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Masterarbeit
Lisa Möseneder
Der organisatorische Wandel und die Bedeutung von Change Management in Gesundheitsorganisationen
Medizinische Universität Graz, Institut für Pflegewissenschaft
Betreuer: Prof. Dr. Reinhard Ammer
Graz, am 14.12.2009
Seite 1 von 73
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommene Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, am 14.12.2009
Seite 2 von 73
Vorwort:
Die vorliegende Masterarbeit hat den organisatorischen Wandel und Change Management und
seinen Prozess zum Thema. Dies ist zwar kein Bereich der zuvor noch nicht behandelt worden
ist, doch gerade im Bereich von Gesundheitsorganisationen einige neue Ansätze und
Möglichkeiten aufzeigt. Vor allem die Umwelt von Organisationen, die sich zunehmend
verändert und neue Aufgaben an Unternehmen stellt, machen einen laufenden Wandel, gerade
von Gesundheitsorganisationen, unumgänglich und wichtig. Change Management ist dabei
eine wichtige Stütze die Möglichkeiten, und die damit verbundenen Vorteile einer
Veränderung aufzeigen kann. Die großen Herausforderungen an die Organisationen sind
dabei, frühzeitig die natürlichen Kräfte des Umfeldes zu nutzen und zu erkennen wie man das
eigene Niveau verbessern kann. Dabei sollte die Organisation vermehrt auch auf globale
strategische Partnerschaften oder auf eine Dehierarchisierung in der Organisationsstruktur
setzten und die Eigenverantwortlichkeiten zunehmend verstärken. Wichtig dabei ist es zu
erkennen, dass der Erfolg einer Veränderung in der Organisation nicht alleine von führenden
Positionen oder Managern abhängig ist, sondern vielmehr vom ganzen Team, alle Mitarbeiter
eingeschlossen. Daher ist es für mich ein spannendes und, besonders auf die
Gesundheitsorganisationen bezogen, interessantes Thema, um derzeit stattfindende Prozesse
in heutigen Organisationen zu verstehen und auch analysieren zu können.
Seite 3 von 73
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis...................................................................................................................6
Abbildungsverzeichnis..............................................................................................................7
Zusammenfassung...................................................................................................................10
Abstract....................................................................................................................................11
Einleitung.................................................................................................................................12
Material und Methoden..........................................................................................................13
1. Allgemeine Einleitung zu Organisation............................................................................14
1.1 Der Begriff der Organisation............................................................................................14
1.2 Der instrumentelle Organisationsbegriff...........................................................................15
1.2.1 Der funktionale Organisationsbegriff........................................................................15
1.2.2 Der konfigurative Organisationsbegriff.....................................................................16
1.3 Der institutionelle Organisationsbegriff............................................................................17
1.4 Was bedeutet Organisieren?..............................................................................................18
1.5 Organisationsstrukturen und Verhalten.............................................................................20
1.6 Problemlösungsprozess der Organisation.........................................................................21
1.7 Grundlagen der Strukturgestaltung...................................................................................22
1.8 Die Aufbauorganisation....................................................................................................23
1.9 Stelle.................................................................................................................................26
1.10 Die Ablauforganisation...................................................................................................27
1.10.1 Ziele bzw. Prinzipien der Ablauforganisation..........................................................29
1.11 Leitungsprinzipien..........................................................................................................29
1.11.1 Einliniensystem........................................................................................................29
1.11.2 Mehrliniensystem.....................................................................................................30
2. Gesundheitsorganisationen................................................................................................31
2.1 Begriff der Identität...........................................................................................................31
2.2 Professionelle Organisationen...........................................................................................32
2.3 Strukturen einer Gesundheitsorganisation........................................................................34
3. Organisationen im Wandel.................................................................................................38
3.1 Gesundheitsorganisationen im Wandel.............................................................................41
3.2 Fallbeispiel zur Reorganisation einer Klinik....................................................................47
Seite 4 von 73
4. Change Management..........................................................................................................51
4.1 Definitionen......................................................................................................................51
4.2 Entwicklung des Change Management- Plans..................................................................55
4.3 Alternativen des Change Management- Prozesses im Krankenhaus................................61
4.4 Bedeutung und Rolle von Führungskräften und Mitarbeitern..........................................62
4.5 Das 15- Punkte Sofortprogramm......................................................................................65
Diskussion und Schlussfolgerung..........................................................................................71
Literaturverzeichnis...............................................................................................................73
Seite 5 von 73
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Kriterien der Aufgabenanalyse
In: Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,
München 2008, S. 117.
Tab. 2: Lebenserwartung bei Geburt
In: Heimerl, P.: Wandel und Intervention in Gesundheitsorganisationen, Linde Verlag
Wien 2005, S. 15.
Tab. 3: Die Veränderung der Spielregeln in der Industriegesellschaft
In: Heber, H.: Change- Management zum Angreifen, Verlag Styria, Graz 1998, S. 15.
Tab. 4: Der Vergleich zwischen Wandel erster und zweiter Ordnung in Organisationen
In: Heber, H.: Change- Management zum Angreifen, Verlag Styria, Graz 1998, S. 9.
Seite 6 von 73
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Vor- und Nachteile großbetrieblicher Organisationen
In: Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,
München 2008, S. 114.
Abb. 2: Effizienzsteigerung durch Koordination und Motivation
In: Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftlehre,
München 2008, S. 113.
Abb. 3: Arbeitschritte zur Schaffung einer Aufbauorganisation
In: Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftlehre,
München 2008, S. 116
Abb. 4: Aufgabenanalyse- und synthese
In: Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftlehre,
München 2008, S. 117
Abb. 5: Funktionale und divisionale Organisation
In: Wöhe, G. & Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftlehre,
München 2008, S. 118
Abb. 6: Zusammenhang Aufbau- und Ablauforganisation
In: Thommen, J. & Achleitner A.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Wiesbaden
2006, S. 758
Abb. 7: Strukturtyp der Einlinienorganisation
In: Schreyögg, G.: Organisation, Wiesbaden 2003, S. 159
Abb. 8: Strukturprinzip des Mehrliniensystems
In: Schreyögg, G.: Organisation, Wiesbaden 2003, S. 160
Abb. 9: Das „Schachtelmodell“ der Kultur
In: Heimerl- Wagner, P. & Köck C.: Management in Gesundheitsorganisationen,
Ueberreuter Wirtschaftsverlag Wien 1996, S. 132
Seite 7 von 73
Abb. 10: Matrixförmige Darstellung der Organisationsstrukturen eines Spitals
In: Heimerl, P.: Wandel und Intervention in Gesundheitsorganisationen, Linde Verlag
Wien 2005, S. 63
Abb. 11: Modell organisationalen Wandels
In: Heimerl, P.: Wandel und Intervention in Gesundheitsorganisationen, Linde Verlag
Wien 2005, S. 113
Abb. 12: Themenfelder und Ansatzpunkte der Organisationsveränderung in
Gesundheitsorganisationen
In: Heimerl, P.: Wandel und Intervention in Gesundheitsorganisationen, Linde Verlag
Wien 2005, S. 130
Abb. 13: Beispiel einer Veränderungsbereitschaftsanalyse
In: Gattermeyer, W. & Al- Ani, A.: Change Management und Unternehmenserfolg, 2.
Aktualisierte Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 2001, S. 19
Abb. 14: Ableitung von Change- Management- Maßnahmen auf der Basis der Analyse
von Barrieren
In: Gattermeyer, W. & Al- Ani, A.: Change Management und Unternehmenserfolg, 2.
Aktualisierte Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 2001, S. 20
Abb. 15: Phasen und Kräfte des Veränderungsprozesses
In: Albrecht, D. & Töpfer, A.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus,
Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, S. 584
Abb. 16: Alternativen des Change- Management- Prozesses
In. Albrecht, D. & Töpfer, A.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus,
Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, S. 590
Abb. 17: Reaktionen auf Veränderung
In: Albrecht, D. & Töpfer, A.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus,
Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, S. 594
Seite 8 von 73
Abb. 18: Acht typische Fehler im Veränderungsmanagment
In: Albrecht, D. & Töpfer, A.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus,
Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, S. 599
Abb. 19: Vernetzung der einzelnen Managementfelder
In: Albrecht, D. & Töpfer, A.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus,
Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, S. 18
Abb. 20: Checkliste für erfolgreiches Changemanagement
In: Albrecht, D. & Töpfer, A.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus,
Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006
Seite 9 von 73
Abstract
Aim: To show and analyze the importance of organizational change in health- care
organizations. To analyze the process of „change management“ and show how it supports
and facilitates the process of change in organizations.
Background: The current environment oft organizations shows, that complexity and new
challenges are highly increasing. Reasons are the increasing competition between healthcare
organizations, new challenges as prevention in the healthcare policy, or increasing pressure
in financing. Furthermore, the demographic change in our community is an important aspect
which affects our healthcare organizations and their assignments in present and future.
Therefore, it is important that organizations recognize their needs and start to change things
in time according to processes as change management.
Aim: The aim is to show, analyze and interpret the new challenges for health organizations
because of environmental changes, and explain the process of change management and its
advantages.
Methods: This work is based on a systematic literature review and used only established
books dealing with economic questions in the health- care sector.
Results: There are many important aspects which make change in organizations important,
now and in the future. Aspects as the demographic change or the increasing cost pressure
are problems which produce new challenges. Change management definitely is a good and
praxis oriented example which shows how organizations should change and which problems
can appear. This process always includes a lot of work, for the organization and their
members. Especially for managers, it is important to create a basic readiness for change, to
define aims and make sure that all members of the organization understand and tolerate
these.
Discussion: There are many different possibilities how change in organizations can be
conducted and there is no recipe which is the best. The “15 Punkte Sofortprogramm” for
example is a tool which creates a basic starting position and identifies potentials and failings
in the organization. If the initial position of an organization is not well analyzed, defining
aims and processes what the organization wants to achieve with change, is nearly
impossible.
Conclusions: It is always important that every organization identifies their present
resources and makes sure that every member sees the need for change. Only then change
and its processes are realizable, and flexibility and competitiveness in the health- care-
sector can be achieved.
Seite 10 von 73
Zusammenfassung
Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit dem organisatorischen Wandel und der Bedeutung
von Change Management in Gesundheitsorganisationen.
Im ersten allgemeinen Teil werden grundlegende Aspekte wie Organisationsbegriffe, die
Bedeutung von Organisieren, Organisationsstrukturen und Aufbau- und Ablauforganisation
aufgezeigt und anhand zahlreicher Abbildung zusätzlich veranschaulicht.
Im darauf folgenden Kapitel wird die Gesundheitsorganisation an sich besprochen, ihre
Aufgaben und ihr Aufbau beschrieben, und auf ihre Merkmale die sie von anderen
Organisationen unterscheidet eingegangen.
Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit Organisationen im Wandel, wobei im speziellen auf
ein Entwicklungsmodell von Glasl/Lievegoed eingegangen wird und die einzelnen Phasen
beschrieben werden. Anschließend wird auf Gesundheitsorganisationen im Wandel gelenkt
und auf Gründe für diesen Wandel eingegangen. Dieser Teil geht auch auf die Umwelt von
Gesundheitsorganisationen ein und begründet warum ein Wandel in der heutigen Zeit immer
wichtiger wird. Abschließend wird in diesem Kapitel ein Fallbeispiel zur Reorganisation einer
Klinik gezeigt, dass besprochene Aspekte verdeutlichen soll.
Das nächste und vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem eigentlichen Fokus der Arbeit, dem
Change Management. Anfangs wird auf den Begriff im Allgemeinen, Aufgaben und Gründe
eingegangen. Weitere Punkte sind die Entwicklung des Change Management- Plans,
Alternativen des Change Management- Prozesses im Krankenhaus aber auch die Bedeutung
und Rolle von Führungskräften und Mitarbeitern bei der Umsetzung einer Veränderung.
Abschließend wird das 15- Punkte Sofortprogramm vorgestellt, das ein von Albrecht und
Töpfer verfasster, in Form eines Buches geleisteter, Beitrag zu einem gezielten
Veränderungsprozess in der Klinik ist. Das Programm zeigt den Handlungs- und
Entwicklungsbedarf der an eine Klinik im Laufe ihrer Veränderung gestellt wird. Es werden
zwar die einzelnen Schritte beschrieben und in Kontext gebracht, jedoch nicht ausführlich
beschrieben oder mit einzelnen Praxisbespielen unterlegt, da dies den Rahmen der Arbeit
sprengen würde.
Seite 11 von 73
Einleitung
Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist, was organisatorischer Wandel in
Gesundheitsorganisationen bedeutet, und was mittels Change Management verbessert werden
kann. Dabei wird ein Hauptaugenmerk auf den Prozess des Change Managements gelegt, und
wie dieser den Wandel einer Organisation während einer Veränderung unterstützen bzw.
erleichtern kann.
Die aktuelle Umweltsituation von Organisationen, und Gesundheitsorganisationen im
Speziellen, zeigt, dass die Komplexität stark zunimmt und immer mehr neue Aufgaben
entstehen. Gründe sind z.B. die steigende Konkurrenz mit anderen
Gesundheitsorganisationen, neue Aufgabenbereiche wie die Prävention in der
Gesundheitspolitik, oder der steigende Finanzierungsdruck. Der demographische Wandel in
unserer Gesellschaft ist weiters ein wichtiger Punkt, der über kurz oder lang zu
Veränderungen in Gesundheitsorganisationen aber auch im ganzen Gesundheitssystem führen
wird. Das heutzutage 75% aller Sterbefälle durch Erkrankungen des Herz- Kreislauf- Systems
oder bösartiger Neubildungen hervorgehen, ist im Gesundheitssektor bekannt. Die
gleichzeitig immer älter werdende Gesellschaft wird früher oder später zu einer Explosion des
Ressourcenbedarfs im Gesundheitswesen führen. Der laufende Druck, der wie schon erwähnt
aus unterschiedlichen Bereichen kommt, wird zunehmend dazu führen, dass nur mehr jene
Organisationen überlebensfähig sind, die Bereitschaft zu kontinuierlicher Veränderung im
Sinne einer lernenden Organisation aufweisen und sich an die verändernde Umwelt anpassen
können und wollen. Daher hat die Arbeit zum Ziel, diesen organisatorischen Wandel zu
durchleuchten und zu definieren. Weiters wird auf die Bedeutung von Change Management
und seine Prozesse in Gesundheitsorganisationen eingegangen. Aus einschränkenden
Maßnahmen heraus, wurde nicht jeder einzelne Schritt des Change Managements genau
durchleuchtet und mit Praxisbeispielen unterlegt, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen
und zu umfassend enden würde.
Seite 12 von 73
Material und Methoden
Zugrunde liegende Methode war eine systematische Literaturrecherche zu den ausgewählten
Themen. Es wurde in erster Linie, bis auf einzelne Internetquellen, fundierte Fachliteratur
verwendet und auch anhand von zahlreichen Abbildungen in die Arbeit miteinbezogen.
Seite 13 von 73
1. Allgemeine Einleitung zu Organisation
1.1 Der Begriff der Organisation
Der Begriff „Organisation“ ist zu einem Teil unserer Umgangssprache geworden, dessen
Verwendung an sich, meist nicht weiter reflektiert wird. Reflektiert man ihn jedoch genauer,
ist zu beachten, dass man Organisation auf zwei unterschiedliche Weisen verstehen kann.
Zum einen, bezeichnen wir ganze Systeme, wie Unternehmen, Kirchen, Schulen oder Vereine
als Organisationen. Zum anderen, bezeichnen wir aber auch die Tätigkeiten dieser Systeme
als Organisation, das Organisieren von Abläufen und Handlungen. So ist ein Unternehmen
z.B. gut organisiert, hat eine veraltete Organisation oder befindet sich in einer
Umorganisation.1
In der Betriebswirtschaft stehen folgende Interpretationen von Organisation im Vordergrund:
1. Gestalterischer Aspekt: Das Unternehmen wird organisiert, daher erhält die
Organisation eine Gestaltungsfunktion.
2. Instrumentaler Aspekt: Das Unternehmen hat eine Organisation, daher eine
bewusst geschaffene Ordnung über Abläufe. Daher hat die Organisation eine
Ordnungsfunktion mit der die Unternehmensziele erreicht werden wollen.
