Elektrische Zerstäubung von geschmolzenem Siegellack

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Um die elektrische Leitfiihigkeit geschmolzener isolierender Substanzen nachznweisen, dient gewohnIich folgender Vor- lesungsversuch. Man sohmilzt iibm einer F l a m e an das untere Ende eines dicken Metalldraht es einen goBen Siegellacktropfen und hiingt den Metnlldraht an den Konduktor einer m i g e n ElektrisierninrJchine. Beim Drehen der Maschine entstehen normal zur Tropfenoberflhhe 10, 20 oder mehr kegelformige Spitzen nebeneinander, welche sich zu laugen, diinnen, haer- feinen Faden verlangern, gegenseitig abstoBen, in vide epitze oder r u d e Tropfen zerfallen, auf einem weiBen Papierbogen uufgefangen werden und erstarren. Die geraden oder ge- wundenen Faden haben vor der Emtarrung infolge der Ober- flachenspannung Anschwellungen und Einschnurungen gebildet. An den iiuSeren Endea sind einzelue Tropfen oder kiirmre und liingere Fadenstuoke mit Anschwellungen oder meinander hgngenden Tropfen abgeschleudert worden. Die Enden der Fisden und Fedenstucke sind sugespitzt oder Tropfen, deren OberflLche glatt oder wieder mit einzelnen Fndenspitzen be- setzt ist.

Die Formen wecbeln mit Qualitiit, Temperatur, Viskosittit und Erstarrungsgeschwindigkeit des Siegellackes und zeigen die durch elektrische Kr&fte verisnderten Formen von Sohaum- wiinden I. imd 11. Art, iihnlich wie die elektrischen Staub- figmen.')

Ich bedeckte das tintere Ende eines dicken Drahtea mit einer 2-8 cm langen Schicht von leichtfliissigem, geachmol- zenem Siegellack, hing den Draht an die eine Elektrode einer Toeplerschen Influenzmaschine mit 20 rotierenden Scheibena),

1) G . Quinoke, Ann. d. Php. 43. p.462. 1914. 2) Aug.Toepler, Elektroteohn. Zeitmhr. 8: p.366. 1883.

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wiihrend sehr lenge Funken zwischen den Poikugeln iiber- sprangen. Die abgeschleuderten erstarrenden Siegehckfiiden wurden mit einem Papierblatte aufgefangen. An der Ober- flgche des geschmolzenen Siegellacks entstanden parallel der Drahtachse neben- und ubereinander diinne, durchsichtige Biinder von gleichformiger Dicke, von 6-8 mm Breite und 40 mm Lgnge, deren vorderer Teil zylindrisch gekrummt und am Ende zusammengebogen war, eine Rohro bildete und in eiaen langen, diinnen Faden mit Anschwellungen und spitzem Kopfe auslief. Von diesem Faden waren wieder kleine Tropfen und kiirzere Stucke mit Amchwellungen abgeworfen.

Ein isolierter, horizontaler Memingdraht von 60 X 8 rnm trug an einem Ende eine Kugel nnd war am mderen abgerun- deten Ende mit geschmolzenem, leicht flussigem SiegeUack uberzogen. Vom positiven Pole einer Hol t zschen Influenz- maschine, deren anderer Pol geerdet war, lief3 ich Funken von 10 mm Schbgweite nach dem Kugelende des Messing- drahtea uberschlagen. Die von der OberflZiche des fliissigen Siegellacks abgeschleuderten kegelformigen Faden, welchu in lange, diinne, haarfeine Fiiden mit Amchwellungen a w - liefen, wurden auf einem Papierbbtte aufgefangen. Unter dem Pokrisatiommikroskop zeigten die erstanten Fiiden un- durchsichtige massive Fiidon mit Anschwellungen, oder diinne, durchsichtige, doppeltbrechende Bander mit dicken, rauhen, undurchsichtigen Randern und Querleisten. An der Ober- flgche der Fglden und Bander waren in nahezu gleichen Ab- stiinden voneinander kleine, runde Kugeln eingeschmolzen oder sehr feine, gerade und gewundene Fglden abgeschleudert mit kleinen Anschwellungen odcr Kugeln am Endo (vgl. Fig. 1, Q-fl .

a. -

Fig. 1.

