Das Festmahl

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Das Festmahl. Nachdem sich am Abende vor dem Enthiillungstage die Festteil-

nehmer bereits zablreich z u gemeioschaftlicher BegruSung in der Stadthalle zusamrnengefunden hatten, versammelte nach der Feier selbst der Denkmals- AusschuB die Ehrengaste, die Redner bei der Enthiillungsfeier, sowie eine groIje Anzahl von Festteilnehmern , YOU

ehemaligen Schiilern und Verehrern des Meisters zu einem festlicheo Mahle urn 3 Uhr nachmittags im groden Saale der Stadthalle.

Der Vorsitzende des geschiiftsfiihreuden Ausschusses, Geheirnrat C u r t i u s , dankte in seiner Ansprache den anwesenden Stiftern des Denkmals, den Verwandten des Meisters und den erlauchten rind hoheu Ehrengiisteu fur ihr Erscheinen und fiihrte weiter folgendes Bus:

BWenn ich Ihnen allen, hochgeehrte Herren, fur Ihre Teilnahme besonders danke, so miissen Sie es doch dem Chemiker zugute hal- ten, wenn sein Auge dabei in diesem Saale herumschweift, um dem Blicke derer zu begegnen, welche selbst noch unter dem Meister, den wir beute feiern , desseu Denkmal wir heute enthiillten , geforscht und gearbeitet haben. Gar rnanche noch aus der Reihe der alten Gnrde der Chemiker ah Stifter zum Bunsen-Denkmal durften wir erwarten, unter uns zu sehen. ,Das Alter mindert meine Beweglich- keit, ich kann oicbt Irommencc schreibt uns heute K a r l D e b u s in Cassel, der Bunsens Assistent in Marburg bis 1852 war. d c b lernte ihn zuerst kennen vor 70 Jahren 1838, wie gern ware ich geko1nmen.o: Das war vor Bunsens Heidelberger Zeit uLd mutet uns fast wie ein Marchen an. Aus der Heidelberger Zeit aber, nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts, sitzt heute noch manch einer unter uns. Wir haben das alte Bibliotheksbuch des Chemischen Universitiitslabora- toriums von 1852 zur Hand und schlagen es auf: #Heidelberg im November 1852a, Bibliotheksordnung. Wer hat das geschrieben ? Es ist die klare Schrift, heute noch wie vor einem halben Jabrhnndert, meines teuren Freundes G e o r g Qu incke , damals stud. phil. Und nun lesen wir weiter auf derselben Seite lauter Autographen: Car ius t, Roscoe , Be i l s t e in $, L o t h a r Meyer t , E r l e n m e y e r , B s r t h f , L a n d o l t , L i e b e n , P e b a l f, Volhard : - welch ein Klang von Namen ! Lauter Grands-Seigneurs der cbemischen Wissenschaft! Ale Nestor nachst E r l e n m e y e r unter ihnen aber diirfen wir beute unter uns den hochverehrten L a n d o l t in pervona begriiben. Ihm ganz be- sonders herzlichen Dank dafiir! Von der slten Garde des Bunsen- Laboratoriums sind leider die meisten noch Lebenden verbindert ge- wesen, unter uns zu erscheioen. Icb nenne vor allen Roscoe ,

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L i e b e n , V o l h a r d , Adolf Baeye r ! Mit mehr a18 70 Jahren findet man den Weg nicht mehr so leicht, selbst nicht nach Heidelberg! Aber alle schreiben, daB sie es als wabren Schmerz empfinden, nicht unter uns sein zu konnen, so Roscoe und Adolf B a e y e r , die treuen Mitarbeit& Bunsens aus dem Anfang der funfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts.