3. Institutioneller Aspekt: Das Unternehmen ist eine Organisation. Hier wird
festgelegt welche Gebilde in der Realität als Organisationen bezeichnet werden.2
Auch in der Organisationstheorie werden die beiden letzteren Sichtweisen des Begriffs
Organisation differenziert, im ersten Fall spricht man vom instrumentellen und im zweiten
Fall vom institutionellen Organisationsbegriff. Diese beiden Begriffe werden im Folgenden
näher erläutert.
1 vgl. Schreyögg G.: Organisation; Grundlagen moderner Organisationsgestaltung, Gabler Verlag (2003) S. 4.2 vgl. Thommen J. P.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Gabler Verlag (2003) S. 743.
Seite 14 von 73
1.2 Der instrumentelle Organisationsbegriff
Grundsätzlich wird die Organisation als ein Instrument der Betriebsführung verstanden, das
versucht den Leistungsprozess zu steuern. Beim instrumentellen Organisationsbegriff steht
das Ziel die Arbeitsabläufe zu optimieren im Vordergrund, wobei das „Organisieren“ ein
Gestaltungsprozess ist der dieses ermöglicht. Innerhalb dieser instrumentellen Sichtweise
kann man wiederum zwei Arten unterscheiden wie der Gegenstandsbereich der Organisation
erfasst wird. Diese werden als funktionaler und konfigurativer Organisationsbegriff
bezeichnet.
1.2.1 Der funktionale Organisationsbegriff: Hier wird die Organisation als eine Funktion
der Unternehmensführung verstanden. Die Organisation steht neben anderen Funktionen, wie
Planung und Kontrolle, und ist im Zusammenspiel mit diesen auszuführen. In diesem Ansatz
spielt Gutenberg (1983) eine wichtige Rolle, der den betrieblichen Leistungsprozess als
Kombination von produktiven Faktoren thematisiert. In seinem Ansatz gibt es neben den drei
Elementarfaktoren; die unmittelbar produktive Arbeitsleistung, die Betriebsmittel und die
Werkstoffe einen dritten dispositiven Faktor, die Unternehmensführung bzw. das
Management des Unternehmens. Dieser vierte Faktor soll laufend sicherstellen, dass die
Elementarfaktoren optimal kombiniert sind und funktionieren.
Die Unternehmensführung hat zwei Hauptfunktionen:
1. Planung (einen Entwurf Vorausdenken)
2. Vollzug (das Geplante umzusetzen)
Die Organisation ist laut Gutenberg (1983) grundsätzlich mit dem Vollzug, also der
Organisation und der Realisierung der Planung, behaftet. Daher ist die Organisation ein
Instrument das direkt an die Planung anschließt und diese realisierbar macht.
Gutenberg fasst somit alle Regelungen die zur Planumsetzung bestimmt sind unter dem
Begriff der Organisation zusammen. Die unterschiedlichen Regelungen können weiters in
generelle und fallweise Regeln unterteilt werden.3
Bei fallweisen Regelungen gilt, dass Entscheidungen nur für den konkreten Vorgang oder die
spezielle Situation getroffen werden, und nur für diese gültig sind. Meist verlangen
3 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 5- 6.Seite 15 von 73
komplizierte und unregelmäßig anfallende Aufgaben nach fallweisen Regelungen bzw.
Entscheidungen. Für die Entscheidungsträger bedeutet dies meist einen großen
Entscheidungsspielraum. Generelle Regelungen schränken den Entscheidungsspielraum
wiederum mehr ein, da sie für Aufgaben gelten, die sich immer gleich oder auf ähnliche Art
und Weise wiederholen. Je höher die Regelmäßigkeit der betrieblichen Vorgänge ist, desto
mehr allgemeine Regelungen können getroffen werden. Generelle Regelungen sind meist
Richtlinien, Formulare oder Geschäftsgrundsätze die eingehalten werden müssen. Der Vorteil
genereller Regelungen ist, dass die Zahl der Einzelfallentscheidungen sinkt und somit
Führungsaufgaben automatisch vereinfacht werden. Ob aber generelle oder fallweise
Regelungen besser sind, lässt sich schwer beurteilen, da beide ihre Vor- und Nachteile
beinhalten. Daher wirkt es sich durchaus positiv auf Organisationen aus, wenn ein
ausgeglichenes Verhältnis beider Regelungen besteht.4
Durch vermehrte generelle Regelungen in einer Unternehmung besteht aber die Gefahr der
Starrheit und der Bürokratisierung betrieblicher Entscheidungsprozesse. Vor- und Nachteile
großer Organisationen in Bezug auf Regelungen können sein:
Vorteile Nachteile- Entlastungsfunktion
für die Unternehmensleitung
- Rationalisierungsfunktion
durch Arbeitsteilung
- Kostenminimierung
durch Ermöglichung einer
Massenproduktion
- Erfolgseinbußen
durch bürokratische Routine-
entscheidungen
- Motivationseinbußen
durch eingeschränkten Entschei-
dungsspielraum und mangelnde Identifi-
kation der Werktätigen mit dem WerkAbb. 1: Vor- und Nachteile großbetrieblicher Organisationen
1.2.2 Der konfigurative Organisationsbegriff: Dieser Begriff kann als Gegenposition zum
funktionalen Organisationsbegriff gesehen werden, da hier Organisation die dauerhafte
Strukturierung von Arbeitsprozessen bezeichnet. Die Organisation stellt den Umriss bzw. das
Skelett der Unternehmung dar und erhält somit ihre Form und gleichzeitig ihre Ziele. Anders
wie beim vorherigen Ansatz, ist die Organisation eine feste Strukturierung die für längere Zeit
gelten soll. Ausgangspunkt soll immer die Aufgabe sein. Die Aufgabe eines Unternehmens ist
z.B. die Produktion eines bestimmten Produktes oder der Transport von Gütern.
In beiden Ansätzen gibt es aber keinerlei Begründungen für die Sichtweisen, und eine stabil
4 URL: http://www.ibim.de/pl+orga/2-6.htm (Zugriff am 12.03.09)Seite 16 von 73
gebaute hierarchische Strukturgestaltung der Unternehmung, wird als selbstverständlich
angesehen. Bis zu einem gewissen Grad stellt das konfigurative Organisationskonzept jedoch
schon einen Übergang zu dem heute gebräuchlicheren institutionellen Organisationsbegriff
dar.5
1.3 Der institutionelle Organisationsbegriff
Im Gegensatz zum oben erwähnten instrumentellen Ansatz, richtet der institutionelle Ansatz
seinen Fokus auf das gesamte System, die Institution an sich. Wie die vorhergehenden
Überlegungen zum Begriff der Organisation, ist auch in diesem Ansatz die Denkweise das
Ergebnis einer spezifischen organisatorischen Denkweise.
Wesentliches unterscheidendes Merkmal einer Institution zu einem anderen Gebilde (wie z.B.
eine Warteschlange vor einem Schalter) ist, dass sie ein gemeinsames Ziel verfolgt, und so
nach bestimmten abgesprochenen Regeln agiert und eine gewisse Beständigkeit aufweist.
Diese Unterschiede führen zu den drei Zentralelementen jedes institutionellen
Organisationsbegriffes:
Spezifische Zweckorientierung: Jede Organisation ist auf spezifische Zwecke
ausgerichtet die es zu erfüllen gilt. Die Regel dabei ist, dass Organisationen mehrere
einander widersprechende Ziele verfolgen (z.B. Flexibilität und Effizienz).
Geregelte Arbeitsteilung: Eine Organisation besteht aus mehreren Personen, deren
Aufgaben verschieden verteilt werden. Die Erwartungen der Organisation gestalten
die Aufgaben, und somit das Handeln der Mitarbeiter. Die Einhaltung der aufgestellten
Regeln wird von jedem Mitglied formal abgesichert und von der Unternehmung als
Bedingung gestellt. Dieses Regelungs- bzw. Erwartungsmuster wird als
Organisationsstruktur bezeichnet, daher ist sie ein wesentliches Definitionsmerkmal
einer Organisation und ermöglicht eine interne geregelte Arbeitsteilung.
5 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 8.Seite 17 von 73
Beständige Grenzen: Jede Organisation hat Grenzen die eine organisatorische
Innenwelt und Außenwelt bzw. Umwelt entstehen lassen. Die Grenze zur Umwelt ist
nicht willkürlich sondern bewusst hergestellt, und sorgt für eine gewisse Stabilität.
Ziel jeder Organisation ist es, seine Grenze zur Umwelt aufrecht zu erhalten und somit
den Kreis seiner Mitglieder bestimmen zu können.
Anhand dieser Punkte ist ersichtlich, dass im institutionellen Organisationsbegriff ein zur
Gänze anderer Blickwinkel aufgegriffen wird, und sich der Gegenstandsbereich der
Organisationstheorie weitgehend ausdehnt und wichtige Probleme mit einbezieht, die im
instrumentellen Organisationsbegriff nicht aufgegriffen werden. Der institutionelle
Organisationsbegriff beschäftigt sich nicht nur mit der organisatorischen Struktur, der
formalen Ordnung, sondern sieht das ganze Gebilde, die geplante Ordnung und geplanten
Prozesse, die Funktionen der Arbeitsabläufe, die laufende Entstehung und die Veränderung
von Strukturen und die Ziele und deren Widersprüche. Der instrumentelle Begriff sieht das
organisatorische Gestaltungsproblem im Gegensatz in einem sehr engen Blickwinkel, da z.B.
Abweichungen von organisatorischen Regelungen nicht erklärt werden können, da die
Perspektive des Gesamtsystems fehlt. Ein weiteres Problem ist, dass die Strukturbildung der
Organisation als Expertenentscheidung dargestellt wird, und somit die Mitarbeiter und ihre
Reaktionen in diesem Prozess vollständig ausgeblendet werden. Daher bleiben viele
Funktionsbedingungen und Phänomene unerkannt und unbearbeitet.
Aus diesen Erläuterungen heraus scheint es verständlich, dass der instrumentelle
Organisationsbegriff durch seine fragwürdigen Begrenzungen bei der
Untersuchungsperspektive, immer weiter durch den institutionellen Begriff zurückgedrängt
wurde, und diesen in der Organisationstheorie zum Gebräuchlicheren machte.6
1.4 Was bedeutet Organisieren?
Ein Unternehmen muss in erster Linie organisieren, um eine sinnvolle Arbeitsteilung
vornehmen zu können, da an der Erfüllung der Gesamtaufgabe immer mehrere Personen
beteiligt und involviert sind. Der Begriff des „Organisierens“ ist in diesem Zusammenhang
eine Praxis, in der jeder Person eine bestimmte Teilaufgabe zugeordnet wird. In der Praxis ist
diese Arbeitsteilung nicht immer einfach durchzuführen, da es die unterschiedlichsten Arten
und Weisen gibt. Entsprechend vielfältig sind auch die bestehenden Organisationsformen in
6 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 9- 11.Seite 18 von 73
der Praxis.7
Beim Organisieren geht es darum, Regelungen herzustellen, die die Aufgabenteilung, die
Verknüpfungen, die Verfahrensrichtlinien für die Vorgänge in der Organisation, die
Kompetenzabgrenzungen, die Weisungsrechte usw. festlegen. Diese Regeln richten sich in
den meisten Fällen auf das Verhalten der Organisationsmitglieder und bestimmen so deren
Handlungsweisen. Automatisch wird so der Handlungsspielraum eingeschränkt und
Handlungen sind bis zu einem gestimmten Grad vorhersagbar.8
Wie auch schon zuvor erwähnt lassen sich organisatorische Regeln grundsätzlich in zwei
Gruppen einteilen, die formalen Regelungen und die informalen Regelungen.
Als Ursache dieser beiden Gruppen können genannt werden:
- menschliche Eigenheiten (z.B. gemeinsame Interessen),
- der soziale Status der Mitglieder des Unternehmens,
- die zu lösende Aufgabe,
- die Arbeitsbedingungen (z.B. Zeitdruck).9
Formale Regelungen sind demnach Regeln die fest beschlossen und vertraglich festliegen und
an die sich die Mitglieder halten müssen. Neben den formalen Regeln gibt es auch die
informalen Orientierungsmuster und Regeln. Mitglieder einer Organisation wissen meist sehr
schnell welche Regeln sie einzuhalten haben und welche nicht. Informale Regeln entstehen
oft spontan aus dem Handeln heraus und führen zu Routinen oder Standardprozeduren, die
das Verhalten besonders stark beeinflussen. Informale Regelungen können oft die
Einseitigkeit der formalen Organisation kompensieren, indem sie andere, für die
Zweckerfüllung der Unternehmung ebenfalls wichtige, Aspekte erfüllen. So kann die
informale Organisation (interne Verständigung, Erfüllung von Zugehörigkeitsbedürfnissen)
die formale stabilisieren, indem sie Schwächen kompensiert und die Organisation flexibler
macht als sie eigentlich ist.10
Im Laufe der Entwicklung der Organisationstheorie kam es immer wieder zu Diskussionen
bezüglich der Einordnung von Regeln und wie sich diese auf die Organisation auswirken.
Schlussendlich kam man aber zu dem Schluss, dass informale Handlungsmuster innerhalb 7 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 741. 8 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 11.9 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 743. 10 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 12- 14.
Seite 19 von 73
einer Organisation, als auch die Entwurfsarchitektur, wichtige sich gegenseitig beeinflussende
Aspekte sind.
Organisieren wird heute nicht mehr als punktuelle Aufgabe gesehen die einmal festgelegt
wird, sondern vielmehr als ständiger sich bewegender Prozess der sich immer anderen
Schwerpunkten widmet. Da die Entwicklung der Umwelt aber auch innerhalb des Systems nie
vollständig kalkuliert werden kann, stellt der Vorgang des Organisierens immer ein Problem
dar. Daher wird Organisieren immer mehr als fortlaufende Umgestaltung der
Leistungsprozesse verstanden. Das Leitbild dazu ist nicht die stabile Ordnung, sondern die
fortlaufende Veränderung. Um dies umsetzten zu können, bedarf es einer Menge Know- how,
wie diese Veränderung umzusetzen ist und wie die Organisation in ständiger Bewegung
gehalten werden kann.11
1.5 Organisationsstrukturen und Verhalten
In keiner Organisation werden immer alle Regeln korrekt befolgt. Einerseits, weil es so viele
Regeln gibt, dass sie nicht immer alle erfüllt werden können, andererseits weil die Regeln
widersprüchlich sind und die Mitglieder versuchen sich ihnen zu entziehen. Fakt ist, dass
innerhalb des Organisierens auch die Motivation der Mitarbeiter und ihre Ermutigung, eigene
Lösungen für Problemstellungen zu entwickeln, wichtig sind. Organisieren bedeutet demnach
nicht nur Mitarbeiter durch festgelegte Regeln in vor gedachte Bahnen zu lenken, sondern
Bedingungen zu schaffen, die die Mitarbeiter ermutigen, ihre persönlichen Potenziale bei der
Lösung der organisatorischen Probleme zu entfalten.12
11 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 19- 20.12 vgl. ebenda
Seite 20 von 73
Je größer das Unternehmen ist, desto größer ist meist auch das Motivationsproblem der
Mitarbeiter, daher kann es zu unzulänglicher Ausführung der gesetzten Ziele kommen. Durch
Koordination und Motivation versucht die Unternehmensführung diese Lücke zwischen
idealtypischer Planung und unzulänglicher Ausführung zu verringern:13
Abb. 2: Effizienzsteigerung durch Koordination und Motivation
In dieser Überlegung besteht ein grundsätzlicher Widerspruch in der Aufgabe des
Organisierens, der sich nicht endgültig lösen lässt, da der Motivationsanspruch quer zum
Regelungswillen steht und in unterschiedliche Richtungen steuert.14
1.6 Problemlösungsprozess der Organisation
Um organisatorische Probleme lösen zu können, ist es sinnvoll den Problemlösungsprozess
als formales Schema aufzuzeichnen. Aus diesem Prozess können folgende Phasen für die
Organisation abgeleitet werden:
1. Analyse der Ausgangslage: Da es eine Vielzahl von Einflussfaktoren gibt, die auf die
Organisation wirken (Umweltbedingungen, unternehmensspezifische Faktoren wie
Größe des Unternehmens) werden diese analysiert.
2. Bestimmung der Ziele der Organisation: Oberstes Ziel ist es immer die Effizienz
und den Erfolg mit einer optimalen Arbeitsverteilung zu erhöhen. Dieses Ziel kann
sich entweder auf die Aufbauorganisation (Struktur) oder die Ablauforganisation
(Prozess) beziehen.
