Chirale Katalyse und Analyse auf einem Chip vereint

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Chem. Unserer Zeit, 2006, 40, 91 www.chiuz.de © 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 91

M I N I - L A B O R |Chirale Katalyse und Analyse auf einem Chip vereint

Miniaturisierung macht nicht nur Computer schneller, sondern auchchemische Reaktionen und Analysen im Mikroformat. Da aber der Gesamtprozess nur so schnell abgewickelt werden kann wie seinlangsamster Schritt, sollten am besten alle Schritte von der Synthese bis zur Analyse auf einem Chip untergebracht werden.

Ein entscheidender Schritt in dieseRichtung gelang jetzt den Arbeits-gruppen von Detlev Belder und Manfred Reetz am Mülheimer Max-Planck-Institut für Kohlenforschung.Aufbauend auf der in Belders Teamentwickelten Mikrochip-Elektropho-rese (MCE), die den Weltrekord fürdie schnellste Enantiomerentrennunghält [1], entwickelten die MülheimerForscher einen neuen Chip, der dieMischung der Reagentien, die Inku-bationsphase, und die Analyse vereint[2].

Die Forscher testeten dieses neueMiniaturlabor anhand der Analyse der Enantioselektivität von Enzym-Mutanten, die aus Reetz’Arbeiten zurkünstlichen Evolution von Enzymen hervorgegangen waren. Konkret siehtdas dann so aus, dass das Substrat(ein Epoxid) und das Enzym (Mutan-ten der Epoxid-Hydrolase) in ge-trennte Mikrobehälter gespritzt wer-

den, von wo sie dann (durch Unter-druck oder elektrische Spannung) ineinen langen und kurvenreichen Reaktionskanal gelangen, wo der häu-fige Richtungswechsel der Durch-mischung der beiden Lösungen nach-hilft.

Vom Ende des Reaktionskanalshat es das Gemisch dann nicht mehrweit zum Startpunkt des Trennungs-kanals, wo die Enantiomeren des Reaktionsprodukts nach dem Prinzipder Kapillarelektrophorese in Sekun-denschnelle aufgetrennt und quanti-tativ analysiert werden. Ein Trick, derzu der Rekordgeschwindigkeit derMethode beigetragen hat, ist das sogenannte Injektionskreuz, das es ermöglicht, ein sehr kleines aberwohldefiniertes Probenvolumen sehr schnell in die Elektrophorese-kapillare zu schicken. Das Ende desReaktionskanals kreuzt den Anfangdes Trennungskanals (Abbildung).

Während die Probe, angetrieben voneiner elektrischen Spannung, diese„Straßenkreuzung“ überquert, wirddie Spannung plötzlich auf die Quer-straße verlegt, also auf den Trennka-nal. Dadurch wird nur das sehr kleineProbenvolumen, das sich in diesemMoment im Kreuzungsbereich befin-det, in den analytischen Kanal umge-leitet, wo es auf einer Trennstreckevon weniger als einem Millimeterund in weniger als einer Sekundeaufgetrennt wird. Zum Nachweis derEnantiomeren verwendeten die For-scher eine UV-Fluoreszenz-Methode.

Hochdurchsatz-Analysen mitbreiter AnwendungDie Methode eignet sich für Hoch-durchsatz-Analysen nicht nur im bio-chemischen Bereich, sondern auchfür die Suche nach Katalysatoren fürindustrielle Prozesse oder für dieSynthese spezieller Chemikalien. Fürdie in Mülheim untersuchten Enzym-varianten gelang die Reaktion undAnalyse ebensogut mit ganzen Zellenwie mit aufgereinigtem Enzym – alleVerunreinigungen blieben im wahrs-ten Sinn des Wortes auf der Strecke.

Der geschwindigkeitsbestimmen-de Schritt ist jetzt die Mischung imMikromaßstab. Die getestete Appara-tur benötigt für die Misch- und Reak-tionsphase 25 Minuten, während dieAnalyse in 90 Sekunden vonstattengeht.Aufgrund der überproportionalhohen Oberflächenspannung von ex-trem kleinen Tröpfchen ist das effizi-ente Mischen von Mikro- und Nano-litermengen immer eine Herausforde-rung. Bevor die Chiplabors ebensorevolutionär und erfolgreich werdenwie Computerchips, wird man hiervielleicht noch bessere Lösungen fin-den müssen.

[1] N. Piehl et al., Electrophoresis 22000044, 25,3848.

[2] D. Belder et al., Angew. Chem. 22000066 , 118,2523.

Michael Großwww.michaelgross.co.uk

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SO: Probenausgangsgefäß, SI: alternatives Probeneinlassgefäß, BI: Puffereinlass-gefäß

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