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Exklusivität auf allen Ebenen: das Soho House Berlin in der Torstraße. Früher war das Gebäude ein jüdisches Kaufhaus
D U M B O H O U S E · N E W Y O R KL U D L O W H O U S E · N E W Y O R K
S O H O H O U S E N E W Y O R K
S O H O B E A C H H O U S E · M I A M I
L I T T L E B E A C H H O U S E · M A L I B US O H O H O U S E W E S T H O L L Y W O O D
S O H O H O U S E C H I C A G OS O H O H O U S E T O R O N T O
S O H O H O U S E 4 0 G R E E K S T R E E T · L O N D O NS O H O H O U S E 7 6 D E A N S T R E E T · L O N D O NL I T T L E H O U S E M A Y F A I R · L O N D O NE L E C T R I C H O U S E · W E S T L O N D O NH I G H R O A D H O U S E · W E S T L O N D O NW H I T E C I T Y H O U S E · W E S T L O N D O N
S H O R E D I T C H H O U S E · E A S T L O N D O NB A B I N G T O N H O U S E · S O M E R S E TS O H O F A R M H O U S E · O X F O R D S H I R E
S O H O H O U S E M U M B A I
S O H O H O U S E B E R L I N
S O H O H O U S E I S T A N B U L
S O H O H O U S E A M S T E R D A M
S O H O H O U S E B A R C E L O N A
L I T T L E B E A C H H O U S E B A R C E L O N A
CL U B DE R H I P S T E R
K a u m e i n S a t z s c h a f f t m e h r B e g e h re n a l s „ D u ko m m s t h i e r
n i c h t re i n “. N i c k J o n e s , G r ü n d e r d e r S o h o H o u s e s , h e b t i h n
m i t s e i n e n M e m b e r s - o n l y - C l u b s a u f e i n n e u e s N i v e a u
T E X T A L E X A N D R A K I L I A N
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REISE
EEine Tür an der Greek Street, klassisch
getüncht in British Racing Green. Zwei
goldene Zahlen prangen darüber, die
4 und die 0, sonst nichts. Links am
Türschild warten Kartenlesefeld und
Klingelknopf auf Berührung. Schweig-
sam einsam steht das schön-schlichte,
britische Townhouse inmitten des en-
gen, lauten, sonst so wild gewachsenen
Londoner Viertels Soho. Doch dann,
der Buzzer summt, mit einem Klicken
öffnet die Tür. Vorbei an lindgrün
getäfelten Wänden mit eingefassten
Bücherregalen geht es hinein Richtung
Tresen, hinter dem zwei dünne, junge
Frauen unter dem Schein antiker Lese-
lampen warten. Manikürte Hände auf
Marmor ruhend. „Good morning, Miss,
how are you today?“ Die perfekte Hand
zeigt höflich nach rechts, Richtung Le-
dersofa. Ob man Platz nehmen könne?
Bis das versprochene Mitglied komme?
Ohne Mitgliedschaft führt kein
Weg an diesen Frauen vorbei. Weder
an der Tür mit der goldenen 40 noch
an irgendeiner anderen Schwelle der
insgesamt 23 Soho Houses weltweit.
Das von außen so schlichte, georgiani-
sche Ensemble aus fünf Town-Häusern
an der Greek Street ist das Gründungs-
haus der Gruppe, eröffnet 1995 von
CEO Nick Jones. Der damals 32-jährige
Brite hatte nach drei Jahren mit seinem
„Café Boheme“ im Erdgeschoss auch
die anderen Etagen des Hauses vom
Besitzer angeboten bekommen und
sich entschlossen, das Haus in einen
Privatclub zu verwandeln. „Die Tür
war zu klein für ein Restaurant“, sagt
Jones. Und so habe er einfach einen
Members-only-Laden daraus gemacht,
„einen, in den ich selbst sonst nie
reingekommen wäre“, sagt „der Nick“,
wie er gleich genannt werden will, ganz
nonchalant.
Nick Jones ist der Prototyp des
lässigen Selfmade-Briten. Mehr Hemd
aus Hose als „stiff suit and tie“, das
Gegenbild zum geschniegelten Banker
aus der City. Geboren in Surrey, der
Vater Versicherungsmakler, die Mutter
Kochshow-Fan, er Internatsschüler
mit Lese-Rechtschreib-Schwäche
und Spaß an der Gastronomie. Einen
wirklichen Plan habe er nie gehabt,
sagt Jones. Nur, dass er einen Ort für
Kreative schaffen wollte, keinen
weiteren Londoner Gentlemen’s Club
für die „bloody“ Anzugträger.