13 vgl. Wöhe G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Verlag Vahlen (2008), S. 113.14 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 18.
Seite 21 von 73
3. Bestimmung der Organisationsmaßnahmen: Um die Ziele erreichen zu können
stehen jedem Unternehmen eine Vielzahl von organisatorischen Maßnahmen zur
Verfügung. Dabei stehen die verschiedenen Formen der Aufbau- und
Ablauforganisationen im Vordergrund, die im Laufe der Arbeit noch näher besprochen
werden.
4. Bestimmung der Mittel: Um Maßnahmen durchführen zu können, müssen
entsprechende Mittel zur Verfügung stehen. Das sind in erster Linie finanzielle Mittel
aber auch Personen, die für die Durchführung der Maßnahmen die notwendigen
Organisationsinstrumente (z.B. Stellenbeschreibung) ausarbeiten.
5. Durchführung: Die Implementierung von Maßnahmen ist ein zentraler Aspekt, der
nicht immer einfach ist, da es durch die Veränderungen bestehender Strukturen und
Abläufe oft zu Widerständen und Konflikten kommen kann.
6. Evaluation der Resultate: Das Ergebnis organisatorischer Tätigkeit ist immer eine
Neuordnung von Aufgaben. Die Evaluation gibt Auskunft darüber, inwieweit das
Unternehmen es geschafft hat, sich den Anforderungen der Umwelt, der Mitarbeiter
und des Unternehmens selbst anzupassen.15
1.7 Grundlagen der Strukturgestaltung
Sobald ein Unternehmen eine neue Aufgabe zu bewältigen hat, gilt es eine Struktur zu
schaffen die es ermöglicht diese Aufgabe auszuführen. Die Strukturbildung ist immer, wie
auch schon zuvor erwähnt, eine Einschränkung der Vielfalt der Möglichkeiten und es werden
Erwartungen an die Unternehmensmitglieder gestellt. Dabei gilt immer, je mehr Regeln
aufgestellt werden, desto mehr wird der Leistungsprozess und seine Steuerung standardisiert.
Durch die strukturelle Gestaltung von Organisationen werden einerseits Abläufe erleichtert,
andererseits aber auch das Gesamtsystem erheblich komplexer. Je mehr Teilsysteme
(Abteilungen) entstehen und je unterschiedlicher sich diese zueinander verhalten, desto
schwieriger ist es den Überblick zu behalten. Daher wird die Integration der Teile zu einem
immer größeren Problem und es muss sowohl Arbeitsteilung, als auch Arbeitsvereinigung
durchgeführt werden. In der Organisationsliteratur werden häufig die beiden Begriffe
15 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 744.Seite 22 von 73
„Differenzierung“ und „Integration“ für diese Aspekte verwendet, die als Basisaufgaben der
organisatorischen Strukturgestaltung gelten. Aus diesem Zusammenhang heraus lässt sich das
zu lösende Problem der Aufgabenstrukturierung mit der Integration und der Differenzierung
als Dualproblem bezeichnen.16
Organisatorische
Differentzierung
1.8 Die Aufbauorganisation
Die Gesamtaufgabe des Unternehmens geht mit der Erreichung des Unternehmensziels Hand
in Hand, sodass die organisatorische Struktur der Unternehmung auf diese ausgerichtet sein
muss. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Aufbauorganisation:
Abb. 3: Arbeitsschritte zur Schaffung einer Aufbauorganisation
16 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 109- 112.Seite 23 von 73
Organisatorische
Integration
Bei der Schaffung einer Aufbauorganisation ist die Aufgabenanalyse der erste wichtige Schritt
der unternommen werden muss, da die Gesamtaufgabe der Unternehmung in
Elementaraufgaben, wie z.B. Schreiben, Transportieren, zerlegt wird:
Abb. 4: Aufgabenanalyse und -synthese
Bei der Bildung einer Aufbauorganisation stehen folgende Probleme/Kriterien im
Vordergrund:
- Nach welchen Kriterien kann die Gesamtaufgabe gegliedert werden und in
Elementaraufgaben zerlegt werden?
- Nach welchen Kriterien können die Elementaraufgaben zu Aufgabenkomplexen
(Stellen) zusammengefasst und strukturiert werden?
- Nach welchen Kriterien können die einzelnen Stellen in Beziehung zueinander gesetzt
werden?
Die Kombination dieser genannten Kriterien ergibt die unterschiedlichen Arten von
Organisationsformen in der Praxis.17
Nach der Aufgabenanalyse, werden die Teilaufgaben zu, für das Unternehmen wirtschaftlich
sinnvolle, Aufgabengruppen zusammengefasst. Diesen Vorgang nennt man Aufgabensynthese.
Während der Aufgabensynthese entstehen Stellen, die die kleinste organisatorische Einheit
eines Unternehmens darstellen. Auf sie wird im Laufe der Arbeit noch genauer eingegangen
werden.
17 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 752.Seite 24 von 73
Die Zerlegung der Gesamtaufgabe kann anhand verschiedener Kriterien durchgeführt
werden:18
Gliederungskriterien GliederungsergebnisVerrichtung Forschen, Bestellen, Montieren, VerkaufenObjekt (Verschiedene) Tätigkeiten an Produkten A, B, CRang Dispositive bzw. ausführende TätigkeitPhase Planung, Ausführung, KontrolleZweck Primärer Betriebszweck (Leistungserstellung/ Absatz)
Sekundärer Betriebszweck (Rechnungswesen/ Verwaltung)Tab. 1: Kriterien der Aufgabenanalyse
Folgend werden die fünf Kriterien kurz erläutert:
1. Verrichtungsanalyse: Die Gesamtaufgabe wird als, in unterschiedliche Teile
unterteilte, Verrichtung verstanden, die in der Verrichtungsanalyse herausgefiltert
wird. Die Verrichtung ist die Tätigkeit, die für die Aufgabenerfüllung benötigt wird. In
der Verrichtungsanalyse werden die unterschiedlichen Verrichtungen solange zerlegt,
bis die Ebene der Elementarverrichtung erreicht wird.
2. Objektanalyse: In einem zweiten Schritt der Aufgabenanalyse werden
Bearbeitungsobjekte herausgefiltert, wobei von einem Oberobjekt ausgehend bis zu
den Elementarobjekten hierarchisiert wird.
3. Phasenanalyse: Für die Phasenanalyse ist das 3- Phasenschema (Planung-
Realisation- Kontrolle) vorgesehen. Sie ist der Verrichtungsanalyse sehr ähnlich,
jedoch kommt die Analyse des zeitlichen Ablaufes hinzu.
4. Ranganalyse: Sie steht in enger Beziehung mit der Phasenanalyse und gliedert nach
Entscheidungs- und Ausführungsaufgaben.
5. Zweckbeziehung: Das fünfte Gliederungsmerkmal will die Aufgaben und
Teilaufgaben nach ihrer Stellung im Leistungsprozess ordnen. Dabei werden die
Aufgaben unterschieden ob sie direkter oder indirekter Art sind.19
18 vgl. Wöhe G. (2008) a.a.O., S. 117.19 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 114- 118.
Seite 25 von 73
Die ersten beiden Kriterien (Verrichtungs- und Objektanalyse) sind in der gängigen Praxis am
bedeutendsten. Die Verrichtungsanalyse hat eine Tätigkeit an verschiedenen Objekten zum
Ziel, und die Objektanalyse hat verschiedene Tätigkeiten an je einem Objekt zum Ziel. Die
folgende Abbildung soll diesen Unterschied zusätzlich veranschaulichen:
Abb. 5: Funktionale und divisionale Organisation
Zu solch einer Struktur der Unternehmung gelangt man aber nur, wenn man zuvor im Rahmen
der Aufgabensynthese Stellen gebildet hat.
1.9 Stelle
Die Stelle ist, wie schon zuvor kurz erwähnt, die kleinste organisatorische Einheit eines
Unternehmens und setzt sich aus verschiedenen Teilaufgaben zusammen, die wiederum einen
bestimmten Aufgabenkomplex bilden. In der Theorie werden ausführende Stellen, die auf der
Ausführungsebene, und Leistungsstellen (Instanzen) die auf der Führungsebene angesiedelt
sind, unterschieden. Ausführende Stellen sind meist mehreren Instanzen unterstellt und haben
keine eigenen Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Stellen. Neben den genannten Stellen
gibt es auch Mischformen, zu denen die Stabstellen und die Zentralstellen gehören. Die
Stabstelle dient in erster Linie der Entlastung und der Unterstützung von Geschäfts- und
Bereichsleitern. Wie oft es zum Einsatz von Stabstellen kommt ist immer von der Situation
und den Bedürfnissen der Unternehmung abhängig. Folgende Einflussfaktoren spielen dabei
aber eine große Rolle:
Seite 26 von 73
- Qualität des Stabes (Besetzung),
- Art der Aufgaben,
- Größe des Unternehmens,
- Führungsstufe,
- Intensität der Zusammenarbeit zwischen Stäben und Liniensystem.20
Im organisatorischen Sinne unterscheidet man aber zwischen Stelle und Arbeitsplatz, da der
Arbeitsplatz der konkrete Ort und Raum der Aufgabenerfüllung ist, und die Stelle der
abstrakte Aufgabenkomplex. Daher kann eine Stelle mehrere Arbeitsplätze aufweisen und von
mehreren Personen besetzt sein.
1.10 Die Ablauforganisation
Im Gegensatz zur Aufbauorganisation, wo es um die Strukturierung des Unternehmens in
dessen Einheiten (Stellen, Abteilungen) geht, beschäftigt sich die Ablauforganisation vielmehr
mit der Festlegung der Arbeitsprozesse unter der Berücksichtigung von Raum, Zeit,
Sachmittel und Personen. Ausgangspunkt der Ablauforganisation sind die Elementaraufgaben
die aus der Aufgabenanalyse gewonnen werden. Diese bilden die Grundlage für die
Arbeitsanalyse und die Arbeitssynthese:
Arbeitsanalyse: Die Elementaraufgaben werden weiter in einzelne Arbeitsteile zerlegt.
Arbeitssynthese: Die Arbeitsteile die aus der Arbeitsanalyse hervorgehen, werden unter
Berücksichtigung der Arbeitsträger (Personen oder Sachmittel), des Raumes und der Zeit zu
Arbeitsgängen zusammengesetzt. Dieser Prozess vollzieht sich in drei Stufen:
1. Arbeitsverteilung (personale Arbeitssynthese): Personen werden Aufgaben
zugeteilt, mit Berücksichtigung ihrer Kompetenzen.
2. Arbeitsvereinigung (temporale Arbeitssynthese): Bestimmung der Arbeitsgänge in
zeitlicher Hinsicht.
20 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 747.Seite 27 von 73
3. Raumgestaltung (lokale Arbeitssynthese): Räumliche und zweckmäßige Anordnung
und Ausstattung der Arbeitsplätze.
In der Praxis geht die Ablauforganisation meist stärker ins Detail als die Aufbauorganisation.
Oft beginnt sie dort wo die Aufbauorganisation aufhört, wobei der Übergang fließend zu
sehen ist und sie sich gegenseitig beeinflussen.21
Die folgende Abbildung veranschaulicht den Zusammenhang der beiden Prozesse zusätzlich:
Abb. 6: Zusammenhang Aufbau- und Ablauforganisation
1.10.1 Ziele bzw. Prinzipien der Ablauforganisation
- Prinzip der Termineinhaltung: Optimale Abstimmung der Fertigungstermine mit den
Auftragsterminen.
- Prinzip der Zeitminimierung: Möglichst keine Wartezeiten entstehen lassen.
- Prinzip der Kapazitätsauslastung: Minimierung der Leerzeiten, in denen Betriebsmittel
und Arbeitskräfte nicht genutzt werden.
21 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 755. Seite 28 von 73
1.11 Leitungsprinzipien
Durch die Verteilung der Aufgaben im Unternehmen müssen zwischen den verschiedenen
Stellen Beziehungen hergestellt werden. Diese Kommunikationsbeziehungen werden als
Leitungssysteme bezeichnet, wobei sich zwei Beziehungen zwischen Instanzen und
ausführenden Stellen unterscheiden lassen, das Einliniensystem und das Mehrliniensystem. Im
Folgenden werden diese beiden Systeme kurz beschrieben.
1.11.1 Einliniensystem
Hier erhält die Stelle nur von einer vorgesetzten Instanz Anweisungen, wobei die
Verbindungswege sowohl die Entscheidungs- als auch die Mitteilungswege beinhalten.
Bei der Beurteilung des Einliniensystems können folgende Vor- und Nachteile aufgezeigt
werden:
Vorteile:
- straffe Regelung der Kommunikationsbeziehungen
- Klarheit, Übersichtlichkeit und Einfachheit,
- klare Abgrenzung von Kompetenzen und Verantwortung.
Nachteile:
- Starrheit,
- Länge und Umständlichkeit der formalen Dienstwege/ Kommunikationswege,
- starke Belastung der Zwischeninstanzen.22
22 vgl. Thommen J. P. (2003) a.a.O., S. 790.Seite 29 von 73
Die folgende Abbildung veranschaulicht die Strukturgestaltung des Einliniensystems:
Abb. 7: Strukturtyp der Einlinienorganisation
1.11.2 Mehrliniensystem
Dem Einliniensystem steht das Mehrliniensystem gegenüber. Dieses auch hierarchisch
gedachte System baut auf dem Spezialisierungsprinzip auf und verteilt die
Koordinationsaufgaben auf mehrere Instanzen. Das Prinzip der Einheit bei der
Auftragserteilung wird durch das Prinzip des kürzesten Weges ersetzt. Als Vor- und Nachteile
gelten:
Vorteile:
- Ausnutzung der Vorteile einer Spezialisierung,
- Ausnutzung des kürzesten Weges zwischen den Stellen,
- Motivation durch Ausrichtung auf spezifische Fähigkeiten der beteiligten Personen.
Nachteile:
- Gefahr der Aufgabenüberschneidungen
- Kompetenz- und Verantwortlichkeitskonflikte,
- komplexes System bei wachsender Stellenzahl.23
23 vlg. ebendaSeite 30 von 73
Da im Mehrliniensystem die Gefahr der Kompetenzstreitigkeiten auf der Leitungsebene und
die Gefahr der Verunsicherung („Diener zweier Herren“) auf der nachgeordneten Ebene
besteht, ist das Mehrliniensystem in der Organisationspraxis kaum anzutreffen. Die folgende
Abbildung veranschaulicht die Strukturgestaltung des Mehrliniensystems:
Abb. 8: Strukturprinzip des Mehrliniensystems
2. Gesundheitsorganisationen
2.1 Begriff der Identität
Die Identität einer Organisation entsteht in der Organisationskultur, also den gemeinsamen
Werten, Normen und Überzeugungen der Mitglieder. Mit dieser spezifischen
Organisationskultur kann die gemeinsame Vergangenheit und die sich ständig verändernde
Umwelt zusammen interpretiert und beeinflusst werden. Der Großteil der öffentlich-
rechtlichen Spitäler ist mittelbar oder unmittelbar von Gebietskörperschaften (Länder,
Gemeinden) getragen und mitfinanziert. Daher haben die meisten operativen
Gesundheitsorganisationen ein Abhängigkeitsverhältnis zu Politik und Bürokratie.24
Grundsätzlich ist es unangemessen von einer Identität eines Krankenhauses zu sprechen, da
eine Vielzahl von Subkulturen besteht, die unterschiedliche Kriterien erfüllen:
Fachdisziplinen, Berufsgruppen etc. Die unterschiedlichen Normen und Werte dieser
Subkulturen prägen das Handeln der Organisationsmitglieder in den meisten Fällen stärker als
die Identität der Gesamtorganisation.
24 vgl. Heimerl- Wagner P.: Management in Gesundheitsorganisationen, Ueberreuter Verlag (1996), S. 128.Seite 31 von 73
Das so genannte Schachtelmodell der Kultur veranschaulicht diese Zusammenhänge:
A – Privatkultur: kulturelle Standards eines Individuums
B – Gruppenkultur: kulturelle Standards einer (Abteilungs-)Gruppe
C – Unternehmenskultur: kulturelle Standards eines Unternehmens
D – Branchenkultur: kulturelle Standards einer Branchengemeinschaft
E – Gesellschaftskultur: kulturelle Standards einer ganzen Gesellschaft
Abb. 9: Das „Schachtelmodell“ der Kultur
In Krankenhäusern können diese Kulturebenen folgende Formen annehmen:
- Privatkultur: kulturelle Standards der leitenden Pflegeperson und/oder des Arztes
- Gruppenkultur: kulturelle Standards der Abteilung, Station, Berufsgruppe,
Hierarchieebene
- Organisationskultur: kulturelle Standards des Krankenhauses (z.B. christliche Werte
in Ordensspitälern)
- Branchenkultur: kulturelle Standards des Gesundheitswesens wie beispielsweise
überlieferte Traditionen (Visite)
- Gesellschaftskultur: kulturelle Standards der Gesellschaft gegenüber dem Wert der
Gesundheit, Spitälern, Ärzten etc.
