänger gehen in den Beruf, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was sie besser können als ihre Kollegen. Fokussieren Sie sich auf Ihre Stärken, engagieren Sie sich und suchen Sie sich herausfordernde Aufgaben – so kommen Sie weiter.

9. Mit Krisen wachsen. Widrige Umstände sind zwar erst einmal unangenehm, helfen Ihnen aber, reifer zu werden und in Ihrer Per-sönlichkeit zu wachsen. Wer unreif und bequem den leichten Weg gehen möchte, nimmt sich die Chance, eines Tages ein gestande-

ner, selbstbewusster Arzt zu sein. Er wird immer abhängig sein von Streicheleinheiten anderer, die dafür gar nicht verantwortlich sind. Halten Sie Ihre Erwartungen an andere realistisch und strapazieren Sie Ihre Mitmenschen nicht über Gebühr. Das gilt sowohl auf der kol-legialen Ebene als auch in Richtung Chef und Verwaltung.

10. Konstruktiv kommunizieren. Der Arbeitsalltag ist stressig genug. Beziehungen wollen gepflegt wer-den, immerhin ermöglichen sie effi-zientes Zusammenarbeiten. Am besten ist es, wenn Sie eine kons-truktive Haltung einnehmen und entsprechend kommunizieren. Dampf ablassen ist durchaus hilf-reich – aber wählen Sie einen ange-messenen Rahmen und die richti-gen Gesprächspartner. Etablieren Sie ein gesundes Emotionsmanage-ment und achten Sie darauf, wie Sie mit Ihren Gefühlen umgehen.

Weitere Infos unter www.positives-management.com.

„Der Beruf ist nicht alles, auch wenn er viel Status, Sinn und Anerkennung bringt.“

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