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Eine Kindheit zwischen Dorfschule und Schenke

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Page 1: Eine Kindheit zwischen Dorfschule und Schenke

Willi Münzenberg (14. August1889 bis Juni 1940), Aufnahmevon etwa 1927

„Die Münz" in Friemar, früher Dorfschenke „ZumErbprinzen", die Vater Münzenberg von etwa 1895bis 1899 betrieb, Aufnahme von 1987 (oben). Inzwi-schen prostet der „Erbprinz mit Faß" (rechts) wiederaus der Mauernische am Giebel

Der bevorstehende 100. Ge-burtstag Willi Münzenbergs bildetden Anlaß, in einem mehrteiligenReport einige Spuren der nochwenig erforschten frühen Jahredes legendären deutschen Kom-munisten in Thüringen aufzudek-ken. Den 1. Teil „Am Hügel undim Tivoli einer der besten Red-ner", veröffentlichte „NeuesDeutschland" auf Seite 11 derAusgabe-vom 29./30. Juli 1989.

„Das ist eine der ältesten Kreu-zungen Europas ", sagt GeorgSülzenbrück, Friemars Dorfchro-nist, als wir in die Pfarrstraßeeinbiegen. Und lachend: „Dukennst Freytags Ahnen?" Ja, indem sechsbändigen Romanzyklus„Die Ahnen", den Gustav Freytag(1816 bis 1895) in den Jahren 1872bis 1880 veröffentlichte, spieltFriemarj iWie die nahe liegendenDrei Gleichen eine zentrale Rolle.Franz Mehring (1846 bis 1919), derFreytajj" einen „literarischen Ge-burtshelfer" der „ans Dicht drän-genden"1 Bourgeoisie" nannte, be-scheinigte ihm gleichwohl einen„ feinen »-Blick für historische De-tails".

„Aul leichte Münze folgt leich-ter Dienst", sagt in den „Ahnen"gegen 1226 ein gräflicher Schrei-ber, der; für eine Feudalintrigebestochen1 werden soll. Undirgendwie blieb „Die Münz" anFriemaT- hängen. Heute geht manin „Die^Münz", wenn man Wurstund Fleisch kaufen will. Früherbeherbergte das Eckhaus In derRiethgasse/Friedhofstraße 8 dieDorfschenke. Zur Erinnerung ansolche feuchtfröhlichen Zeiten ha-ben die Friemarer unterm Eck-giebel nun wieder das bunte Re-lief „Erbprinz mit Faß" ange-bracht. So etwa, allerdings ohneKrone, muß man sich VaterFriedrich Carl Münzenberg vor-stellen, der um 1895 Hausherr der

Oft rezitierte Gedichte, sogar insSchwedisch« übersetzt

„Münz" wurde und dort seinenSohn Willi Münzenberg schreck-lich drangsalierte.

Aus Friemars Taufregistern,die Pfarrer Andreas Bergerfreundlicherweise durchgesehenhat, wissen wir, daß der „Restau-rateur" und Gastwirt FriedrichCarl Münzenberg in Friemar mitseiner zweiten Frau Hulda OlgaRenate Münzenberg geb. Angel-roth zwei Töchter gezeugt hat:Olga (geboren am 12. April 1897)und Eva (geboren am 23. Sep-tember 1899). „Pathen" waren dieStiefbrüder Hermann und CarlMünzenberg, „Feldwebel in Go-tha". Da mußte sich Willi Mün-zenberg vorkommen wie ein ver-stoßenes Kind. Er hatte in derKneipe die Gläser und Petroleum-Lampen zu putzen. Waren siedem ständig besoffenen und mitJagdgewehren hantierenden Va-ter nicht blank genug, setzte eserbärmliche Prügel.