2.2 Professionelle Organisationen
Diese oben beschriebenen Kulturebenen stehen im direkten kommunizierenden
Zusammenhang und tauschen sich gegenseitig aus. Spitäler sind, wie andere soziale
Dienstleistungsinstitutionen (z.B. Universitäten), den professionellen Organisationen
zuzuordnen (Profibürokratien, Expertenorganisationen).
Seite 32 von 73
Ihre Charakteristiken sind:
- Aufgabenorientierung: Der primäre Bezugspunkt des organisatorischen Handelns ist
die Aufgabe, im Krankenhaus somit die medizinische Behandlung. Das gemeinsame
Ziel ist die medizinische Diagnose- bzw. der Therapieerfolg. Wo zum einen
Kommunikationsstrukturen wie die Organisation einer Operation und deren Erfolg
tagtäglich einwandfrei durchgeführt und verfolgt werden, werden zum anderen andere
struktur- und strategie bildende Kommunikationsprozesse tendenziell vernachlässigt.
Zu diesen zählen Teamentwicklung, Personalentwicklung oder gemeinschaftliche
Planungsprozesse.
- Kategorisierung der Aufgaben: In einer professionellen Organisation sind aufgrund
der Kompliziertheit der Aufgaben genaue Kategorisierungen der Aufgaben nötig.
Patienten werden demnach in Fachbereiche sortiert und innerhalb der Fachbereiche
weiter kategorisiert, um somit die richtigen therapeutischen Maßnahmen durchführen
zu können. Diese Kategorisierung hat den Zweck, dass möglichst standardisierte
Abläufe durchgeführt werden können. Wie in anderen Organisationen führen diese
Ausdifferenzierungen oft zu Kompetenzkonflikten (z.B. zwischen Chirurgie und
Pädiatrie).
- Autonomie: Aufgrund der Aufgabenkomplexität und dem hohen Grad an ExpertInnen
im Spital, ist es für die Administration schwer, inhaltlich kompetente Diskussionen mit
ihnen zu führen. Die Autonomie der einzelnen operativen Organisationsbereiche
(Abteilungen, Stationen) stellt einen hohen Wert dar, der gegenüber der Organisation,
aber auch den anderen Abteilungen verteidigt wird. Daher ist es oft sehr schwer
strategische Koordination oder fachübergreifende Zusammenarbeit durchzuführen.
- Personenorientierung: In der Regel treten Personen als Orientierungspunkte für die
Wahrnehmung vor die Bedeutung und die Struktur der Organisation. Bestimmte
Organisationseinheiten (z.B. die pädiatrische Abteilung eines Spitals) werden meist
bestimmten Personen, wie dem dort zuständigen Primar zugeordnet. Auch Patienten
orientieren sich in erster Linie an der Kompetenz der leitenden Person. Kommt es
dann aber zu Fehlern, wird stets rasch nach schuldigen Personen gesucht und
Handlungsmuster der Organisation verkürzt auf die Handlungen einzelner Personen
Seite 33 von 73
zurückgeführt. In Bezug auf Strukturveränderungen in professionellen Organisationen,
machen Situationen wie diese erhebliche Probleme.
- Die Rolle des professionellen Administrators: Er ist einerseits ein Bindeglied
zwischen Experten und Administration und hat andererseits auch eine Außenfunktion
mit dem Ziel der Ressourcensicherung. Dabei ist zu erwähnen, dass der professionelle
Administrator seinen Einfluss nur so lange behält, wie die Mitarbeiter den Eindruck
haben, dass er ihre Interessen vertritt und umsetzt.
- Strategieentwicklungsproblem: Aufgrund der schon genannten Punkte ist erkennbar,
dass es nur schwer möglich ist, eine einheitliche Organisationsstrategie zu definieren
und zu praktizieren. Diese Tatsachen machen auch den Trägerorganisationen zu
schaffen, da Innovationsvorhaben und die damit verbundene Zusammenarbeit
mehrerer Spezialisten immer wieder auf Zurückhaltung stoßen.
- Berufsgruppenorientierung: In professionellen Organisationen ist es üblich, dass es
zu einer strikten Differenzierung zwischen den professionellen und den
unterstützenden Funktionen kommt. Mediziner sind meist die professionelle Funktion
und die Pflege ist, je nach Blickwinkel, eine der beiden Gruppen zuzuordnen. Die
beiden Kulturen Pflege und Medizin sind aber nach wie vor zwei Bereiche, die sich
voneinander abgrenzen und nebeneinander her „leben“.25
2.2 Strukturen von Gesundheitsorganisationen
In der Praxis gibt es, wie auch schon im Laufe der Arbeit zuvor erwähnt, zwei Arten der
Arbeitsteilung: funktional (nach Art der Tätigkeit) und divisional (nach Objekten). Im Spital
liegt eine funktionale Arbeitsteilung, die sich an Berufsgruppen stützt, vor. Wie jede
Organisationsstruktur hat auch die funktionale Gliederung einer Organisation bestimmte,
schon aufgezählte, Vor- und Nachteile. Dabei gilt, je stärker die funktionale Arbeitsteilung ist,
desto mehr Schnittstellen und Informationsbedarf bestehen.
Auch in der Pflegetätigkeit auf der Stationsebene kann entweder funktional organisiert
werden (jede/r PflegerIn erbringt einzelne Tätigkeiten an allen Patienten; Funktionspflege),
oder objektorientiert (jede/r PflegerIn betreut einige wenige Patienten umfassend;
25 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 132 ff.Seite 34 von 73
Bezugspflege). Daher lassen sich schlussendlich drei Gliederungskriterien aufzeigen, die im
Spital anwendbar sind: Berufsgruppen, Produktgruppen und Kundengruppen, wobei jedes
dieser Gliederungsprinzipien spezifische Kriterien der Organisationsentwicklung fördert aber
auch behindert.26
In einem Spital wird der Primärprozess auf struktureller Ebene in berufsgruppenspezifische
Teilfunktionen aufgespaltet. Daher gibt es einen erhöhten Kommunikations- und
Koordinationsaufwand der einerseits von einer zentralen Leitung und andererseits von
laufenden horizontalen Abstimmungen auf ausführender Ebene gesteuert wird. In der Praxis
gibt es oft Missverständnisse und Kompetenzabgrenzungskonflikte zwischen den
Berufsgruppen die auch fatale Folgen, wie Patientenverwechslungen, haben können. Je
stärker die funktionale Arbeitsteilung ist, desto mehr Schnittstellen und umso mehr
Informationsbedarf entstehen.27
Ein wesentliches Charakteristikum von Gesundheitsorganisationen ist, dass sie an mehreren
gesellschaftlichen Funktionalsystemen teilnehmen und somit mehrere „Sprachen“
nebeneinander existieren. Damit steigen auch die Ansprüche an die formalen und informalen
Regelstrukturen der Organisation, um den Kommunikationsfluss zu kanalisieren.28
An der Spitze der gesetzlich definierten Verantwortlichkeitsstruktur eines Krankenhauses
steht die Kollegiale Führung, die sich aus unterschiedlichen Berufsgruppen zusammensetzt
(in der Regel die ärztliche Leitung, die Pflegedirektion und die Verwaltungsdirektion). Der
Berufsgruppenstruktur der kollegialen Führung liegen eher standespolitische als
patientenorientierte Überlegungen zugrunde. Öffentliche Träger übernehmen wie schon
erwähnt meist die dreifache Verantwortlichkeitsstruktur. Die somit bestehende
Aufbauorganisation nach Berufsgruppen und die Verankerung entsprechender, kollegialer
Führungsorgane hat zu einer vermeintlichen oder tatsächlichen Gleichstellung der
Berufsgruppen geführt. Dabei wird aber weder die Kooperation noch die Koordination der
Leistungserbringung der Spitäler gefördert, sondern im Gegenteil sogar behindert. Somit
können Konflikte zwischen Berufsgruppen die „unten“ auftreten leicht nach „oben“ getragen
werden.29
26 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 136 ff. 27 vgl. ebenda28 vgl. Heimerl P.: Wandel und Intervention in Gesundheitsorganisationen, Linde Verlag (2005) S. 43.29 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 60.
Seite 35 von 73
Oft kommt es in Gesundheitsorganisationen zu Abgrenzungstendenzen zwischen den
Berufsgruppen. Fast jede zweite Pflegende erlebt zumindest zeitweilig Probleme in der
Zusammenarbeit mit Ärzten. Ursachen für diese Probleme können sein:
- Unterschiedliche Sprachen: medizinische Fachsprache, unterschiedliche Codes
gesellschaftlicher Funktionssysteme (Medizin, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik).
- Unterschiedliche Gesundheitskonzepte: naturwissenschaftlich- analytische versus
ganzheitliche Ansätze.
- Unterschiedliche Berufskulturen: Umgang miteinander, Umgang mit Fehlern etc.
- Statusunterschiede: z.B. akademische versus überwiegend nichtakademische
Ausbildung.
- Frauenberuf versus Männerberuf verbunden mit Berufsstereotypen.30
Spitäler werden offiziell häufig als Einliniensysteme dargestellt. Dies entspricht in der Praxis
jedoch nicht der ganzen Wirklichkeit, da in der gängigen Spitalsstruktur oft zwei
Gliederungsprinzipien parallel existieren: Die disziplinarische Berufsgruppen- und die
medizinisch- fachliche Produktgruppenstruktur. Weiters existieren in Spitälern traditionell
zwei Autoritätslinien: Eine geht von der Trägerorganisation über die Kollegiale Leitung zu
den Mitarbeitern der verschiedenen Berufsgruppen, die andere besteht aus unterschiedlichen
professionellen Mitarbeitern, meist Ärzten, die dem Pflege- und technischen Personal
Anweisungen in Bezug auf die Patientenbehandlung geben. Durch diese beiden
Autoritätslinien kommt es zu Ziel- und Kompetenzkonflikten. Ansätze aus den siebziger
Jahren gehen davon aus, beide Linien bestehen zu lassen und sie explizit zu machen.
30 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 69.Seite 36 von 73
Damit entsteht eine Matrixstruktur die im Folgenden abgebildet ist:
Abb. 10: Matrixförmige Darstellung der Organisationsstrukturen eines Spitals
Mit der Matrixorganisation wird die Eindeutigkeit der Unterstellung aufgegeben und es
entsteht eine für Spitäler typische fragmentierte Organisationsstruktur. Wie in jeder
Matrixorganisation kommt es auch in diesem Fall oft zu einem erhöhten Konfliktpotential und
eine hohe Anforderung an die interpersonale Kompetenz, Konflikttoleranz und
Konfliktlösungsfähigkeit der einzelnen Rollenträger sind von großer Bedeutung.
Das Innovationspotenzial dieser Struktur liegt in teamartigen Koordinations- und
Entscheidungsprozessen, die aufgrund der Doppelunterstellung gegeben sind. Die Matrix
kann aber auch zu einer Hemmung von Entscheidungsprozessen führen, vor allem wenn das
Prinzip der Gruppenentscheidung zu stark betont wird und es zu Gruppendiskussionen und
möglichen schlechten Entscheidungen kommt. Weiters gibt es derzeit den Trend zur
Seite 37 von 73
Errichtung von Stabstellen (z.B. Controlling, Qualitätsmanagement oder
Personalentwicklung), die aber auch die Gefahr der Verlangsamung und Komplizierung der
Entscheidungsprozesse beinhalten.
3. Organisationen im Wandel
Wandelprozesse in Organisationen sind nicht nur durch eine spezielle Intervention
gekennzeichnet, sondern bestehen aus einem ganzen Bündel von Maßnahmen die auf
unterschiedlichen Ebenen ansetzen. Die Interventionsmethoden um zu einem
organisatorischen Wandel zu gelangen wurden nie als bloßer Werkzeugkasten begriffen, aus
dem beliebig einzelne Werkzeuge entnommen werden können, sondern sind vielmehr im
Kontext des Gesamtsystems zu verstehen und anzuwenden.31
Wenn man Organisationen im Zeitverlauf beobachtet, lassen sich aus unterschiedlichen
Blickwinkeln Veränderungen feststellen: Personen treten in die Organisation, verändern sich,
scheiden aus, neue Technologien kommen zur Anwendung und bedingen Veränderungen der
Arbeitsorganisation, Kundengruppen verschieben sich, die Umwelt der Organisation
verändert sich etc. In der Organisationsforschung gibt es zahlreiche Modelle die
unterschiedliche Veränderungsprozesse in Organisationen beschreiben. Alle Modelle gehen
aber von folgenden Prämissen aus:
- Organisationen tragen eine gerichtete, irreversible, immanente Entwicklungslogik von
Gründung in sich. Die Umwelt wird als Kraft gesehen, die Veränderungen der
Organisation induziert.
- Die Veränderung von Organisationen besteht aus einer konsekutiven Abfolge von
Entwicklungsphasen die sich gegenseitig bedingen.
- Die einzelnen Entwicklungsstadien sind durch bestimmte „Konfigurationen“ markiert,
wobei es dazwischen auch Phasen des Umbruchs oder der Krise gibt.
31 vgl. Schreyögg G. (2003) a.a.O., S. 514.Seite 38 von 73
Ein oft beschriebenes Entwicklungsmodell ist das Entwicklungsmodell von Glasl/Lievegoed
und definiert vier Phasen:
1. Pionierphase
2. Differenzierungsphase
3. Integrationsphase
4. Assoziationsphase
Die einzelnen Phasen haben jeweils Organisationsmetaphern zugeordnet: Familie, Apparat
(Maschine), Organismus und Glied im Biotop. An den Übergängen der jeweiligen Phase tritt
immer eine Zeit der Neuorientierung der Organisation auf, die meistens mit krisenhaften
Erscheinungen einhergeht:
Abb. 11: Modell organisatorischen Wandels
1. Pionierphase: Das Unternehmen als Familie oder Stamm: In dieser Phase wird das
Unternehmen grundlegend von der Pionierpersönlichkeit, die meist der Gründer selbst
ist, geprägt. Typische Charakteristika sind:
- Image, Sinn und „Leitbild“ werden geprägt
- Ziele, Sinn und Zweck sind für jeden sichtbar
- Die Mitarbeiter sind alle direkt dem Chef unterstellt
- Die Funktionen wachsen um die Personen herum
- Das Unternehmen ist wie eine „große Familie“
- Die Mitglieder der Organisation pflegen intensive und direkte Kontakte
- etc.
2. Organisationsphase (= Differenzierungsphase): Das Unternehmen als konstruierter
Apparat: Transparenz, Systematik, Logik und Steuerbarkeit stehen in dieser Phase an
erster Stelle. Die Organisation wird als steuerbare, beherrschbare und kontrollierbare
Seite 39 von 73
Maschine angesehen, daher steht betriebswirtschaftliches und technisches Denken im
Vordergrund. Die Säulenbildung in Verwaltung, Produktion und Verkauf findet statt.
Kennzeichen dieser Phase sind:
- produktorientiertes Denken
- Marktforschung
- Klares Kommunikations- und Berichtwesen wird installiert
- Wirtschaftliche Unternehmensführung
- Statistiken
- etc.
3. Integrationsphase: Das Unternehmen als lebendiger Organismus: Da es im Laufe
der Organisationsphase zu einer Erstarrung, in der Verfahren wichtiger als Ziele und
Ergebnisse werden, der Organisation kommen kann, gilt es in dieser Phase die
Beziehungen zwischen Menschen, Gruppen (Abteilungen) und größeren Einheiten neu
zu gestalten. Die Eigenschaften der Organisation in der Integrationsphase sind
folgende:
- Das Handeln der Organisationsmitglieder orientiert sich am Problem des Kunden
- Gemeinsames Selbstverständnis wird entwickelt
- Das Gesamtunternehmen wird in kleine, eigenverantwortliche Einheiten strukturiert
- Mensch und Arbeit befruchten einander
- Das Rechnungswesen dient als Informationsquelle für Entscheidungen
- etc.
