5 Chicago, Lohra, Singapur - HOF Sonderanlagen · 2018. 2. 19. · mittelhessischen Lohra ist nicht...

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Mittwoch, 20. Mai 2015 Nummer 115 - Seite 5Hintergrund

In sogenannten Vials werden zum Beispiel Impfstoffe gefriergetrocknetund somit haltbar gemacht.

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✘ Name: HOF SonderanlagenbauGmbH✘ Branche: Anlagenbau für diePharmaindustrie und die biotech-nologische Industrie✘ Gründungsjahr: 1988✘ Mitarbeiter: 240✘ Produkte: Einfrier- und Auftau-geräte, Labor-Gefriertrockner,Boulk-Produktionsanlagen, Vial-Produktionsanlagen, Be- und Ent-ladesysteme✘ Standorte: Lohra, Gladenbach-Mornshausen✘ Besonderheiten: individuellerAnlagenbau in enger Abstimmungmit dem KundenDas Motto des Unternehmerehepaars Hans-Georg und Gerlinde Hof:

»Gemeinsam sind wir stark.« (Fotos: HOF)

Chicago, Lohra, SingapurIn derVerwaltung derFirma HOF Sonder-anlagenbau GmbHherrscht reges Treiben.Irgendein Telefonklingelt immer. DerBlick fällt auf die dreigroßen Uhren an derWand. Es ist 12.45 Uhrin Lohra, 5.45 Uhr inChicago und 18.45 Uhrin Singapur. Die Uhrenstehen symbolisch fürdie Kunden, die in allerWelt verstreut sind.

Von Susanne Riess

Diese Kunden stammen über-wiegend aus der Pharmaindus-

trie. Denn die Firma HOF Sonder-anlagenbau ist seit 27 Jahren füh-render Spezialist in der Herstel-lung von individuellen Gefrier-trocknungsanlagen, Be- und Entla-desystemen sowie Einfrier- undAuftaugeräten für die pharmazeu-tische und biotechnologische In-dustrie.

Gefriertrocknung – das klingt zu-nächst speziell, ist im Alltag aberallgegenwärtig. Ein bekanntes Bei-spiel ist die Gefriertrocknung vonKaffee zu löslichem Granulat. AuchFrüchte für Müsliflocken werdenauf diese Weise konserviert und be-halten so ihre Farbe und ihren Ge-schmack. Viele Wirkstoffe in Medi-kamenten sind in wässriger Lösungnicht lange haltbar. ZahlreicheArzneimittel werden deshalb inflüssiger Form hergestellt, abgefülltund unter anderem in Injektions-oder Infusionsfläschchen, soge-nannten Vials, gefriergetrocknet.Dafür sind jedoch spezielle Anla-gen nötig, die nur von einer Hand-voll Unternehmen weltweit gebautwerden. Die Firma HOF mit Sitz immittelhessischen Lohra ist nichtnur eine von ihnen, sondern euro-päischer Marktführer in dieserüberschaubaren Gruppe. HOF bautauch Einfrier- und Auftaugerätefür Blutspendedienste und diePharmaindustrie/Biotechnologie.

Anlagen werden heute in alle Tei-le der Welt geliefert, auch in Chica-go und Singapur stehen Produkte»made in Lohra«. Hauptabnehmersind jedoch der deutsche und dereuropäische Markt, hier vor allemdie Schweiz und Österreich. Der-zeit befindet sich ein Projekt fürSüdkorea in der Planungsphase.

In Familienhand

Bei der Gründung des Unterneh-mens im Jahr 1988 war daran inkeiner Weise zu denken. »Ich hatteeher die Sorgen, ob es uns über-haupt gelingt, eine Firma zum Lau-fen zu bringen«, erinnert sich Un-ternehmenschef Hans-Georg Hof,der das Unternehmen gemeinsammit Herrmann Schäfer unter demFirmennamen Schäfer & HOF Va-kuum- und Kältetechnik Sonder-anlagenbau GmbH auf die Füßestellte. Damals gab es Verkaufsge-rüchte um die Firma, in der der ge-lernte Elektroinstallateur Hof seit14 Jahren beschäftigt war. Kundenund Mitarbeiter waren verunsi-chert, weil niemand wusste, wie esweitergehen sollte. Was eigentlichmit Service beginnen sollte, entwi-ckelte ganz rasch eine eigene Dyna-mik. »Und dann gab es plötzlich ei-nen Auftrag für den ersten Gefrier-trockner«, erzählt Hof rückbli-