Ein tiefes Trauma müssen dieFriemarer Jahre im Bewußtseinund Unterbewußtsein Willi Müntzenbergs lebenslang hinterlassenhaben. Das Stottern, das sich ver-mutlich nach dem Tod der leib-lichen Mutter einstellte, habe er,schreibt Willi Münzenberg 1917im Zürcher Lebenslauf, erst mitzwölf Jahren überwinden kön-nen. In seinen Zürcher Jahren,von 1910 bis 1918, hat Münzen-berg sich das Trauma seinerKindheit auf verschiedene Weisevon der Seele geschrieben: in Ge-dichten, Theaterstücken, Kurzge-schichten, vor allem aber in dervon ihm geschaffenen ersten pro-letarischen Kinderzeitung „Diejunge Saat", deren erste Ausgabeam 1. Juli 1917 als „Beilage der

.Freien Jugend' für die Arbeiter-kinder" erschien.

Wie wir aus Unterlagen desSchweizerischen Sozialarchivs inZürich wissen, wurden Münzen-bergs Poeme über „Kampf undLiebe" auf Jugendversammlun-gen gern rezitiert. Sein „sozialesDrama" „Kinder der Tiefe"(zweite Auflage 1916) wurde öftergespielt wie auch „Jung-Volk",„Schauspiel in drei Akten", dasWilli Münzenberg im März 1915seinem Bruder Hermann „in Er-innerung an gemeinsame Leidens-stunden unserer Kindheit" wid-mete. Wie manche andere popu-läre Begriffe der Arbeiterbewe-gung haben die Nazis später denTitel „Jung-Volk" demagogischmißbraucht: „Deutsches Jung-volk" wurden die Formationenfür 10- bis 14jährige Knaben inder „Hitler-Jugend" genannt.

Prügel, so bekannte Münzen-berg im Zürcher Lebenslauf, er-scheine ihm als das „fürchter-lichste Unglück". Seit Friemar seier entschlossen, „gleich dem Hel-den in meiner dramatischen Szene,Jung-Volk', eher zu sterben alseine körperliche Züchtigung zuertragen".' Zu den Drangsalen-inder „Münz" kamen die magereKost, das -Gespött der Bauernkin-der über die alten und viel zugroßen Klamotten, die der Jungetragen mußte, sowie die Quäle-rei mit der Beschaffung von Bü-chern und Heften für die Schule.Vater Münzenberg, der die„Münz" in wenigen Jahren zumBankrott führte und Anfang 1899Steuerschulden hatte, knausertemit jedem Groschen für dieSchulbildung seines jüngsten Soh-nes.

„Steht die Schule noch, in dieWilli Münzenberg in Friemarging?" — Auf diese Frage gibtGeorg Sülzenbrück beim Rund-gang durch den Ort erschöpfendAuskunft. Friemar habe 1890 be-reits drei Schulen gehabt, keine

Das Haus Pfarr-straBe 6 in Frie-mar (oben) war1881 als damalsmoderne Schulegebaut worden,die Willi Mün-zenberg vermut-lich vier Jahrelang besuchte

einklassigen, wie sie Münzenbergdann in Eberstädt erlebte, sondernin mehrere Klassen gegliederte.Die damals neueste Schule sei1881 für 15 450 Mark und 96 Pfen-nige (!) in einem Teil des „Huhn'-schen Gartens" gegenüber demPfarrhaus gebaut worden. In daszweistöckige Schulgebäude Pfarr-straße 6, in dem heute eine Ge-meindeschwester ihre Räume hatund die Küche für die Schulspei-sung im Ort untergebracht ist,gingen damals die unteren Klas-sen. Mit an Sicherheit grenzen-der Wahrscheinlichkeit habe hierWilli Münzenberg gelernt.

Nach über hundert Jahren istdas Schulhaus erstaunlich gut er-halten. Die Fallrohre der Regen-rinne repariert, der Außenputzsachgerecht ausgebessert sowieFenster, Türen und Fassade neugestrichen - das Gebäude könnteein weiteres Schmuckstück unterFriemars zumeist schönen undgepflegten älteren und neuerenHäusern sein. Georg Sülzenbrück,der den eignen Bauernhof in einTraumhaus verwandelt hat,schaut zuversichtlich auf das Ge-bäude von 1881: „Das bringen wirin Ordnung. Ist ja nun berühmt.Und neben einer der ältestenKreuzungen Europas!"