4. Assoziationsphase: Das Unternehmen als Glied im Biotop: Diese Phase wurde in
einer Überarbeitung des Modells in den neunziger Jahren hinzugefügt. Diese Phase
lenkt den Blick auf die Handhabung der Organisationsumwelt, daher geht es um die
Vernetzung der Organisation mit den Umwelten. Vernetzungen finden z.B. in
Forschung und Produktentwicklung, mit Lieferanten, in der Produktion und mit
Vertriebspartnern statt.
Seite 40 von 73
Typische Charakteristika sind:
- Intensive Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, daher eine ständige Arbeit an
der eigenen Integrität
- Vermehrte Personalpolitik und Personalentwicklung
- In der Ablauforganisation erweitertes Prozessdenken, Selbststeuerung und
Nahtstellen- Management
- etc.32
Entwicklungsmodelle wie das eben beschriebene haben einen idealtypischen Charakter, daher
sind Prognosen für Einzelfälle kaum ableitbar. Die Modelle dienen aber als Unterstützung bei
Organisationsdiagnosen, da sich einzelne Symptome zusammenfügen lassen und Krisen-
erscheinungen als „natürlich“ erkennbar gemacht werden. So kann verdeutlicht werden, dass
Krisen in einer Organisation nicht oder nur selten auf das Versagen einzelner Personen
zurückzuführen sind, sondern meist von den Strukturen des Systems ausgehen. Daher sind
Phasenmodelle dazu da, die Notwendigkeit der Veränderungen in Organisationen zu
verdeutlichen.33
3.1 Gesundheitsorganisationen im Wandel:
Die aktuelle Umweltsituation von Gesundheitsorganisationen zeigt, dass die Komplexität
stark zunimmt. Gründe dafür sind z.B. die steigende Konkurrenz zwischen einzelnen
Gesundheitsorganisationen, „Mündigkeit“ der Patienten, Personalprobleme, neue
Aufgabenbereiche (z.B. Prävention) oder steigender Finanzierungsdruck.34
Ein gut funktionierendes Gesundheitssystem ist ein integrierter und nicht wegzudenkender
Bestandteil des Sozialsystems der entwickelten Industriegesellschaften. Dieses System
befindet sich jedoch in den letzten Jahren in den meisten Industrieländern im Mittelpunkt
zahlreicher Diskussionen und in einem Prozess dynamischer Veränderung. Es vergeht kaum
eine Woche in der nicht über die Zweifel der Finanzierbarkeit des Systems oder der sozialen
Krankenversicherung der Spitäler berichtet wird. Im Mittelpunkt dieser Diskussionen stehen
die künftige Absicherung der Finanzierung der Versorgung, der Aufrecherhaltung einer
32 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 114- 118.33 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 119.34 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 155.
Seite 41 von 73
Zugangsgarantie zu medizinischen Leistungen für alle, der Qualität der Leistungen und auch
der Einsatz von moderner medizinischer Technologie. Die meisten Länder versuchen diese
bestehenden Probleme anhand von Reformprojekten zu lösen, stoßen aber immer wieder auf
Widerstand oder Ablehnung aus den verschiedenen Berufsgruppen und Akteuren. Beispiele
dafür sind das Gesundheitsstrukturgesetz in der Bundesrepublik Deutschland, der
Bundeskrankenanstaltenplan oder die Einführung der leistungsorientierten Finanzierung in
Österreich. Fakt ist, dass die Ausgaben pro Kopf in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen
sind. Dabei ist weiters zu beachten, dass die Zuwächse jeweils über den Zuwächsen des
Bruttoinlandsproduktes der jeweiligen Länder lagen und gleichzeitig der Ressourceneinsatz
auch stieg.35
Der demographische Wandel ist ein weiterer grundlegender Aspekt der zu den starken
finanziellen Anstiegen im Gesundheitswesen beiträgt. Die Zunahme der Lebenserwartung ist
ein Trend, der sich laut Prognosen auch in der Zukunft noch fortsetzten wird. In Österreich
stieg die Lebenserwartung zwischen dem Jahr 1902 und dem Jahr 1994 eines neugeborenen
Mädchens von 40.6 Jahren auf 73.3 Jahr, was einer Erhöhung um rund 85% entspricht. Seit
Beginn der achtziger Jahre kommt es aber auch zu einer Zunahme der ferneren
Lebenserwartung. Die Daten zeigen, dass es in den letzten Jahrzehnten zu einer Zunahme der
Lebenserwartung um rund 3 Jahre gekommen ist:36
Lebenserwartung bei Geburt (Österreich) Männer Frauen1970/72 66,68 73,691994/96 73,60 79,99
Tab. 2: Lebenserwartung bei Geburt
Infektionskrankheiten wie Scharlach, Masern, Tuberkulose, Pocken oder Cholera waren
Anfang des Jahrhunderts die wesentlichen Todesursachen. Im Laufe der ersten Jahrzehnte
dieses Jahrhunderts kam es, hauptsächlich durch die Verbesserung der hygienischen, sozialen
und ökonomischen Bedingungen und später auch durch die Entwicklung und Verbreitung von
Antibiotika und zahlreicher Schutzimpfungen, zur Abnahme der Infektionskrankheiten und zu
einer Zunahme der chronisch- degenerativen Erkrankungen. Damit sind z.B. chronische
Erkrankungen des Herz- Kreislauf- Systems und bösartige Neubildungen gemeint, die
heutzutage 75% aller Sterbefälle ausmachen. Experten wie Epidemiologen und
Gesundheitssystemforscher sind sich einig, dass diese Entwicklung vor allem auf die
35 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 18-19.36 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 15.
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Veränderungen der sozialen, hygienischen und ökonomischen Verhältnisse zurückzuführen
sind und Infektionskrankheiten mittlerweile eine völlig untergeordnete Rolle spielen. Daraus
kann geschlossen werden, dass die besseren Lebensbedingungen und die bessere
medizinische Versorgung dazu führen, dass immer mehr Menschen, zwar chronisch-
degenerativ erkrankt, überleben, und nicht wie früher unmittelbar an einer Infektionskrankheit
sterben.37
Drei Faktoren, Demographie, Epidemiologie und Technologie- bewirken, dass sich der
Abstand zwischen Morbidität- und Mortalität nicht verkleinern, sondern eher vergrößern wird
und somit der Ressourcenbedarf im Gesundheitswesen auch steigt.38
Weiters wächst der Druck Organisationseinrichtungen zu ermöglichen, die den Bedürfnissen
der Patienten besser entsprechen. So werden z.B. Gruppenpraxen, Tageskliniken, ambulante
Betreuungseinrichtungen oder mobile Heimbetreuungsorganisationen gegründet. Der
Kostendruck, die Anforderung flexibel zu sein, und die wachsende Konkurrenz und der
Wettbewerb bedeuten große Herausforderungen für die Versorgungseinrichtungen, da die
Lücke die entsteht wenn keine Ressourcen mehr bestehen, nur durch Verminderung des
Angebots oder durch die Mobilisierung von Produktivitätspotentialen beschlossen werden
kann. Der Zwang zur Veränderung der Organisationsstrukturen und -prozesse, steigender
Know- how- Bedarf, verstärkter Wettbewerb und andere Anforderungen sind zukünftig
Anforderungen die an das Management der einzelnen Organisationen gerichtet sein werden.39
Die Kosten im Gesundheitswesen werden zusammenfassend durch zwei Komponenten
beeinflusst:
- Die Entwicklungen auf der Angebotsseite: Der medizinisch- technische Fortschritt
führt einerseits zur Senkung der Verweildauer durch bessere Verfahren, andererseits
sind allerdings die Kosten für neue Behandlungen höher bzw. sie sind vorher nicht
angefallen.
- Die Entwicklungen auf der Nachfrageseite: Demografische Veränderungen durch ein
höheres Lebensalter führen zu einem veränderten Krankheitsspektrum.
37 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 24.38 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O. S. 33.39 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 35.
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Multimorbidität ist eine der Folgen. Zugleich sind höhere Ansprüche der Bevölkerung
an Gesundheitsleistungen entstanden, und zwar in medizinischer und pflegerischer,
aber auch in serviceorientierter Hinsicht. Der Patient fühlt sich heute viel mehr als
Kunde denn als „Ratsuchender Bittsteller“.40
Der laufende Druck von außen wird zunehmend dazu führen, dass nur mehr jene
Organisationen überlebensfähig sind, die Bereitschaft zu kontinuierlicher Veränderung im
Sinne einer lernenden Organisation aufweisen. Aber auch das zunehmend dynamische
Umfeld, der schon erwähnte wachsende Kostendruck und die zunehmende Bereitschaft und
Fähigkeit der Konsumenten, zwischen verschiedenen Angeboten zu wählen und das für sie
attraktivste zu identifizieren, werden den Konkurrenzdruck auf Gesundheitsorganisationen
und den Wettbewerb am Gesundheitsmarkt zunehmend erhöhen und verstärken.41
Gesundheitsorganisationen haben vielfältige Zielbezüge zu erfüllen, da das Prinzip der
bestmöglichen Versorgung laufend mit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip kollidiert. Da beide
Aspekte wichtig und gleichrangig anzusehen sind, zwingt dies Gesundheitsorganisationen in
eine ständige „Sowohl- als- auch- Strategie“ überzugehen. Diese Tatsache geht mit
Kommunikationsproblemen einher, da in Gesundheitsorganisationen stets mehrere
„Sprachen“ gesprochen werden, da sie gleichzeitig an mehreren Funktionssystemen
teilnehmen. Ein Krankenhaus nimmt einerseits am medizinischen und andererseits auch am
wirtschaftlichen aber auch, wie ein Universitätsklinikum, am wissenschaftlichen
Funktionssystem teil. Alle diese Funktionssysteme haben, nach Luhmann, jeweils ein
primäres Merkmal bzw. eine Sprache ausgebildet, die sich auf einen binäre Code
zurückführen lässt: Das medizinische Funktionssystem geht nach krank/gesund vor, das
wirtschaftliche nach zahlen/nicht zahlen und das wissenschaftliche auf wahr/nicht wahr.42
Durch die „Mehrsprachigkeit“ in Gesundheitsorganisationen kommt es zu Problemen in der
Zusammenarbeit, da unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Gesundheitskonzepte
(naturwissenschaftlich- analytische versus ganzheitliche Ansätze) aber auch
Statusunterschiede (akademische versus überwiegend nichtakademische Ausbildung) zu
unterschiedlichen Auffassungen führen.43
40 vgl. Albrecht D.: Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus, Springer Verlag (2006) S. 5.41 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 37.42 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 39.43 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 97.
Seite 44 von 73
Aus den unzähligen Umfeldentwicklungen können folgende Rahmenbedingungen zur
Entwicklung von Gesundheitsorganisationen abgeleitet werden:
- Trend zur Finanzierung über Fallpauschale
- Erweiterte technische Möglichkeiten führen zu Kostendruck nach oben
- Geriatrische Versorgung gewinnt immer mehr an Bedeutung, daher kommt es zu
einem zunehmenden Bedarf der lindernd- pflegenden Medizin im Vergleich zur
heilenden Akutmedizin.
- Verlagerung des Schwerpunkts von Akut- zu Vorsorgemedizin
- Zunehmende Flexibilisierung und Differenzierung der Organisationsformen der
Bedarfsdeckung
- Zunehmende Privatisierung der Anbieterorganisationen
- etc.
Diese bereits stattfindenden Strukturveränderungen begründen den Bedarf nach
organisationalem Wandel in diesem Bereich. Wenn man die bisherigen Analysen und Modelle
zusammenfasst, lassen sich folgende zentrale Themenfelder der zukünftigen Entwicklung von
Gesundheitsorganisationen zusammenfassen:44
Abb. 12: Themenfelder und Ansatzpunkte der Organisationsveränderung in Gesundheitsorganisationen
44 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 128.Seite 45 von 73
Unter Vernetzungsstrategien werden Beziehungen die vertraglich oder institutionell zwischen
zwei Organisationen festgelegt wurden verstanden. Diese Beziehungen zielen temporär oder
dauerhaft auf die Nutzung beidseitiger Vorteile ökonomischer, effektiver oder technologischer
Natur. Die prozessorientierte Zusammenarbeit innerhalb aber auch über Organisationsgrenzen
ist ein wichtiger Aspekt, der durch die Reduktion innerorganisationaler Schnittstellen erreicht
werden soll.45
Die Abhängigkeit von gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere der
Finanzierungsstrategien macht es oftmals schwer strategische Managementziele umzusetzen
und Strukturen längerfristig zu verändern und die Abschätzbarkeit der Steuerungseingriffe
sinkt.46
3.2 Fallbeispiel zur Reorganisation einer Klinik
Im Folgenden wird ein Fallbeispiel zur Reorganisation einer Klinik vorgestellt und
anschließend kurz diskutiert:47
Um der wachsenden Konkurrenz der Umwelt standzuhalten, änderte das Krankenhaus X
seine Organisation von einer funktionalen zu einer divisionalen Struktur. Durch das
Wachstum und die Entwicklung profitorientierter Spitalsketten, aber auch durch allgemeine
Gemeindespitäler die begannen ihre Dienstleistungen aufzusplittern und das Angebot zu
erweitern stieg die Konkurrenz laufend und eine Veränderung durch die defizitäre Lage
wurde unumgänglich.
Das Spital war seit seiner Inbetriebnahme 1889 nach funktionalen Entscheidungslinien
organisiert. Der Übergang zu einer Spartenstruktur wurde vollzogen, um Kosten zu sparen
und um das Spital in eine günstigere Position in Bezug auf seine Umwelt zu bringen. Die
Wahl der divisionalen Struktur stellte ein bewusstes Bestreben dar, der Tatsache zu
begegnen, dass Ärzte im allgemeinen die wichtigsten Entscheidungen der
Ressourcenallokation im Spital treffen, während die Administratoren für die Ausgaben
verantwortlich sind. Administratoren konnten die Kosten der Hoteldienstleistungen
kontrollieren, jedoch nicht behandlungsbezogene Ausgaben, wie Radiologie, Labor und
pharmazeutische Leistungen.
45 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 130.46 vgl. Heimerl P. (2005) a.a.O., S. 132.47 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 170.
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Die neue divisionale Struktur wurde eingeführt, um die Ärzte sowohl für die Qualität als
auch die Kosten der Behandlung inhaltlich und wirtschaftlich verantwortlich zu machen.
Das Spital wurde in zehn „Produkt“- Sparten reorganisiert; z.B. Psychiatrie, Chirurgie,
Medizin, Onkologie. Für jede Sparte wurde ein Leiter ernannt, der ein Mitglied der
medizinischen Berufsgruppe war.
Diese Person wurde für alle Aktivitäten innerhalb der Sparte (etwa 200- 300 Betten) voll
verantwortlich gemacht. Jedem Spartenleiter wurde ein Pflegeleiter, ein Administrator und
ein Verantwortlicher für finanzielle Angelegenheiten unterstellt. Daneben wurden sieben
Vizepräsidenten eingerichtet, die jedoch keine Anordnungsbefugnisse in der Organisation
hatten und in erster Linie für die langfristige Planung verantwortlich waren.
Unterstützende Leistungen, wie Labor, Radiologie und Verpflegung, blieben zentralisiert
zur Nutzung durch alle Sparten.
Zusätzlich zur Änderung der Organisationsstruktur war es auch notwendig, die
Entscheidungsfindungsprozesse, das Kommunikationssystem sowie das klinische und
wirtschaftliche Informationssystem zu verändern. Innerhalb jeder Sparte wurden durch das
Management- Team unter Führung des Chefarztes Ziele gesetzt. Von jeder Sparte wurde
erwartet, dass sie im Rahmen der Politik der gesamten Institution arbeite. Das
Spartenmanagementteam war jedoch für Budgeterstellung, Personalentscheidungen und
die Evaluation der klinischen und finanziellen Leistung verantwortlich. Die Abteilungen
wurden ermutigt, Entscheidungen selbst zu treffen und so autonom wie möglich zu arbeiten.
Unterstützungsleistungen wie Küche, Reinigung und Instandhaltung können die Sparten
von zentralen Stellen innerhalb des Hauses, in bestimmten Fällen auch durch Externe,
erhalten.