ckend. Nach reiflicher Überlegungwurde des Gelände der ehemaligenZigarrenfabrik in Lohra erworben,um den Betrieb aufzubauen. 1993änderten sich die Besitzverhältnis-se, und das Unternehmen wurdefortan unter dem Namen HOF Va-kuum- und Kältetechnik Sonder-anlagenbau GmbH erfolgreich vonHans-Georg Hof und seiner FrauGerlinde alleine weitergeführt. DieWeichen dafür,dass der Betriebauch künftig imFamilienbesitzbleibt, wurdenbereits gestellt.Tochter Dianaund Sohn Ale-xander arbeiten seit einigen Jahrenim Unternehmen mit, ebenso derenEhepartner.

Daher ist es auch keine Überra-schung, wenn Hof bekennt: Die Fa-milie hat für ihn einen besondershohen Stellenwert, den höchsten imUnternehmen, wie er betont. In ei-nem Familienbetrieb seien die Be-lange zwar nicht immer zu trennen,aber mit gegenseitiger Akzeptanzund Toleranz zeige sich, dass manes gut miteinander verbinden kön-ne. »Besonders hier gilt: Gemein-sam sind wir stark.«

Nach und nach ist das Unterneh-men zum fachlichen Marktführervon Gefriertrocknungssystemenaufgestiegen. Diese Entwicklungzog ein kontinuierliches Wachstummit sich, was auch in den Mitarbei-terzahlen deutlich wird. Die FirmaHOF beschäftigt derzeit rund 240Männer und Frauen, darunter sie-ben Auszubildende und drei Teil-nehmer im Studium-Plus-Pro-gramm. Auch die Produktionsflä-che wurde im Laufe der Jahredurch Anbauten und den Zukaufeiner Produktionshalle auf nun-mehr 12500 Quadratmeter erwei-tert. Firmenstandort ist neben Loh-ra auch im benachbarten Gladen-bach-Mornshausen.

Wenn man an einem ganz norma-len Arbeitstag durch die Produkti-onshallen geht, bekommt man nureinen relativ geringen Teil der Mit-arbeiter zu Gesicht. Das liegt da-

ran, dass viele Angestellte im Ser-vice tätig sind und sich um dieWartung oder den Aufbau der teilshaushohen Anlagen vor Ort küm-mern.

Hans-Georg Hof ist der Servicebesonders wichtig. Er garantiertseinen Kunden einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst an 365 Tagenim Jahr, im Notfall geht der Chefauch mitten in der Nacht persön-

lich ans Telefon.In einem riesigenLager stehenmehr als 60000Ersatzteile bereit,die jederzeit so-fort ausgeliefertwerden können.

Im Oktober 2013 wurde die FirmaHOF Sonderanlagenbau mit dem»Oskar des Mittelstandes« ausge-zeichnet. Der angesehene Preis derOskar-Patzelt-Stiftung gilt als diebegehrteste Wirtschaftsauszeich-nung in Deutschland. Der Land-kreis Marburg-Biedenkopf hattedas Lohraer Unternehmen für denPreis nominiert. Innovationskraftund sozialmarktwirtschaftlichesEngagement sollten damit gewür-digt werden.

Fragt man den Firmenchef nachseinem Erfolgsgeheimnis, antworteter bescheiden: »Es gibt Grundsätze,die eigentlich zu jeder Unterneh-mensführung gehören, wie zumBeispiel Offenheit, Ehrlichkeit undTeamfähigkeit. Diese sind genausowichtig wie die Fachkompetenz.Das Bedeutendste ist jedoch die Ei-genschaft, zu erkennen, dass die er-forderliche Leistung nur im Teamerbracht werden kann. Jeder Ein-zelne im Team ist in seiner Aufgabewichtig.«

Heizen mit Stroh

Die Auftragsbücher der FirmaHOF sind voll. Vom ersten Kontaktmit dem Kunden bis zur Inbetrieb-nahme einer neuen Anlage verge-hen nicht selten anderthalb biszwei Jahre. Doch dafür stammt »al-les aus einer Hand«. Die Anlagenwerden in enger Zusammenarbeit

und speziell für den jeweiligenKunden entwickelt. »Bei uns be-stimmt nicht die Technik das Pro-dukt, sondern die Produkteigen-schaften bestimmen die Technik«,lautet das Credo des mittelhessi-schen Unternehmens.

