Das Projekt ExChains Internationale Solidarität zwischen Beschäftigten entlang der globalen...

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Das Projekt ExChains Internationale Solidarität zwischen Beschäftigten

entlang der globalen Zulieferkette von der

Textil- und Bekleidungsproduktion bis

zum Einzelhandel

• In so genannten Freihandelszonen (Free Trade Zones, FTZ) werden Konsumgüter wie Bekleidung und Elektronik hergestellt. Seit den 1970er Jahren boomen die Freihandelszonen.

• „Freihandelszonen“sind Industriegebiete in den armen Ländern der Welt. Mit „vorteilhaften“ Bedingungen für die Exportproduktion in diesen Zonen wollen die Regierungen ausländische Investoren anlocken.

• Heute gibt es über 2.000 Freihandelszonen in ca. 70 Entwicklungs- oder Schwellenländern, hauptsächlich in Asien. In diesen Zonen arbeiten einschließlich der chinesischen „Sonderwirtschaftszonen“ weit über 100 Mio. Menschen.

• Steuererleichterungen bis hin zu kompletter Steuerfreiheit

• Regierungen stellen subventionierte Infrastruktur zur Verfügung (Wasser, Strom, Grundstücke, Räumlichkeiten)

Exportunternehmen genießen in den Zonen

Privilegien:

• Freie Profitausfuhr• Keine Import- oder Export-Steuern• Bestimmte Arbeitsrechte finden in

den Zonen keine Anwendung

Exportunternehmen genießen in den Zonen

Privilegien:

• Die meisten Beschäftigten (etwa 80%) sind Frauen bis 30 aus ländlichen Regionen.

Die Realität der Arbeiterinnen

• Wohnheime sind in der Regel überfüllt, die sanitären Einrichtungen miserabel, oft ohne Strom und sauberes Wasser.

• Verstöße gegen nationale Arbeitsrechte und ILO-Konventionen sind an der Tagesordnung.

• Physische und verbale Misshandlungen kommen ständig vor.

• Zwangsüberstunden (60-Stunden-Wochen und 6- oder 7-Tage-Wochen) sind die Regel, um die extrem hohen Produktionsquoten zu bewältigen.

• Die Löhne sind extrem niedrig. Sie liegen oft unter dem gesetzlichen Mindestlohn. Sozialleistungen und Überstundenlöhne werden selten gezahlt.

• Hohe Strafen (Lohnabzüge oder gar Entlassung) für „Fehlverhalten“ wie Verspätung, Krankheit, Verfehlen von Produktionsquoten, Verweigerung unbegrenzter Überstunden

• Erzwungene Schwangerschaftstests• Sexuelle Belästigung• Kaum Arbeitschutz und Sicherheit

am Arbeitsplatz (z.B. Atemmasken, Feuerlöscher, Notausgänge, Schutzvorrichtungen an Maschinen)

• Verweigerung von Beschäftigtenrechten: z.B. auf Vereinigungsfreiheit, gewerkschaftliche Organisierung, Kollektivverhandlungen; stattdessen Schikanen als Strafe für Gewerkschaftsaktivitäten: Entlassungs-drohungen, Einschüchterung, schwarze Listen etc.

• Installierung unternehmensgesteuerter Schein-Gewerkschaften

• Das geltende nationale Arbeitsrecht findet häufig keine Beachtung.

Das Beispiel Bangladesch

• Bevölkerung: ca. 133 Mio. Menschen(vgl. Deutschland: 82 Mio.)

• Beschäftigte (1996): 56 Mio.