Buchhaltung, Budgeterstellung und Ressourcenzuteilungssystem wurden für die
Spartenebene entwickelt. Als Mittel der Verantwortungszuordnung auf Spartenebene wurde
ein umfassendes Managementinformationssystem eingerichtet. Das Informationssystem
beinhaltet Berichte über Gewinn und Verlust innerhalb der Sparte, Belagsquoten,
durchschnittliche Aufenthaltsdauer etc. Weiters wurden Größen zur Bestimmung der
Patientenzufriedenheit entwickelt.
Insgesamt wird geschätzt, dass die neuen Sparten direkte Kontrolle über 47% ihrer
Ausgaben gegenüber nur 30% im früheren System haben. Darüber hinaus haben die
Abteilungen schätzungsweise die Kontrolle über 20% der Ausgaben für zentrale Leistungen
wie Labor und Radiologie.
Es ist zu beobachten, dass die vorliegende Spartenstruktur eine beträchtliche Stabilität in
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die Tätigkeiten des Spitals gebracht hat. Es ist beispielsweise festzustellen, dass zwischen
Ärzten,
Pflegepersonal und Verwaltung eine bessere Zusammenarbeit und Kommunikation über die
Organisationsziele und Leistungen bestehen. Jede Sparte wird nicht nur mit Informationen
über ihr eigenes Leistungsniveau informier, sondern auch über jenes der anderen Sparten.
Daher kann jede Abteilung die eigene Leistung mit den anderen vergleichen und es
entstehen weniger Konflikte untereinander. Durch gemeinsame Planungsbesprechungen
entsteht ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen den einzelnen
Funktionseinheiten.
Das wahrscheinlich wichtigste Anzeichen dafür, dass die Neuorientierung zu greifen
scheint, ist das gestiegene Kostenbewusstsein des gesamten Personals auf der Ebene der
Patientenversorgung. Ärzte, Pflege- und Verwaltungsmitarbeiter sind sich genau bewusst,
dass übermäßige Nutzung klinischer Leistungen und ausgedehnter Patientenaufenthalte
einen negativen Einfluss auf das finanzielle Ergebnis der Sparte haben. Wenn die Sparte in
einem Bereich Geld spart, hat sie die Möglichkeit, dies anderwärtig auszugeben, wo sie
dies für erforderlich hält.
Keine größere Neuorganisation geht ohne Probleme vorüber, so hatte zu Beginn die
Pflegeabteilung Schwierigkeiten, sich an die neue Struktur anzupassen. Sie fürchtete,
professionelle Autonomie über die Pflegeentscheidungen zu verlieren; die Praxis hat jedoch
gezeigt, dass die neue Struktur für die Pflegeleitungen und –personal Möglichkeiten bringt,
an Entscheidungsfindungen intensiver mitzuwirken.
Es gab auch Befürchtungen bezüglich der Fähigkeiten der Ärzte, Managementfunktionen
neben ihren anderen Verpflichtungen aus Patientenversorgung, Lehre und Forschung zu
übernehmen. Es dauerte einige Zeit, bist die Ärzte sich an ihre Managementrollen gewöhnt
hatten. In der Übergangszeit gab es dazu auch Unterstützung seitens der Institution. Die
Spartenleiter erhalten genügend administrative Unterstützung, um sich von alltäglicher
Routine freizuhalten.
Generell hat man den Eindruck, dass die Neuorganisation des Krankenhauses gut läuft und
ein Beispiel für ein Projekt ist, das auf die Bedürfnisse und Umstände einer speziellen
Organisation zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer spezifischen Entwicklungsgeschichte
zugeschnitten wurde.
Seite 48 von 73
Was in diesem schon etwas älterem Fallbeispiel beschrieben wird, kann aus der Sicht
öffentlicher Spitäler im deutschsprachigen Raum wahrscheinlich noch als Utopie bzw. Vision
angesehen werden. Weder die Umfeldbedingungen (Gesetzgebung etc.) noch organisationale
Voraussetzungen (z.B. Managementexpertise) ermöglichen die kurzfristige Realisierung einer
Neuorganisation wie oben beschrieben. Trotzdem beinhaltet das Fallbeispiel einige Aspekte
die bemerkenswert und wichtig zu erwähnen sind.
Grundlage der Reorganisation war die Umstellung von funktionalen auf divisionale
Strukturen, wobei sich jede Sparte im Rahmen der Gesamtpolitik Ziele setzt und dafür
verantwortlich ist. Die Leitlinie dieser hausinternen Dezentralisierung ist es,
Entscheidungskompetenzen und Verantwortung möglichst den betroffenen Stellen zu
übertragen und sicherzustellen, dass die gemeinsamen Ziele laufend verfolgt und umgesetzt
werden.
Im Fallbeispiel wird die Rücknahme hierarchischer Koordination und der Ausbau alternativer
Koordinationsinstrumentarien deutlich. Neben dem Managementinformationssystem sind
folgende Ansätze bemerkenswert:
- Förderung des Zusammenhalts der Gesamtorganisation durch ein Organisationsleitbild
(„Politik der gesamten Institution“) bzw. durch möglichst breit akzeptierte Ziele
- Beschränkung auf zwei Managementebenen (Haus- und Spartenleitung)
- Vernetzte Managementteams: Das Fallbeispiel macht Struktur und Bedeutung solcher
Teams auf allen Entscheidungsebenen deutlich. Dennoch ist jeweils die
Letztverantwortung eindeutig, d. h. an einer Stelle, verankert.48
Problemstellungen einer Neuorganisation wie oben beschrieben könnten sein:
- Mehrfachbelastung des Personals: „Verschlankungen“ in der Industrie zeigen, dass
Stress und Erschöpfung der Arbeitenden anstiegen. Der Druck kann dabei aus
mehreren Quellen kommen: Die Routine wird trotz neuer Strukturen nicht weniger, da
oft Personal eingespart wird. Sozialer Druck innerhalb der Gruppe und
Kreativitätsdruck zur kontinuierlichen Verbesserung oder Druck aus der
Verantwortung für hohe Ergebnis- und Prozessqualität sind weitere Gründe.
48 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 172.Seite 49 von 73
- Neue Kosten: Den Einsparungspotentialen im Bereich der Primär- und
Sekundärprozesse stehen neue Kosten gegenüber:
- Leistungsverrechnungs- und –kontrollsysteme
- Kosten der Preisbildung und des Preisvergleichs
- Managementkosten
Im Vergleich zu heute ist davon auszugehen, dass der Anteil der Verwaltungskosten an
den Gesamtkosten in schlanken Gesundheitsorganisationen zunehmen wird, da dieser
im internationalen aber auch im Branchenvergleich überaus gering ist. Diesem
Mehraufwand sind aber die erwähnten Kostensenkungspotentiale durch eine
verbesserte Mittelallokation im Bereich der Primärprozesse und erhöhte
Leistungsorientierung gegenübergestellt.
- etc.49
4. Change Management
4.1 Definitionen
Veränderung ist eines der wichtigsten Themen in der Managementliteratur der neunziger Jahre
und wird in Begriffe wie „Change- Management“, „Business- Transformation“ oder
„Lernende Organisation“ gepackt, wobei bei allen der Wandel der Organisation im
Mittelpunkt steht. Der Wandel wird als höchste Kunst des Managements und eigentliche
Kernaufgabe erfolgreicher Führungskräfte eingeordnet.50
Seitdem es Handeln von Menschen in Organisationen gibt, besteht die Anforderung, sich
weiterzuentwickeln, um somit wettbewerbsfähig auftreten zu können. Change Management
hat die Anforderung, dass die Veränderung der Organisation mindestens so schnell und in dem
Maße erfolgt, wie sich das Umfeld und die Umwelt verändern, da nur so ein Überleben im
Wettbewerb gesichert werden kann. Daher geht es bei einem erfolgreichen
Veränderungsmanagements darum, die natürlichen Kräfte des Umfeldes frühzeitig zu nutzen
und zu erkennen, um das eigene Niveau zu verbessern. Die Gegenposition ist, sich auf Dauer
strikt gegen Veränderungen zu stellen, was die Gefahr „überollt“ zu werden in sich birgt.51
49 vgl. Heimerl- Wagner P. (1996) a.a.O., S. 179.50 vgl. Heber H.: Change Management zum Angreifen, Verlag Styria (1998) S. 14.51 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 581.
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Die Wurzeln für den hohen Stellenwert von Change Management liegen in der doch sehr
rasanten Geschwindigkeit, mit der sich die westliche Industriegesellschaft verändert, aber
auch die Umweltbedingungen für Unternehmen die sich in immer schnelleren Zyklen
modifizieren.
Die folgende Tabelle zeigt alte verglichen mit neuen Spielregeln auf, und wie sich
Organisationen zu verändern haben um wettbewerbsfähig und leistungsstark zu bleiben:
Die alten Spielregeln der klassischen
Industriegesellschaft
Die neuen Spielregeln
1. Die Tendenz zur Globalisierung-Lokale/nationaleMärkte;
Abschottungsmöglichkeiten für eigene Märkte
-Zentralistische Organisation; die Konzernzentrale
dirigiert das Unternehmen
-Wettbewerb „jeder gegen jeden“
-Ressourcenkonzentration in den Industrienationen
(Entwicklung, Produktion)
-Globale Kommunikationsbarrieren
-Internationale/globaleMärkte; Verdrängungswettbewerb,
Markttransparenz
-Netzwerke; weltweit verstreute unabhängige
Gesellschaften arbeiten zusammen und nutzen Synergien
-Globale strategische Partnerschaften
-Flexible globale Ressourcenpositionierung nach
Wettbewerbsvorteilen
-„Globales Dorf“ durch Innovationen der IT2. Tendenz zur Durchlässigkeit-Unternehmen agieren als isolierte Einzelsysteme
-Taylorismus (hohe Arbeitsteiligkeit und
Spezialisierung) in der Wertschöpfungskette
-Hierarchieorientierung; klare Befehlskette
-„Organisierte Gesellschaft“; Vernetzung der Anbieter
-Aufgabenintegration in der Wertschöpfung;
Qualifikationsbedarf der Mitarbeiter massiv steigend
-Dehierarchisierung/ Verflachung der
Organisationsstrukturen/ Verstärkung der
Eigenverantwortlichkeit3. Tendenz zur Beschleunigung-Kostenwettbewerb
-Angebotsorientierte Produktion
-Desintegrierte Wertschöpfungsprozesse mit
Mittlerfunktionen (Händlern)
-Zeitwettbewerb
-Nachfrageorientierte Produktion- just in time
-Integrierte Wertschöpfungsketten ohne Mittlerfunktionen
4. Steigende Unsicherheit-Routine und Vorhersehbarkeit; statisches
Organisationsverständnis
-Begrenzte Komplexität
-Neuartigkeit und Unsicherheit; dynamisches
Organisationsverständnis
-Massives Ansteigen der KomplexitätTab. 3: Die Veränderung der Spielregeln in der Industriegesellschaft
Change Management ist ein Begriff der gut in unser rasantes Zeitalter passt, wobei nicht
gesagt ist, dass es besser wird, wenn es anders wird und man sich verändert. Zeitlich gesehen,
kann der Beginn der Popularität von Change Management etwa mit Mitte der neunziger Jahre
angesetzt werden. Schon damals ähnlich aufgebaute Programme wurden angewendet, konnten
Seite 51 von 73
aber nicht von Beginn an positive Ergebnisse verzeichnen.52
„Organisatorische Veränderung beginnt bereits, wenn die Kaffeetassen in der Betriebskantine
nach einem neuen System gestapelt werden“. Diese Erläuterung macht es schwer genau zu
definieren, was unter Change Management verstanden wird und was dazu zählt und was
nicht. Ein etablierter Ansatz ist die Unterscheidung von Wandel erster und zweiter Ordnung,
wobei erst bei einem Wandel zweiter Ordnung von umfassender Veränderung in einer
Organisation gesprochen wird. Die folgende Tabelle macht den Unterschied anhand von
charakteristischen Merkmalen deutlich:
Wandel erster Ordnung Wandel zweiter OrdnungDer Veränderungsprozess in der Organisation
beschränkt sich auf einzelne Dimensionen des
Unternehmens (einzelne Fachbereiche, einzelne
Abläufe etc.)
Die Veränderung der Organisation erfolgt
gleichzeitig in mehreren Dimensionen
(Wertesysteme, Strategien, Strukturen, Abläufe
etc.)Die Veränderung ist beschränkt auf einzelne
Ebenen bzw. Bereiche der
Unternehmensorganisation
Der Veränderungsprozess umfasst alle Ebenen
und Bereiche des Unternehmens
Der Wandel erfolgt rein quantitativ (z.B.
Verbesserung von Prozesskennzahlen,
Effizienzsteigerung etc.); im Unternehmen tritt
kein Wertewandel in der Kultur ein
Quantitativer und qualitativer Wandel (Normen
und Verhaltensweisen der Leistungserbringung,
Werteebenen, Zusammenarbeitsvereinbarungen
etc.)Die Veränderung ist logisch begründbar und
erfolgt rational bestimmt
Die Veränderung ist rational nicht mehr
vollständig erklärbar und führt zu
unvorhersehbaren ErgebnissenBeibehaltung der bestehenden Paradigmen im
Unternehmen
Paradigmenwechsel im Unternehmen
Tab. 4: Der Vergleich zwischen Wandel erster und zweiter Ordnung in Organisationen
Change Management befasst sich in erster Linie mit der Veränderung von Organisationen
unter dem Gesichtspunkt des oben beschriebenen Wandels zweiter Ordnung. Dabei ist immer
zu bedenken, dass umfassende Veränderungsprozesse nicht willkürlich oder grundlos
passieren, sondern auf auslösende Faktoren zurückzuführen sind.
52 vgl. Gattermeyer W.: Changemanagement im Unternehmenserfolg, Gabler Verlag (2001) S. 14.Seite 52 von 73
Zwei typische, häufig auftretende Auslöser sind:
- „Leidensdruck“: Die Organisation ist in einer Krise und kämpft mit Schwierigkeiten
aufgrund externer oder interner Ursachen (z.B. wirtschaftliche Schwierigkeiten) und
die Existenzbedrohung schafft Leidensdruck bei den betroffenen Individuen und
fördert gleichzeitig die Bereitschaft für Veränderung.
- „Lästige Visionäre“: Die Neuausrichtung der Organisation wird aufgrund der
visionären Vorstellung des Eigentümers bzw. der verantwortlichen Manager betrieben.
Der Veränderungsdruck entsteht oft, wenn neue Führungskräfte das Ruder
übernehmen und den Rest der Organisation mit sich mitziehen.53
Allgemein versteht man aber unter Change Management also alle Maßnahmen, die zur
Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen und Verhaltensweisen
in einer Organisation notwendig sind. Daher strebt das Change Management immer nach
Initiierung und erfolgreicher Umsetzung von neuen Strategien und Strukturen. Change
Management beschäftigt sich schwerpunktmäßig weniger mit dem detaillierten Entwurf von
Soll- Zuständen; es hat vielmehr die Erhöhung der Veränderungsbereitschaft und das
Skizzieren von Visionen als Voraussetzung zum Design neuer Lösungen sowie deren
nachfolgende Umsetzung zum Inhalt.54
Die Spannbreite dessen, was unter Change Management verstanden wird, reicht fast an die
Vielzahl der Optionen heran, wie z.B. der Begriff Coaching gebraucht wird. Dabei ist vor
allem auf die Rollenvielfalt der Change- Management- Berater zu achten, da eine fundierte
Change- Management- Beratung im Gegensatz von z.B. Prozessmanagement- Experten in der
Lage ist, den kompletten Change- Prozess zu begleiten.55
Die Kapazitäten zur Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen sind in vielen Organisationen
oft nicht ausreichend ausgeprägt, weil Organisationen eher auf Routinesituationen
eingerichtet sind und deshalb nicht genug Ressourcen und Skills haben, um umfangreiche und
komplexe Implementierungsprogramme zu planen und auch umzusetzen. Die damit
verbundenen Anforderungen werden oft unterschätzt und es fehlen Verantwortungen und
53 vgl. Heber H. (1998) a.a.O., S. 8-11.54 vgl. Gattermeyer W. (2001) a.a.O, S.14.55 vgl. Kuhnert J.: Praxishandbuch Change Management, Verlag Vahlen (2008) S. 1.