Am 14. August 1989 soll „DieMünz", gemäß Gemeinderats-Be-schluß vom 6. Juli, außer dem„Erbprinzen mit Faß" eine wei-tere Verzierung erhalten: eineTafel der Erinnerung an WilliMünzenberg. Das Schulhaus von1881 mit modernem Speisesaal fürSchulkinder von heute ist ohne-tii'h eine Art Willi-Münzenberg-Gedenkstätte: War er es doch, derim Rahmen der 1921 gegründetenInternationalen Arbeiterhilfe(IAH) erstmalig ein proletarischesKinderhilfswerk schuf, dessen so-zialpolitische Leistungen und Aus-strahlungen ein Ruhmesblatt inder Geschichte der deutschen Ar-beiterbewegung bilden. Im Er-innerungsbuch „Aus meinem Le-ben" (Berliq 1980) stellte ErichHonecker fest, daß Münzenbergviel getan hat für das geistige undmaterielle Wohlbefinden der Kin-der der Arbeiterklasse.

Teil 3:In Sonneborns „Zur Rose"keimte schon Solidarität

Schauspiel in drei Akten, im März1915 dem Bruder gewidmet

Für engstirnige Leipziger Han-delsbürger war Friedrich List1834 nur „ein ungerufen insLand gekommener Schwabe".Aus Neid und Mißgunst ver-wehrten sie es ihm, als ordentli-ches Mitglied in das Komiteezum. Bau der ersten deutschenFerneisenbahn von Leipzig nachDresden aufgenommen zu wer-den: Dabei war es kein andererals der progressive bürgerlicheNationalökonom gewesen, der1833 mit seiner Denkschrift „Überein sächsisches Eisenbahnsystemals Grundlage eines allgemeinendeutschen Eisenbahnsystems undinsbesondere über die Anlegungeiner Eisenbahn von Leipzig nachDresden" den Durchbruch erzielthatte.

Friedrich List, der vor 200 Jah-ren, am 6. August 1789, in Reut-lingen geboren wurde, hatte seinBerufsleben als Amtsschreiber,dann als Professor für Staats-

kunde und Staatspraxis be-gonnen. Als Vertreter Reutlin-gens in den WürttembergischenLandtag gewählt, verfaßte Listim Auftrage der Bürger seinerHeimatstadt die „Reutlinger Pe-tition", in der er eine demokra-tische Verwaltungsreform vor-schlug: Daraufhin verfolgte ihndie feudale Regierung. Er floh,zunächst nach Straßburg, dann indie Schweiz.

Im Jahre 1825 ließ er sich inden USA als Farmer und Jour-nalist nieder. Dort kam er erst-mals mit Dampfeisenbahnen inBerührung. Seitdem ließ ihn dasProblem nicht mehr los.

Durch Kohlenfunde reich ge-worden, übersiedelte List 1832als Konsul der USA nach Leipzig.Dort trat er energisch für denBau einer Eisenbahnstrecke nach-Dresden ein, womit im Herbst1835 begonnen wurde.

Von 1837 bis 1840 lebte der

Initiator eines modernen deut-schen Verkehrswesens in Paris.In dieser Zeit verfaßte er meh-rere Schriften, darunter sein 1841bei Cotta erschienenes Haupt-werk ,iDas nationale System derpolitischen Ökonomie". DiesesBuch wurde zu einem außerge-wöhnlichen Erfolg. Es trug demStreben der jungen Bourgeoisienach Aufbau einer nationalen In-dustrie und nach ungehindertemHandel Rechnung.

In einem Zustand der Depres-sion ging Friedrich List am30. November 1846 in Kufstein(Tirol) in den Freitod.

Anläßlich seines 200. Geburts-tages findet in der DDR eineFriedrich-List-Ehrung statt, zuderen Höhepunkten Fest- undGedenkveranstaltungen, wissen-schaftliche Konferenzen undeine Sonderausstellung im Ver-kehrsmuseum Dresden gehören.

Heinz Dieter S c h 1 i e b e

Diesen historischen Tagen vor120 Jahren waren langwierigeBemühungen und mitunter hef-tige Auseinandersetzungen vor-ausgegangen. In einem kompli-zierten Prozeß hatte sich der vonBebel und Liebknecht geführteVerband Deutscher Arbeiterver-eine von der liberalen Bourgeoi-sie gelöst; jetzt ging es vor allemum die Verselbständigung gegen-über kleinbürgerlich-demokrati-schen Kräften. Erbitterte Streitig-keiten gab es mit dem von Jo-hann Baptist von Schweitzer re-präsentierten Lassalleani&mus.