Hohe Festversammlung! In diesem selben Ssale, in dem wir heute tagen, sage am 6. August 1903 der Philosoph K U D O F i s u h e r in seiner Anrede an den &hen Rector Magnificentissimus der Uni- versitlt, Groflherzog F r i e d r i c h I. von Baden, bei festlicher Tafel zum hundertjahrigen Restaurationsjubilaum der Universifat: BDurch die Weisheit Euer Koniglichen Hoheit Berufungen sind drei der gr6Bten Naturforscher aller Zeiten , deren Namen durch die Jahr- hunderte gehen, an dieser Hochschule vereinigt worden : B unsen , Kirchhof f , Helmhol tz . Auf dem weiten Runde der Erde sind zwei Menschen, die es verdienen, in der Some beriihmt zu sein, Bunsen und Kirchhoff . In der Geschichte unserer Universitat ist das Jahr 1860 auch aus diesem Grunde ein hell leuchtendes: es ist das Jahr jener wunderbaren K i r ch h o ff-B u n sen scben Entdeckungen, welche man die Spektralanalyse nennt.cc - Und GroBherzog F r i e d - r i c h I., als er a h Rector Magnificentissimus bei Gelegenheit der Er- iiffnung des Krebsinstitutes in der Aula der Universitlt zum letzten Male in seinem reichen Leben unter seine Professoren trat und vor den aus allen Teilen der Welt zusammengestromten Gelehrten redete, rief, der Glnnzzeit der Hochschule gedenkend, mit lauter Stimme in den Saal: BIch nenne nur Bunsen!(( Zweimal habe ich dem Hohen Herrn iiber den Fortgang des Bunsen-Denkmals Vortrag halten diirfen, cler ihn lebhaft interessierte. Wie herzlich klangen da seine Worte, wenn er der Zeit B u n s e n s und Gmel ins , bei denen er selbst Chemie gehort, gedachte! Wie gern ware er heute unter uns ge- treten, um das hehre Bild Bunsens mit zu neuem Leben z u erwecken! Es war ihrn und uns nicht vergonnt.

Auch GroBherxog F r i e d r ich II., unser erhabener Herr, hatte den Wnnsch ausgesprochen, der Enthiillung des Denkmals fiir Bunsen, dessen Schiiler er selbst im Jahre 1876-1 877 war, heute beiwohnen zu konnen. Wenn es uns auch heute nicht vergannt gewesen ist zu sehen, daB unser geliebter Fiirst selbst das Zeichen gab, daB das Bild eines der gr6Bten Geistesheroen aller Zeiten der Nachwelt wieder erstehe, so wissen wir doch durch die Botschaft Euer Erzellenz, daD er unserer heutigen bedeutsamen Feier gern gedenkt. Unserer aller Gedariken einigen sich daher, zugleich zu dem hohen Schirmherrn des deutschen Vaterlandes aufblickend, in dem einzigen Rufe der Liebe

und Treue: Seine hlajestiit Kaiser Wi lhe lm 11. von Deutschland und Seine Konigliche Hoheit, unser erhabener GroBherzog und Herr, F r i e d r i c h 11. von Baden, sie leben hoch!e

81s zweiter Redner feierte Seine Exzellenz Geheimrat B e k k e r , der Senior der Universitat Heidelberg, die zahlreich anwesenden Mitglieder der F a m i l i e B u n s e n , indem er in tiefst empfundener Weise den engen personlichen Beziehungen, welche ihn rnit dem Altmeister verbanden, Ausdruck gab und dessen vornehme, korrekt ritterliche, echt germanische Persiinlichkeit, gesund an Kiirper und Geist, Tor den Zuhorern erstehen lie&

Geheimer Justizrat Bun sen -Hamover sprach als altester Neffe den Dank der Familie in warmen Worten aus, indem er gleichzeitig ein so fesselndes Bild von den Beziehungen gab, die Bunsen rnit der Natur und den Menschen in Heidelberg verbanden, daB dasselbe fur die Kenntnis des Lebens des Meisters von allgemeinem Inter- esse ist. Es sei daher aus der Rede hier folgendes, bisher kaum bekannt gewordenes wiedergegeben:

BUnser Oheim hat Heidelberg zuerst am 5. September 1832 be- treten. Auf seiner Studienreise nach Paris kam der 21-jahrige junge Doktor, nachdem er einige Wochen im Kreise der viiterlichen Ver- wandten in Frankfurt a. M. geweilt, nach fahreader Scholaren Art rnit leichtem Pu13 und leichtem Gepack, vom herrlichsten Wetter begiinstigt, von Darmstadt die BergstraBe entlang, bei Bickenbach rnit einem Abstecher in den Odenwald uber die Alsbacher Burgruine, den Meli- bocus, das Felsenmeer, hierher gewandert, bei der Wegbieguog i n Neuenheim uberrascht und entxiickt, wie es nicht anders sein konnte, durch den sich eroffnenden Blick ins Neckartal, auf die Stadt i n ihrer rnalerischen Lage rnit ihren Bebengelanden, den Terrassen, den ge- schmackvollen Parkanlagen, vor allem durch den Anblick der SchloB- ruine, die man gewiIj rnit ltecht fiir die schiinste noch existierende ha1 te .

Den folgenden Tag beniitzte er znnachst z u Besuchen bei den Professoren seiner Facher: Grnelin, Munke , von L e o n h a r d , - Lijwig und (+e ige r wareu zu seinem Bedauern verreist - urid zur Besichtigung ihrer Sarnmlungeii uud Lsboratorien, die seine hohe Be- wunderung fanden -, von allen, wie er seinen .Eltern berichtet, rnit der vielgeriihmten siiddeutschen Zuvorkommenheit nufgenommeu, ob- wohl er nicht mit Empfehlungsbriefen versehen, nur miindliche CTriiBe von R o s e in Berlin zu bestellen hatte.

Biricbte d. D. Chem. Geeellsohaft. Jahrg. XXXXI. 313

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Am anderen Vormittag setzt er dann, wieder zu FuB, die Reise nach Mannheim fort, um, glucklicherweise angetrieben durch einen einsetzenden heftigen Regen, im Geschwindmarsch auf langen Beinen noch in der letzten Minute das nm 2 Uhr nach Mininz abgehende Dampfschiff zu erreichen.

Damals ahnte er nicht, daB kaum 20 Jahre sptter Heidelberg sein Wohnsitz fur die Dauer seines Lebens werden sollte.

Es sind uns aus dem Nachlasse eines ihm besonders nahe ge- standenen Freundes aus der Marburger Zeit, des Kirchenhistorikers Konsistorialrat Prof. H e n k e daselbst, einige Briefe von ihm erhalten, die er anfangs der funfziger Jahre an diesen gericlitet hat, und deren Besitz ich der Gute der Tochter desselben verdanke. An H e n k e schreibt er am 25. August 1852:

,Mein Hab und Gut ist wohlverpackt auf der Reise nach Heidel- berg, und icli streife sclion seit 8 Tagen als herrenloses Individuum in den herrlicben Felsentilern der Zentral-Karpathen umher, fur meine Riickkunft des Allerhochsten Patents gewartig, das niir eine bleibende und hoffentlich recht gemachliche Stiitte iiii schonen Neckartale be- reiten s01l.c

Diese Hoffnuog bat ihn nicht getauscht. An1 29. Oktober 1852 schreibt er demselben Hen ke :

.Es lebt sich hier himmlisch in Heidelberg. Ich sehe schon jetzt, da13 ich diesen Schritt nie bereuen werde. . . . I n Karlsruhe weiB man nicht, was man mir alles zuliebe tun 5011. . . Mir wird oft angst und bange, wie icli so groden Erwartungen entsprechen sol1.a

Endlich am 15. November 1852, nachdem er zuaachst die Ver- zogerung seiner Antwort damit entschuldigt hat, daB er BVOO seinen vielen Arbeiten im Laboratorium und yon allen nioglichen KnifFen und Finessen ganz in Anspruch genommen gewesen sei, die er bei dem hiesigen Magistrat und den beiden Biirgerausschiissen habe spielen lassen, urn sich einen Bauplatz fur das neue Laboratorium an der Promenade zu ergaunern - (was ihm jedoch, denke ich, i n der Gunst der stadtischen BehGrden nicht nllzusehr gesuhadet hat) -, heiBt es weiter:

Meine Vorlesungen sind so besetzt, als ich nur erwarten kann, und im Laboratorium ver- mag ich niemanden mehr zu placierensc

So war es im Anfang seines hiesigen Lebens, und so ist es ge- blieben im Wechsel der Jalire, besonders da die Freude an der Be- rufstiitigkeit und an den NaturschBnheiten erhiiht wurde durcli SO manch herzliclies Band treuer Freundschaft, das in Heidelberg sich ihm kniipfte.a -

DES gefsllt mir hier mit jedem Tage besser.

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Der Redner brachte z u m SchluS der Universitiit und der Stadt Heidelberg die besten Wiinsche dar mit den Worten J o s e p h V i k t o r Sche f fe l s :

>)Heil der Stadt, wo Schopfungspracht Mit Weisheit im Vereine, Ein brausend Hoch sei Dir gebracht, Alt-Heidelberg, Du Feine!a

Geheimer Hofrat Prof. Dr. v. D uhn -Heidelberg feierte den Sch8pfer des Denkrnales, Prof. H e r m a n n Volz , in scbwungvollen Worten, indeni er den hoben kunstlerischen Wert eingehend beleuchtete.

Prof. Volz-Karlsruhe dankte in einer Bede, in welcher er das friedfertige Zusammenwirken der beiden ungleichen Schwestern, der Wissenschaft und der Kunst, hervorhob.

Enter den weiteren Reclnern bracbte Oberburgermeister Dr. W i l c k e n s dem engeren Denkmals-Komitee den Dank dar fur die nufopfernde Arbeit, Herrn Geheimen Justizrat Bun s e n fur die der Staclt Heidelberg gewidmeten Worte und dem Herrn Staatsminister Freiherrn v o n D u s c h fur das der Universitat stets zugewandte Inter- esse. S e i n e E x z e l l e n z lenkte i n seiner Erwiderung den ihm ge- wordenen Dank auf den UniversitAtsreferenten, Herrn Geheimen Oberregierungsrat Dr. Bohm, ab, der unermudlich das Gedeihen der Hochschulen Badens fiirdere. Endlich sei noch der Worte ge- dacht, welche Geheimrat Prof. Dr. W. 0 stwald-Grofibothen im Namen der Deutschen Bunsen-Gesellschaft sprach :

Er betonte, da13 er weder zii den persiinlicheii Freunden und Schiilern Bunsens gehart babe, noch in irgend einem Sinne sich einen Heidelberger nennen dtirfe ; aber Bunsens Bedeutung gehe eben weit tiber die Grenzen Heidelbergs hinaus, und urn Zeugnis fur diese Fern- wirkung Bunsens zu geben, sei er von der Deu t schen Bunsen- Gese l l s cha f t beauftragt worden, das Wort zu nehmen. Die Fern- wirkung Bunsens erstreckt sich auf unsere Wissenschaft, r a u m l i c h in- sofern, als von seinen Arbeiten zabllose weitere in allen Teilen der Kulturwelt angeregt worden sind, und seine Grundlegung der Elektro- chemie hat vor 15 Jaliren die Deutache Elektrochemische Gesellschaft veranlaflt, Bunsen zu bitten, ihr erstes Ehrenmitglied ZLI werden. In dem Archiv dieser Gesellschaft, dcr spateren Bunsen-Gesellschaft, ist noch sein giitiges Annahmetelegramni vorhanden. Z-eit l i ch bedeutet die Fernwirkung, daR wir noch zahllose, von Bunsen ausgehende An- regungen in Zukunft erst werden auszunutzen verstehen. Bunsen ist aber auch insofern ein Prophet kiinftiger Zeit, als er die Vorherr- schaft der Naturwissenschaft in unserer Kultur zum Ausdruck zu

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bringen begonnen hat. Seine Gesinnung wird durch einige Verse Goethes gekennzeichnet, die nach leiser Retusche lauten :

DNieht in Rom, in magna Graecia, Dir im Herzen ist die Wonne da, Wer an seiue Mutter, die Natur sich halt, Find’t im Reagensglas seine We1t.u

Telegramme vou nah und fern waren in groIjer Zahl eingelaufen, so vou Abegg, A u w e r s , B a e y e r , D u i s b e r g , Hors tmnnn , La- d e n b u r g , E. v o n Meyer , Oppenhe im, v. Ros tho rn .