Seite 53 von 73
Kommunikation untereinander. Vor allem die wichtige Rolle des Managements und die
entsprechenden Anforderungen werden zu wenig behandelt. Es ist schwer vorstellbar, dass
wenn sich einzelne Manager mit den angestrebten Lösungen im Unternehmen nicht einig sind
bzw. Ablehnung zeigen, Mitarbeiter Veränderungen unterstützen und sich mit ihnen
identifizieren.56
Im Folgenden werden einige Gründe für Widerstände und Hemmnisse gegen Veränderungen
aufgezählt:
- Erfolge der Vergangenheit werden überschätzt
- Die Notwendigkeit von Veränderung zum Fortbestand wird nicht erkannt oder
unterschätzt
- Eine durch Routinen verfestigte Unternehmenskultur verhindert das Lernen der
gesamten Organisation
- Es existieren Mentalitäten, die sich in ihren Lernkurven und Umsetzungskonzepten
stark unterscheiden und nicht auf einen Nenner zu bringen sind.57
4.2 Entwicklung des Change Management- Plans
Um entsprechende Maßnahmen entwickeln zu können und abzuleiten, können die
Instrumente der Veränderungsbereitschafts- und der Auswirkungsanalyse verwendet werden.
Hierbei ist ein erster Schritt, eine Analyse der Veränderungsbereitschaft, die zu einem
Zeitpunkt durchgeführt wird, wo die konkrete Ausformung des Soll- Zustands noch auf sich
warten lässt. Inhalte sind eine Einschätzung der Fähigkeit von potentiellen Sponsoren zur
Initiierung und Umsetzung aber auch eine Evaluierung über die vorhandenen Fähigkeiten
zum Veränderungsmanagement etc.
56 vgl. Gattermeyer W. (2001) a.a.O, S. 17.57 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 582.
Seite 54 von 73
Die folgende Abbildung zeigt einen Auszug einer Veränderungsbereitschaftsanalyse:
Abb. 13: Beispiel einer Veränderungsbereitschaftsanalyse
Durch diese Analyse kann schon sehr früh erkannt werden, ob die notwendigen
Erfolgsfaktoren für einen Veränderungsprozess vorhanden sind, ob Bereitschaft besteht und
ob für die nachfolgende Umsetzung ausreichende Kapazitäten vorzufinden sind. Die erzielten
Ergebnisse können an die verschiedenen Zielgruppen zurückgespielt und interpretiert werden.
Innerhalb eines Feedbacks werden Barrieren erkennbar gemacht, und es können
Gegenmaßnahmen abgeleitet werden.
Seite 55 von 73
Die folgende Abbildung veranschaulicht die Ableitung von Change Management-
Maßnahmen auf Basis der Analyse von Barrieren:
Abb. 14: Ableitung von Change Management- Maßnahmen auf der Basis der Analyse von Barrieren
Ein weiterer Nutzen der Analyse ist, dass schon zu einem frühen Zeitpunkt das Thema
Veränderung generell angesprochen wird, und sich die damit verbundenen Emotionen,
Erfahrungen und Erwartungen manifestieren können.58
Ein wesentliches Merkmal eines erfolgreichen Managements in einer Klinik ist z.B. Klarheit
über die Zielrichtung für die zukünftige Entwicklung der Klinik. Daher muss eine
aussagekräftige Vision und Strategie formuliert und immer verfolgt werden. Dabei gilt es
auch die Kernkompetenzen der Klinik zu definieren und mit anderen zu vergleichen.59
Ein Grundsatz im Zuge des Change Managements ist, dass wenn man Organisationen
verändern will, man auch auf Interessen, Vermutungen und Ängste der Individuen in einem
Unternehmen eingehen muss. Veränderung kann daher nicht von oben herab verordnet
werden, sonder braucht Akzeptanz der Betroffenen, um nachhaltig wirksam zu sein. Das heißt
dass Betroffene laufend in den Veränderungsprozess einbezogen werden müssen und eine
58 vgl. Gattermeyer W. (2001) a.a.O, S. 19.59 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 15.
Seite 56 von 73
Unternehmenskultur bestehen muss, in der konstruktiv und wertschätzend mit
„Veränderungsbremsen“ umgegangen wird.60
Die klassische Trennung zwischen beruflicher Weiterbildung in Seminaren und Fortbildungen
und der täglichen Arbeit im Unternehmen beginnt unter den Anforderungen im Zuge eines
Veränderungsprozesses zu verschwimmen. Doch selbst in Unternehmen die optimale
Voraussetzungen für „Change“ geschaffen haben, bleibt das Management von Veränderungen
eine große Herausforderung.61
Ausgehend von Unternehmen, die sich erfolgreich dem Wandel gestellt haben, beschreibt
Kotter (1996) einen achtstufigen Change- Prozess, der diesen Erfolgen zugrunde liegt.
Change in acht Schritten:
1. Ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen
- Marktuntersuchungen, Wettbewerbsrealitäten erkennen
- Identifizieren und Diskutieren der potenziellen Krisen und Möglichkeiten
2. Eine Führungskoalition aufbauen
- Koalition muss teamfähig sein
- Koalition muss Machtbefugnisse haben
3. Vision und Strategien entwickeln
- Dem Wandel mit einer Vision die richtige Richtung geben
- Strategie entwickeln, um die Vision umzusetzen
4. Die Vision des Wandels kommunizieren
- Konstante Kommunikation über verschiedene Kanäle
- Vorbildfunktion der Führungskoalition sicherstellen
5. Empowerment auf breiter Basis
6. Kurzfristige Ziele ins Auge fassen
- Kurzfristige Erfolge planen und herstellen
7. Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten
- Neueinstellung, Beförderungen oder Freisetzung von Mitarbeitern im Sinne des
Wandels
8. Neue Ansätze in der Kultur verankern
60 vgl. Heber H. (1998) a.a.O., S. 21.61 vgl. Heber H. (1998) a.a.O., S. 23-24.
Seite 57 von 73
- Zusammenhang artikulieren zwischen Erfolg und „neuen“ Verhaltensweisen
- Weitere Investitionen in effektiveres Management und verbessertes Führungsverhalten
Change- Projekte können auf jeder der eben genannten Stufen des Prozesses scheitern, wobei
die Schritte 1- 4 den Status quo fundamental in Frage stellen und die Schritte 5- 7 die
Implementierungsschritte und Schritt 8 der dauerhaften Verankerung des Wandels im
Unternehmen dient. Jede der einzelnen Stufen ist mit kommunikativen Aktivitäten verbunden
und kann durch externe Berater sinnvoll unterstützt werden.62
Ein weiteres Prozessschema der Phasen eines Veränderungsprozesses stammt von Lewin, der
diesen in drei wesentlichen Phasen beschreibt. Die folgende Abbildung veranschaulicht den
Prozess der in die Phasen Auftauen (Unfreezing), Verändern (Moving) und Einfrieren
(Refreeezing) gegliedert ist:
Abb. 15: Phasen und Kräfte des Veränderungsprozesses
1. In der ersten Phase des Auftauens ist es vor allem wichtig, die Führungskräfte aber auch die
Mitarbeiter zu informieren und aufzuklären, um somit die Veränderungsbereitschaft zu
erhöhen und Ängste zu nehmen. Die Problematik dabei ist, je früher und damit je
strategischer der Zeitpunkt dieser Information und Intervention gewählt wird, desto
schwieriger ist es die Betroffenen zu überzeugen und eine Bereitschaft zur Veränderung zu
ermöglichen.
62 vgl. Kuhnert J. (2008) a.a.O., S. 3.Seite 58 von 73
Ein weiteres Problem ist, dass wenn sich die Leitung einer Klinik z.B. schon seit Monaten mit
der Notwendigkeit gezielter Einschnitte und Maßnahmen beschäftigt und sicht vor allem auch
mental darauf vorbereitet hat, nicht automatisch von den übrigen Beschäftigten verlangt
werden kann, dass sie sofort die Veränderungsnotwendigkeit innerhalb weniger Tage
akzeptieren.
Dieser Prozess kann dadurch gefördert und beschleunigt werden, indem die Mitarbeiter aktiv
in den Veränderungsprozess involviert werden. Dieses Vorgehen entspricht der klassischen
Philosophie, Betroffene zu Beteiligten zu machen, und dies nicht nur bei der Umsetzung
sondern auch schon zu Beginn bei der Analyse und Bestimmung der Ausgangssituation. Die
Mitwirkung der Mitarbeiter stellt am ehesten sicher, dass die Notwendigkeit einer
Veränderung erkannt wird und das Krankhaus überlebens- und erfolgsfähig gehalten werden
kann.
Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass eine realistische Darstellung der
Ausgangsituation, der Anforderungen und der erheblichen Veränderungen, die auf alle
Beteiligten zukommen, das Vertrauen der Mitarbeiter erhöht (vgl. Albrecht 2006, S. 585).
2. In der Phase des Veränderns soll durch gezielte Maßnahmen ein höheres
Produktivitätsniveau in einem festgelegten Zeitraum erreicht werden. Die Entwicklung in
diesem Prozess kann positiv aber auch negativ laufen. Das Ergebnis hängt zum einen sehr
stark von der Qualität der Projektleitung des Veränderungsmanagements und von der
Klinikleitung ab. Grundsätzlich gilt folgender Grundsatz: Der Veränderungsprozess darf in
der Phase der Instabilität nie zu lange dauern, da eine Instabilität nicht vollständig beherrscht
werden kann und per se negativ ist.
3. Die Phase des Einfrierens ist nicht weniger wichtig als die anderen Phasen, obwohl ja die
Veränderung im Sinne einer Verbesserung bereits realisiert wurde. Es gilt das erreichte neue
Ergebnisniveau zu stabilisieren und zu festigen. Neue Routinen und Instrumente, wie
klinische Behandlungspfade als standardisierte und optimierte Prozesse, sind dabei besonders
wichtig.63
63 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 586.Seite 59 von 73
4.3 Alternativen des Change Management- Prozesses im Krankenhaus
Wie die folgende Abbildung zeigt, stehen drei Alternativen für die Vorgehensweise bei einem
Veränderungsprozess zur Verfügung, aus denen in Abhängigkeit von der spezifischen
Ausgangssituation des jeweiligen Krankenhauses die am besten geeignete auszuwählen ist:64
Abb. 16: Alternativen des Changemanagement- Prozesses
- Die Insel-Lösung führt eine Veränderung zunächst in einem relativ abgeschlossenen
Krankenhausbereich durch, z.B. einer einzelnen Fachklinik. Durch diese
Vorgehensweise kann vermieden werden, dass mögliche Fehler und Versäumnisse bei
der Umsetzung von Veränderungen gleich im gesamten Krankenhaus auftreten. Ein
weiterer Vorteil ist, dass Erfolge anhand der praktischen Umsetzung belegt werden
können und die positiven Effekte möglichen Kritikern verdeutlicht werden können.
Ein Nachteil ist, dass im Krankenhaus während des Veränderungsprozesses zwei
Welten existieren und dies zu Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit führen kann.
Daher sollte die Zeit des Veränderungsprozesses möglichst kurz gefasst werden.
- Die Kaskaden- Lösung führt die Veränderung Top- down, ausgehend von der
Krankenhausleitung über alle Führungs- und Mitarbeiterebenen ein. Dies ist
grundsätzlich die klassische bürokratische Vorgehensweise, bei der jede gravierende
Änderung die Führung, Steuerung und das Vorleben übergeordneter Ebenen braucht.
Ein Nachteil dieser Vorgehensweise kann unter anderem sein, dass entsprechend dem
Bild eines mehrstufigen Wasserfalls das Wasservolumen von Ebene zu Ebene immer
64 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 590- 91.Seite 60 von 73
schwächer wird. In der Praxis im Krankenhaus findet man dieses Phänomen, indem
jede nachfolgende Ebene immer wieder erneut von Sinn, Zweck und Nutzen der
Veränderungsinitiative überzeugt werden muss. Daher ist eine schon anfänglich
kommunizierte und gemeinsam getragene Vision aller Organisationsebenen
notwendig.
- Bei diesem Aspekt setzt die Simultan- Lösung an, bei der von einer gemeinsamen
Vision ausgegangen wird, und nach einer Auftaktveranstaltung die
Veränderungsprozesse auf allen Ebenen gleichzeitig durchgeführt werden. Das Lernen
aus gemachten Erfahrungen ist hier nicht möglich, daher ist es wichtig den gesamten
Lern- und Erfahrungsprozess gut zu organisieren und in seinen Ergebnissen schnell zu
kommunizieren, um zu verhindern, dass die gleichen Fehler von verschiedenen
Ebenen weitgehend gleichzeitig oder sogar noch zeitlich versetzt gemacht werden.
Der größte Vorteil dieser Alternative ist, dass die gesamte Veränderung, zumindest zu
Beginn, mit dem geringsten Zeitaufwand auskommt.
Die generelle Grundformel eines erfolgreichen Veränderungsprozesses bleibt dabei immer,
eine starke strategische Steuerung und gleichzeitig eine schnelle dezentrale Umsetzung zu
ermöglichen. Alle ergebnisverantwortlichen Struktureinheiten des Krankenhauses agieren auf
der Basis einer klaren Vision und strategischen Zielsetzung.
4.4 Bedeutung und Rolle von Führungskräften und Mitarbeitern
Da diesen beiden Gruppen im Verlauf einer Veränderung ein wichtiger und bedeutender Teil
zugeschrieben wird, wird im folgenden kurz auf dieses Thema eingegangen.
Sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Mitarbeitern sind die Anteile von
Befürwortern und Blockierern von Veränderungen gleich verteilt.
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Die folgende Abbildung zeigt die sehr oft anzutreffende Verteilung der Einstellungen zu
Veränderungsprogrammen in der Praxis:
Abb. 17: Reaktionen auf Veränderung
Auf der positiven Seite sind 5% der Führungskräfte und Mitarbeiter von der Veränderung
überzeugt und führen sie an. 20% schließen sich dem relativ schnell an. Auf der negativen
Seite stehen ebenfalls 25%. Die größte Gruppe ist jedoch die breite (schweigsame und
unentschlossene) Mitte mit 50%, die in der Regel abwartet und schaut was passiert und wie
groß der Druck für die Durchführung der Veränderung wird.65
In der Praxis besteht die Schwierigkeit zu erkennen wer von den Mitarbeitern und
Führungskräften zu welcher Gruppe gehört. Dies herauszufinden ist nur dann möglich, wenn
Zustimmung und vor allem Widerstand gegen das Vorhaben artikuliert wird. Die schwierigste
und problematischste Gruppe ist jedoch die der „Tarnkappenträger“, also Personen die ja
sagen, aber nein denken und handeln. Eine gewisse Abneigung gewohnte Verhaltens- und
Handlungsweisen ohne weiteres aufzugeben ist aber jedem Menschen nicht immer angenehm
und führt zu Beginn immer zu einer verschieden stark ausgeprägten Verunsicherung der nicht
immer eine Phase der Ablehnung folgen kann.
Mitarbeiter stellen sich generell folgende Fragen:
- Was bringt/ bewirkt die Veränderung für mich?
- Werden Arbeitsplätze wegrationalisiert?
- Was passiert mit den betroffenen Beschäftigten?
65 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 593.Seite 62 von 73
Aus diesem Grund heraus ist es wichtig, bereits zu Beginn eines Veränderungsprojektes diese
Themen und damit bestehende Unsicherheit und Ängste anzusprechen, auch wenn sie bis dato
nicht offen artikuliert wurden.66
Das Ziel ist, durch Kennen (Information/ Transparenz), Können (Qualifikation), Wollen
(Motivation) und Dürfen (Organisation/ Kompetenzen und Verantwortung) die
Veränderungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft zu erhöhen. Ein Anreiz für jeden
Mitarbeiter ist es die Neustrukturierung aktiv mitzugestalten und so Einfluss auf sie zu
nehmen. Dabei darf aber nicht die Effizienz des Veränderungsprozesses übersehen werden
und muss gewährleistet bleiben. Die Sicherung von Akzeptanz und Effizienz ist immer eine
schmale Gratwanderung.67
Führungskräften kommt eine besondere Rolle zu, da sie im Vergleich zur Normalsituation
eine stärkere Durchsetzungsfähigkeit und sensible Führungsfähigkeit aufweisen müssen.
Auch die Fähigkeit zur Konflikterkennung, -analyse, -besprechung und –lösung ist von großer
Bedeutung und muss laufend angewendet werden. Erforderlich ist dadurch Sozialkompetenz
und Managementkompetenz.