Schweitzer, der damalige Füh-rer des 1863 gegründeten Allge-meinen Deutschen Arbeiterver-eins (ADAV), hatte 110 fanati-sierte Lassalleaner unter Leitungdes ADAV-Vizepräsidenten CarlWilhelm Tölcke nach Eisenachgeschickt. Diese drangen am 7. Au-gust 1869 in den Versammlungs-saal des „Goldenen Löwen" einund versuchten, den Kongreß zusprengen. Ohne Erfolg. Am näch-sten Morgen kamen die Delegier-ten im Gasthof „Zum Mohren"zusammen, wo den AnhängernSchweitzers der Zutritt verwehrtwurde.

An diesem 8. und 9. August be-handelte der Kongreß Programmund Statuten der Sozialdemokra-tischen Arbeiterpartei (SDAP)sowie ihr Verhältnis zur Interna-tionalen Arbeiterassoziation (IAA)und die Stellung zutdän Gewerk-schaften, Weiterhin wurden dieleitenden Parteiorgane gewählt.Stündlich gingen Telegramme auszahlreichen Orten Deutschlandsein, worin Arbeiter ihre Sympa-thie zum Ausdruck brachten.

Der Entwurf von Programmund Statut, die in einein Doku-ment zusammengefaßt waren,wurde von August Bebel als Re-ferent und von Wilhelm Brackeals Korreferent begründet. Dannergriffen nahezu 70 Delegierte das

Wort. Punkt für Punkt wurde dasGrundsatzpapier diskutiert, ein-zelne Passagen umformuliert,aber schließlich ohne prinzipielleÄnderungen angenommen. In sei-nem Hauptteil forderte das Pro-gramm die Abschaffung allerKlassenherrschaft, kennzeichnetedas Privateigentum an den Pro-duktionsmitteln als Grundlagejedweder Knechtschaft und ver-langte seine Abschaffung. Eindeu-tig wurde der untrennbare Zu-sammenhang zwischen politi-schem und sozialem Kampf desProletariats herausgearbeitet; dieökonomische Befreiung der Arbei-terklasse setze ihre politische Be-freiung voraus. Zugleich bekanntesich die Partei zum proletarischenInternationalismus im Sinne dervon Marx und Engels geleitetenIAA.

Das Eisenacher Programmmanifestierte die Feindschaft ge-genüber dem junkerlich-groß-bourgeoisen Militärstaat, was vorallem in der — allerdings nichtpräzisen — Forderung nach „Er-richtung des freien Volksstaa-tes" zum Ausdruck kam. Wäh-rend kleinbürgerliche Demokra-ten unter dieser Losung vielfachallein die Abschaffung der Für-stenherrschaft verstanden, warfür Bebel und Liebknecht klar,daß der Sozialismus nur auf revo-lutionärem Wege errichtet wer-den konnte. Die meisten Diskus-sionsteilnehmer in Eisenach be-tonten, daß unter dem „Volks-staat" eine „rote Republik", ein„sozialdemokratischer Staat" ver-standen werden müsse.

Der Schlußteil des Programmsenthielt die nächsten Ziele derPartei, unter anderem das allge-meine, gleiche, direkte und ge-heime Wahlrecht für Männervom 20. Lebensjahr an, Presse-,Vereins- und Koalitionsfreiheit,Volkswehr statt stehendem Heer,Trennung von Staat und Kirche.Außerdem forderte die Parteieine Reihe sozialer Maßnahmenfür die Arbeiter. Trotz lassallea-nischer und kleinbürgerlich-

demokratischer Einflüsse warenfür den Gesamtcharakter des Do-kuments marxistische Grundsätzebestimmend. Auch der im Statutfestgelegte Organisationsaufbaugemäß den Prinzipien des demo-kratischen Zentralismus stellteetwas qualitativ Neues gegen-über früheren nationalen Arbei-tervereinigungen dar.

