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Vergessen, aber nicht vergessen werden! Demenz aus sozialpolitischer Perspektive Katharina Meichenitsch Hartheim Konferenz, 14.-15. November 2014 Diakonie Österreich

Vergessen, aber nicht vergessen werden - Demenz aus sozialpolitischer Perspektive

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Vergessen, aber nicht vergessen werden!

Demenz aus sozialpolitischer Perspektive

Katharina MeichenitschHartheim Konferenz, 14.-15. November 2014

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Ängste beim Älterwerdenweltweite Befragung Konsumforschung

40 % der InderInnen haben Angst, graues Haar zu bekommen (weltweiter Durchschnitt 15 %)

35 % der JapanerInnen haben Angst, Falten zu bekommen (weltweit 16 %)

25 % der BrasilianerInnen haben Angst, im Alter die sexuelle Lust zu verlieren (weltweit 10 %)

37 % der ÄgypterInnen haben keine Ängste, wenn sie an das Alter denken (weltweit 8 %)

70 % der Deutschen haben Angst, im Alter das Gedächtnis zu verlieren (weltweit 47 %)

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Woher kommt die Angst?

• Wer spricht über Demenz?• Wie wird Demenz in der Öffentlichkeit dargestellt?• Was traue ich mir und meiner Familie zu?• Welche Unterstützung erhalte ich?

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Wohlfahrtsstaatliche Überlegungen

Esping-Andersen•Liberaler Wohlfahrtsstaat(Fürsorge, Individualität, Marktwirtschaftliche Prinzipien, z.B. USA, Kanada)•Konservativer Wohlfahrtsstaat(Versicherung, korporatistisch, traditionelle Familienstrukturen, z.B. Deutschland, Österreich, Frankreich)•Sozialdemokratischer Wohlfahrtsstaat(Versorgung, Universalität, Umverteilung, z.B. Schweden, Norwegen)

Kritik: fehlende Überlegungen zu Gender, unbezahlte Arbeit

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Wo steht Österreich?

• Männlicher Alleinverdiener (geringe Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen, hohe Teilzeitquote, hohe Lohnunterschiede)

• Frauen in der Betreuung (geringes Angebot für Betreuung von unter 3jährigen, geringe Haushaltsbeteiligung von Männern)

• Hohe Geldleistungen, niedrige Sachleistungen• Subsidiaritätsprinzip• Versicherungen statt Versorgungsleistungen

Wie drückt sich das konkret bei der Bevölkerung aus?

Was heißt das für die Langzeitpflege und Versorgung von Menschen mit Demenz?

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Wie wollen Sie einmal gepflegt werden?

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Wie hoch schätzen Sie den % Anteil Ihres Haushaltseinkommens, den Sie für die Pflege Ihrer Eltern ausgeben werden?

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Wer sollte für die Pflege Ihrer Eltern bezahlen?

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Trends in Europa

• Demografische Entwicklungen (Demenzen)

• Sparpolitiken als Antwort auf die Wirtschaftskrise

• Umbau der Pflegesysteme als Antwort auf zufällige politische Diskussionen, kein systematischer Ausbau (FR, AT)

• Ausbau mobiler Dienste, Forcieren von Geldleistungen um informellen Sektor zu stützen

• Leistungserbringung vermehrt durch gewinnorientierte Organisationen

• Männer in die Pflege? (Attraktivität Berufsbild)

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Pflege und Betreuung in Österreich

• Pflegegeld, 440.000 BezieherInnen• Bundesweite Geldleistung, steuerfinanziert in 7 Stufen• Freie Verwendung, einkommensunabhängig• Ziel: Teil-Abdeckung des pflegebedingten Mehraufwandes

ABER• Hohe Inanspruchnahme bei Stufe I und II (mehr als Hälfte aller

BezieherInnen, mehr als 70 % aller Neuzuerkennungen)• Zugang wird laufend eingeschränkt, aber keine Kompensationen• Demenzzuschlag wird nicht erhöht• Wertverlust in den vergangenen 20 Jahren: durchschnittlich 28,5 %

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Pflege und Betreuung in Österreich

• Zersplittertes System • Einheitliche Geldleistung, aber unterschiedlicher Zugang zu

Sachleistungen• Unterschiede bei Pflegegeldeinstufungen, Selbstbehalten und

Versorgungsniveaus• 1/5 stationär, 1/5 mobil, 3/5 ausschließlich informell• Pflegebedürftigkeit als Armutsrisiko (sog. Eigenregress wirkt wie

100% Vermögenssteuer)• Pflege ist soziales Risiko, aber Verantwortung bei Familien

Entweder bedarfsgerechtes Angebot nicht verfügbar, oder nicht leistbar

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Sind wir Weltmeister?

• Ja, viele Menschen bekommen wenig• Ja, viele Menschen haben geringen Zugang zu Leistungen• Nein, wir geben relativ wenig aus• Nein, wir unterstützen Angehörige zu wenig

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Was ist die Pflegelücke?

Versorgung entweder durch Angehörige daheim, oder stationär im Pflege- oder Altenheim.

Dazwischen oft keine Leistung verfügbar, oder nicht leistbar.

Alternativen:•Mobile Dienste (mehr als 3 h am Tag)•Kurzzeitpflege / Übergangspflege•Tageszentren•Betreutes Wohnen•Alltagsbetreuung / Besuchsdienste

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Speziell für Demenz

• Hausgemeinschaften• Akutpflegedienste• Ausbau von Angeboten in Sport und Kultur• Demenzfreundliche Gemeinden• Demenzschulungen für MitarbeiterInnen in Polizei, Rettung,

Supermärkten, Geschäften

Auch für Angehörige• Alzheimer Cafes• Demenzberatungsstellen und Infos im Netz (z.B. www.demenzinfo.at)• Infos über Vorsorgevollmachten, PatientInnenverfügung,

Sachwalterschaften, etc.

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Speziell für Demenz - Tageszentren

• Betreuung tagsüber durch geschultes Pflegepersonal• Auch nur tageweise möglich, abends und nachts in der gewohnten

Umgebung (zu Hause)• Derzeit nur knapp 6.000 betreute Personen in Österreich

Vereinbarkeit von Beruf und Betreuung

Evaluierung Tageszentren in Salzburg:• Verbesserung von physisch und psychosozialen Gesundheitszustand• Entlastung der Angehörigen• Prävention: Verzögerter Einzug in Alten-/Pflegeheim

• Besonders geeignet für Demenz

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Politische Entwicklungen

Demenzbericht

Bundesministerium für Gesundheit

Demenzstrategie

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Bis Ende 2014?

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Forderungen

• Keine weiteren Verschärfungen zum Zugang

• Aktiver und mutiger Ausbau von sozialen Dienstleistungen, vor allem Pflege und Betreuung („social investment package“)

• Voneinander lernen – Föderalismus nutzen

• Gesamtkonzept

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit