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Exkursionsführer und Veröffentlichungen Schaumburger Bergbau
Das Erzbergwerk Rammelsberg
bei Goslar im Harz
Erich Hofmeister
Heft Nr.25
Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule Schaumburg
Hagenburg im November 2010
Exkurf, u. Veröffentl. / AK-Bergbau / Heft 25 / S. 46 / Abb. 19 / Hagenburg 2010
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Die Reihe „Exkursionsführer und Veröffentlichungen des Arbeitskreises Bergbau der
Volkshochschule Schaumburg“ wird vom Arbeitskreis Bergbau in lockerer Folge
herausgegeben.
Bisher sind erschienen:
Heft 01 Schunke / Breyer: Die Schaumburger Gesamtsteinkohlenwerke von 1386..
Heft 02 Ahlers/Hofmeister: Die Wealden-Steinkohlen in den Rehburger Bergen.
Heft 03 Korf / Schöttelndreier: Die Entwicklung des Kokereiwesens auf den…
Heft 04 Hofmeister: Der Obernkirchener Sandstein (V)
Heft 05 Hofmeister/Schöttelndreier: Der Eisenerzbergbau im Weser- und...........
Heft 06 Hofmeister: Die Steinkohlenwerke im Raum Osnabrück....................
Heft 07 Krenzel: Vorbereitung einer Exkursion von Hagenburg zur Hilsmulde.
Heft 08 Schöttelndreier & Hofmeister: Exkursion durch die Gemeinde Nienstädt.
Heft 09 Ruder: Die historischen Teerkuhlen in Hänigsen bei Hannover.
Heft 10 Hofmeister: Exkursion Steinzeichen am Messingsberg Korallenoolith.......
Heft 11 Grimme: Das Endlagerbergwerk Gorleben.
Heft 12 Schöttelndreier: Historische Relikte in der Samtgemeinde Nienstädt
Heft 13 Hofmeister: Das Erlebnisbergwerk Merkers.
Heft 14 Grimme et al.: Der Wealden-Steinkohlenbergbau in Niedersachsen.
Heft 15 Hofmeister: Die Entwicklung des bergmännischen Geleuchts.
Heft 16 Schröder: Die Schachtanlagen Lüdersfeld & Auhagen.
Heft 17 Hofmeister: Die Steinkohlengewinnung zur Zeit des Fürsten Ernst.......
Heft 18 Hofmeister: Graf Wilhelm und seine Maßnahmen zur Landesverteidi gung..
Heft 19 Plumber: Exkursion Besucherbergwerk Ramsberg.
Heft 20 Abel: Exkursion zum Stahlwerk Salzgitter.
1. Impressum Der Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule
Schaumburg, Wilhelm- Suhr- Str. 16, 31558 Hagenburg.
Redaktion: Grimme, Karl- Heinz; Hofmeister Erich
Layout & Druck: Christian Abel, Obernkirchen
Ludwig Kraus, Stadthagen
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2. Langjährige Mitglieder des Arbeitskreises Bergbau Abel Barbara Obernkirchen Abel Christian Obernkirchen Abel Willi Obernkirchen
Ahlers † Werner Rohrsen Bonitz † Gerhard Rodenberg Bremer Ursel Hagenburg Busatta † Fred Hagenburg Drechsler Hans-Ulrich Hagenburg Engelking † Carl- Friedrich Lauenau Gerdts Vera Wunstorf Gerdts Wolfgang Wunstorf Grimme Christa Barsinghausen Grimme Karl- Heinz Barsinghausen
Henke † Kurt Obernkirchen Hofmeister Erich Hagenburg Kaussow,sen. Günter Hagenburg Kaussow,jun. Günter Hagenburg Klinger † Herbert Hagenburg Klinger Margret Hagenburg
Knickrehm Ernst Obernkirchen Knickrehm Ingrid Obernkirchen Koch Fritz Obernkirchen
Kording Wilhelm Nienstädt Korf † Walter Nienstädt Krassmann, Dr. Thomas Rodenberg Kraus Ludwig Stadthagen Krenzel Horst Egestorf Kröger, Dr.† Uwe- Dietrich Bad Nenndorf Ludewig Gunter Lindhorst Maiwald Heinz Hagenburg
Matthias Friedrich Bad Nenndorf Oberdanner Hans Rehburg- Loccum
Poßin Wolfgang Hagenburg Ruder † Barbara Großburgwedel Ruder Jürgen Großburgwedel Rüppel † Hermann Barsinghausen
Schewe Rita Auhagen Schewe Eckhard Auhagen Schiewe Karl- Heinz Garbsen Schlegel Detlef Wunstorf
Schöttelndreier Anneliese Nienstädt Schöttelndreier Werner Nienstädt
Schröder Konrad Suthfeld/Riepen Schröder Ralf Suthfeld/Riepen Schröder Wilhelm Suthfeld/Riepen
Voges Gisela Hagenburg Winterstein† Traude Hagenburg Wittkugel † Helmut Hagenburg
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3. Vorwort: Das Schaumburger Land, von den Rehburger Bergen bis ins Wesergebirge, ist reich an Bodenschätzen. Seit mehr als 600 Jahren prägte daher der Bergbau in Schaumburg nicht nur die Landschaft; er war zeitweise auch von erheblicher Bedeutung für das Leben zahlreicher Familien. So gab es u. a. Gesteins-, Ton-, Salz- und vor allem Kohleabbau. Heute werden nur noch (bei Obernkirchen und Steinbergen) Steine gebrochen. Der Abbau anderer Bodenschätze wurde eingestellt, so der Kohlebergbau zu Beginn der 60er Jahre. Doch gibt es noch viele ehemalige Bergleute, die von ihrem Arbeitsleben erzählen, Fachleute, die von ihren Kenntnissen über den einheimischen Bergbau berichten, und andere Zeitzeugen, die sich an manche Bergmannsgeschichte erinnern können. In den letzten Jahrzehnten haben sich in verschiedenen Schaumburger Orten Bergmannsvereine gebildet. Sie bemühen sich, Traditionen der Bergleute zu bewahren und Bergbaudokumente und -relikte zu sichern, zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 1991 wurde im Rahmen der Volkshochschule Schaumburg ein Arbeitskreis mit dem Titel "Schaumburger Bergbau und der Bergbau der Rehburger Berge" gebildet. In ihm sind Mitglieder der verschiedenen Bergmannsvereine vertreten. Hans-Ulrich Drechsler (Hagenburg/Altenhagen) übernahm die Leitung und übergab sie 1997 an Erich Hofmeister (Hagenburg). Es fanden sich etwa 25 Personen, die nun schon über 15 Jahre regelmäßig an den Treffen teilnehmen und durch ihr Engagement und ihre Hilfsbereitschaft zum Erfolg des Arbeitskreises beitrugen und beitragen. Allen gebührt großer Dank, neben Hans- Ulrich Drechsler und Erich Hofmeister besonders Ernst Knickrehm (Obernkirchen), Werner Schöttelndreier (Nienstädt), Werner Ahlers (Rohrsen), Jürgen Ruder (Großburgwedel) und Karl- Heinz Grimme (Barsinghausen). In den ersten Jahren waren die Tagungen geprägt durch Berichte, Vorträge und Erzählungen einzelner Mitglieder aus ihrem Bergmannsleben. Alles Wesentliche wurde auf Tonband aufgenommen und damit für spätere Zeiten gesichert. Auf Exkursionen wurden die ehemaligen Arbeitsstätten, die alten Schacht- und Stollenanlagen des Bergbaues und verschiedene Steinbrüche aufgesucht und vor Ort die frühere Arbeit beschrieben und erläutert. Es folgte die Zusammenstellung und Durchsicht von Veröffentlichungen über den hiesigen Bergbau. Einzelne Mitglieder übernahmen Recherchen in öffentlichen und privaten Archiven. Außerdem wurden Fachleute zu bestimmten Einzelthemen eingeladen, die sich nach ihrem Referat meist noch zu weiterer Mitarbeit im Arbeitskreis Bergbau bereit erklärten. Von der ursprünglichen Absicht, eine umfangreiche Monographie über den Schaumburger Bergbau zu erstellen, wurde wegen des Umfangs Abstand genommen. Nun werden in loser Folge, Hefte mit einzelnen Bergbauthemen und/oder Exkursionsführer des Arbeitskreises Bergbau der VHS Schaumburg herausgegeben. Glück auf!