Mit den aufeinanderfdgenden Entladnngs- und hdnngs- funkeo der Influenzmaschine wecbselb periodisch m der Ober- fleehe und im Inneren dea langsam eretanenden SiegeUackee

die Dichte der freien Elektrizittit. Fiir einzelne Stellen bck sondera stark, von denen die elektrische zHhe Fliissigkeit ab- gachleudert wird in diinnen Lamellen oder Blindern oder kegelfdrmigen, spitz awhufendsn Ftiden. (fleichaeitig werden durch die Oberflibhenspannung die diinnen Blinder gekriimmt m Zylinderfliichen oder Rdhren, und in den Ftiden Anschwel- lungen, Einschniirungen, Kopttropfen, und durch die freie Elektrizitiit an der Oberflbhe spitze Enden gebildet. Iet bei den folgenden Funken der Siegellack noch fliissig, so werden 8x1 den Fadenenden ktirzere Strecken mit Anxhwellungen und spitzen Enden oder am der Seitenwand der Faen, der An- schwellungen und der Kopftropfen new Ftiden abgeschleudert . Aus grbBeren Kopftropfen wurden wieder kleinere Fllden mit spitaen Enden nnd Aneohwellungen oder durchsichtige Under mit Liings- und Querleisten durch elektrisohe Krgfte ab- gestoBen. Bei geniigend hoher Temperatur zerfallen die ab- gemhleuderten Fgden durch Oberflilchenspannung in einzelne mnde Tropfen, ehe der Siegellack erstarrt.

Der rote Siegellack beateht BUS Schellaok oder Harzen mit Beimenpngen fester, pulverf6rmiger Substanzen, Zin- nober, Mennige, Eisenoxyd, Schlemmkreide, Gips USW. Die freie Elektrizititgt an der Greneflllche der festen Teilchen und dea fliissigen Harzes treibt diem Fremdstoffe nach den Rtin- dern der abgeachleuderten Btinder und bildet die undurch- sichtigen Rand- und Querleiaten, wobei die durcheichtigere, %&he Fliissigkeit gezerrt, gedehnt und doppeltbrechend wird, nnd erstarrt. Wahrscheinlich ist die reuhe Oberflbhe der Rand- und Querleisten mit vielen kleinen, unsicht baren Spidsen beaetet.

Die spitzen Fadenenden beweisen, daS der abgeachleuderte Siegehack fliissig und elektrisch war, ah er erstarrt ist. Man hat also snzunehmen, daS die freie ElektrizitiLt von fliissigem Siegellack fortgeleitet wird und daB die freie Elektrizit tit den Siegellack liinger fliissig erhalten hat, oder mit anderen Worten:

Der fliissige SiegeUack ist eh biter der ElektGtlit. Der sbktrische Sisgel2rrck h t eim niedrigeren Schmelzpunkt ab un~kktrisc7ret, odet S~~XJ&SC~I tcird beinc Elektrischlaerh er- wdnnf und geschmlze?t. Beidcs isf mi;glich, sobaId dk Ebk- fronan mit dem Siegebck untar Wdkmeenttacklung eke c k - miode Verbindnng oder Ursung b & h .

552 G. Qdncke. Ebktr. Zeratiiubplng volt geschonokenem SiqelkrC3E.

Mit FlaschenstrZirnen elektrisch zersthbte Metalldriihte zeigen iihnliche Erscheinungen wie elektrisch zerst liubter Siegel- lack, und bilden unter dem gleichzeitipm Einflusse der elek- trischen Krilfte und der OberflPchenspannung abgeschleuderte Splitter und Emanationen mit iihnlichen Formen wie elek- trisch zerstiiubter, geschmolzener Siegellack. Die Formen der abgeschleuderten elektrimhen Met allsplitter gestatten dieselben SchluBfolgerungen wie die abgeschleuderten elcktrischen Siegel- lackfiiden und besttitigen meine Ansichton iiber die Schanm- Ktruktur der Metallel), wie ich in pinor folgenden Mitteilung eeigen werde.

Heidelberg, den 23. Oktobor 1917.

1) G. Quincks; W. G u c r t l c r . Internationale Zsitschrifb far Metallographie 8. p. 23-36, 79-lo!, 303-304. 1912.

(Eingegangen 24. Oktobt-r 1018.)

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