25 Jahre später zählt sein Impe-
rium rund 80 000 Mitglieder, die sich an
Standorten wie Los Angeles, New York,
Chicago, Miami, Toronto, Barcelona,
Amsterdam und Istanbul vergnügen.
Sogar in Mumbai hat vor einem Jahr
ein Ableger eröffnet. Standards pro
Haus sind Restaurant, Bar, Gym, Spa,
Oben Bri t ischer geht nicht: das Soho House in der Dean Street in einem georgianischen Townhouse in London
Unten Industr ia l Look tr i fft Art déco: Das Highroad House in Chiswick, West london, wurde 2017 aufwendig renoviert
Die oberste Regel im Soho House lautet : Krawattenverbot für jeden. Gründer Nick Jones, 55, möchte keine „bloody“ Anzugträger in seinen Häusern
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Hotelzimmer, 360-Grad-Stadtblick,
Gebäude mit Geschichte, nicht selten
ein Kino. Zudem gehören zum „Soho
House & Co“-Unternehmen eigenstän-
dige Hotels mit Restaurants wie das
„Kettner’s“, „Redchurch“, „Cecconi’s“
und „Dean Street Townhouse“, Anteile
an Cashcows wie den „Chicken Shops“,
die „Cowshed Spas“, Interior-Geschäf-
te, die Soho-Zahnbürste-to-go sowie
Büro-Sharing-Spaces wie das Soho
Works in Shoreditch und Los Angeles.
Vor sechs Jahren hat der
US-Milliardär und Investor Ron Burkle
60 Prozent des Unternehmens für ge-
schätzte 280 Millionen Euro erworben,
30 Prozent gehören Londons Nacht-
club-Legende Richard Caring. Doch
auch, wenn Jones inzwischen nur noch
zehn Prozent des Kuchens gehören:
Er hat ein weltweites Phänomen ge-
schaffen – eines, das nur jene erleben,
die zum Mitglied erkoren wurden.
Das Mitglied, mit dem an die-
sem Morgen der Weg die Treppe links
vom Sofa hinaufführt, ist eine von
drei Presseverantwortlichen. Sie bleibt
kurz stehen, man möge folgen, die
Jacke behält sie an. Innerhalb von zehn
Mi nuten geht es die Treppen hinauf,
durch einen mit Vintage-Ledersesseln
und Bistrotischen bestückten Früh-
stücksraum (knallvoll), durch zwei
Dining Rooms, einer in Cremetönen,
der andere in Blau (beide komplett leer),
über knarzende Stufen durchs Treppen-
haus zu vielen weiteren Sofas, Sesseln,
Kaminen, alten Dielen, Bars im „Mad
Men“-Stil und der Dachterrasse. Cool
Britannia im Künstlerquartier. Wer auf-
regende Szenen und tanzende Promis
auf Tischen erwartet, wird enttäuscht:
Brav trägt der Service Hipster-Soulfood
(pochierte Eier auf Lachs-Avocado-
Sauerteigbrot) durch die Räume; es
wird gearbeitet, gegessen, getrunken,
gechillt, gelacht, geflüstert, alles ganz
gesittet. Die Menschen fühlen sich
wohl – das ist es auch schon.
Es ist diese Mischung aus histo-
rischen Gebäuden, cooler Lage, Design,
Kunst, Verschwiegenheit und Rück-
zugsmöglichkeit, die den gehobenen
Kuschelfaktor ausmacht. In London
ist es das georgianische Townhouse,
in New York ein altes Warenhaus im
Meatpacking District, in Berlin-Mitte
ein ehemaliges jüdisches Kaufhaus aus
den Roaring Twenties, das zu DDR-Zei-
ten als Basis des SED-Zentralkomitees
diente. Jedes Haus hat seine Geschich-
te. Und jedes bekommt das passende
Design, eine Mischung aus Laura
Ashley und Ilse Crawford, aus eigenen
Stücken und Antiquitäten, viel Vintage,
verblasster Luxus, etwas Art déco
hier, etwas Boudoir-Chic da, gern auch
Industrial-Stil. Was da war, wird aufge-
arbeitet: die Holzdielen, das Fischgrät-
parkett, Stuck an den Decken, Marmor
an den Kaminen. Dann wird ergänzt
– mal mit marokkanischen Kacheln,
Ledersofas im Chesterfield-Stil, antiken
Kronleuchtern oder frei stehenden
Badewannen vor dem Boxspringbett,
mal mit Gegenwartskunst von Damien
Hirst bis Tracey Emin. Direktorin der
rund 60 Design-Experten der Gruppe
ist Linda Boronkay, das Sagen bis ins
Detail behält „der Nick“, von der Steck-
dose bis zur Kissenzahl auf den Betten.