Roscoe telegraphierte : Herzliche Gliickwiinsche und GruDe von Old-England an Alt-Heidelberg, Du Feine, ob der Enthullung des Bunsendenkmales.

H u g o Schiff-Florenz: Dem Andenken Bunsens geistig verzint, sendet Ausdruck synipathischer Teilnahme.

Aus Stockholm : Heil dem hfeister, seinem unsterblichen Werke. A r r h e n i 11 s, E u 1 e r , G a r d n e r , J o h a n s s o n , Maxi m o f f , Taylor .

C a r l L i e b e r rnann- Berlin : DMoge das Denkmal des groBen Forschers, zu dem in Rewunde-

rung und Ehrfurcht heute die gesnmte Naturforschung aufblickt, nlle- zeit ein treuer Mahner sein, im Geiste Bunseus die Nnturwissen- schaften z u fiirdern, zu beleben und immer neu z u entwickeln.((

Prof. Dam b e r g i s - Athen : ~ V o m PuBe der Akropolis spricht sich bei der heutigen Ent-

hiillung des Standbildea tles bochgeistigen Chemikers Robert Bunsen neben dem ganzeh Weltall auch die griechische Erkenntlichkeit mit schlagendem Herzen und feuchten Augen aus. Mit iinaussprechlicher Riihrung ii bersende auch ich, sein Schuler, die ehrfurchtsvollen GriiSe aus Griechenland, das die altesten Weisen hervorgebracht hat. Griechen- land ehrt ilire Narhfolger, deren beruhmtes Abbild der von der ganzen Welt geelirte groBe Forscher und unvergleichlirhe Chemiker von Heidelberg istea

Das Telegramm des D e u t s c h e n Museums von Meis te r - w e r k e n d e r N a t u r w i s s e n s c h a f t i i n d T e c h n i k in Miinchen lautet :

,GruB und Gliicknunsch zur Enthiillung des Denkmales fur Ro- bert Bunsen, von dessen Lebensarbeit das Deutsche Museum dank dem Entgegenkommen der Heidelberger Universitat feinsinnigste In- strumente der Forschung in treuer Obhut bewahrt, dessen Bildnis, ge- stiftet von Sr. Kiinigl. Hoheit dem GroSherzog F r i e d r i c h I. von Baden, iinseren Ehrensnal schmhckt. Wir feiern den Meister im Ersinnen

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experimenteller Methoden und deren Anwendung anf wissenschaftliche irnd technische Probleme der Physik iind Chemie, wir feiern den genialen Gelehrten, der im Bunde mit K i r c h ho f f die Spektralanalyse begrundet, durch welche die chemische Beschaffung und Beschaffenheit der Himmelskorper dem Auge sich erschliebt.

Deutsches Museum: Dr. ing. O s k a r von Mi l le r , Dr. W a l t e r von D y c k , Dr. ing. C a r l yon L i n d e s

Die am Pestmorgen zu Ehrendoktoren ernannten Adolf von B a e y e r nnd J. H. van ' t Hoff telegraphierten:

.Die Zeit, welche ich in Heidelberg bei Bunsen zubringen durfte, war die gliicklichste meines Lebens. So ist auch die Ernennung zum Ehrendoktor am Tage der Enthullung seines Denkmals das schonste Geschenk, welches mir je geworden.6

Ad olf B a e y e r - Starn berg.