Im Krankenhaus bedeutet dies für die Führungskraft, dass sie in Veränderungsprojekten bereit
sein muss, eine angenehm empfundene Stabilität aufzugeben, und die Fähigkeit besitzen
muss, mit Unsicherheit umzugehen. Die Führungskraft wird automatisch zum
Instabilitätsmanager, der mit völlig anderen Führungsanforderungen konfrontiert ist. Diese
sind veränderte Fähigkeiten in der Führung, neue Formen der Kooperation und ein
verändertes Führungsverhalten bis hin zu anderen Persönlichkeitsprofilen. Damit auch die
Führungskräfte die Möglichkeit erhalten, den Veränderungsprozess aktiv und positiv
mitzugestalten, müssen sie vorab und auch parallel durch Qualifizierung und Coaching
unterstützt werden.68
66 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 595.67 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 596.68 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 598.
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Die folgende Abbildung veranschaulicht wichtige Bausteine für ein erfolgreiches
Veränderungsmanagement:
Abb. 18: Acht typische Fehler im Veränderungsmanagement
Sollte einer der sechs Bausteine fehlen, dann resultiert hieraus ein spezielles Problem im
Veränderungsprozess, das den gesamten Erfolg in Frage stellen kann. Ein wichtiger Aspekt
der immer vor Augen gehalten werden sollte ist, dass eine Störung der Routine nicht als
Bedrohung aufgefasst, sondern als Veränderungsimpuls akzeptiert wird, da sich so viele
Probleme schon von vornherein vermeiden lassen.69
4.5 Das 15- Punkte Sofortprogramm
Das 15- Punkte Sofortprogramm ist ein von Albrecht und Töpfer verfasster, in Form eines
Buches geleisteter, Beitrag, der auf der Basis der zukünftigen Anforderungen einen gezielten
und vor allem einen von möglichst Allen getragenen, Veränderungsprozess in der Klinik
umzusetzen versucht. Das 15- Punkte Sofortprogramm zeigt den Handlungs- und
Entwicklungsbedarf der an eine Klinik im Laufe ihrer Veränderung gestellt wird.70
69 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 599.70 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 3.
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Die folgende Abbildung zeigt das 15- Punkte Sofortprogramm und seine einzelnen
Managementfelder, sowie die Zusammenhänge untereinander:
Abb. 19: Vernetzung der einzelnen Managementfelder
Die Reihenfolge der einzelnen Schritte des Programms folgt weitgehend dem Vorgehen in der
Klinikpraxis. Ausgangsbasis ist eine klinikspezifische Bewertung der Ausgangssituation,
wobei alle wichtigen Führungskräfte der Klinik miteinbezogen werden müssen, um wie auch
schon zuvor erwähnt, ein notwendiges Bewusstsein zur Veränderung zu schaffen. Auf dieser
grundlegenden Basis lässt sich dann eine tragfähige strategische Ausrichtung für die Klinik
erreichen. Reibungsverluste können dabei durch eine klare Strategie und präzise
Kommunikation reduziert werden. Bestandteil der strategischen Ausrichtung ist in jedem
Falle auch die Einbindung von Partnern, um die eigene Position am Gesundheitsmarkt zu
festigen.
Statusanalyse und strategische Ausrichtung erfordern beide eine möglichst hohe Seite 65 von 73
Kostentransparenz in den Prozessen, siehe Punkt 3. Die Kostentransparenz zeigt der
Organisation ob die Umsatzerlöse die Kosten decken oder z.B. neue Produkte am Markt den
gewünschten Erfolg erbracht haben. Eine fehlende Kostentransparenz in den Prozessen kann
wie ein „Blindflug“ angesehen werden, da notwendige Maßnahmen zur Beseitigung von
Kostentreibern nicht erkannt werden können.
Negativer Verbrauch von Ressourcen und damit Verschwendung führt zu Qualitätsdefiziten,
die wiederum Fehlerkosten verursachen. So können z.B. Fehler bei der Patientenaufnahme
bei der Erfassung der Patientendaten in den darauf folgenden Phasen der Diagnose und
Therapie zu aufwändigen Korrekturen und Nacharbeiten führen. Diese Situationen nennt man
Blindleistungen, die bei einem hohen Qualitätsniveau von vornherein vermeidbar gewesen
wären. Diese Prozesse sind Inhalt des 4. Punkts.
Eine gezielt stärkere Prozessorientierung in der Klinik ist der Hebel zur Kosteneinsparung,
weil sie die Grundlage schafft, erkannte Defizite zu beseitigen.
Eine maßgeblich zentrale Richtlinie für Qualität in einer Klinik wird im 6. Punkt behandelt.
Dabei geht es primär um die Analyse der Patientenzufriedenheit, die wichtig und immer
aussagekräftig über die Qualität der Leistungen in einem Spital ist. Diese kann z.B. anhand
von Fragebögen erhoben und ausgewertet werden.
Das Erreichen von strategischen Zielen durch ein hohes Maß an Partnerorientierung wird
in Punkt 7. behandelt. Partner sind in diesem Fall z.B. Krankenkassen oder
Finanzierungsmöglichkeiten mit Medizintechnik- Unternehmen.
Alle Maßnahmen bezogen auf Adressaten, Qualität und Qualitätsmanagement sowie Partner
mit denen zusammengearbeitet wird sind Bestandteil des im Punkt 8. erwähnten
Marketingkonzepts der Klinik und auch Gegenstand der laufenden Öffentlichkeitsarbeit.
Vor der heutigen Situation von Gesundheitsorganisationen war aufgrund der finanziellen
Ressourcen praktisch kein Spielraum für ein aktives Marketing. Da sich dies aber, wie schon
zuvor erwähnt, maßgeblich geändert hat, werden Marketing und Öffentlichkeitsarbeit
zunehmend wichtiger und stellen bedeutende Positionen im Betrieb dar. Das Auftreten und
die Präsenz nach Außen hin und in der Öffentlichkeit, sind ausschlaggebenden Komponenten
im Bestehen eines Krankenhauses geworden.
Wie auch schon im Laufe der Arbeit erwähnt, kann keine nachhaltige Veränderung in
Gesundheitsorganisationen ohne Einbeziehung und aktive Mitwirkung der Mitarbeiter
vollzogen und durchgeführt werden. Daher ist es in Punkt 9. vor allem wichtig
unternehmerisch denkende und handelnde Mitarbeiter zu erreichen, die in ihrem Bereich
jeweils aktiv für Transparenz sorgen und ihren aktiven Beitrag zur angestrebten positiven
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Entwicklung der Klinik leisten. Mitarbeiterbefragungen und daraus resultierende Diagnosen
und konkrete Verbesserungsmaßnahmen sind hierfür ein bewährtes Instrument. Diese
Bereiche sind meist Aufgaben der Personalentwicklung und stellen ebenfalls eine wichtige
Komponente dar.
Ziel des Krankenhauses der Zukunft ist es, die klassische starre Strukturorganisation durch
die kollegiale Führung, aber auch die strenge Disziplintrennung im medizinischen Bereich zu
überwinden. Dies soll in Punkt 10. angestrebt werden.
Wie in allen Bereichen kommen auch im Krankenhaus immer mehr IT- gestützten Lösungen
Bedeutung zu. Die Informationstechnologie wird dabei nicht nur im Verwaltungsbereich
eingesetzt, sondern hält zukünftig immer stärker Einzug in die medizinische Indikation und
Behandlung. Beispiel dafür wäre die elektronische Patientenakte, die auch bei der Visite
anhand eines tragbaren Laptops bedient und ausgefüllt werden kann, und zum Teil auch schon
in der gängigen Praxis verwendet wird. Ein Prozess, der erst langsam Einzug in die Praxis
findet, zumindest in Österreich.
Punkt 12. Beschäftigt sich mit dem wichtigen Thema des Qualitätsmanagements und dessen
Konzepten. Wichtig dabei ist zu erwähnen, dass die Einführung eines Qualitätkonzepts immer
mit einem enormen Aufwand und ständiger Kontrolle verbunden ist. Soweit es aber
eingeführt und kontinuierlich besteht, zeichnet es eine Klinik maßgeblich aus, und sowohl
Mitarbeiter als auch Patienten profitieren davon.
Punkt 13. Hat das Controlling bzw. ganzheitliche Steuerungskonzepte zum Inhalt. Das
Controlling ermöglicht Messungen und Abläufe in der Organisation zum messen und anhand
von Zahlen darzustellen, um so Arbeitsprozesse zu steuern.
Beispiel hierfür wäre z.B. der Balanced Scorecard, der ein Konzept zur Dokumentation der
Ergebnisse aus Messungen der Aktivitäten eines Unternehmens bezüglich seiner Vision und
Strategien ist. Ziel ist es, den Führungskräften einen umfassenden Überblick über die
Leistungsfähigkeit und Effektivität der Organisation zu bieten. Der BSC hat unterschiedliche
Perspektiven die er einnimmt, z.B. werden in der Finanzperspektive Kennzahlen zum
Erreichen der finanziellen Ziele festgelegt oder in der Kundenperspektive Kennzahlen zum
Erreichen der Kundenziel.71
Das erreichte Niveau eines Krankenhauses kann erst dann als gut genannt werden, wenn es
mit anderen Wettbewerbern verglichen werden kann. Daher beschäftigt sich der Punkt 14. Mit
den Grundzügen einer Wettbewerbsanalyse und Benchmarking.
Risikomanagement ist besonders in den heutigen Rahmenbedingungen besonders für den
71 vgl. http://www.balancedscorecard.org/BSCResources/AbouttheBalancedScorecard/tabid/55/Default.aspxHompage Balanced Scorecard Institute, Zugriff am 05.10.09
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Klinikbereich ein wichtiges Aufgabengebiet, da vor allem in diesem Bereich die
unternehmerische Tätigkeit mit dem Risiko des Scheiterns verbunden ist. Die jeweilige Höhe
der existierenden Risiken beeinflusst den Finanzierungsspielraum des Krankenhauses.
Alle 15 Punkte des Sofortprogramms sind natürlich nicht gleich schnell oder gut
durchzuführen, da es immer wieder zu Hemmnissen und Widerständen gegen nachhaltige
Veränderungen kommen wird. Daher ist es immer wichtig das gemeinsame Ziel nicht aus den
Augen zu verlieren, und laufend Strategien zu entwickeln die Widerstände und Hemmnisse
überwinden können.72
Die folgenden Checkliste ermöglicht es, den Umsetzungsstand der anzustrebenden
Veränderungen individuell in jeder Klinik ermitteln zu können. Es können die einzelnen
Bereiche des 15 Punkte Sofortprogramms einzeln bewertet werden umso den aktuellen Stand
der Klinik zu ermitteln. Unabhängig wie bewertet wird, ist es immer entscheidend, wo die
direkten Wettbewerber stehen, welche nächsten Schritte sie vorhaben, und wie sie alle
wichtigen Akteure auf nächste strategische Schritte vorbereiten und mit einbeziehen.73
72 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 20- 23. 73 vgl. Albrecht D. (2006) a.a.O., S. 603.
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Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt der Checkliste des 15- Punkte
Sofortprogramms für Kliniken:
Abb. 20: Ausschnitt aus der Checkliste für erfolgreiches Changemanagement
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Diskussion und Schlussfolgerung
Zahlreiche Aspekte die sich vor allem in der Umwelt von Gesundheitsorganisationen
abspielen führen zunehmend zu wachsendem Druck und steigendem Wettbewerb. Der
demographische Wandel der sich schon in den letzten Jahrzehnten abzeichnet und noch weiter
ansteigen wird, stellt schon jetzt neue Herausforderungen an das Gesundheitssystem und
gleichzeitig an die Gesundheitsorganisationen. Ziele, Schwerpunkte und zukünftige Aufgaben
verschieben sich, und das eigentliche Ausmaß der Veränderungen ist in manchen Bereichen
noch unklar und nicht vollständig einzuschätzen. Fakt ist, dass es regelrecht zu einer
Explosion der Ausgaben im Gesundheitssystem kommen wird. Somit scheint es logisch, dass
neben zahlreichen anderen Maßnahmen sich auch die Organisationen anpassen und verändern
müssen. Eine Veränderung in einer Organisation ist aber alles andere als leicht durchführbar,
das zeigen auch die zahlreichen Beispiele und Prozesse in der vorliegenden Arbeit.
Die angestrebte Veränderung einer Organisation ist ein Prozess, der von vielen einzelnen
Faktoren abhängig ist, und als Team umgesetzt werden muss. Was in der Theorie logisch und
plausibel klingen mag, ist in der Praxis oft nur schwer umsetzbar und oft tun sich Hindernisse
auf, die fast unbezwingbar erscheinen. Kein Prozess lässt sich eins zu eins nach der
Theorievorgabe umsetzen und stößt nicht auf Hindernisse oder sogar auf unlösbare Konflikte.
Die Kommunikation und die Festlegung gemeinsamer Ziele die alle Organisationsmitglieder
verstehen und akzeptieren, sind grundlegende Aspekte die in jeder Organisation angestrebt
werden sollten. In der Praxis gilt vor allem für die Führungskraft oder die leitenden
Positionen eine gute Ausgangslage zu schaffen, Potenziale aber auch Schwächen der
Organisation zu identifizieren und ein zu erreichendes Ziel zu definieren. Das Bewusstsein für
Veränderung muss geschaffen werden. Da es unterschiedliche Möglichkeiten der Veränderung
gibt, sind diese grundlegenden Entscheidungen und Handlungen nicht immer leicht. Sie
erfüllen aber den Zweck eine gute Ausgangslage zu schaffen, von der aus die Veränderung
gestartet werden kann.
Das 15 Punkte Sofortprogramm ist meiner Meinung nach ein Tool, dass eine gute
Ausgangsbasis schaffen kann. Es beinhaltet zahlreiche Managementfelder die in der Praxis
die unterschiedlichsten Anforderungen an eine Organisation stellen. In jedem einzelnen Feld
kann umfassend agiert und gezielt Verbesserungen in einer Organisation erreicht werden. Da
die einzelne Abhandlung der Managementfelder sehr umfassend gestaltet werden kann,
wurden die Bereiche in der Arbeit nur kurz beschrieben und der Übersicht halber gesprochen.
Sich mit jedem Bereich genau zu beschäftigen und Möglichkeiten der Umsetzung zu
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erarbeiten hätte den Rahmen der Arbeit weitgehend besprengt.
Mit der Checkliste des 15 Punkte Sofortprogramm kann der Ist- Zustand der Organisation
erhoben und bestehende Potenziale definiert werden. Sie ist zwar sehr umfassend, kann aber
eine gute Basis schaffen von der aus eine Strategie und Ziele definiert werden können.
Welche Methode eine Organisation wählt um eine Veränderung, sei es in der Struktur oder im
Ablauf, anzustreben, liegt in der Hand jeder Institution selbst. Es gibt mit Sicherheit kein
Rezept wie eine Organisation vorzugehen hat, um sich der Umwelt laufend optimal
anzupassen um z.B. dem steigenden Kostendruck im Gesundheitssystem zu entgehen, wichtig
ist nur, dass alle Mitglieder einer Organisation immer bereit sein sollten sich zu verändern und
neue Wege einzuschlagen. Die Organisation als Team zu verstehen, dass gemeinsame Ziele
verfolgt ist ein grundlegender wichtiger Aspekt, der für jeden gleich bedeutend erscheinen
muss. Nur so kann eine Organisation flexibel und wettbewerbsfähig bleiben und weiterhin
bestehen.
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Literaturverzeichnis
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Heimerl, P. (2005): Wandel und Intervention in Gesundheitsorganisationen, Linde Verlag Wien 2005.
Heimerl- Wagner, P. & Köck C.: Management in Gesundheitsorganisationen, Ueberreuter Wirtschaftsverlag Wien 1996.
Albrecht, D. & Töpfer, A. (2006): Erfolgreiches Changemanagement im Krankenhaus, Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006.
Wöhe, G. & Döring, U. (2008): Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München 2008.
Schreyögg, G. (2003): Organisation, Wiesbaden 2003.
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Staehle, W. (1999): Management, München 1999.
URL: http://www.ibim.de/pl+orga/2-6.htm Dr. Helmut Zell Lern- und Lehrseiten (Zugriff am 12.03.09)
URL: http://www.balancedscorecard.org/BSCResources/AbouttheBalancedScorecard/tabid/55/Default.aspx
Hompage Balanced Scorecard Institute (Zugriff am 05.10.09)
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