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4. Inhalt 1. Impressum
2. Langjährige Mitglieder des Arbeitskreises
3. Vorwort der VHS
4. Inhalt
4a. Abbildungen
5. Der Harz und seine Entstehung
6. Das „Alte Lager“
7. Das „Neue Lager“
8. Genese der Vererzung
9. Das Bergdorf
10. Die Stadt Goslar
11. Überblick über die politische Entwicklung im Harz
12. Über den Bergbau im Rammelsberg in der älteren Literatur
13. Bergbau und Kirche
14. Überblick über die Geschichte des Abbaus im Rammelsberg
15. Die Knappschaft in Goslar
16. Zeit der Betriebsreformen J.C. Roeder,1768 bis 1810
17. Der Abbau im letzten Jahrhundert
18. Die Aufbereitung
19. Die Erfindung des Drahtseiles
20. Benutzte Literatur
4a. Abbildungen Abb. 01 Das Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar
Abb. 02 Erdgeschichtliche Tabelle für den Harz
Abb. 03 Geologisches Profil „Altes Lager“ & „Neues Lager“
Abb. 04 Ruine Dorfkirche
Abb. 05 Naturkundliche Chronik Nordwestdeutschlands
Abb. 06 Fördergerüst des Rammelsberges
Abb. 07 Lage der Harzer Bergwerke
Abb. 08 Pfeilerabbau auf dem Bergwerk Rammelsberg
Abb. 09 Teilsohlenbruchbau im Oberharz
Abb. 10 Schema einer Fahrkunst
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Abb. 11 Lage und Höhenlage der Stollen des Rammelsberges
Abb. 12 Grundriß der Betriebe von Roeder
Abb. 13 Schematische Darstellung der Rammelsberg Künste
Abb. 14 Übersicht der mittelalterlichen Grubenbaue des Rammelsberges
Abb. 15 Aufbereitung Rammelsberg
Abb. 16 Fossile Hanfseile
Abb. 17 Werkzeug zur Drahtseilherstellung
Abb. 18 Drahtseilherstellung nach Oberbergrat Albert, 1834
Abb. 19 Fertigstellung der Drahtseile nach Oberbergrat Albert
5. Der Harz und seine Entstehung In der Urzeit, vor mehr als 3000 Millionen Jahren, war das Gebiet des Harzes fast
immer vom Meer überflutet. Über Jahrmillionen lagerten sich Festlandsabtragungen,
Ausfällungen von Kalken, Salzen u. ä. Stoffe, neben toten Meerestieren am
Meeresboden ab, die sich zu festen Schichten verfestigten. Endogene Kräfte hoben
diese Erdschichten an, das Meer musste weichen, das entstandene Gebirge wurde
später wieder abgetragen. Die Verwitterungsprodukte wanderten mit dem Wasser
der Flüsse oder durch den Wind in die Senken und Tröge dieser Gebirge über dem
Meeresspiegel. In einem sich über lange Zeiträume erstreckenden Wechsel
zwischen kommenden und weichendem Meer fällt etwa, vor 250 Millionen Jahren im
Karbon, die Geburtsstunde des Harzes. Um diese Zeit wurden im heutigen
Mitteleuropa starke Kräfte aus dem Erdinnern wirksam. Sie führten dazu, dass sich
entlang bestimmter Schwächelinien die Schichten hochwölbten, sich aus dem Meer
emporhoben und zu einem mächtigen Faltengebirge geformt wurden, zum
sogenannten varistischen Grundgebirge. Der Gebirgsstrang dieses Faltengebirges
verläuft in südwest- nordöstlicher Richtung vom rheinischen Schiefergebirge über
den Harz hinaus. Die Richtung des Harzgebirges ist heute noch am Verlauf des
Acker-Bruchberg-Höhenzuges zu erkennen.
Mit der varistischen Faltung drang auch feuerflüssiges Material aus größeren Tiefen
hoch. Geschmolzenes Gestein, das Magma, suchte sich einen Weg nach oben. Das
Magma kühlte ab und bildete Gabbro, Diabas, Basalt und Granit.
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An einigen Stellen des Harzes drang die Flüssige Gesteinsschmelze auch bis zu
Tage, ergoß sich als Lava und erstarrte. Es bildeten sich darüber hinaus
Verwerfungen, Risse und Spalten in die sich unter hohem Druck stehende
heißwässrige Restlösungen, die gelöste Metalle und Mineralien enthielten,
einpressten und das Harzer Gangsystem bildeten. Im Mitteldevon hatten sich vorher
submarin- exhalativ- synsedimentär im „Wissenbacher Schiefer“ schon die
Rammelsberg- Lager gebildet.
Also 2 unterschiedliche Erzkörper. 1. im Oberharz = Gänge und 2. im Rammelsberg
= Lager. (Abb. 1 Erdgeschichtliche Tabelle für den Harz)
6. Das „Alte Lager“
Am nördlichen Harzrand, in der Nähe der Stadt Goslar, erhebt sich der steil bis auf
636 m ü. NN ansteigende Rammelsberg. Er besteht aus mittel- und
unterdevonischen Schichten (Devon = 400 Mio. Jahre) in überkippter, nach südost
geneigter Lagerung. Zu unterst liegt der „Wissenbacher Schiefer“, in denen den
Schichten gleichlaufend, zwei sich im Streichen nahe aneinander schließende,
dickplattenförmige Erzkörper auftreten – das „Alte Lager“ im Südwesten und das
„Neue Lager“ im Nordosten.
Da das „Neue Lager“ erst im Jahr 1859 entdeckt worden ist, hatte die Geschichte
des Rammelsberger Bergbaus es bis dahin nur mit dem „Alten Lager“ zu tun. Nach
1930 galt das Interesse des Bergbaus umgekehrt nur dem „Neuen Lager“, da der
Abbau des „Alten Lagers“ bis auf einige unbauwürdige Reste ab 1931 beendet war.
(Abb.02 Geologisches Profil „Altes Lager“ & „Neues Lager“) Das „Alte Lager“ ging an dem dem Herzberger Teich zugekehrten Steilhang des
Rammelsberges in dessen unteren Hälfte mit leichtem ansteigen gegen Ost in 350 m
bis 420 m NN zutage aus und fiel mit ca. 45° nach Südosten in den Berg ein.
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Das „Alte Lager“ hatte am Ausgehenden eine Länge von über
500 m, verkürzte sich nach der Tiefe aber, so dass es in einer Tiefe von 160 m unter
dem Ausgehenden, bei 255 m NN, auf der Sohle des „Tiefen- Fortunatus- Stollen nur
noch 400 m lang war und in einer weiteren Tiefe von 160 m , also auf 95 m NN, völlig
ausspitzte. Seine Mächtigkeit wechselte von 30m bis auf 0 m.
Die Erzmasse des Gesamtvorkommens war im Ganzen gegen die hangenden und
liegenden Schiefer deutlich abgesetzt. Das Erz bestand im Wesentlichen aus
Schwefelkies, Bleiglanz, Kupferkies und Zinkblende. Von nicht sulfidischen
Bestandteilen kamen in mäßigen Mengen Dolomit und Schwerspat vor. Zur
Verhüttung wurden die Erze, in den letzten Jahrhunderten, in folgende Sorten
geschieden:
Kiesige Bleierze mit 8 – 12 % Blei und Schwefelkies,
Braunerze mit 15 – 20 % Blei und Zinkblende,
Grauerze mit 2 – 4 % Blei und Dolomit und Schwerspat,
Melierterz mit 3 – 10 % Kupfer, 6 – 10 % Blei mit Zinkblende und Kupfererz.