Nach einem dreifachen Hochauf die internationale Arbeiter-bewegung beendeten die Dele-gierten am Abend des 9. August1869 ihre Beratungen. WenigeTage später resümierte WilhelmLiebknecht in dem von ihm redi-gierten „Demokratischen Wochen-blatt": „Der Eisenacher Kongreßbezeichnet einen Wendepunkt inder Entwicklungsgeschichte desdeutschen Proletariats. Vor achtTagen waren wir eine Anzahl So-zialdemokraten, heute sind wireine sozialdemokratische Partei."

Noch vier Jahre zuvor hattendie lassalleanlschen Führer hoch-näsig gehöhnt, daß die ParteiMarx' aus drei Mann bestehe —Marx als Chef, Engels als Sekre-tär und Liebknecht als ihrem„Agenten" in Deutschland. Nunwar auf marxistischer Grundlageeine Kampforganisation entstan-den, die bei Gründung bereitsetwa 10 000 Mitglieder aus allenSchichten der Arbeiterklassezählte und unmittelbar das Erbedes Bundes der Kommunistenantrat. Die Internationale Arbei-terassoziation erhielt durch dieSDAP einen bedeutenden Kräfte-zuwachs im Zentrum Europas.Die Eisenacher nahmen aktiv amKampf gegen die kleinbürger-lichen Richtungen innerhalb derIAA teil. Marx und Engels be-trachteten die neue Partei — un-geachtet so mancher Differenzenzwischen ihnen und den Führernder SDAP — stets mit Genug-tuung, ja mit Stolz als „unserePartei".

Gasthaus .Zum Mohren" in Eisenach, Tagungsstatte des Gründungskon-gresses der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei

Die ständige Ausstellung „Wi-derstand gegen den Nationalso-zialismus", die kürzlich in Berlin(West) eröffnet wurde (ND vom20. Juli 1989), befindet sich anhistorisch bedrängendem Ort —in einem Gebäude des ehemali-gen faschistischen Oberkomman-dos des Heeres. Hier liefen dieFäden der antifaschistischen Ak-tion vom 20. Juli 1944 zusam-men; im Innenhof des Gebäude-komplexes wurden unmittelbarnach dem mißglückten Attentatauf Hitler die Patrioten OberstClaus Graf Schenk von Stauffen-berg, General Friedrich Olbricht,Oberst Albrecht Ritter Mertz vonQuirnheim und OberleutnantWerner von Haeften erschossen,-während Generaloberst LudwigBeck Selbstmord beging.

Die Gestalter der Exposition— so deren wissenschaftlicherLeiter Prof. Dr. Peter Steinbachbei der Eröffnung — betrachtendie Wahlerfolge der Neonazis inder BRD und in Berlin (West)als große Herausforderung. Esgehe ihnen um „intensivere An-strengungen in der historisch-politischen Bildungsarbeit", umdie Aufklärung über den wahrenCharakter des Faschismus.

Unter Einbeziehung jener ehe-maligen Dienstzimmer, von denenaus vor 45 Jahren die Beseiti-gung des völkermordenden Hit-lerregimes gewagt wurde, ist aufetwa 1500 Quadratmetern eineAusstellung entstanden, die dendeutschen antifaschistischen Wi-derstand in ganzer Breite undVielfalt dokumentieren will. Diesist an jenem Ort so selbstver-ständlich nicht, wenn man be-denkt, daß bürgerliche Politikerund Historiker der BRD undWestberlins den Widerstand derKPD zwischen 1933 und 1945 -die Kommunisten verkörpertendie aktivste Kraft im Kampf ge-gen die braune Diktatur undmußten einen hohen Blutzollentrichten — mehrheitlich bisheute verschweigen oder nur ab-schätzig erwähnen.

In 26 Komplexe gegliedert,werden mehr als 5000 Fotos, Do-kumente und Plakate geboten, die

das Gesamtspektrum der Gegner-schaft zum Terrorregime der Na-zis bis in kleinste Verästelungenhinein deutlich machen. Eswurde versucht, ein mosaikarti-ges Bild der unterschiedlichenMotivationen, Traditionen undLeistungen des Widerstandes inzeitlicher Differenzierung zu ent-werfen.

„•Widerstand aus der Arbeiter-bewegung", „Widerstehen auschristlichem Glauben", „Widerste-hen in Kunst und Wissenschaft",„Widerstehen aus liberalem undkonservativem Denken" — so dieThemen einiger Abschnitte derAusstellung. Obgleich derenSchöpfer mit dem Anspruch an-traten, „die Urteilskraft des Be-suchers . . . nicht durch Voraus-wahl einzuschränken", mißt mandem konservativ-militärischenWiderstand zumindest quantitativüberragende Bedeutung zu. Wer-den doch allein durch die unter-schiedliche Anzahl von Kapitelnund Exponaten Gewichtungensuggeriert, die nicht jeder Besu-cher teilen mag.

Die Gestaltung der Räume kor-respondiert auf berührende Weisemit dem behandelten Gegenstand.Ein überdimensionales Bahn-steigbild im Komplex siebenzum Beispiel erinnert assoziativan die Mühen und Wirrnisse desExils, das Zimmer „Programmund Ziele der NSDAP" an eindamaliges Versammlungslokal.

Berücksichtigt •wurden ferner„kleine Formen" des Widerstan-des. Man erinnert an Menschen,die unter Gefährdung des eigenenLebens den Kriegsdienst verwei-gerten, Kriegsgefangenen undverfolgten Juden beistanden, inden Konzentrationslagern undZuchthäusern aufrecht blieben.

Ein Raum öffnet den Blick aufdie Hinrichtungsstätte in Berlin-Plötzensee, wo Tausende Antifa-schisten starben. Eine Fotowandzeigt hier 62 Widerstandskämp-fer, die im Zusammenhang mitder Tat des 20. Juli 1944 hinge-richtet wurden. Eine beachtens-werte Stätte der Mahnung istentstanden.

.3. August 1914: In einer von hefti-gen Auseinandersetzungen gepräg-ten Sitzung der -sozialdemokrati-schen Reichstagsfraktion stimmen 14von 92 Anwesenden gegen die Be-willigung der von der Regierung ge-forderten Kriegskredite. Die meistendieser 14 Abgeordneten lehnenzwar die Kredite ab, verwerfen je-doch aktive Kampfmaßnahmen. Al-lein Karl Liebknecht fordert die Mo-bilisierung der Massen gegen denKrieg. Am Tag darauf fügte auch ersich bei der Abstimmung im Reichs-tag dem Beschluß der Fraktions-mehrheit, weil er diesen für einekurzfristige Verirrung hielt und sichzur Fraktionsdisziplin verpflichtetfühlte. Am 2. Dezember 1914 setztedann Liebknechts „Nein!" zu weite-ren Kriegskrediten ein unüberhörbä-res Zeichen für den Friedenskampfder deutschen Linken.4. August 1954: Auf ihrer 49. Sit-zung, beschließt die Volkskammerder DDR das Gesetz zur Erhaltungund Pflege der heimatlichen Natur.Es förderte und regelte zahlreicheMaßnahmen zur Erhaltung der Um-welt, so zum Beispiel das Anlegenvon Landschafts- und Waldschutz-gebieten und die Einrichtung einerzentralen Lehrstätte für Naturschutzin Müritzhof, Kreis Waren.9. August 1759: 'Johann ChristophFriedrich GutsMuths, Wegbereiterdes Turnunterrichts, in Quedlinburggeboren. Er arbeitet« zunächst alsHauslehrer in seiner Heimatstadt,dann als Pädagoge für Gymnastik,Geographie und Handarbeitslehrean der von Christion Gotthilf Solz-mann eingerichteten Erziehungs-anstalt in Schnepfenthal (Thüringen).Sein 1793 erschienenes Hauptwerk»Gymnastik für die Jugend" gilt alserstes wissenschaftliches Lehrbuchder Körpererziehung in Deutschland.9. August 1919: Ernst Haeckel, Na-turforscher, Philosoph und Zoologe,in Jena gestorben. Haeckel, der sichbereits während seines Medizin-studiums der vergleichenden Anato-mie und Zoologie zugewandt hatte,wirkte von 1865 bis 1909 als Profes-sor der Zoologie in Jena. Er ver-faßte grundlegende Arbeiten zurAbstammungslehre. Die DarwinscheEvolutionstheorie wurde von ihmin wichtigen Punkten weiterent-wickelt. Sein populäres Werk über„Die Welträtsel" (1899) trug trotzmancher Schwächen wesentlich zurVerbreitung materialistischer Auf-fassungen bei.

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Zeugnisse der Vergangenheit inHallenser St:-Georgen-Kirche

Halle (ADN). In der Turm-kugel der Hallenser St.-Georgen-Kirche wurden bei Restaurie-rungsarbeitep zwei Kupfer-behältnisse/.'.^entdeckt. In dereinen Dose,;cUe am 23. Dezember1755 bei der. Fertigstellung desTurmes eingelegt worden war,befand sich , unter anderem derin erstaunlich gutem Zustanderhaltene Text der Ansprache zurEinweihung ... der neuerbautenKirche vom ,17. Mai 1744. Späterkam noch eine Predigt vom3. Advent 1813 hinzu.

1935 mußte die beschädigteWetterfahne der Kirche ersetztwerden. Danach gab man einzweites Kupfergefäß in die'Turmkugel, worfn mehrere Mün-zen, Geldscheine, Zigarettenbilder,Erinnerungsblätter, Bauberichtevon 1935 sowie Tageszeitungendes gleichen Jahres aufbewahrtwurden. <,

Sonnabend, 7. August 1869: Imfestlich geschmückten EisenacherGasthof „Zum goldenen Löwen"summt es wie in einem Bienen-stock. 267 Arbeiter aus nahezu200 Orten Deutschlands oder be-nachbarter deutschsprachiger Ge-biete haben sich eingefunden —trotz sommerlicher Hitze jedochnicht als Touristen. Jeder vonihnen trägt ein Mandat bei sich,das ihn berechtigt, im Auftrageines Arbeiter- oder Volksvereins,einer öffentlichen Arbeiterver-sammlung oder einer Gewerk-schaftsorganisation auf dem vom7. bis 9. August tagenden Allge-meinen Deutschen sozialdemokra-tischen Arbeiterkongreß für denZusammenschluß der sozialdemo-kratischen Arbeiter Deutschlandsin einer einheitlichen Partei ein-zutreten. Unter den Delegierten,die insgesamt etwa 155 000 Arbei-ter repräsentieren, sind bekannteFunktionäre zu sehen: AugustBebel, Wilhelm Bracke, WilhelmLiebknecht

Turmkugel enthieltzwei Kupferdosen

Ein tiefes Trauma vonder Seele geschrieben

1921 Kinderhilfswerkder IAH geschaffen

Sie trafen das Erbe desBundes der Kommunisten an

Erbitterte Streitigkeitenmit den Lassalleanern

Kampforganisation aufmarxistischer Grundlage

Stätte der Mahnung an einemhistorisch bedrängenden Ort

1.Sohna*! a «tr.l

Zülld) - 1915

Erste Zeitung für Kinder Programmatisches von 1917Abb. ND/Schmidtke (2), Bernd Junior/Gotha (1), ND-Repro (5)

Von Dr. Gott f r ied R i c h t e r .; ...

Georg Lenzner

Beilage d(T .rnlfn Jugtrid" lor Ott nrbriterkfndcr.

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neue und alte Klänge

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Neues Deutschland / 5./6. August 1969 / Seite 9Geschichte

Vor 120 Jahren wurde In Eisenach die Sozialdemokratische. Arbeiterpartei gegründet

Eine Kindheit zwischenDorfschule und SchenkeZum 100. Geburtstag ein illustrativer biographischer StreifzugVon Dr. H a r a l d W e s s e l

Wochenchronik

Die junge Saat Ausstellung in Berlin (West) zum Widerstandskampf

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Kampf und Gebe

Bau von Ferneisenbahnen angeregtZum 200. Geburtstag des progressiven deutschen Nationalökonomen Friedrich List

Willi Munzenberg — seine frühen Jahre in Thüringen (2)