Das Beispiel Bangladesch• Ökonomisch aktiv

(1998): 89 % der Männer und 56 % der Frauen im erwerbsfähigen Alter; verteilt auf die Bereiche: Landwirtschaft: 78 % Frauen, 54 % Männer Industrie: 8 % Frauen, 11 % Männer Dienstleistung: 15 % Frauen, 35 % Männer

Das Beispiel Bangladesch

• Beschäftigte in der Bekleidungsindustrie: über 2 Mio. (davon 80% Frauen)

Eines der ärmsten Länder der Welt

• Das Bruttoinlandsprodukt beträgt pro Kopf275 €

• Unter der Armutsgrenze leben 1996 47,5 % der Gesamtbevölkerung

• Unterernährung bei Kindern bis 5 Jahre (1998): 56 %

• Alphabetisierungsrate: 1998: Frauen: 43 %, Männer: 59 %

• Kindersterblichkeit (1998): 7,3 %• Lebenserwartung (1998):

59 Jahre (Frauen und Männer)• Ungefähres durchschnittliches

Heiratsalter bei Frauenachtziger Jahre: 14 Jahreheute: 20 Jahre

• Ungefähre durchschnittliche Kinderzahl pro Frausiebziger Jahre: 6 Kinder heute: 3 Kinder

Bekleidungsindustrie in Bangladesch

• Anders als in vielen anderen Ländern ist die Bekleidungsindustrie in Bangladesch vielerorts wildwüchsig explodiert. In Dhaka wurden die meisten Fabriken einfach in Etagen von mehrgeschossigen Stadthäusern eingerichtet.

• Für die Beschäftigten kann das katastrophale Folgen haben, da zentrale Sicherheitsvorkeh-rungen vor allem zum Brandschutz (Notaus-gänge, Fluchtwege aus den oberen Stockwer-ken, Feuerprävention) kaum getroffen werden.

• Allein zwischen 1990 und 2004 kamen 291 Beschäftigte bei Fabrikbränden ums Leben. Bei den 32 größten Bränden wurden insgesamt über 6.500 Arbeite-rInnen verletzt, 1.721 von ihnen schwer.

Die Situation der Beschäftigten

• LöhneDie Investorenwerbung im Internet verkündet stolz, Bangladesch verfüge über „extrem wettbewerbsfähige Arbeitskosten, vielleicht die niedrigsten in ganz Asien“, und über „einen Pool von 56 Mio. leicht auszubildenden Arbeitskräften“.

• Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit 2010 3.000 Taka (31 €) im Monat für ungelernte Helferinnen. Oft wird jedoch nicht einmal dieser gezahlt.

• ArbeitszeitenArbeitszeiten von 8 bis 22 Uhr an 7 Tagen in der Woche sind in vielen Fabriken die Regel. Noch lange nach Einbruch der Dunkelheit sind überall in Dhaka hell erleuchtete Fabriketagen zu sehen.

• Bei Auftragsdruck werden ggf. praktisch unbegrenzte Nachtschichten eingelegt. Da der Heimweg für die Frauen in tiefer Nacht zu gefährlich ist, schlafen Arbeiterinnen in solchen Fällen einige wenige Stunden auf dem Fußboden der Fabrik, bevor sie um 8 Uhr wieder mit der Arbeit beginnen.

• Freitag, der islamische Sonntag, sollte eigentlich frei sein. Es ist aber üblich, dass das Unternehmen je nach Auftragslage entscheidet, ob dies eingehalten wird.

• Wer Überstunden, Nachtschichten und Freitagsarbeit „verweigert“, riskiert Kündigung.

Häufigste Probleme

• Kein wöchentlicher freier Tag• Erzwungene Überstunden• Kein Urlaub, keine Fehlerlaubnis

bei Krankheit oder Verletzung• Nicht korrekt erfasste und/oder

nicht korrekt bezahlte Überstunden

• Lohnzahlungen oft zu spät oder unvollständig

• Kein oder ungenügender Arbeitsschutz

• Kein Mutterschutz, keine Rückkehrgarantie

• Schlechte Behandlung durch männliche Vorgesetzte bis hin zu sexueller Belästigung

Wohnsituation

• Die Löhne sind zu niedrig, um ein Leben in Würde zu ermöglichen. Dies wird vor allem an der Wohn-situation der ArbeiterInnen sichtbar.

• Schon für den einfachsten, kleinen Raum in einer Wellblechsiedlung auf Stelzen beträgt die Miete zwischen 8 und 10 €, daher müssen sich meist jeweils ganze Familien einen solchen Raum teilen.

• Kochstelle, Wasserpumpe und Toilette werden dabei von jeweils ca. 140 Menschen geteilt.

• Ein kleiner Raum auf festem Untergrund mit Kochstelle und Wasser/Toilette, die von ca. 30 Menschen geteilt werden, kostet mindestens 18 €. Für einen ebenso großen Raum mit eigener Kochstelle, Wasserhahn und Toilette in einer Ecke müssen bereits um die 30 € aufgebracht werden – das entspricht dem kompletten Monatslohn einer Helferin nach dem neuen gesetzlichen Mindestlohn von 2010.

Die Gewerkschaft National Garment Workers

Federation (NGWF)

Die Gewerkschaft National Garment Workers

Federation (NGWF)

In Bangladesch sind viele Gewerkschaften korrupt und/oder mit den politischen Parteien assoziiert.

Unsere Partnerin in Bangladesch ist die National Garment Workers Federation (NGWF), die wir als authentische, kämpferische, für Frauen offene und basisorientierte Gewerkschaft kennen gelernt haben.

Die Gewerkschaft wurde 1984 gegründet. Sie hat gut 20.000 Mitglieder, 30 Betriebsgewerkschaften sowie Basiskomitees in ca. 1.000 Fabriken.

Ihre wesentlichen Ziele sind:

• Angemessene Löhne und Arbeitszeiten durchsetzen

• Grundlegende Menschen- und Arbeitsrechte durchsetzen

• Diskriminierung von Frauen bekämpfen• Arbeitsbedingungen und

Arbeitsumgebungen verbessern• Gesellschaftlichen Wandel zum Wohl

der Menschen herbeiführen

NGWFAktivitäten

• Bildungsarbeit (Beschäftigtenrechte, gewerkschaftliche Organisierung, politische Grundbildung...)

• Austauschprogramme für Beschäftigte• Etablierung von Betriebsgewerkschaften,

Verbreiterung der Mitgliederbasis

• Gezielte Kampagnen und Lobbyarbeit:- für regelmäßige Anhebung des gesetzlichen

Mindestlohns in der Bekleidungsindustrie- für soziale Absicherung der Beschäftigten- zu Bangladeschs Stellung und Problemen in

der globalen Bekleidungsproduktion

NGWFAktivitäten

- für die Durchsetzung des Mutterschutzes

- gegen Diskriminierung von Frauen und sexuelle Übergriffe auf Arbeiterinnen

- für Arbeitsschutz- und Sicherheitsstandards in den Fabriken (v.a. Brandprävention)

• Rechtlicher Beistand und Beratung • Unterstützung in Beschwerdefällen und

Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber• Aktivitäten zur Durchsetzung von

Arbeitsrechten (v.a. des Rechts auf gewerkschaftliche Organisierung) in den Betrieben

NGWFAktivitäten

• Soforthilfe für Betroffene der wiederkehrenden saisonalen Überschwemmungen

• Hilfe für Beschäftigte und deren Familien in besonderen Notlagen

NGWFAktivitäten

2005 reisten Beschäftigte von H&M, Wal-Mart und Verseidag, einem Unternehmen der Textilbranche, mit der Unterstützung von TIE nach Bangladesch. Die Delegation

• besuchte mehrere Bekleidungsfabriken, • besuchte den Arbeitgeberverband der

Bekleidungsindustrie, • diskutierte mit Arbeiterinnen und • konnte die Arbeit der Gewerkschaft NGWF in

den Wohngebieten vor Ort kennen lernen. • Darüber hinaus besuchte sie das

Produktionsbüro von H&M in Dhaka sowie drei Zulieferer von H&M.

Unsere Reise nach Bangladesch