Die kiesigen Bleierze herrschten der Menge nach vor. Die Grauerze waren weniger
geschätzt und blieben daher oft in der Grube. Die Erzsorten waren im Lager regellos
verteilt, schlossen sich aber zonenweise zu reicheren Mitteln zusammen.
Eine Besonderheit stellte der Kniest dar, der im Hangenden des „Alten Lagers“
vorkommt. Der Kniest ist ein quarzitisch veränderter Schiefer, der von vielen kleinen
Kupferkies-, Schwefelkies-, Bleiglanz- und Zinkblendetrümmern durchsetzt ist. Er
wurde als kieselsäurereicher und zugleich etwas kupferhaltiger Zuschlag bei der
Verhüttung der Kupfererze bis zum Ende in geringen Mengen noch gewonnen.
7. Das „Neue Lager“ Das 1859 entdeckte „Neue Lager“, das ebenso wie das „Alte Lager“ mit durchschnitt-
lich 45° nach Süden einfällt, streicht nicht zutage aus. In der Sohle des „Tiefen Julius
Fortunatus- Stollens“ auf 255 m NN hat das Lager eine Länge von 400 m, auf der 9.
Sohle, auf 35 m NN, eine Länge von 500 m, in der 11. Sohle, auf 45 m NN hat das
Lager nur noch eine Länge von 220 m .
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Seine Mächtigkeit bzw. Dicke ist durchschnittlich geringer als die des „Alten Lagers“.
Sie nimmt aber zur Teufe zu, so beträgt die Mächtigkeit auf der 9. Sohle,
durchschnittlich 15 m und auf der 11. Sohle bis zu 50 m.
Die Erzführung des „Neuen Lagers“ ist von der des „Alten Lagers“ wesentlich
verschieden. Während das „Alte Lager“ als Kieslagerstätte (sulfidische Erze)
bezeichnet werden kann, tritt der Kies- bzw. Schwefel- Gehalt beim „Neuen Lager“
stark zurück. Der vorherrschende Bestandteil ist die Zinkblende. Die Blende ist
auffallend gleichmäßig verteilt, so dass sich die Schwankungen des Zinkgehaltes fast
immer in den Grenzen von 18% bis 25% halten. Die Kupfererzführung des Lagers ist
im Gegensatz zur Blei- und Zinkerzführung örtlich begrenzt, hauptsächlich in der Art,
dass sich in der mittleren streichenden Erstreckung des Lagers durch Einschalten
dünner Kupferkiesstreifen in das Bleierz das technisch als Kupfererz aufgefasste
„Melierterz“ bildet. Neben Zink-, Blei- und Kupfererzen sind Schwerspat und
Schwefelkies in beträchtlicher Menge, aber wechselnden Verhältnis in den Erzen
enthalten. Meist ergänzen sich beide zu 45% - 50% der Erzmasse.
Die Melierterze lassen nach der Tiefe nach, zugleich nimmt der Kiesgehalt zu und
wird der Schwerspat als Beimengung mehr und mehr durch Dolomit ersetzt.
Alle Rammelsberg Erze sind silber- und goldhaltig. Der Silbergehalt schwankt
zwischen 0,01 und 0,02%, entspricht 100 g bis 200g auf die Tonne; im Ausgehenden
waren die Gehalte an Edelmetallsekundär angereichert bis auf 400 g Gold
und 800 g Silber auf die Tonne.
8. Genese der Vererzung Die Blei- Zink- Kupfer- Lagerstätte des Rammelsberges, die sich unter submarinen
Verhältnissen als schichtgebundene Sulvidvererzung vor ca. 380 Mill. Jahren in
einem mitteldevonischen Meeresbecken bildete, ist mit ca. 27 Mill. t
Gesamtroherzgehalt in seiner engräumig kompakten Form sicherlich eine der
größten Lagerstätten seiner Art weltweit gewesen. Das Buntmetallvorkommen
bestand vor dem Abbau im Wesentlichen aus zwei großen linsenförmigen
Reicherzkörpern, den so genannten „Alten Lager“ und „Neuen Lager“. Die
Bezeichnung Alt und Neu ist keine geologische Altersbestimmung, sondern geht auf
die Endeckungs- und Abbaugeschichte zurück.
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Das „Alte Lager“, das am Berghang ausbeißt, war also direkt zugänglich und
begründet die über 2000 jährige Abbautradition im Harz. Während das „Neue Lager“
nur untertägig ausgebildet ist und erst 1859 entdeckt wurde. Entsprechend ihrer
Entstehung wurden die verschiedenen Erzsorten vom geologisch Älteren zum
Jüngeren geschichtet und in folgender Weise abgelagert (vom Älteren zum
Jüngeren):
Schwefelerz - Pyrit, (FeS2),
Kiesiges Erz - Pyrit , Kupferkies (CU FeS2),
Braun- und Melierterz - Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Pyrit, BaSO4 (BaSO4),
barytisches Blei- Zink- Erz - Zinkblende, Bleiglanz, Pyrit, Baryt,
Grauerz - Baryt, Bleiglanz, Zinkblende.
Die Erzlinse des mit 40° - 60° einfallenden „Alten Lagers“ hat eine Ausbißlänge von
ca. 600 m, eine Teufenerstreckung von ca. 300 m und eine Mächtigkeit von
durchschnittlich 15 m.
Entsprechend den Rahmenbedingungen bei der Bildung der Erzlager auf dem Grund
des Devonmeeres wurden in zeitlicher Abfolge aus den aus sehr tief reichenden
Störungen geförderten hydrothermalen Lösungen unterschiedliche Metall-
konzentrationen und Metallverhältnisse abgeschieden, was zu einem feinlamellierten
Schichtungsgefüge verschiedener Erzminerale, wechsellagernd mit feinkörnigem
Sediment führte. So entstanden die Erzlager im Wissenbacher Schiefer des
Mitteldevons.
9. Das Bergdorf Am Fuße des Rammelsberges, vor den Mauern von Goslar, lag ein Bergdorf, auf
etwa halben Weg zwischen den ersten ältesten Bergbauanlagen und dem
mittelalterlichen Zentrum Goslars. Der Hang bildet hier eine kleine Hochfläche, 500
Meter von dem Bach „Gose“ entfernt und 50 m über der Stadt. Heute durchquert die
Bergdorfstrasse, vielleicht ein alter Weg, die Hochfläche. Oberhalb des Weges liegen
die konservierten Grundmauern einer Kirche und ihres Vorgängerbaues, als
sichtbares Zeichen eines einstigen Dorfes. (Abb. 03 Ruine Dorfkirche)
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Von der Kirche, die wohl immer eine Turmanlage hatte, berichten Quellen über ihre
Zerstörung am 22. Juli und die nachfolgenden Tage im Jahre 1527. Gegründet
wurde die Bergdorfkirche wohl in sehr früher Zeit als Eigenkirche auf dem zu einem
Hof gehörenden Gelände der Herren von Dike. Diese Familie zählte im 10. Jh. zu
den Reichsministeralien, sie war auch später noch sehr einflussreich in Goslar und
sehr begütert.
Eine große Rolle spielte das Dorf in der Rechtsgeschichte Goslars, weil es lange Zeit
eine eigene Gerichtsbarkeit besaß.
Im Bergdorf lebten Montane und Silvane, also die Bergherren und Hüttenbesitzer,
sowie ihre Arbeiter. Bode umschreibt sie 1893 knapp als „bergbautreibende
Personen“. Schon bald ging es in der Stadtgeschichtsforschung um die Frage, ob die
dem Ritterstand nahe stehenden oder ihm angehörenden Montanen tatsächlich hier
gelebt haben und ihre Hauptsitze hier hatten oder das Bergdorf als politischen und
ideellen Mittelpunkt ihrer Interessen nur als Versammlungsort nutzten.
Noch heute wird gelegentlich eine Trennung nach der Stammzugehörigkeit der
Bewohner vertreten. Danach sollen im Bergdorf die einheimischen sächsischen,
hörigen Berg- und Hüttenarbeiter gewohnt haben, während in der später
gegründeten und nach ihnen benannten Siedlung auf dem Frankenberg die
hinzugezogenen freien fränkischen Bergleute lebten. Einer anderen Ansicht zu folge
lebten im Bergdorf vornehmlich die Montanen, auf dem Frankenberg dagegen die
Silvanen, ihre jeweiligen Arbeiter.
An der östlichen Begrenzung des Dorfes verläuft ein alter Stollen. Er wurde zunächst
für eine Bergwerksanlage gehalten. Tatsächlich war es jedoch ein unterirdischer
Trinkwasserspeicher mit Wasserleitung. Der Stollen hatte eine Länge von 70 Metern
und verläuft wenig oberhalb des „Tiefen Julius- Fortunatus Stollen“ und parallel zu
Diesem. Für das Jahr 1508 ist durch schriftliche Aufzeichnungen diese
Wasserleitung gesichert, deren Nutzung den Domstiftherren gestattet wurde.
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Es wird angenommen, dass die Bewohner den Ort allmählich verließen. Ob die
„Eingemeindung“ des Bergdorfs mit dem Erwerb ihres Gerichtsbezirks durch den
Goslarer Rat in den Jahren 1315 und 1348 Verbesserungen für die
Bergdorfbewohner brachte oder zu weiterem Wegzug in die Stadt führte, ist nicht
untersucht worden. Auch der mit dem zunehmenden Einbrechen und Absaufen der
Gruben in der zweiten Hälfte des 14. Jh. niedergehende Bergbaubetrieb wird zur
Entvölkerung des Dorfes beigetragen haben.
10. Die Stadt Goslar Die Stadt Goslar liegt zwischen den nordwestlichen Ausläufern des Harzes mit dem
Rammelsberg und dem äußersten Südende des Salzgitter Höhenzuges. Sie liegt im
Landkreis Goslar und im Land Niedersachsen. Die Stadt Goslar hat eine Fläche von
92,85 km2 und hatte am 31.12.2008 - 41.748 Einwohner.
Bereits seit der Besetzung durch römische Soldaten zurzeit Christi Geburt, war der
Harz ein wichtiges Bergbaugebiet zum Abbau von Buntmetallerz. So entstanden hier
und am Rand des Harzes Siedlungen, in denen derzeit das Erz zu Metallen
verarbeitet und veredelt wurde. Archäologische Funde aus England belegen, dass
viele angelsächsische Grabbeigaben, wie ein in London gefundenes Schwert, aus
dem Metall des Harzer- Erzes gefertigt waren.
Aus einer dieser am Nordrand des Harzes gelegenen Siedlungen ging Goslar hervor,
dass offiziell 922 durch Heinrich I. gegründet wurde. Im 11. Jh. ließ Heinrich II. die
Kaiserpfalz Goslar in der Stadt errichten. Zu der Zeit war das nahe gelegene
„Silberbergwerk Rammelsberg“ schon eine wichtige Einnahmequelle der Region.
Erweitert wurde die Pfalz durch Heinrich III. Sie wurde die größte Pfalzanlage der
Salier und Goslar der wichtigste Herrschaftsort des ostfränkischen Reiches. Hier
fanden Reichstage statt, und oft wurde die Stadt von Kaisern und Königen besucht.
Heinrich IV. gewährte Goslar Reichsmittelbarkeit, wodurch die Stadt herzoglichen
Einflüssen entzogen und stattdessen direkt vom Kaiser abhängig wurde.
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Im Jahr 1180 wurden die Hüttenbetriebe Goslar von Heinrich dem Löwen zerstört,
was vermutlich zur Abwanderung von Bergleuten und zur Gründung des Oberharzer
Bergbaus führte.
Nach dem letzten Besuch des Königs Wilhelm von Holland im Jahre 1253
entwickelte sich Goslar zu einer Freien Reichsstadt und trat der Hanse bei, dies
bedeutete für Goslar schon sehr früh eine erhebliche Selbstständigkeit. Erst als
Kaiser und Könige wieder an Einfluss einbüßten, wurde es den in Wolfenbüttel
residierenden Herzögen von Braunschweig und Lüneburg möglich, die Stellung
Goslars zu schwächen und die für mehr als einhundert Jahre an die Stadt
verpfändeten Erzbergwerke am Rammelsberg im 16. Jh. wieder unter ihre Kontrolle
zu bringen.
Im Dreißigjährigen Krieg stand Goslar zunächst auf kaiserlicher Seite. Goslar wurde
daher im Jahre 1632 vom schwedischen König Gustav II, Adolf für die Konspiration
mit dem Feind bestraft. Im sogenannten „Goslarer Akkord“ 1642 wurde Goslar vom
Kaiser abgetreten und fiel den Welfen zu.
Im Jahre 1803 verlor Goslar seinen Status als freie Reichsstadt und wurde
vorübergehend preußisch. Im Jahr 1807 wurde Goslar durch den Frieden von Tilsit
dem von Napoleon gegründeten Königreich Westfalen unter Jerome zugeteilt. Nach
der Niederlage Napoleons wurde Goslar dem Kurfürstentum, Königreich Hannover
zugesprochen.
Im 19. Jh. lag die Stadt wirtschaftlich am Boden und viele historische Gebäude
wurden abgerissen, darunter auch der Dom. Wirtschaftlich ging es der Stadt erst
wieder besser, als im Erzbergwerk Rammelsberg 1859 das „Neue Lager“ entdeckt
würde.
In Goslar fand vom 20. bis 22. Oktober 1950 der erste Bundesparteitag der CDU
statt. In Goslar wurde die CDU- Deutschland gegründet und Konrad Adenauer zum
Vorsitzenden gewählt.
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Das Erzbergwerk Rammelsberg wurde im Jahr 1988 stillgelegt. Seit 1992 stehen die
mittelalterliche Altstadt von Goslar und der Rammelsberg auf der UNESCO- Liste
des Kultur- und Naturerbes der Menschheit, genau wie seit dem 1. August 2010 das
Oberharzer Wasserregal. (Abb. 04 Das Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar)
11. Überblick über die politische Entwicklung im Harz Der Harzer Bergbau hat eine große Tradition aufzuweisen. Zum Verständnis ist es
daher notwendig einen kurzen Abriß der politischen Entwicklungen zu bringen, wie
sie für den Bergbau wichtig waren.
Von Goslar erfahren wir zunächst, dass Heinrich II. (919 – 936) 922 vermutlich hier
ein Jagdgehöft gegründet hat. Nachdem ihm von den Metallerzvorkommen am
Rammelsberg berichtet wurde, hat Otto I. (936-973) sich um 970 Goslars besonders
angenommen. Auf dem Reichtum des Rammelsberges aufbauend, wurde Goslar in
den folgenden 200 Jahren Mittelpunkt kaiserlicher Macht, insbesondere unter
Heinrich III. (1039-1056) und Friedrich I. Barbarossa (1152-1190). Die späteren
Kaiser sind nicht oder doch nur selten in Goslar zu finden. 1340 wird die Stadt freie
Reichsstadt.
Das Harzinnere war ursprünglich ein kaiserlicher Bannforst, der zum Herzogtum
Sachsen gehörte, daß mit dem Sturz Heinrich des Löwen (1181) aufgelöst wurde.
1235 wurde für „Otto das Kind“ das Herzogtum Braunschweig als Reichslehen
gegründet zu dem auch Grubenhagen gehörte. Nach etlichen Grenzänderungen
besaß das Fürstentum Grubenhagen den südlichen sogenannten einseitigen Harzteil
1532 mit Osterode. Als 1596 die grubenhagensche Linie ausstarb wurde das
Fürstentum von Herzog Heinrich Julius zu Wolfenbüttel in Besitz genommen. Damit
unterstand auch Goslar dem braunschweigischen Haus. Auf Grund einer
reichsgerichtlichen Entscheidung musste 1617 der ehemals grubenhagensche Teil
der Lüneburger Linie übergeben werden. 1634 starb das braunschweigische Haus
aus: Der Besitz fiel ebenfalls der Lüneburger Linie zu. In einem 1635
abgeschlossenen Erbvertrag wurde festgelegt, daß die drei Nachfolgelinien eine
Dreiergemeinschaft nach Köpfen bildeten, den sogenannten Kommunions- Bergbau,
wie es ihn vorher schon zwischen Schaumburg- Lippe und Hessen gab.
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Der Oberharz wurde 1788 mit anderen Teilen des Gemeinschaftsbesitzes zwischen
Braunschweig und Hannover aufgeteilt. Unberührt blieb der Gemeinschaftsbesitz
Unterharz mit dem Erzbergwerk Rammelsberg und Goslar. 1813 fiel die freie
Reichsstadt Goslar an Hannover, 1866 wurde der hannoversche Harzanteil
preußisch und das Bergwerk Rammelsberg ging an die Preussag. Damit kam
politisch endlich Ruhe in den Bergbau und es konnte langfristig und kontinuierlich
geplant werden.
12. Über den Bergbau im Rammelsberg in der älteren Literatur Als erstes möchte ich über die Sage berichten, nach der der Rammelsberg seinen
Namen trägt.
(Roseneck, R.,2001) Ritter Ramm und sein Pferd Die Sage vom Ritter Ramm, seiner Frau Gosa und
insbesondere seinem Pferd, das bis weilen Ramel
genannt wird, ist bei Ercker 1565 niedergeschrieben. Sie
beginnt mit dem Satz „Es schreiben die alten Sachsen,
unter Otto dem Großen...“ habe Ritter Ramm auf der Jagd
in den Vorbergen des Harzes ein Wild verfolgt. Als der
Berg zu steil wird, bindet er sein Pferd an und setzt die
Verfolgung zu Fuß fort. Ungeduldig wartet das Ross und
scharrt mit den Vorderhufen. Dabei legt es einen
Erzbrocken frei, den der überraschte Ritter Ramm dem
König bringt. Nach weiterem Suchen entdeckt man das
reiche Erzlager „das Alte Lager“. Dem Ritter zu Ehren
heiße der Berg Rammelsberg, die Stadt nach seiner Frau
Goslar.
Georg Agricola berichtet über den Rammelsberg und den Abbau der Erze schon
1556 in seinem Buch „De RE Metallica, Libri XII.“
Erstes Buch (S. 3) Es behaupten ferner dieselben Tadler des Bergwesens,
dass sein Gewinn keineswegs beständig sei und loben
aufs höchste den Landbau. Mit welchem Rechte sie dies
behaupten, kann ich nicht verstehen. Dauern doch die
Silberbergwerke in Freiberg schon an die 400 Jahre
unerschöpft, die Bleiwerke Goslar schon an die 600 Jahre.
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Beides kann man aus den Denkmälern ihrer Geschichte entnehmen.
Sechtes Buch (S. 186) Außerdem stürzen auch Gruben ein, und die durch den
Zusammenbruch verschütteten Menschen gehen
zugrunde. Als einstmals der Rammelsberg bei Goslar
zusammenbrach, sollen nach der Chronik in den
Trümmern so viel Menschen umgekommen sein, daß an
einem Tage etwa vierhundert Frauen ihrer Männer
beraubt wurden.
Achtes Buch (S. 237) Zu Goslar bestreichen sie den Erzhaufen mit rotem Atrament
(Atramentum sutorium rubrum) = im Rammelsberg ein
Gemenge von Erz und schwefelsauren Salzen,
Rotfärbung durch Eisenoxyd, auch Kupferrauch genannt,
meist aus dem „Alten Mann“ gewonnen.
Erze des Neuntes Buch (S. 356) Beim Verschmelzen der zinkreichen Erze des
Rammelsberges bei Goslar bildet sich Zinkoxyd in großen Mengen, welches als
metallisches Zink oder Zinkoxyd verbrennt und Konterfeh oder Konterfei genannt
wird. (Das Zink ein besonderes Metall sei, hatte man zu Agricolas Zeiten noch nicht
erkannt) (Abb. 05 Naturkundliche Chronik Nordwestdeutschlands)
13. Bergbau und Kirche Bergleute allgemein, hatten aus Gottesfurcht und angesichts der steten
Lebensgefahr überall Zeugnisse ihrer Religiosität niedergelegt und aufgezeigt.
Zweifellos trifft das für die meisten Bergbaubezirke zu. Aber nicht so am
Rammelsberg. Dies bedeutungsvolle Bergwerk taucht in der einschlägigen Literatur
überall auf, nur nicht in der Sakralkunst. In Goslar gibt es nur wenige religiöse
Sachzeugen.
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Deutlich wird die religiöse Triebkraft von Bergleuten meist über Namen der Gruben.
So gibt es in vielen Montanrevieren unzählige Gruben, die nach Heiligen benannt
sind. Für den Rammelsberg ist weder eine solche übertägige noch eine untertägige
Sakralkultur nachzuweisen. Warum finden wir in Goslar keine solchen
Grubennamen?
Es gibt eine klare historische Begründung: Da viele der Gruben noch aus dem 13. Jh.
und früher stammen, liegt die Erklärung nah. Die Heiligentitel waren zu der
damaligen Zeit noch nicht in. Gruben wurden später auch nicht mehr umbenannt.
Dies bedeudet allerdings nicht, dass die Bergleute vom Rammelsberg nicht auch
gläubig waren und sowohl an den innerbetrieblichen Betstunden und Gottesdiensten
teilnahmen. Besonders nach den Kämpfen um den Rammelsberg, der Zerstörung
der Johanniskirche im Bergdorf und der Einführung der Reformation 1528 traten für
die Bergleute neben politischen auch religiöse Veränderungen ein.
Die Zwangsverwaltung, der das Bergwesen bis 1542 unterworfen war, drängte die
Stadt Goslar zur Entschädigung der Bergleute für die zerstörte Johanniskirche, und
die Bergleute forderten eine Neuregelung der sozialen Verhältnisse, nachdem ihre
religiösen Bruderschaften aufgelöst worden waren.
Der Rat stellte ihnen 1538 die Klauskapelle für die morgendlichen Beetstunden zur
Verfügung und die Frankenberger Kirche wurde zur Pfarrkirche der Bergleute.
Seither sind die Entwicklungen in Goslar protestantisch geprägt. Die Bergleute
kamen 338 Jahre lang morgens vor dem Anfahren zum Gebet und Gottesdienst
zusammen. Zur Zeit ihrer Einführung fanden sie dreimal wöchentlich gegen 3 Uhr
morgens statt. Eine Stunde lang wurde gepredigt, gemahnt und gesungen.
Neben den Beetstunden wurden in einem an die Kapelle angebauten Häuschen „Im
Hospital“ alte, schwache und verunglückte Bergleute gepflegt.
Eine neue Bergordnung von 1538 unterstrich den Zusammenhang von Arbeit und
Glauben. Ab der Zeit, fanden die Betstunden in der Klauskapelle nur noch 2 x die
Woche statt und das Gehalt für den Prediger wurde auf die Grubenrechnung
genommen.
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14. Überblick über die Geschichte des Abbaus im Rammelsberg Im Sachsenlande sind Silberadern gefunden worden. Diese Nachricht des Mönchs
Widukind von 968 n. Ch. galt bis vor einigen Jahren als der Beginn des Bergbaus am
Rammelsberg.
Bei Ausgrabungen in Düna, am südlichen Harzrand, bei Osterode wurden 1981 und
1985 Metalle, Erze, Schlacken und unterschiedliche Gegenstände gefunden, die auf
den Betrieb einer Schmelzhütte hinweisen. Diese Spuren stammen aus der Zeit um
300 n. Chr. Die Sensation aber war, dass die Reste sich eindeutig Erzen der
Rammelsberger Lagerstätte zuordnen lassen. Man fand an gleicher Stelle auch
Reste von Erzen aus Oberharzer Gangerzen.