Oben Gruß aus dem Meer: Carpaccio von der Seebrasse in der „Brasser ie“ des Londoner Highroad Houses
Unten Das Soho House Chicago ist in eine al te Backsteinfabr ik eingezogen. Früher wurden hier Gürtel hergestel l t , heute werden gute Gespräche am Kamin geführt
Derzeit ige Herr in über insgesamt 60 Design-Experten der Soho-Gruppe: Inter ior- Designerin L inda Boronkay, 35. Das letzte Wort hat a l lerdings immer „der Nick“
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Jones fängt den Zeitgeist ein wie
kein anderer. Die Soho Houses sind
elitäre Alternativen zu den Clubs und
Lounges, in denen Kreative früher ab-
hingen. Sie bieten die perfekte Balance
zwischen Diskretion und Glamour, das
Sehen, ohne gesehen zu werden, das
„Hier-sind-wir-alle-gleich-Gefühl“. Auch
ein Zac Efron wird hier angepöbelt,
wenn er die Krawatte zur Oscar-Party
im Soho West Hollywood nicht ablegen
will – schließlich herrscht in allen Häu-
sern striktes Krawattenverbot. Social
Media und Fotografieren sind eben-
falls verboten, Telefonieren ist nur in
speziellen Bereichen erlaubt. Der Club
soll eine Ruhezone für Denker sein, ein
Entschleunigungshafen in der immer
schneller werdenden digitalen Welt.
Doch wer darf rein, wer muss
raus? Als sich Samantha in der sechs-
ten „Sex and the City“-Staffel über die
Einlasspolitik des New Yorker Soho
House empörte („There is a pool around
the corner, and I can’t get in?!“),
sorgte das für einen Antragsansturm.
30 000 Bewerber stehen aktuell welt-
weit auf der Warteliste. Offiziell kann
jeder ein Online-Formular ausfüllen
– mit der Angabe, mit welchem Input
man selbst die Community bereichern
könne. Zusätzlich müssen mindes-
tens zwei bestehende Mitglieder für
einen bürgen. „Die Aufnahme war
kein Problem“, beschwichtigt Werber
Jonas E., 33, der aussieht, als wäre er
aus einer Hollister-Werbung gefallen.
„Ich hatte Freunde drinnen.“ Auch bei
Regisseur James B., 47, lief es ähnlich:
„Einer vom Gremium ist mit mir zur
Schule gegangen, ausfüllen musste ich
nie irgendwas.“ Nur zahlen müssen
sie alle: 1850 Euro pro Jahr in London,
1800 Euro in Berlin, 2800 Euro in New
York. Wer unter 27 Jahren ist, zahlt die
Hälfte. Geschicktes Marketing.
Die Mitgliederliste bleibt streng
geheim. „Kein Kommentar“, sagt die
Dame aus der Presseabteilung, die
selbstverständlich auch nicht persön-
lich genannt werden will, auch wenn
die Mitgliedschaft von Mick Jagger,
George Clooney, Madonna und Ellie
Goulding längst an die Öffentlichkeit
gedrungen ist. Man bevorzuge eine
kreative Mischung aus den Bereichen
Film, Mode, Werbung, Kunst, Musik
und aus der Tech-Industrie. Und: Für
eine erfolgreiche Bewerbung seien
„moralische Werte entscheidender als
Vermögen oder Titel“ eines Bewer-
bers. Über die Aufnahme stimmen am
Ende die Gremien ab, die pro Haus aus
den Gründungsmitgliedern bestehen.
Strikte „no assholes policy“, heißt es.
„Bei einem, der gerade 200 Millionen
mit einem Film gemacht hat, aber
seine Freundin betrügt und ein echter
Widerling ist, macht es doppelt Spaß,
ihn abzulehnen“, sagte Tim Geary,
Gründungsmitglied im Soho House
L.A., dem „Hollywood Reporter“. Kim
Kardashian habe es mehrfach erfolglos
versucht, auch über Britney Spears
habe man lange diskutiert. Ferner gilt:
„Real Housewives“ müssen draußen
bleiben. Investmentbanker, Juristen –
alle Wichtigtuer und „bloody“ Anzug-
träger auch. Bloß keine Krawatten,
bloß kein Corporate-Gefühl, das ist der
Killer der Community, glaubt Jones.
Oben Highl ight der meisten Soho-Häuser ist e ine spektakuläre Dachterrasse. Diese hier thront über Londons Hipster- Paradies Shoreditch Unten Medium-Marina-Doppelz immer mit Balkon im Soho House Barcelona (ab 460 Euro)
So leer s ind die Daybeds am Pool des Soho Beach House Miami nur morgens um sieben. Himmel und Pool-Wasser s ind natür l ich farbl ich abgest immt
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Die Community ist ihm wichtig.