BSoeben von einer Erholungsreise zuriickgekehrt, war ich iiber- aus erfreut iiber die mir zuteil gewordene Ehre, welche die vielen Fesseln, die mich scbon i n Gedanken an Alt-Heidelberg binden, um die schonste vermehrt.a v an' t H of f -Berlin.

Am folgenden Tage, a111 Sonntag, den 2. August, vereinigten Ge- heinirat C u r t i u s und Kommerzienrat G l a s e r alle zur Feier von aus- warts erschienenen Chemiker mit den in Heidelberg wohnenden zu einem festlichen Mittagsmahle im Europaischen Hof. Gegen Abend folgte ein groIjer Teil der Erachienenen einer Einladung des Holrates B e r n t h s e n auf seinen in Schlierbach, dicht bei Heidelberg, hoch uber dem Neckar idyllisch gelegenen Landsitz. I n denselben Abend- stnnden fanden sioh schon anwesende und neu ankommende Gaste auf den1 ehrwiirdigen Schlosse ein, begriiBt von dem Vorstand der Heidel- berger Chemisch en Gesellsch af t.

Es galt, a m nachsten "age im AnscbluB an das Bunsen-Fest und zur Ehrung desselben eine gemeinscha f t l i che T a g u n g d e r s iid wes td e u t s c h e n Chemi k e r durchzuftihren, zu welcher die Chemischen Gesellschaften zu Karlsruhe, Freiburg, Basel, Miilhausen, StraBburg, Tiibingen, Wiirzburg und Frankfurt a. hf., sowie der Oherrheinische und der Frankfurter Bezirksverein des Vereins Deut- scher Chemiker ron der Heidelberger Chernischen Gesellschaft ein- geladen waren. Im groBen Horsale des Chemischen Universitats- Laboratoriums fanden am 3. August von 9'/2-1 und von 31/2-61/2 Uhr zwei Sitzuugen statt, deren Programm eine stattliche Reihe von interessanten Vortrlgen mit vielen Demonstrationen auf wissenschaft-

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lichem und technischeni Gebiete darbot’). 15s syrachen: 1. It. B o h n (Ludwigah afen) : Uber Indanthren-Farbstoffe. 2. L. G a t t e rm an n (Freiburg): Uber die Nercaptane des Anthrachinons. 3. Th. C u r - t i u s (Heidelberg): Einwirkung von Alkalien auf Diazoessigester. 4. F. H a b e r (Rar l s r i i he ) : Die Bunsenflamme. 5. E. K n o e v e - n a g e l (Heidelberg): Uber Acetylcellulose. 6. G. B r e d i g (Heide l - berg) : Uber Kdkstickstoff. 7. E. W e d e k i n d (Tiibingen): Der Losungszustand quartarer Ammoniunisalze. 8. L. Wohler ( K a r l s - ruhe): Ober neue Subbaloide. 9. 15. Miinch (Ludwigshafen): Uber eine neue Synthese des Thioindigos. 10. E. E b l e r (Heidel- berg) : Uber die Radioaktivitat der Alkalimetalle. 11. R. Wein land (Tubingen): Uber Salze einer Acetatochrombase.

In den Sitzungen priisidierten abwecbselnd die HHrn.: G l a s e r , L a n d o l t , E o g l e r , Os twa ld , G r s e b e , Cur t ius .

Der festlichen Tagiing zur Enthiillung des Bunsen-Denkiiinls ktitte kein schonerer und wiirdigerer AbschluS gegeben werden kiinnen als durch diese Sitzungen, in welchen eine Fiille von hochbedeut- samen Entdeckungen der wissenschaftlichen Welt xum ersten Ma1 be- kannt gegeben wurde.

Am Abend erstrahlte das Heidelberger Schlol3 niiirchenhaft in bengalischer Beleuchtung.

Th. C‘urtitrs.

1) Zeitschr. f. angewandte Chem. 21, 2010, 2056 [1908] und Cheniiker- Zeitung 33, SO9 -812 r1908-j.

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