Die Altersbestimmung wurde nach der Isotopen Methode vorgenommen: Dabei wird
das Mengenverhältnis verschiedener Bleiisotopen (Pb 206, Pb 207, Pb 208)
zueinander und vor allem zur Menge des Urbleis Pb 204 ins Verhältnis gesetzt. Mit
dem absoluten Alter kann man sicher verschiedene Mineralisationen unterscheiden.
(Isotope = die zu einem chem. Element gehörenden Atome gleicher Ladung.)
Andere Hinweise auf frühgeschichtlichen Bergbau im Harz, war der Fund einer
bronzezeitlichen Gussform für Beile und Barren aus Bad Sachsa und
Verhüttungsplätze im Oberharz.
Als geschichtlich sicher galt bis dahin, dass der Abbau auf die Metallerze am
Rammelsberg spätestens 968 zur Zeit Ottos I. begonnen hat. Der Erzbergbau hat
also nachweislich eine über tausendjährige Geschichte aufzuweisen.
Wie aus ähnlichen Lagerstätten bekannt ist, reichern sich die Erze im Bereich des
Grundwasserspiegels an. So wurden die auffälligen Erzpartien am Ausbiß zunächst
durch einfache Gräbereien abgebaut. Doch musste man schon bald zum
Untertagebergbau übergehen. Dazu wurden mainfränkische Bergleute
herbeigerufen. Die Bergherren, die die Berechtigung zum Bergbautreiben vom König
gegen Abgabe des Zehnten erhalten hatten, brachten zusammen mit den
Hüttenherren den Bergbau zu schneller Blüte, doch werden 1180 die Gruben und
Hütten infolge eines Streites zwischen Heinrich dem Löwen und Friedrich I. zerstört.
In der Zeit gedieh der Bergbau nicht recht.
19
1235 wurde den Welfen die Berghoheit von Kaiser Barbarossa verliehen. Die Welfen
entäußerten sich schon nach kurzer Zeit ihrer Rechte zugunsten der Goslarer
Bergherrenfamilien, das waren reiche Bürger der Stadt neben den sog.
„Sechsmannen“, die aus der Hand der Herren von der Gowische einen beträchtlichen
Grubenbesitz erhalten hatten, unter dem Vorbehalt des Rückkaufrechtes, des Rechts
am Zehnten und des Berggerichts. (Abb. 07 Die mittelalterlichen Grubenbaue des
Rammelsberges)
Planloser Abbau mit folgenden Einstürzen und großen Schwierigkeiten mit dem
einfallenden Grubenwasser, wollten den Bergbau nicht recht vorwärts kommen
lassen. Vielen Grubenherren blieb daher wegen ständiger Zuschusspflicht (die
Zubuße) nichts anderes übrig, als sich vom Bergwerkseigentum zu trennen. Der Rat
der Stadt Goslar nutzte diese Situation und brachte bis Ende des 14. Jahrhunderts
die gesamte Berghoheit in seinen Besitz.
Ab 1450 gab es entscheidende Fortschritte in der Wasserhaltung. Ab 1453 wurde die
„Heinzenkunst“ eingebaut, durch die das Wasser bis auf die Sohle des im 12.
Jahrhundert fertiggestellten Rathstiefstenstollen gelangte und von hier talwärts floß.
Bei der Heinzenkunst bewegte sich ein wasserradbetriebenes mit Lederbällen
besetztes Hanfseil in einer Holzröhre aufwärts, so daß das Wasser mitgerissen
wurde. Der Bergbau brachte ab da reichen Gewinn. (Abb. 08 Die Lage und
Höhenlage der Stollen des Rammelsberges; Abb. 09 Schematische Darstellung der
Rammelsberg Künste)
Es ist daher verständlich, dass die Welfen die Hoheit über den Rammelsberg Ende
des 15. Jh. auf Grund ihres Vorkaufrechtes zurückverlangten. Die Stadt Goslar verlor
1552 die Hoheit über die Gruben. Der Bergbau entwickelte sich unter den
Braunschweiger Herzögen weiter aufwärts. Heinrich Eschenbach führte 1560 die
Kunst mit dem „Krummen Zapfen“ ein. Dabei wurde die Drehbewegung eines
Wasserrades durch eine Kurbel (den „Krummen Zapfen“) auf zwei im Schacht auf-
und niedergehende hölzerne Gestänge übertragen. An den Gestängen befanden
sich Pumpen, die sich gegenseitig das Wasser zu hoben, oder eine Fahrkunst zum
Transport der Bergleute antrieben. (Abb. 10 Schema einer Fahrkunst)
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Ein tieferer Wasserlösungsstollen, der „Tiefe- Julius- Fortunatus- Stollen“ wurde 1585
mit einer Länge von 2578 m aufgefahren. Er ist heute noch in Betrieb, sein Mundloch
befindet sich in der Stadt Goslar.
Schon ab 1632 trat neben dem Feuersetzen beim Abbau schon das Sprengen mit
Schwarzpulver. Das Feuersetzen hat sich aber bis etwa 1880 erhalten, weil das
Bohren der Sprenglöcher in die harten Erze sehr schwer und die Wirkung des
Schwarzpulvers nicht sehr effektiv war.
15. Die Knappschaft in Goslar Die Knappschaft ist die älteste Sozialversicherung der Welt und hat das deutsche
und europäische Sozialsystem geprägt wie kaum eine Institution. Sie ist entstanden
aus den besonderen Gefahren im Bergbau und der daraus erwachsenen Notwendig-
keit einer sozialen Absicherung der Bergleute und ihrer Hinterbliebenen.
Der Hildesheimer Bischof Johann I. von Brakel sicherte in einer Urkunde vom 28.
Dezember 1260 der Sankt Johannis Bruderschaft am Rammelsberg bei Goslar, die
zur Unterstützung kranker und verletzter Bergleute und deren Hinterbliebenen
gegründet worden war, seinen Schutz zu. Diese Urkunde beinhaltet erstmals einen
Hinweis auf eine organisierte Sozialfürsorge und bildet den Ursprung der späteren
Knappschaften und mithin der deutschen und europäischen Sozialversicherung. In
ihrer Geschichte war die Knappschaft immer abhängig von ihrem politischen und
wirtschaftlichen Umfeld und ständigen Anpassungen an die soziale Wirklichkeit
unterworfen.
In der mittelalterlichen Gesellschaft blieb die Aufgabe der Krankenpflege oft der
Kirche überlassen. Dies Zeitalter der kirchlichen „Klostermedizin“ ging aber im 12. Jh.
zu Ende, als das Konzil von Clemont ein Praxisverbot für Geistliche verhängte. In der
Folgezeit überließen deshalb zahlreiche deutsche und europäische Klöster ihre
Herbergen und Spitäler Laienhelfer oder Laienbrüder, aus denen teilweise weltliche
Orden, wie zum Beispiel die Johanniter und Malteser hervorgingen.
21
Zu den Gründern dieser in Deutschland ersten weltlich geführten Krankenhäuser
gehörten auch vereinzelt regionale Knappschaften. Eine Urkunde aus dem Jahr 1294
sowie spätere Ausgrabungen bestätigen erstmals die Existenz des Johannis-
Hospitals in Goslar für erkrankte oder verletzte Bergleute. Die erste Sozialfürsorge
war geboren, zwar noch unsystematisch und unregelmäßig eher auf der Basis von
Almosen und Übriggebliebenen, sozusagen nach Kassenlage, aber organisiert und
mit dem Willen zur sozialen Hilfe. Später regelten dann Bergordnungen und mit
abverlangten regelmäßigen Pflichtbeiträgen die Unterstützung der Bergleute bei
Krankheit und Invalidität sowie die Versorgung der Hinterbliebenen.
Die Wiege der Sozialversicherung steht in Goslar. Die Bergleute am Rammelsberg
hatten sich, wie es in jeder Zeit üblich war, zu hauptsächlich religiösen
Gemeinschaften zusammengeschlossen, die aber auch sozialkaritative Aufgaben
wahrnehmen. Es ist nicht auszuschließen, dass solche Bruderschaften im
Bergbaubereich noch älter sind, aber es gibt bis heute keine auffindbare Urkunde
darüber.