Auch, weil sie die Zukunft der Gruppe
sichert. „Wir haben so viele Anträge
wie nie“, sagt Jones. „Und so lange
die Nachfrage so groß ist, werden wir
weiterwachsen.“ Geplant sind Hong-
kong noch im Frühjahr 2019, auch
Paris, Lissabon, Rio de Janeiro, San
Francisco, Tokio und Shanghai sind im
Gespräch. Trotz der Schulden, die sich
auf 309 Millionen Euro belaufen sollen,
bei einem aktuellen Jahresumsatz von
330 Millionen Euro. Die Lösung könnte
der Börsengang sein, darüber wird
spekuliert. Kein Kommentar von Jones.
Auch nicht zu den Kritikern, die bereits
eine „McDonaldisierung“ der Soho
Houses befürchten. Ob er zumindest
etwas zur wachsenden Konkurrenz,
Women-only-Clubs wie „The AllBright“,
„The Wing“ oder die Soho-Kopie „The
Curtain“ in Shoreditch, sagen wolle?
„Ich glaube, die ganze Gegend ist voller
junger Talente, aber ich sehe sie nicht
als Wettbewerber, viele davon sind
meine Freunde“, sagt Jones ruhig.
Vielleicht, weil er längst schon einen
Schritt weiter ist: „The Ned“ heißt sein
neuestes Projekt, das im alten Finanz-
distrikt Londons liegt. Es ist ein Ort
für all die Bänker und Anwälte, die er
zuvor verurteilt hat. Die eigenständige
Zweitlinie, die von Soho House & Co
gemanagt wird, verfolgt ein anderes
Konzept: Nur zwei der insgesamt neun
Etagen des Gründungshauses, einem
alten Bankgebäude aus den Zwanziger-
jahren, sind nur Mitgliedern des
„Ned’s Club“ vorbehalten, der Rest ist
frei zugänglich. Über 3000 Mitglieder
zählt der Club dort bereits, noch
60 000 warten angeblich auf ihre
Aufnahme. Kettenpotenzial à la Soho
nicht ausgeschlossen. Die Mitglied-
schaft kostet 3900 Euro pro Jahr, es ist
alles ein wenig hochwertiger, teurer
und edler als in den Soho-Häusern. Die
Eingangshalle des „Ned’s Club“ an der
Poultry Street 27 ist zweifelsohne eine
der imposantesten Europas: viel Maha-
goni, viel Walnussholz, dazu 92 riesige
grüne Säulen aus Verdit-Edelstein.
British Racing Green mit Glitzer. „Der
Nick“ hat wirklich an alles gedacht.
Die können auch Country: Das Soho Farmhouse in den Cotswolds, 90 Minuten von London entfernt, besteht aus 40 Holzhütten und Cottages, die s ich um drei k le ine Seen ranken. Meghan, Herzogin von Sussex, fe ierte hier ihren Junggesel l innenabschied. Die Beckhams wohnen prakt ischerweise fast um die Ecke
EAT. DR INK . NAP So lautet Nick Jones Leitmotiv für die Soho-Häuser. Heißt: Mitglieder können bis spätnachts Essen und Drinks bestel-len. Klassiker wie Mac & Cheese, Burger, Steak, Fish & Chips, Avocado on Toast und Crab-Spaghetti gibt es an allen Standorten. „Ich mag das Geziere und Getue um Michelin-Food nicht“, sagt Jones. Zusätzlich gibt es in jedem Haus länderspezifische Extras.
DIE KÜCHENCH E F SDen kulinarischen Überblick über alle Häuser hat COO Martin Kuczmarski. In Berlin berät Zwei-Sterne-Koch Tim Raue. Im Pop-up-Restaurant (bis Ende 2019) „Tim Raue X8“ im achten Stock wirkt dessen Ex-Küchenchef des „La Soupe Populaire“ Michael Jaeger, der sofort zum Küchendirektor des Hauses ernannt wurde. Gekocht wird saisonal wechselnd.
WIE KOMM T MAN DA RE IN ? Öffentlich zugänglich sind meist nur die Soho-Restaurantketten (z. B. „Cecconi’s“) und die Shops. In manchen Häusern dürfen Gäste in Begleitung eines Mitglieds in bestimmte Bereiche. Der Trick, um alle Angebote nutzen zu können, ist eine Zimmerbuchung. Hotelgästen stehen alle Türen des Hauses offen. sohohouse.com
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