Alle Systeme werden von den ei-genen Mitarbeitern vollständig anden Produktionsstandorten Lohraund Mornshausen gefertigt. Dannwerden sie demontiert, zum Kun-den transportiert und dort wieder-aufgebaut. Jede Anlage wird in diebaulichen Gegebenheiten einge-passt. Der zeitliche Aufwand istimmens. Die Fertigung bei HOF be-steht aus den Bereichen Schlosse-rei, Service sowie Elektro-, Mess-und Regeltechnik. Der Schalt-schrankbau gehört genauso dazuwie die Verkabelung der Anlage,ebenso eine vollständige Funkti-onsprüfung mit dazugehöriger Do-kumentation.

»Immer ein bisschen besser sein,und mit Fachwissen auf höchstemNiveau überzeugen« – dieses ehr-geizige Ziel hat sich Hans-GeorgHof vor Jahren gesteckt. Neben dereigenen Innovationskraft setzen dieVerantwortlichen der Firma HOFdeshalb auch auf den engen Kon-takt und die Zusammenarbeit mitnamhaften technischen Hochschu-len, Universitäten und Forschungs-einrichtungen und den daraus re-sultierenden gemeinsamen Projek-ten. Als Beispiel nennt der Inhaberdie Kooperation des Unternehmensim Rahmen des Forschungs- undEntwicklungsprojekts »isobar«.Dabei entwickelt das Fraunhofer-Institut mit Vertretern der indus-triellen Mess- und Prozesstechnikund der pharmazeutischen Indus-trie eine feuchtebasierte Regelungvon Produktionsprozessen.

Der HOF Unternehmensgruppegehört auch die 2004 gegründeteHOF Prüfsysteme GmbH fürDichtheitsprüfanlagen der Auto-mobil-, Kälte-, Elektronik- undRaumfahrtindustrie an. Auch hierist die Auftragslage gut, die Syste-me werden unter anderem nachChina, in die USA oder in die Mon-golei geliefert.

Hans-Georg Hof ist ein erfolgrei-cher Geschäftsmann, dessen freieZeit eher knapp bemessen ist. SeineIdeen sind stets geprägt vom Ge-danken der Nachhaltigkeit. Und sohat er auch sein Hobby mittlerweilein die Firma eingebracht. Hof ist»Hobbylandwirt«, wie er sich selbstbezeichnet, baut Roggen, Weizenund Gerste an. Eines Tages hat ersich mit der Frage auseinanderge-setzt, wie man sich das »Abfallpro-dukt« Stroh im Industriebetrieb alsBrennstoff zunutze machen kann.

Visionen

Diese Idee hat Hof weiter ausge-führt und in die Tat umgesetzt. Ineiner mittlerweile eigenen Pelle-tieranlage presst er Stroh zu klei-nen Pellets, die in der Heizung amProduktionstandort Mornshausenverfeuert werden. Betrieben wirddie Pelletieranlage übrigens mitStrom aus einer Fotovoltaikanlage.Stroh, das als Nebenprodukt beider Getreideernte anfällt, ver-brennt CO2-neutral, und die Aschewird später wieder als Dünger aufden Acker gebracht. Der Firmen-chef leistet somit einen wertvollenBeitrag zur Energiewende undschließt die komplette Wertschöp-fungskette vom Stroh über denBrennstoff bis zur eigenen Wärme-versorgung.

Was seine Firma betrifft, istHans-Georg Hof ein Visionär, dernichts dem Zufall überlässt. Wo ersich und seine Firma in 20 Jahrensieht? »Ich hoffe, dass das Unter-nehmen HOF in der Art und Weisewie es heute arbeitet weiterhin amMarkt Bestand haben wird undauch noch seine Flexibilität auf-rechterhalten kann, wie es heutegeboten wird.« Hof ist sich durch-aus bewusst, dass dies immerschwieriger werden wird, da sichdie Situation sowohl im Zulieferbe-reich als auch im Kundenkreis täg-lich ändere. Zurück im Hier undJetzt wird sich von Lohra aus wei-ter gekümmert um die Anlagen inChicago, Singapur oder sonst woauf der Welt.

Jede Anlage ist anders. Die Gefriertrocknungssysteme von HOF werden individuell auf ihre jeweilige Aufgabe zugeschnitten.

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