Es gibt in der Geschichte immer wieder Ereignisse von herausragender Bedeutung,
die die Entwicklung der nachfolgenden Jahrhunderte maßgeblich bestimmen. Ein
solches Ereignis ist für die Entwicklung der Sozialpolitik in Deutschland das „Gesetz
über die Vereinigung der Berg-, Hütten-, Salinen- und Aufbereitungsarbeiter in
Knappschaften“, kurz als Preußisches Knappschaftsgesetz gilt weithin als Grundstein
der deutschen und europäischen Sozialversicherung. Drei wesentliche
sozialpolitische Meilensteine werden im Preußischen Knappschaftsgesetz zum
ersten Mal in der Geschichte verbindlich festgelegt:
- die Einführung der Sozialversicherungspflicht,
- die Einführung des Versicherungsprinzip „Leistung gegen Beitrag“
- die Einführung der Selbstverwaltung
Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft- Bahn- See ist bis heute eine
Sozialversicherung mit Selbstverwaltung wie alle gesetzlichen Sozialversicherungen
in Deutschland.
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16. Zeit der Betriebsreformen J. C. Roeder, 1763 bis 1810 Unter den Unterharzer Beamten ragen zwei durch die Verdienste, die sie sich um die
Entwicklung des Rammelsberger Bergbaus erworben haben, weit über alle anderen
empor. Der erste ist der in der zweiten Hälfte des 16. Jh. unter den Herzögen
Heinrich dem Jüngeren, Julius und Heinrich Julius wirkende Oberzehnter und
Oberverwalter des braunschweigischen Harzgebietes Christoph Sander und der
zweite der Oberbergmeister Johann Christoph Roeder, der von 1763 bis 1810 tätig
war.
Roeder ist am 15. Februar 1730 in Clausthal geboren und hat seine grundlegende
bergmännische Ausbildung im Oberharzer Bergbau erlangt. Gegen Ende des Jahres
1763 wurde er zum Rammelsberg versetzt, wo er als Geschworener und bis zum
Oberbergmeister 1799 aufrückte. Am 1. Oktober 1810 trat er, 81 Jahre alt, in den
Ruhestand. Am 21. Juni 1813 ist er in Goslar gestorben.
In einer kurzen Zusammenfassung soll auf einige wichtige Verdienste, die Herr
Roeder sich um den Rammelsberg erworben hat hingewiesen werden:
1. Das Grundübel am Rammelsberg war, dass vom Beginn seines unterirdischen
Abbaus bis zur Übernahme der Betriebsführung durch Roeder, die durch den Abbau
erzeugten Hohlräume nicht versetzt wurden. Wodurch es in Strecken und Weiten,
den sog. „Tretungen“ immer wieder zu Zusammenbrüchen kam.
Zur Bekämpfung dieses Übels setzte Roeder durch, dass planmäßig sowohl die
entstehenden - als auch die schon vorhandenen Weiten verfüllt wurden. Da die im
Betrieb anfallenden „Berge“ dazu bei weiten nicht ausreichten, ließ er von 1767 ab,
die Abbaue mit Versatzmaterial, das übertage in einem Steinbruch gewonnen wurde
verfüllen.
2. Als den zweiten Grundfehler des bisherigen Betriebes erkannte er, daß außer
der „Bergesfahrt“ noch keine, durch die ganze Länge des Lagers hindurch laufende
und zwischen den Gewinnungsstätten und Schächten bestehende Verbindung
vorhanden war.
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Die Förderung der Erze bis zu den Treibschächten musste darum bis zu Roeders
Zeit mit hohen Kosten durch viele enge- und krumme Strecken hindurch
bewerkstelligt werden. Roeders Bestreben war deshalb darauf gerichtet, in
Tiefenabständen von etwa zehn Lachtern durchgehende Sohlenstrecken zu
schaffen, die zum Schutz gegen die Einwirkungen des fortschreitenden Abbaus nicht
in das Lager selbst, sondern in dessen liegendes Nebengestein gelegt werden.
3. Die in den 1750er Jahren übertage eingerichtete Kehrradförderung hatte
gegenüber der früheren Pferdeförderung einen wichtigen Fortschritt dargestellt; sie
litt aber doch an den Mangel, daß die Arbeit des Wassers von den am Damme des
Herzberger Teiches gelegenen Kehrrad durch lange, kraftverzehrende Feldgestänge,
die durch Ausbesserungsarbeiten hohe Kosten verursachten, nach den Schächten
eingeleitet werden musste, während es viel vorteilhafter war, die Wasser mit
geringen Gefälleverlust unmittelbar zu den Stellen, wo ihre Kraft gebraucht wurde,
hin fließen zu lassen. Roeder gründete auf die Erkenntnis dieses Mangels mehrere
Vorschläge, die von den Berghauptleuten nach langer, gründlicher Prüfung entgegen
dem einmütigen Votum der am Alten hängenden Unter- und Oberharzer
Betriebsbeamten gebilligt wurden. Sie bestanden darin, dass
a) einen leistungsfähigen „Neuen Treibschacht“ 150 m westlich vom
Kanekuhler Schachte an einer für die künftige Erzgewinnung „aus
dem Tiefsten“ günstig gelegenen Stelle abzuteufen und
b) die bisherigen Wasserkraftanlagen, das Kehrrad unter dem Damme
des Herzberger Teiches und die überalterten Künste des Alten
Kunstschachtes, durch vier „inwendige“, d. h. untertägige, das
vorhandene Gefälle in wohlüberlegter Weise ausnützende
Wasserräder zu ersetzen. Je ein Kehrrad am Kanekuhler Schachte
und an dem Neuen Treibschachte und zwei Kunsträder, die zur
Wasserhebung aus dem Neuen Schachte dienen sollten. (Abb. 11
Grundriß der Betriebe von Roeder)
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17. Der Abbau im letzten Jahrhundert Das Erzbergwerk Rammelsberg hat sich in den Abstimmungen mit den Hütten
besonders in den letzten Jahren seines Bestehens zu einem modernen Bergwerk
entwickelt. Es förderte 1965 ca. 300 000 t Roherz mit 840 Belegschaftsmitgliedern.
Die letzten mittelalterlichen Schächte wurden erst Anfang des 20 Jh. stillgelegt. An
ihre Stelle traten moderne Förderschächte. 1936 bis 1938 wurde der Rammelsberg-
schacht abgeteuft, der unmittelbar an der Aufbereitung zutage kommt. Mit ihm
konnten täglich 1000 t Roherz gefördert werden. Seine Teufe beträgt 489 m. (Abb.
12 Fördergerüst des Rammelsberg- Schachtes)
Das Lager ist durch Richtstrecken erschlossen, die in höheren Abschnitten einen
seigeren Abstand von 20 m und in tieferen Abschnitten von 40 m haben.
Während bis in die 50er Jahre des 20.ten Jh. der Teilsohlenbruchbau das wichtigste
Abbauverfahren war, wurde unterhalb der 10. Sohle der Pfeilerabbau angewendet.
Zu diesem Zweck werden querschlägige Kammern mit einer Breite von höchstens 10
m und einer Höhe von etwa 5 m aufgefahren und Pfeiler von 12 m Breite der
Sicherheit halber stehen gelassen. Schrapper und fahrbare Ladegeräte sorgen für
eine schnelle Abförderung des hereingewonnenen Haufwerks. Der durch den Abbau
entstandene Hohlraum wird versetzt; danach können die Pfeiler hereingewonnen
werden. (Abb. 13 Teilsohlenbruchbau im Oberharz; Abb.14 Pfeilerabbau auf dem
Bergwerk Rammelsberg)
18. Die Aufbereitung Die Aufbereitung des Roherzes erfolgte in der 1937 erbauten modernen Aufbe-
reitungsanlage Rammelsberg, die für einen täglichen Durchsatz von 650 t Reicherz
und 550 t Banderz ausgelegt war. Das Banderz wurde gesondert herausgezogen
und zur Armerzaufbereitung Bollrich transportiert, das Reicherz blieb am
Rammelsberg. Die Feinzerkleinerung erfolgte in Kugelmühlen. Da das Erz sehr fein
verwachsen ist, war eine starke Zerkleinerung erforderlich, um die
Mineralkomponenten durch Flotation trennen zu können.
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In der Vorflotation wurde ein Teil der Erze bereits als Konzentrat herausgezogen.
Nachdem in der Nachzerkleinerung das Erz bis auf 90% unter 0,04 mm
Korndurchmesser in Kugelmühlen zerkleinert war, wird in der Nachflotation weiteres
Konzentrat gewonnen. Schließlich wird in der Schwerspatflotation noch Schwerspat
angereichert. Die sulfidischen Erze werden entwässert und über den Gelenbeeker
Stollen ebenfalls zum Bollrich transportiert. (Abb. 15 Aufbereitung Rammelsberg)
19. Die Erfindung des Drahtseils Das Drahtseil kann mit Fug und Recht als die nachhaltigste Erfindung bezeichnet
werden, die je aus dem Oberharzer Bergbau hervorgegangen ist. Die Erfindung hat
den Bergbau revolutioniert. Auch im Rammelsberg sind die „Neuen Seile“ eingesetzt
und haben Hanfseile und Ketten als Fördermittel abgelöst.
Nach der Wiederaufnahme des Bergbaus im 16. Jh. im Oberharz drangen die
Schächte unterschiedlich schnell in größere Teufen vor. Menschliche Kräfte reichten
nur aus, um Erz und taubes Gestein mit einem Handhaspel aus Tiefen von 40 m bis
50 m zu heben. Bei tieferen Schächten halfen bis zur Erfindung der Dampfmaschine
die Nutzung der Wasserkraft oder die Pferdekraft mittels Göpel.
Am Ende des 17. Jh. hatten aber viele Gruben im Oberharz schon eine Tiefe von 200
m und mehr. Erschwerend wirkte sich aus, dass viele Schächte nicht senkrecht,
sondern tonnlägig abgeteuft waren. Statt der Hanfseile hatte man schon eiserne
Ketten als Zugmittel eingeführt. Diese Förderketten scheuerten an den Knickpunkten
im Schacht und wogen bei tiefen Schächten mehr als die mit Erz gefüllte
Fördertonne. Die starken, oft ruckartigen Belastungen führten zu Kettenbrüchen und
Abstürzen der Fördertonne. Schwere Unfälle und Schäden an der
Schachtzimmerung waren die Folge. Wegen all dieser Schwierigkeiten sah man sich
deshalb gezwungen, gerade bei den tiefen Schächten wieder zu den teueren und
besonders durch das Einwirken von Nässe und Schlamm nur kurzlebigen Hanfseilen
zurückzukehren. (Abb. 16 Fossile Hanfseile)
26
Anfang des 19. Jahrhunderts war bei den Bergämtern in Clausthal und Zellerfeld ein
Wilhelm August Julius Albert als Jurist in Dienst getreten. Während der Franzo-
senzeit wurde er „Ingenieur en Chef“ und Divisionssekretär der Harzdivision. Im
Jahre 1814 erfolgte seine Ernennung zum „Zehnten“. Er übt nun weitgehend die
Leitung des Clausthaler Bergamtes aus. Obwohl Jurist, berührten seine Aufgaben
nun auch die technischen Belange des Bergbaus. Albert befasste sich schon ab
1824 mit dem Problem der Zugmittel. Er stellte die schädliche Wirkung der Flächen-
drücke und die nachteiligen Biegebeanspruchungen der Ketten beim Wickeln der
Ketten auf Trommeln fest. Zunächst versuchte er diese zu verringern, indem er eine
gesondert angetriebene Treibscheibe direkt über dem Schacht anordnete, wodurch
sich die Zahl der Bügelbewegungen auf ein Fünftel reduzierte und eine längere
Haltbarkeit der Ketten erreicht wurde. Alle weiteren Versuche zur Verbesserung der
Fördereinrichtungen blieben jedoch mehr von Rückschlägen als von Teilerfolgen
gekennzeichnet. Bei Albert setzte sich die Erkenntnis durch, dass ein Seil geschaffen
werden müsse, welches auf der vollen Zerreißfestigkeit des Eisens beruhte und ohne
Teilung in Glieder konstruiert war.
Seine ersten Drahtseile fertigte er im Mai 1834 im Hof der Clausthaler Münze.
Danach nutzte er das 40 m lange Dachgeschoß der Dorotheer Erzwäsche als
Arbeitsraum. Die Drähte lieferte die Lauterberger Königshütte in Abschnitten von 17
m bis 38 m.
Mit selbst konstruierten Werkzeugen ließ Albert vier jeweils 3,5 mm dicke Drähte zu
Litzen zusammen drehen, von denen wieder drei zum fertigen Seilverband
zusammengedreht wurden. War ein Draht zu Ende, legte man das nächste Stück ca.
1 m überlappend daran. Die fehlende Verbindung spielte keine Rolle, denn die Kräfte
verteilen sich im Seilverband alleine über die Reibung zwischen den Drähten im
Seilverband. In dieser Erkenntnis liegt die eigentliche Genialität von Alberts
Erfindung. Nun ließen sich Seile von großer Länge herstellen.
Dreizehn Personen schafften es, in einer Stunde ca. 15m Seil herzustellen. Bei den
begrenzten Längen der Einzeldrähte war das Aneinanderfügen der Drähte
notwendig.
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Jeweils 1 m vor dem Ende eines Drahtes wurde ein neuer Draht zwischen die 4
Drähte einer Litze eingefügt, die sonst 4- drähtige Litze wurde so auf einen kurzen
Abschnitt 5- drähtig. Die so entstandene Reibungsverbindung ist vergleichbar mit
einer heute noch üblichen Spleißverbindung. (Abb. 17 Werkzeug zur
Drahtseilherstellung; Abb. 18 Drahtseilherstellung nach Oberbergrat Albert, 1834;
Abb. 19 Fertigstellung der Drahtseile nach Oberbergrat Albert)
20. Literatur BERNHARDT, W. (1931): Geschichte des Rammelsberger Bergbaus von seiner
Aufnahme bis zur Neuzeit.- Archiv f. Lagerstforschg., H.52, Berlin.
LAMPE, W. u. RÜCKBRODT, K. (2010): 175 Jahre Drahtseil - Eine Erinnerung an
Oberbergrat Albers Erfindung; Ztschr. Bergbau, H. 6, 61Jahrg., Essen.
ROSENECK, R. (2001): Der Rammelsberg - Bd.1 + 2; Goslarsche Ztg., Goslar
SKIBA, R. (1966): Moderner Harzer Bergbau - Piepersche Buchdruckerei, Clausthal-
Zellerfeld.
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AK Bergbau: Heft 25, Abb. 1 (Roseneck R. 2001)
29
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 2 (Roseneck R. 2001)
30
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 3 (Roseneck R. 2001)
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AK Bergbau: Heft 25, Abb. 4 (Roseneck R. 2001)
32
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 5 (Roseneck R. 2001)
33
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 6 (Roseneck R. 2001)
34
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 7 (Roseneck R. 2001)
35
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 8 (Roseneck R. 2001
36
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 9 (Skiba R. 1966)
37
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 10 (Roseneck R. 2001)
38
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 11 (Roseneck R. 2001)
39
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 12 (Roseneck R. 2001)
40
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 13 (Roseneck R. 2001)
41
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 14 (Roseneck R. 2001)
42
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 15 (Roseneck R. 2001)
43
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 16 (Lampe W. et. al. 2010)
44
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 17 (Lampe W. et. al. 2010)
45
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 18 (Lampe W. et. al. 2010)
46
AK Bergbau: Heft 25, Abb. 19 (Lampe W. et. al. 2010)
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